i a - = ui A “u 1. „ . 1% a 5 7 Het „tt, ff hen 1 U 14 A N r 7 5 2 7 P 1 1 2 4 i Vergleichende Zoologie. Verfaßt von J. L. C. Gravenhorſt, Dr. der Philoſophie, Königl. Preuß. Geheimen Hofrathe und ordentlichen Profeſſor der Natur-Geſchichte an der Univerfität Breslau. Breslau, Druck und Verlag von Graß, Barth und Comp. 1843. 0 EN 1 N 4 175 > * Fe 1 * WR, DONE ae - 2c 1 tit 2 | e a dre An non. WMerrn W. M. G. Remer, Dr. der Medicin und Philoſophie, Königl. Preuß. Regierungs- und Geheimen Medicinal-Rathe, ordentlichen f Profeſſor und Senior in der mediciniſchen Fakultät, Direktor der medi— ckeiniſchen Klinik zu Breslau, Ritter des rothen Adler-Ordens, Mitgliede vieler gelehrten Geſellſchaften. En e nn gu ui ee Hochzuverehrender Freund und College! Wenn vorliegende Arbeit das Glück haben ſollte, den Bei: fall der Sachkundigen zu erhalten und auch 2 Theil zur Förderung der Wiſſenſchaft beizutragen, ſo gebührt es wenigſtens die Hälfte des Verdienſtes, denn Sie haben mich in den letzten drei Jahren, mit Gottes Hülfe, zweimal aus einer lebensbedrohenden Krankheit gerettet, und ohne Ihren überaus ſorgſamen ärztlichen Beiſtand würde ich wol ſchwer⸗ lich wieder dahin gelangt ſein, dieſe Arbeit vollenden zu können. Sie haben alſo einen weſentlichen und großen Au⸗ theil an dem Buche; und nicht bloß die vorzügliche Hochach⸗ tung, von der ich in allen Beziehungen gegen Sie mich durchdrungen fühle, nicht bloß die Dankbarkeit, die ich mei⸗ nem Lebensretter ſchuldig bin, veranlaßt mich, Ihnen daſ⸗ felbe hiermit zuzueignen, ſondern | auch Billigkeit und Recht erheiſchen, den Antheil, den Sie an der Arbeit haben, an⸗ zuerkennen und Ihnen zu ſichern. Nehmen Sie das Buch mit Nachſicht und freundlichem Wohlwollen auf! Dies iſt die Bitte des Verfaſſers Ihres Breslau, den 1. Jannar 1843. ergebenſten Freundes und Collegen J. T. C. Gravenhorſt. Einleitung und Vorwort. Das Wort Natur hat verſchiedene Bedeutungen, indem es entweder materiell genommen wird, dann iſt darunter der Inbegriff aller im Weltraume frei erzeugter und ſich erzeugender Dinge zu verſtehen, ſo fern ſie Gegenſtände unſrer Sinne ſeyn können; oder formell, dann begreift es Alles, was zum Weſen eines Dinges gehört; oder dynamiſch, wo die im Weltall frei wirkenden und erzeu⸗ genden Kräfte mit ihm bezeichnet werden. | Natürliche Körper, im Gegenſatze von künſtlichen, ſind Erzeugniſſe der frei wirkenden Naturkräfte, ſo lange ſie noch keine weſentliche und willkürliche Veränderung zu fremden Zwecken erlitten haben. — Sie entſtehen und ver- größern ſich entweder durch Zuſammenſetzung und Anhäu⸗ fung ihrer Elemente von Außen, oder durch Erzeugung ei⸗ nes Keimes in einem andern Körper, worauf dann der Keim ſich von innen hinaus weiter entwickelt und vergrö⸗ ßert: Jene nennt man anorganiſche, die andern orga⸗ VIII Einleitung und Vorwort. niſche Naturkörper. — Letztere haben entweder Em— pfindung und willkürliche Bewegung, Nerven und Muskeln, oder nicht; dieſe ſind die Gewächſe, jene die Thiere. Zoologie, Thierkunde, Thierlehre, hat die Betrachtung der Thiere, nach allen Beziehungen derſelben, zum Gegenſtande; ſowol deren äußere und innere Beſchaffen— heit (Anatomie), die Funktionen der perſchiedenen Theile (Phyſiologie), und die elementare Zuſammenſetzung der⸗ ſelben (Chemie), als auch die ganze Lebensweiſe der Thiere (Naturgeſchichte der Thiere im engern Sinne), und deren Stellung und Verbindung zu und unter einander, in einer beſtimmten Ordnung und Reihen⸗ folge (Kſaſſifikation, Syſtem). — Von dem Gebiete der Zoologie in dieſer weiteſten Bedeutung ſind daher die foſſilen Ueberreſte von Thieren einer früheren Schöpf⸗ ung ausgeſchloſſen, weil ſie nicht in allen genannten Be⸗ ziehungen betrachtet werden können. Ihre genauere Kennt⸗ niß und en en ift aber in andern n von N Wichtigkeit. 470 5 | Nach der de „ ide im 3 Buche u der Zoologie zum Grunde lege, habe ich den Titel: Vergleichende Zoologie gewählt, denn wie in der vergleichenden Anatomie und Phyſiologie nicht ein⸗ zelne Arten oder Gattungen für ſich abgeſondert und nach einander, in allen ihren Beziehungen betrachtet, ſondern von allen Thieren die einzelnen gleichen Theile und deren Funktionen zuſammengefaßt und mit einander verglichen Einleitung und Vorwort. IX werden, ſo habe ich auch hier etwas Aehnliches mit der Zoologie im weiteſten Sinne verſucht, nur mit dem Unter⸗ ſchiede, daß jede einzelne Thierklaſſe beſonders dargeſtellt iſt. Jetzt wünſche ich freilich, daß ich dem Vorbilde der vergleichenden Anatomie ganz getreu gefolgt wäre, und die gleichen Theile und Sitten ſämmtlicher Thiere aus allen Klaſſen vergleichend zuſammengeſtellt hätte. Da indeß die Abſchnitte in allen Klaſſen dem Inhalte und der Ueber— ſchrift nach ſich gleich ſind, und in gleicher Reihe auf ein— ander folgen, ſo wird Jedermann leicht das Zuſammen— gehörende aus allen Klaſſen auffinden und zuſammen be— trachten können. Der letzte Abſchnitt in jeder Klaſſe führt die Ueber— ſchrift: Nutzen und Schaden. Obgleich dieſe Beziehung der Thiere auf uns nicht eigentlich in das Gebiet der Zoologie gehört, ſo wird es doch Manchem, der ſich über die Natur und aus derſelben unterrichten will, nicht un- erwünſcht ſein, die Thiere auch von dieſer Seite kennen zu lernen, wie es denn auch denjenigen, für die der Nutzen und Schaden der Thiere mehr praktiſches und in das Leben eingreifendes Intereſſe hat, als die wiſſenſchaftliche Thier— kunde, nicht unwillkommen ſein kann, über diejenigen Thiere, welche für ſie jenes Intereſſe haben, ſowol an ſich, als auch in Hinſicht der Beziehungen zu den übrigen Thieren, nähere Auskunft zu erhalten. Auch iſt dieſe Seite der Thierkunde in keinem zoologiſchen Lehrbuche ganz unberück⸗ ſichtigt gelaſſen worden. | * ; x Einleitung und Vorwort. Das Syſtem hat den Zweck, die Thiere, nach ihren Verſchiedenheiten, in Klaſſen, Ordnungen, Zünfte, Familien, Gattungen zu vertheilen und ſie, in denſelben, nach ihren Verwandtſchaften zuſammenzuſtellen und zu begränzen. Die Syſteme der verſchiedenen Naturforſcher weichen aber in dieſer Hinſicht zum Theil ſehr von eiander ab, indem der Eine mehr, der Andere weniger Abtheilungen macht, der Eine gewiſſe Thiere in dieſe, der Andere dieſelben in jene Abtheilung ſtellt u. ſ. w. Woher, fragen wir, rührt dieſe Ungleichheit in der Behandlung? Antwort: Einzig und allein darin, daß die Natur ſelbſt keine ſolche ſcharze Grän⸗ zen und Abtheilungen anerkennt, ſondern in ihren Schöpf⸗ ungen allmälig aus einer Form in die andere übergeht, von dem Niedrigern und Einfachern zu dem Höhern und Zuſammengeſetztern hinauf nach und nach die Reihen der Thiere (wie überhaupt der Naturprodukte) hervorbildet. Dieſe ſtufenweiſe fortſchreitende Ausbildung erkennen wir aber nicht bloß an den Thieren im Ganzen, ſondern auch an einzelnen Theilen derſelben, und zwar ſo, daß in den verſchiedenen aufſteigenden Reihefolgen der Thiere nicht alle Theile derſelben gleichmäßig vollkommner ausgebildet wer⸗ den, ſondern oft in Einer Reihe nur gewiſſe Theile ſich nach und nach entwickeln, während andere Theile in der Entwickelung ſtehen bleiben oder gar zurückgehen, auch nicht ſelten ganz wieder verſchwinden. Je nachdem nun ein Naturforſcher dieſe, ein anderer jene Theile für weſentli⸗ cher zur Beſtimmung der Abtheilungen hält, und von ihnen Einleitung und Vorwort. | XI die Merkmale derſelben hernimmt, werden auch die Syſteme beider in ihren Abtheilungen verſchieden ausfallen, und doch beide Syſteme auf richtigen Grundſätzen beruhen und, als künſtliche Syſteme, richtig gebildet ſein. Immer aber werden die Abtheilungen, oder wenigſtens mehre derſelben, an ihren Gränzen mit andern zuſammenfließen, da die Natur ſelbſt die Merkmale (d. h. die Theile, von denen die Merkmale entlehnt ſind) allmälig verändert, und keine ſcharfe Gränzen zuläßt. Freilich iſt es wahr, daß jetzt noch mehre Abtheilungen ſcharf von den übrigen abge— gränzt daſtehen; wenn wir aber bedenken, wie mancher frühere trennende Zwiſchenraum durch Entdeckungen der neuern Zeiten ausgefüllt, und wie manche Verbindung und Annäherung dadurch herbeigeführt worden iſt, ſo kann wol nicht bezweifelt werden, daß durch künftige Entdeckun— gen, deren Ausſicht uns in den vielen noch wenig oder gar nicht durchforſchten Ländern ſich eröffnet, auch die noch übrigen Lücken allmälig ſich ausfüllen werden. In der Regel kann man annehmen, daß ſolche Gattungen, welche von verſchiedenen Naturforſchern in verſchiedene Ab— theilungen geſtellt werden, die Uebergangspunkte zwiſchen jenen Abtheilungen bilden. — So ſtellt das ganze Thier⸗ reich einen großen Verein dar, in welchem die einzelnen Formen (Arten) nach und nach ſich auf das mannigfaltigſte verändern. Da aber unſere geiſtigen wie unſere körper⸗ lichen Augen zu ſchwach ſind, das große Bild des ganzen Naturſyſtems mit Einem Blicke zu überſchauen und auf: XI Einleitung und Vorwort. zufaſſen, ſo ſind wir, in unſerer Schwachheit, genöthigt, jenes große Bild gleichſam in mehre kleinere zu zerlegen, die wir dann eines nach dem andern betrachten, und ſo kehren wir denn immer wieder zu einem künſtlichen Sy⸗ ſteme zurück. Zur Klaſſifikation der Thiere bin ich hauptſäch⸗ lich dem Syſteme gefolgt, welches in Cu viers Regne animal aufgeſtellt worden iſt, jedoch mit manchen Ab⸗ weichungen, die auch großentheils ſchon von andern Natur: forſchern eingeführt wurden. Die hauptſächlichſten derſel⸗ ben find dieſe: Die Reihefolge in der Stellung der Thiere iſt gerade umgekehrt. Mein Syſtem beginnt mit den niedrigſten Thieren, und ſteigt ſtufenweiſe zu den höchſten hinauf. Ich habe dieſen Gang gewählt, theils weil er der wiſſenſchaftliche und logiſchrichtigere iſt, indem man in allen Wiſſenſchaften von dem Einfachen und Nie⸗ drigern zu dem Zuſammengeſetzten und Höhern vorſchrei— tet, theils weil, nach mehren Erſcheinungen in der Natur zu ſchließen, die ſchaffende Gottheit, in Hervorbringung ihrer Schöpfungen, denſelben Gang befolgt, zuerſt das Niedrigere gebildet und dann nach und nach das Höhere, und zuletzt das Höchſte geſchaffen hat. — Von Abwei⸗ chungen in den Klaſſen und Ordnungen bemerke ich nur Folgendes: Die Rankenfüßler ſind aus der Klaſſe der Weichthiere entfernt und in die der Gelenkfüßler, an die Spitze der Vielfüßler, geſtellt. — Meine Klaſſe der Wür⸗ mer begreift 1) die Klaſſe der Annelides C.; 2) aus Einleitung und Vorwort. XIII der Klaſſe der Intestinaux C. die Cavitaires (mit Aus⸗ nahme der Lernées, welche hier in die Klaſſe der Gelenk⸗ füßler, und zwar in die Ordnung der Schmarotzerkrebſe, verſetzt find), die Acanthocephales, Teénioides und Cestoides; 3) aus der Klaſſe der Echinodermes C. die Echinodermes sans pieds. — Die Intestinaux Trematodes C. find meine Klaſſe der Saugwürmer, wozu noch die eigentlichen Schwanzthierchen (Cercaria) aus der Klaſſe der Infusoires C. kommen. Die Klaſſe der Intestinaux C. iſt alſo ganz aufgehoben. — Aus der Klaſſe der Inſekten C. habe ich die Ordnung der My- riapodes entfernt und in die Unterklaſſe der Vielfüßler verſetzt; die der Thysanoures und Parasites C. habe ich mit der Ordnung der Gradflügler vereinigt; die der Suceurs C. mit der der Zweiflügler; die der Rhipipteres (Fächerflügler) habe ich als dritte Abtheilung der Ordnung der Hautflügler aufgeſtellt. — Die beiden Abtheilungen der Acanthopterygii und Malacopterygii, in welche Cuvier die Grätenfiſche trennt, habe ich wieder aufgehoben, und die Ordnungen dieſer Fiſche meiſt nach dem Mangel oder Daſeyn und nach der Stellung der Bauchfloſſen be— ſtimmt, wodurch dieſer Theil meines Syſtems mehr der Methode Linnés entſpricht; doch habe ich die Beſchaffen— heit der Floſſenſtrahlen zur Beſtimmung der Zünfte benutzt, in welche jene Ordnungen zum Theil zerfallen. Aus die⸗ ſer Veränderung iſt freilich, in Hinſicht der Stellung der Gattungen, eine große Verſchiedenheit meiner Klaſſifikation XIV Einleitung und Vorwort. von der Cuviers hervorgegangen. — Unter den Vögeln bilden bei Cuvier die Brevipennes, die bei mir, als Laufvögel, eine beſondere Ordnung ausmachen, nur eine Familie in der Ordnung der Wadvögel. — In der Klaſſe der Säugthiere habe ich die Ordnung der Beutel— thiere (Marsupiaux C.) aufgehoben, da die von Cuvier in derſelben zuſammengeſtellten Gattungen doch, in allen Be⸗ ziehungen, gar zu viele und zu erhebliche Verſchiedenheiten darbieten. Selbſt die Eigenſchaft, von welcher die ganze Ordnung den Namen hat, daß die Weibchen nämlich am Un⸗ terleibe eine Taſche haben, zur Aufnahme der Jungen, iſt nicht Allen eigen; und der Beutelknochen dieſer Thiere kommt vielen andern (vielleicht allen) Säugthieren zu, wenn gleich er bei den übrigen weniger ausgebildet iſt. Die Gattungen jener Cuvierſchen Ordnung habe ich in die Ordnungen der Raub⸗ thiere, Vielzähner und Nagethiere vertheilt. Den Klipp⸗ dachs habe ich mich nicht entſchließen können, in der der Vielhufer ſtehen zu laſſen, obgleich er im Zahnbau Annä⸗ herung an die Nashörner zeigt; aber ſein ganzes Aeußere und ſeine Lebensart entfernen ihn zu ſehr von jenen Un⸗ thieren. Linné hatte ihn naturgemäßer mit den 158 krallern unter den Nagethieren vereinigt. In der Klaſſifikation, welche den erſten wüten einer jeden Klaſſe bildet, habe ich tabellariſch nur die hö⸗ heren Abtheilungen, das heißt, Klaſſen bis Familien, nach ihren Merkmalen vollſtändig aufgeſtellt; von den Gat⸗ tungen aber, je nachdem die Familie ärmer oder reicher an Einleitung und Vorwort. XV denſelben war, nur eine oder einige namentlich, gleichſam beiſpielsweiſe, angeführt, denn Diagnoſen jener Gattungen hinzuzufügen, hätte nichts genützet, wenn nicht alle Neben⸗ gattungen eben ſo mit ihren Diagnoſen aufgeſtellt werden konnten, was natürlich in einem kurzgefaßten Handbuche nicht anging; indeß ſind alle Linneiſche Gattungen gehöri⸗ gen Ortes genannt worden. Aus demſelben Grunde iſt auch die Anführung von Arten ganz unterblieben. Ich habe nur ſolche Gattungen an ihrer Stelle in der Klaſſi— fikation genannt, welche im Texte der übrigen Abſchnitte erwähnt werden. Die unterſcheidenden Merkmale (Diagnoſen) aller Abtheilungen ſind nur von äußern oder doch äußer— lich zu erkennenden Theilen hergenommen, wie ich dieſes einerſeits für nothwendig, andererſeits für hinlänglich halte; für nothwendig, weil nur ſolche Merkmale beſtändig und an allen Individuen ohne weiteres, und ohne dieſe mehr oder weniger zu vernichten oder zu entſtellen, erkannt werden können; für hinlänglich, weil der äußere Bau des thieriſchen Körpers und deſſen einzelner Theile eben ſo be— deutſam iſt und eben ſo der ganzen Lebensweiſe des Thie— res entſprechen muß, wie der innere Bau, folglich in der Regel die Zuſammenſtellung der Thiere nach der Aehnlich⸗ keit der äußern Theile, beſonders der Mundtheile und der Bewegungsorgane, auch nur ſolche Thiere in dieſelbe Ab- theilung vereinigen wird, die eine gleiche Lebensweiſe füh⸗ ren. Bei den mit Schalen und Gehäuſen verſehenen Weich⸗ XVI Einleitung und Vorwort. f thieren habe ich in den Diagnoſen beſonders auch auf jene Bedeckungen Rückſicht genommen, weil man von den mei⸗ ſten Arten das weiche Thier, den Bewohner der Schalen oder Gehäuſe, nur unvollkommen oder gar nicht kennt. Anatomiſche, das heißt, vom innern Bau herge— nommene Merkmale zur Klaſſifikation anzuwenden, iſt auch deswegen nicht wohl thunlich, weil wir verhältniß⸗ mäßig nur von ſehr wenigen Thierarten den innern Bau hinlänglich kennen In allen an Arten reichen Gattungen oder Familien, beſonders aus den niedrigern Klaſſen, wo man anatomiſche Merkmale mit in die Diagnoſe aufgenom⸗ men hat, ſind in der Regel nur wenige Arten, zuweilen nur eine einzige derſelben, anatomiſch unterſucht, die übri⸗ gen aber lediglich nach ihren äußern übereinſtimmenden Merkmalen jenen zugeſellt worden. Man wird hoffentlich aus dem eben Geſagten nicht folgern, daß ich auf anato⸗ miſche Unterſuchungen keinen Werth zu legen ſcheine; im Gegentheil, ich ſchätze dergleichen Arbeiten in allen Bezie⸗ hungen ungemein hoch; in zweifelhaften Fällen kann ein anatomiſches Merkmal zuweilen ſelbſt den Ausſchlag für die Stellung eines Thieres im Syſteme geben; nur im Allge⸗ meinen weiſe ich die Anwendung eee — aus der Klaſſifikation zurück. 10 50 Zur Bezeichnung der verſchiedenen RE von den Klaſſen bis zu den Gattungen hinab, habe ich für jede derſelben in der Klaſſifikation einen lateiniſchen und einen deutſchen Namen angewendet. Da es aber ſehr Einleitung und Vorwort XVII oft der Fall iſt, daß eine und dieſelbe Abtheilung bei den verſchiedenen Schriftſtellern auch einen verſchiedenen Namen hat, ſo habe ich, in dieſem Falle, je nachdem es mir am zweckmäßigſten ſchien, bald den frühern, bald den allge— meinſt angenommenen, bald den bezeichnendſten oder am richtigſten gebildeten beibehalten. Ein allgemeines Geſetz läßt ſich über dies Verfahren nicht aufſtellen. Im Texte der übrigen Abſchnitte habe ich mich immer nur der deut— ſchen Benennungen der Thiere (aber ſtets derſelben Benen— nung für jede Abtheilung) bedient, denn wozu ſollte es nützen, daß in Handbüchern und Syſtemen deutſche Namen gegeben werden, wenn wir dieſelben nicht auch in der Rede und Schrift gebrauchen wollten. Wir nehmen hier nur daſſelbe Recht in Anſpruch, welches Engländer, Franzoſen u. ſ. w. für ſich ebenfalls geltend machen. Wo ich noch keinen deutſchen Namen vorfand, da habe ich, wenigſtens für die höheren Abtheilungen, dergleichen gebildet; Gattun— gen ohne deutſchen Namen habe ich meiſt unter ihrem ſyſtematiſchen lateiniſchen oder lateiniſch gebildeten Namen beibehalten, da ja viele der ältern, in die deutſche Sprache aufgenommenen Thiernamen urſprünglich ebenfalls lateiniſch oder griechiſch ſind. Häufig aber habe ich die Endigungen ſchon vorhandener deutſcher Thiernamen umgeändert, be— ſonders dann, wenn die Benennungen einzelner Körpertheile gewiſſer Thiere unverändert andern Thieren als Namen derſelben beigelegt waren, z. B. Krötenbauch, Knoten⸗ ſchwanz, Kahlafter, Fächerfuß, Breitkopf und dergleichen. 5 b XVIII Einleitung und Vorwort. Ich habe dieſe Namen umgeändert in Krötenbaucher, Kno⸗ tenſchwanzthier, Kahlafterfiſch, Fächerfüßler, Breitkopffiſch u. ſ. w. Eben ſo bin ich noch mit andern, von Menſchen hergenommenen Benennungen verfahren, z. B. Grenadier, Weberknecht, heißen bei mir Grenadierfiſch, Weberknecht⸗ ſpinne. Wie es Niemandem einfällt, zu ſagen: „dieſer Fiſch iſt eine Bruſtfloſſe, oder: „ dieſe Echſe iſt eine Dick⸗ | zunge,“ oder: „dieſer Affe ift eine Vierhand,“ ſondern dafür von jeher die Ausdrücke: „Bruſtfloſſer, Dickzüngler, Vierhänder“ gebraucht wurden, ſo mußten gleicherweiſe obige unangemeſſene Benennungen umgeändert werden, zu: mal da keine Verwirrung oder Verwechſelung dadurch ver— anlaßt wird, indem nur das Ende des Wortes eine ge— ringe Veränderung erleidet, um damit eine gewiſſe Aehn⸗ lichkeit oder Beziehung zu dem genannten Gegenſtande an: zudeuten. Es iſt von jeher, ſehr zweckmäßig und richtig, als Geſetz anerkannt worden, daß ein und derſelbe Name nicht zweien oder mehren verſchiedenen Gattun— gen beigelegt werden darf. Dieſes Geſetz verlangt aber eine weitere Ausdehnung, indem es für alle Abthei— lungen (Klaſſen, Ordnungen, Zünfte, Familien, Gattun⸗ gen) in Kraft treten muß: So wird zum Beiſpiel der Name „Springer“ ſowol der Familie der Springnager unter den Säugthieren, als auch der der Springgryllen unter den Inſekten beigelegt. So kommt auch der Name mancher Ordnung oder Familie noch einmal als Gattungs⸗ Einleitung und Vorwort, XIX benennung in derſelben Ordnung oder Familie vor, z. B. in den Familien der Heringe, Hechte, Fröſche, Hunde, iſt, neben andern Gattungen, auch wieder eine unter jenen Namen aufgeführt; ſo in der Ordnung der Beutelthiere auch eine Gattung deſſelben Namens und dergleichen mehr. Man begreift leicht, wie ſolche Doppelbenennungen zu man⸗ chen Mißverſtändniſſen und Zweifeln Veranlaſſung geben können, weshalb ich dergleichen in dem vorliegenden Buche zu vermeiden geſucht habe, wenn gleich dadurch auch öfters die Nothwendigkeit herbeigeführt wurde, neue Namen zu ſchaffen, oder doch wenigſtens ſchon vorhandene umzu— ändern. Daß ich gar keine Citate aus andern Werken ange— bracht, ſondern nur hin und wieder Schriftfteller genannt habe, hat ſeinen Grund darin, daß ich den Umfang des Buches nicht noch mehr ausdehnen wollte. Man pflegt ja auch in einem Handbuche keine ausführlichen Citate zu ſuchen. Aus gleichem Grunde habe ich auch die Litera— tur unberückſichtigt gelaſſen, zumal da ſich dieſe faſt mit jedem Tage vermehrt, und ein Werk, welches heute noch das vollkommenſte und vollſtändigſte in feiner Art iſt, mor— gen ſchon von einem noch beſſeren übertroffen und in den Hintergrund gedrängt wird. Indem ich nun dieſen Verſuch einer vergleichenden Zoologie der Oeffentlichkeit übergebe, fühle ich freilich zu— gleich, daß er noch manche Lücken unausgefüllt gelaſſen hat, daß noch Manches zu ändern und manche Unrichtig— 3 Hr 169 x 81 XX Einleitung und Vorwort. keit zu berichtigen ſein wird. Ich rechne aber auch auf die Nachſicht des Publikums, da das Buch ein erſter Ver⸗ ſuch in ſeiner Art iſt, und die Menge des zu verarbeiten⸗ den Stoffes kaum zu überwältigen war. Endlich bitte ich auch zu bedenken, daß ich in den drei letzten Jahren durch zwei ſchwere Krankheiten lange Zeit verhindert wurde, der Arbeit obzuliegen und mich mit den neueſten Beobachtun⸗ gen und Entdeckungen gehörig bekannt zu machen, um ſie für das Buch zu benutzen. Breslau, den 14. November 1842. J. L. C. Gravenhorſt. 1 5111309182 Bun rds nr 129 ng n 1 an od and ah BAER RE CE nen Abbt ß ind! . Ungub Nile u rei 5. nit 15213069 u Bad ee Br ta tun, nn) löse nd II. 572167120 tn sah 18 95 i nenen ee, agree en eee e ga. 17% 15 EIER. 5 een — (un 16 10 e en n hu ede 8 | . d 7 I unn? g iR bes Aug. eint di ar) Msn et er nr a Ber re eee m Br re ah! VOR Erſte Heberficht. (3 S. 1) Klaſſen der Thiere. I. Thiere mit zwei Naſenlöchern am Kopfe und mit zwei Augen, die ſich in einer Schädelhöhle bewegen. — Animalia ver- tebrata Cuy. Wirbelthiere. A. Mit Säugewarzen; meiſt mit Haaren und vier Beinen. — Mammalia, Säugethiere. eee en B. Ohne Säugewarzen und ohne Haare. 1. Mit Federn bekleidet; mit zwei Flügeln und zwei Beinen. — Aves, Vögel. . Eilfte Klaſſe. 2. Ohne Federn; nackt oder mit Schuppen oder Schildern bekleidet. a. Mit äußern Kiemenöffnungen; ohne Beine (nur eine Gattung, Amphioxus, ſoll 10 . fein). — Pisces, Fiſche. - - = Neunte Klaſſe. b. Entweder ohne äußere Kümenöfftungen ober, Wend dieſe beheben fu, mit zwei 1 vier e — (Amphibia L.) Reptilia, Reptilien. .. Zehnte Klaſſe. II. Ohne Naſenlöcher am Kopfe und ohne in einer Schädelhöhle as e Anpen. — A ev ere a en Fehlwirbelthiere. A. Mit gegliederten Bewegungsorganen (Insecta L.) — Arthropoda, Gelenkfüß ler. . Achte Klaſſe. B. Ohne gegliederte Bewegungsorgane (Vermes L.) 1. Der Körper gegliedert oder geringelt; zuweilen NEN e dann aber 1 Se Bm: (Ann- ulata Cuv.) — Annularia, Würmer. 2 0 8 0 .Si.iebente Klaſſe. 2. Der Körper ungegliedert und ungeringelt. 5 a. Entweder mit freien äußern Kiemen oder mit beſondern Oeffnungen oder Höhlungen zum Athmen. Der Körper bildet meiſt eine muskulöſe Hülle (Mantel), die einen beſondern Eingeweideſack umgiebt. — Mollusca, Weichthiere. Sechste Klaſſe. b. Entweder ohne beſondere äußere Athmungs-Organe- Oeffnungen oder -Höhlungen, oder, wenn dergleichen vor⸗ handen find, dann doch ohne Mantel. Zoophyta Cuy. . Mit Anſaugenäpfchen und Augen, oder wenigſtens mit eins von beiden. — Trematoda, Saugwürmer. Fünfte Klaffe. 5. Ohne Anſaugenäpfchen und ohne Augen. aa. Mit bloßen Augen ſichtbare, theils große Thiere, die ſich nicht durch Haare, ſondern auf manche andere il bewegen. Mit einer großen Zahl ausſtreckbarer Ae Füßchen u" wu und zur N — Radiaria, Strahlthiere .. Vierte Klaſſe. 66. Ohne dergleichen Füßchen; meiſt mie We um 1 Mund. 5. Immer frei ſchwimmend, ohne Fuß zum Anſetzen. — Medusina, Quallen. EN > Dritte Klaſſe. . Entweder mit einem Fuße zum Anſetzen, oder mit einem härtern, meiſt ſelbſt aber Stamme verwachſen. — Polypoidea, Polypen. Zweite Klaſſe. bb. Mikroſkopiſche Thierchen, entweder ohne alle äußere Benigungorgan, ober ie Sauren kurs Ortsbewe⸗ gung. — Protozoa, Schleimthiere 0 Eee Slade a —-—-— —-—:ůʃ —ͤ— Ihen. — Animalia evertebrata Cuv. (Zu S. 1.) i ere. jädelhöhle bewegen. — Animalia ver- Sangethiere: e. Vögel... ññĩ Amphioxus, ſoll ohne Kiemenöffnung // AN A den find, mit zwei oder vier Beinen, — Zehnte a + + + + — ef ü fers, te Re aber doch geſtreckt wurmförmig (Ann- )) Siebente Klaſſe. böhlungen zum Athmen. Der Körper bildet ack umgiebt. — Mollusca, Weichthiere. Sechste Klaſſe. Höhlungen, oder, wenn dergleichen vor— beiden. — Trematoda, Saugwürmer. Fünfte Klaſſe. durch Haare, ſondern auf manche andere zum NT und zur a. — 5 . „Wierte Klaſſe. 8 ledusina, Quallen Dritte Klaſſe. härtern, meiſt ſelbſt angeefeen Se 5 Zweite Klaſſe. organe, oder mit Haaren 8 Ortsbepe⸗ N 4 .Erſte Klaſſe. 8 1. Das Thierreich zerfällt in zwölf Klaſſen, welche in der erſten Ueberſicht aus— einandergeſetzt ſind. Die erſte große Abtheilung, oder die der Fehlwirbelthiere, umfaßt die acht erſten Klaſſen. Erſte Klaſſe. Protozoa, Schleimthiere. Erſter Abſchnitt. Klaſſi fikation. § 2. Dieſe Thiere laſſen ſich in folgende drei Ordnungen bringen: 1. Agastrica, Elemententhierchen. Ohne Mund und After, und ohne beſtimmte innere durchſcheinende Organe — Oscillatoria; Closterium; Sphaerularia; Spermatobium, Samen— thierchen. 2. Infusoria, Aufgußthierchen. Mit blaſenförmigen innern Organen (Mägen); äußerlich zum Theil (vielleicht alle) mit einem Munde und mit feinen Fäden oder Haaren an ver— ſchiedenen Stellen des Leibes — Chaos infusorium L. Vol- vox globator L. Vorticella L. — Monas, Punktthierchen; Volvox, Kugelthierchen; Euglena (Protococeus); Vibrio, Zitter- thierchen; Bacillaria, Stabthierchen; Arcella; Colpoda, Bucht: thierchen; Paramecium, Zungenthierchen; Chilodon; Kerona, Hörnerthierchen; Himantopus, Stelzenthierchen; Ophridium; Ur- ceolaria, Krugthierchen; Vorticella, Blumenthierchen. 1 2 Erſte Klaſſe. 3. Rotatoria, Strudelthierchen. Mit beſtimmten ein⸗ fachen Magen; äußerlich mit Mund, After und einem beweglichen Haarkranz um den Mund — Brachionus, Schildthierchen; Ro- tifer, Räderthierchen; Hydatina; Albertia. Zweiter Abſchnitt. Aeußere körperliche Beſchaffenheit. § J. Die Schleimthiere find mikroſkopiſch-kleine Geſchöpfe, mit einem ſchleimigen, gallertartigen durchſcheinenden Körper, in welchem man jedoch zum Theil ſchon Muskelſtreifen unter— ſchieden hat. Die Geſtalt iſt nach den verſchiedenen Gattungen ſehr verſchieden und, da der Körper ſehr contractil iſt, auch ſehr veränderlich. Die einfachſte iſt die Punktform (im Punktthierchen)z die zuſammengeſetzteſte, wenn mehre Thierchen, mittelſt eines ftiel- förmigen Fortſatzes, an einem gemeinſchaftlichen Stamme baum⸗ förmig vereinigt ſind, wie die Blumenthierchen und Ophridium, welches letztere ein Punktthierchenſtamm iſt. Bei mehren iſt der gallertartige Körper mit einer ſteifen, nicht zuſammenziehbaren, hüllenförmigen oder ſchalenförmigen Umgebung bekleidet (z. B. Stabthierchen; Schildthierchen). Theils ſind dergleichen Hüllen aus denen anderer kleinerer Aufgußthierchen zuſammengeſetzt, z. B. bei Arcella. Nach neuern Beobachtungen ſcheinen auch diejenigen Thierchen, welche noch als Cephalopoda Foraminifera, in der (ten Klaſſe ſtehen, zu den hartſchaligen Aufgußthierchen, oder ſelbſt zu den Polypen, in die Nähe der Kruſtenkorallen, zu gehören. Die Fäden und ſehr feinen Haare, womit mehre Schleimthiere, beſonders die Aufgußthierchen, an verſchiedenen Stel⸗ len des Körpers beſetzt ſind, und die nur dann ſichtbar werden, wenn ſie ſich bewegen, werden zum Theil nicht für Haare, ſon— dern für feine Waſſerſtrahlen oder für haarförmige oder fadenför— mige Verlängerungen der Schleimſubſtanz des Körpers erklärt, die das Thier ausſtrahlen und einziehen könne. Die kleinſten dieſer mikroſkopiſchen Thiere finden ſich unter den Punktthierchen: Monas termo iſt ſo klein und oft in ſo dicht gedrängter Menge vorhanden, daß, nach einer neuern Berechnung, in einem Waſſer⸗ tropfen von einer Cubiklinie ihrer an 500 Millionen enthalten ſein müſſen. ns! | Schleimthiere. 3 8 4. Die Aufgußthierchen wurden früher als ſolche bezeichnet, die weder Mund noch After hätten. In neuern Zeiten hat man beide Oeffnungen bei ſehr vielen Gattungen (den Mund vielleicht bei allen) entdeckt. Am deutlichſten zeigen ſich beide an den Rä— derthieren: der Mund iſt immer am Vorderrande des Körpers. Die Lage des Afters wird verſchieden angegeben, denn bei einigen fol er am Hinterende, bei andern unterwärts mehr dem Vorder- ende genähert ſich öffnen. Diejenigen Schleimthiere, welche keinen Mund haben, müſſen die Nahrung durch die ganze Oberfläche des Körpers einziehen. Um den Mund befinden fich in der Regel Haare von verſchiedener Zahl, Stärke, Länge und Geſtalt, durch deren regelmäßig nach einander folgende Auf- und Nieder— Bewegung in dem Waſſer ein Strudel hervorgebracht wird, der dem Munde die Nahrung zuführt, die in kleinern Aufgußthier— chen und vegetabiliſchen Atomen beſteht. Am vollkommenſten iſt dieſes Strudelorgan bei den Räderthieren ausgebildet, wo es meiſt um den Mund einen ununterbrochenen Kreis, zuweilen aber auch deren zwei und ſelbſt mehre neben einander bildet; und da die Bewegung deſſelben ſich gerade ſo ausnimmt, als würde ein Kamarcd gedrehet, fo find die Thiere ſelbſt Räderthiere genannt worden. Einige wenige unter den Aufgußthierchen (z. B. Chilodon) haben außerdem im Munde ſchon ordentliche härtere Kauwerk— zeuge; aber vollſtändiger ausgebildet ſind dieſe Werkzeuge bei allen Räderthieren. In dem Vorderkörper derſelben ſieht man nämlich, während der Thätigkeit des Strudelorgans, ein anderes dunkles Organ in beſtändiger lebhafter Bewegung. Dieſes Or— gan, welches von den frühern Beobachtern theils Schlingorgan, theils Magen, theils Herz genannt wurde, beſteht aus ein paar zangenförmigen Kinnladen zum Ergreifen der Nahrung, welche der Strudel in die zwiſchen dem Strudelorgane befindliche trichter— förmige Vertiefung führt. 89. Inſofern die Haare durch ihre Bewegung eine beſtändige Erneuerung des Waſſers um den Körper des ſtrudelnden Thierchens hervorbringen, kann man ſie auch als Athmenorgane betrachten. Die Räderthiere haben im Nacken eine vorſtehende Röhre, durch welche Waſſer zu innen beſindlichen Kiemen hingeleitet und auch wieder nn werden ſoll. Albertia hat in jeder Seite des . 4 Erſte Klaſſe. Körpers vier feine fadenförmige Organe, die ſich beſtändig wellen⸗ förmig bewegen und für Athmenorgane gehalten werden. § 6. Manche Aufgußthierchen haben am Vorderkörper ein oder zwei dunklere oder rothe Pünktchen, welche zum Theil für Augen gehalten werden. Die Räderthiere haben faſt durchgängig eines bis drei dergleichen Pünktchen. Dritter Abſchnitt. Innerer Bau. 8 7. Was das Innere betrifft, fo zeigen die Elemententhiere gar keine beſondern innern Organe; jedoch hat Carus in denen, die er für Samenthierchen der Kopffüßler hält, Schlund, Magen und Darm unterſchieden, und glaubt ſelbſt Spuren von Nerven in ihnen geſehen zu haben. Die Aufgußthierchen haben faſt immer kleine blaſenförmige Kügelchen, welche früher theils für Junge, theils für verſchluckte kleinere Aufgußthierchen gehalten wurden. Nach Ehrenberg's Beobachtung aber ſind ſie eben ſo viele Mägen, die ſich entweder in einen gemeinſchaftlichen Mund öffnen, oder durch einen feinen Kanal unter ſich in Verbindung ſtehen, der ſich an einem Ende in den Mund, an dem andern in den After ausmündet. Ehrenberg nennt dieſe Thierchen daher Polygastrica, und zwar die ohne After Anentera, die mit After Enterodela. Indeß haben dieſe Deutungen auch in den neueſten Zeiten Widerſpruch gefunden, indem der Eine jene Bläschen für Athemorgane, ein Anderer dieſelben, wie auch gewiſſe Organe, die als Geſchlechtstheile beſtimmt werden, für veränderliche Waſſer⸗ bläschen hält, welche bald entſtehen, bald vergehen. Nach Meyens Beobachtungen geht von dem Munde der Aufgußthierchen ein Nahrungskanal aus, der ſich in der Leibeshöhle öffnet, und durch dieſe Oeffnung die Excremente in Geſtalt von Kugeln in die Lei⸗ beshöhle treibt, von wo ſie nach und nach durch den After ab— gehen. Deutlicher aber iſt der Magen in den Räderthieren aus— gebildet, wo er ein einfaches ſackförmiges Organ darſtellt, welches mit dem Schlunde zuſammenhängt und in einen Darm ausgeht, der ſich bis zum After erſtreckt. In eben dieſen Thieren ſind auch Gefäße, die zum Theil von einem Rückengefäße ausgehen, Br Schleimthiere. 5 und die Haupttheile eines Nervenſyſtems, Schlundring und Bauchſtrang, entdeckt worden, mit Knoten, von denen Nerven— fäden ausgehen; doch herrſchen auch hier noch Zweifel. § S. Innere Geſchlechtstheile will man ſelbſt ſchon in einigen Geſchöpfen, die wir zu den Elemententhierchen ſtellen, ge— funden haben: So z. B. Morren in den Cloſterien (welche von ihm freilich als Pflanzen betrachtet werden) beſondere männliche und beſondere weibliche Theile; auch glaubt er entdeckt zu haben, wie die Befruchtung im Innern vor ſich geht, und wie, unter ge— wiſſen Umſtänden, ſelbſt eine Copula zweier Individuen ſtatt findet, was auch bei Oscillatorien geſchieht. Ehrenberg glaubt in einigen Aufgußthierchen Hoden und Eierſtock erkannt zu haben. Noch deutlicher hat man dieſe Organe in den Räder— thieren geſehen, wo beide durch einen Kanal, der von jedem der— ſelben ausgeht, in eine gemeinſchaftliche Oeffnung ausmünden, welche bei einigen mehr nach vorn, bei andern mehr nach hinten liegt. Vierter Abſchnitt. Lebensweiſe. 89, Die meiſten Schleimthiere wohnen im Waſſer, be— ſonders in ſolchem, welches organiſche Subſtanzen enthält. Sie erſcheinen häufig in künſtlich zubereiteten Aufgüſſen auf organiſche Stoffe, daher der Name Aufgußthierchen. Die rothe und grüne Farbe, die ſich zuweilen im Schnee und noch öfter im Waſſer zeigt, ſoll von Euglena sanguinea und viridis im ruhenden Zu— ſtande (Protococcus nivalis und viridis) herrühren. Nach Andern iſt Protococcus eine Alge. Es giebt noch andere rothe Aufguß— thiere, beſonders unter den Punktthierchen, die, wenn ſie ſich ſtark vermehren, das Waſſer ganz roth gefärbt erſcheinen laſſen. Auch im Schnee kommen noch andere Aufgußthierchen, ſelbſt Räder— thierchen, vor. Manche kommen aber auch, als Entozoen, im Innern anderer Thiere vor, z. B. Albertia in Regenwürmern und Schnecken, Sphaerularia in Hummeln; verſchiedene Arten von Punktthierchen und Zitterthierchen u. ſ. w. in thieriſchen Flüſ— ſigkeiten, ſelbſt im Eiter der Geſchwüre; auch in Pflanzenſäften hat man dergleichen geſehen. Dem reifen männlichen Samen 6 | Erſte Klaſſe. R aller Thiere find die Samenthierchen ausſchließlich eigen, und es iſt wol nur zufällig, oder ſelbſt auf einem Irrthum beruhend, wenn man ſie auch im Urin und im Blute angetroffen haben will; doch hat man fie auch im Schleim des Pflanzenpollens ge⸗ funden. Strudelthiere wurden im Innern der Oscillatorien und der Kugelthiere angetroffen; auch in den Zellen der Mooſe. S 10. Die Bewegung der Schleimthiere iſt ſehr verſchie⸗ den, ſowol was die Beweglichkeit des Körpers (Contractilität), als was die Ortsveränderung (Locomotivität) betrifft. Beide Arten der Bewegung find bei vielen Elemententhierchen (Oseillatoria, Clo- sterium u, ſ. w.) und bei einigen Aufgußthierchen (z. B. Stab- thierchen) fo ſchwach und kaum zu bemerken, daß dieſe Geſchöpfe von vielen Naturforſchern gar nicht für Thiere gehalten, ſondern zu den Pflanzen gezählt werden. Doch findet ſchon bei einigen Oscillatorien eine lebhaftere Bewegung ſtatt, und namentlich von Osc. animalis führt Agardh an, daß fie wie ein Wurm krieche und dabei den Körper, beſonders den beſtimmt geſonderten Kopf, nach allen Richtungen hin und her bewege. Die bei weitem meiſten Schleimthiere ſind einer bedeutenden Contractilität fähig und bewegen ſich ſehr lebhaft von Ort zu Ort. Selbſt die geſtielten feſtſitzenden Blumenthierchen ſchwanken lebhaft hin und her, und wenn ſie ſich losgeriſſen haben, was nicht ſelten geſchieht, ſo rudern ſie ſehr munter im Waſſer umher. Die Ortsverände— rung wird entweder durch Schwimmen oder durch Kriechen bewirkt. Letzteres, bei einigen Aufgußthierchen (Hörnerthierchen, Stelzenthierchen) mittelſt hakenförmiger oder ſtielförmiger äußerer Organe, von denen jene auch zum Feſthalten, dieſe vielleicht auch zum Taſten dienen; theils auch durch längere fadenförmige Fort: ſätze, die von Andern wieder zum Theil für Rüſſel gehalten wer- den. Manche Räderthiere kriechen ſpannenmeſſend (wie Blutegel oder Spannraupen); andere, geſchwänzte, können ſich mit dem Ende des Schwanzes feſtſetzen; einige bewegen ſich auch hüpf fend mittelſt langer Borſten, die an verſchiedenen Stellen des Körpers ſitzen. Das Schwimmen wird hauptſächlich durch ruderförmige Bewegung der Haare bewirkt, die ſich an verſchiedenen Stellen des Körpers befinden, ſeltener durch längere fadenförmige Organe. Jene Haare find aber oft fo zart, daß ihr Daſein und ihre Thä— Schleimthiere. 7 tigkeit nur durch die ſtrömende oder ſtrudelnde Bewegung, die ſie in der Flüſſigkeit hervorbringen, verrathen wird. Doch bezieht ſich ihre Thätigkeit nicht immer auf Ortsbewegung, ſondern das Strudeln iſt ſehr oft ſichtbar ohne letztere, und ſcheint dann ſich auf Athmen zu beziehen. Andere flimmernde oder ſtrömende Er— ſcheinungen, die ſich nicht ſelten an der Oberfläche des ganzen Körpers oder einzelner Theile, ohne Ortsbewegung, zeigen, ſollen nach Einigen von ſehr feinen Haaren, die deshalb auch Flim— merhaare genannt werden, noch Andere von einer beſondern Flimmerſubſtanz herrühren, und mögen ebenfalls wol dem Athmen angehören. Diejenigen Haare, welche das Strudel— organ der Räderthiere bilden, ſind deutlicher und ſtärker, die— nen aber auch ſowol zum Schwimmen als zum Athmen und zum Einziehen der Nahrung. Die Samenthierchen haben ei— nen geſchwänzten Körper und bewegen ſich hauptſächlich mit— telſt ſchlängelnder Schwingungen des Schwanzes. Ob ſie auch mit Haaren verſehen ſind, wird von einigen Beobach— tern bezweifelt, während Andere dergleichen Haare geſehen ha— ben wollen. Fünfter Abſchnitt. Fortpflanzung. § 11. Die Vermehrung der Schleimthiere findet auf verſchie— dene Weiſe ftatt, In den Elemententhierchen, namentlich in Oscilla— torien und Cloſterien, bildet ſich eine körnige Maſſe, welche zuletzt hervordringt, worauf aus den einzelnen zu Boden ſinken— den Körnern neue Individuen ſich entwickeln. Daß die hervor— gedrungenen Körner, ehe ſie niederſinken, erſt eine Zeitlang als lebende Punktthierchen umherſchwimmen, oder durch reihenweiſe Zuſammenſetzungen einen neuen Oscillatorienfaden darſtellen foll- ten, wie man früher behauptete, iſt durch neuere Beobachtung nicht beſtätigt worden. Eine ähnliche Umgeſtaltung und Auflö— fung der innern Maſſe in Körner hat man auch bei mehren Auf: gußthierchen wahrgenommen. Bei dieſen Geſchöpfen ſcheint alſo jedes Atom des Körpers ſich zu einem neuen Thierchen ausbil⸗ den zu können. Eine zweite Art der Vermehrung der Aufguß— thierchen beſteht darin, daß der Körper ſich der Queere oder der 8 Erſte Klaſſe. Länge nach ſpaltet und jeder Theil ein vollſtändiges Thier wird; dies iſt die Vermehrung durch Trennung. Die Blumenthier⸗ chen vermehren ſich auch durch Knoſpen, welche theils an dem Körper, theils an den Stielen hervordringen und ſich daſelbſt ent- wickeln, wodurch nach und nach die baumförmigen Zuſammen⸗ häufungen dieſer Thiere entſtehen. Doch löſen ſich ſolche Knoſpen auch nicht ſelten vor ihrer weitern Entwickelung vom Stamme ab und bilden ſich erſt nachher allmälig zu neuen Stämmen aus. § 12. Wenn entwickelungsfähige Körner im Innern ſich in einen eigenen häutigen Behälter abſondern und in demſelben bis zu der Zeit, wo ſie ſich weiter ausbilden ſollen, verweilen, ſo entſtehen Eierſtöcke. Viele Aufgußthierchen und alle Räderthiere bringen ſolche Eier hervor, indem fie dieſelben entweder aus dem Eier⸗ ſtocke von ſich geben oder indem ſie den ganzen Eierſtock mit den darin enthaltenen Eiern ausſondern (z. B. Beutelthierchen, Col- poda cucullus). Die Gallertklümpchen, aus und in denen manche Blumenthierchen (z. B. Krugthierchen, Urceolaria versatilis) ſich entwickeln, und die fadenförmigen Körper, aus denen man ver- ſchiedene Aufgußthierchen (Stabthierchen, Zungenthierchen) hervor— kommen ſah, ſind wol ſolche ausgeſonderte Eierſtöcke. Viele Schildthierchen tragen ihre Eier äußerlich am Hinterende der Schale, wo ſich die Eierſtöcke ausmünden, mit ſich umher, bis ſie auskommen. Manche Schleimthiere bringen auch lebende Junge hervor, indem entweder die Eier ſchon im Innern des Thieres auskommen (z. B. Räderthierchen, Rotifer vulgaris, Albertia), oder indem im Innern Knoſpen entſtehen, die ſich abſondern und, nachdem das Mutterthier platzt, als Junge frei werden. Letzteres iſt bei mehren Aufgußthierchen beobachtet, und bei einigen, z. B. bei Kugelthierchen, hat man ſogar geſehen, daß in den Jungen im Mutterleibe ſchon wieder Junge ſich zu bilden anfingen. Man hat oft Eier und Knoſpen mit einander verwechſelt und auch letztere Eier genannt; beide ſind aber weſentlich ver— ſchieden, denn aus letztern kommt das Junge, nach Durchbrechung und Zurücklaſſung der Eierſchale hervor; die Knoſpen aber ſon— dern ſich unmittelbar aus der Körpermaſſe ab und ſind ſelbſt ſchon Junge, die ſich nur weiter entwickeln. In neuern Zeiten hat man im männlichen Samen mehrer Thiere (Vögel, Rochen, Schleimthiere. 9 Waſſerjungfern) und ſelbſt im Blüthenſtaube der Pflanzen, Bläs— chen beobachtet, in denen ſich Samenthiere entwickelten, welche, wenn ſie ausgebildet waren, das Bläschen ſprengten und frei wurden. § 13a. Die Jungen find den Alten oft fo wenig ähnlich, daß man ſie nicht ſelten für ganz beſondere Gattungen gehalten hat, und erlangen erſt nach mehren allmäligen Veränderungen ihre völlige Ausbildung. So glaubt man auch zum Theil, daß die Punkt— thierchen und die ihnen zunächſt ſtehenden Gattungen gar nicht eigene Formen ſeien, ſondern unausgebildete Junge anderer grö— ßerer Aufgußthierchen. Die Samenthierchen, welche im vollkom— menen Zuſtande geſchwänzt ſind, zeigen ſich anfangs zum Theil ungeſchwänzt. Uebrigens aber geht dieſe Ausbildung bei manchen Arten ſo ſchnell von ſtatten und die Fortpflanzung folgt ſo bald, daß die Vermehrung derſelben faſt unglaublich iſt; ſo hat man z. B. berechnet, daß eine Hydatina senta in zehn Tagen eine Nachkommenſchaft von mehr als einer Million Individuen haben kann; andere Schleimthiere (3. B. Stabthierchen) können, durch Theilung, in vier Tagen eine Nachkommenſchaft von 170 Billio— nen haben. Sechſter Abſchnitt. Beſonderes Phyfiologiſches. § 13b. Einige dieſer Thiere beſitzen, trotz ihres zarten Kör- pers, eine ſehr ſtarke Lebenskraft. Namentlich haben dieſes mehre Beobachter an dem gemeinen Räderthierchen (Rotifer vulgaris) beſtätigt gefunden. Es kann mehre Jahre lang faſt eingetrocknet und wie todt ſein, doch wird es durch ein Tröpfchen Waſſer wie— der zum Leben erweckt. Es kann eine Zeit lang in Eis einge— froren fein, ohne zu ſterben; es kann eine Hitze von 360 R. und im eingetrockneten Zuſtande ſogar von 56IR. ertragen, ohne der— ſelben zu unterliegen. Auch manche Aufgußthierchen ertragen einen bedeutenden Kältegrad, und die im rothen Schnee wohnenden Arten ſterben ſogar in einer etwas höhern Temperatur. Wenn männlicher Samen eintrocknet und nach Jahren wieder angefeuch— tet wird, ſo leben auch die mit ihm ene Samenthier⸗ chen wieder auf. 10 Erſte Klaſſe. — Schleimthiere. § 14. Von den Samenthierchen glaubten frühere Natur- forſcher theils daß ſie bei der Befruchtung einzeln in einzelne weibliche Eier ſchlüpften und ſich in demſelben zum Embryo entwickelten, theils daß ſie den Samen durch ihre Bewegung flüſſig erhielten oder den Reiz zur Begattung weckten. Später wurden ſie zum Theil gar nicht für Thiere gehalten, ſondern für Erſcheinungen, die durch die mittelſt Ausdünſtung oder Zerſetzung hervorgebrachte Bewegung in dem flüſſigen Samen ſich zeigen, oder der Bewe— gung der einzelnen Wimper in der Flimmerbewegung analog ſeien. Man hält ſie auch wol für belebte und belebende Elemente (principe actif) des Samens, ohngefähr ſo, wie die Blutkügel⸗ chen ein nothwendiges Element des Blutes ſeien, und erklärt den Fötus als das Reſultat der Einwirkung des Samenthierchens auf den zu belebenden Punkt im Ei, oder als eine Verbindung des Samenthierchens mit dem Keime im Ei. Treviranus iſt der Meinung, daß dieſe Thierchen den eigentlichen befruchtenden Stoff enthalten, den ſie entweder ſchon in dem Hoden oder außerhalb deſſelben ausleeren. Iſenſen glaubt, daß fie den zur Befruch⸗ tung untauglichen Theil des Samens verzehren. Da ſie nur in ſolchen Samen vorkommen, der zur Befruchtung geſchickt iſt, nicht bei ganz jungen und nicht bei ganz alten, auch nicht bei veneri— ſchen Individuen und nicht bei Baſtarden, ſo ſcheinen ſie aller— dings Beziehung auf den Befruchtungsprozeß zu haben. | § 15 Da die Punktthierchen oder Monaden bei Auf- löſung aller organiſchen Stoffe entſtehen, ſo betrachtete man ſie zum Theil als die organiſchen Grundſtoffe der organiſchen Schöpfung und nannte fie Urthiere und Elemententhiere, Benennun— gen, welche oft auf ſämmtliche Aufgußthierchen ausgedehnt wur— den. Dann ging man noch einen Schritt weiter und lehrte, daß alle organiſchen Naturerzeugniſſe durch Verbindung von allenthal- ben verbreiteten Monadenkörnern entſtünden, welche nun, in dieſer Verbindung, zu keiner ſelbſtſtändigen Lebensentwickelung gelang— ten, ſondern erſt dann, wenn in dem zuſammengeſetzten Körper das allgemeine Leben, das ſie zuſammenhält, erlöſche, wieder frei würden und ſich ſelbſtſtändig zu lebenden Monaden ausbildeten. 12 ana | = bien Arte 119 a. ar 4 eee ven un wen be BR r een ne Fr . 8 1 . W 1 * nd t ig ae U ENT ‚fe 21181 a Zn a 15 ahh un int d DE | 1 10 an „ud. mia nt PN " do Auch. si * oben an - © “ wo. Br ham a 12 90 a — M 5 be die # en. 7 7 N e | un Ach ese ee Bu we 5 1 7 r r hn BR a). ee 1016 Ain! ©: 19 133 = on 1 2 5 2 AR 3 Ee Netten ah v ne ie Zweite Meberficht. Ordnungen und Zünfte der Polypen. I. Körper nackt, ohne ſteifere Hülle und ohne derbern oder harten Stamm. — Libera, Freipolypen. Erſte Zunft. Hydraea, Nacktpolypen. — Mit geſtrecktem, meiſt geſtielten und mit wenigen Armen verſehenen Körper. Zweite Zunft. Actinoidea, Meerneſſeln. — Mit kurzem gedrungenen, gleichdicken vielarmigen Körper. II. Der weiche Körper iſt mit derbern oder harten Theilen verbunden. (Lithophyta und Zoophyta L.) Korals lenpolypen. A. Er umgiebt einen härteren, feſtſitzenden Stamm, ohne ſich in denſelben fortzuſetzen. — Corticosa, Rinden⸗ Er e e e , e ee B. Er iſt mit einer Hülle oder mit einem derberen oder harten Stamm verbunden, in welchen er ſich fortſetzt. 1. Stamm oder Hülle find biegſam, häutig oder hornartig, oder lederartig- fleiſchig; a. bilden eine Hülle oder einen röhrigen Stamm; a. find feſtgewachſen oder können ſich doch feſtſetzen. — Tubulariatica, Röhrenkorallenz . . . 5. find frei; können ſich auch nicht feſtſetzen. — Pennatulina, Seefederna2LL 2... b. bilden eine filzige oder krümlig-körnige Maſſe, oder einen lederartig-fleiſchigen Stamm. — Spongiosa, c /// ⁰¶ c 0b c. beſtehen blos aus zufammengehäuften Zellen. — Cellariatica, Nebkorallen. . . 2 2 2 .. 2. Stamm oder Hülle ſind ſtarr, erdig oder ſteinartig. — Lithozoa, Steinkorallen. .. Erſte Zunft. Fistulosa, Orgelkorallen. — Der Stamm beſteht aus mehren abgeſonderten, nur hie und da durch dünne Queerwände vereinigten Röhren. Zweite Zunft. Porosa, Stichkorallen. — Der Stamm iſt dicht, aber von einfachen Gängen oder Kanälen durchdrungen. Dritte Zunft. Lamellosa, Blätterkorallen. — Der dichte Stamm iſt von ſtrahlig- blättrigen Gän⸗ gen durchzogen. z (Zu S. II.) Erſte Ordnung. Sechſte Ordnung. Zweite Ordnung. Dritte Ordnung. Vierte Ordnung. Fünfte Ordnung. Siebente Ordnung. if. r Polypen. P Freipoly penn. . ten und mit wenigen Armen verſehenen leichdicken vielarmigen Körper. ‚phyta und Zoophyta L.) Koral⸗ en fortzuſetzen. — Corticosa, Rinden⸗ rbunden, in welchen er ſich fortſetzt. fleiſchig; lariatica, Röhrenkorallenznz: , le artig⸗fleiſchigen Stamm. — Spongiosa, JV ee Steinkorallen. + + 0 * * . * eſteht aus mehren abgeſonderten, nur hie hren. gu S. II.) Erſte Ordnung. Sechſte Ordnung. Zweite Ordnung. Dritte Ordnung. Vierte Ordnung. Fünfte Ordnung. Siebente Ordnung. dicht, aber von einfachen Gängen oder Stamm iſt von ſtrahlig-blättrigen Gän⸗ | Zweite Klaſſe. — Polypen. By Zweite Klaſfe. Polypina, Polypen. Erſter Abſchnitt. Klaſſi fikation. 8 16. Sie zerfallen, nach der zweiten Ueberſicht, in ſieben Ordnungen, und dieſe zum Theil wieder in Zünfte. S 17. Aus den ieh und Zünften 08 folgende Gattungen zu merken: Iſte Ordnung. Freipolypen. Iſte Zunft. Nacktpolypen. Hydra L. — Hydra, Arm: polyp; Boscia, Coryna. A2te Zunft. Meerneſſeln. Actinia L. — Actinia, See⸗ anemone; Thalassianthus, Actinodendron; Actinectes (Discosoma), Corticifera. 2te Ordnung. Röhrenkorallen. Tubularia L; Ser— tularia L. — Pharetria, Köcherpolyp; Tubularia, Halm⸗ koralle; Sertularia, Blaſenkoralle; Ellisia; Plumatella, Bruſchkoralline. Ste Ordnung. Seefedern. Pennatula L. — Pennatula, Bartfeder; Renila, Nierenfeder; Veretillum, Kielfeder. Ate Ordnung. Schwämme. Spongia L. AleyoniumL. — Spongia, Seeſchwamm; Spongilla, Flußſchwamm; Alcyo- nella; Cristatella, Kammpolyp; Halcyonium, Korkſchwamm, Xenia, Iphition, Halodactylus. te Ordnung. Netzkorallen. Cellepora L., gellenkorallez Ffflustra L., Kruſtenkoralle, Tendra. 6te Ordnung. Rindenkorallen. Isis L; Gorgonia L. — Isis, Königskoralle; Corallium, ee Gorgonia, Horn⸗ koralle; Hyalonema. te Ordnung. Steinkorallen. Iſte Zunft. Orgelkorallen. Tubipora L. Seeorgel. 2te Zunft. Stichkorallen. eee bee (Nullipora, Kalkkoralle?) | 12 Zweite Klaſſe. Ste Zunft. Blätterkorallen. Madrepora L. — Astraea, Sternkoralle; Fungia, Pilzkoralle; Caryophyllia, Nelkenkoralle; Maeandrina. Zweiter Abſchnitt. Aeußere körperliche Beſchaffenheit. § 18. Wie in der erſten Klaſſe Geſchöpfe vorkommen, deren animaliſche Natur noch zweifelhaft erſcheint, ſo iſt es auch hier der Fall: Die Seeſchwämme beſtehen aus einem hornartigen Ge— webe oder lockern Filz, mit einer gallertartigen Subſtanz über⸗ zogen und durchdrungen, in welcher ſich Kanäle befinden. Die ganze Bewegung dieſer Geſchöpfe beſteht in einem kaum bemerf- baren abwechſelnden Ausdehnen und Zuſammenziehen; und ſelbſt dieſe ſchwache Bewegung hat man noch nicht bei allen wahrge— nommen. Polypen bilden ſich an ihnen nicht aus. Man hält ſie zum Theil für Pflanzen, zu denen auch manche Erzeugniſſe, die zu den Flußſchwämmen gehören, aus gleichen Gründen gezählt werden. Die Kalkkorallen wurden deshalb zu den Korallen geſtellt, weil ſie mit einer thieriſchen Gallert überzogen ſein ſollen; aber man hat nie Polypen oder Polypenzellen an ihnen geſehen. Viele von ihnen könnte man, ihrer Form nach, für anorganiſche Kalkconglomerate halten; aber nach neuern Be— obachtungen ſollen ſie verkalkte Pflanzen ſein, und wären alſo mit den Corallinen und ähnlichen Geſchöpfen, die man ehemals auch den Corallen zugeſellte, bis ihre Pflanzennatur entdeckt wurde, in das Reich der Pflanzen zu verſetzen. § 19. Der Körper der zartern Polypen beſteht aus einem feinkörnigen Gallert; doch hat man in mehren von ihnen auch deutliche Muskellagen und Musgkelſtreifen erkannt. Die Meerneſſeln haben einen derbern fleiſchigen, muskulöſen, zus weilen ſelbſt lederartigen Körper, der in einigen (Corticifera) ſo viel Kalkerde enthält, daß er faſt kalkartig erſcheint. Ueberhaupt aber ſondern viele Polypen, namentlich Korallenpolypen, eine be— deutende Menge von Kalkerde ab. In mehren Seeſchwämmen hat man nadelförmige Kieſel-Kryſtalle gefunden, und Iphition ſoll ganz aus Kieſelerde beſtehen; auch in einigen Korkſchwäm— men ſind nadelförmige Kalkkryſtalle enthalten. Polypen. 13 Geftalt und Größe des Polppenkörpers iſt verſchieden. Meiſt iſt er, im ausgeſtreckten Zuſtande, cylindriſch oder ſpindel— förmig, gedrungener bei den Meerneſſeln und vielen Blätterkoral— len; geſtielt bei einigen Nacktpolypen (Coryna). Viele find äußerſt klein, beſonders unter den Korallenpolypen; die größern kommen unter den Meerneſſeln vor, welche zum Theil ein paar Zoll im Durchmeſſer haben. § 20. Alle Polypen ſind am vordern Ende mit einem meiſt einfachen Munde verſehen. Sehr viele haben auch einen After; Den Nacktpolypen fehlt er (wenigſtens muß die Anweſenheit deſ— ſelben am Hinterende der Armpolypen, Hydra fusca, wo man ihn entdeckt haben will, noch beſtätigt werden). Beſtimmt aber iſt er an manchen Polypen der Blafenforallen, wie auch an denen der Halmkorallen und Zellenkorallen zu ſehen, wo er vorn unter— halb der Arme ausmündet. § 21. Der Mund iſt mit fühlerförmigen Armen umgeben, welche in Zahl, Form und Länge ſehr verſchieden ſind. Einige Nackt— polypen (z. B. Boscia, Coryna) haben auch an andern Stellen des Körpers Arme. In der Länge übertreffen ſie ſelten den Körper: Lang ſind ſie an den Armpolypen; Hydra fusca kann einen Zoll lang werden und dabei die Arme neun Zoll lang aus— ſtrecken, wobei ſie dann freilich ſo dünn wie ein Spinnfaden ſind. An andern Polypen dagegen ſind ſie ſehr verkümmert und zei— gen ſich zum Theil nur als Warzen oder Falten, z. B. an Acti- nectes, an einigen Korkſchwämmen und Blätterkorallen, beſon— ders an den Sternkorallen, an Sertularia quadridentata; und bei einigen Punktkorallen iſt ihre Spur faſt ganz verſchwunden. Eben ſo verſchieden iſt ihre Zahl. Wo ihrer wenige, meiſt acht, ſind, bilden fie einen einfachen Kranz um den Mund; bei großer Zahl ſtehen ſie in zwei und mehr Kreiſen, z. B. bei den Meerneſſeln, den meiſten Sternkorallen, mehren Punktkorallen; auch Alcyonel— len und Kammpolypen haben viele Arme. Der Form nach ſind ſie meiſt geſtreckt, cylindriſch oder fadenförmig, ſelten verzweigt (Actinodendron); ſehr häufig aber gefiedert, fo bei den Seefedern, Rindenkorallen, Orgelkorallen, einigen Meerneſſeln (Thalassian- thus), Korkſchwämmen, Halmkorallen und Blaſenkorallen. An ſehr vielen Polypen hat man die Arme mit feinen Haaren be— 14 | Zweite Klaſſe. ſetzt gefunden, welche durch ihre regelmäßige Bewegung eine Strömung des Waſſers gegen den Mund hin bewirken; und an den Armen der Hydra fusca find außerdem noch Warzen be⸗ findlich, aus denen, nach Ehrenberg, ein mit Widerhaken ver⸗ ſehener Faden, nach Corda ein ſpießförmiges Organ, zum Er- greifen der Beute, hervortritt. Wahrſcheinlich gehören hieher auch die Anſaugenäpfchen, welche ſich an den Armen einiger Bla— ſenkorallen und Nelkenkorallen befinden ſollen; die Meerneſſeln können ihre Arme der ganzen Länge nach ſo feſt anheften, daß dieſelben abreißen und angeheftet bleiben, wenn man das Thier mit Gewalt entfernen will. Wahrſcheinlich findet auch hier ein Anſaugen ſtatt. Bei vielen Polypen hat ſich gezeigt, daß die Fühler eine hohle Axe haben, z. B. bei mehren Blaſenkorallen, bei der Halmkoralle (Tubularia solitaria), bei den Kielfedern; ſo auch bei den Seeanemonen und Armpolypen, und zwar ſollen ſie bei jenen am Ende offen, bei dieſen aber am Ende geſchloſſen und in ſich einrollbar ſein. Die Arme einiger Kruſtenkorallen (Tendra) ſollen zwei Längskanäle haben. § 22. Die Polypen einiger Punktkorallen (z. B. Milleporä truncata) haben an einer Seite des Körpers eine bewegliche Scheibe, welche, wenn der Polyp ſich zurückzieht, die Oeffnung der Zelle, wie ein Deckel, ſchließt. § 23. Von äußeren Athmenorganen könnte viellecht Folgendes hier anzudeuten ſein: In ſo fern durch die bereits erwähnte Bewegung der Haare an den Armen eine fortwährende Erneue— rung des Waſſers an der Oberfläche der Arme und des Körpers bewirkt wird, ſcheint auch das Athmen durch jene Organe ver- mittelt zu werden; und in dieſer Beziehung iſt es nicht unrichtig, wenn Dumortier die Arme als Kiemen betrachtet. An der Oberfläche der Polypen einiger Punktkorallen (Millepora rosea), wie auch der Meerneſſeln, ſind kleine Oeffnungen, die mit innern Waſſerbehältern, als innern Athemorganen, in Verbindung ſtehen. Nach Farres Beobachtungen aber haben manche Korkſchwämme (Halodactylus), Kruſtenkorallen (Membranipora) und die Meer⸗ neſſeln hohle Arme, durch welche das Waſſer in jene Behäl— ter geleitet wird; darnach wären 5 die ume auch äußere Athmenorgane. Tri Polypen. 15 8 24. Die meiſten Nacktpolypen leben einzeln und können ihren Standpunkt verändern. Die mit einem härtern Stamme ver— ſehenen, Korallenpolypen genannt, ſind meiſt ihrer mehre ver— einigt, mit dem Stamme verwachſen, feſtſitzend. Doch giebt es hievon Ausnahmen, denn es kommen auch einzelne Korallen— polypen vor, z. B. unter den Nelkenkorallen und Pilzkorallen; und der Polyp der Halmkoralle (Tubularia solitaria) fol nicht nur mit ſeiner Röhre umherkriechen, ſondern dieſe auch verlaſſen und frei ſich eben ſo bewegen können. 8 25. Unter den Polypenſtämmen herrſcht in vieler Hinſicht eine große Verſchiedenheit. Die bei weiten meiſten ſind feſtſitzend; nur die Seefedern, einige Röhrenkorallen (Halmkoralle, Tubularia solitaria) und Blätterkorallen (Pilzkorallen) machen hievon eine Ausnahme; doch ſollen alle Pilzkorallen in der Ju— gend feſtſitzen, ſpäter aber zum Theil ſich ablöſen. Der Sub— ſtanz nach giebt es unter ihnen ſelbſt noch gallertartige (einige Blaſenkorallen, Sertularia gelatinosa) und mehre fleiſchige, z. B. unter den Korkſchwämmen, und die Seefedern, wo denn doch meiſt in jenen einige Kryſtallnadeln enthalten ſind, die See— federn aber eine Längshöhle haben, in welcher eine hornartige oder kalkartige Gräte liegt. Sehr viele find hornartig; die meiſten ſteinartig. Höchſt verſchieden ſind aber die Formen der Stämme. Bei den Röhrenkorallinen iſt der Stamm zum Theil nur eine häutige Hülle (z. B. Köcherpolyp); oder dieſe ver- längert ſich (z. B. in den Halmkorallen) in eine meiſt einfache, ſelten verzweigte Röhre, in deren obern Ende ſich ein Polyp be— findet; oder der Stamm wird baumförmig, und trägt an den Zweigen mehre Polypen (Blaſenkorallen). Der fleiſchige Stamm der Seefedern iſt cylindriſch oder ſpindelförmig, und dehnt ſich bei den Nierenfedern am obern Ende in eine Scheibe aus, an der die Polypen ſitzen; an den Bartfedern hat er, an der obern Hälfte, zwei Reihen Seitenfortſätze (wie Federbärte), an deren obern Kante ſich die Polypen befinden. Die Seeſchwämme, Aleyonella, und viele Korkſchwämme haben einen hornartigen Stamm, der wie ein lockeres Filzgewebe ausſieht, theils aber auch Kalk⸗ oder Kieſelnadeln enthält; der Stamm der Flußſchwämme iſt mehr körnig. Die Netzkorallenſtämme beſtehen aus Zellen 16 Zweite Klaſſe. und zeigen ſich meiſt als Ueberzug von ſteiniger Beſchaffenheit, oder verzweigt, oder als biegſame Häute, die aber doch Kalkerde enthalten; im Waſſer, und ſo lange ſie leben, ſollen ſie alle mehr oder weniger biegſam ſein. Die Rindenkorallen ſind meiſt baumförmig verzweigt und entweder hornartig (Gorgonien), oder kalkſteinartig (Edelkoralle), oder aus abwechſelnden hornartigen und kalkſteinartigen Abſätzen beſtehend (Königskorall), oder kieſel⸗ erdig, glasartig (Hyalonema). Die kalkſteinharten Stämme der Orgelkorallen find vertikale Röhren, die in beſtimmten Zwi⸗ ſchenräumen durch dünne horizontale Queerwände verbunden ſind. Die kalkſteinartigen Stichkorallen zeigen ſich in ſehr verſchie— denen Formen, äſtig, blattförmig, rundlich u. ſ. w. und ſind mit einfachen Kanälen durchzogen, die an der Oberfläche ausmünden. Die Sternkorallen haben ebenfalls ſehr verſchiedene Formen und find theils baumförmig⸗aſtig, theils mehr oder weniger rund, ſcheibenförmig u. ſ. w., als kalkſteinartige Maſſen, die im Innern mit geraden oder mannigfachgewuudenen Gängen durchzogen find, an deren Wänden erhabene Leiſten parallel neben einander hin⸗ laufen. An den äußern Oeffnungen der Gänge treten dieſe Lei⸗ ſten mehr oder weniger hervor und bilden entweder einen viel⸗ ſtrahligen Stern oder, wo die Gänge gewunden ſind, ebenfalls gewundene blättrige Gänge (Maeandrina). Es giebt ſolche Stämme, die nur aus einem einzigen Gange und Sterne beſtehen, z. B. manche Nelkenkorallen, und ſelbſt ſolche, die gar keinen Gang, ſon⸗ dern nur einen Stern bilden, z. B. unter den Pilzkorallen. § 26. Die Verbindung der Polypen mit dem Stamme iſt verſchieden. An den Röhrenkorallen breiten ſich die Polypen nicht über den Stamm aus, ſondern hängen, wo ihrer mehre an Einem Stamme ſich befinden (Blaſenkorallen), im Innern deſſel⸗ ben unter ſich zuſammen. Sie treten entweder nur an den En⸗ den der Röhre hervor, oder (bei den Blaſenkorallen) durch Oeff⸗ nungen, die ſich an den Seiten des Stammes oder der Zweige befinden und meiſtentheils in Geſtalt von Zellen vorragen. An einigen bilden ſich zu gewiſſen Zeiten auch größere ovale oder glockenförmige Zellen oder Kapſeln aus, welche immer ſtärkere Polypen oder Eier enthalten. Von dieſen wird ſpäter, unter den Fortpflanzungsorganen, die Rede ſein. An den Seefedern ſind Polypen. | 17 die Polypen ſelbſt Fortſätze des fleifchigen Stammes, dieſer ſelbſt alſo eigentlich als der gemeinſchaftliche Polypenkörper zu betrachten. Eben ſo verhält es ſich mit den Schwämmen, deren Polypen nur Fortſätze der gallertartigen Subſtanz find, die den filzighorn— artigen Stamm überzieht und durchdringt. Wenn die Polypen ſich in jene Subſtanz zurückziehen, ſo zeigt ſich an der Stelle eine ſternförmige Vertiefung, die man auch wol uneigentlich Zelle nennt (z. B. an den Korkſchwämmen). Die Polypen der Netz— korallen breiten ſich nicht über den Stamm aus, ſondern ſind auf ihre Zellen beſchränkt, ſollen aber, wenigſtens zum Theil, im Innern des Stammes durch Oeffnungen der Zellen zuſammen— hängen. Nach neuern Beobachtungen wären die Zellen die ver— wachſenen und verkalkten äußern Hüllen der Polypen, alſo ſelbſt ein Theil des Polypen. Der Stamm der Rindenkorallen iſt mit einem gallertartigen Ueberzuge bedeckt, aus welchem ſich die Polypen, die nur Fortſätze des Ueberzuges ſind, hervorſtrecken. Letzterer iſt alſo der gemeinſchaftliche Polypenkörper. Die Polypen oder der gallertartige Ueberzug dringen nirgends in den Stamm ein, welcher auch weder Oeffnungen noch Zellen hat. Wenn aber die Polypen ſich einziehen, ſo entſtehen in dem Ueberzuge, wie bei den Korkſchwämmen, ſternförmige Vertiefungen oder Vorragun— gen, die man ebenfalls wol Zellen genannt hat. Der Ueberzug und die Polypen enthalten in ſich eine bedeutende Menge Kalk— „erde, welche, wenn das Thier abſtirbt und die Gallerte eintrocknet und verſchwindet, als eine erdige Rinde, von verſchiedener Farbe und Dicke, zurückbleibt. Die Polypen der Steinkorallen drin— gen in den Stamm ein. Bei den Orgelkorallen verhält ſich die— ſes ſo, wie bei den einfachen Röhrenkorallen. Auch die Stich— korallen ſcheinen nicht durch einen äußern Ueberzug zuſammen— zuhängen, welches indeß bei den zuſammengeſetzten Blätterkorallen, wenigſtens zum Theil, der Fall iſt. Dritter Abſchnitt. Innerer Bau. end 8 27. „Dieser iſt am einfachſten bei den Nacktpolypen, na⸗ ich bei den misvent Der Körper bildet nämlich nur eine 2 18 Zweite Klaſſe. Leibeshöhle, deren unmittelbarer und einziger Ausgang der Mund iſt. Sie iſt alſo zugleich Magen und Darm, wie der Mund auch zugleich After iſt. In den Meerneſſeln ſondert ſich die Haut, mit welcher die Leibeshöhle bekleidet iſt, ab und bildet einen be⸗ ſondern Magen; ſo auch bei allen übrigen Polypen. Den obern engern Theil deſſelben kann man als Speiſeröhre betrachten; und bei allen denjenigen Polypen, welche einen After haben, geht von dem entgegengeſetzten Ende des Magens ein Darm aus, deſſen äußere Oeffnung der After iſt. In den Rindenkorallen verlängert ſich der Magen in eine fadenförmige Röhre. Manche Schriftſteller erwähnen auch fünf bis acht Därme oder fadenför- mige Anhängſel am untern Ende des Magens in den Meerneſ— ſeln, Kielfedern und einigen Korkſchwämmen, von denen die faden⸗ förmigen zum Theil für Gallengefäße gehalten werden; aber alle dieſe Organe gehören vielmehr zu den Geſchlechtstheilen. In einigen Kruſtenkorallen (Tendra) hat man unter dem Magen eine Verlängerung mit braunen Bläschen gefunden und dieſe für eine Leber gehalten. Der Raum zwiſchen dem Magen und der in: nern Leibeswand iſt bei mehren Polypen (Meerneſſeln, Kork: ſchwämmen) in acht oder mehre Längsfächer geſchieden, welche mit den hohlen Fühlern communiciren, und deren Zweck auf das Athmen ſich zu beziehen ſcheint. § 28. Saftbewegung haben einige Beobachter in ver⸗ ſchiedenen Polypen, namentlich in denen der Alcyonellen einiger Kork⸗ ſchwämme und Rindenkorallen, auch in den hohlen und mit der Leibeshöhle in Verbindung ſtehenden Armen der Armpolypen, wahrgenommen; ob dieſe Bewegung aber in Gefäßen oder nur als freie Strömung ſtattfinde, darüber iſt man noch nicht einig. Wahrſcheinlich iſt das Letztere der Fall. Dumortier beobachtete in Alcyonellenpolypen, daß jene Bewegung beſonders lebhaft in einer Höhle an der Wurzel der einzelnen Arme war, und hält dieſe Höhlen deshalb für Herzen. Von Andern wird aber jede Strömung in den Polypen bezweifelt und die Erſcheinung ſelbſt nur für Flimmerbewegung erklärt. Manche andere gefäß— förmige Organe gehören theils zu denen des Athmens, theils zu den Geſchlechtsorganen. So wie in den Polypen, ſo iſt auch in den Stämmen Saftbewegung wahrgenommen, z. B. in denen % 2 Polypen. 19 der Alcyonellen und Korkſchwämme, indem in letztern die Polypen unter einander mittelſt Gefäße in Verbindung ſtehen ſollen. In den Rindenkorallen ziehen ſich an der Oberfläche des Stammes Längsgefäße hin und bilden um denſelben eine Gefäßhaut; ſie ſtehen wahrſcheinlich mit dem Magen der Polypen in Verbindung. In der hohlen Axe des Stammes und der Zweige der Blaſen— korallen bewegt ſich eine Flüſſigkeit bis zu den Polypen hin; ob fie in den Magen der Polypen übergeht, wird von Einigen bejaet, von Andern verneinet. In den Kielfedern ziehen ſich vier oder fünf Längskanäle hin, welche am Unterende des Stammes aus— münden, und in welche ſich die Mägen aller Polypen öffnen. In den Bartfedern ſetzen ſich alle Polypen als feine Röhren in dem Stamme fort und münden in die Höhle aus, in welcher die Längsgräte liegt. § 29. Was die Funktion des Athmens betrifft, ſo kann man bei den Schwämmen die Kanäle, die ſich durch den Stamm ziehen und abwechſelnd Waſſer einnehmen und ausſtoßen, als innere Athmenorgane betrachten. Daſſelbe gilt auch wol von den Längs— kanälen der Seefedern, die ſich am Unterende des Stammes öffnen. In den Meerneſſeln hat man ein Syſtem von Waſſerkanälen entdeckt, nämlich ein um den Mund ſich ziehendes Ringgefäß und mehre Seitengefäße. Dieſes Gefäßſyſtem ſteht mit den Armhöh— len und den Längsfächern der Leibeshöhle in Verbindung. Aus letztern gehen feine Kanäle an die Oberfläche des Körpers, wo ſie ſich als Poren ausmünden, durch welche dieſe Thiere oft Waſ— ſer ausſpritzen. Wahrſcheinlich wird Waſſer durch die Arme ein— gezogen, in die Längsfächer geleitet und durch die Poren wieder ausgeführt. Aehnliche Poren zum Waſſereinziehen glaubt Van— beneden an den Wurzeln der Arme von Alcyonellenpolypen ent— deckt zu haben. Die Längsfächer wären alſo die eigentlichen Athemhöhlen. In den Korkſchwämmen ſoll das Waſſer durch den Mund eingenommen werden und durch eine unten im Magen befindliche Oeffnung in die Längsfächer gelangen, aus denen es dann in die hohlen Arme tritt; nach Farres Beobachtungen aber haben manche Korkſchwämme (Halodactylus) und Kruſtenkorallen (Membranipora), wie die Meerneſſeln, ein Ringgefäß, welches durch die hohlen Arme Waſſer bekommt; v. Nordmann ſah im 2* - 20 a Zweite Klaſſe⸗ Schlunde der Polypen von Tendra Waſſer cirkuliren, und hält daher dieſe Höhlung für ein Athmungsorgan. Nach Tileſius haben die Polypen einiger Punktkorallen (Millepora rosea) innen ein Gefäßnetz, welches mit Warzenöffnungen an der Oberfläche in Verbindung ſteht. | § 30. Von einem Nervenſyſteme der Polypen iſt bis jetzt wenig bekannt. In den Meerneſſeln will v. S pix ein ſolches, aus einigen Knoten und Fäden beſtehend, entdeckt haben, was aber von Andern geläugnet wird. Auch in Alcyonellenpolypen und Kruſtenpolypen glaubt man Nervenknoten und einen Nerven⸗ ring um die Speiſeröhre geſehen zu haben. 8 341. Was die Geſchlechtstheile betrifft, fo hat man in ſehr vielen Polypen aus allen Ordnungen, am Grunde des Magens, zwiſchen dieſem und der innern Leibeswand, theils an den Scheidewänden der Längsfächer anhängend, fadenförmige oder geſchlängelte Organe gefunden, meiſt ihrer fünf bis acht, die ſich von da zum Vordertheile des Polypen hinaufziehen. Früher hatte man ſie für Gefäße oder auch für Muskeln gehalten, die auf die Bewegung der Fühler ſich beziehen ſollten. Später erkannte man ſie als Geſchlechtstheile, und zwar meiſt als Eierſtöcke oder Eierleiter. Nach andern Auslegungen aber ſind ſie männliche Theile, Hoden, und die Eierſtöcke liegen in den Scheidewänden der Längsfächer. Ob jene geſchlängelten Organe nach außen, und zwar zwiſchen den Fühlern, ſich öffnen, wie einige Beobachter anführen, iſt wol zu bezweifeln. Der Eierſtock der Buſchkoralline ſoll ein einfacher Faden mit drei Anſchwellungen ſein. Im Arm⸗ polypen ſoll ſich zu gewiſſen Zeiten ein Eierſtock unterhalb der Leibeshöhle bilden, welcher platzt, wenn die Eier reif ſind; und eben ſo ſollen ſich an demſelben Polypen zu Zeiten am Vorder⸗ körper knollige Auswüchſe, als männliche Theile (Samenthiere enthaltend), entwickeln. In Halodactylus bilden ſich die Eierſtöcke als mehre punktförmige Körper unter der Oberfläche des Polypen. Die Polypen mancher Blaſenkorallen, Kielfedern, Korkſchwämme, Tendra, ſollen getrennten Geſchlechts fein, und ſich theils durch die verſchiedene Geſtalt der Zellen, theils durch das Vorkommen oder den Mangel von Samenthieren in den innern Geſchlechts⸗ theilen (da Hoden und Eierſtock gleichgeſtaltet find) als Männchen Polypen. 21 oder Weibchen zu erkennen geben, und zwar ſollen an den Kork ſchwämmen alle Polypen eines Stockes entweder Männchen oder Weibchen fein, Nach Vanbeneden find auch die Polypen der Alcyonellen getrennten Geſchlechts. Die Männchen haben einen Hoden hinter dem Magen; die Weibchen, an derſelben Stelle, einen Eierſtock. Vierter Abſchnitt. Lebens weiſe. 8 32. Dieſe Thiere wohnen insgeſammt im Waſſer, und zwar die bei weitem meiſten im Meere; die Flußſchwämme, Alcyonellen, Kammpolypen und einige Halmkorallen und Arm— polypen im ſüßen Waſſer. Ob es auch Erdpolypen und Luft— g polypen gebe, die auf dem Lande und an der Luft leben ſollen, wie in frühern Zeiten behauptet wurde, iſt wenigſtens bis jetzt nicht beſtätigt worden. Unter den Korallenpolypen ſind die Blät— terkorallen am zahlreichſten. Sie überziehen in manchen tropiſchen Meeren die unter Waſſer befindlichen Felſen und Felſenufer in weiten Strecken und bilden auf dieſe Weiſe die ſogenannten Ko— rallenbänke oder Korallenriffe. Daß aber aus ihnen und von ihnen in der Südſee ganze große Inſeln beſtehen und ent— ſtehen ſollen, iſt Uebertreibung. Eine Art Seeſchwamm, welche in cylindriſchen Höhlen der Auſterſchalen wohnt, ſoll, mittelſt eines ätzenden Saftes, dieſe Höhlen ſelbſt hervorbringen, und iſt des— halb Spongia terebrans genannt worden. Es wäre aber wol noch zu unterſuchen, ob dieſe Höhlen nicht ſchon früher da waren. 8 33. Was die Bewegung der Polypen betrifft, fo iſt derjenige Theil ihres Körpers, an welchem Mund und Arme ſich befinden, und der den Magen enthält, meiſtens ſehr contractil und ausdehnbar: Die Armpolypen können zum Theil ihren Kör— per faſt einen Zoll lang und die Arme an neun Zoll lang aus- ſtrecken, und in einem Augenblicke zu einem Klümpchen von nicht einer Linie im Durchmeſſer zuſammenſchrumpfen. Die übrige Subſtanz des Körpers, die z. B. den Ueberzug über den Stamm bildet oder in die Höhlungen dieſes letztern eindringt, zeigt wenig oder gar keine Contractilität; daher auch an ſolchen Gattungen, wo ſich keine Polypen entwickeln, z. B. an den Seeſchwämmen, 22 Zweite Klaſſe. nur eine ſchwache oder gar keine Bewegung bemerkt wird. Die Ortsbewegung iſt ſelbſt bei denjenigen Polypen, die nicht an⸗ gewachſen ſind, ſondern ſich willkürlich feſtſetzen können, z. B. an Armpolypen und Meerneſſeln, ſehr langſam. Sie ſchwimmen nie, oder wenn dieſes der Fall iſt, ſo rudern ſie nicht, ſondern ſind blos ein Spiel der Wellen. Von den Bartfedern glaubte man ehedem, daß ſie mittelſt Bewegung der Seitenfortſätze des Stam⸗ mes, oder mittelſt gleichförmiger Bewegung der Arme aller Po— lypen, umherrudern könnten. Dieſe Anſicht iſt aber irrig. Sie ſind gar keiner von ihnen ſelbſt ausgehender Ortsveränderung fähig, und ſtecken meiſt mit dem untern Ende des Stammes im Meeresboden. Die Armpolypen, Meerneſſeln und Halmkorallen⸗ polypen, kriechen zuweilen, wenn ſie ſich losgemacht haben, mit den Armen, den Mund nach unten gekehrt, umher. Die Meer⸗ neſſeln gleiten auch auf dem Fuße fort wie Schnecken; und die Armpolypen kriechen zuweilen ſpannenmeſſend, indem fie abwech⸗ ſelnd mit dem Ende der Arme und mit dem Hinterende des Kör⸗ pers ſich feſtſetzen, und den Körper abwechſelnd ausſtrecken und nachziehen. | | § 34. Die Nahrung der Polppen beſteht in kleinern Thieren. Die Seeſchwämme werden wahrſcheinlich durch die or- ganiſchen Stoffe ernährt, welche mit dem eingezogenen Waſſer in die innern Röhren gelangen; und eben ſo auch unter gewiſſen Umſtänden die Alcyonellen, da man dieſe zum Theil ſelbſt dann wachſen ſieht, wenn ſie gar keine Polypen haben. Den übrigen Polypen dienen die Arme zum Ergreifen der Beute. Die Waſ— ſerſtrömungen, welche von der Bewegung der Flimmerhaare an den Fühlern herrühren, und die man auch an den Mundrändern einiger Blaſenkorallen- und Zellenkorallenpolypen ſieht, mögen auch wol Nahrung dem Munde zuführen. Man hat die Beob- achtung gemacht, daß kleine Thiere, welche von den Armen der Polypen ergriffen wurden, oft wie an denſelben kleben blieben und, nach einigen krampfhaften Bewegungen, in kurzer Zeit ſtar⸗ ben, und ſchreibt dieſe Erſcheinung einer in den Armen befind- lichen Kraft zu, die der betäubenden Kraft der elektriſchen Fiſche analog ſei. Wahrſcheinlich rührt das Klebenbleiben von den Häk— chen und Anſaugewärzchen her, die, wie wir oben angeführt ha- Polypen. 23 ben, an den Armen mancher Polypen ſich befinden, wobei, nach Corda, zugleich eine giftige Flüſſigkeit aus kleinen innern Höh— lungen der Arme ſich ergießen ſoll, die das Thier tödtet. Fünfter Abſchnitt. Fortyftanzung und Entwickelung. 5 35. Die einfachſte Art der Vermehrung, durch Theilung des Körpers, findet auch bei den Polypen ſtatt, jedoch weniger im. freien Zuſtande, als vielmehr in Folge vielfältiger Verſuche, die man mit einigen dieſer Thiere, beſonders mit Armpolypen und Meerneſſeln, angeſtellt hat. Jeder abgeſonderte Theil dieſer Ge— ſchöpfe kann ſich zu einem neuen vollſtändigen Thiere entwickeln. Auch die Gallertklümpchen, die ſich von Alcyonellen ablöſen, und die mittelſt fadenförmiger einziehbarer Verlängerungen kriechen ſol— len, wachſen mit der Zeit zu Polypenſtämmen heran. Eine zweite Art der Vermehrung iſt die durch Knoſpen, die ſich entweder nach außen oder nach innen entwickeln. Die äußern Knoſpen fallen entweder ab, nachdem ſie einen beſtimmten Grad der Reife erlangt haben, und bilden ſich dann erſt zu vollſtändigen Polypen aus, oder ſie erlangen ihre vollkommene Geſtalt ſchon an dem Leibe des Mutterthieres; auch iſt es zuweilen der Fall, daß an den ſo mit der Mutter noch verbundenen Polypen ſchon wieder Junge auf eben die Weiſe hervorwachſen, bis ſich zuletzt alle ab— ſondern. So lange ſie mit einander vereinigt ſind, ſtehen ſie durch die innere Leibeshöhle unter ſich in Verbindung, haben alſo einen gemeinſchaftlichen Magen. Dennoch ſtreiten ſich zuweilen zwei ſolcher mit einander verbundenen Polypen, wenn fie zu glei⸗ cher Zeit einen Wurm erfaßt haben, ſehr hartnäckig um ihre Beute. Dieſe Beobachtungen find hauptſächlich an Armpolhpen gemacht worden. An den Korallenpolypen bezieht ſich die Bildung äuße⸗ rer Knoſpen weniger auf Vermehrung, als vielmehr auf Vergröße— rung der Stämme. Die Knoſpen, welche nach Innen treiben, ſondern ſich früher ab, und kommen dann, bei den Armpolypen, durch den Mund, bei den Seeſchwämmen, durch die Mündungen der Kanäle, nachdem ſie bereits zu ſich bewegenden Thierchen ent— 6 wickelt ſind, hervor; doch ſollen dieſe innern Bildungen, nach 24 Are Zweite Klaſſe. neuern Anſichten, wirkliche Eier ſein. Bei den übrigen Polypen, in denen man Eierſtöcke findet, ſcheint in der Regel keine innere Knoſpenausbildung ſtatt zu haben, ſondern die entwickelungsfähi⸗ gen Atome bilden ſich zu wirklichen Eiern aus, welche, wie es ſich wenigſtens bei den Meerneſſeln gezeigt hat, einen in eine Ei⸗ haut eingeſchloſſenen Dotter enthalten; doch ſollen zuweilen auch Meerneſſeln durch Knoſpen ſich vermehren. Die Eier der Alcyo⸗ nellen liegen in der Maſſe des Stammes, ſind zum Theil äußer⸗ lich mit Haken beſetzt zum Feſthalten, wenn ſie ſich frei gemacht haben, und enthalten zwei, drei und mehr Keime, deren jeder ſich zu einem Polypen entwickelt. Die Eier der Armpolypen haben ebenfalls Haken. In den Zellen mancher Seeſchwämme finden ſich zuweilen Körner, welche auch für Eier gehalten werden. Viele Schriftſteller erzählen von mehren Polypen, daß die Eier derſelben, wenn ſie ausgeſondert wären, ſich bewegten, und eine Zeitlang, mittelſt ſeiner Wimpern, im Waſſer umherruderten. Dies ſind aber nicht mehr Eier, ſondern ſchon ausgekommene Junge; denn ſehr viele Polypen, vielleicht die meiſten, ſind lebendig gebäh⸗ rend, d. h. die Eier kommen im Mutterleibe aus, und die Jun⸗ gen erſcheinen dann als Geſchöpfe, welche mit Aufgußthierchen die größte Aehnlichkeit haben, indem fie mittelſt feiner Haare lebhaft im Waſſer umherſchwimmen, und noch ohne Arme ſind. Man hat ſie zum Theil auch wirklich für Aufgußthierchen gehalten, denn die Leucophra heteroclita iſt nichts aa als der unentwickelte Polyp einer Alcyonelle. 8 36. Die Geburt der Eier und Jungen iſt ſehr verſchieden. Die Eier der Kammpolypen werden erſt dann aus dem Stamme frei, wenn dieſer im Herbſt abſtirbt und zergeht. In den Alcyonellen, bei denen die Eier in Eierſtöcken im Leibe des Polypen ſelbſt ent⸗ halten ſind, will man Eier oder Junge aus dem After oder neben demſelben hervorkommen geſehen haben, und meint, daß ſie erſt aus dem Eierſtock in die Leibeshöhle, aus dieſer durch eine Def: nung im hintern Theile des Magens in dieſen gekommen und dann durch den After ausgeführt wären. Doch iſt die letzte An⸗ gabe noch zweifelhaft. Daß aber Eier oder Junge aus den Eier: ſtöcken oder aus der Leibeshöhle, durch eine Oeffnung im Grunde des Magens, in dieſen gelangen und dann, nicht durch den After, Polypen. 4 | 25 ſondern durch den Mund austreten, hat man an mehren Polypen beobachtet. Die Jungen bewegen ſich oft längere Zeit vorher in den Längsfächern der Leibeshöhle und in den mit dieſen Fächern in Verbindung ſtehenden hohlen Armen umher, und bei den Meer— neſſeln ſollen fie. zuweilen ſelbſt durch die Enden der Arme her— vorkommen. In einigen Polypen ſollen die Eierſtöcke zwiſchen den Fühlern ausmünden, und hier alſo die Eier oder Jungen her— vorkommen, z. B. in Xenia, in einigen Punktkorallen (Millepora rosea), in Gorgonien, in Nelkenkorallen. Nach Ehrenberg bil- det ſich zu gewiſſen Zeiten im Armpolypen, unterhalb der Leibes— höhle, ein Eierſtock aus, welcher nach Außen platzt, wenn die Eier reif ſind. So ſollen auch die Eierbehälter des Halodactylus nach Außen platzen. An einigen Polypen bilden ſich zu gewiſſen Zei: ten beſondere Eierkapſeln, in denen die Eier reifen, bis ſie aus— geworfen werden; zuweilen kommen ſie auch in ihnen aus. An dem Körper der Coryna bilden ſich ſtielförmige, mit einem Knopf am Ende verſehene Organe aus, die man früher für Arme, dann für hervorſproſſende Junge hielt, zuletzt aber als Eierkapſeln er— kannt hat. Auch an manchen Halmkorallen, Rindenkorallen und Cellularien und, nach Ellis, auch an den Bartfedern, bilden ſich dergleichen Kapſeln aus. Beſonders häufig und mannigfaltig zeigt ſich aber dieſe Bildung an den Blaſenkorallen. Hier ent⸗ ſtehen nämlich an verſchiedenen Stellen ſolche Kapſeln, meiſt von ovaler oder glockenförmiger Geſtalt, in denen Eier bis zu ihrer Reife bleiben, wo dann die Kapſel aufſpringt und die Eier oder Jungen hervorkommen. Man hatte dabei ſchon in frühern Zei— ten die Beobachtung gemacht, daß dieſe Kapſeln zuweilen einen größern Polypen enthalten, der durch den Mund Eier hervorbringt, und iſt nun in neueſter Zeit zu der Anſicht gelangt, dieſe Kaps ſeln als aufgetriebene Hüllen größerer fruchtbarer, nun aber ab— geſtorbener Polypen zu betrachten, während die übrigen unfrucht⸗ baren Polypen deſſelben Stammes ſich nicht ausdehnen, und ihre Hüllen ſich nicht in Kapſeln verwandeln. Manche Polypen ge: ben, wie es ſcheint, die ganzen Eierſtöcke von ſich, oder die austretenden Eier häufen ſich äußerlich am Körper an, z. B. an einigen Blaſenkorallen bilden die Eier äußerlich anhängende raus ben oder Schnüre oder Anhäufungen an den Enden der 26 Zweite Klaſſe. Zweige. Auch bei Halmkorallen (Tubularia indivisa) hängen zu Zeiten die traubenförmigen Eierſtöcke am Kopfe, und an den Bartfedern iſt zuweilen die ganze hintere Seite des Stammes mit Eiern bedeckt. § 37. Die Abſonderung männlicher und weiblicher Geſchlechts⸗ theile in den Polypen läßt auf eine wirkliche Befruchtung der Eier ſchließen. Wahrſcheinlich geſchieht dieſe, wenn die Eier ſich vom Eierſtocke abſondern, in die Leibeshöhle fallen und hier mit den männlichen Theilen in Berührung kommen. Doch finden hierin gewiß noch manche Modifikationen ſtatt. Bei denjenigen Poly⸗ pen, welche getrennten Geſchlechts fein ſollen, müſſen die Weib⸗ chen von Außen befruchtet werden. Bei Tendra, glaubt v. Nordmann, geſchehe die Befruchtung durch die Samenthier⸗ chen, welche durch eine Oeffnung an der Baſis der Saler in die weiblichen Zellen ſchlüpften. Wenn die Eier oder die 560% Zungen ſich feige: ſetzt haben, beginnt die weitere Entwickelung, indem aus jenen der Polyp hervortritt, und die Jungen Arme treiben und ihre eigentliche Geſtalt annehmen. Bei den Korallenpolypen ſondert ſich dann eine feſtere Baſis, als Grundlage des Stammes, ab, zur Seite des erſten Polypen treibt ein zweiter, an dieſen ein dritter u. ſ. w. durch Knoſpenentwickelung hervor, und indem alle dieſe Polypen auch feſtere Subſtanz abſetzen, wird nach und nach der ganze Stamm mit ſeinen Polypen gebildet. In dieſen Ent⸗ wickelungen finden aber, bei den verſchiedenen Gattungen, ſehr mannigfaltige Modifikationen ſtatt. Die Eier mancher Halmko⸗ rallen (Tubularia indivisa) entwickeln ſich theils am Eierſtocke ſelbſt, theils fallen ſie vorher ab; dem ausgekommenen Thierchen dienen die Arme erſt als Füße, indem es mit denſelben kriecht; ſpäter wendet es ſich um und wächſt mit dem andern Ende des Körpers feſt. Die aufgußthierartigen Jungen der Blaſenkorallen und Rindenkorallen ſetzen ſich feſt, nachdem fie eine Zeitlang um⸗ hergeſchwommen ſind, ſchrumpfen dann zuſammen und bringen endlich einen Polypen hervor. Die im: Herbfte freigewordenen Eier der Kammpolypen liegen zuweilen fünf bis ſechs Monate, ehe ſie aufſpringen und einen Polypen entwickeln. Bei den Al⸗ cyonellen ſoll die Schale des aufgeſprungenen Eies zur Zelle des 2 Polypen. 27 Polypen fich umgeſtalten. Die Seeſchwämme ſollen ſich fo aus bilden, daß erſt ein Schleimkügelchen entſteht, deſſen Subſtanz allmälig gallertartig wird und in ſich faſerige Subſtanz erzeugt. Man hat auch wol gemeint, daß Kammpolypen, Alcyonellen und Korkſchwämme nichts anderes wären, als ein Haufen mit einander verbundener Halmkorallen, die Seeſchwämme aber Korkſchwämme mit abgeſtorbenen Polypen; eine Meinung, die wol ſchon in der großen Verſchiedenheit der Polypen jener Stämme hinlängliche Widerlegung findet; jedoch hat neuerlich Coſta wieder eine große Aehnlichkeit in der Organiſation der Halmkorallen (Tubularia sul- tana) und der Kammpolppen, und bei jenen ſelbſt eine Anlage der Hufeiſenform, wodurch die letztern ſich auszeichnen, erkennen wollen. Wenn die Jungen der Gorgonien ſich feſtgeſetzt haben, ſo dehnen ſie ſich warzenförmig aus und oben auf tritt der Po— lyp hervor. Eben ſo iſt es bei den Nelkenkorallen, wo dann aber die Baſis der Warze kalkartig wird. § 38. Noch iſt hier die Vermehrung der Stämme durch abgebrochene Zweige zu erwähnen, die mit dem Unterende wieder anwurzeln und ſich weiter entwickeln ſollen, wie man dies wenigſtens an einigen Blaſenkorallen beobachtet hat. § 39. Die weitere Ausbildung und das Wachsthum der aus dem erſten Polypen entſproſſenen Stämme iſt nun verſchieden. Es iſt wol keinem Zweiſel unterworfen, daß der fleiſchige Stamm der Seefedern und mancher Korkſchwämme, ſo wie der gallert— artige Ueberzug der Rindenkorallen, wie überhaupt alle fleiſchige und gallertartige Subſtanz dieſer Thiere, wirklich von Innen her— aus im Ganzen wächſt. So wachſen auch die Seeſchwämme, und ſo ſah man auch manche Stämme von Alcyonellen, nachdem alle Polypen an ihnen abgeſtorben waren, noch fortwachſen. Die Verlängerung und Ausdehnung des Stammes mittelſt neuer Zel— len und Polypen aber geſchieht durch Knoſpen, welche aus den weichen Theilen hervordringen und ſich entwickeln. Aus der ſtar— ren ſteinigen Subſtanz der Stämme, die ſelbſt nicht wächſt, ſon⸗ dern nur durch neuen Anſatz von Außen verlängert wird, können keine Knoſpen hervorſproſſen. An manchen Halmkorallen und Blaſenkorallen ſah man die Polypen von Zeit zu Zeit abfallen und aus der zurückbleibenden thieriſchen Subſtanz einen neuen 28 Zweite Klaſſe. Polypen hervorgehen; eine Knoſpenentwickelung, die ſich weder auf Vermehrung noch auf Verlängerung zu beziehen ſcheint, ſon⸗ dern nur ein Erſatz des alten abgeſtorbenen Polypen iſt. Die Stämme der Netzkorallen vergrößern ſich durch Knoſpen, die aus dem obern Theile oder aus den Seiten der Zellen hervorkommen und ſich zu neuen Polypen entwickeln. An den Blätterkorallen entſtehen und entwickeln ſich Knoſpen auf dem häutigen Ueber⸗ zuge, welcher die Polypen Eines Stammes mit einander verbin⸗ det; daher auch im Innern dieſer Stämme nicht alle Gänge bis an die Baſis ſich erſtrecken, ſondern bis zu der Stelle, wo der Anfang eines neuen Ganges durch Entwickelung einer Knoſpe gemacht wurde, denn jeder Gang iſt eigentlich die Zelle eines Po⸗ lypen. Jeder Gang wird durch Queerblättchen in Fächer getheilt; wahrſcheinlich war jedes Fach die Zelle eines Polypen, und wenn dieſer abſtarb, ſo bildete ſich aus der zurückbleibenden thieriſchen Maſſe oder aus einer Knoſpe ein neuer Polyp, der auf der alten Zelle eine neue gründete, nachdem er vorher an ſeiner Baſis eine dünne Kalkſchicht abgeſetzt hatte, die die Queerwand bildete. Eben ſo verlängern auch die Polypen der Orgelkorallen ihre Röhren, indem ſie in denſelben allmälig weiter vorrücken; und die äußern Queerwände, durch welche die Röhren verbunden werden, ſind ebenfalls eine Kalkausſonderung aus den Fortſätzen der Polypen⸗ leiber, welche ſich über den Rand des neugebildeten Röhrenfort⸗ ſatzes hinaus ſeitwärts ausbreiten und mit den gleichen Fortſätzen der benachbarten Polypen zuſammentreffen. b 8 40. Daß die Steinkorallenſtämme, welche Röhren oder Gänge bilden, in die der Polypenleib ſich fortſetzt, von den Po⸗ lypen ſelbſt ab: und aus- geſondert werden, leidet keinen Zweifel. Auch der Polyp mancher Halmkorallen (Tubularia so- litaria), welcher nicht mit der Röhre feſt verwachſen iſt, ſoll, wenn er ſeine Röhre verlaſſen hat oder derſelben beraubt worden iſt, eine neue Röhre ausſchwitzen. Aber bei vielen andern Korallen ſcheint der Stamm, unabhängig von den Polypen, nach Art der Pflanzen, ſich zu entwickeln und zu wachſen. Die Stämme mancher Blaſenkorallen und Ellisia treiben ordentliche Wurzeln, mittelſt deren ſie ſich am Boden anheften; und da einige von ihnen nur auf gewiſſen lebenden oder vegetirenden Körpern, z. B. Polypen. 29 auf Rindenkorallen oder andern Blaſenkorallen, wachſen und ge⸗ deihen, ſo iſt es wahrſcheinlich, daß ſolche Stämme ſich wie Be: getabilien verhalten, indem fie mittelſt der Wurzeln ſowol ſich feſt⸗ heften, als auch Nahrung einziehen, zumal da, bei der erſten Ent— wickelung des Eies, erſt ein kurzer röhrenförmiger Stamm hervor— wächſt und ſich anwurzelt, ſpäter aber erſt, am Ende deſſelben, der Polyp ſich zeigt. Auch daß aus den Wurzeln abgeſtorbener Stämme neue Schößlinge hervortreiben, iſt ganz pflanzenartig. Eben ſo möchten auch wol die Stämme der Rindenkorallen vege— tabiliſch durch die Wurzeln ſich ernähren und wachſen. Die Gor— gonienſtämme und ihre Wurzeln kommen ganz mit Fucus überein, und ſind bei einigen Arten (z. B. G. placonus) ganz holzartig. Es iſt auch nicht ſelten der Fall, daß an einem und demſelben Stamme zwei ganz verſchiedene Polypenüberzüge ſich finden. Die Stämme der Edelkorallen können, eben ſo wie die Corallinen, welche auch lange Zeit für Polypenſtämme gehalten wurden, während des Wachsthums verkalkte Pflanzen ſein. Was die Polypen der Rin— denkorallen von Kalkerde beſtimmt abſondern, iſt der zerreibliche erdige Ueberzug, welcher, nach dem Abſterben und Vertrocknen der Polypen und der gallertartigen Rinde, mehr oder weniger ſtark den Stamm bedeckt; und dieſer Ueberzug iſt es, der in ſeiner Entſtehung den Stämmen der Steinkorallen analog iſt. 17 Sechſter Abſchnitt. | | Beſonderes Phyſiologiſches. SAL. Die Polypen beſitzen zum Theil bedeutende Lebens- kraft. Armpolypen können tagelang in Eis eingefroren zubrin— gen, ohne zu ſterben; wird einer von einem andern Polypen der— ſelben Art verſchlungen, ſo wirft dieſer letzte ihn wieder nach 24 Stunden unverſehrt und lebend aus. Vorzüglich giebt ſich die ſtarke Lebenskraft auch in den vielen und vielfältigen Verſu— chen kund, welche über die Reproductionskraft dieſer Thiere angeſtellt worden ſind. Jeder einzelne Arm wird an der Stelle, wo er abgeſchnitten iſt, wieder ergänzt, und er ſelbſt bildet ſich zu einem neuen vollſtändigen Polypen aus. Wird der Vorderkör— per eines Polypen durch mehre Längsſchnitte geſpalten, ſo bildet ſich jedes Stück zu einem Vorderkörper um, und es entſteht eine 7 30 1 Zweite Klaſſe. vielköpfige Hydra. Zwei verwundete Polypen wachſen zuſammen, wenn die verwundeten Stellen in Berührung gebracht werden. Wird ein Polyp wie ein Handſchuh umgekehrt, ſo lebt er ebenfalls fort u. ſo w. Auch an den Meerneſſeln erzeugen ſich Fühler und der ganze Vorderkörper von neuem, wenn ſie abgeſchnitten wer— den, und aus jedem abgeriſſenen Fetzen des Fußes wird ein voll⸗ ſtändiges Thier. Verſtümmelte Seeſchwämme ergänzen ſich wieder; mehre Stücke, die mit einander in Berührung gebracht werden, ſelbſt von verſchiedenen Arten, wachſen zuſammen. Ganz daſſelbe iſt auch an den Gorgonien, d. h. an dem thieriſchen Ueberzuge derſelben, beobachtet worden. An den Polypen der Blätterkorallen aber ſoll die Reproductionskraft nur gering ſein; verwundete Stellen vernarben, aber abgeſchnittene Stücke und Fühler ergänzen ſich nicht. § 42. Die Bartfedern leuchten im Dunkeln; und auch an Rindenkorallen ſoll zuweilen dieſelbe Erſcheinung ſtattfinden. Der vermeintlichen elektriſchen Eigenſchaften der Arm⸗ polypen iſt ſchon früher Erwähnung geſchehen. § 43. Von den Meerneſſeln wird häufig Wg daß ihre Fühler, wenn ſie ſich an Jemandes Haut anheften, ein empfindliches Jucken und Brennen verurſachen ſollen; ja ſelbſt das Waſſer, welches dieſe Thiere ausſpritzen, ſoll zuweilen nicht nur jene Empfindung verurſachen, ſondern ſogar Blaſen ziehen. Jedoch ſcheint dieſe Wirkung nicht zu allen Zeiten und nicht allent⸗ halben, vielleicht hauptſächlich in tropiſchen Meeren, ſtatt zu fin⸗ den; denn ich habe Hunderte von Meerneſſeln des adriatiſchen Meeres, im Monat Auguſt, lebend in Händen gehabt, und ſie haben ſich oft mit ihren Armen fo feſt angeheftet, daß dieſe ab- riſſen, wenn ich ſie losmachen wollte, ohne daß ich auch nur das mindeſte Jucken empfand. Die Arme einiger Punktkorallen (Mil- lepora alcicornis) und der Maeandrina labyrinthica ſollen eben: falls jene juckende Empfindung, letztere ſogar 880 und Geſchwüre auf der Haut hervorbringen. Siebenter Abſchnitt. Benutzung. ei § 44. Der gewöhnliche Schwamm oder Babeſchwene m Spongia officinalis, welcher vielfältig zu Reinigungen angewendet 5 Polypen. 31 wird, findet ſich vorzüglich im mittelländiſchen Meere, an den grie: chiſchen Inſeln, wo das Einſammeln deſſelben einen Haupterwerbs— zweig vieler Menſchen ausmacht. Dieſe Schwämme erzeugen ſich ſchnell, denn nach zwei Jahren kann an den abgeernteten Stellen wieder geſammelt werden. Die jüngern ſind zarter als die alten. Die Edelkoralle oder das rothe Korall, Isis nobilis, Corallium rubrum, aus deſſen ſchönem rothen marmorharten und eine vortreffliche Politur annehmenden Stamme die rothen Ko— rallen verfertigt werden, die ſchon in den älteſten Zeiten zu man⸗ cherlei Schmuckſachen verarbeitet wurden und bekanntlich noch heu— tigen Tages überall, beſonders in den Morgenländern, zu gleichem Zwecke vielfältig angewendet werden, findet ſich ebenfalls im mit— telländiſchen Meere, beſonders an den tuneſiſchen und ſardiniſchen Küſten, und im rothen Meere, wo es an Klippen und felſigen Ufern, in Höhlen oder unter Vorſprüngen, theils in bedeutender Tiefe feſtſitzt. Die baumförmig verzweigten Stämme erreichen wol eine Höhe von anderthalb Fuß, und über der Wurzel eine Dicke von einem Zoll. Sie werden theils durch Taucher aus der Tiefe hervorgeholt, theils durch Stricke oder beſondere eiſerne Werkzeuge, die man in die See hinabläßt, abgeriſſen, worauf ſie in ein un— ter dem Inſtrumente angebrachtes Netz fallen und heraufgezogen werden. Einige Arten Blätterkorallen ſind an manchen Küſten ſo häufig, daß aus ihnen Kalk gebrannt wird, z. B. hin und wieder am rothen Meere. Dritte Klaſſe. Medusina, Quallen. Erſter Abſchnitt. | Klaſſifikation⸗ Mi 8 45. Den Hauptbeſtand dieſer Klaſſe bildet die Gattung Medusa L. Mehre der hierher gehörigen Thiere zeichnen ſich theils dadurch aus, daß der Körper Luftblaſ en enthält und zu⸗ weilen faſt ganz aus einer Luftblaſe beſteht, theils dadurch, daß 32 Dritte Klaſſe. der Körper Höhlungen hat, welche, wenn ſie ſich zuſammenziehen und das in ihnen enthaltene Waſſer mit Gewalt ausſtoßen, zur Fortbewegung des Thieres in der dem Stoße entgegengeſetzten Richtung dienen, und daher Schwimmhöhlen genannt werden. Wir können die Quallen in folgende fünf Ordnungen bringen: 1. Ctenophorina, Rippenquallen, ohne Luftblaſen und ohne beſondere Schwimmhöhlen. Mit kleinen reihenweiſe geſtellten beweglichen Anhängſeln (Wimpern) an der Oberfläche, Beroe, Melonenqualle; Idia, Walzenqualle; Callianira, Floſſen⸗ qualle; Calymna; Mnemia; Cestum, Gürtelqualle. 20. Dis cophorina, Scheibenquallen. Ohne Luftbla⸗ ſen, ohne Schwimmhöhlen, und ohne bewegliche Wimper an der Oberfläche — Ephyra, Medusa, Rhizostoma, ee Cytaeis, Tima. 3. Physaliatica, Blaſenquallen. Mit Luftblaſen; ohne knorplige Körperbekleidung — Physalia, Galeerenqualle; Rataria; Velella, Segelqualle; Porpita, Knorpelqualle. | 4. Arthrophorina, Gliederquallen. Mit Luftblafen und mit den Körper umgebenden Knorpelſtücken — Physopliora. 5. Diphyitica, Höhlenquallen. Ohne Luftblaſen; mit Schwimmhöhlen — Diphyes. Zweiter Abſchnitt. | Aeußere körperliche Beſchaffenheit. 1 § 46. Der Körper iſt gallertartig, durchſcheinend, zart; von Muskeln hat man nur bei einigen Scheibenqual⸗ len und Blaſenquallen Spuren gefunden. Die Höhlenquallen aber haben einen knorpligen Körper; bei den Gliederquallen iſt er mit Knorpelſtücken umgeben; und die Segelquallen haben innen eine knorplig häutige Scheibe. Die Geftalt des Körpers iſt ſehr verſchieden. Die Rippenquallen nnd Scheibenquallen find ſymmetriſch gebildet, die übrigen meiſt unſymmetriſch. Die Rip⸗ penquallen haben einen kugelförmigen oder eiförmigen Körper mit mehr oder weniger erhabenen Längsleiſten. An einigen von ihnen (Floſſenquallen, Gürtelquallen, Calymna) dehnt er ſich nach zwei entgegengeſetzten Seiten in Fortſätze aus, deren Geſtalt und Länge bei den Gürtelquallen von der Art iſt, daß das Thier einem RT 1 \ 4 7 2 „ Quallen. 88 langen Bande gleicht. Die Scheibenquallen find rund, ober- wärts mehr oder weniger gewölbt, theils glockenförmig, zuweilen mit höckeriger Oberfläche. Der Körper der Blaſenquallen iſt verſchieden geſtaltet; bei den Segelquallen oberwärts mit einem häutig⸗knorpligen, ſchiefſtehenden, aufgerichteten Kamme, wie mit einem Segel, verſehen. Der Körper der Gliederquallen be— ſteht aus einem weichen, an einer Luftblaſe hängenden Nahrungs— kanal, welcher mit mehren oder wenigern knorpligen ſchuppenför— migen Theilen umgeben iſt. Die Höhlenquallen ſind meiſt prismatiſch⸗kantig und beſtehen aus zwei ungleichen, nur loſe zu— ſammenhängenden Theilen. Sie und die Gliederquallen haben das Eigene, daß ſich zuweilen einzelne Körpertheile abſondern und dann noch eine Zeitlang umherſchwimmen und für ſich fortleben, wo dann ſolche abgetrennte Theile oft für beſondere Thiergattun— gen (unter dem Namen Gleba, Pontocardia u. f. w.) gehalten wurden. Die Größe der Quallen iſt ebenfalls ſehr verſchieden. Unter den Scheibenquallen giebt es einige, beſonders in heißen Zonen, welche mehre Fuß im Durchmeſſer haben. Manche Rip— penquallen hingegen ſind nicht einmal eine Linie lang. § 47. Die meiſten Quallen haben verſchiedene Anhäng— ſel am Körper, die nach ihrer Geſtalt und nach ihren vermeint— lichen Functionen verſchiedene Benennungen haben. Die Rippen— quallen ſind an der Oberfläche mit vier bis acht Reihen kleiner haarförmiger oder blätterförmiger beweglicher Anhängſel beſetzt, die man auch wol Wimper nennt. Viele Quallen haben, beſonders in der Umgebung des Mundes, mancherlei Anhängſel, welche, wenn ſie länger und dicker ſind, Arme, wenn ſie aber zarter und fa— denförmig ſind, Fühlfäden oder Fangfäden genannt werden. Arme finden ſich faſt durchgängig bei den Scheibenquallen, aber nicht bei den übrigen Quallen. Fühlfäden aber haben mehre die- ſer Thiere; zuweilen ſind ſie äſtig (3. B. an den Gürtelquallen und Floſſenquallen); theils auch äußerlich mit Anſaugewarzen (z. B. an einigen Galeerenquallen). Von den Fühlfäden ſind noch zu unterſcheiden die Fangfühler, welche meiſt kürzer und ſtärker ſind, zum Theil ohngefähr wie Schneckenfühler ausſehen, eine hohle Axe, aber keine Oeffnung am Ende haben, ſondern hier mit einem Anſauger verſehen find (3. B. Rhizostoma, Cytaeis). 3 34 g Dritte Klaſſe. § 48. Bei denjenigen Quallen, die mit einem eigentlichen Munde verſehen ſind, wie die Rippenquallen und die meiſten Scheibenquallen, iſt dieſer immer nur in einfacher Zahl vorhanden und befindet ſich an der beim Schwimmen nach unten gekehrten Seite des Thieres. Die, welche ohne Mund ſind, haben Saug— öffnungen, welche entweder nur warzenförmig vorſtehen oder als Saugröhren ſich vorſtrecken. Jenes iſt der Fall bei mehren Scheibenquallen aus der Familie der Geryonien (Geryo- nia), wo die Saugröhren zum Theil an armförmigen Anhängſeln oder an einer ſtielförmigen Verlängerung als Poren ſich öffnen. Auch die Blaſenquallen, Gliederquallen und Höhlenquallen haben keinen eigentlichen Mund, ſondern vortretende Saugröhren. Bei den Höhlenquallen iſt dieſe Röhre entweder einfach oder es ſitzen an einer längern Röhre viele Seitenröhren und zugleich auch lange feine äſtige Fühlfäden. Von den Röhren der Blaſenquallen mei- nen einige Naturforſcher, daß ſie, oder doch einige derſelben, Eier— leiter oder Athemorgane fein möchten. Uebrigens find die Saug- röhren der Segelquallen, beſonders die mittelſten derſelben, groß genug, um kleine Thiere ganz zu verſchlingen, wie man deren auch in ihnen gefunden hat. Einige Segelquallen (die Gattung Rataria) haben nur Eine große Saugröhre. Die Floſſenquallen ſollen einen Mund und Saugröhren zugleich haben. § 49. Die wenigſten Quallen haben einen beſondern After, ſondern ſie werfen die unverdauten Theile der Nahrungsmittel durch den Mund wieder aus. Auch den Rippenquallen, denen man bisher einen After am Körperende zuſchrieb, ſoll er fehlen. Theils werden aber an den eigentlichen Meduſen (z. B. Medusa aurita) acht Randöffnungen, in welche eben fo viele innere ein— fache Kanäle ausmünden, als After betrachtet. § 30. Andere nach außen ſich öffnende Höhlungen, wie man deren an vielen Quallen ſieht, beziehen ſich theils auf die Geſchlechtstheile, theils auf die Bewegung, theils auch wol auf das Athmen. | § 51. Beſondere Athemorgane ſcheinen die Quallen nicht zu haben, wenn man nicht diejenigen Organe dahin zählen will, die eine Bewegung und Strömung des Waſſers, und alſo Quallen. 35 eine Erneuerung dieſer Flüſſigkeit an der Oberfläche oder im In nern des Körpers bewirken. Der Orydationsprozeß geht allenthal— ben da vor ſich, wo Waſſer mit Gefäßen in Berührung kommt. Von den Wimpern der Rippenquallen glaubte man früher ziem— lich allgemein, daß ſie die Bewegungsorgane dieſer Thiere ſeien. Wahrſcheinlich aber bezieht ſich ihre oft ſehr lebhafte Bewegung mehr auf das Athmen, indem ſie eine Waſſerſtrömung bewirken und nicht ſelten aufs lebhafteſte ſich bewegen, während das Thier ganz ruhig auf dem Boden liegt. Bei den Scheibenquallen wur— den früher diejenigen Höhlungen, die wir als Geſchlechtshöhlen kennen lernen werden, für Athemhöhlen gehalten. Vielleicht be— zieht ſich das regelmäßig abwechſelnde Auf- und Niederſchlagen des Randes ihres Körpers, welches man häufig wahrnimmt, auf das Athmen. Ehrenberg hält die Stiele der Randkörner der Meduſen (von denen ſogleich die Rede ſein wird) für Analoga von Kiemen, wegen der in ihnen ſtattfindenden Saftbewegung. An den Blaſenquallen hat man theils die Luftblaſen, theils einige der vorſtehenden Saugröhren für Athemorgane gehalten. § 52. Viele Scheibenquallen haben am Scheibenrande acht Einſchnitte, in deren jedem ein kugliger, dunkler, theils geſtielter Körper enthalten iſt. Man hat dieſe Körper Randkörner ge— nannt und fie verſchiedentlich gedeutet. Ein rother Punkt, wel— cher ſich auf ihnen zeigt, wird von Ehrenberg für ein Auge gehalten. Von den Geſchlechtstheilen wird im folgenden Abſchnitt die Rede ſein. N | Dritter Abſchnitt. Innerer Bau. § 53. Die Quallen haben keine eigentliche Eingeweide und Gefäße, ſondern nur Höhlungen und Kanäle in der Gallertmaſſe des Körpers. In der Regel führt bei denjenigen Quallen, welche einen Mund haben, dieſer in eine innere Höhlung, den Magen; die— jenigen aber, welche keinen Mund, ſondern nur Saugröhren ha— ben, find in der Regel ohne Magen. In den Meduſen (3. B. Medusa aurita) iſt der Magen vierfach, und zu jedem derſelben } j 3 * 36 Dritte Klaſſe. führt eine beſondere Speiſeröhre; in einigen iſt der Magen in acht Säcke getrennt. Es giebt aber auch Quallen, welche einen Mund und doch keinen Magen haben ſollen, indem gleich vom Munde Gefäße ausgehen (z. B. Tima; hier iſt wol Mundhöhle und Magenhöhle eins); ſo wie es auch Quallen giebt, die keinen Mund und doch Mägen haben (z. B. Geryonia mit vier bis acht Mägen, in welche die Saugkanäle ſich münden). Man hatte frü— her zum Theil auch die Eierhöhlen mancher Scheibenquallen für Mägen gehalten, und die äußern Oeffnungen derſelben für eben fo viele Münde. Die Saugröhren der Blaſenquallen und Höh⸗ lenquallen ſcheinen auch zugleich Mägen zu ſein und zu verdauen, da man in ihnen zuweilen kleine Meerthiere findet. Einen eigent⸗ lichen Darm haben die Quallen nicht. Die in den Meduſen vom Magen ausgehenden acht einfachen Gefäße, die am Rande des Kör⸗ pers ausmünden, ſind mit Därmen verglichen worden. Lebern find auch nicht vorhanden, denn die Randkörner und die Eier— höhlen der Scheibenquallen, die man wol als hieher gehörige Organe betrachtet hat, entſprechen ihnen nicht. Ob einige der vom Magen ausgehenden Kanäle Gallengefäße ſein mögen, wie theils angenommen wird, iſt wenigſtens noch nicht entſchieden, und die Meinung, daß die hohlen Fangfäden, die entweder mit den vom Magen ausgehenden Kanälen oder mit dem Magen ſelbſt in Verbindung ſtehen, Gallengefäße ſein könnten, iſt noch weniger wahrſcheinlich, obgleich der Umſtand, daß dieſe Fäden Jucken auf der Haut erregen, für das Daſein einer in ihnen enthaltenen RT fen gallichten Flüſſigkeit zu ſprechen ſcheint. f § 54. Von dem Magen oder den Saugmündungen der Quallen gehen Kanäle (Gefäße?) aus, welche den Körper durchziehen. In den Rippenquallen münden die vom Magen ausgehenden Kanäle zum Theil in einen Ringkanal am Rande des Körpers, nachdem ſie unter den Wimperreihen hingelaufen ſind, mit denen ſie ſo in Verbindung ſtehen, daß die Flüſſigkeit, die ſich in ihnen befindet, auch in die Wimper eindringen kann. Auch die Fangfäden öffnen ſich in dieſe Kanäle oder in den Ring⸗ kanal. Von ihnen gehen Seitenäſte in den Körper, die zum Theil ein Netz bilden (z. B. in den Melonenquallen und Walzenquallen). In Bero& ovata hat Edwards ein doppeltes Syſtem von Gefäßen * — 1 Quallen. 37 beobachtet, in denen die Flüſſigkeit mittelſt zitternder Wimpern be— wegt wird, die ſich in einem der beiden Enden des Syſtems befinden. In den Scheibenquallen verhält es fich eben fo wie in den Rip- penquallen, nur daß bei ihnen keine Verbindung der Kanäle mit Wimpern ſtatt findet, da dieſe fehlen. In den Meduſen ſind der vom Magen ausgehenden Kanäle zweierlei: Die einen veräſteln ſich und bilden zuletzt ein feines Netz in der Oberhaut; die an— dern, acht an der Zahl, ſind einfach und münden am Rande aus. In einer Rippenqualle (Bero& elongata) bildet der Magen hin- ten eine Erweiterung, von welcher die acht unter den Wim— perreihen hinlaufenden Kanäle ausgehen. Quoy und Gaimard nennen jene Erweiterung Herz; doch möchte dieſe Benennung nicht zu rechtfertigen ſein. Die knorplig-häutige Scheibe im Kör— per der Seegelquallen beſteht aus zwei über einander liegen— den Spiralkanälen, welche eine gallertartige Flüſſigkeit enthalten, mit einander anaſtomoſiren, einige Fortſätze in den aufgerichteten Kamm ſenden, und jeder für ſich am Rande der Scheibe aus— münden (vielleicht Nahrungskanal?). Außerdem aber ziehen ſich durch den Körper zwei Längsgefäße, welche ein rothviolet— tes Blut enthalten, an den Enden ſich vereinigen, und in ihrem Verlauf Seitengefäße ausſenden, die ſich im Körper verzweigen. Ein Umlauf der Säfte iſt in den Quallen nicht beobachtet. Ehrenberg ſah ihn nur in dem Stiele der Randkörner der . he 8 55. Was das Nervenſyſtem betrifft, ſo hat man an einigen Rippenquallen und Scheibenquallen um den Schlund und um den Körperrand einen knotigen Nervenring und von den Kno— be ausgehende Fäden entdeckt. N F 561 Die innern und äußern Geſchlechts organe der ade ſind Eierſtöcke. Die Melonenquallen haben deren Zwei, oder auch nur Einen, von traubenförmiger Geſtalt, neben dem Magen. Die Scheibenquallen haben an der Unterſeite des 5 ea. die ſich 565 außen 180 N ne ten de Im keifen und aufgettiebenien Zuſtande hängen 2 5 oft aus den Höhlungen hervor. An den Galeerenquallen und Knorpelquallen wurden die Saugröhren zum Theil für 38 Dritte Klaſſe. Behälter der Eierſtöcke oder für Eierleiter gehalten; eigentlich aber ſollen gewiſſe bündelförmig gehäufte Fäden und Blaſen oder ge⸗ kräuſelte häutige und zuweilen ſehr verlängerte Anhängſel jener Röhren die Eierſtöcke ſein. An den Höhlenquallen wurde früher die lange, mit vielen kleinen Saugröhren beſetzte Röhre für einen hervorhängenden Eierſtock gehalten; allein die eigentlichen Eierſtöcke bilden nur ein Häufchen kleiner Wülſte oder Kapſeln an der Baſis der einzelnen kleineren Saugröhren. Auch in den Schwimmhöhlen dieſer Quallen will man Eier gefunden haben. Männliche Geſchlechtstheile hatte man bisher in dieſer Thierklaſſe nicht aufgefunden; jedoch erklären einige neuere Be⸗ obachter die Quallen für Thiere getrennten Geſchlechts; Ho— den und Eierſtöcke wären ſich gleich und nur im innern Bau und durch die Gegenwart oder durch den Mangel an Samenthieren zu unterſcheiden. Bei Medusa aurita ſoll das Weihen Hier Arme als das Männchen haben. Vierter Abſchnitt. Lebensweiſe. § 57. Sämmtliche Quallen find Meerbewohner, ſchwimmen frei umher, haben keinen Fuß zum Feſtſetzen, und noch weniger giebt es angewachſene Thiere unter ihnen. § 58. Die Beweglichkeit des Körpers, das iſt die Con— tractilität, iſt an ihnen ſehr gering. Nur die Fühlfäden ſind einer bedeutenden Ausdehnung fähig und können z. B. an man⸗ chen Galeerenquallen von einem Fuß Länge bis vierzig Fuß lang ausgeſtreckt werden. Ob dieſes indeß bloß durch das Eindringen von Flüſſigkeit aus einem Gefäße in den hohlen Fühlfaden be— wirkt werden ſollte, wie man zum Theil glaubt, iſt nicht wahr⸗ ſcheinlich. Was die Ortsbewegung betrifft, ſo wird dieſelbe auf verſchiedene Weiſe ausgeführt. Eigentliche Ruderorgane haben die Quallen nicht, denn weder die Wimper der Rippen⸗ quallen noch die Arme der Scheibenquallen find dergleichen, wie- wol man dieſes früher behauptete. Eher könnte man das regel⸗ mäßig abwechſelnde langſame Aufziehen und heftige Niederſchlagen der Körperränder mancher Scheibenquallen für Rudern halten, 5 Quallen. 39 wenn das Thier dadurch merklich ſeinen Ort verändert, was zu— weilen der Fall iſt. Hauptſächlich bezieht ſich dieſe Bewegung auf das Steigen im Waſſer, und im Uebrigen laſſen ſich dieſe Thiere von den Meereswellen umhertreiben. Man glaubt, daß ſie ſich auch durch Ausſtoßen des Waſſers aus den Höhlungen und Kanälen des Körpers fortbewegen; wenigſtens geſchieht die— ſes bei den Rippenquallen, indem ſie, durch wechſelndes Ausdeh— nen und Zuſammenziehen des Körpers, Waſſer durch den Mund einnehmen und ausſtoßen. Bei den Höhlenquallen iſt derjenige Körpertheil, an welchem ſich nicht die Saugröhre befindet, mit einer Höhle, der ſogenannten Schwimmhöhle, verſehen; ähnliche, jedoch kleinere Höhlen finden ſich auch zuweilen in dem andern Körpertheile. Die knorpligen Theile der Gliederquallen haben ebenfalls dergleichen. Die Funktion dieſer Höhlen iſt zur Fort— bewegung, ſo wie es eben von den Rippenquallen angegeben wurde. Die Luftblaſen der Blaſenquallen und Gliederquallen, die bei den Galeerenquallen den größten Theil des Körpers aus— machen, indem die Saugröhren nur als untere Anhängſel einer großen Blaſe erſcheinen, dienen ebenfalls zur Bewegung: Wenn ſie mit Luft angefüllt ſind, hängt das Thier an der Oberfläche des Waſſers. Ziehen ſie ſich zuſammen, daß die Luft ausgepreßt wird, ſo ſinkt das Thier unter. Die Saugröhren ſollen man— chen Quallen, namentlich den Galeerenquallen, auch zum Feſtſetzen an andern Körpern dienen. § 59. Die Nahrung der Quallen beſteht in tleinen See⸗ thieren, welche von den mit einem Munde verſehenen Arten ganz verſchlungen, von denen aber, die Saugröhren haben, nur aus— geſogen werden. Manchen dienen dabei beſondere Fangfühler, oder die Fühlfäden, als Fangfäden zum Ergreifen und Heran— ziehen der Beute, wobei den Galeerenquallen noch ein ſcharfer betäubender Saft, der aus den Fangfäden hervordringt, zu ſtat— ten kommt. Doch ſcheinen dieſe Thiere auch mittelſt Einſaugen durch die Oberfläche Nahrung einzuziehen, und namentlich die kleinen Sauger, die auf den Warzen mancher Meduſen ſich be— finden, jenen Zweck zu haben, wnn fie nicht vielleicht, wie ähnliche Warzen an den ee zur e einer 15 ſigkeit dienen. 40 | Dritte Klaſſe Fünfter Abſchnitt. 550 ut Fortpflanzung und Entwickelung. „ 12 l 8 60. Die Vermehrung geſchieht durch Eier, ei lee ſchon entweder in oder an dem Thiere auskommen. In den Rip⸗ penquallen ſtehen die Höhlen, in denen die Eierſtöcke liegen, mit dem Magen in Verbindung, ſo daß die ausgekommenen Jungen in den Magen gelangen und dann durch den Mund austreten. Auch von den Scheibenquallen wird angeführt, daß die Eier ſchon im Eierſtock auskämen; doch ſcheint dies wenigſtens nicht bei allen der Fall zu ſein: Da man an der gemeinen Meduſe (Medusa aurita) die Jungen von den Armen ausgehen ſah, ſo glaubte man theils, daß jene polypenartig aus dem Mutterthiere hervorwachſen, theils daß die Eier aus dem Eierſtocke in den Magen, und aus dieſem in die Arme gelangten. Nach Ehrenbergs Beobachtun⸗ gen aber kommen die Eier aus den Eierſtockhöhlen in das Marz ſer, werden dann von den Falten der Arme aufgefangen und ent⸗ wickeln ſich in dieſen in kleinen periodiſch entſtehenden Beutelchen, aus denen dann die Jungen hervorkommen. Mit dieſer Anſicht ſtimmt auch v. Siebold überein, nur mit dem Unterſchiede, daß er dieſe Meduſe für getrennten Geſchlechts hält, und daß die Weibchen beſtändig, die Männchen aber niemals ſolche Beutelchen an den Armen haben ſollen. Geſchlechtstrennung müſte ſich dann auf Befruchtung und Begattung beziehen, und in der That find auch Galeerenquallen zuweilen paarweiſe mit ineinander ver- ſchlungenen Fühlern und mit ineinander geſchobenen Saugröhren gefunden worden, was man für gegenſeitige Befruchtung gehal⸗ ten hat, weil ſich nachher, die Eierſtöcke entwickelten; die Jungen ſollen aus den Rändern der für a e erklärten Walbanen hervorkommen. § 61. Die eben nl Jungen ſind 3 ae oder weniger, oft im hohen Grade von den Alten verſchieden und bilden ſich erſt nach und nach aus. Sehr merkwürdig iſt, was in dieſer Beziehung von Medusa capillata (aurita) erzählt wird: Das Junge, welches Anfangs einem Aufgußthierchen (Leucophra) gleicht, ſetzt ſich bald feſt und wird zu einem polypenartigen Thiere, das ſich, nach Saars, in Abſchnitte theilt (fo iſt es Scyphistoma Quallen. N 41 und Hydra tuba), die fih nach und nach von einander trennen und zu Quallen ausbilden. Sechſter Abſchnitt. \ Beſonderes Phyſiologiſches. 8 62. In Hinſicht auf Reproduktion hat man an Me— lonenquallen die Erfahrung gemacht, daß vom Körper losgeriſſene Stücke ſich zu ganzen Thieren ausbildeten. 8 63. Viele Quallen leuchten im Dunkeln, beſonders ſolche, die in heißen Zonen leben. Am häufigſten aber findet es unter den Rippenquallen ſtatt; ſelbſt abgeriſſene Theile und der abgeſonderte Schleim derſelben beſitzen jene Eigenſchaft. Doch ſcheint das Leuchten zum Theil auch von der Willkür (oder von beſondern innern Bewegungen) des Thieres, wie überhaupt von manchen äußern Umſtänden abzuhängen. 8 64. Wie die Meerneſſeln, fo bringen auch viele Quallen Jucken und Brennen auf der Haut hervor, beſonders durch die Fühlfäden, wenn ſie ſich mit denſelben anſetzen. Man glaubt, daß es durch eine ſcharfe Flüſſigkeit, die aus dieſen Organen her— — 2 0 * 2 j Je 8 7 Ae Ata 185 vordringt, oder durch feine mit Widerhaken verſehene Haare, die an den Fäden ſitzen, verurſacht werde; Scheibenquallen und Bla— ſenquallen ſind es vorzüglich, die dieſe Eigenſchaft beſitzen. Am berüchtigtſten in dieſer Hinſicht ſind die Galeerenquallen: Auch die abgeſonderte Flüſſigkeit ihrer Fühlfäden und der Schleim, welcher dieſe überzieht, ſelbſt das Waſſer, in welchem ſolche Thiere einige Stunden lang aufbewahrt wurden, erregen jene Empfindung noch in . an Grade. Mare Pe) DIL ein ene ir] In 3932199119 42 h Vierte Klaſſe. Vierte Klaſſe. Radiaria, Strabitbiere, Erſter Abfı ne —Uh—B ä — § 65. Man kann dieſe Thiere, nach Verſchiedenheit der Form und Beſchaffenheit der Körperhülle, in drei 1 theilen: 1. Asteriatina, Geeſtarn theke Sternföcnig oder wink⸗ lig, mit einer biegſamen, erdig-lederartigen oder dünnern Haut bekleidet. Asterias L. — z. B. Asterias, eigentliche Seeſterne; Comatula, Haarſtern; Ophiura, Schlangenſtern; Gorgonocepha- lus, Meduſenſtern; Enerinus, Pentacrinus, Holopus, geſtielte Seeſterne. 5 2. Echinoidea, Seeigelthiere. Rund, mit einer kalk⸗ artigen harten unbiegſamen Schale umgeben. Echinus L. — z. B. Echinus, eigentliche Seeigel; Scutella, Schuppenigel; Spa- tangus, Cassidulus, Ganymeda. 3. Holothuriatica, Seewalzen. Lederartig oder haus tig, zuſammenziehbar, mehr oder weniger geſtreckt. Holothuria L. — z. B. Holothuria, eigentliche Holothurien; Fistulatrix, Synapta. | weitet Abſchnitt. Aeußere körperliche Beſchaffenheit. § 66. Der Leib beſteht entweder aus einer ſtärkern, theils lederartigen, Längs- und Queer-Muskeln bildenden Hülle, ſo bei den Seewalzen; oder aus knochenartigen Wirbeln oder einer har— ten Schale, mit einer dünnern oder dickern Haut überzogen, bei den Seeſternthieren und Seeigelthieren; doch iſt auch eine Gat— tung der Seewalzen (Cuvieria) mit Knochenſchuppen bedeckt. — Die Seeſternthiere find immer ſymmetriſch geſtaltet; eine Scheibe, von welcher Strahlen ausgehen; aber Form, Verhältniß und Bekleidung der Strahlen iſt verſchieden. Meiſtens find dieſe a Strahlthiere. 43 in fünffacher Zahl vorhanden, zuweilen aber mehre, bis dreizehn, ſtets in ungrader Zahl; nur Ophiura hexactinia, mit ſechs Strah⸗ len, macht hievon eine Ausnahme. An einigen theilt ſich jeder — Strahl gabelförmig oder dichotomiſch, wodurch in den Meduſen— ſternen ein Seeſtern mit unzählbaren, oft mehren tauſenden von äußerſt zarten Strahlenenden entſteht. An den eigentlichen See— ſternen (Asterias) iſt jeder Strahl unterwärts der Länge nach ausgehöhlt. An manchen Seeſternthieren, z. B. an den Haar: ſternen, ſind die Strahlen mit haarförmigen oder ſchuppenförmi— gen Anhängſeln bekleidet; auch haben die Haarſterne auf der Oberſeite der Scheibe einen Kranz gegliederter Fäden oder Ran— ken. Die eigentlichen Seeſterne haben auf der Rückſeite der Scheibe eine größere flache Warze. Es giebt auch geſtielte Seeſternthiere, an denen von der Rückenſeite ein Stiel ausgeht, mittelſt deſſen ſie feſtſitzen. Dieſer Stiel iſt meiſt gegliedert (En— erinus, Pentacrinus), ſelten ungegliedert (Holopus). Manche ſitzen jedoch nur in der Jugend auf ſolchen Stielen feſt (Comatula). — Die Seeigelthiere ſind rund, in verſchiedenen Abänderungen, kuglig, eiförmig, theils faſt herzförmig; oberwärts mehr oder we— niger gewölbt, theils platt ſcheibenförmig, und dann zuweilen mit tiefen Randeinſchnitten (Schuppenigel). Die eigentlichen Seeigel (Echinus) ſind am regelmäßigſten gebildet, kreisrund, oben ge— wölbt, unten platt. — Die Seewalzen find mehr oder weniger geſtreckt, theils cylindriſch. § 67. Unter der Haut zieht fi bei den Seeſternthieren, durch die Länge der Strahlen, und bei den geſtielten durch die Länge des Stiels (mit Ausnahme der Gattung Holopus) eine Reihe knochenartiger Wirbel, welche auch wol die Wirbelſäule oder das Skelett der Seeſternthiere genannt wird. Bei den Seeiigelthieren iſt der ganze Körper unter der Haut von einer, aus mehren mit einander eng verwachſenen Stücken zuſammen⸗ geſetzten harten Schale umgeben, die mit größern oder kleinern, wenigern oder mehren, warzenförmigen Erhöhungen beſetzt und von mehren oder wenigern Poren durchſtochen iſt. Dieſe Erhö— hungen und Poren ſind in Reihen geſtellt und bilden Felder, welche Gänge (ambulacra) genannt werden. Nur Ganymeda u ohne ſolche Gänge. 44 Vierte Klaſſe. 8 68. Die Seeigelthiere und viele Seeſternthiere, beſon⸗ ders die eigentlichen Seeſterne (Asterias) haben Stacheln. An den letztern befinden ſie ſich in den Längsfurchen der Strahlen und artikuliren auf Fortſätzen der Wirbel. An den Seeigeln find ſie in Form, Größe und Zahl ſehr verſchieden und artikuliren auf den warzenförmigen Erhöhungen der Schale. Auch die ſogenann⸗ ten Judenſteine (lapides re welche ſich foſft 1 2 ſolche Seeigelſtacheln. f 8 69. Die Füßchen, welche alle Strahlthiete gemel haben, ſind kurze, cylindriſche oder ſpindelförmige, weiche, zurück⸗ ziehbare, hohle, aber nicht an der Spitze durchbohrte, Anſauge⸗ organe. Sie treten, bei den Seeſternthieren, an der Unterſeite der Strahlen oder der Scheibe, bei den Seeigelthieren aus den Poren der Schale hervor. An den Seewalzen bilden ſie, beſon⸗ ders an der Unterſeite des Körpers, vorſtreckbare Warzen; ſeltener zeigen ſie ſich als Häkchen % Bun der en Fistulatrix). § 70. Alle Strahlthiere haben einen Mund. An ach Seeſternthieren befindet er ſich unterwärts, meiſt im Mittelpunkte der Scheibe; nur an den Haarſternen iſt er etwas exeentriſch. Auch bei den Seeigelthieren liegt er meiſt an der Unterſeite, aber nicht immer im Mittelpunkte, zuweilen ſelbſt am Rande; bei den eigentlichen Seeigeln (Eellinus) gerade im Mittelpunkte, mit fünf Paar Zähnen bewaffnet, welche mit den Spitzen vorragen, nach innen aber in fünf Paar bewegliche Knochen oder Kinnladen eingekeilt ſind, die durch Muskeln bewegt werden, welche wieder an fünf bogenförmige, innen um die Mundöffnung ſtehende Kno⸗ chen ſich anheften. Dieſer ganze Apparat wurde von Ariſtoteles mit einer Laterne verglichen, daher man ihn auch wol die Laterne des Ariſtoteles nennt. Einige Seeigelthiere (Spatangus, Cassi- dulus) haben weder Zähne noch Kinnladen, ſondern die den Mund umgebende Haut kann ſich rüſſelförmig verlängern. Die See⸗ walzen haben den Mund am Vorderende des Körpers; er iſt mit hohlen, einziehbaren Fühlern umgeben; und fünf kleine Knochenſtücke, welche den Schlund umgeben, werden von Einigen als Zähne, von Andern als erſtes Rudiment eines Skeletts betrachtet; wie auch an den Seeſternen die Fortſätze der erſten AR * F N — = Strahlthiere. 45 Strahlenwirbel, die den Mund umgeben, zum Theil für Zähne | BR: Kinnladen gehalten werden. § 71. Faſt alle Strahlthiere haben auch einen After; den Dh Shrflanithiteen aber mangelt er, doch wird zum Theil eine rüſſelförmige Verlängerung, die an der Unterſeite der Scheibe der Haarſterne hervortritt, und die man früher als einen rüſſelförmig verlängerten Mund betrachtete, für den After gehalten. Der After der Seeigelthiere iſt meiſt an der Oberſeite, zuweilen am Rande, ſelten an der Unterſeite; bei den eigentlichen Seeigeln iſt er im Mittelpunkte der Oberſeite, dem Munde gerade entgegengeſetzt; Ganymeda hat gar keinen After. Bei den Seewalzen mündet er am Hinterende des Körpers in eine Cloake aus, in welche ſich auch das Athmenorgan öffnet. § 72. Von beſondern äußern Sinnesorganen iſt, außer den Fühlern der Seewalzen, die vielleicht zum Taſten dienen, nichts weiter beſtimmt ermittelt; denn ob der rothe Punkt, der ſich am Ende der Strahlen mancher Seeſterne zeigt, ein Auge ſei, iſt doch noch zweifelhaft. 8 73. Ueber die Organe, durch welche das Waſſer behufs des Athmens eingezogen werden ſollte, ſind die Anſichten ver— ſchieden. Theils wurden die Füßchen für ſolche Organe gehalten; bei den Haarſternen die rüſſelförmige Verlängerung an der Unter— ſeite der Scheibe, die von Andern für Mund oder After genom— men wird; bei den Schlangenfternen die zehn Spalten, die ſich an der Unterſeite der Scheibe befinden. Die Seeſternthiere und Seeigelthiere haben feine Röhren, die dadurch, daß ſie an der Spitze offen ſind, von den Füßchen ſich unterſcheiden, und zum Einziehen des Waſſers dienen. Bei den Seeſternthieren befinden ſie ſich unterwärts zwiſchen den Füßchen; theils aber will man dergleichen auch an der Oberſeite gefunden haben. Bei den eigent- lichen Seeigeln umgeben ſie den Mund. Das innere Athmen— Organ der Seewalzen öffnet ſich mit dem After in einer gemein⸗ ſchaftlichen Cloake. | 874 Von äußern Geſchlechtstheiken il nichts wei⸗ ue als die Oeffnungen, durch welche die Eier hervor— treten. An den eigentlichen Seeſternen zeigen ſie ſich als eine oder mehre ſehr kleine Oeffnungen zwiſchen den Strahlen; an den 46 Vierte Klaſſe. Schlangenſternen und Meduſenſternen als große Oeffnungen an der Unterſeite der Scheibe; an den Haarſternen als Seitenporen der Anhängſel der Strahlen; an den eigentlichen Seeigeln als fünf Poren um den After, welche etwas weiter als die übrigen Poren der Gänge find; in der Gattung Spatangus liegen fie nicht um den After, ſondern in der Mitte der Oberſeite. In den See⸗ walzen ſollen fie ſich nach Einigen im Munde, nach Andern äußer— lich oberhalb der Fühler befinden. Dritter Abſchnitt. Innerer Bau. § 25. Der Nahrungskanal bildet in den Seeigeln und Seewalzen einen gewundenen Darm, meiſt ohne deutlich geſon— derten Schlund und Magen; in den Seeſternen hingegen nur einen Magen ohne Darm. Dieſer Magen hat ſeitwärts ſo viele Ausdehnungen, als das Thier Strahlen hat, und von einer jeden Ausdehnung erſtreckt ſich in den ihr entſprechenden Strahl ein Blinddarm, welcher wieder eine große Anzahl kürzerer Blinddärme hat, und mit einer breiartigen Subſtanz angefüllt iſt. Einige hal⸗ ten dieſe Organe für Lebern. Die von Andern als Speichel— drüſen beſchriebenen Organe der Seewalzen ſind nichts weiter, als die eingezogenen Fühler. § 76. In mehren Strahlthieren hat man ein vollſtändi⸗ ges Gefäßſyſtem gefunden, welches aus Arterien und Venen beſteht, die ſich im Körper, beſonders auf dem Darme und auf dem Reſpirationsorgane der Seewalzen, vertheilen, und in See— ſternen und Seeigeln auch mit einem Herzen und einem im Grunde des Körpers befindlichen Ringgefäße in Verbindung ſtehen. Außerdem aber haben jene Thiere noch ein beſonderes Waſſergefäßſyſtem, welches aus Waſſerblaſen befteht, von denen Gefäße ausgehen. Solcher Blaſen liegen in den Seewal— zen eine bis zwei, in den Seeigeln fünf, in den Seeſternen fünf bis zwanzig um den Magen oder Anfang des Darmes. Von ihnen gehen Gefäße nach vorn, die ſich in ein um Magen oder Schlund gelegenes Ringgefäß ausmünden; und von dieſem gehen wieder andere Gefäße aus, die unter den Reihen der Füßchen ver- laufen, indem ſich dieſe in ſie öffnen. In den Seewalzen ſteht Strahlthiere. | 47 das Ringgefäß auch durch beſondere Oeffnungen mit den Fühlern in Verbindung. Dieſes Waſſergefäßſyſtem bezieht ſich zwar haupt— ſächlich auf die Bewegung der Füße und Fühler, ſcheint aber auch zugleich das Athmen und die Vertheilung des Nahrungsſaftes mit zu vermitteln. § 77. Noch iſt hier ein Kanal zu erwähnen, welcher ſich, in den eigentlichen Seeſternen, von der auf der Oberſeite der Scheibe befindlichen größern Warze nach innen bis zu dem Schlunde hinab erſtreckt. Dieſen Kanal hielt v. Spir für die männliche Ruthe. Andere aber meinen, daß in ihm Kalkerde abgeſondert werde, und haben ihn deshalb Steinkanal genannt. § 78. Das zum Athmen dienende Waſſer wird von den Seeſternen und Seeigeln durch die äußern zarten Athemröhren eingezogen und ergießt ſich in die Leibeshöhle, wo es fämmtliche Eingeweide umſpült, und dann vielleicht durch dieſelben Röhren wieder dustritt. Konrad meinte, daß dieſe Röhren ſich als feine Kanäle in einer Membran fortſetzten, die die innere Leibeshöhle bekleidet, daß das eingezogene Waſſer ſich in dieſen Kanälen be— wege, und daß es nachher, durch Zuſammenziehen der Membran, wieder ausgetrieben werde. Die eigentlichen Seewalzen haben ein beſonderes Reſpirationsorgan, welches entweder einen einfachen Stamm bildet, oder ſich bald nach ſeinem Anfange im Hinterende des Körpers in zwei lange aufſteigende Aeſte theilt, welche an mehren kurzen Seitenäſten eine große Menge kleiner Säckchen 42 haben. Dieſer Stamm, mit allen ſeinen Aeſten, iſt hohl, und mündet hinten in die Kloake aus. Durch Ausdehnung dieſes Or— gans wird das Waſſer eingezogen, und durch Zuſammenziehen wird daſſelbe wieder ausgeſtoßen. Da man aber zuweilen bei dieſen Thieren auch die ganze Leibeshöhle mit Waſſer angefüllt findet, ſo glaubt man zum Theil, daß dieſes Waſſer durch auf dem Rücken befindliche Athemlöcher und durch Saugröhren des Bauches eindringe. So nimmt man auch an, daß bei einigen Gattungen der Seewalzen (Synapta, Fistularia), denen das be⸗ ſchriebene Reſpirationsorgan fehlt, das Waſſer entweder durch Hautporen oder durch die Fühler eingezogen werde. 8 79. Die Nerven, welche manche frühere Anatomen in Strahlthieren entdeckt haben wollten, wurden ſpäter als Seh— * 48 Vierte Klaſſe. nen oder Gefäße erkannt. Doch beſitzen dieſe Thiere ein wahres Nervenſyſtem, welches ſich in den eigentlichen Seeſternen und See⸗ igeln als ein Schlundring zeigt, von dem, in jenen, jeder Strahl einen Faden, der Magen zehn Fäden, erhält. Auch im Pentacri- nus geht ein Nervenſtrang durch jeden Strahl und ſchickt zu jedem ſchuppenförmigen Anhängſel einen Faden. Nervenknoten ſind kaum zu unterſcheiden, am deutlichſten jedoch in den Enden der Strahlen. Bei den 5 ſind bis jetzt nur en Faden entdedt. | 5 80. Die innern Sa ori bis jetzt nur auf weibliche, nämlich auf Eierſtöcke, beſchränkt. Dieſe ſind in den eigentlichen Seeſternen traubenförmig, und liegen, ihrer fünf oder zehn, an den Wurzeln der Strahlen. In den Haar⸗ ſternen liegt in jedem der kleinen Anhängſel der Strahlen ein Eier: ſtock, der ſich an der Seite des Anhängſels ausmündet. Die ei- gentlichen Seeigel haben fünf oder zehn keulenförmige Eierſtöcke in der obern Hälfte der Schale. Der Eierſtock der eigentlichen Seewalzen, ein äſtiger oder mit kleinen Blinddärmen beſetzter Schlauch, liegt vorn im Körper neben dem Magen. — Cuvier machte zuerſt die Bemerkung, daß die Eierſtöcke der Seeſterne zu— weilen mit einer milchartigen Flüſſigkeit übergoſſen wären, und er erklärte dieſe für männlichen Samen; v. Spir wollte fogar in dieſen Thieren eine Ruthe entdeckt haben, welche ſich aber nachher als der bereits erwähnte Steinkanal auswies. Cuvier vermuthete auch, daß in den Seewalzen gewiſſe ſchnurförmige Dr: gane, die ſich zur Zeit der Reife der Eier in der Gegend des Af— ters entwickelten, männliche Theile wären; nach Tiedemann aber wären kleine birnförmige Organe, die ſich an den Eierleitern finden, ſolche Theile, die den Samen in die Eierleiter ergießen. Krohn behauptet aber, daß dieſe Organe gar keine Geſchlechts⸗ theile wären, ſondern daß ſie ſich in das Ringgefäß öffneten. Gaimard ſcheint die Waſſerblaſen für männliche Organe zu hal- ten. Neuerlich aber iſt man von mehren Seiten her zu der An—⸗ ſicht gelangt, daß die Strahlthiere getrennten Geſchlechts ſind, daß aber die Hoden, in Geſtalt, Zahl und Länge, den Eierſtöcken ſo ſehr gleichen, daß man ſie nur durch den 3 an Samenthierchen von dieſen unterſcheiden kann. | Strahlthiere. 49 Vierter Abſchnitt. Lebensweiſe. 8 81. Die Strahlthiere wohnen ſämmtlich im Meere, wo ſie am Boden oder in Höhlungen ruhen oder träge umher— kriechen. Die geſtielten Seeſterne ſitzen mittelſt des Stieles feſt. Contractilität des Körpers findet nur bei den weichen See— walzen ſtatt. An Seeſternthieren und Seeigelthieren ſind nur die Füßchen und die Athemröhren contractil. Das Vorſtrecken und Einziehen der Fühler und Füßchen wird aber nicht bloß durch die Muskeln dieſer Organe bewirkt, ſondern auch durch das Waſſer, welches aus den mit ihrer hohlen Axe in Verbindung ſtehenden Waſſergefäßen in ſie hineindringt, wenn die Waſſerblaſen ſich zu— ſammenziehen und das Waſſer vorwärts treiben, wodurch jene Organe ausgedehnt werden. Dehnen die Blaſen ſich dann wie— der aus, ſo fließt das Waſſer wieder zurück und Fühler und Füß— chen werden leer und ziehen ſich zuſammen. — Die Ortsbe— wegung dieſer Thiere geſchieht auf verſchiedene Weiſe; haupt— ſächlich jedoch mittelſt der Füßchen, indem dieſe ſich ausſtrecken, dann ſich anſaugen, und, wenn ſie nun ſich zuſammenziehen, der Körper nachfolgt. Die Stacheln der Seeigelthiere dienen nicht zur Ortsveränderung, ſondern nur zum Gegenſtemmen. Eben ſo wenig rudern die Seeſterne mittelſt der Strahlen ſich im Waſſer fort; doch gebrauchen die Haarſterne, Schlangenſterne und Me— duſenſterne ihre Arme zum Kriechen, indem ſie die Spitzen derſel— ben umbiegen, in den Boden oder an ſonſtige Vorragungen ein— haken und den Körper nachziehen; und von den Haarſternen meint Thompſon, daß fie auch durch ruderförmige Bewegungen der Arme im Waſſer ſteigen. Mit den gegliederten Rückenranken halten dieſe Thiere an Steinen und dergleichen ſich feſt. Die Seewalzen werden auch, beim Ausathmen, er den top ya Ä 1 Waſſers fortbewegt. 8 S2. Die Nahrung beſteht in kleinen Skeihicken, welche dir dünnſtrahligen Seeſternthiere (Haarſterne, Meduſenſterne) mit den Strahlen ergreifen. Den Seewalzen dienen die Fühler mit zu demſelben Zwecke. inne HS mania. in 50 Vierte Klaſſe. Fünfter Abſchnitt. Fortpflanzung und Entwickelung. § S3. Die Fortpflanzung geſchieht durch Eier. Die eben ge- bornen Jungen der Seeſterne (Asterias sanguinolenta) find ſchei⸗ benförmig, und ſchwimmen, wahrſcheinlich mittelſt feiner Wimpern, im Waſſer umher, indem nach vorn vier Arme ausgeſtreckt ſind, mit denen ſich dieſe Thierchen etwas feſthalten können. Nach drei Wochen fangen die fünf Strahlen an hervorzubrechen und die Füßchen ſich auszubilden, mittelſt deren die Thiere umherkriechen; dann ſchwimmen ſie nicht mehr, und die Arme verſchwinden. Nach Thompfſon werden die Eier der Haarſterne (Comatula decame- ros) an Seegras abgeſetzt, wo fie ſich erſt zu einem geſtielten feſt⸗ ſitzenden Pentacrinus (Pent. europaeus früher genannt) entwickeln, bis endlich die Scheibe mit den Strahlen ſich ablöſt und Coma- tula decameros wird. Die jungen Seeſternthiere und Seeigel⸗ thiere haben weniger Wirbel und Kalkplättchen als die alten; mit fortſchreitendem Wachsthume erzeugen ſich bei jenen neue Wirbel in den Winkeln der Strahlen, bei dieſen neue Plättchen um den Af— ter, bei Pentacrinus neue Glieder zwiſchen den ſchon vorhandenen. Sechſter Abſchnitt. Beſonderes Phyſiologiſches. § 84. Die Strahlthiere beſitzen eine ſtarke Lebenskraft. Eine Seewalze kroch und athmete noch ein paar Tage, nachdem ſie den ganzen Nahrungskanal und einen Theil des Athmenorgans hinten ausgeſtoßen hatte; auch im Weingeiſt lebte ſie anderthalb Stunden. Seeſterne blieben, nach ausgenommenen Magen und Blinddärmen, noch über vierzehn Stunden am Leben. Einzelne Stücke zerſchnittener Seeigel bewegten ſich noch nach mehren Stunden. ; § 85. Die Seeſternthiere haben auch ſtarke Reproduc— tionskraft. Verſtümmelte oder ganz verloren gegangene Strah— len wachſen bald wieder nach; ja, wenn auch nur Ein Strahl mit einem Theile des Mundes übrig geblieben iſt, ſo wachſen alle andern Strahlen wieder nach. Saugwürmer. 51 Siebenter Abſchnitt. Benutzung. § 86. Die reifen Eierſtöcke einiger Seeigel (Ech. escu- lentus und verwandter Arten) werden in Italien gegeſſen; und in Oſtindien wird mit mehren Arten von Seewalzen (beſonders mit Hol. tubulosa) ein bedeutender Handel getrieben, indem dieſe Thiere, getrocknet und geräuchert, unter dem Namen Trepang, beſonders in China, viel gegeſſen werden. Fünfte Klaſſe. Trematodea, Saugwürmer. Erſter Abſchnitt. Klaſſi fikation. § 87. Sie werden in folgende vier Ordnungen vertheilt: 1. Monostomia, Einmundſauger. Der Mund iſt am Vorderende. Andere Saugnäpfe fehlen; z. B. Monostoma, ei- gentlicher Einmundwurm; Prostoma; Phoenicurus. 2. Cercariatica, Schwanzthierchen. Der Mund am Vorderende, in einem Saugnapfe; der zweite Saugnapf am Bauche; Körper geſchwänzt — Cercaria. 3. Bothriozoa, Grubenwürmer. Der Mund am Bor: derende; außerdem noch ein oder mehre Saugnäpfe; Körper un— geſchwänzt. Erſte Zunft: Oligobothria; mit Einem Saugnapfe, ſelten 5 deren zwei, und dann am Bauche hintereinander. Fasciola L. — z. B. Distoma, Egelwurm; Amphistoma, Doppel⸗ mundwurm; Diplostoma; Aspidogaster: Gyrodactylus. Zweite Zunft: Polybothria; mit mehren Saugnäpfen — Z. B. Polystoma, Vielmundwurm; Tristoma, Dreimundwurm; Diclybothrium; Diplozoon; Hexastoma; Octobothrium; He- teracanthus; Hectocotylus (deſſen ſelbſtſtändige Natur neuer lich durch Coſta wieder zweifelhaft gemacht worden ift). N 52 Fünfte Klaſſe. 4. Planariana, Plattſauger. Der Mund an der Un- terſeite; Saugnäpfe fehlen — Planaria, Plattwurm. Zweiter Abſchnitt. Aeußere körperliche Beſchaffenheit. § S8. Bei den meiſten iſt der Körper länger als breit, ſelten eigentlich wurmförmig (3. B. Prostoma), gewöhnlich etwas platt; bei Diplozoon kreuzförmig, als wenn zwei Würmer in der Mitte zuſammengewachſen wären. Er beſteht aus einer weichen, wie breiartig-körnigen, durchſcheinenden Maſſe; ſelten, beſonders bei den Paraſiten, iſt er feſter oder faſt lederartig. Einige Egel- würmer haben Stacheln, beſonders am Vorderkörper, die aber leicht verloren gehen. An den meiſten laſſen ſich Muskelſtrei— fen, theils ganze Muskellagen, unterſcheiden. Beſonders musku⸗ lös ſind die Saugnäpfe, welche oft einen aufgeworfenen, aus Queer- und Längs-Muskeln beſtehenden Rand haben. Zuweilen ſind die Vertiefungen oder die Ränder derſelben noch mit Leiſten oder Haken verſehen (z. B. an Dielybothrium, Polystoma ap- pendiculata). Zahl, Größe und Lage dieſer Organe iſt verſchieden. Einige haben nur Einen Saugnapf, entweder am Bauche (Schwanz⸗ thierchen) oder am Hinterende (Gyrodactylus); Andere deren zwei am Bauche oder einen von beiden vorn (Egelwürmer); noch An- dere deren mehre, entweder am Ende des Körpers (Vielmund⸗ würmer), oder in zwei Reihen am Bauche (Diclybothrium, He- ctocotylus). An einigen find fie fo klein, daß man fie leicht über ſieht, an andern ſehr groß. Beſonders ausgezeichnet iſt Aspido- gaster durch den ſehr großen Bauchſaugnapf, welcher eine große gitterförmige Scheibe darſtellt. Die Saugnäpfe wurden früher an manchen Gattungen für eigentliche Münde gehalten, und daher an ſolchen, welche Saugnäpfe am Hinterende haben, dieſes Ende als Vorderende angeſehen (z. B. Hexastoma, Octobothrium); doch liegt bei vielen der Mund in dem vordern Saugnapfe, z. B. bei den Egelwürmern. Theils kann er ſich röhrenförmig verlängern; an den Plattwürmern iſt dieſe Röhre ein beſonderes elaſtiſches, mit einem Ende in der Mundhöhle feſtſitzendes Organ, welches das Thier weit vorſtrecken kann. An einem Plattwurme (Planaria Ber: Saugmwürmer. 53 lichenoides) ſtrecken ſich, ſtatt der Röhre, vier armförmige Or— gane hervor. § 89. Einen eigentlichen After ſcheinen nur wenige Saug— würmer zu haben; vielleicht nur einige von denen, deren Nah— rungskanal als ein einfacher Darm ſich durch den Körper zieht. Deutlich iſt er nur an Prostoma erkannt. Man kann aber eine kleine Oeffnung (koramen caudale), die ſich bei vielen Arten hin— ten auf dem Rücken findet und die Ausmündung eines beſondern verzweigten Gefäßes iſt, auch als After betrachten. Excremente werden indeß auch durch den Mund ausgeworfen. § 90. An den Arten der Gattung Prostoma, wie auch an mehren Schwanzthierchen und Plattwürmern, ſind am Vor— derende des Körpers zwei bis ſechs, auch wol mehre kleine ſchwarze oder dunkelrothe, einfache oder aus mehren Körnern zuſammenge— ſetzte Punkte befindlich, die man für Augen hält; an einigen Plattwürmern ſitzen ſie an der Spitze zweier einziehbarer Fühler. Auch an einigen Entotrematoden (Egelwürmern, Doppelmundwür— mern, Einmundwürmern) hat man ſolche Augenpunkte entdeckt, die aber bei einigen nur in der früheſten Jugend vorhanden ſind, und nachher verſchwinden. § 91. Beſondere äußere Athemorgane haben die Saug— würmer nicht. An Plattwürmern und einigen Egelwürmern ſind Flimmerhaare entdeckt worden, durch deren Bewegung eine Strömung des Waſſers an der Oberfläche des Körpers bewirkt wird. Theils wird das bereits erwähnte foramen caudale für ein äußeres Athemloch gehalten. § 92. Die Saugwürmer find Zwitter; nur Gyrodacty- lus iſt wahrſcheinlich getrennten Geſchlechts. Die äußeren Geſchlechtsöffnungen ſind meiſtens an der Bauchſeite in der Mittellinie des Körpers, mehr oder weniger vom Munde entfernt; ſelten auf dem Rücken (unter den Doppelmundwürmern A. spa- thula), oder am linken Seitenrande des Körpers (unter den Egel— würmern D. ovata). An Aspidogaster wird die hintere Oeffnung, welche Einige als After betrachten, von Andern für die Geſchlechts— öffnung gehalten. In den meiſten Fällen münden männliche und weibliche Geſchlechtstheile in eine gemeinſchaftliche Vertiefung aus, welche deshalb Geſchlechtsgrübchen genannt worden iſt. Zu⸗ 54 ö Fünfte Klaſſe. weilen aber ſind beide von einander getrennt, wo dann entweder die vordere die männliche, die hintere die weibliche iſt (z. B. un⸗ ter den Plattwürmern P. tremellaris), oder die männliche am Schwanze, die weibliche aber am Halſe liegt (z. B. unter den Egelwürmern D. caudalis). Aus dem Geſchlechtsgrübchen ragt oft die Ruthe in verſchiedener Geſtalt hervor, und dann zeigt ſich an der Wurzel derſelben die weibliche Oeffnung. Bei vielen Saugwürmern aber hat man die Geſchlechtsöffnungen noch gar nicht entdeckt. Prostoma hat jederſeits am Körper mehre weib- liche Geſchlechtsöffnungen. Dritter Abſchnitt. Junerer Bau. § 93. Der Nahrungskanal beſteht bei den meiſten Saugwürmern aus einem kurzen Schlunde, der entweder in einen zweiſchenkligen Blinddarm oder Magen, oder in zwei, ſel— tener in drei (ſo bei den meiſten eigentlichen Plattwürmern) gefäß⸗ artige, meiſt äſtige Verdauungskanäle übergeht, deren feinſte Verzweigungen ſich im Körper verlieren. Jedoch giebt es Aus— nahmen. Unter den Plattwürmern hat P. terrestris nur Einen äſtigen Verdauungskanal; Heteracanthus hat vier Längskanäle ohne Verzweigungen, von denen jedoch nur zwei vom Schlunde ausgehen und der eigentliche zweiſchenklige Darm zu ſein ſcheinen. Planaria Ehrenbergii und einige Arten von Amphistoma, fo auch die Gattungen Aspidogaster, Prostoma, Hectocotylus, Phoeni- curus, haben einen einfachen Magen oder Darm. In letzterer Gattung ſoll derſelbe mit einer großen Anzahl feiner Seitenöff— nungen verſehen fein. In Diplozoon geht von jedem Munde des Doppelwurmes ein Kanal aus, welcher an der Vereinigungsſtelle beider Körper einen gemeinfchaftlihen weiten Magen bildet und zuletzt blind endigt. § 94 Außer dem äſtigen Verdauungskanale hat man in vielen dieſer Würmer noch andere Gefäße entdeckt, unter denen ſich beſonders ein Gefäßnetz auszeichnet, welches, nachdem ſich feine Verzweigungen in einen, zwei oder drei Hauptſtämme ver: einigt haben, in dem obenerwähnten foramen caudale ausmündet. Saugwürmer. 35 Einige Beobachter behaupten, daß die feinſten Zweige deſſelben mit denen des äſtigen Verdauungskanals in Verbindung ſtehen; und da man zum Theil auch einen ſchleimigen Auswurf aus der Oeffnung hervordringen ſah, ſo ſcheint dieſes Gefäßnetz ein Ex— cretionsorgan zu fein, und die Oeffnung einem After zu entſprechen. Vielleicht aber iſt dieſes Gefäßnetz den Urinorganen der Spinnen analog. Zuweilen iſt es nicht ein ſolches Gefäß— netz, welches in dieſe Oeffnung ausgeht, ſondern ein blaſenför— miges Organ (z. B. in einem Doppelmundwurme, A. conica), oder ein einfacher blinder Kanal, der ſich auch wol gabelförmig theilt (z. B. in einem Egelwurme, D. globipora). — Einige neuere Beobachter haben in Diplozoon und in einigen Plattwürmern ein Gefäßnetz beobachtet, welches aus vier oder zwei Längsſtämmen beſteht, die durch feine Queergefäße mit einander in Verbindung ſtehen, und in welchem eine Flüſſigkeit cirkulirt; vorn im Körper der Plattwürmer ſollen dieſe Gefäße, durch eine Anſchwellung, ſogar ein Herz bilden; und in einem Plattwurme (P. brunnea) ſchienen die zarteſten Zweige derſelben aus den zarteften Enden des Verdauungskanals zu entſpringen. Auch Prostoma hat Längs— gefäße mit einem Herzen, in denen Cirkulation ſtattfindet. Dieſe Gefäße ſcheinen demnach von dem eben beſchriebenen Excretions— organe verſchieden und wahre Gefäße zu ſein. § 95. Einige Naturforſcher halten jenes Excretionsorgan für ein Athemorgan, was mir deshalb zweifelhaft iſt, weil es meiſt bei Entotrematoden vorkommt, für die das Athmen wol nicht ſehr von Bedeutung ſein kann. Vielleicht ſind die zwei Höhlen im Vorderkörper einiger Egelwürmer, in denen v. Siebold eine Flimmerbewegung wahrnahm, ſolche Organe. § 96. Vieles von dem, worin frühere Beobachter Ner— ven zu erkennen glaubten, iſt ſpäter theils als Gefäße, theils als Geſchlechtsorgan erkannt worden. In neuern Zeiten will man in einigen Entotrematoden im Vorderkörper einen oder ein paar, durch Nervenfaden verbundene Knoten entdeckt haben, von denen Nervenfaden ausgehen. | 8 97. Von innern Geſchlechtstheilen hat man bei allen denjenigen Saugwürmern, in denen überhaupt dergleichen entdeckt wurden, die weiblichen erkannt: Eierſtöcke von ſehr ver⸗ 56 Fünſte Klaſſe. f f ſchiedener Zahl, Geſtalt und Ausdehnung. In manchen war die ganze Leibeshöhle mit Eiern angefüllt. Von den Eierſtöcken ge⸗ hen Eierleiter aus, die ſich zum Theil mannigfaltig winden, zum Theil vor ihrem Austritte einen einfachen ſackförmigen oder einen zweihörnigen Uterus bilden, der durch eine Scheide in die weibliche Oeffnung ausmündet. Bei vielen Entotrematoden gehen die Eierleiter in ein zelliges Organ, in welchem die Eier wahrſcheinlich mit ihrer Hülle verſehen werden, und aus dieſem Organe treten die Eier dann in den Uterus. Bei vielen Platt⸗ würmern iſt die äußere Geſchlechtsöffnung die Mündung einer birnförmigen Höhle (Geſchlechtsgrube), in welche ſich ſowol die Eierleiter, als die männlichen Geſchlechtstheile, ſelten jene allein, öffnen; die Eierleiter verlieren ſich zwiſchen den im Körper zer= ſtreueten Eierblaſen (Eierfiöden). Nach Duges aber wären jene Eierleiter ſelbſt zugleich Aeſte des vorhin beſchriebenen Gefäßnetzes der Plattwürmer, und die Eierblaſen, welche an jenen Gefäßäſten liegen, öffneten ſich in dieſelben, ſo daß die in ihnen enthaltenen Eierkeime, wenn ſie austreten, durch die in den Gefäßen ſich be— wegende Flüſſigkeit, in die birnförmige Höhle gelangen. In Pro- stoma liegt jederſeits im Körper eine Reihe blaſenförmiger Eier⸗ ſtöcke, deren jeder drei bis vier Eier enthält und ſich beſonders nach Außen öffnet. In den Schwanzthierchen ſah Wagner zwei gekrümmte Eierſtöcke, die neben dem Munde mit ein paar dunkeln Stellen (den vermeintlichen Augen) anfingen und ſich dafl vielleicht ausmünden. § 98. Nicht mit gleicher Beſtimmtheit, wie die weiblichen, find auch die männlichen innern Geſchlechtstheile überall erkannt worden. Die Hoden zeigen ſich ſelten dreifach (in einem Egelwurme, D. rosacea) oder einfach (Aspidogaster limacoides), meiſtens zweifach, von ſehr verſchiedener Geſtalt, meiſtens an den Eierleitern oder an dem Uterus liegend. Von ihnen gehen Sa— mengefäße, nachdem ſie ſich in Ein Gefäß vereinigt und zum Theil zu Samenblaſen ausgedehnt haben, in die Ruthe über. Nicht ſelten ſtehen fie mit den weiblichen Theilen in näherer Ber: bindung; z. B. in einem Egelwurme, D. globipora, tritt der Eier⸗ leiter, ehe er in den Uterus geht, mit einem Samengange in Ver— bindung; in einer andern Art, Dist. perlata, geht der Eierleiter 1 Saugwürmer. 57 aus dem Uterus durch einen Hoden; in einem Plattwurme, D. Ehrenbergii, geht von dem Eierſtocke ein Seitenkanal in die Ge— gend, wo die Samenblaſen liegen. Bei den meiſten Plattwür— mern mündet die Ruthe in dieſelbe birnförmige Höhle aus, in welche die Eiergänge ſich öffnen; und neben dieſer Höhle liegen noch ein Paar Blaſen, die ſich ebenfalls in ſie öffnen. Vierter Abſchnitt. Lebensweiſe. § 99. Die Saugwürmer wohnen theils im Waſſer (Hydrotrematoden), z. B. Plattwürmer, Prostoma; theils im Innern anderer Thiere (Entotrematoden), z. B. Viel— mundwürmer, Egelwürmer, Einmundwürmer u. ſ. w., theils als Schmarotzer äußerlich an andern Waſſerthieren (Paraſiten), z. B. Hectocotylus, Phoenicurus u. ſ. w. Die Schwanzthierchen kommen ſowol im Innern von Waſſerſchnecken als im Waſſer vor. Nur Eine Art Plattwürmer, P. terrestris, iſt ein Landthier, und hält ſich unter Moos, Pflanzen und Steinen auf. Manche En— totrematoden können jedoch wochenlang, ſelbſt monatelang, in kal— tem Waſſer am Leben bleiben; ja, ein Egelwurm aus Paludina impura ſchien im Waſſer ganz wohl zu ſein und nach Nahrung zu ſuchen. Die Paraſiten ſitzen beſonders an den Kiemen und Kiemenſpalten der Fiſche; Gyrodactylus aber immer frei an der Oberfläche des Fiſchkörpers. $ 100. Die meiſten Saugwürmer können ihren Körper mehr oder weniger zuſammenziehen und ausdehnen; beſon— ders gilt dieſes von den Saugnäpfchen. Die Ortsbewegung iſt ſehr verſchieden. Bei den Entotrematoden kommt ſie wenig in Betracht. Die Hydrotrematoden bewegen ſich am meiſten, theils kriechend, theils ſchwimmend. Das Kriechen überhaupt wird bei denen, die mit Saugnäpfchen verſehen find, durch dieſe bewirkt, indem ſich die Thiere abwechſelnd anſaugen, zuſammen— ziehen und ausſtrecken. Das Schwimmen wird durch ſchlängelnde Körperbewegung bewirkt. Am lebhafteſten ſchwimmen die Schwanz- thierchen, indem ſie ſich durch ſchlängelnde ſchnelle eee des Schwanzes im Waſſer umherſchleudern. 58 ö Fünfte Klaſſe. §F 101. Die Nahrung der Saugwürmer beſteht in Schleim und Säften, die ſie von Thieren einſaugen. Sehr kleine Thiere werden auch wol von den Plattwürmern ganz verſchlun— gen. Letztere ſtrecken die Mundröhre vor, um mit derſelben Nah- rung aufzuſuchen. Zuweilen reißt ſich dieſe Röhre los und ſchwimmt dann nicht nur noch lange Zeit unter mannigfaltigen Krümmungen und Geſtaltveränderungen umher, ſondern nimmt auch noch Nahrung zu ſich, wobei jedoch dieſe gleich am andern Ende wieder abging; man ſah ſie ſelbſt die eigenen, eben von ihr verlaſſenen Körper gierig verſchlingen. Eben ſo ſtreckt auch eine Art der Plattwürmer, P. lichenoides, die armförmigen Organe hervor, und wenn eins derſelben etwas gefangen hatte und mit der Beute in den Mund zurückſchlüpfte, ſo ſuchten die übrigen noch nach Nahrung umher. Fünfter Abſchnitt. Fortpflanzung und Entwickelung. § 102. Da man öfters Saugwürmer paarweiſe an den— jenigen Stellen, wo die Geſchlechtsgrübchen ſich befinden, feſt zu— ſammenhängend gefunden hat, ſo glaubt man, daß eine gegen— ſeitige Befruchtung ſtatt finde; und nur bei ſolchen Ar— ten, welche einzeln in Höhlen oder in Kapſeln eingeſchloſ— ſen ſind (z. B. mehre Egelwürmer), die ſich alſo nicht einander nähern können, iſt eine Selbſtbefruchtung wahrſcheinlich. Daß eine ſolche vor ſich gehen könne, erhellt auch aus den bereits an— gedeuteten Verbindungen der männlichen und weiblichen innern Geſchlechtstheile mehrer Saugwürmer. Wenn Göze behauptet, bei einer Begattung der Distoma hepatica (Leber-Egelwurms) geſehen zu haben, wie die männliche Ruthe in den Bauchſaug— napf des andern Individuums eingedrungen ſei, ſo war dieſes wol eine Täuſchung, denn jener Napf iſt gar nicht durchbohrt und ſteht mit den Geſchlechtstheilen in keiner Verbindung. Da man bei einigen Arten Eier aus der männlichen Ruthe hervorkommen ſah, ſo hielten einige Beobachter dieſes Organ für den vorgeſtülp— ten Eierleiter, der bei der Begattung in dem andern Individuum befruchtet würde. Als man an der Wurzel der Ruthe die eigent— Saugwürmer. 59 liche weibliche Oeffnung entdeckte und die Samengefäße in die Ruthe übergehen ſah, mußte jene Anſicht aufgegeben werden, in- dem man das Hervorkommen der Eier aus der Ruthe ebenfalls für Täuſchung nahm. Indeß iſt es doch in der Folge wirklich beſtätigt worden, daß die Eier, wenigſtens bei einigen Arten von Doppelmundwürmern und Egelwürmern (Amphistoma conica, Distoma perlata) durch das Ende der Ruthe hervorkommen, ſo daß alſo in dieſen Fällen eine Selbſtbefruchtung ſtatt zu finden ſcheint. Duges meint, daß in den Plattwürmern die eine der beiden Blaſen, die ſich in die Geſchlechtshöhle öffnen, zur Auf— nahme und Aufbewahrung des Samens diene, welcher bei der Begattung von dem andern Individuum ergoſſen wird; in der andern Blaſe aber würden vielleicht die Eier mit ihrer Hülle verſehen. Nach Andern erhalten die Eier der Plattwürmer ihre Hülle in der birnförmigen Geſchlechtshöhle; und bei mehren En— totrematoden ſoll dieſes in einem beſondern zelligen, vor dem Uterus gelegenen Organe geſchehen. § 103. Die Eier der Saugwürmer ſind von verſchiede— ner Geſtalt. Bei vielen Entotrematoden aus den Gattungen der Egelwürmer und Einmundwürmer ſind ſie an einem Ende mit einem Deckel, welcher aufſpringt, um das Junge hervorkommen zu laſſen. Mehre, ſowol Entotrematoden als Hydrotrematoden, bringen Kapſeln hervor, in denen zwei bis acht Eier eingeſchloſ— ſen ſind. Beſonders iſt dieſes bei Plattwürmern der Fall, welche Kapſeln an Steinen, Waſſerpflanzen u. dgl. abſetzen, und zwar in der Regel täglich nur Eine. Früher hatte man zum Theil die Kapſeln für Eier gehalten. Bei manchen Egelwürmern und Dop— pelmundwürmern kommen die Eier ſchon im Mutterleibe aus; dieſe bezeichnet man als lebendiggebährende Arten. Manche Plattwürmer (Planaria Ehrenbergii) und einige Entotrematoden, z. B. unter den Einmundwürmern, Monostoma mutabilis, ſind bald eierlegend, bald lebendiggebährend. An vielen Embryonen hat man ſchon im Ei eine Flimmerbewegung bemerkt. 8 104. Die eben ausgekommenen Jungen der Ento— trematoden ſind oft, ſowol in ihrer Geſtalt als in ihrem Be— nehmen, von den Alten ſehr verſchieden. Manche haben ſogar ein Auge, welches ſpäter verſchwindet (3. B. Distoma nodulosa, Mo- 60 Fünfte Klaſſe. nostoma mutabilis). Einige, beſonders von ſolchen Arten, die eigentlich in Fiſchen oder Waſſervögeln leben, ſchwimmen ſehr be- hende im Waſſer umher und ſind mit Wimpern bekleidet, die ſich ſchnell bewegen und einen Strom im Waſſer verurſachen. Sie ſcheinen in ihrer frühern Periode ins Waſſer zu gerathen und in demſelben eine Zeitlang zu verweilen, bis ſie wieder in Fiſche oder Waſſervögel gelangen. Da ſie meiſt viele Aehnlichkeit mit Auf⸗ gußthierchen, beſonders mit Zungenthierchen, haben, ſo mögen ſie auch oft für ſolche gehalten worden ſein. Einige Egelwürmer (Dist: isostoma, duplicata u. ſ. w.) entwickeln ſich in einer Blaſe (Hydatide), die fie demnächſt, wenn ſie erwachſen find, durchbre⸗ chen, um ſich zuletzt irgendwo feſtzuſetzen und ſelbſt wieder eine Hydatide zu werden, in der dann eine neue Entwicklung anfängt. 8 105. Merkwürdig iſt auch die Entwicklung der Schwanzthierchen: Man findet nämlich zuweilen in Waſſer⸗ ſchnecken kleine Säcke, oder knotige Fäden, oder thieriſch ſich be— wegende Schleimcylinder, oder auch egelwurmartige Thierchen, in denen ſich verſchiedenartige Schwanzthierchen, zu drei bis zwölf Stück, entwickeln, welche endlich hervorbrechen und ſich ins Waſ— fer begeben. Man ſah, wie mehre Individuen von Cercaria ephemera, nachdem der Schwanz ſich abgelöſt hatte, zu kleinen runden harten Kügelchen wurden, und in dieſem Zuſtande drei Monat unverändert blieben. Die Beobachtung iſt leider nicht weiter fortgeſetzt. — Es ſcheint, nach einigen neuern Erfahrungen, als ob mit manchen andern Saugwürmern, namentlich mit Mo- nostoma mutabilis und einigen Egelwürmern, ähnliche Entwick— lungen vor ſich gehen. In Waſſerſchnecken (Limnaeus amphibius) findet man zuweilen lebende Würmer umherkriechen, die ganz mit Eiern angefüllt ſind, in deren jedem ſich ein Egelwurm entwickelt. Jene Würmer zeigen ſich Anfangs als ein Bündel unregelmäßig angeſchwollner Röhren, die an der Leber auf einem gemeinſchaft⸗ lichen Stamme feſtſitzen, ſich aber nachher ablöſen und umher— Riechen. § 106. An einigen Arten von Plattwürmern ſcheint auch eine Vermehrung durch Knoſpen vorzukommen: Es ſollen ſich nämlich zuweilen Atome vom Körper abſondern und a: einem neuen Thiere ausbilden. Saugwürmer. 61 10% % 9 SGBechſter Abſchnitt. vu! Beſonderes Phyſiologiſches. S 102. Plattwürmer reproduciren nicht nur abgefon- derte einzelne Theile, ſondern wenn wan ſie in mehre Stücke theilt, ſo bildet ſich jedes Stück zu einem vollſtändigen Thiere aus. Ueberhaupt haben fie eine ſtarke Lebenskraft, denn ein— zelne abgeſonderte Atome bewegten ſich noch halbe Tage lang, und oben iſt ſchon erzählt, wie die abgeſonderte Mundröhre für ſich noch längere Zeit umherſchwimmt und ſogar Nahrung genießt. Siebenter Abſchnitt. Schädliche Saugwürmer. § 108. Hieher gehören die Entotrematoden, deren Nach— theil jedoch nicht von Bedeutung iſt. Beſonders iſt hier zu bemerken die Distoma hepatica, Egelſchnecke, Leberegel, Leberwurm, Schafegel, welche etwa einen Zoll lang wird, in der Leber des Pferdes, des Rindviehes, der Ziegen, vorzüglich aber in der der Schafe lebt, wo ſie ſich zuweilen ſo vermehrt, daß ſie Auszehrung herbeiführt. — Auch in der Leber des Menſchen findet ſich zu— weilen ein Egelwurm, den man früher mit dem Schafegel für gleichartig hielt, was er aber nicht iſt. Sechſte Klaſſe. Mollusca, Weichthiere. Der weiche Körper bildet zwei Theile, einen innern fadför- migen, der die Eingeweide, oder wenigſtens die meiſten derſelben enthält, daher auch Eingeweideſack genannt wird; und einen äußern, der jenen wie ein offener oder mehr oder weniger ge— ſchloſſener Mantel umgiebt, und daher auch dieſen Namen hat. In vielen Muſchelthieren gehen von dem Mantel zwei röhren— förmige Fortſätze aus, zum Ein- und Ausathmen des Waſſers, ä ſogenannte Athemröhren. Derjenige Theil des Körpers, mit 62 Sechſte Klaffe.. dem das Thierefrieht, wühlt, bohrt u. ſ. w., und den es vor- ſtrecken und ausdehnen kann, wird Fuß genannt. Von ihm ge⸗ hen bei mehren Muſchelthieren Faſerbündel, Byſſus, aus, mit: telſt deren ſie an andern Gegenſtänden feſtſitzen. An den meiſten Weichthieren iſt der Körper durch eine harte Schalenbekleidung geſchützt, welche faſt durchgängig in der Ord— nung der Fehlköpfer zwei Muſcheln, in den beiden andern Ordnungen ein mehr oder weniger ſpiralförmig gewundenes Schneckenhaus bildet. An einer Stelle des Randes ſind die beiden Muſcheln meiſtens durch innere Vorragungen oder Zähne, die in entſprechende Gruben des Randes der andern Muſchel ein— greifen, und außerdem noch durch ein von dem Thiere ausgehen des ſehniges Band, ſo mit einander vereinigt, daß ſie ſich an dieſer Stelle wie die Thür in ihren Angeln bewegen können. Dieſe Verbindungsſtelle nennt man Schloß oder Gewinde. Einen außerhalb über dem Schloſſe mehr oder weniger vorragenden Theil der Muſchel bezeichnet man als den Wirbel. An den gewun— denen Schneckenhäuſern wird die Längsachſe, um welche ſich die Windungen ziehen, Säule genannt. Viele Häuſerſchnecken haben hinten auf dem Fuße noch einen kalkartigen oder hornartigen Deckel, welcher, wenn die Schnecke ſich in ihr Haus zurückzieht, die Oeffnung deſſelben verſchließt. Die Gehäuſe mehrer Kopf- füßler ſind inwendig durch Queerwände in Kammern getheilt. Erſter Abſchnitt. Klaſſifikation. § 109. Dieſe Klaſſe zerfällt in drei Ordnungen, welche wieder in Zünfte getrennt werden, nach der dritten Ueberſicht. S 110. Die Zünfte enthalten folgende Familien: Erſte Ordnung: Fehlköpfer. Erſte Zunft: Seeſcheiden. Erſte Familie: Aggregata, Haufenſcheiden; wenn mehre Thiere mit einander verbunden ſind, und zwar entweder ſo, daß fie in einen gemeinſchaftlichen Mantel verwachſen find (Ascidiae Ordnung I. Körper mit abgeſondertem Kopf. A. Mit Armen am Kopfe. — Cephalopoda, . Erſte Zunft: Foraminifera, Löcher durch einfache Oeffnungen mit einar Zweite Zunft: Siphoniphora, Röhr die ganze Schale ziehenden Kanale Dritte Zunft: Cryptodibranchia, S ohne Schale. B. Ohne Arme. — Paracephala, Schnecken. Erſte Zunft: Pteropoda, F$loffenfi Zweite Zunft: Gastropoda, Bauch Bauchſcheibe (Fuß). II. Körper ohne abgeſonderten Kopf. — Acephala, Fe Erſte Zunft: Nuda, Seeſcheiden. - Zweite Zunft: Testacea, Muſchel Dritte Zunft: Brachiopoda, Armf! Dritte Weberficht. Ordnungen und Zünfte der Weichthiere. I. Körper mit abgeſondertem Kopf. A. Mit Armen am Kopfe. — Cephalopoda, Kopffüßler. Erſte Zunft: Foraminifera, Löcherfüßler. — Mit einer vielkammerigen Schale; die Kammern ſtehen durch einfache Oeffnungen mit einander in Verbindung. Zweite Zunft: Siphoniphora, Röhrenfüßler. — Mit vielen Kammern, deren Wände von einem durch die ganze Schale ziehenden Kanale durchbohrt werden. Dritte Zunft: Oryptodibranchia, Sepien. — Entweder mit einer einkammerigen Schale oder ganz ohne Schale. B. Ohne Arme. — Paracephala, Schnecken. > Erſte Zunft: Pteropoda, Floſſenfüßler. — Mit floſſenförmigen Ausdehnungen zum Schwimmen. Zweite Zunft: Gastropoda, Bauchfüßler. — Ohne dergleichen Ausdehnungen; kriechend mittelſt einer Bauchſcheibe (Fuß). II. Körper ohne abgeſonderten Kopf. — Acephala, Fehlköpfer. Er Fr Erſte Zunft: Nuda, Seeſcheiden. — Nacktz ohne armförmige Fortſätze, und ohne kalkartige Schale. Zweite Zunft: Testacea, Muſchelthiere. — Mit kalkartiger Schale; ohne armförmige Fortſätze. Dritte Zunft: Brachiopoda, Armfüßler. — Mit zwei armförmigen Fortſätzen. (Zu S. 62.) Dritte Ordnung. Zweite Ordnung. Erſte Ordnung. u mani nan vn > N e ae, * Weichthiere. 63 compositae; Botryllus, Pyrosoma Feuerwalze u. ſ. w.), oder ſo, daß ſie zwar geſondert, aber an einem gemeinſchaftlichen Stamme ſtehen (z. B. Anchinia, Perophora). Zweite Familie: Segregata, Einzelſcheiden, wenn fie ein- zeln geſondert ſind. Sie haben dann entweder einen durchſichti— gen, weichen, mehr oder weniger geſtreckten, an beiden Enden weit geöffneten Mantel (Salpa), oder eine lederartige oder knorplige Hülle, deren beide Oeffnungen eng und entweder beide oben oder eine derſelben ſeitwärts gelegen find — Ascidia L. (Phallusia, Chelysoma u. ſ. w.). Die Ascidien ſitzen größtentheils feſt; die Salpen ſchwimmen umher. Zweite Zunft: Eigentliche Muſchelthiere. Erſte Familie: Tubulosa, Röhrenmuſcheln, haben ſtatt der Muſcheln, von denen kaum noch Spuren übrig ſind, eine röhrenförmige Schale, welche an einem Ende mit einem durch— löcherten Deckel geſchloſſen ift (Aspergillum, Gießkanne; Ser— pula penis L.). Zweite Familie: Myacea, Sperrmuſcheln. Die beiden Schalen klaffen theils an beiden Enden, theils in der Mitte; die vordere Oeffnung zum Austritt des Fußes, die hintere zum Aus— tritt einer doppelten Röhre. Mantel entweder am Ende oder in der Mitte offen. — Teredo L., Holzbohrer; Pholas L., Bohr— muſchel; Solen L., Scheidenmuſchel; Mya L., Klaffmuſchel; (Solemya, Psammobia, Platyodon u. ſ. w.). Dritte Familie: Cardiaca, Herzformmuſcheln. Zwei ge— ſchloſſene, meiſt unter dem Schloſſe herzförmig ausgedehnte Scha- len, mit einem gezähnten Schloß. Der Mantel hinten offen, mit zwei Mündungen, die nicht ſelten röhrenförmig verlängert ſind. — Cardium L., Herzmuſchel (Isocardium u. ſ. w.); Venus L., Venusmuſchel; Tellina L., Tellmuſchel; Donax L., Dreieck⸗ muſchel; Mactra L., Backtrogmuſchel; Cryptödon; Chama L., Gienmuſchel. Vierte Familie: Tridacnea, Dreiſpaltmuſcheln. Zwei ſtarke regelmäßige dreiſeitige gefaltete, vorn mehr oder weniger abgeſtumpfte, unter dem Schloſſe klaffende Schalen. Der Mantel mit drei Oeffnungen, deren eine vorn, die beiden andern in der e 4 5 64 | Sechſte Klaſſe. Mitte liegen. — Tridacna, Rieſenmuſchel (Chama gigas L.); Hippopus, Pferdefußmuſchel (Chama hippopus L.). Fünfte Familie: Mytilacea, Miesmuſcheln. Zwei gleiche ungleichſeitige Schalen, deren Schloß entweder ungezähnt oder mit einem oder zwei ſtarken Zähnen verſehen iſt. Der Mantel vorn offen, außerdem mit einer beſondern Aftermündung. — Mytilus L. (Mytilus, See-Miesmuſchel; Anodonta, Teich⸗ muſchel u. ſ. w.); Unio, Flußmuſchel (Mya pietorum und margaritifera L.). Sechſte Familie: Arcaria, Arche nuf cheln. Zwei Schalen, am Schloß mit vielen kleinen gleichgebildeten und in Eine Reihe geſtellten Kerben oder Zähnen. — Arca L., Arche. Siebente Familie: Ostreacea, Auſtermuſcheln. Zwei, meiſt ungleiche Schalen, mit zahnloſem Schloß. Der Mantel vorn ganz offen, ohne Röhren oder beſondere Mündungen. — Ostrea L. (Ostrea, Auſter; Pecten, Kammmuſchel; NMalleus, Hammer⸗ muſchel; Vulsella, Vulſelle; Perna, Schinkenmuſchel)ß. Spon- dylus L., Lazarusklappe; Pinna L., Steckmuſchel. Axicula, Perlmuttermuſchel (Mytilus margaritiferus L.); Ano- mia L., Baſtardmuſchel. | Dritte Zunft: Armfüßler. e Erſte Familie: Pedicellata, Stielmuſcheln. Mittelſt eines von dem Thiere ausgehenden Stieles oder Muskels feſtſitzend. — Lingula, Zungenmuſchel (Patella unguis L.); Terebratula, Terebratel (Ano mia retusa u. ſ. w. L.); Orbicula, Rundmuſchel. | Zweite Familie: Sessilia, Sitzmuſcheln. Mittelſt der un- tern angewachſenen Schale feſtſitzend. — Crania, Schädelmuſchel (Anomia craniolaris L.); Thecidea. Zweite Ordnung: Schnecken. Erſte Zunft: Floſſenfüßler. Erfte Familie: Hyaleacea, Hyale en, Mit unbeutlichem Kopf. — Hyalea; Cuvieria; Cymbulia; Cleodora. Zweite Familie: Clioidea, Clios. Mit deutlicherm Kopf; ohne Spuren eines Fußes. — Clio L. (Clio; me i Pneumodermon, Hautkiemer; Oikopleura). Weichthiere. 3 65 Dritte Familie: Heteropoda, Halbfüßler. Mit deutlichem Kopf, undeutlichem Fuß. — Carinaria, Kielſchnecke; Gastropteron; Atlanta; Spiratella; Phyllirhoe. Zweite Zunft: Bauchfüßler. Erſte Familie: Gymnobranchia, Nacktkiemer. Nackt, mit ſymmetriſch vertheilten freien Rückenkiemen, die zuweilen in eine Höhle zurückgezogen werden können. Der Fuß iſt noch unvoll— ſtändig gebildet. Manche kriechen gar nicht, ſondern ſchwimmen. — Doris L. (Doris; Tergipes, Rückenfüßler; Tritonia, Eolidia; Cavolinia; Glaucus, Strahlenkiemer); Scyllaea L., Seemoos— ſchnecke; Thetis (Thethys L., Seelunge.). Zweite Familie: Pomatobranchia, Bedecktkiemer. Kiemen unſymmetriſch, auf der rechten Seite des Rückens, mehr oder we— niger von einer Mantelfalte, oder einem Fußlappen bedeckt, ſel—⸗ ten vorn auf dem Rücken, oder hinten links auf dem Rücken. Die meiſten haben nur einen kleinen Fuß, viele außerdem Floſſen und ſcheinen mehr zu ſchwimmen als zu kriechen. Einige haben eine Schale. — Aplysia L., Seehaſe; (Aplysia, Elysia); Akera, Bulla, Bullaea (Bulla L. zum Theil); Cribella, Actaeon (Vo- luta tornatilis L.). Posterobranchaea. Dritte Familie: Hypobranchia, Mantelkiemer. Nackt, Kiemen blättrig, jederſeits unter dem vortretenden Mantelrande anſitzend.— Phyllidia, Blattſchnecke; Diphyllidia, Zweiblattſchnecke. Nach neuern Beobachtungen liegen bei letztern die eigentlichen Kiemen, als zahlreiche Blättchen, ſeitwärts am Vorderkörper in einer Höhle; alle übrige Blättchen ſind nur Mantelfalten. Vierte Familie: Pulmonata, Lungenſchnecken. Nackt, oder mit einem ſpiralförmig gewundenen Gehäuſe, deſſen Oeffnung am Rande ununterbrochen iſt; ohne Deckel. Das Athemorgan iſt eine hinter dem Kopfe befindliche, innen mit Gefäßen netz⸗ förmig bekleidete, an der rechten Seite ausmündende Höhle. — Limax L., Erdſchnecke; Vaginulus; Helix L. (Helix, Schnir⸗ kelſchnecke; Bulimus, Vielfraßſchnecke; Limnaeus, Schlammſchnecke; Planorbis, Tellerſchnecke); Clausilia, Schließſchnecke (Turbo perversus, tridens L.); Auricula, Kleinohrſchnecke (Voluta L. zum Theil); Testacella, Schwanzdeckelſchnecke; Onchidium, Schwulſtſchnecke. ae d g DE . 5 66 Sechſte Klaſſe. Fünfte Familie: Schismobranchia, Sigaretſchnecken. Nackt, oder mit einem plattgedrückten, wenig gewundenen, ſehr weit geöffneten Gehäuſe, ohne Säule. Kiemen kammförmig, in eine vorn offene Nackenhöhle eingeſchloſſen. — Sigaretus, Sigaret (Helix halyotoidea L.). Sechſte Familie: Cyelobranchia, Ringkiemer. Der Rücken mit einer Reihe Queerſchienen bedeckt. Kiemen blättrig, jederſeits unter dem Mantel befindlich. — Chiton L., Käferſchnecke. Siebente Familie: Aspidobranchia, Schildkiemer. Das Gehäuſe ſchüſſelförmig oder zeltförmig, theils platt und etwas ge— wunden, immer mit ſehr großer Oeffnung. Kiemen an Einer oder an beiden Seiten, unter dem Mantelrande. — Patella L. (Patella, Napfſchnecke; Fissurella, Spaltſchnecke; Parmophorus; Calyptraea, Mützenſchnecke; Siphonaria; Ancylus); Halyotis L., Seeohr; Stomatella. Achte Familie: Nematobranchia, Fadenkiemer. Das Ge⸗ häuſe koniſch⸗röhrenförmig, etwas gebogen, an beiden Enden offen. Die Kiemen beſtehen aus einer großen Menge im Nacken ſitzen⸗ der Fäden. (Nach andern Anſichten ſind dieſe Organe Fühler, die eigentlichen Kiemen aber ſind kammförmig und wurden für die Leber gehalten.) — Dentalium L., Meerzahn. Neunte Familie: Syringobranchia, Wurmkiemer. Das Gehäuſe wurmförmig, mehr oder weniger ſpiralförmig, feſtſitzend. Das Thier mit zwei kurzen Fühlern, an deren Wurzel die Augen ſitzen. — Serpula L. zum Theil (Vermetus, ee Siliquaria, Schotenröhrftemer) ; Magilus. Zehnte Familie: Asiphonobranchia, Kammkiemer. Das Gehäuſe ſpiralförmig, mit ununterbrochnem Oeffnungsrande; ein Schließdeckel; Kiemen baumförmig, in einer unverlängerten Nacken⸗ höhle ſitzend. — Nerita L., Schwimmſchnecke; Trochus L., Kräuſelſchnecke; Turbo L. (Turbo, Mondſchnecke; Scalaria, Wendeltreppe); Rissoa; Ampullaria (Helix ampullacea L.); lanthina, Amethyſtſchnecke (Helix ianthina L.); Leptoconchus; Paludina, Sumpfſchnecke (Helix vivipara L.); Litiopa. Elfte Familie: Siphonobranchia, Röhrenkiemer. Das Gehäuſe ſpiralförmig, mit einem Oeffnungsrande, welcher vorn entweder ausgebuchtet oder in einen Kanal verlängert iſt. — ’ Weichthiere. 67 Murex L. (Murex, Stachelſchnecke; Cerithium, Hornſchnecke; Fusus, Spindelſchnecke; Tritonium, Tritonshorn); Buceinum L. (Buceinum, Kinkhorn; Cassis, Helmſchnecke; Purpura, Purpur⸗ ſchnecke); Strombus L. (Strombus, Flügelſchnecke; Pterocera, Fingerflügelſchnecke); Voluta L. (Voluta, Walzenſchnecke; Mitra, 1 Ancillaria); Conus L., Tutenſchnecke; Cypraea L., eee g Dritte Ordnung: Kopffüßler. Erſte Zunft: Löcherfüßler. Sehr kleine, zum Theil mikroskopiſche Thierchen, von denen es nach neuern Unterſuchungen noch ungewiß iſt, ob ſie nicht mit mehrem Rechte den Aufgußthierchen oder den Polypen beizugeſellen fein dürften. — Nautilus L. großentheils (z. B. Miliola). | Zweite Zunft: Röhrenfüßler. Nautilus L. (Nautilus, Schiffsboot; Spirula, Poſthörnchen). Dritte Zunft: Sepien. Erste Familie: Argonautica, Papierboote. Das Thier bewohnt eine einkammrige Schale und hat acht Arme, deren zwei mittlere am Ende eine häutige Ausdehnung haben. — Argo- nauta L., Argo. Z3dbweite Familie: Octopoda, Achtfüßler. Nackt, mit acht gleichen Armen. — Octopus, Seepolyp (Sepia octopodia L.). Cirroteuthis. Dritte Familie: Loliginea, Tintenfiſche. Nackt, mit zehn Armen, deren zwei obere länger und am Ende breiter ſind. — Sepia L. (Loligo, Kalmar oder eigentlicher Tintenfiſch; Loligopsis; Bene Hakenkalmar; ee ar Kuttelfiſch). „ Bweiter Abschnitt Aeußere körperliche Beſchaffenheit. | 55 111. Die meiſten Weichthiere leben einzeln getrennt; die 1 Hhaferſch ewe aber ſind ihrer mehre an einem gemeinſchaft⸗ lichen Stamme polypenartig verbunden. Auch unter den Salpen 5 * N. 68 Sechſte Klaſſe. kommen Arten vor, welche mit einander vereinigt ſind, jedoch ſo, daß dieſes nicht durch einen gemeinſchaftlichen Stamm geſchieht, ſondern die Thiere hängen unmittelbar an einander und bilden ſogenannte Ketten, wovon ſpäter, in dem Abſchnitte über die Fortpflanzung, die Rede fein wird. | § 112. Der Körper der Weichthiere, eine mit einer fehr feinen Oberhaut bekleidete Muskelmaſſe, iſt ſehr verſchieden ge⸗ ſtaltet; doch ſind die Formen zuweilen, bei einer und derſelben Art, nach Alter, Geſchlecht, Wohnung verſchieden. Bei den feſt⸗ gewachſenen Muſcheln bildet die Form ſich oft nach den Umriſſen der Gegenſtände, denen fie ankleben. Auch kann man nicht im⸗ mer von der Aehnlichkeit der Schalen zweier Arten auf Aehnlich— keit der Thiere ſchließen. An den meiſten dieſer Thiere kann man äußerlich zwei Theile unterfcheiden, einen weichern vielfach beweglichen, oder das eigent- liche lebende Thier, und eine harte ſtarre Schale, welche jenes umgiebt, oder in welche jenes ſich mehr oder weniger zu— rückziehen kann. Wir betrachten hier zuerſt das weiche Thier. Der Körper iſt im Allgemeinen weich fleiſchig; in der Ord- nung der Kopffüßler jedoch von ſehr verſchiedener Beſchaffenheit, denn der der Löcherfüßler iſt ſo äußerſt zart, daß er nach dem Tode ſogleich in eine Flüſſigkeit ſich auflöſt, daher auch von ſei⸗ ner Organiſation Nichts bekannt iſt; die Sepien hingegen haben meiſt einen ſtarken muskulöſen, zuweilen faſt lederartigen Körper, wovon jedoch manche Tintenfiſche wieder eine Ausnahme machen, deren Körper ſehr zart und ſelbſt durchſichtig iſt. Die Oberfläche iſt mit einem Schleime überzogen, welcher hauptſächlich dazu dient, den Körper geſchmeidig und ſchlüpfrig zu erhalten und ihn gegen ſchädliche äußere Einwirkungen, z. B. der Sonnenſtrahlen oder ätzender Subſtanzen zu ſichern. Bei den Schnecken ſcheint er aus allen Theilen der Oberfläche hervorzukommen, bei man— chen aber beſonders aus einem auf dem Rücken befindlichen Schleimloche. An den Sepien bildet er eine Schleimhaut. § 113. Der Mantel iſt eine auf dem Rücken befind⸗ liche oder vom Rücken ausgehende Verlängerung oder Ausdeh- nung der Rückenhaut von verſchiedener Größe und Geſtalt: An den Muſchelthieren umhüllt er theils den Körper ganz, theils hat Weichthiere. | 69 er Oeffnungen, theils iſt er der Länge nach offen und bildet zwei Lappen oder Flügel, in welche jener wie in einen Mantel einge— ſchlagen werden kann. Der Mantel der Salpen bildet eine an beiden Enden offene Röhre. Der äußere Sack der Ascidien wird von Einigen für den Mantel gehalten, von Andern aber als den Schalen entſprechend betrachtet. Die letzte Anſicht iſt wol die richtige: In dem äußern Sack iſt das eigentliche ebenfalls ſack— förmige Thier gleichſam aufgehängt, indem es mit jenem nur an den beiden Oeffnungen verwachſen iſt; der Raum zwiſchen dem Thiere und dem äußern Sack iſt mit einer wäßrigen Flüſſigkeit ausgefüllt. In einigen Ascidien (Chelysoma) iſt das Thier wie mit hornigen Platten bedeckt. Der Mantel der Schnecken iſt ver: ſchieden gebildet; derjenige Theil deſſelben, welcher die Eingeweide umgiebt, bleibt bei den Häuſerſchnecken immer im Gehäuſe. Die Kopffüßler und Floſſenfüßler haben einen ſackförmigen Mantel, aus dem nur der Kopf hervortritt. Bei mehren Schnecken hat er allerlei geweihförmige, lappenförmige, fadenförmige Anhängſel; oder er iſt an den Rändern mit Schuppen, Dornen oder Haaren bekleidet, z. B. bei den Käferſchnecken; theils verlängert er ſich kappenförmig über den Kopf hinaus. 98 114. Der Körper beſteht aus Muskeln, die freilich nicht immer deutlich zu unterſcheiden find. An den Muſchelthie⸗ ren ſind diejenigen Muskeln, welche mit den Schalen verwachſen ſind und zum Schließen derſelben dienen (Schließmuskeln) am ſtärkſten. Auch an den Sepien laſſen ſich mehre Muskelſchichten unterſcheiden. ! 8 125. Ein deutlicher Kopf findet fih nur bei den Schnecken und Kopffüßlern. Er iſt durch einen mehr oder we— niger tiefen Einſchnitt vom übrigen Körper abgeſondert; weniger deutlich bei mehren Floſſenfüßlern und bei den Löcherfüßlern. Am Kopfe befinden ſich der Mund und, wo dergleichen vorhanden n auch die Arme, Fühler und Sinnesorgane. 8 116. Bei den Fehlköpfern iſt der Mund im Grunde be Kiemen oder zwiſchen denſelben gelegen, ſo nämlich, daß er derjenigen Oeffnung gegenüber iſt, die das Waſſer den Kiemen zuführt. Das eingezogene Waſſer beſpühlt alſo erſt die Kiemen und gelangt dann zum Munde, der die in demſelben enthaltenen 70 Sechſte Klaſſe. Nahrungsſtoffe aufnimmt. An den Ascidien wird auch wol die obere der beiden äußern Oeffnungen, welche das Waſſer in den Kiemenſack leitet, Mund genannt. Die Armfüßler haben den Mund zwiſchen den Wurzeln der Arme. In den Salpen öffnet ſich der Mund in der cylindriſchen Mantelröhre, meiſt derjenigen Oeffnung zunächſt, durch welche das Waſſer eingezogen wird. Bei den Schnecken iſt er vorn am Kopfe befindlich, meiſt nach unten gerichtet, und zeigt ſich an den Bauchfüßlern ſelten als ein Queerſpalt, meiſt als ein Längsſpalt. Bei einigen befindet ſich der Mund in einer Vertiefung, die zuweilen einen Saugnapf bil⸗ det (z. B. Gastropteron). Die Kopffüßler haben ihn im Mittel⸗ telpunkte des von den Armen gebildeten Kreiſes. Der Mund der Bauchfüßler iſt mit wulſtigen Rändern oder Lippen umgeben, die ſich zuweilen ſeitwärts als ſogenannte Lippenfühler oder als Blätter ausdehnen. Wenn dieſe Blätter in Häute von be⸗ deutendem Umfange übergehen, ſo heißen ſie Schleier, die be— ſonders groß und ſchön an den Tritonien und Seelungen find, An mehren Sepien zeigen ſich die Lippen als eine bis drei mehr oder weniger fleiſchige, theils am Rande gefranzte oder zahnför⸗ mig eingeſchnittene Häute, die ſich zuſammenziehen und den Mund ſchließen können. Was man bei den eigentlichen Muſchelthieren Lippen nennt, gehört zu den Kiemen. Bei ſehr vielen Schnecken, namentlich bei den Kammkiemern und einigen Floſſenfüßlern, ver⸗ längern ſich die Lippen zu einem Rüſſel, welcher ein- und aus⸗ geſtülpt werden kann. Er iſt von verſchiedener Länge; bei eini⸗ gen (3. B. Ampullaria) nur wie eine Erhöhung oder Schnauze geſtaltet; bei andern aber (3. B. Biſchofsmütze) doppelt fo lang als das ganze Thier. Theils iſt er am Ende mit Wimpern be⸗ ſetzt. Im Innern des Mundes befinden ſich bei ſehr vielen Schnecken hornartige oder kalkartige bewegliche Organe, welche Kiefer oder Kinnladen oder Zähne genannt werden. Ihrer ſind eins, zwei oder drei, von verſchiedener Form und Größe, theils mit gezähntem Rande. Beſonders groß und mit langen Zähnen verſehen ſind die Kinnladen einiger Floſſenfüßler. Den mit einem Rüſſel verſehenen Bauchfüßlern fehlen ſie. Die Sepien haben ihrer zwei hornartige, gekrümmte, ſpitze, ſenkrecht gegen einander ſich bewegende, welche faſt wie ein Papageiſchnabel ge⸗ Weichthiere. 71 ſtaltet ſind; die des Schiffsboots haben eine ſteinharte Spitze. Sehr häufig iſt in der Mundhöhle der Schnecken eine häutige Anſchwellung oder zungenartige Verlängerung, die man Zunge genannt hat. Sie iſt vorn im Munde angewachſen, nach Innen zurückgeſtreckt, meiſt mit kleinen hornartigen, rückwärts gekrümm— ten Stacheln, oder mit Schuppen, oder vorſpringenden Reifen beſetzt. Ihre Geſtalt und Länge iſt verſchieden; bei einigen iſt ſie länger als das ganze Thier, bei einer Kräuſelſchnecke (Fr. pagodus) ſogar ſiebenmal länger. Im Ruhezuſtande liegt ſie ſpiralförmig eingerollt; ſie kann aber nach Außen vorgeſtreckt wer— den. Auch die Sepien und Schiffsboote haben ſolch eine Zunge, die bei letztern und bei den Tintenfiſchen ebenfalls mit Stacheln beſetzt, bei den Achtfüßlern aber knorplig klein und wenig beweg— lich iſt. Einige Bedecktkiemer und Schildkiemer haben auch Gaumenſtacheln. § 117. Längere geſtteckte und ſehr bewegliche Fortſätze oder Arme am Vorderende des Körpers oder am Kopfe haben die Armfüßler und die Kopffüßler. An jenen ſind ſie gewimpert, mehr fühlerförmig, und können eingezogen und vorgeſtreckt wer— den, welches letztere, nach Owen, dadurch bewirkt werden ſoll, daß in ihrer hohlen Achſe ſich eine Flüſſigkeit befindet, die, wenn die Ringmuskeln ſich zuſammenziehen, nach vorn getrieben wird und den Arm ausſtreckt; doch möchte man glauben, daß hiezu das Zuſammenziehen der Ringmuskeln ſchon hinlänglich wäre. Die Arme der Kopffüßler ſind verſchieden gebildet. An den Lö— cherfüßlern und einigen Röhrenfüßlern ſind ſie fühlerförmig, ohne Anſaugenäpfe. Auch die Schiffsboote haben eine große Menge ſolcher kurzer Arme, die zum Theil in Vertiefungen zurückgezogen werden können; und aus dem Ende der größern, welche um den Mund ſtehen, tritt ein kleiner, geringelter Fühler hervor. Die Sepien haben acht oder zehn Arme. Ob es ſechsarmige Thiere dieſer Zunft giebt, iſt noch ungewiß. Dieſe Arme find mit Anz ſaugenäpfen beſetzt, übrigens von verſchiedener Länge und Stärke: Die Tintenfiſche haben deren zehn, von denen die beiden untern meiſt länger als die übrigen und ſehr ausdehnbar ſind, an Eini⸗ gen (Loligopsis) in ihrer gröſten Ausdehnung fadendünn und zuweilen ſiebenmal länger als der Körper; an Andern (Cranchia) * 72 Sechſte Rlaffe. ſind die obern Arme zum Theil durch eine Haut verbunden; und die Argo hat gegen das Ende der beiden obern Arme eine fal⸗ tige Haut. Die acht Arme von Cirroteuthis find mit kurzen fleiſchigen Fäden beſetzt und faſt bis zur äußerſten Spitze ſämmt⸗ lich durch eine Schwimmhaut mit einander verbunden. Die An⸗ ſaugenäpfe ſind tellerförmig oder knopfförmig; und an dem Ha⸗ kenkalmar gehen die vordern Saugnäpfe der längern Arme in einen hakenförmig gekrümmten Stiel aus. Einige Tintenfiſche haben an den beiden längern Armen gar keine Näpfe; andere (z. B. Loligo corollifera und Pealei) find innerhalb des Kreiſes der eigentlichen Arme noch mit einem Kreiſe von acht kleinern und nicht mit Näpfchen beſetzten Armen verſehen, die man aber auch als geſpaltene Lippen betrachten könnte. Einige Naturfor⸗ ſcher nennen die beiden längern Arme der Tintenfiſche Füh⸗ ler, doch ſcheinen dieſe Organe wenigſtens nicht die Function der Fühler zu haben, da die Thiere faſt beſtändig mit ihnen feſtſitzen. Auch einige Floſſenfüßler (z. B. Pneumodermon und Spongiobranchia) haben armförmige Fühler mit * ſaugenäpfen. § 118. Eigentliche Fühler haben nur die Schnecken, und zwar ihrer zwei oder vier, welche oberhalb des Mundes ſtehen. Manche Arten ſollen fünf bis ſechs und mehr Fühler haben (3. B. einige Kräuſelſchnecken, Eolidien, Cavolinien); jedoch werden auch wol manche andere fadenförmige Anhängſel des Fußes und dgl. Fühler genannt. Einigen Gattungen fehlen ſie ganz (3. B. den Käferſchnecken, Akeren, Siphonarien). Ihre Größe und Form iſt verſchieden; meiſt ſind ſie pfriemförmig oder ſtielförmig. Sie kön⸗ nen mehr oder weniger eingezogen oder in ſich ſelbſt eingeſtülpt werden; letzteres z. B. bei den Erdſchnecken und Schnirkelſchnecken. In einigen Gattungen der Bauchfüßler, und vielleicht bei allen Waſſerſchnecken, find fie mit feinen Wimpern bekleidet, durch de- ren Bewegung eine Strömung des Waſſers bewirkt wird. — Die Mantelränder und beſonders die Mündungen der Athem⸗ röhren der Muſchelthiere ſind oft mit fühlerförmigen Anhängſeln von verſchiedener Geſtalt und Zahl beſetzt, die auch wol Fühler genannt werden; ſie erregen in durch ihre Bewegung ei⸗ nen Waflı rden : Weichthiere. 73 868 119. Was die äußern Sinnesorgane betrifft, fo können wir die Fühler als die des feinern Gefühls oder des Taſtens betrachten. — Augen ſollen ſelbſt den Muſchelthieren nicht fehlen, ſondern bei einigen Gattungen (Auſtern, Kammmus ſcheln, Lazarusklappen) am Rande des Mantels als kleine grüne Punkte, in denen man aber Pupille, Linſe, Pigment u. ſ. w. er⸗ kennt, ſich zeigen; v. Siebold glaubt, ein paar runde, glashelle Körper im Fuße einiger Muſchelthiere (z. B. der Herzmuſcheln, Flußmuſcheln u. ſ. w.) für Augen halten zu dürfen. An den Schnecken erſcheinen ſie als zwei dunkle, größere oder kleinere Punkte, in der Nähe der Fühler, theils an dieſen ſelbſt. Wenn fie am Ende der einftülpbaren Fühler ſitzen (z. B. an den Erd— ſchnecken und Schnirkelſchnecken), ſo werden ſie, ſobald dieſe ſich ein— ſtülpen, in das Innere der Fühler zurückgezogen. Einigen Schnecken fehlen ſie jedoch; bei den übrigen iſt ihre Größe und ihre Aus— bildung, und danach auch wol ihre Sehkraft, ſehr verſchieden. Wo ſie nur als einfache dunkle Punkte erſcheinen, da mögen ſie wol nur eine Unterſcheidung von Hell und Dunkel geſtatten, wäh— rend ſie da, wo ſie deutliche Pupille, Iris, Glas- und Waſſer— Feuchtigkeit, ſchwarzes Pigment, haben, ſchon zur Erkennung von Gegenſtänden dienen. Am vollkommenſten in dieſer Klaſſe ſind die Augen der Kopffüßler. Dieſe haben dann zwei, jederſeits am Kopfe eins, welche bei den Sepien in einer Art Augenhöhle eines dem Schädel der höheren Thiere analogen Organs liegen, zum Theil mehr oder weniger beweglich ſind, und die meiſten Theile des Auges jener Thiere enthalten. Sie ſind jedoch noch mit der allgemeinen Körperhaut bedeckt, welche an dieſer Stelle nur dün— ner und durchſichtiger iſt und mitunter Falten bildet, welche Au— genlieder vorſtellen können. Dieſelben Sepien haben auch, als erſtes Rudiment der Ohren, jederſeits unten am Schädel eine Höhle mit einer Blaſe, in welcher Waſſer und ein kleiner härte: rer Körper befindlich iſt, aber ohne äußere Oeffnung. Nach eini⸗ gen Beobachtungen ſollen dieſe Thiere wirklich hören. Auch den Schnecken ſchreiben einige Naturforſcher dieſen Sinn zu und mei⸗ nen zum Theil, daß derſelbe ſeinen Sitz in den Enden der Füh— ler habe. Einige Halbfüßler (Kielſchnecke, Atlanta, Phyllirhoe u. ſ. w.) haben hinter jedem Auge einen durchſichtigen Punkt, der 74 Sechſte Klaſſe. zum Theil für ein Gehörorgan gehalten wird. Dieſe Punkte ſind zwei innere Bläschen, welche eine feſte kryſtalliniſche Subſtanz einſchließen. Auch an mehren Bauchfüßlern und Muſchelthieren ſind ähnliche Organe mehr oder weniger deutlich entdeckt worden. — Daß Schnecken und Kopffüßler ſchmecken können, leidet wol keinen Zweifel, und wahrſcheinlich iſt die Zunge ſelbſt, oder wei— chere Anhänge derſelben, wie man dergleichen bei einigen Schnecken gefunden hat, oder warzenförmige Erhöhungen auf der Zunge und im Munde, der Sitz des Geſchmacks. — Nach einigen Beobach⸗ tungen zu ſchließen, können ſie auch riechen. Das Organ dafür iſt aber noch nicht ermittelt. Einige ſuchen es, bei den Schnecken, in den augenloſen Fühlern oder in der Athemhöhle, andere in der ganzen Schleimhaut des Körpers. An dem Schiffsboot wäre, nach Owen, vielleicht eine Reihe Blättchen, welche zwiſchen den innern Lippenfortſätzen liegen, das Geruchsorgan; Valencien— nes aber hält das Organ, welches Owen an dieſem Thiere für Ohren erklärt, vielmehr für ein Geruchsorgan, weil es mit den Nenn der Fiſche mehr übereinſtimme. 8 120. Der Fuß der Muſchelthiere iſt ein Fortſatz des Bauches, und bei den verſchiedenen Gattungen auch fehr verfchie- den gebildet. An feiner Wurzel tritt bei vielen der Byſſus her— vor, ein Bündel Faſern, mittelſt deren dieſe Thiere an andern Gegenſtänden feſthängen. Bei einigen Arten (z. B. den Sees Miesmuſcheln und den Steckmuſcheln) endigen ſich die einzelnen Faſern mit einer länglichen oder napfförmigen Ausdehnung. Man glaubte zum Theil, daß die einzelnen Faſern Fortſätze von Mus⸗ kelfiebern wären, welche allmälig ſteifer würden; allein die früher bereits ziemlich allgemein geltende Anſicht, daß der Byſſus aus einer zähen Flüſſigkeit entſtehe, die in einer beſondern Drüſe an der Fußwurzel ſecernirt und von dem Fuße, oder vielmehr von einem beſondern Anhange deſſelben, zu Fäden ausgezogen und angeheftet werde, iſt auch durch neuere, ſehr genaue Beobachtun— gen beftätigt worden. Manche Flußmuſcheln ſpinnen einen Byſ— ſus, der nur aus einem einzigen derben Strange beſteht, und zwar, wie es ſcheint, nur dann, wenn äußere Urſachen, z. B. ſchnellfließendes Waſſer, ſie zwingen, ſich einen Anhalt zu machen. — Der Fuß der Bauchfüßler iſt ein Bauchmuskel, der ſich zu Weichthiere. 75 einer Platte ausdehnen kann, von ſehr verſchiedener Geſtalt und Größe. Bei den nackten Schnecken und bei denen, die kein ſpi— ralförmig gewundenes Gehäuſe haben, ſitzt er meiſt an der gan— zen Länge des Körpers; bei denen aber mit einem Spiralgehäuſe hängt er nur am Vorderende mit dem Halſe des Thieres zuſam— men, und der übrige Körper mit den Eingeweiden erhebt ſich ſpi— ralförmig über ihm. Einige Schnecken (z. B. Strahlenkiemer, Amethyſtſchnecken) haben Luftblaſen am Fuße. § 121. Floſſen, oder häutige floſſenförmige Anbängſet kommen an verſchiedenen Stellen des Körpers der Floſſenfüßler und der Tintenfiſche vor. An jenen ſind ſie nach den Gattungen ſehr verſchieden, ſowol in Geſtalt und Zahl, als in Hinſicht des Ortes. Die meiſten haben zwei Floſſen am Vorderende; Andere haben eine oder drei, wo dann die unpaarige in der Mittellinie des Körpers, am Bauche oder am Rücken ſich findet; am Ga— stropteron zieht ſich Eine Floſſe um den ganzen Körper. An einigen, beſonders an denen mit unpaarigen Bauchfloſſen, ſind dieſe nur ein modificirter Fuß, der ſelbſt zuweilen zum Anklam— mern dient (z. B. Kielſchnecke, Atlanta); ſo wie andererſeits manche Bauchfüßler nur einen kleinen oder unvollkommen ausge— bildeten Fuß und außerdem zum Theil noch floſſenförmige An— hängſel haben (z. B. Strahlenkiemer und Bullen). Die Floſſen der Tintenfiſche ſind lappige Mantelanhängſel, welche meiſt hinten beiderſeits anſitzen. § 122. Die Athemorgane find entweder Kiemen, zum Waſſerathmen, oder Lungenhöhlen, zum Luftathmen. Letztere lie— gen unter der Haut und öffnen ſich nach Außen. Jene liegen entweder frei, oder in Vertiefungen und Höhlen, die ſich nach Außen öffnen. Die bei weitem meiſten Weichthiere athmen dun enen N Die Kiemen der Fehlköpfer liegen e des Mantels J Sie bilden bei den Ascidien und Haufenſcheiden einen an der in— nern Fläche mit Leiſten oder netzförmigen Streifen oder andern Erhabenheiten verſehenen, zum Theil mit ſich bewegenden Wim— pern bekleideten, Sack; bei den Salpen ein bandförmiges oder cylindriſches Organ, welches in dem vom Mantel gebildeten Ka— nale liegt; bei den meiſten Muſchelthieren blattförmige, doppel⸗ — 76 Sechſte Klaſſe. häutige, mit parallelen Queergefäßen oder gitterförmig ſich kreu⸗ zenden Gefäßen durchzogene, verſchiedentlich modificirte Lappen. In manchen aber beſtehen ſie aus einer Menge freier Fäden (z. B. in manchen Archen, Kammmuſcheln, Lazarusklappen), oder fie find federförmig (Solemya) u. ſ. w. Die blattförmigen find meiſt in zwei Lagen getrennt, von denen die hintere aus größe⸗ ren, die vordere aus kleineren Lappen beſteht; und da der Mund meiſtens zwiſchen den kleineren liegt, ſo hat man dieſe auch wol Lippen genannt. Bei den Armfüßlern ſind die innern Flächen der beiden Mantelflügel zugleich Kiemen, indem auf ihnen vier Längsgefäße (zwei Arterien und zwei Venen) hinziehen, welche ſeitwärts parallele Gefäße ausſenden, die ſich in die Franſen des Mantelrandes verlängern; auch ihre Arme, die den Lippen der Muſchelthiere entſprechen, dienen zugleich mit als Kiemen. — Die Kiemen der Schnecken bieten ſowol in der Lage, als in ihrer Zahl und Form, ſehr große Verſchiedenheiten dar, deren vorzüglichſte aus den angegebenen Kennzeichen der Familien erſehen werden können. Einige Gattungen, die man jedoch nach ihrem übrigen Bau nicht von den Bedecktkiemern trennen kann, haben gar keine Kiemen (z. B. Actaeon, Cribrella), ſondern ſcheinen durch die ganze Oberfläche oder durch Randporen des Mantels, welche bei Cribrella zu Kiemenhöhlen führen ſollen, zu athmen. Von den Floſſenfüßlern nahm man früher zum Theil an, daß die Floſſen zugleich als Kiemen die Function des Athmens verrichteten, weil ſich bei einigen auf jenen Organen ein Gefäßnetz verbreitet. Allein von Andern wird dieſe Function der Floſſen geläugnet. Die mei⸗ ſten Gattungen haben beſondere Kiemen, meiſt von kammförmiger Geſtalt, theils äußerlich, z. B. Cuvieria, Pneumodermon, theils vorn in einer Höhle, die ſich nach Außen öffnet, z. B. Atlanta, Hyalaea. Bei Carinaria find fie äußere kegelförmige Anhängſel, bei Spongiobranchia ein ſchwammiger Ring am Hinterkörper. Manche haben gar keine eigentliche Kiemen, ſondern athmen durch die gefäßreiche Haut des Körpers, z. B. Oikopleura, Phyllirhoe; letztere hat eine große Anzahl kleiner Höcker auf dem Körper, die vielleicht als Kiemen dienen. — Die Kiemen der Sepien ſind, jederſeits Eine, unter dem ſackförmigen Mantel, als gekräuſelte Blättchen der Länge nach an einer lederartigen Leiſte oder Kie⸗ Weichthiere. 77 menbogen befeſtigt, deſſen Vorderende unmittelbar an die äußere Kiemenöffnung gränzt. Die Schiffsboote haben keinen ſolchen Bogen, ſondern die Kiemen, und zwar jederſeits zwei, ſind an den Mantel ſelbſt geheftet. § 123. Eigentliche Lungen, welche Luft athmen, finden ſich nur bei mehren Bauchfüßlern, den ſogenannten Lungenſchnecken. Die Lunge iſt eine hinter dem Kopfe liegende, meiſt an der rech— ten Seite ſich öffnende Höhle, in welcher ſich ein Gefäßnetz aus— breitet; ſelten iſt die Oeffnung hinten am Mantel (Schwanzdeckel— ſchnecke, Vaginulus); bei den linksgewundenen an der linken Seite. — Eine ähnliche, mit einem Gefäßnetze durchzogene und nach Außen ſich öffnende Höhle haben auch manche Floſſenfüßler (die Kielſchnecken und deren Verwandte); ſie hat eine ſolche Lage, daß in ihr das Waſſer durch die Bewegung der Floſſe beſtändig er: neuert werden kann, und wird deshalb von Eſchſcholz für das eigentliche Athemorgan gehalten. — Die Höhle, welche Bojanus in den Teichmuſcheln und Flußmuſcheln für das Athemorgan an— ſah, gehört wol zu den Harnorganen. § 124. Es giebt auch Schnecken, welche Kiemen und Lungen zugleich haben. Die Schwulſtſchnecken ſollten im Man— tel, und beſonders im Hintertheile des Körpers, Luftzellen haben, zum Athmen unter Waſſer; nach neuern Beobachtungen aber ha— ben ſie Lungen und Kiemen, von denen jene offen ſtehen, wenn das Thier an der Luft iſt, dieſe aber auf dem Hinterrücken ſich baumförmig entfalten, wenn es ſich unter Waſſer befindet. Auch die Ampullarien haben, außer den zwei Kiemen, eine Aumgenhähle zum Athmen, wenn ſie über Land kriechen. 8 125. Die zum Ath men dienende Flüſſigkeit, Waſſer oder Luft, wird, wo die Kiemen nicht frei liegen, durch eine be⸗ ſondere Mantelöffnung, Athemloch genannt, welche in die Höhle des Athemorgans führt, eingezogen, und entweder durch dieſelbe Oeffnung, oder durch eine andere, wieder ausgeſtoßen. Bei vielen Muſchelthieren bilden dieſe Oeffnungen zwei röhrenförmige Ver⸗ längerungen des Mantels, Athemröhren, die entweder von einander getrennt oder mit einander verwachſen ſind (z. B. Sperr⸗ muſcheln und die meiſten Herzformmuſcheln). Einige haben an den Röhrenöffnungen zwei oder vier kleine hornige Klappen, zum - a .: Sechſte Klaſſe. Verſchließen derſelben (Polyodon, Cryptodon, Holzbohrer). Die Gießkanne zieht das Waſſer durch das offene Ende der Röhre ein; wenn dieſes ſich aber außerhalb des Waſſers befindet, durch das Sieb. An den Ascidien iſt die höher liegende Oeffnung diejenige, durch welche das Waſſer eingezogen wird; aus dem Kiemenſacke gelangt es durch eine oder mehre Seitenöffnungen in den Zwi— ſchenraum beider Säcke, und geht dann durch die untere äußere Oeffnung wieder ab. Ehe man jene Seitenöffnungen kannte, glaubte man, daß das Waſſer durch die obere Oeffnung ein- und aus⸗geathmet werde, und daß das Waſſer des Zwiſchenraums durch die untere ein- und aus=ftröme, In den Salpen ſtrömt das Waſſer durch die an beiden Enden offene Röhre, in welcher die Kiemen liegen; innen vor der obern Oeffnung, durch welche das Waſſer eintritt, iſt eine Klappe befindlich, welche, wenn das Thier ſich zuſammenzieht, die Oeffnung ſchließt, fo daß das Waſ⸗ ſer durch die entgegengeſetzte Oeffnung ausgeſtoßen wird. In einigen Salpen (Anchinia) fehlt jene Klappe, und das Waſſer wird bald durch die vordere, bald durch die hintere Oeffnung ein: gezogen. An den Röhrenkiemern verlängert ſich der vordere Theil des Mantels zu einer Athemröhre zum Einziehen des Waſſers. An den übrigen Schnecken richtet ſich die Lage des Athemlochs nach der Lage der Kiemen oder Lungen. Die Sepien haben je— derſeits unter dem vordern Mantelrande eine Oeffnung zum Ein⸗ athmen des Waſſers, welche, beim Ausathmen, durch eine innere Klappe geſchloſſen wird; das Waſſer tritt durch eine cylindriſche oder trichterförmige Röhre, den Trichter, der ſich in der Mitte des Vorderrandes des Mantels befindet, wieder aus; an den Schiffsbooten hat dieſer Trichter einen Längsſchlitz, ſo daß er ſich nur durch Aneinanderlegen der Schlitzränder ſchließt. Früher glaubte man, daß der Trichter der Sepien ſowol zum Einathmen, als zum Ausathmen diene. § 126. Unter den übrigen äußern Organen der Weich thiere ſcheinen auch noch einige mittelbar dem Athmen förderlich zu ſein, indem ſie durch ihre Bewegung eine Strömung des Waſſers verurſachen, und daſſelbe fortwährend am Körper oder doch an den eigentlichen Athemorganen erneuern, z. B. die Wim⸗ per in dem Kiemenſacke der Ascidien, an den Kiemen der Sal— Meichthiere, 79 pen, an den Armen der Armfüßler, an den Kiemengefäßen und der Oberfläche des Korpers der übrigen Muſchelthiere, an den Fühlern und am Ende des Rüſſels mancher Waſſerſchnecken; fer— ner die fühlerförmigen Anhängſel der Mantelränder und Athemröhren der Muſchelthiere. F § 127. Die äußere Geſchlechtsöffnung der Mu— ſchelthiere iſt meiſt an der Wurzel der Kiemen befindlich; bei den Ascidien wahrſcheinlich, mit dem After zugleich, in der untern der beiden äußern Mündungen. Ob dieſe Oeffnungen bloß als weibliche zu betrachten ſeien, wie man bisher ziemlich allgemein annahm, oder ob es auch männliche Individuen unter den Fehl— köpfern gebe, darüber vergleiche man das, was ſpäter von den innern Geſchlechtstheilen dieſer Thiere angeführt werden wird. — Unter den Schnecken haben die Androgynen nur Eine Geſchlechts— öffnung, und zwar eine weibliche; die Hermaphroditen haben de— ren zwei, eine männliche und eine weibliche; die getrennten Ge— ſchlechts (Zweilinge) haben nur Eine, männliche oder weibliche. Die Oeffnungen ſelbſt liegen meiſt an der rechten Seite; bei den linksgewundenen und bei Ancylus an der linken. Die Käfer— ſchnecken haben zwei weibliche Oeffnungen, jederſeits Eine. An den Hermaphroditen liegen beide Oeffnungen entweder ſehr nahe beiſammen, oft auf einem gemeinſchaftlichen Höcker oder in einer gemeinſchaftlichen Höhle, oder ſie liegen weiter von einander ge— trennt, die männliche mehr nach vorn, und ſtehen dann durch eine zwiſchen ihnen befindliche Furche, Geſchlechtsfurche genannt, in Verbindung. An den Zweilingen iſt die Geſchlechtsöffnung oft in der Kiemenhöhle oder am Rande derſelben. — Die Sepien unter den Kopffüßlern ſind Zweilinge. Die Geſchlechtsöff— nung, welche am Weibchen zuweilen doppelt iſt, befindet ſich an der Bauchſeite des Eingeweideſacks, alſo unter dem Mantel. § 128. Eine vortretende männliche Ruthe findet ſich bei den Zweilingen und den Hermaphroditen unter den Schnecken. Sie iſt von ſehr verſchiedener Geſtalt und Länge, kann bei eini⸗ gen der erſtern eingezogen werden, meiſt aber legt ſie ſich im Ruhe⸗ ſtande in die Kiemenhöhle zurück. Bei mehren iſt ſie der ganzen Länge nach durchbohrt, bei vielen aber nicht, und bei einigen hat ſie nur eine äußere Längsrinne. Bei den Sumpfſchnecken zieht 80 f Sechſte Klaſſe. ſie ſich in eine Oeffnung an der Wurzel des rechten Fühlers zu⸗ rück, den ſie dann ſehr ausdehnt; nach Andern kommt ſie aus dem Ende deſſelben hervor; und früher wurde dieſer Fühler ſelbſt zugleich als Ruthe betrachtet. Bei einigen Gattungen (z. B. bei den Fingerflügelſchnecken) iſt die männliche Oeffnung ſogar von der Ruthe entfernt, und die Verbindung beider wird durch eine Furche vermittelt. Die Ruthe der Hermaphroditen liegt meiſt nach Innen eingeſtülpt. Bei den Lungenſchnecken ſcheint das, was man Ruthe nennt, nur ein der Vorhaut entſprechendes ſchleim⸗ abſonderndes Organ zu ſein, an deſſen Ende, wenn es ausgeſtülpt iſt, die eigentliche Ruthe als ein dünner Stiel hervortritt, der bei der Begattung auch nur allein in die weibliche Oeffnung eindringt. Bei mehren Floſſenfüßlern hat man ebenfalls die Ruthe aus der männlichen Oeffnung hervortreten geſehen; ſo auch zuweilen an Sepien. Was man aber bei den Fehlköpfern zum Theil als Ruthe bezeichnet hat, iſt entweder irrig oder doch ſehr zweifelhaft, z. B. an den Salpen ein Zapfen in der Nähe der vordern Mündung; und an den Muſchelthieren ſcheint man zuweilen den Fuß ſelbſt für eine Ruthe gehalten zu haben. 8129. Bei einigen Lungenſchnecken, namentlich bei Schnir⸗ kelſchnecken, öffnet ſich in der Geſchlechtshöhle noch eine beſondere Höhle, welche vier Längsfurchen und im Grunde eine Warze hat, aus der ſich Kalkerde abſondert, die dann, indem ſie die Höhle allmälig ausfüllt, einen feſten Körper bildet, der, nach der Geſtalt der Höhle, dolchförmig vierkantig iſt. Man hat dieſen Körper Liebespfeil genannt, weil er bei dem Vorſpiele der Begattung in Anwendung gebracht wird, wovon ſpäter die Rede ſein wird. § 130. Der After der Muſchelthiere iſt an einigen in der Nähe des Mundes, an andern weiter von demſelben entfernt. Bei den mit Athemröhren verſehenen Arten mündet er in die Ausathmungsröhre, die deshalb auch von Einigen die Afterröhre genannt wird. An den Ascidien mündet der Darm mit in die untere der beiden äußern Oeffnungen, welche daher auch wol als After bezeichnet wird. In den Salpen befindet ſich der After in dem cylindriſchen Kanale, der von dem Athemwaſſer durchſtrömt wird, und zwar in der Nähe der Ausathmungsöffnung. — In der Ordnung der Schnecken iſt ſeine Lage ſehr verſchieden. Am Weichthiere. 81 häufigſten ift er an der rechten Seite, z. B. an allen Floſſenfüß⸗ lern und den bei weitem meiſten Bauchfüßlern. An einigen iſt er in der Mittellinie des Körpers, entweder am Hinterende (3. B Schwanzdeckelſchnecke), oder hinten auf dem Rücken (3. B. Doris), oder hinten am Bauche (z. B. Käferſchnecke); an den linksge— wundenen und am Ancylus an der linken Seite; an Eolidia zwiſchen den Fühlern. Bei manchen geht er in der Athemhöhle aus (z. B. Schwulſtſchnecke); bei andern bildet er einen Vor— ſprung (3. B. Stomatella), oder eine Röhre (z. B. Sumpfſchnecke). Der After der Sepien befindet ſich an der Bauchſeite des Einge— weideſacks unter dem Mantel, von wo die Excremente durch den Trichter am Vorderende des Mantels, der auch wol After ge— nannt wird, ausgehen. § 131. Außer den bisher angegebenen Oeffnungen finden ſich an mehren Schnecken noch andere, an verſchiedenen Stellen des Körpers, die als Mündungeu beſonderer innerer Or— gane, von denen ſpäter die Rede ſein wird, erkannt worden ſind, z. B. einige Schnecken haben auf dem Rücken ein Schleimloch; andere haben an den Mantelrändern oder an ſonſtigen Stellen die Mündungen des Purpurbehälters, oder am Fuße porenartige Oeffnungen der Waſſergefäße; die Sepien haben am Bauche des Eingeweideſacks die Oeffnung des Tintebeutels; die Seelungen | haben zwei Reihen Rückenporen, über welche noch keine weitere Erklärung gegeben iſt. S 132. Was nun die kalkartigen Schalen betrifft, welche den meiſten Weichthieren zum Schutze dienen, ſo ſind die ſehr verſchiedenen Formen derſelben der Hauptſache nach bereits aus den gegebenen Kennzeichen der Familien dieſer Thiere bekannt; jedoch iſt hier noch zu bemerken, daß jene Angaben ſich nur auf die erwachſenen Thiere beziehen; denn in den früheſten Lebens— perioden find die Schalen oft anders geſtaltet. — Bei den Mu- ſchelthieren findet ſich das Schloß der Schalen am Rücken des Thieres, zuweilen in der Nähe des Mundes oder des Afters. Das Band iſt entweder außerhalb oder innerhalb der Schalen angeheftet, und bei einigen, wo die Schalen ganz mit einer ſtar— ken Oberhaut überzogen ſind, vertritt auch dieſe, indem ſie ſich über das Schloß ausbreitet, die Stelle des Bandes. Die ge— 5 N 6 3 NG 82 Sechſte Klaſſe. wölbte Schale einer Lazarusklappe (Sp. varius) hat in ihrem In⸗ nern regelmäßig gebildete Kammern. — Was die Schnecken betrifft, ſo kann man ſich die meiſten Schneckenhäuſer als einen langen hohlen Kegel denken, welcher in einer mehr oder weniger geſtreckten Spirale um eine Achſe gewunden iſt. Dieſe Achſe heißt die Säule, welche an der Oeffnung des Gehäuſes die innere Lippe bildet; der ihr gegenüber befindliche Rand der Oeffnung heißt die äußere Lippe. Bei mehren Gattungen iſt die Säule hohl und geht neben der Oeffnung des Gehäuſes in eine kleine Mündung aus, welche der Nabel genannt wird. Aeußerlich ſind die Gehäuſe oft mit mancherlei Erhabenheiten verſehen, auch nicht ſelten mit einer rauhen Oberhaut, zum Theil ſelbſt mit feinen Haaren oder mit mancherlei fremden, in die Schale eingewachſe— nen Körpern, als: kleinen Steinen, Muſchelſtücken und dergleichen bekleidet (z. B. an einigen Kräuſelſchnecken, Tr. adglutinatus und conchyliophorus). Die meiſten Schneckenhäuſer ſind ſo gewun⸗ den, daß, wenn die Spitze, d. h. der Wirbel oder die kleinſte Win⸗ dung, nach oben gerichtet iſt und man in die Oeffnung hinein- ſieht, dieſe rechts liegt; ſolche nennt man rechts gewundene. Es kommen aber auch Gattungen vor, wo, in gleicher Stellung, die Oeffnung links liegt, und dieſe heißen links- oder verkehrt— gewundene. Die Gehäuſe der Athemröhrenſchnecken haben am vordern Ende der Oeffnung einen Ausſchnitt, oder einen bald längern, bald kürzern Kanal zur Aufnahme der Athemröhre des Mantels. Einige andere Gehäuſe haben Löcher oder Spalten, durch welche das Waſſer zu den Athemorganen gelangt (z. B. die Spaltſchnecken und Seeohren). Die Gehäuſe der meiſten Wurmkiemer find angewachſen und zum Theil durch innere Queer— wände in Kammern abgetheilt. Einige Häuſerſchnecken haben ein ſo kleines Gehäuſe, daß der Bewohner ſich gar nicht in daſſelbe zurückziehen kann (z. B. die Schwanzdeckelſchnecken); bei andern iſt es gar nicht äußerlich, ſondern im Mantel verborgen, indem es nur einem Theile der Eingeweide zum Behälter dient (z. B. die Bulläen); und endlich iſt an ſeiner Stelle nur noch eine ſchildförmige Scheibe übrig (z. B. Seehaaſe), welche immer Elei= ner und weicher wird, bis ſie endlich ganz verſchwindet (z. B. Erdſchnecken). Einige Floſſenfüßler (z. B. Cleodora) ſind mit Weichthiere. 83 einer faſt gallertartigen oder häutigen Schale oder Hülle verſehen. Der Deckel, welchen viele Häuſerſchnecken hinten auf dem Fuße haben, und welcher das Gehäuſe verſchließt, wenn das Thier ſich zurückzieht, muß nicht mit dem Deckel verwechſelt werden, wel— chen manche Schnirkelſchnecken vor der Oeffnung abſetzen, wenn ſie ihre Winterruhe antreten wollen. Die Schließſchnecken haben an der Säule eine oder zwei bewegliche Klappen zum Verſchließen der Oeffnungen. — Viele Kopffüßler ſind mit einem Gehäuſe verſehen; aber die meiſten Gattungen dieſer Ordnung kennt man nur im foſſilen Zuſtande. Beſonders gilt dieſes auch von den Löcherfüßlern, deren Gehäuſe, ſowol in der äußern Form, als in der Beſchaffenheit der innern Kammern eine große Mannigfaltig— keit zeigen. Die Gehäuſe der Röhrenfüßler ſind ſpiralförmig ge— wunden und entweder innere oder äußere. Ihre Scheidewände haben ein Loch, durch welches ſich, im unverſehrten Zuſtande, ein ununterbrochener Kanal durch alle Kammern hinzieht. Dieſer Kanal iſt kein Fortſatz der Schale, ſondern wird von einem hin— tern Anhange des Thieres, den er umgiebt, abgeſetzt; auch iſt ſeine Maſſe von dem Perlmutter der Schale ganz verſchieden, ein poröſer Kalk, welcher Waſſer durchlaſſen kann, ſo daß wol die Kammern durch ihn mit Waſſer angefüllt werden können. Unter den Sepien haben die Argos ein ſpiralförmig eingekrümmtes Ge— häuſe, welches bei Argonauta hians in der Jugend biegſam horn— artig fein und erſt ſpäter verkalkeu fol. § 133. Die Weichthiere, welche Schalen haben, find mei— ſtens an gewiſſen Stellen mit den Schalen verwachſen; und die Muskeln, durch welche ſie mit dieſen zuſammenhängen, laſſen, wenn ſie abgelöſet werden, an dieſen Stellen Muskeleindrücke zurück, die beſonders deutlich und ſtark in den Schalen der Mus ſchelthiere zu erkennen ſind. Hier iſt der Mantel am Rande mit der Schale verwachſen, und außerdem hängt das Thier noch durch einen oder einige Muskeln, die den Mantel durchbohren, mit der Schale zuſammen. Doch iſt die Anheftungsſtelle an einem und demſelben Individuum nicht immer dieſelbe, ſondern rückt, bei fortſchreitendem Wachsthume, entweder allmälig oder ruckweiſe wei— ter vor. Man ſieht dieſes am deutlichſten an den gewundenen Hund röhrenförmigen Schneckenhäuſern; und beſonders bei den ! 6 * 84 ö Sechſte Klaſſe. Schiffsbooten und denjenigen Wurmkiemern, deren Röhren inwen⸗ dig durch Queerwände in Kammern getheilt ſind, muß ein ſolches periodiſches Ablöſen, Vorrücken und Wiederanſetzen des Thieres ſtattfinden, da dieſes nur in der letzten äußerſten Kammer ange⸗ wachſen ſein kann, und eine Kammer nach der andern entſteht. Theils hat man auch gemeint, daß die Porzellanſchnecken, ehe ſie völlig ausgewachſen ſind, einigemal ihr Haus verlaſſen, um ſich ein neues zu bilden; doch iſt dies weder beobachtet, noch auch wahrſcheinlich. Aber manche Floſſenfüßler verlieren zuweilen ihre Schale und leben dann ohne dieſelbe weiter fort; z. B. Cymbulia und die Kielſchnecken; das Thier der letztern Gattung ohne Ge häuſe wurde als eine beſondere Gattung unter dem Namen Fi- rola aufgenommen; jedoch iſt dieſe Meinung noch zweifelhaft. Oikopleura verläßt zuweilen ihre häutige Hülle, und nach einer halben Stunde hat ſich eine neue Hülle um den Körper erzeugt. Dieſe Beobachtungen zeigen wol, daß die genannten Thiere nur ſchwach oder gar nicht mit ihrer Schale verwachſen ſind. Von dem Argos glauben Einige, daß das Thier gar nicht, Andere, daß es durch ein Band mit der Schale zuſammenhänge, und noch Andere meinen, daß es nur loſe anklebe und vielleicht mit dem Alter ſich ganz ablöſe. So viel iſt gewiß, daß man keinen Mus⸗ keleindruck in der Schale wahrnimmt, und daß das Thier dieſelbe zuweilen freiwillig verläßt und für ſich im Meere fortlebt. Da— her meinen einige Naturforſcher, daß der inwohnende Kopffüßler gar nicht der Schale angeboren ſei, ſondern dieſelbe erſt ſpäter, nach Abſterben oder nach dem Auszuge des eigentlichen Bewoh— ners, bezogen habe. Sowol für dieſe Anſicht, als für die entge— gengeſetzte, daß das Gehäuſe dem Kopffüßler angeboren ſei, wer— den viele Gründe angeführt; doch iſt bis jetzt noch nichts entſchie— den worden, da noch keine ganz zuverläſſigen Beobachtungen über die Entwickelung des Fötus im Ei angeſtellt ſind. Zwar will man wirklich ſchon am Fötus im Ei die Schale erkannt haben, wogegen aber Andere erklären, daß die vermeintliche are nichts weiter als der Dotter geweſen ſei. § 134. Die Geſtalt der Weichthiere iſt ſehr ben bei denen, die mit einer Schale verſehen ſind, entſpricht ſie dieſer. Eben ſo iſt auch die Größe verſchieden. Es giebt in allen drei Weichthiere. 85 Orduungen faſt mikroſkopiſch kleine, aber auch ſehr große Thiere. Unter den Schnecken ſind die Gehäuſe einiger Arten von Helm— ſchnecken von der Größe eines großen Menſchenkopfs; die Schalen der Rieſenmuſcheln ſind zuweilen an ſechs Fuß lang. Der Kör— per der Seepolypen wird zum Theil eine Klafter lang. Wenn aber ſolche Thiere angeführt werden mit Armen von dreißig bis ſo— gar ſechzig Fuß Länge, oder von ſolcher Größe, daß ihre Körper an der Oberfläche des Meeres ſchwimmenden Inſeln ähnlich geweſen ſeien, ſo iſt dies gewiß übertrieben. — Sehr verſchieden ſind auch Farbe und Zeichnungen der Weichthiere. Die mannigfaltig— ſten und ſchönſten Zeichnungen bieten die Schneckengehäuſe dar, beſonders die Porzellanſchnecken; aber auch der weiche Körper mancher Schnecken iſt ſchön gezeichnet. Merkwürdig iſt bei den Achtfüßern die Erſcheinung, daß die Haut ſtellenweiſe ſchnell hin— ter einander, beſonders wenn die Thiere beunruhigt werden, in verſchiedenen, theils iriſirenden Farben ſpielt, welches man aus dem Zuſammenziehen und Ausdehnen gewiſſer ſehr kleiner farbi— ger Höfer oder Punkte (Hautdrüſen), die ſich in oder unter der Haut befinden, zu erklären ſucht. Sehr ſchön gezeichnet iſt Cranchia Bonellii. Dritter Abſchnitt. Innerer Bau. § 135. Von harten innern Theilen, welche den erſten Spuren des Skeletts der höhern Thiere entſprechen, findet man in den Sepien eine Art Schädel, d. i. eine hornartige Kapſel, die das Gehirn enthält, und an welcher die Augen- und Ohrenhöhlen liegen; dann, im Rücken des Mantels, entweder ein breites ova— les kalkartiges Schild (fo im Kuttelfiſch), oder eine ſchmälere horn- artige Gräte (in den Tintenfiſchen, Loligo), oder auch nur zwei hornartige Körner (in den Achtfüßlern). Außerdem haben die Tintenfiſche noch vier Knorpelſcheiben im Mantel, zwei hinter dem Schädel und eine zu jeder Seite, Welche zur Anheftung der Floſ— ſen dienen. 8 136. Die Eingeweide ſind in einer häutigen Hülle, dem Bauchfell (peritoneum), enthalten. In den Salpen liegen 86 Sechſte Klare, fie, in ein Knäuel (Kern, nucleus) zuſammengedrängt, nahe am Munde; in den übrigen Fehlköpfern ſind ſie weiter im Körper verbreitet. Auch bei manchen Floſſenfüßlern liegen ſie in einem beſondern Rückenſack eingeſchloſſen, der ebenfalls nucleus genannt wird und bei den Kielſchnecken noch von einer Schale umgeben iſt. Der Eingeweideſack, welcher bei den Sepien vom Mantel eingeſchloſſen wird, iſt eigentlich das Bauchfell, welches die innere Wand des Mantels bekleidet und ſich vorn ſackförmig über die Eingeweide zurückſchlägt. S 137. Der Nahrungskanal beſteht aus der Speife- röhre, dem Magen und dem Darm, von verſchiedenen Formen und Verhältniſſen. Der Magen mancher Schnecken iſt in mehre Fächer oder kleine Mägen getheilt, nicht ſelten an den innern Wänden mit hornartigen oder kalkartigen, zahnförmigen oder kie⸗ ferförmigen Organen beſetzt, welche offenbar zur mechaniſchen Zer⸗ kleinerung verſchluckter Nahrungsmittel dienen müſſen. Bei man⸗ chen Sepien iſt er in drei Höhlungen getrennt, die als Kropf, fleiſchiger Magen und häutiger Magen bezeichnet werden. Der Darm iſt hinſichtlich der Länge, Weite und Windungen verſchie— den; in den Muſchelthieren und Schildkiemern geht er durch das Herz. Bei vielen Muſchelthieren iſt nahe hinter dem Magen im Darme ein in einer Scheide eingeſchloſſener durchſichtiger härterer Körper, der ſogenannte Kryſtallgriffel, vorhanden, deſſen Zweck man noch nicht beſtimmt ermittelt hat. Auch bei einigen Schnecken, z. B. bei den Flügelſchnecken, findet ſich ſolch ein Griffel, aber neben der Speiſeröhre. 8 138. Die Leber liegt bei den Muſchelthieren und ei⸗ nigen Ascidien wie eine Rinde um den Magen, und beſteht aus einer Menge von Röhren oder Säckchen, welche die Galle durch viele kleine Oeffnungen in den Magen ergießen. In den Salpen ſoll, nach Meyen, mit der Leber eine beſondere Gallenblaſe ver— bunden ſein Die Leber der Schnecken iſt groß, zuweilen in mehre Theile getrennt, deren jeder ſeinen eigenen Ausführungsgang in den Magen, ſelten in den Darm (fo z. B. bei den Schwanz⸗ deckelſchnecken) hat; die Leber des Parmophorus öffnet fi in beide zugleich; in den Tellerſchnecken ſoll eine beſondere Gallen— blaſe auf der Leber liegen. Die Sepien haben eine große lap⸗ 4 Weichthiere. 87 pige gelbe oder braune Leber, deren Ausführungsgänge, die ſich zu einem oder einigen weitern Kanälen vereinigen, in den Magen oder in den Anfang des Darmes eine orangefarbene Galle er— gießen; man hat früher zum Theil den Tintebeutel für eine Gal— lenblaſe gehalten. — Schnecken und Sepien haben gewöhnlich zwei Speicheldrüſen, die ſich im Munde oder in der Speiſe— röhre öffnen; ſelten iſt nur Eine vorhanden (z. B. in Ancillaria). — Die Muſchelthiere haben hinter den Kiemen ein beſonderes Eingeweide, welches eine große Menge von Gefäßen bekommt und in einer Höhle liegt, die ſich neben den Kiemen öffnet. Es wurde früher zum Theil als Gehirn betrachtet; darauf kam es ziemlich allgemein unter dem Namen der Kalkdrüſe (glandula testacea) vor; Bojanus glaubte in ihm eine Lunge zu erken— nen; endlich iſt es von den Meiſten als eine Art von Niere be— zeichnet worden. Nach der neueſten Unterſuchung von Neuwyler ſoll es ein Hode ſein. Dieſem entſprechend iſt in den Schnecken der Purpurbehälter oder Purpurſack, eine in oder unter dem Mantel liegende Drüſe, deren Ausgänge theils in den Man— telrändern, theils im After oder in der Athmungshöhle ſich aus— münden und eine gefärbte oder erſt an der Luft ſich färbende Flüſſigkeit ergießen, die unter dem Namen des Puxpurs be— kannt iſt; auch dieſer Behälter wurde früher als Kalkdrüſe auf— geführt. Uebrigens wurden zum Theil die Geſchlechtsblaſen, von denen weiter hin die Rede ſein wird, ebenfalls als Purpurſäcke beſchrieben. In den Sepien iſt daſſelbe Organ als Tintebeu— tel vorhanden, welcher meiſt auf der Leber oder zwiſchen den Lappen derſelben liegt und an ſeinen innern Wänden Drüſen hat, aus denen ſich eine braune oder ſchwarze, bei einigen aber auch eine grünlichte, weißlichte oder ſonſt blaßgefärbte, Flüſſigkeit, die Tinte, abſondert. Sein Ausführungsgang mündet entweder ne— ben dem After (an den Achtfüßlern und Kuttelfiſchen) oder in demſelben (an den Tintenfiſchen). Mayer aber hält nicht dieſen Sack, ſondern die drüſenartigen Anhänge der Hauptvenenſtämme, von denen bald die Rede ſein wird, für die Niere, und hat außer— dem auch Harnblaſe und Harnröhre nachgewieſen. Die Schnecken und die Sepien können dieſe Flüſſigkeit willkürlich ausſpritzen, die Sepien oft mehre Fuß weit mit großer Heftigkeit. Sie thun ss Sechſte Klaſſe. dieſes, wenn fie gereizt werden oder ſich ſonſt in Gefahr befin⸗ den, um ſich durch Trübung und Verdunklung des Waſſers den Augen ihrer Feinde zu entziehen. § 139. In der Doris geht von der Leber oder von einer mit der Leber zuſammenhängenden Drüſe ein beſonderer Gang aus, der ſich auf dem Rücken neben dem After öffnet. Ob durch dieſen Gang überflüſſige Galle ausgeſondert werde, oder ob jene Drüſe ein Analogon des Purpurbehälters der übrigen Schnecken ſei, darüber ſind die Anſichten verſchieden. Ein ähnliches Saft— loch hat man auch bei einigen andern Nacktkiemern und Bedeckt— kiemern gefunden, und wahrſcheinlich gehört auch das ſchon früher erwähnte Schleimloch mancher Schnecken hieher, wie auch die Giftdrüſe der Seehaſen, welche neben der weiblichen Geſchlechts— öffnung ausmündet und einen weißen ſcharfen Saft ergießt. Vielleicht iſt bei letzterm die Galle mit im Spiele, was mit der oben angedeuteten Anſicht, daß in der Doris überflüßige Galle ausgeführt werden möchte, ſich vertragen würde. Wahrſcheinlicher aber wird durch dieſe Drüſen-Gänge und Oeffnungen nur Schleim ab- und aus⸗geſondert. § 140. Das Gefäß ſyſtem der Weichthiere befteht aus Arterien und Venen mit einem Herzen verbunden. Der Blut— umlauf geſchieht im Allgemeinen ſo, daß das Blut durch die Arterien aus dem Herzen in den Körper geführt, dann durch die Venen in die Athemorgane gelangt, und aus dieſen durch die Lungenvenen in das Herz. Es finden aber dabei verſchiedene Modifikationen ſtatt. In den Muſchelthieren ſind außer dem Hauptherzen noch zwei Nebenherzen oder Herzohren vorhanden; aus den Kiemen gelangt das Blut in die Herzohren, die ſich in das Herz öffnen. In den Seeſcheiden iſt das ganze Syſtem un— vollkommener als bei jenen, das Herz in einigen (3. B. in Aseidia microcosmus) nur eine häutige Höhle im Grunde des Kiemen⸗ ſacks; manchen fehlt das Herz ganz. In den Haufenſcheiden, namentlich in der Gattung Perophora, hat man zwei Blutſtröme geſehen, die durch den gemeinſchaftlichen Stamm und alle ein— zelne Thiere ſich bewegen, indem der eine nach vorn, der andere nach hinten läuft, ſo jedoch, daß die Strömung zuweilen ſich ändert und die entgegengeſetzte Richtung nimmt. Auch in den * Weichthiere. 89 Salpen wird die Bewegung nach beſtimmten Zeiträumen gehemmt und nimmt dann einen gerade entgegengeſetzten Lauf. Die Arm: füßler haben zwei Herzen, und der Verlauf der Arterien und Venen iſt im Ganzen wie bei den Muſchelthieren. — Die Schnecken haben in der Regel ein Herz, welches aus einer Kam— mer und einem Ohr beſteht; in einigen Gattungen ſind jedoch zwei Ohren vorhanden (z. B. in den Käferſchnecken, Seeohren, Kräuſelſchnecken); die Ohren nehmen das Blut aus den Athem— organen auf und ergießen daſſelbe in das Herz. Stiebel läug— net, wenigſtens bei einer Vielfraßſchnecke (Bulimus stagnalis), den Blutumlauf, indem er behauptet, daß zwar ein Herz und Arterien, aber keine Venen vorhanden ſeien, ſondern daß das vom Herzen ausgehende Blut nicht wieder zu demſelben zurückkehre, und das, was nicht zur Ernährung verbraucht werde, an der Ober— fläche des Körpers ausſchwitze und der klebrige Saft ſei, der die— ſelbe überziehe. — Die Sepien haben drei Herzen, von denen Eins, das Körperherz (die Herzkammer), im Grunde des Einge— weideſacks liegt, die beiden andern (Herzohren) aber außerhalb jenes Sacks, an der Baſis einer jeden Kieme eins, und daher Lungenherzen genannt werden. Aus dem Körperherzen geht das Blut durch die Arterien in den Körper, aus dieſem durch die vena cava, nachdem ſie ſich in zwei Aeſte getheilt hat, zu den Lungenherzen, von wo es in die Kiemen gelangt und aus dieſen in das Körperherz. Die Schiffsboote haben keine Lungenherzen und die vena cava theilt ſich in vier Aeſte, da fie vier Kiemen mit Blut zu verſehen hat. Das Körperherz iſt von einem Herz— beutel umgeben, welcher drei Oeffnungen hat, von denen die zwei vordern in den Mantelſack ausmünden, die hintere aber in den Kanal führt. § 141. In den Seehaſen hat man an der vena cava mehre Poren entdeckt, die ſich in die Bauchhöhle öffnen; in den Sepien und im Schiffsboot an derſelben Stelle drüſenartige Anhänge, die ſich in die vena cava öffnen. Man glaubt, daß jene Poren und dieſe Anhänge den aus den Darmkanal in die Bauchhöhle durchgeſchwitzten Nahrungsſaft einziehen und in das Gefäß gelangen laſſen, wo er dann mit dem übrigen Blute wei— ter geführt wird. Owen meint jedoch, daß jene Anhänge auch * 90 Sechſte Klaſſe. als temporäre Blutbehälter dienen könnten, wenn, bei längerm Verweilen des Thieres im tiefen Waſſer, das Blut in den Ge— fäßen durch ſtärkern äußern Druck in ſeinem Laufe durch die Kiemen gehemmt wird. Die erſte Anſicht ſcheint aber wol die richtigere zu ſein, zumal da man bis jetzt in den Weichthieren noch keine Lymphgefäße, die den Nahrungsſaft aus dem Nah— rungskanal in die Blutgefäße führten, mit Beſtimmtheit entdeckt oder irrigerweiſe die mit einer häutigen Hülle verfehenen Ner— ven für ſolche angeſehen hat. — Das Blut der Weichthiere hat verſchiedene Farben, roth, grün, gelb u. ſ. w. und von dieſer Verſchiedenheit rühren zum Theil die verſchiedenen Farben dieſer Thiere her. S 142. Außer dem Blutgefäßſyſtem iſt aber in den Schnecken noch ein Waſſergefäßſyſtem vorhanden. Man hatte ſchon öfters an mehren Schnecken die Beobachtung gemacht, daß fie zuweilen dünne Waſſerſtrahlen aus feinen Poren an den Fuß— rändern hervorſpritzten. Bei näherer Unterſuchung hat ſich gefun- den, daß jene Poren die Mündungen feiner Kanäle ſind, welche aus einem bis vier weitern waſſerführenden Längskanälen des Fußes entſpringen, die zum Theil noch mit beſondern Höhlungen in Verbindung ſtehen. Die Längskanäle münden ſich zum Theil vorn am oder unter dem Fuße in einer oder mehren Oeffnungen aus; ſelten iſt die Oeffnung hinten am Fuß (3. B. in Ancillaria). Solche Waſſerkanäle ſollen auch zu der männlichen Ruthe gehen und durch ihre Anfüllung die Erektion des Gliedes bewirken: Wenn das Thier den Fuß heftig zuſammenzieht, ſo wird das Waſſer durch die Seitenporen ausgeſpritzt. Vielleicht gehören hie— her auch die zwei Reihen Rückenporen der Seelungen. § 143. Das Nervenſyſtem der Weichthiere beſteht in denjenigen Arten, bei denen man es genauer erkannt hat, aus zwei bis vier, ſeltener aus fünf oder nur aus einem Gehirnkno— ten, welche einen Ring, Schlundring oder Markhalsband genannt, um den Schlund, ſeltener um den hintern Theil der Speiſeröhre oder ſelbſt hinter dem Magen, bilden; außerdem noch aus einem oder einigen andern Knoten, welche theils in der Nähe des Gehirns, theils in der Mitte oder im Hinterende des Kör— pers liegen, durch Nervenfäden unter ſich und mit dem Gehirn Weichthiere. 91 in Verbindung ſtehen, und ein beſonderes Syſtem bilden, das Eingeweidenervenſyſtem, ſo genannt, weil die Fäden, die von dieſen Knoten ausgehen, beſonders die Eingeweide, auch den Mund und die Geſchlechtstheile, mit Nerven verſorgen. In den Ascidien liegt ein Hauptnervenknoten auf dem Kiemenſack, einige andere Knoten liegen an andern Stellen; von den Fäden, die aus dieſen Knoten entſpringen, bilden diejenigen, die zu den bei- den Mündungen gehen, einen Ring um dieſelben. Die Salpen haben im Vorderkörper einen Knoten, von dem nach allen Seiten hin Fäden ſtrahlenförmig ausgehen. Das Gehirn der Kopffüßler beſteht aus zwei Theilen, die bei den mit einem Schädel verſehe— nen Gattungen in dieſem liegen; auch der Schlundring iſt bei manchen in einen knorpligen Kanal eingeſchloſſen. Beſonders ſtark iſt in ihnen derjenige Knoten, der die Augen mit Nerven verſorgt; auch jeder Arm hat einen beſonders ſtarken Nerven, der ihn der Länge nach durchzieht und in gleichen Zwiſchenräumen zu Knoten anſchwillt, von denen eine Menge feiner Nerven aus— geht. Die Nervenknoten der Weichthiere ſind meiſt weiß, zuwei— len aber gelblicht⸗röthlicht oder ſelbſt ſchwarz. Die Nerven find mit einer häutigen Scheide umgeben, wodurch einige Beob— achter verleitet wurden, ſie für Lymphgefäße oder für Waſſer⸗ gefäße zu halten. § 144. Nach den innern Geſchlechtstheilen finden unter den Weichthieren drei Verſchiedenheiten ſtatt, denn entweder find fie Androgynen, wo nur die weiblichen Theile beſtimmt ausgebildet find, oder Zwitter (Hermaphroditen), wo männliche und weibliche Theile in denſelben Individuen vorhanden ſind, oder Zweilinge, wo es beſondere männliche und beſondere weibliche Individuen giebt. Doch ſind in neuern Zeiten, hinſichtlich man— cher Weichthiere, beſonders der Muſchelthiere, Zweifel und Wider— ſprüche darüber laut geworden, ob fie zu den erſten oder zu den zweiten oder zu den dritten gehören; auch die Deutung der Ge— ſchlechtstheile ſelbſt iſt noch nicht allenthalben ganz im Klaren. Unter den Schnecken ſind die Ringkiemer, Schildkiemer, Faden⸗ kiemer und Wurmkiemer Androgynen (die Ringkiemer und die Napfſchnecken ſollen jedoch, nach andern Beobachtungen, Zwei— linge ſein), die Nacktkiemer, Bedecktkiemer, Mantelkiemer, Sigarets Fi 92 Sechſte Klaſſe. und Lungenſchnecken Zwitter, die Kammkiemer und Röhrenkie⸗ mer Zweilinge, die Floſſenfüßler theils Zwitter, theils Zwei— linge (zu letztern gehört z. B. die Kielſchnecke ). Die Kopffüßler, wenigſtens die Sepien und Schiffsboote, ſind Zweilinge; bei den Löcherfüßlern aber verhält es ſich wahrſcheinlich anders, da na⸗ mentlich die feſtgewachſenen wol Androgynen ſein werden. | § 145. Was die weiblichen Geſchlechtstheile be trifft, ſo haben die Muſchelthiere gewöhnlich einen doppelten Eierſtock, welcher zu beiden Seiten im Bauche liegt und durch einen Eiergang meiſt an der Wurzel der Kiemen ausmündet. Die Eierſtöcke der Ascidien ſind ſowol der Zahl als der Geſtalt nach verſchieden, und der aus ihnen entſpringende Eiergang mün⸗ det neben der innern Afteröffnung aus. Die Schnecken haben, nach der allgemeinen Anſicht, meiſt einen doppelten Eierſtock, deſ— ſen Eiergänge ſich oft zu einer Bärmutter erweitern. Indeß ſind in den Zwittern die weiblichen und die männlichen Organe oft ſo mit einander verſchmolzen, daß man bei ihnen zum Theil noch darüber in Zweifel iſt, was als Männlich und was als Weiblich zu betrachten ſei. In den Kopffüßlern liegt der Eierſtock im hintern Theile des Eingeweideſacks, und von ihm gehen ein oder zwei Eierleiter ab, welche neben dem After ausmünden. § 146. Ueber die innern männlichen Geſchlechts⸗ theile der Muſchelthiere herrſcht noch viel Ungewißheit; viel— leicht hat man öfters Hoden für Eierſtöcke gehalten. In man⸗ chen Muſchelthieren wird zu gewiſſen Zeiten eine milchige Flüſſig⸗ keit in den Eierſtöcken gefunden, die vielleicht als männlicher Sa= men betrachtet werden könnte; und einige Naturforſcher ſind der Meinung, daß ein Theil des Eierſtocks oder der Eiergänge männ⸗ lichen Samen ſecernire. Viele Gattungen will man als Zwei— linge erkannt haben, z. B. die Venusmuſcheln, Flußmuſcheln, »Teichmuſcheln, See-Miesmuſcheln; in ihnen find die drüſenarti⸗ gen Hoden eben ſo geſtaltet wie die Eierſtöcke, unterſcheiden ſich aber von letztern dadurch, daß in ihrer Flüſſigkeit Samenthiere enthalten ſind. Nach einer neuern Unterſuchung von Neuwyler ſollen die Flußmuſcheln und Teichmuſcheln doch Zwitter, und der Hoden daſſelbe Organ ſein, welches im Vorhergehenden als Niere bezeichnet wurde. Die Ascidien haben neben dem Eierſtocke Weichthiere⸗ 93 ein drüſenartiges Organ, vielleicht als Hoden. Nach Krohn haben ſie einen bis vier Hoden, deren Samengänge ſich zu Einem Samenleiter vereinigen, welcher, wie der Eierleiter, neben dem innern After ausmündet. In der Ordnung der Schnecken fin- den ſich, bei den Androgynen, mit den Eierſtöcken einige drü— ſige Organe verbunden, die vielleicht zur Samenabſonderung die— nen können. Bei den Zwittern aber iſt die Deutung der Ge— ſchlechtstheile ſehr verwickelt. Sie haben, neben Eierſtock und Eiergängen, auch Hoden und Samengänge; aber die männlichen und weiblichen Theile kommen mit einander in vielfache Berüh— rung, und münden nicht ſelten in einander ein. Bei manchen hat man den Zuſammenhang der Samengänge mit der Ruthe noch gar nicht entdeckt, und es kommen Beiſpiele vor, wo die Samengänge auswärts an Stellen ausmünden ſollen, die von der Ruthe ziemlich entfernt ſind. Was von den meiſten frühern Beobachtern als Eierſtock betrachtet wurde, erklären mehre der Neuern für Hoden, und umgekehrt das für Eierſtock, was jene für Hoden hielten, je nachdem ſie in den Organen Samenthiere fanden oder nicht; während wieder Andere unter den Neuern in denjenigen Organen, die nach dieſer Anſicht Hoden ſein ſollten, wirklich reife Eier antrafen. Endlich ſind auch Beobachtungen gemacht worden, welche gewiſſermaßen alle Partheien mit einan— der ausſöhnen, indem in den Eierſtöcken zugleich mit reifen Eiern auch Samenthierchen (wenn dieſe nämlich immer ſolche waren) angetroffen wurden und dieſe Organe aus Bündeln zuſammen— geſetzt ſein ſollen, von denen einige Samen, andere Eier enthal— ten, ſo daß alſo Hoden und Eierſtock ein und daſſelbe Organ wären. In den Zweilingen iſt natürlich die Deutung deſſen, was männlich und was weiblich ſei, keinem Zweifel unterworfen; fie haben Hoden und Samengänge. In den männlichen Kopf— füßlern iſt der Hoden an derſelben Stelle befindlich, wo bei den Weibchen der Eierſtock liegt. Von ihm gehen ein oder zwei Sa⸗ menleiter aus. Im erſten Falle öffnet ſich der Leiter erſt in eine Höhle oder Samenblaſe, in welcher viel Schleim und zarte faden⸗ förmige Körper befindlich ſind, die, wenn ſie ins Waſſer fallen, ſich lebhaft bewegen und endlich platzen. Sie werden theils für Samenthiere oder * gehalten, theils für einen eigenthüm— 7 5 7. 7 \ m 1 # 5 Ir N 1 7 94 Sechſte Klaſſe. lichen Apparat, für elaſtiſche Röhren, welche männlichen Samen enthielten und, bei der Befruchtung, bis zu der weiblichen Deff- nung hingeſchnellt würden, wo ſie dann platzen und den Samen ergießen ſollen. Nach den neueſten Beobachtungen ſind ſie für ſich bewegliche geſtreckte Schläuche, innen mit einem gewundenen Kanal, der den Samen enthält. Nach dem Austritt aus jener Blaſe geht der Leiter in die Ruthe über. Im zweiten Falle mündet jeder Leiter am Eingeweideſack beſonders aus. § 147. Mit den eigentlichen Geſchlechtstheilen find noch andere blaſenförmige oder drüſenförmige Organe ver— bunden, welche ihre beſondern Zwecke haben: Dahin gehört das ſchon früher bei den Hoden erwähnte drüſenartige Organ der Ascidien, welches auch zur Abſonderung des gallertartigen Leber- zuges der Eier dienen könnte. In den Schnecken ſind derglei⸗ chen Blaſen, die ſich theils in die Eiergänge, theils in die Sa⸗ menleiter, theils neben den äußern Geſchlechtsöffnungen ausmün⸗ den. Man hat ſie wol Samenblaſen und Geſchlechts— blaſen genannt. Dahin gehören auch die zelligen Organe neben dem Eierſtocke der Kammkiemer. Von allen dieſen Organen meint man großentheils, daß in ihnen der Stoff für die Eierhüllen ſecernirt werde. Da man aber in einigen derſelben Samenthiere angetroffen hat, fo werden fie zum Theil auch für Samenbehäl- ter gehalten, zur Befruchtung der Eier, wenn dieſe durch fie hin— durch oder an ihnen vorüber gehen. In den weiblichen Kopf— füßlern findet ſich ebenfalls eine Drüſe, durch welche die Eierleiter vor ihrer Ausmündung gehen, und in welcher die Eier wahr— ſcheinlich ihre klebrige Hülle enthalten. Außerdem haben einige Tintenfiſche noch zwei ähnliche Drüſen, die ſich beſonders neben dem After öffnen. In den Männchen finden ſich neben den Hoden zwei Schleimblaſen, welche ſich jede mittelſt eines beſon— dern Ausführungsganges über dem Samenleiter ausmünden. Dieſe Blaſen wurden früher zum Theil ſelbſt für Hoden gehalten. Vierter Abſchnitt. Lebensweiſe. 8 148. Was die Wohnung der Weichthiere betrifft, ſo iſt ſämmtlichen Fehlköpfern das Waſſer angewieſen, und zwar Weichthiere. ö 95 den bei weiten meiſten das Meer; doch ſollen manche, die eigent- lich im Meere leben, auch an ſüßes Waſſer gewöhnt werden kön— nen, und umgekehrt einige Süßwaſſermuſcheln an Meerwaſſer; auch können manche Teichmuſcheln monatelang ganz außerhalb des Waſſers am Leben bleiben. Meiſt halten ſie ſich im Grunde des Waſſers auf, und manche wühlen ſich dabei ein, beſonders ſolche mit langen Athemröhren; doch auch einige Flußmuſcheln. Die Floſſenfüßler ſind ſämmtlich Meerthiere. Unter den Schnecken wohnen und athmen die mit Kiemen verſehenen größ— tentheils im Waſſer, und zwar meiſt im Meere, während die Lungenſchnecken, als luftathmende Thiere, theils am Lande, theils an der Oberfläche des Waſſers, und zwar meiſt im ſüßen Waſ— ſer, leben, wo die Mündung ihrer Athemhöhle mit der Luft in Verbindung iſt. Nur wenige Lungenſchnecken wohnen im Meere. Doch weiß man von mehren Kiemenſchnecken, daß ſie lange Zeit, theils vier bis fünf Monat hindurch, außerhalb des Waſſers am Leben bleiben (z. B. eine Art Hornſchnecke, Cerithium telesco- pium), wenn nur ihre Kiemen einen gewiſſen Grab von Feuch— tigkeit behalten. Es verſteht ſich von ſelbſt, daß ſolche Schnecken, welche Kiemen und Lungen haben (3. B. die Schwulſtſchnecken und Ampullarien) ſo gut unter Waſſer, wie am Lande leben können. Seltener ſind Beiſpiele von Lungenſchnecken, welche lange unter Waſſer leben können, doch kommen auch dieſe vor, z. B. unter Schnirkelſchnecken. Manche Arten wohnen ſelbſt in heißen Quellen von 40% R. z. B. einige Mondſchnecken und Schlamm— ſchnecken (Turbo thermalis, Limnaeus pereger). Einige Arten von Schlammſchnecken, Sumpfſchnecken, Neritinen u. ſ. w. leben ſowol im ſüßen als im ſalzigen Waſſer. Die Meerſchnecken krie— chen meiſt auf dem Boden oder an Felſen und Waſſerpflanzen umher. Die Landſchnecken wohnen meiſt am Erdboden oder auf Pflanzen; einige faſt beſtändig unter der Erde, z. B. die Schwanz⸗ deckelſchnecken. In den nördlichern Gegenden verkriechen fie ſich gegen den Winter unter Moos, Steine und dgl. oder wühlen ſich in die Erde, wobei die Häuſerſchnecken ſich in ihr Haus zurüd- ziehen, daſſelbe meiſt mit einem beſondern Deckel, deſſen Subſtanz von ihnen ausgeſchwitzt wird, verſchließen, und nun einen Win⸗ terrſchlaf halten. Dieſer Deckel iſt nicht mit dem Thiere verwach⸗ * 96 Sechſte Klaſſe. ſen, ſondern wird im Frühjahr abgeſtoßen und jährlich erneuert, muß daher nicht mit demjenigen Deckel verwechſelt werden, von dem früher die Rede war. In den tropiſchen Gegenden halten die Landſchnecken ſo, während der heißen dürren Jahreszeit, einen Sommerſchlaf. Die meiſten ſchönſten und größten Schnecken ſind in den Meeren der heißen Zone zu Hauſe. Alle Kopffüßler wohnen im Meere. Manche können aber mehre Tage lang an der Luft leben, kommen zuweilen freiwillig ans Land, klettern ſelbſt auf Bäume u. ſ. w., z. B. der gemeine Seepolyp, wobei ſie wahrſcheinlich einen gewiſſen Vorrath Waſſer in ihren Mantel eingeſchloſſen haben zur Feuchthaltung der Kiemen. Theils ſollen ſie in gewiſſen Gegenden und zu gewiſſen Zeiten in ungeheuern Zügen Wanderungen im Meere vornehmen, z. B. der Kalmar (Loligo piscatorum). § 149. Manche Seemuſcheln (3. B. die Holzbohrer und Bohrmuſcheln) und Seeſchnecken (z. B. Leptoconchus, Stilifer, einige Napfſchnecken) ſitzen in Höhlungen von Seeſternen, Holz, Korallenſtämmen, Felſen, die zum Theil eine ſo enge Oeffnung haben, daß das Thier dieſelben gar nicht verlaſſen kann; und da dergleichen Höhlungen immer der Geſtalt und Größe des In— wohners entſprechen, ſo leidet es wol keinen Zweifel, daß die Thiere ſich ſolche Höhlen ſelbſt einrichten und einbohren. Daß dieſes blos durch mechaniſches Reiben mittelſt der Schalen ge— ſchehe, iſt kaum anzunehmen, wenn auch Neckers Behauptung, daß die Schalen der Weichthiere, ihrer chemiſchen Zuſammenſetzung nach, mit Arragonit übereinſtimmen ſollen, welcher bedeutend här— ter als Kalkſpath iſt, gegründet wäre. Manche Naturforſcher glauben daher, daß eine auflöſende Flüſſigkeit dabei mitwirke; Garner meint, daß es durch die beſtändige Waſſerſtrömung ge— ſchehe, die durch die Bewegung der Wimpern gegen den Stein oder das Holz getrieben würde. Die Holzbohrer ſollen ſich mit- telſt der knorpligen Spitze des am Vorderende vortretenden Fußes in Holz einbohren. — Mehre Weichthiere ſitzen feſt auf andre Weiſe: Manche Muſchelthiere mittelſt des Byſſus, von dem ſie ſich dann aber zum Theil losmachen können, um ſich an einer andern Stelle wieder anzuſpinnen; andere mittelſt der angewach⸗ ſenen untern, ſelten mit der obern Schale; die Stielmuſcheln Weichthiere. 97 mittelſt eines beſondern Stiels oder Muskels. Doch ſind manche von dieſen in früher Jugend frei und ſetzen ſich erſt ſpäter feſt, z. B. die Haufenſcheiden, während andere in der Jugend feſtſitzen und erſt ſpäter ſich losmachen, z. B. die Dreiſpaltmuſcheln. Un— ter den Schnecken ſind die Wurmkiemer mit dem Gehäuſe feſt— gewachſen. Unter den Kopffüßlern find manche Löcherfüßler an Seegras, Korallen, Muſcheln u. dgl. feſtgewachſen. § 150. Die Bewegung der Weichthiere bezieht ſich ent— weder auf das Ausdehnen und Zuſammenziehen des Körpers und feiner einzelnen Theile (Contractilität), oder auf Ortsver— änderung. Die erſte iſt am ſtärkſten bei den Schnecken. An den Muſchelthieren iſt der ganze Körper wenig contractil, ſondern nur der Fuß und die Athemröhre und, an den Armfüßlern, die Arme, können ſich bedeutender vorſtrecken und zuſammenziehen. Das Schließen der Muſcheln geſchieht durch Zuſammenziehen der Schließmuskeln, und wenn die Spannkraft derſelben nachläßt, ſo öffnen ſich die Schalen wieder, indem nun das äußere Schloß— band, welches beim Schließen ausgedehnt wurde, ſich zuſammen— zieht. Bei den Armfüßlern, welche weder Band noch Schloß— zähne haben, namentlich bei den Zungenmuſcheln, ſollte das Oeffnen der Schalen durch die hervordringenden Arme geſchehen, das Schließen durch Schließmuskeln; nach neuern Beobachtungen aber haben fie beſondere Oeffnungs- und Schließmuskeln. § 151. Die Orts veränderung wird auf verſchiedene Weiſe bewirkt, am häufigſten durch Kriechen mittelſt des Fußes, indem die Längsmuskeln deſſelben kurze, wellenförmig nach ein— ander folgende Bewegungen machen. Mehre Waſſerſchnecken krie— chen ſo ſelbſt an der Oberfläche des Waſſers, mit abwärts hän— gendem Rücken, wobei manchen (z. B. den Strahlenkiemern und Amethyſtſchnecken) die kleinen Luftblaſen mit zu Hülfe kommen, die ſich am Bauche oder Fuße befinden. Selbſt unter den Mu— ſchelthieren ſoll es Gattungen geben, die ſo an der Oberfläche des Waſſers kriechen, z. B. Psammobia. Die meiſten Schnecken kön⸗ nen ſich mit dem Fuße mehr oder weniger feſt anhalten, und einige erleichtern ſich das Kriechen dadurch, daß fie den Vorder⸗ theil des Fußes anſchröpfen und dann den übrigen Körper nach— ziehen, z. B. die Tutenſchnecken und einige Kleinohrſchnecken. ! 7 5 98 Sechſte Klaſſe. Manche Schnirkelſchnecken, Sumpfſchnecken und dgl. kriechen ſpan⸗ nenmeſſend, indem fie abwechſelnd mit Mund und Fuß ſich an⸗ heften. Die Rückenfüßler haben an den Spitzen der Rücken⸗ kiemen kleine Anſaugenäpfe, mittelſt derer fie kriechen. Den mei- ſten Landſchnecken kommt beim Kriechen der Schleim zu ſtatten, den ſie durch die ganze Länge des Fußes ausſondern, um ſich dadurch auf der Bewegungsfläche Anhalt zu verſchaffen. Daher die glänzenden Gänge, welche dieſe Thiere beim Kriechen hinter ſich zurücklaſſen. Einige Arten von Erdſchnecken ſollen ſich zu— weilen an Schleimfäden von höhern Orten hinablaſſen; und von den Gattungen Litiopa und Rissoa wird erzählt, daß, wenn fie vom Meeresboden an die Oberfläche emporſteigen wollen, ſie eine Luftblaſe mit einem angehefteten Schleimfaden hinaufſchicken, um an dieſem dann emporzukriechen. Die Kopffüßler kriechen mittelſt der Arme, wobei den Sepien vorzüglich die Anſaugenäpfchen und Haken der Arme als Anhaltsorgane zu ſtatten kommen. Die Tintenfiſche ſitzen zum Theil oft tagelang mit den Anſaugenäpf— chen angeſogen feſt; überhaupt aber können die Sepien mit die— ſen Organen ſich ſo feſt anſetzen, daß ſelbſt die ſtürmiſche See ſie nicht losreißt. Die Schiffsboote haben nur ſehr kurze, ſchwache Arme, und ſcheinen nicht mit dieſen, ſondern mittelft eines mus⸗ kulöſen, kappenförmigen, über dem Kopfe liegenden Körpertheiles zu kriechen. Ä | 8 152. Die zweite Art der Ortsveränderung gefchieht durch Schwimmen. Unter den Fehlköpfern findet dieſes nur bei den Seeſcheiden ſtatt, und zwar bei den Salpen dadurch, daß ſie das eingezogene Waſſer durch die Hinteröffnung wieder aus⸗ ſpritzen und ſich ſo fortſtoßen. Die Floſſenfüßler und einige Bauchfüßler (3. B. Bulla) ſchwimmen mittelſt floſſenförmiger un⸗ hängſel. Ein mehr paſſives Schwimmen wird theils durch Luft- blaſen bewirkt, welche manche Gattungen, z. B. die Amethyſt⸗ ſchnecken, am Fuße haben, theils durch die mit Luft gefüllte Athemhöhle der Waſſer-Lungenſchnecken. Einige Floſſenfüßler ſchwimmen ſo, daß der Bauch nach oben gerichtet iſt. Da nun aber die nach oben gekehrte Seite von Andern als der Rücken betrachtet wird, ſo ſind dadurch in der Angabe der verſchiedenen Schriftſteller Widerſprüche entſtanden, indem gewiſſe Theile (3. B. Weichthiere. 9099 After und Geſchlechtsöffnungen), die ſich nur an Einer Seite be⸗ finden, bald als rechts, bald als links liegend, beſchrieben wer⸗ den, z. B. an Hyalaea. Das Schwimmen der Kopffüßler ge⸗ ſchieht entweder dadurch, daß die ausgebreiteten Arme heftig nach vorn zuſammengeſchlagen werden, oder dadurch, daß das inner— halb des Mantels befindliche Waſſer mittelſt kräftigen Zuſammen⸗ ziehens des Mantels gewaltſam aus dem Trichter hervorgeſtoßen wird; beides bewirkt ein Rückwärtsſchwimmen dieſer Thiere; oder mittelſt Rudern der floſſenförmigen Anhängſel des Mantels. Das ſchnellere Aufſteigen im Waſſer wird vielleicht durch Luftanſamm— lung im Mantel oder in der Schale, als Folge von Ausſcheidung luftförmiger Flüſſigkeiten aus dem Blute, bewirkt. Die Schiffs- boote ſollen dadurch im Waſſer ſteigen oder ſinken, daß ſie durch den Herzbeutel, nach Belieben, den Kanal entweder entleeren und ſich dadurch leichter machen, oder den Kanal mit Waſſer füllen, und ſo ſchwerer werden können. Was von den Argos erzählt wird, daß ſie an der Oberfläche des Waſſers mittelſt der aufge— richteten und ausgeſpannten Membran der beiden mittlern Arme ſegeln ſollen, ſcheint eine Fabel zu ſein. Nach andern Beobach— tungen ſollen dieſe Arme zum Feſthalten der Schale dienen. § 153. Manche Weichthiere können ſich auch ſtoßweiſe fortſchnellen, oder ſpringen. Einige Muſchelthiere thun dieſes durch ſchnelles Zuklappen der Schalen, z. B. Kamm-Muſcheln; andere, die einen langen Fuß haben, durch Unterkrümmen und dar: auf folgendes ſchnelles Ausſtrecken deſſelben; noch andere, indem ſie, durch heftiges Zuſammenziehen des Körpers, das eingezogene Waſſer gewaltſam von ſich ſpritzen. Auch die Fingerflügelſchnecken ſpringen mittelſt Aufſchnellen des Fußes. Die Tintenfiſche ſprin⸗ gen nicht ſelten, durch heftiges Aufſchlagen der Floßen auf die Waſſerfläche, mehre Fuß hoch über dieſe empor, wobei ſie zuweilen 5 die Verdecke großer Schiffe fallen. 8 154. Die Nahrung der Fehlköpfer beſteht aus auf⸗ gelöſen organiſchen Subſtanzen, Infuſorien und andern kleinen Thieren, die ihnen mit dem eingezogenen Waſſer in den Mund geſpült werden. Einige greifen die Nahrung mit dem Fuße. Unter den Schnecken leben die Röhrenkiemer in der Regel von anima⸗ liſcher Koſt, indem ſie Thiere ausſaugen, zu welchem Ende ſie, | Et ee 7* * 100 Sechſte Klaſſe. wahrſcheinlich mit der ſtachlichen Zunge, ſelbſt Muſcheln und Schneckenhäuſer durchbohren, um zu dem Thiere zu gelangen, welches ſie dann mit ihrem langen Rüſſel ausſaugen; doch ſollen manche Röhrenkiemer (z. B. die Hornſchnecken, Tutenſchnecken, Porzellanſchnecken) nur Pflanzenkoſt genießen. Die meiſten übri⸗ gen Kammkiemer, wie überhaupt alle mit Zähnen oder Kinnla⸗ den verſehenen Schnecken, freſſen ſowol animaliſche als vegetabi⸗ liſche abgeſtorbene Subſtanzen, die ſie mit den Zähnen zerklei⸗ nern und abbeißen. Die Lungenſchnecken verzehren meiſt vegeta⸗ biliſche Koſt. Die Nahrung der Kopffüßler beſteht in Seethieren, die ſie entweder ganz verſchlingen oder mit den Kinnladen zer⸗ beißen. Sie fangen die Beute mit den Armen, und während ſie dieſelbe zum Munde führen und verzehren, halten ſie ſich mit den andern Armen feſt. Man will bemerkt haben, daß die Arme auch elektriſch-betäubend auf die erfaßten Thiere einwirken. Daß die Achtfüßler deswegen auf Bäume klettern ſellen, um ' Sof zu freſſen, iſt ohnſtreitig ein Irrthum. | Fünfter Abſchnitt. Fortpflanzung und Entwickelung. 8 155: Daß Weichthiere, wie die Polypen, ſich durch er vermehren ſollen, ſcheint nur bei den Haufenſcheiden vorzukommen, denn wenn dergleichen auch von manchen Ascidien, namentlich von den Phalluſien, erzählt wird, ſo ſcheint dieſes wol nur auf Entwickelung von Eiern, die ſich an dem Sack feſtgeſetzt hatten, zu beziehen zu ſein. Die mikroskopiſch⸗kleinen Kopffüßler, namentlich die Miliolen, ſollen ſich auch durch Theilung vermeh⸗ ren. Im Allgemeinen kann man als Geſetz annehmen, daß die Weichthiere ſich durch Eier, nach ee eee Befruchtung 8 vermehren. § 156. Die Befruchtung kann auf verſchichene Weiſe vor ſich gehen. Von den Muſchelthieren nahm man früher an, daß nur die weiblichen Geſchlechtstheile in ihnen vollſtändig ent⸗ wickelt wären, und daß bei ihnen entweder gar keine Befruchtung oder nur Selbſtbefruchtung ſtatt fände. Später hat man mehre von ihnen als Zweilinge erkannt, bei denen jedoch die Be⸗ Weichthiere. 101 fruchtung ohne Begattung geſchieht, indem das Männchen den Samen ins Waſſer fahren läßt, welcher dann entweder die ſchon gelegten Eier befruchtet oder von der weiblichen Oeffnung einge— zogen wird. Daſſelbe iſt auch bei den Kopffüßlern der Fall, denn obgleich, nach einigen Beobachtungen, dieſe Thiere zur Fortpflan— zungszeit Bauch gegen Bauch gerichtet ſich umklammert halten ſollen, ſo ſcheint doch keine eigentliche Copula ſtatt zu finden, da die Geſchlechtsöffnungen, wegen ihrer verſteckten Lage im Mantel: ſack, nicht mit einander in Berührung kommen können. Theils wird hiebei noch eine andere Vorrichtung angenommen, wovon bereits § 146 Erwähnung geſchehen iſt. Begattung findet bei den Zwittern und Zweilingen der Schnecken ſtatt; bei jenen iſt die Befruchtung dabei gegenſeitig. Bis jetzt hat man die Be— gattung nur bei einigen unſerer inländiſchen Schnecken genauer beobachtet. Wenn zwei Erdſchnecken oder Schnirkelſchnecken ſich begatten wollen, ſo wenden ſie vorher in der Regel erſt mancher— lei Reizmittel an, indem ſie ſich befühlen, an einander reiben, um einander winden u. ſ. w. Dieſes Vorſpiel währt oft viele Stun— den, zuweilen ſelbſt einige Tage lang; und bei den Schnirkel— ſchnecken kommt dabei auch der ſchon § 129 beſchriebene "Liebes: pfeil in Anwendung, indem die Schnecke ihn aus ſeiner Höhle hervorſchiebt und in den weichen Körper des andern Thieres ein— ſticht, wobei er in der Regel abbricht, ſelten wieder zurückgezogen wird. Es ſcheint jedoch, daß dieſer Pfeil, wenn er einmal ver— braucht iſt, nicht wieder erzeugt wird. Die beiden Ruthen, welche unterdeß hervorgetreten ſind, ſchlingen ſich, während ſie mit einer ſchleimigen Flüſſigkeit, wahrſcheinlich dem Samen, dicht überzogen werden, ſpiralförmig um einander und dringen dann in die gegen— ſeitige weibliche Oeffnung ein. Zuweilen aber treten bei der Weinbergſchnecke (Helix pomatia) die Ruthen gar nicht hervor, ſondern die Geſchlechtshöhlen beider Schnecken ſtülpen ſich aus und drücken ſich feſt aufeinander, wobei denn wahrſcheinlich im Innern der Höhlen das Eindringen der Ruthen in die weibliche Oeffnung geſchieht. Nicht immer aber werden beide Individuen zugleich befruchtet, zuweilen keins von beiden; und wahrſcheinlich findet in ſolchen Fällen eine nochmalige and ſelbſt mehrmalige 1 Begattung ſtatt. Ueberhaupt will man an mehren unſrer Lun⸗ = I Bes == 102 | Sechſte Klaſſe. genſchnecken die Beobachtung gemacht haben, daß ſie ſich, vor dem Eierlegen, mehr als einmal begatten. Bei der Schlamm⸗ ſchnecke (Limnaeus palustris) ſoll die Befruchtung nicht gegen⸗ ſeitig geſchehen, ſondern oft ihrer mehr als zwei mit einander verbunden ſein, wobei denn das vorderſte Individuum nur be⸗ fruchtet wird, ohne wieder zu befruchten, das hinterſte nur be⸗ fruchtet, ohne wieder befruchtet zu werden, die mittlern aber, jedoch nicht gegenſeitig, befruchten und befruchtet werden. Ob übrigens bei allen Hermaphroditen die Befruchtung immer durch ein zwei⸗ tes Individuum geſchehe und niemals Selbſtbefruchtung ſtatt finde, iſt noch ſehr die Frage; wenigſtens iſt jenes bei denen, wo die Ruthe undurchbohrt oder gar von der Ausmündung der Sa⸗ menleiter entfernt iſt, noch zweifelhaft. Die Begattung kann in ſolchen Fällen nur als ein Reizmittel zur Ergießung des Samens und zur Selbſtbefruchtung betrachtet werden, da die Verſchmel— zung der innern männlichen und weiblichen Geſchlechtstheile, und die in mehren Arten entdeckte Einmündung der Samenleiter in die Eierleiter eine ſolche Befruchtung zu bezwecken ſcheinen. Auch ſind unläugbare Thatſachen vorhanden, daß einſam gehaltene In⸗ dividuen von Zwittern und Zweilingen unter den Schlammſchnecken und Sumpfſchnecken (z. B. Limnaeus auricularis, Paludina vi- vipara) ohne vorhergehende Begattung ſich fortgepflanzt haben; und wenn man dieſes durch Wirkung einer Befruchtung auf mehre Generationen zu erklären verſucht hat, ſo ſtützt man ſich nur auf eine unerwieſene Hypotheſe. Diejenigen Naturforſcher, welche die Muſchelthiere als Androgynen betrachten, nehmen an, daß an gewiſſen Stellen des Eierſtocks oder der Eiergänge männ⸗ licher Samen abgeſondert werde, welcher die Eier, wenn ſie durch dieſe Stellen gehen, befruchte; und da man in denjenigen Bla⸗ ſen, welche in mehren Schnecken in die weiblichen Geſchlechts⸗ theile ſich öffnen, zum Theil Samenthiere gefunden hat, und alſo den Inhalt derſelben für männlichen Samen halten muß, ſo glaubt man, daß bei der Begattung der männliche Samen des andern Individuums in dieſen Blaſen ſich ſammle, und daß die Eier, wenn ſie vor der Oeffnung derſelben vorübergehen, befruchtet werden. Doch mögen auch wol manche jener Ge⸗ ſchlechtsblaſen die Beſtimmung haben, daß darin der Stoff ab⸗ Weichthiere. 103 geſondert wird, der die Hülle der Eier bildet; bei mehren ge— ſchieht dieſes in den Eierleitern. § 157. Die Eier find weich, mit einer zartern oder ſtär— kern Hülle umgeben, welche meiſt klebrig oder gallertartig iſt, bei einigen Schnecken aber demnächſt hornartig oder ſelbſt kalkartig wird. Ihre Größe iſt verſchieden. Die einer Vielfraßſchnecke (Bulimus haematostoma) ſollen ſo groß wie Taubeneier ſein, wenn anders hier nicht Kapſeln mit mehren Eiern gemeint ſind. Bei mehren Sepien und einigen Schnecken hat man bemerkt, daß die Eier, nachdem ſie gelegt ſind, ſo wie auch die ſie umhüllenden Gallertmaſſen, noch einige Wochen lang an Größe zunehmen. Viele Nacktkiemer und Seehaſen legen Eier, in denen mehre Dot— ter enthalten ſind, d. h. mehre Eier in eine gemeinſchaftliche Hülle eingeſchloſſen, die ſich gleichzeitig entwickeln. Die Haufenſcheiden geben auch zuſammengeſetzte Eier von ſich, in denen mehre Keime enthalten ſind, die ſich nach und nach entwickeln. Die Eier der Muſchelthiere werden, wenn ſie aus der Mündung der Eier— leiter hervortreten, entweder gleich ausgeworfen, oder in die Kie— men geleitet, wo ſie auskommen; letzteres z. B. bei den Teich— muſcheln, Flußmuſcheln u. ſ. w. Es ſind nämlich am Rücken der Kiemen, der Länge nach, mehre Oeffnungen befindlich, welche zwi— ſchen die Duplicatur der Kiemenblätter führen. Zu dieſen Oeff— nungen geht von der Mündung der Eierſtöcke aus ein rinnenför— miger Kanal, in welchem die austretenden Eier bis zu jenen Oeff— nungen geleitet werden, durch welche ſie dann in die Kiemen ge— langen. Ehe man die Ausmündung der Eierſtöcke erkannt hatte, glaubte man zum Theil, daß die Eier aus dem Eierſtocke in den Magen kämen, vielleicht durch eine derjenigen Oeffnungen, die man für Gallengefäßöffnungen hält, dann entweder durch den Mund oder durch den After ausgeleert würden, und nun mit dem Strome des eingeathmeten Waſſers zu den Kiemen gelangten und von dieſen aufgenommen würden. Die ausgekommenen Jungen treten entweder durch die zerriſſenen Ränder der Kiemenhäute oder durch die Rückenöffnungen hervor. Nach einigen Beobachtungen ſollen jedoch bei den genannten Gattungen die Eier zuweilen nicht in die Kiemen geleitet, ſondern gleich ausgeworfen werden. Die Auſterſchalen find im Sommer zum Theil mit einer milchigen . an 104 | Scchſte Klaſſe. Flüſſigkeit angefüllt, in welcher mikroſkopiſch kleine, aber den voll⸗ kommen ausgebildeten übrigens gleiche Auſtern enthalten ſind, woraus erhellt, daß auch bei dieſen Thieren die Eier innerhalb der Schalen auskommen. In einer Gienmuſchel (Chama conca- merata) treten die Eier in eine beſondere, durch zwei hohe Leiſten gebildete Abtheilung der Schale, wo ſie wahrſcheinlich bis zu ih— rem Auskommen bleiben. Das Vorhandenſein der Eier in den Kiemen hatte ſchon einige frühere Beobachter beſtimmt, dieſe Or— gane für die Eierſtöcke ſelbſt zu halten; auch in neuern Zeiten wollte Bojanus, der, wie ſchon erwähnt iſt, das Athemorgan an einer andern Stelle gefunden zu haben glaubte, den Kiemen ihre eigentliche Funktion abſprechen und ſie lediglich als Brutbe— hälter betrachten. Noch andere Beobachter behaupteten, daß die in den Kiemen vorkommenden vermeintlichen jungen Muſchelthiere gar nicht ſolche wären, ſondern paraſitiſche, von Außen einge— drungene Thierchen, welche mit dem Gattungsnamen Glochidium belegt wurden. Dieſe Meinung iſt jedoch beſonders durch die von Carus beobachtete Entwickelungsgeſchichte der Eier widerlegt wor⸗ den. Die Ascidien werfen die Eier entweder durch die äußere Afteröffnung aus, oder die Eier werden durch eine Seitenöffnung des Kiemenſacks in dieſen aufgenommen, und kommen dann durch die obere Einathmungs- oder Mund-Oeffnung hervor. — Die Eier der Schnecken werden theils ſchnurförmig oder traubenför- mig oder in Klumpen aneinanderhängend gelegt, theils in gemein- ſchaftliche gallertartige Maſſen oder Hüllen von verſchiedener Form, zuweilen ſelbſt in hornige, unter ſich verbundene Kapſeln einge⸗ ſchloſſen, ſo z. B. bei mehren Arten der Spindelſchnecken. Manche Schnecken tragen die Eier an ihrer Schale oder an ihrem Körper hängend mit ſich umher, ſo z. B. die Amethyſtſchnecken an den Fußblaſen, mit denen die Eier auch oft verwechſelt werden. — Die Eier der Sepien ſind theils in großer Anzahl, zuweilen 20,000 bis 80,000, in ſtrangförmige oder cylindriſche oder ſchei— benförmige Maſſen eingeſchloſſen, ſo bei den Tintenſiſchen; theils hängen fie traubenförmig, als ſogenannte Seetrauben, an See— pflanzen oder unter ſich zuſammen, indem jedes Ei einen Stiel hat, deſſen Ende ringförmig den Pflanzenſtängel oder den Stiel eines andern Eies umfaßt, ſo bei den Kuttelfiſchen. Die Argos { Weichthiere. 105 legen ihre Eier ſtets in den Grund der von en wan Schale. 110 5 8 158. Der im Ei ſich bildende mb giebt ſein Le⸗ ben bald durch eine rotirende Bewegung zu erkennen, die durch feine Wimpern am Vorderende oder an der Oeffnung der Athem— höhle bewirkt wird, wobei jedoch auch electrogalvaniſche Einflüſſe mit thätig ſein mögen. Man hat dieſes in Eiern aus allen drei Ordnungen der Weichthiere geſehen. An manchen Schnecken— Embryonen hat man dergleichen Wimpern auch an den Fühlern und auf dem ganzen Körper wahrgenommen. Du mortier läug- net die Wimpern. Der Embryo der Erdſchnecken ſoll ſich durch ein beſonderes zungenförmiges Organ bewegen, welches ſpäter verſchwindet. Dieſe Bewegung hört nach gewiſſer Zeit auf, wo der Fötus im Ei umherkriecht, bis er reif iſt und hervorbricht. — Diejenigen Weichthiere, deren Eier noch im Mutterleibe auskom— men, nennt man lebendiggebärende. Zu dieſen zählen Ei— nige auch diejenigen Muſchelthiere, deren Eier in den Kiemen aus— kommen; eigentlich aber könnten nur ſolche hieher gerechnet wer— den, deren Eier in den Eiergängen oder in einer bärmutterartigen Erweiterung derſelben auskommen. In den Salpen hat man öfters lebende Junge gefunden, und zwar zum Theil dieſe unter ſich zuſammenhängend und auch ſo abgehend. Sie ſind dann zum Theil durch einen gemeinſchaftlichen Kanal unter ſich ver— bunden, von dem in jedes einzelne Junge ein Fortſatz geht. Da aber keine Oeffnung für den Ausgang derſelben zu finden war, ſo glaubt man, daß Riſſe in dem Mutterkörper entſtehen, durch welche die Jungen in den Mittelkanal gelangen und dann mit dem durchſtrömenden Waſſer hervorkommen. Nach andern Beob— achtungen hängen ſich einzeln umherſchwimmende Salpen oft zu— ſammen, und noch nach Andern gehört das Zuſammenhängen mit zum Weſen mancher Arten. Chamiſſo behauptet, daß die ein⸗ zelnen Salpen zuſammenhängende Junge zur Welt bringen, die zuſammenhängenden aber einzelne Junge, was jedoch nach andern Beobachtungen bezweifelt wird; eher halten es Manche für wahr⸗ ſcheinlich, daß jüngere Individuen einfache, ältere aber zuſammen⸗ hängende Junge gebären. Theils hielt man das Zuſammenhängen auch für Paarung. Unter den Schnecken giebt es ebenfalls leben⸗ 106 9 Sechſte Klaſſe. dig gebärende, z. B. die Sumpfſchnecken, manche Schnirkelſchnecken u. ſ. w.; und da man an ſolchen Amethyſtſchnecken, welche Eier am Fuße hatten, zuweilen auch zu gleicher Zeit lebende Junge in der Bärmutter fand, ſo müſſen dieſe Schnecken wol on eierlegend und lebendiggebärend fein. § 159. Die eben ausgekommenen Jungen der Weich⸗ thiere ſind den alten mehr oder weniger unähnlich, theils nur in den Verhältniſſen der einzelnen Theile von ihnen abweichend, theils aber in weſentlichen Stücken von ihnen verſchieden. Wenn die Eier der Ascidien ſich feſtgeſetzt haben, ſo entwickelt ſich der innere Keim derſelben zum innern Sack, der äußere gallertartige Ueber⸗ zug aber wird der äußere Sack. Die Haufenſcheiden wurden von einigen Naturforſchern gar nicht für ſelbſtſtändige Thiere, ſondern für Laich von Ascidien und Salpen gehalten; allein die Entwicke⸗ lung ihrer Eier tritt jener Meinung entgegen. Aus dieſen Eiern kommen nämlich einfache, geſchwänzte, lebhaft umherſchwimmende, den Alten gar nicht ähnliche Junge hervor, die ſich nach einigen Tagen feſtſetzen und ſich dann weiter entwickeln, indem aus der anfangs einfach entſtehenden Seeſcheide die ganze Kolonie hervor⸗ ſproßt. — Die ganz jungen Auſtern ſollen, mittelſt einer befon- dern Membran, behende umherſchwimmen. Die eben ausgekom— menen Schnecken ſchwimmen zum Theil noch mittelſt feiner Wim- pern im Waſſer umher. Die mit einer Schale verſehenen Weich thiere bringen auch dieſe aus dem Ei mit; nur das Verhältniß der Schale iſt anders als bei den Erwachſenen; das Gehäuſe der gewundenen Häuſerſchnecken hat dann erſt eine bis drei Win— dungen. Aber auch manche Nacktkiemer (Doris, Eolidia, Tritonia), ſo auch die Seehaſen unter den Bedecktkiemern, haben im Ei, und zum Theil noch eine Zeit lang außer demſelben, eine dünne Schale, ſind den Erwachſenen wenig ähnlich, und ſchwimmen mit— telſt zweier bewimperter Anhänge ſehr behende im Waſſer um- her. Die Kopffüßler haben bei ihrer Geburt, und ſelbſt ſchon im Ei, alle Theile der Alten, und nur die Verhältniſſe derſel⸗ ben bilden ſich noch aus; auch in ihrem ganzen Benehmen ſtim— men fie dann ſchon mit den Erwachſenen überein. Die Röhren füßler kommen wahrſcheinlich mit einer 1 Schale aus dem Ei. Weihthiere, - 107 8 160. Was befonders das Wachsthum der Schalen betrifft, fo. meinen Einige, daß dieſes durch Surtappofition, durch Ausſchwitzen der kalkerdigen Subſtanz aus dem Mantel und Ab— ſatz derſelben an die Schale, geſchehe, Andere, daß es durch Intus— ſusception bewirkt werde. Wahrſcheinlich findet beides ſtatt. Wie bei den Seeigeln die Schale doch gewiß durch Intusſusception ſich ausdehnen muß, obgleich noch Niemand Gefäße entdeckt hat, die in dieſelbe eindringen, ſo ſcheint es auch, det Hauptbildung nach, bei den Muſcheln und Schneckenhäuſern gleicherweiſe ſich zu verhalten; wenigſtens behaupten einige Anatomen von den jungen Schneckenhäuſern, daß Gefäße in ſie übergehen. Man muß ſich das Wachsthum der Schalen wie das der Nägel und Hörner der höhern Thiere denken. Doch ſcheint es, als ob die innere glatte Schicht der Schalen durch den Mantel abgelagert werde; auch die mit den Schalenrändern parallel liegenden Reifen und Leiſten deuten wol auf eine periodiſche Ablagerung durch Juxt— appoſition hin. Die Bildung der mancherlei meiſt hohlen Röh— ren, Leiſten, Spitzen, Buckel und anderer Anhängſel läßt ſich ebens falls durch Juxtappoſition erklären, wenn man ein periodiſches Weiterrücken des Thieres in der Schale annimmt, wo dann die Mantelränder und deren Anhängſel jedesmal eine neue Lage ab— ſetzen. Allein vieles Andere läßt ſich nicht durch Juxtappoſition erklären, z. B. die Bildung der Schloßzähne, die Vergrößerung des Gehäuſes der Porzellanſchnecke, die Entſtehung des Deckels und der ſpiralförmigen Lagen deſſelben u. ſ. w. Die Drüſen, aus denen die Subſtanz für die Schalen abgeſetzt wird, ſollen ſich hauptſächlich an den Mantelrändern öffnen. Die Röhrenfüßler und die Wurmkiemer, deren Gehäuſe in Kammern abgetheilt ſind, haben wahrſcheinlich bei der Geburt nur ein einkammriges Haus; in der zweiten Wachsthumsperiode rückt das Thier im Innern deſſelben vor und bildet hinter ſich die erſte Scheidewand, wäh— rend es zugleich nach vorn das Gehäuſe an den Rändern verlän— gert; in der dritten Wachsthumsperiode wird die zweite Scheide— wand gebildet und das Gehäuſe abermals verlängert u. ſ. w. Mit dieſem Fortrücken in der Schale iſt ein jedesmaliges Ablöſen des Thieres von ſeinem bisherigen Anſatzpunkte und ein Wiederfeſt⸗ ſetzen weiter nach vorn verbunden. Wenn das Wachsthum vollen⸗ 108 Sechſte Klaſſe. det iſt, ſo ſetzt ſich bei vielen Schneckenhäuſern an der äußern Lippe ein dicker wulſtiger Rand ab; an den Porzellanfchneden krümmt ſich dann dieſe Lippe nach innen um. | | 8 161. Wenn die Flüſſigkeit, welche die zur Bildung der Schale dienenden Beſtandtheile führt, irgendwo ſtockt oder in Ueber⸗ maaß ſich ergießt, ſo entſtehen an der Stelle, aus der Anhäufung jener Beſtandtheile, die unter dem Namen der Perlen bekannten Concremente, welche beſonders in den Muſchelſchalen und in dem Mantel der Muſchelthiere gefunden werden. Sie bilden ſich haupt⸗ ſächlich da, wo durch irgend einen äußern Reiz, durch ein Loch oder durch eine ungewöhnlich rauhe Stelle in der Muſchel, oder auch durch irgend einen fremden harten Körper, der in die Mus. ſchel und mit dem Thiere in Berührung gekommen iſt, etwa durch ein Sandkorn oder dergleichen, eine ſtärkere Ergießung jener Flüſ⸗ ſigkeit bewirkt wird. Daher findet man auch nicht ſelten im Mit⸗ telpunkte der Perlen einen kleinen fremden Körper eingeſchloſſen. Die Perlen beſtehen alſo aus gleichem Stoff mit der Schale oder dem Perlmutter; folglich ſind ſie auch in ſolchen Schalen, die ein ſchönes Perlmutter haben, ſchöner als in andern. 8 162. Die Farben und Zeichnungen der Schalen laſſen ſich, ihrer Entſtehung nach, zwar zum Theil durch Abſetzen färbenden Stoffes aus Drüſen des Mantelrandes oder aus der Leber erklären, wie man dies gewöhnlich annimmt; aber nicht durchgängig reicht man mit dieſer Erklärungsweiſe aus, ſondern die Farben entſtehen oft noch durch andere, bis jetzt geheimnißvolle Wirkungen des organiſchen Lebens. Daß der Einfluß des Lichts mit daran ſeinen Theil habe, läßt ſich nicht verkennen, da z. B. ſolche Muſcheln, welche in dunkeln Löchern wohnen, oder ſolche Theile derſelben, die beſtändig vom Lichte abgewendet ſind, in der Regel, doch auch nicht immer, eine bleiche Farbe haben. Auch ſcheinen gewiſſe Farben zuweilen von den Nahrungsmitteln oder andern äußern Einwirkungen herzurühren. Das iriſirende Far⸗ benſpiel mancher Muſcheln hat wol in der beſondern Lage der Muſcheltheile ſeinen Grund, vermöge deſſen die Lichtſtrahlen in verſchiedene Farben gebrochen werden. Da die färbenden Drüſen in den Mantelrändern liegen ſollen, die weiter zurückliegenden Drüſen aber wahrſcheinlich keinen färbenden Stoff enthalten, ſo Weichthiere. 109 ſind die innern Schichten der Schalen, welche von den hintern Theilen des Mantels abgeſetzt werden, meiſt ohne Zeichnungen. Bei ſolchen Schneckenhäuſern, wo der Mantel ſich äußerlich über das ganze Gehäuſe anlegen kann, wie z. B. bei den Porzellan⸗ ſchnecken, ſondert wahrſcheinlich die ganze anliegende Fläche deſſel— ben die Zeichnungen aus. § 163. Ueber das Alter, welches die Weichthiere errei⸗ chen können, ſind bis jetzt nur wenige ſichere unmittelbare Beob— achtungen bekannt geworden. Wenn wir an ſolchen Schnecken— häuſern und Muſcheln, welche in gleichmäßigen Zwiſchenräumen deutliche Abſätze haben, jeden Abſatz auf eine neue Wachsthums— periode, etwa auf ein Jahr, beziehen wollen, ſo müſſen dieſe Thiere wenigſtens zum Theil ein hohes Alter erreichen, wobei noch nicht die Zeit mit in Anſchlag gebracht werden kann, die ſie nach Er— langung ihres völligen Wachsthums, wo ſie keine Schichten mehr abſetzen, noch durchleben. Dieſelbe Anwendung zur Altersbeſtim— mung könnte auch von den innern Kammern der Röhrenfüßler und Wurmkiemer gemacht werden. Von manchen Arten der Tin— tenfiſche ſollen an gewiſſen Küſten im Frühjahre immer nur Junge, im Herbſte nur Ausgewachſene angetroffen werden, woraus man folgert, daß dieſe Arten in Einem Jahre völlig auswachſen, und dann, nachdem ſie das Fortpflanzungsgeſchäft Einmal vollzogen haben, ſterben. Indeß erreichen doch wol die größern Sepien, en e die Mehle Achtfüßler, ein höheres Alter. Sechſter Abſchnitt. a Beſonderes Phyſiologiſches. 2 164. Von der langen Dauer der Lebenskraft dieſer Thiere im unthätigen Zuſtande hat man mehre Beobachtungen. Manche Schnecken bleiben im Winterſchlafe, oder bei großer Dürre und Hitze, in ihr Haus zurückgezogen, mehre Jahre hintereinan⸗ der, einige vierzehn Jahre hindurch, am Leben. Die Eier mancher Erdſchnecken und Süßwaſſerſchnecken können mehre Jahre lang faſt ganz eingetrocknet ſein, und. knen dennoch nu wenn 15 e wieder angefeuchtet werden. 8 165. Die Waprapncties rat beſcränkt ſich daß auf, daß einzelne abgeſchnittene Arme der Kopffüßler, ſo wie Füh⸗ * 110 5 Sechſte Klaſſe. ler oder Mantel⸗ und Fußlappen der Schnecken ſich wieder erzeu⸗ gen. Daß aber an letztern der ganze Kopf, wenn er mit den Gehirnknoten abgeſchnitten wurde, wieder wachſe, ſcheint ſich nicht beſtätigt zu haben; wenigſtens bedürfen die neuern Verſuche der Madame Power wonach ſich der Kopf mit den Fühlern wieder⸗ erzeugt, noch einer genauern Prüfung. 8 166. Mehre Weichthiere verbreiten im Dunkeln ein phosphoriſches Licht, und tragen mit zum Leuchten der See bei, beſonders manche Muſchelthiere aus den Gattungen der Feuer⸗ walzen, Salpen und Bohrmuſcheln. Auch eine Erdſchnecke (Li- max noctilucus) läßt aus einer Scheibe am Hintertheile des Man⸗ tels Licht hervorſtrahlen. Einige Achtfüßler und Tintenfiſche leuch⸗ ten ebenfalls, jedoch nur, wenn ſie ſtark gereizt werden, z. B. wenn man ſie aufſchneidet, oder nach dem Tode. Es iſt ſchon früher erwähnt worden, wie man bemerkt zu haben glaubt, daß die Arme der Kopffüßler elektriſch betäu⸗ bend auf ergriffene Thiere wirken; und Calder erwähnt ein Weichthier, ohne es jedoch näher zu bezeichnen, welches elektriſche Schläge ertheilen ſoll. § 167. Die Tritonien ſollen Töne durch den Mund hören laſſen. | Siebenter Abſchnitt. Nutzen und Schaden. § 168. Als Speiſe dienen mehre Weichthiere. Unter den Muſchelthieren z. B. die Bohrmuſcheln (Pholas da- ctylus), der Blaubart oder die eßbare Miesmuſchel (My- tilus edulis), die ſich an den Küſten der Nordſee und Oſtſee häufig findet, aber ſchwer verdaulich ſein und zuweilen Fieber und ſelbſt den Tod nach ſich gezogen haben ſoll; ferner die eßbare Herzmuſchel (Cardium edule), welche häufig an allen euro⸗ päiſchen Küſten vorkommt, und namentlich an denen der Nordſee hin und wieder in ſolcher Menge iſt, daß ganze Ladungen ihrer Schalen geholt und zu Kalk gebrannt werden. Beſonders aber gehört hierher die Auſter (Ostrea edulis), welche ſehr verbreitet iſt an den Küſten von Europa, Aſien und Afrika, und ſich zum Theil ſo ungemein ſtark vermehrt, daß ſie an manchen Ufern, vor⸗ Weichthiere. 111 züglich in der Nachbarſchaft von Flußmündungen, weite Strecken einnimmt, indem ſie Felſen und Steine überzieht und eine auf der andern feſtſitzt. Solche Kolonien nennt man Auſterbänke; doch werden auch wol mit dieſer Benennung überhaupt alle die— jenigen Stellen, wo Auſtern geſammelt werden, bezeichnet, dieſe mögen nun feſtſitzen oder loſe auf dem Boden liegen, denn nicht alle Auſtern ſitzen feſt. Die Auſtern waren von jeher eine beliebte Speiſe. Schon Ariſtoteles erzählt, daß man ſie zu dem Ende ordentlich gehegt habe; auch die Römer legten Auſterbehälter an; und noch jetzt werden ſie in manchen Gegenden beſonders gehegt und gepflegt. Am beliebteſten ſind die kleinen grünen engliſchen Auſtern von Glouceſter. Doch ſoll die grüne Farbe mancher Au— ſtern vom Kupfer herrühren, wenn ſie nämlich an mit Kupfer beſchlagenen Schiffen geſeſſen haben, wo dann ihr Genuß auch nachtheilig iſt. Andere läugnen dies und ſchreiben die grüne Farbe dem Genuſſe gewiſſer Seepflanzen zu, oder leiten ſie von einem eigenthümlichen thieriſchen Stoffe her, der ſich zuweilen in den Auſtern, vielleicht durch die Galle, ausſcheide. Sonſt ſind ſie eine leicht verdauliche Speiſe, da man Hunderte von ihnen in Einer Mahlzeit verzehren kann, ohne Unbequemlichkeit danach zu em— pfinden. Im Jahre 1831 wurden bloß in London 5295 Scheffel (bushels) Auſtern eingeführt. — Unter den Schnecken dienen auch mehre Arten Schnirkelſchnecken zur Nahrung, Bei uns iſt es beſonders die größte inländiſche Art, Helix pomatia, Wein⸗ bergsſchnecke, welche gegeſſen wird; in Frankreich Helix ad- spersa. Sehr bedeutend iſt der Verbrauch dieſer Schnecken zur Faſtenzeit in den katholiſchen Ländern; ſie werden daher in man— chen Gegenden, z. B. um Ulm und in der Schweiz, in beſondern Gärten gehegt und gemäſtet. Ulm führte ſonſt jährlich über zehn Millionen derſelben nach Oeſtreich u. ſ. w. aus. Am beſten ſind ſie im Winter, wenn ſie ſich in ihr Haus eingeſchloſſen haben. Uebrigens waren fie auch ſchon bei den alten Römern beliebt, welche, zu den Zeiten des Luxus, ebenfalls beſondere Gehege von ihnen anlegten. Von den Aerzten wird der Genuß der Schnecken in manchen Bruſt- und Lungen-Krankheiten empfohlen. Auch der breite Rückenknochen der Kuttelfiſche (Sepia officinalis), unter dem Namen Os sepiae, Sepienknochen, bekannt, auch wol, 112 15 Sechſte Klaſſe. wegen ſeiner Leichtigkeit, Meerſchaum genannt, wurde vor Zeiten mediciniſch angewendet; jetzt nur noch zum Poliren. § 169. Mehre Gattungen und Arten von Seeſchnecken wurden in frühern Zeiten benutzt, um aus ihrem Purpurſafte (Urin) die bei Römern und Griechen hochgeſchätzte Purpurfarbe zu gewinnen. Die Amethyſtſchnecke (Janthina fragilis) ſoll den beſten Purpur geben, und beſonders von den alten Tyriern zur Bereitung ihrer berühmten Purpurfarbe benutzt worden ſein. Auch die alten Römer ſollen in ihren Purpurfabriken, in der Ge- gend des jetzigen Narbonne, dieſe Art hauptſächlich angewendet haben. Theils wird aber eine Stachelſchnecke (Murex ramosus) vorzugsweiſe die Purpurſchnecke genannt, obgleich es nicht er⸗ wieſen iſt, daß dieſe Art häufiger als andere Arten von Stachel— ſchnecken zur Gewinnung des Purpurs benutzt worden ſei, ſon— dern die Römer hauptſächlich Murex brandaris und Murex tri- bulus an den italiäniſchen Küſten gebraucht zu haben ſcheinen. Ueberhaupt aber wurden noch manche andere Arten, nicht nur aus der Gattung der Stachelſchnecken, ſondern auch aus den Gat- tungen der Flügelſchnecken und Kinkhörner (z. B. lapillus und undatum), der Kräuſelſchnecken, Purpurſchnecken und ſelbſt einige Flußſchnecken aus den Gattungen der Tellerſchnecken und Viel⸗ fraßſchnecken, zur Gewinnung des Purpurs in verſchiedenen Ge— genden angewendet. — Hieher gehört auch die Tinte verſchiede— ner Arten von Seepolypen und Kalmars, welche zur Malerei angewendet wird und unter dem Namen Sepia bekannt iſt. Die chineſiſche Tuſche fol hauptſächlich aus der Tinte des Octo- pus rugosus, welcher in den Meeren der heißen Weltgegenden einheimiſch iſt, bereitet werden. Die nach Moſchus riechende Tuſche kommt wahrſcheinlich vom Octopus moschatus im mittelländiſchen Meere; die braune Tuſche vorzüglich von manchen Arten der Kal- mars, beſonders von Loligo vulgaris in den europäiſchen Meeren. 58 170. Manche Theile der Weichthiere, namentlich die Schalen, Perlen und der Byſſus, werden zu allerlei Putz und Kunſtſachen verwendet und verarbeitet. — Zum Putz die⸗ nen beſonders viele Schneckenhäuſer, vorzüglich die kleinern hübſchen Porzellanſchnecken, Walzenſchnecken, Kräuſelſchnecken, Mondſchnecken, welche zu Halsbändern und dergl. auf Schnüre Weichthiere. 113 gezogen oder in die Ohren gehängt werden u. ſ. w. Aus den ſchönen großen Porzellanſchneckenhäuſern (Cypraea tigris) werden Doſen verfertigt. Aus dem dicken Gehäuſe einer Walzenſchnecke (Voluta gravis), die ſich an den Küſten von Ceylon theils in großer Menge findet, werden Ringe geſchnitten, die durch ganz In— dien getragen werden. Dieſe Schneckengehäuſe heißen dort Chank, und die Chankfiſcherei wird zuweilen jährlich um 60,000 Dollars verpachtet. — Das Perlmutter iſt die Schale der Perlmut— termuſcheln (Avicula margaritifera, und einiger anderer Arten dieſer Gattung), von welchen auch die ächten Perlen kommen. Sie ſinden ſich hauptſächlich und am beſten im perſiſchen Meer— buſen, an den Küſten von Ceylon und Japan, und haben zuwei— len über einen Fuß im Durchmeſſer. Ehemals waren ſie auch an den weſtlichen Küſten von Südamerika nicht ſelten; durch die rückſichtsloſe und unbeaufſichtigte Perlenfiſcherei aber, welche dort beſonders im ſechzehnten Jahrhunderte betrieben wurde, ſind ſie in jenen Gegenden faſt ganz vertilgt. Auf Ceylon iſt die Perlen— fiſcherei nur einen Monat hindurch im Jahre geſtattet. Dieſe Muſcheln werden durch Taucher, die ſich von Jugend auf daran gewöhnt haben, lange unter Waſſer zu bleiben, und die entweder ganz frei oder unter einer Taucherglocke in die Tiefe ſich hinab— laſſen, heraufgeholt. Ohne Glocke können ſie ſelten über eine Minute unter Waſſer bleiben, und was man von Tauchern er— zählt, die eine Viertelſtunde oder gar ſtundenlang das Untertau— chen ausgehalten hätten, das kann nur von ſolchen gelten, die ſich einer Taucherglocke bedienten. Die aufgebrachten Muſcheln wer— den an's Ufer in die Sonne gelegt. Wenn das Thier darin ge— ſtorben iſt, ſo öffnet ſich die Muſchel von ſelbſt, und nun ſucht man die Perlen heraus. In der Regel werden von letztern nur die geſammelt, welche im Fleiſche des Thieres ſitzen; denn dieje⸗ nigen, welche ſich an der Muſchel bilden, müſſen losgeſprengt wer— den, haben alſo eine ſchadhafte Stelle, und können nur als halbe Perlen zum Beſetzen dienen. Geſtalt, Größe und Farbe der Perlen ſind verſchieden. Es giebt grünlichte, röthlichte, ſchwärz— lichte u. ſ. w. und farbenloſe Perlen. Die letztern ſind bei uns allein beliebt; die Indier ſollen die gefärbten vorziehen. Die we- nigſten Perlen haben eine regelmäßige kuglige, eirunde oder birn⸗ g 8 . 114 ! Sechſte Klaſſe. förmige Geſtalt, ſondern die meiſten ſind von mancherlei barocken Formen. Regelmäßig gebildete Perlen von Kirſchengröße oder darüber ſind ſehr ſelten und ſehr theuer, und wurden ſchon das Stück mit mehr als 100,000 Thaler bezahlt. — Aber auch die Flußperlenmuſchel (Unio margaritifera), welche durch ganz Europa in ſüßen Gewäſſern gefunden wird, liefert zum Theil recht gutes Perlmutter und ſchöne Perlen, die aber doch den ächten orientaliſchen nachſtehen, auch nicht allenthalben von gleicher Güte ſind. Die beſten finden ſich in der Elſter, einem kleinen Fluſſe in Sachſen, und in einigen ſchottländiſchen Flüſſen, daher ſie auch wol Elſterperlen und ſchottiſche Perlen genannt werden. Mit dieſen Flußperlenmuſcheln hat man auch Verſuche angeſtellt, ſie zur Perlenbildung zu zwingen, indem man entweder die Mu— ſchel von Außen anbohrte, oder kleine harte Körper, etwa Sand— körner, zwiſchen die Schalen einbrachte, in der Meinung, daß das Thier, im erſten Falle, Perlen vor der innern Oeffnung des ge— bohrten Lochs, im zweiten aber um die Sandkörner abſetzen werde. Der Erſolg ſcheint aber nicht belohnend genug geweſen zu ſein, um auf dieſe Fabrikation weiter einzugehen. — Der Byſſus oder Bart der Steckmuſcheln oder Seidenmuſcheln wurde ſchon in frühern Zeiten, d. h. vom zweiten Jahrhunderte der chriſt⸗ lichen Zeitrechnung an, benutzt, um ihn zu ſpinnen und aus den Fäden Kleidungsſtücke zu verfertigen; auch wird er noch heutiges Tages in Unter-Italien zu allerlei Kleinigkeiten, wie Handſchuhe, Strümpfe und dergleichen verarbeitet. Die alten Römer ſcheinen ſich ſeiner nicht bedient zu haben, und was ſie Byſſus nannten, waren Stoffe aus den Faſern verſchiedener Pflanzen. Es ſind mehre Arten Steckmuſcheln im mittelländiſchen Meere, von denen der Byſſus benutzt wird, beſonders Pinna nobilis, welche zuweilen an zwei Fuß mißt, mit Bartfäden von ſieben oll Länge. § 171. Mehre Schneckengehäuſe werden in verſchiedenen Gegenden von Indien und Afrika als Scheidemünze benutzt, beſonders manche kleinere Arten von Porzellanſchnecken, die unter den Namen von Kauri, Simbipuri, Otternköpfchen, Leiſte u. ſ. w. vorkommen. Eine Art dieſer Gattung hat von ihrer Anwendung den Namen Cypraea moneta erhalten. Der Werth dieſes Geldes iſt aber nicht allenthalben gleich, ſondern Weichthiere. 115 nach der Nähe oder Ferne des Fundortes verſchieden; z. B. in Bambarra (im Innern von Afrika) gelten drittehalbhundert Kau— ri's ohngefähr fo viel als ein engliſcher Schilling (7 Gr.), wäh— rend in Bengalen ihrer 2500 denſelben Werth haben, denn ſie finden ſich hauptſächlich und in großer Menge an den maldivi— ſchen Inſeln und den benachbarten Küſten. § 172. Außer den bisher angeführten Benutzungen kom— men noch viele andere Muſcheln und Schneckengehäuſe verſchie— dentlich in Anwendung, z. B. die große Dreiſpaltmuſchel oder Rieſenmuſchel (Tridacna gigas) im indiſchen Meere, welche zuweilen an fünf Fuß lang und ſechs Centner ſchwer wird, und deren Thier allein an dreißig Pfund wiegt. Letzteres wird gegeſ— fen, und die Schalen ſollen zu Backtrögen und zu Tränktrögen für das Vieh benutzt werden. — Die Muſcheln der gewöhnlichen Fluß muſchel find unter dem Namen der Malermuſcheln (Unio pictorum) bekaunt, weil ſie zur Aufbewahrung der trocknen Farben in den Malerkäſtchen benutzt werden. — Tritonshorn (Murex Tritonis L.) iſt der Name zweier großer Arten von Tritonium, deren eine in Oſtindien, die andere in Weſtindien im Meere ſich findet. Sie gleichen einigermaßen den Schneckenhäuſern, auf denen blaſend die Tritonen abgebildet zu werden pflegen. Auch ſollen noch heutzutage die Südſeeinſulaner ſich dieſer Gehäuſe zum Bla— ſen bedienen. Uebrigens kann man alle große Schneckenhäuſer mit vortretenden Windungen zu Blaſeinſtrumenten machen, indem man die Spitze derſelben abſägt und ihnen dadurch ein Mundſtück giebt, z. B. die große Flügelſchnecke (Strombus gigas), welche ebenfalls in manchen Küſtengegenden zum Blaſen gebraucht zu werden ſcheint. Noch iſt hier der Liebhaberei für große, ſchöngezeichnete oder ſchön und ſonderbar geſtaltete Muſcheln und Schneckenhäuſer Erwähnung zu thun, welche beſonders in frühern Zeiten Mode war, ohne dabei auf einen wiſſenſchaftlichen oder ſonſt nützlichen Zweck gerichtet zu fein. Der einzige Nutzen, der daraus entſprang, war das Vergnügen beim Anſchauen, welches oft ſehr theuer bezahlt wurde. Unter den Muſcheln ſtanden z. B. der polniſche Hammer (Malleus vulgaris) aus dem oſtindiſchen Meere, die ächte Venusmuf sie (Venus dione) aus dem weſtindiſchen Meere, 8 * 116 Sechſte Klaſſe. wenn ſie recht groß und ſchön waren, in hohem Werthe. Unter den Schneckenhäuſern wurde die ächte Wendeltreppe (Scalaria pretiosa, Turbo scalaris L.) oder ein ſchöner Admiral (Conus ammiralis summus oder cedo nulli) oft für 500 bis 600 Thaler gekauft; und noch im Jahre 1825 wurde, in einer Naturalien⸗ | verfteigerung in Paris, ein Conus gloria maris bis zu 3000 Francs in die Höhe getrieben. § 2173. Von ſchädlichen Weichthieren ſind hier zu⸗ vörderſt einige Muſchelthiere anzuführen, welche dadurch, daß ſie ſich in Holz einbohren, Verderben anrichten, nämlich der Holz=- bohrer und einige Arten Bohrmuſcheln, beſonders Pholas dactylus. Der Holzbohrer (Teredo navalis), auch Bohr— wurm, Pfahlwurm, Schiffwurm genannt, wird etwas über einen halben Fuß lang, lebt in Löchern, welche er ſich theils mit— telſt der beiden kleinen, ſichelförmigen, am Vorderende des Kör— pers befindlichen Muſcheln, theils mittelſt des zwiſchen denſelben nach vorn vortretenden knorpligen Fußes, unter Waſſer im Holze der Schiffe und Pfähle bohrt, und aus denen beſtändig fein Hin: terende, d. h. Athemröhre und Afterröhre, hervorragt. Im Jahre 1730 hatte ſich dieſer Bohrwurm in dem Pfahlwerke der See— dämme von Seeland und Oſtfriesland dermaßen vermehrt und daſſelbe ſo durchlöchert, daß man ſchon befürchtete, die Dämme würden der See nicht länger Widerſtand leiſten, und das Land weit und breit von der dann einbrechenden See verſchlungen wer— den. Indeß verlor ſich das Thier im nächſten Winter faſt gänz⸗ lich. Man glaubt, daß es durch die Winterkälte und durch das Zueiſen der Löcher, die es bewohnte, vernichtet worden ſei, und folgert daraus, daß es mit Schiffen aus heißen Weltgegenden an die europäiſchen Küſten verſetzt ſei. Andere hingegen meinen, daß es beſtändig an letzteren einheimiſch geweſen, und nur, weil es früher nicht häufig und zerſtörend ſich gezeigt habe, nicht bemerkt worden fei. — Die Bohrmuſcheln werden an drei Zoll lang, ſind beſonders im mittelländiſchen Meere einheimiſch, bohren ſich in Holz, Korallenſtämme und Kalkfelſen ein, und können zuwei— len, wenn ſie ſich ſtark vermehren, verderblich werden; doch iſt dieſes nie in dem Grade der Fall geweſen, wie mit dem Holz⸗ bohrer. — Ueber die Art und Weiſe, wie dieſe Thiere ſich ein— Weichthiere. 117 1 iſt bereits in baut Abſchnitte von den Wohnungen der Weichthiere die Rede geweſen. Die Landſchnecken, namentlich die größeren Schnirkel⸗ ſchnecken, und unter dieſen bei uns die gewöhnliche Wald— und Gartenſchnecke (Helix nemoralis) und die Weinbergs— ſchnecke (Helix pomatia), ferner die graue Ackerſchnecke (Li— max agrestis), ſchaden durch Abfreſſen der Blätter. Die letztere kommt auch in Kellern vor, wo Obſt, Kohl und dergleichen auf— bewahrt wird, und iſt ſowol hier, als auch in Gärten und Fel— dern, da ſie ſich zuweilen ſtark vermehrt, oft verderblich. Die Weinbergsſchnecke ſoll mitunter, beſonders in Weinbergen, durch Abfreſſen der Blätter ſehr nachtheilig werden. Der Seehaſe oder Meerhaſe (Aplysia depilans) wurde ſchon zu Dioscorides Zeiten als ein giftiges Thier betrachtet, deſ— ſen Schleim, wenn er Menſchen oder Säugthieren auf die Haut komme, das Ausfallen der Haare verurſache. Doch hat ſich dieſe Eigenſchaft deſſelben durch neuere Verſuche nicht beſtätigt. Einige Arten von Seepolypen (Octopus, Polypus der Griechen und Römer) erreichen zum Theil eine bedeutende Größe, und ſind dann gefährlich, indem ſie ſchwimmende Menſchen mit den Armen ergreifen und unter Waſſer ziehen. Ob es dergleichen Thiere mit neun Klafter langem Körper und dreißig Fuß langen Armen gebe, laſſen wir dahin geſtellt ſein. Aber die Erzählungen von derartigen Ungeheuern oder Rieſenpolypen mit ſechzig Fuß langen Armen, welche im Stande geweſen ſein ſollen, große Schiffe umzureißen, indem ſie mit den Armen den Maſtbaum ergriffen, oder die als ſchwimmende Inſeln von mehren Hundert Fuß im Durchmeſſer auf der Oberfläche des Meeres erſchienen, und dann mit der auf ſie ausgeſtiegenen getäuſchten Schiffsmannſchaft in die Tiefe des Meeres ſich verſenkt hätten, wohin auch zum Theil die Erzählungen von dem Kraken der frühern Schriftfteller zu zählen ſind, gehören in das Reich der Fabeln. ; 118 | Siebente Klaffe. Siebente Klaſſe. Annularia, Würmer, Erſter Abſchnitt. Klaſſi fikation. § 174. Diejenigen Thiere, welche ich hieher zähle, find in der vierten Ueberſicht in ſechs Ordnungen vertheilt worden. Sie zeigen aber fo bedeutende Verſchiedenheiten, daß man viel⸗ leicht jede dieſer Ordnungen als eine beſondere Klaſſe aufſtellen könnte. In den niedrigern Gattungen hat man zum Theil noch nicht einmal beſtimmte Organe, weder Mund noch After, entdeckt, und wir ſehen uns durch ſie wieder zu den Elemententhieren der erſten Klaſſe zurückverſetzt. Auch das Hauptmerkmal der ganzen Klaſſe, der geringelte oder gegliederte Körper, iſt nicht bei allen Arten deutlich zu erkennen. Unter den an jedem Körpergliede befindlichen Geſchlechtsöffnungen der Neſſelwürmer ſind Oeffnun⸗ gen zu verſtehen, durch welche die Befruchtung vor ſich geht; alſo nicht zu verwechſeln mit den Seitenlöchern mancher Rückenkiemer, durch welche zwar die Eier hervorkommen, aber nicht die Befruch- tung geſchieht. § 175. Es find in dieſer Thierklaſſe eine große Menge von Gattungen bekannt gemacht worden, unter denen wir fol— gende herausheben: Erſte Ordnung: Ohnmundwürmer. Anthocephalus, Blumenkopfwurm; Tetrarhynchus, Vierrüß⸗ ler; Echinorhynchus, Kratzer; Gymnorhynchus. Zweite Ordnung: Bandleibwürmer. Erſte Zunft: Blaſenwürmer. Echinococcus; Caenurus, Queeſe; Acrostoma: Cysticercus, Hydatide, Hydra hydatula L. (Acephalocystis, Splanchno- coccus). ; | Zweite Zunft: Neſſelwürmer. Taenia L.; Fasciola intestinalis (Ligula) IL. — Catenula; Taenia, Bandwurm; Bothriocephalus, Grubenkopf⸗ Ordnun I. Geſchlechtsöffnungen ſind entweder an jedem Gl einer Blaſe verbunden. — Cestoidea, Bandle Erfte Zunft. Cystica, Blaſenwürmen Zweite Zunft. Taenioidea, Neſtelwürm II. Geſchlechtsöffnungen entweder unbekannt, oder nur A. Ohne deutlichen Mund; meiſt auch ohn IB. Mit deutlichem Munde, auch meiſt mit i 1. Mit Borſten. — Setifera, Borftenn- Erſte Zunft. Lumbrieina, Ohnk Zweite Zunft. Tubicolaria, Köch Dritte Zunft. Nereidea, Rückenk an der ganzen Leib 2. Ohne Borſten. a. Mit Anfaugenäpfen. — Hirudinea ,)- b. Ohne Anſaugenäpfchen. . Körper meiſt gedrungen, dick (N. 6. Körper meiſt dünn, langgeſtrech. aa. Körper platt; Kopf gefranzt. bb. Körper rund, ſelten platt und oo. Mund mit vier Gruben um; 66. Mund mit vorſtreckbarem Rü 57. Mund einfach, zuweilen win Nacktmundwürmer. 2 N 0 * * \ (07 x * * fi 1 3 2) * A — 8 * 1 5 5 2 TE Wr: 5 = a ei x N — 1 N 8 A 5 1 7 Dierte Weberficht. Ordnungen und Zünfte der Würmer. I. Geſchlechtsöffnungen ſind entweder an jedem Gliede, oder ganz unbekannt; und im letzten Falle iſt der Körper mit einer Blaſe verbunden. — Cestoidea, Bandleibwürmer. C Erſte Zunft. Cystica, Blaſenwürmer. — Gar nicht oder undeutlich gegliedert; mit einer Blaſe verbunden. Zweite Zunft. Taenioidea, Neſtelwürmer. — Deutlich gegliedert; ohne Blaſe. II. Geſchlechtsöffnungen entweder unbekannt, oder nur an einem oder ein Paar Leibesringen befindlich; der Körper ohne Blaſe. A. Ohne deutlichen Mund; meiſt auch ohne deutliche Gliederung. — Astomata, Ohnmundwür mer. B. Mit deutlichem Munde, auch meiſt mit deutlicher Gliederung. 1. Mit Borſten. — Setifera, Borſtenwürmer. E Erſte Zunft. Lumbricina, Ohnkiemer. — Ohne äußere beſondere Anhängſel (Kiemen). Zweite Zunft. Tubicolaria, Köcherwürmer. — Mit äußeren Kiemen am Kopf oder Vorderleibe. Dritte Zunft. Nereidea, Rückenkiemer. — Mit äußeren Kiemen, entweder nur am Mittelkörper oder an der ganzen Leibeslänge. 5 2. Ohne Borſten. a. Mit Anſaugenäpfen. — Hirudinea, Saugegel. b. Ohne Anſaugenäpfchen. a. Körper meiſt gedrungen, dick (Meerwürmer). — Sipunculina, Dickwürmer. 6. Körper meiſt dünn, langgeſtreckt (Binnenwürmer). — Nematoidea, Dünnwür mer. aa. Körper platt; Kopf gefranzt. Caryophyllina, Blumenwürmer. . . . Erſte Zunft. bb. Körper rund, ſelten platt und dann ohne Kopffranzen. a. Mund mit vier Gruben umgeben. Porocephalina, Grubenmundwürmer. Zweite Zunft. 55. Mund mit vorſtreckbarem Rüſſel. Liorhynchina, Röhrenmundwürmer. . . Dritte Zunft. 1. Mund einfach, zuweilen winklich oder mit zwei bis drei Lippen. Haplostomata, Nadtimandwaneeee Pießte Zunft. d (Zu S. 118.) 2 Zweite Ordnung. Erſte Ordnung. Fünfte Ordnung. Sechſte Ordnung. Vierte Ordnung. Dritte Ordnung. Würmer. 119 wurm (Scolex, Schleimwurm; Triaenophorus); Ligula, Rie⸗ menwurm. Dritte Ordnung: Dünnwürmer. Erſte Zunft: Blumenwürmer. Caryophyllaeus, Nelkenwurm. Zweite Zunft: Grubenmundwürmer, Porocephalus. Dritte Zunft: Röhrenmundwürmer. Liorhynchus. Vierte Zunft: Nacktmundwürmer. Ascaris, L.; Gordius, L. — Ascaris, Spuhlwurm; Cucullanus, Kappenwurm; Strongylus, Rundwurm; Thalazia; Gnathostoma; Ophiostoma, Lippenmundwurm; Borlasia, Lang— wurm; Filaria, Fadenwurm; Gordius, Saitenwurm; Oxyuris; Trichocephalus, Haarkopfwurm; Trichina; Anguillula, Aelchen. Vierte Ordnung: Dickwürmer. Sipunculus, L. — Molpadia; Minyas; Priapulus, Pria⸗ pel; Sipunculus, Sipunkel; Bonellia; Lithoderma. Fünfte Ordnung: Borſtenwürmer. Erſte Zunft: Ohnkiemer. Lumbricus, L. — Lumbricus, Regenwurm; Tubifex; Siphonostoma; Thalassema; Sternaspis; Echiurus; Chaetoga- ster; Nais, Naide; Dero; Xantho; Glymene. 0 Zweite Zunft: Köcherwürmer. Serpula, L. Sabella, L. — Serpula, Röhrenwurm; Amphicora; Sabella, Wurmköcher; Terebella; Amphitrite; Spir- orbis, Sabellina, Chloraema. Dritte Zunft: Rückenkiemer. Nereis, L. Aphrodita, L. — Nereis, Nereide; Eu- nice; Lysidice; Aglaura; Aphrodita, Seeraupe; Polynoe; Si- galion; Amphinome; Arenicola, Sandwurm. * 7 120 Siebente Klaffe. Sechſte Ordnung: Saugegel. Hirudo, L. — Hirudo, Blutegel; Haemopis; Pontobdella, Warzenegel; Piscicola; Aulacostoma; Phylline, Schmarotzeregel; Helluo. Zweiter Abſchnitt. Aeußere körperliche Beſchaffenheit. § 126. Der Körper der Würmer iſt weich, mehr oder weniger deutlich in Glied er oder Ringe getheilt. Gegliedert iſt er beſonders bei den Neſſelwürmern, geringelt bei den übrigen Ordnungen; jedoch ſind bei vielen die Glieder und Ringe ſehr undeutlich, ſo daß man die Einſchnitte zuweilen gar nicht erkennt. Hieher gehören, unter den Bandleibwürmern, beſonders die Bla— ſenwürmer; unter den übrigen mehre Ohnmundwürmer, und ſelbſt einige Arten der Naiden und Regenwürmer, die ſonſt ſehr deut- lich geringelt ſind. Der Körper von Sternaspis iſt nur oberwärts deutlich geringelt, unterwärts aber ganz glatt. Bei den Regen⸗ würmern bilden einige ſtärkere und röther gefärbte Ringe am Vor⸗ derkörper einen beſondern Gürtel. Die Muskeln, aus denen der Wurmkörper beſteht, laſſen ſich in den größern Arten dieſer Thiere beſtimmt und deutlich unterſcheiden, und zeigen ſich als Längs- und Queer-Muskeln. Bei den größern Nacktmundwür⸗ mern geben ſich die Zwiſchenräume der Längsmuskeln zum Theil als Längslinien zu erkennen, deren z. B. an den großen Spuhl- würmern (Ascaris lumbricoides) vier, nämlich eine am Bauche, eine am Rücken, eine in jeder Seite, bei dem großen Rundwurme (Strongylus gigas) acht u. ſ. w. vorhanden ſind. Auch für ſich bewegliche Theile des Körpers, z. B. der Rüſſel der Kratzer, ha= ben ihre beſondern Muskeln. An den größern Borſtenwürmern und Saugegeln ſieht man, daß der Körper mit einer zarten Ober— haut bekleidet iſt. Die Geſchmeidigkeit und Schlüpfrigkeit vieler Würmer, beſonders der Regenwürmer und Saugegel, rührt von dem Schleime her, welcher die ganze Oberfläche bedeckt und aus feinen Oeffnungen hervordringt, die ſich reihenweiſe auf dem Rücken oder an den Seiten des Körpers befinden. Bei einigen find dieſe Oeffnungen auf Warzen befindlich (z. B. bei den War⸗ zenegeln) und der Schleim ſondert ſich aus Hautdrüſen ab; bei Würmer, 55 121 Chloraema ſitzen dieſe Schleimorgane als geſtielte Drüſen am Kör— per, und dieſer iſt ganz mit einer dicken Gallertlage umgeben. Von den innern Schleimorganen wird ſpäter die Rede ſein; von mehren ſonſtigen Oeffnungen an verſchiedenen Stellen des Kör— pers in den Abſchnitten über Athmungsorgane und Geſchlechts— organe. Außerdem iſt aber bei vielen Würmern die Oberfläche des Körpers noch mit mancherlei andern Bekleidungen und Anhängſeln verſehen. Die Borſtenwürmer ſind mehr oder we— niger mit Haaren oder Borſten, zum Theil außerdem noch mit Stacheln (Seeraupe, Aphrodita aculeata), ſeltner mit Ha— ken (Tubifex uncinarius, Amphicora sabella) bekleidet, welche alle, ſowol in Form, Größe und Anzahl, als auch in ihrer Ver— theilung und Stellung, viele Verſchiedenheiten darbieten. Am häufigſten ſind ſie an den Seiten des Körpers, wo ſie meiſt auf fleiſchigen Fortſätzen oder Höckern ſitzen, welche von manchen Na— turforſchern Füße genannt werden. Andere Anhängſel befinden ſich bei verſchiedenen Würmern am Hinterende des Körpers, z. B. die Männchen der Rundwürmer haben hier blaſenförmige oder häutige Anhängſel, die zum Theil durch Rippen ausgeſpannt wer— den; die Priapeln ein aus dem After vorhängendes Fadenbündel; manche Borſtenwürmer fadenförmige oder ſonſtige Anhängſel, theils auch fühlerförmige Organe an andern Theilen des Körpers. Die Seeraupen und Polyno& haben auf dem Rücken zwei Reihen Schienen, die bei einigen der erſten noch mit einem filzigen Ueberzuge bekleidet find, Lithoderma iſt mit einer körnigſteinigen Kruſte umgeben. Die Körperform iſt bei den meiſten geſtreckt drehrund; bei den Bandleibwürmern plattgedrückt bandförmig. Jedoch kommen auch unter letztern einige Arten mit drehrundem Körper vor; und bei mehren Kratzern hat man beobachtet, daß ſie im Leben und an ihrem natürlichen Aufenthalte einen platten Körper haben, der aber im Waſſer anſchwillt und rund wird. Unter den Dünnwürmern haben die Blumenwürmer und die Gru— benmundwürmer einen mehr platten Körper; die übrigen, und na= mentlich die Nacktmundwürmer, ſind geſtreckt drehrund, und zwar entweder fadenförmig (z. B. Fadenwürmer) oder nach vorn dünner (s. B. Haarkopfwürmer) oder nach hinten dünner (3. B. Oxyuren). Die Borſtenwürmer ſind geſtreckt, meiſt drehrund cylindriſch, oder 122 Siebente Klaſſe. doch wenigſtens ziemlich gleichbreit, ſelten oval (z. B. die See⸗ raupen) oder an einem Ende merklich dicker (z. B. die Sandwür⸗ mer). Die Saugegel ſind meiſt gedrungener und weniger rund. Auch die Dickwürmer find kürzer, und unter ihnen haben Litho- derma und Bonellia einen eirunden, Minyas aber einen faſt kugel⸗ runden Körper. Noch find hier die Blaſenwürmer zu betrach⸗ ten, welche man früher auch unter dem Namen von Hydatiden oder Waſſerblaſen begriff, und dann auch andere krankhaft entſtandene Waſſerblaſen, die mit dem Thiere, in dem ſie ſich fanden, organiſch zuſammenhingen, und alſo keine ſelbſtſtändige Thiere waren, mit ihnen vereinigte. Sie ſind theils mikroſkopiſch kleine, rundliche, ungegliederte und ungeringelte Thierchen, die in einer Waſſerblaſe frei umherſchwimmen (Echinococeus); theils ſind ſie geſtreckt, queerrunzlig, hinten in eine Blaſe ſich endigend, und zwar entweder ſo, daß mehre Körper gemeinſchaftlich Eine Blaſe haben (Queſe, Coenurus), oder ſo, daß nur Ein Körper zu ſolcher Blaſe gehört (Hydatide, Finne, Cysticercus). Auch unter den Ohnmundwürmern giebt es eine Gattung (Blumenkopf⸗ wurm), deren Körper ſich in eine Blaſe endigt, in welche er ſich ganz zurückziehen kann. Die Größe der Würmer iſt ſehr ver— ſchieden. Unter den Bandleibwürmern haben wir eben die Thier⸗ chen des Echinococcus als mikroſkopiſch kleine Geſchöpfe kennen gelernt; es giebt aber auch unter den Neſſelwürmern Arten, welche nur ein paar Linien lang werden, während andere (z. B. der langgliedrige Bandwurm, Taenia solium) zuweilen 90 Fuß lang werden ſollen. Uebertrieben aber iſt es, wenn die Länge derſel— ben zu 100 oder gar zu 300 Ellen angegeben wird. So finden ſich auch unter den Nacktmundwürmern Thiere von ſehr verſchie— dener Länge. Die Zitterthierchen wurden früher, wegen ihrer ſehr geringen Größe, zu den Aufgußthierchen gezählt; und auch unter den Fadenwürmern giebt es Arten, die noch nicht die Länge einer Linie erreichen, während der Langwurm an 88 Fuß lang wird und ſich bis zu 15 Faden ausdehnen kann. Hinſichtlich der Farbe zeichnen ſich die Würmer eben nicht aus. Unter den Bor: ſtenwürmern haben einige Arten ſchöne ſchillernde Farben; befon- ders fällt in dieſer Beziehung die Seeraupe (Aphrodita aculeata) durch den lebhaften und mannigfaltigen Metallglanz ihrer langen Würmer. 123 Haare angenehm in die Augen, und hat daher auch den Namen Goldwurm erhalten. | 8 177. Wenn das äußerſte Vorderende des Körpers, an dem der Mund befindlich iſt, ſich durch ſtärkere Ausdehnung aus⸗ zeichnet oder durch eine Einſchnürung von dem übrigen Körper getrennt iſt, ſo nennt man daſſelbe den Kopf. Auch pflegt man wol jenen ausgedehntern Theil, ſelbſt wenn er keinen Mund hat, oder das Mundende, wenn es auch nicht geſondert iſt, ſo zu nen— nen. Es giebt Würmer, welche weder einen abgeſetzten Kopf, noch einen Mund haben, z. B. Catenula, einige Fadenwürmer u. ſ. w. Am vollſtändigſten iſt der Kopf ausgebildet bei den Nereiden. a ö $ 128. Der Mund fol allen Ohnmundwürmern fehlen; doch können die Kratzer vorn ein rüſſelförmiges Organ hervorſtülpen, von dem einige Beobachter glauben, daß es zum Einſaugen der Nahrungsflüſſigkeit diene. Aus dem Umſtande, daß dieſe Thiere im Waſſer anſchwellen, hat man geſchloſſen, daß ſie durch die Oberfläche des Körpers einſaugen, was auch durch die Entdeckung von Hautporen, die zuweilen ſehr groß ſind, be— ſtätigt zu werden ſcheint. Die Blafenwürmer haben am Kopfe vier in ein Viereck geſtellte Saugmündungen, und in der Mitte, zwiſchen jenen, einen Kranz beweglicher Haken; Acrostoma aber, welche übrigens den Hydatiden ähnlich iſt, hat einen einfachen zweilippigen Mund. Unter den Neſſelwürmern kommen die Bandwürmer, durch vier Mündungen und einen Hakenkranz, mit den Blaſenwürmern überein; die Grubenkopfwürmer haben, ſtatt der Mündungen, zwei oder vier blinde Vertiefungen, dergleichen ſich auch bei einigen Ohnmundwürmern (z. B. bei den Vierrüß⸗ lern) finden. Catenula und Riemenwürmer haben gar keinen Mund. Uebrigens aber iſt es von mehren Beobachtern noch zwei— felhaft gemacht worden, ob die erwähnten vier Saugmündungen wirklich zum Einſaugen und nicht vielmehr nur zum Anſaugen dienen möchten. Viele Bandwürmer können vorn einen Rüſſel hervorſtrecken, an deſſen Spitze man bei einigen eine Mündung geſehen hat (z. B. an Taenia calycina, osculata; sphaerophora), welche jedoch vielleicht nur daher rührte, weil der Rüſſel noch nicht ganz ausgeſtülpt war. Indeß meinen Einige, daß die Bands 124 Siebente Klaſſe. würmer überhaupt in der Mitte des Hakenkranzes, und eben ſo die Grubenkopfwürmer vorn in der Mitte des Kopfes, den eigent⸗ lichen Mund haben. Manche glaubten auch, daß die Seitenöff⸗ nungen der Glieder und die aus denſelben vortretenden rüſſelför⸗ migen Organe, von denen ſpäter unter den äußern Geſchlechts⸗ organen die Rede ſein wird, Nahrung einzögen. Die meiſten Dünnwürmer haben einen einfachen Mund; an den Spuhl⸗ würmern iſt er gewöhnlich mit drei kleinen Anſchwellungen umge⸗ ben, die man auch wol Lippen nennt; an Gnathostoma iſt er von einer Falte umgränzt, welche vorn in drei vorſchiebbare harte Spitzen (Kinnladen?) ausläuft; an den Lippenmundwürmern iſt er zweilippig; an den Grubenmundwürmern mit vier Vertiefun⸗ gen umgeben; an den Röhrenmundwürmern mit einem vorſtreck— baren Rüſſel. An einigen Fadenwürmern hat man bis jetzt noch keinen Mund entdecken können. Unter den Dickwürmern kön⸗ nen Bonellia und Sipunculus einen Rüſſel aus dem Munde her⸗ vorſtrecken, oder vielmehr der Mund befindet ſich am Ende des Rüſſels. Eben ſo verhält es ſich mit vielen Borſtenwürmern, beſonders aus den Zünften der Ohnkiemer und der Rückenkiemer⸗ Man glaubte, daß dieſer Rüſſel der hervorgeſtülpte Schlund oder Magen ſei. Siphonostoma ſoll über dem eigentlichen Munde eine zweite Einſaugemündung haben, von welcher auch eine beſondere zweite Speiſeröhre ausgeht ()). Der Mund der Saugegel iſt in der vordern Saugſcheibe. Viele Würmer haben bewegliche Kinn— laden oder Zähne im Munde. In der Ordnung der Dünn⸗ würmer hat Gnathostoma zwei (oder drei) Kinnladen; unter den Dickwürmern finden ſich dergleichen bei Molpadia und den Pria⸗ peln. Viele Rückenkiemer haben hakenförmige oder gezähnte, ho⸗ rizontal gegen einander ſich bewegende Kinnladen von verſchiede⸗ ner Größe und Zahl; meiſt ein Paar, zuweilen aber mehre (3. B. Eunice, Lysidice) bis fünftehalb Paar (z. B. Aglaura); einige haben außerdem noch mehre ſpitze Zähne. — Die eigentlichen Blutegel (Hirudo) haben drei halbkreisförmige Kinnladen mit ge⸗ zähnelter Schneide; andere Saugegel haben ſtatt der Kinnladen nur erhöhete Falten (z. B. Helluo, Aulacostoma); jedoch will man beobachtet haben, daß zuweilen die Kinnladen are ge⸗ hen, und dann ſolche Falten übrig bleiben. n. | — Würmer. i 125 898 179. Viele Würmer haben am Kopfe mancherlei An⸗ hängſel. Die Vierrüßler vorn vier rüſſelförmige zurückziehbare Fortſätze; die Grubenkopfwürmer verſchiedene Zierrathen und be— wegliche Organe, zuweilen wie krauſe Blumenblätter oder hohle zurückziehbare Fühler. Unter den Köcherwürmern haben die Röh— renwürmer und Spirorbis vorn, neben den Kiemen, zwei fleiſchige Fäden oder Stiele, deren einer am Ende ſcheibenförmig oder trich— terförmig oder kolbenförmig ausgedehnt iſt und Deckel genannt wird, weil, beim Zurückziehen des Thieres, die Oeffnung des Ge— häuſes mittelſt deſſelben geſchloſſen wird. Mehre ältere Natur- forſcher glaubten irrig, daß in der Mitte des Deckels der Mund ſich befinde. Manche Ohnmundwürmer, nämlich die Kratzer, ſind an dem Rüſſel mit Haken bewaffnet, und des Hakenkranzes der Bandleibwürmer iſt bereits Erwähnung geſchehen; dieſe Haken gehen aber oft bei ältern Thieren ganz verloren. Auch einige Dünnwürmer haben am Vorderende Stacheln oder Haken, welche vorgeſtreckt und zurückgezogen werden können (z. B. manche Gru— benmundwürmer, Gnathostoma, Ascaris echinata). Einziehbare, um den Mund geſtellte Fühler haben z. B. die Sipunkel und Lithoderma unter den Dickwürmern, und einige Arten von Terebella unter den Köcherwürmern. Am häufigſten aber trifft man ſie bei den Rückenkiemern an, wo ſie theils gegliedert, theils fleiſchig zurückziehbar, übrigens aber ſowol der Zahl als der Länge nach ſehr verſchieden ſind. § 180. Was die Sinnesorgane der Würmer betrifft, ſo kann man wol die Fühler als die Organe des feinern Ge— fühls oder des Taſtens betrachten. Mehre Borſtenwürmer und Saugegel haben am Kopfe oder Vorderende zwei bis acht, ſelten noch mehre, kleine ſchwarze, etwas erhobene Punkte, welche man für Augen hält. Andere Naturforſcher wollen in ihnen nur Hautdrüſen oder Fühlerrudimente erkennen. An den Nereiden ſind ſie, nach den Unterſuchungen Müllers, Anſchwellungen des Seh— nervens, mit ſchwarzem Pigment überzogen, ohne durchſichtige Theile. Danach könnte man ſie alſo nur für rudimentäre Augen halten, zur Unterſcheidung von Licht und Finſterniß; doch hat Grube an den Augen der Amphinome carunculata die Pupille und einen dunkler gefärbten Rand, und Krohn an denen eines 126 Siebente Klaffe. andern Rückenkiemers faſt alle Theile des Auges der höhern Thiere erkannt. Nach Ehrenberg ſoll Amphinome an jedem der bei- den Körperenden zwei Augen haben. Daß die Würmer den Sinn des Geſchmacks beſitzen, iſt wol nicht zu bezweifeln. Auch glaubt man aus mehren Beobachtungen ſchließen zu dürfen, daß die Blutegel riechen können. Ueber die Organe dieſer beiden Sinne weiß man aber Nichts. § 181. Aeußere Bewegungsorgane find, abgeſehen von den Muskeln, theils die Anſaugenäpfe der Saugegel, die Saugmündungen und Gruben der Bandleibwürmer, die Bauch⸗ warzen des Chaetogaster; theils Stacheln und Borſten der Borſtenwürmer; theils mancherlei Anhängſel am Hinterende des Körpers, wie z. B. bei Xantho. Die Funktionen aller dieſer Organe ſollen fpäter, wo von der Bewegung der Würmer aus: führlicher die Rede ſein wird, erläutert werden. § 182. Alle diejenigen Würmer, welche keine beſondern äußern Athmungsorgane haben, athmen (wenn überhaupt für alle das Athmen durchaus nothwendig iſt) wahrſcheinlich durch die Oberfläche des Körpers, beſonders durch Poren, die ſich an verſchiedenen Stellen des Körpers befinden; jedoch iſt Vieles, was hierüber bekannt gemacht iſt, entweder irrig oder doch noch ſehr ungewiß. So glaubte man und glaubt zum Theil auch noch, daß die Poren an den Gliedern der Bandwürmer zum Athmen dienten; daß die Spuhlwürmer Seitenporen hätten, welche zu innern Luftröhren führten; daß an Thalazia vier um den Mund befindliche Poren, an Porocephalus und Regenwürmern die auf dem Rücken und am Bauche ſich öffnenden Poren, an den Blutegeln die Seitenporen, mit innern Athmungsorganen in Verbindung ſtänden. Manche Grubenkopfwürmer ſind äußerlich mit kleinen platten Körnern beſetzt, welche Eſchricht für Analoga von Kiemen halten möchte, die vielleicht mit dem Gefäßſyſtem zu- ſammenhängen. Die Seeraupen ſollen das Athemwaſſer nach Einigen durch Seitenporen, nach Andern durch Eine große Oeff— nung im Nacken, und wieder nach Andern durch eine ſolche Oeff— nung am Hinterende einziehen. Von den Ohnkiemern und Saug⸗ egeln nehmen einige Naturforſcher im Allgemeinen an, daß ſie gar keine beſondern Athmungsorgane haben, ſondern daß die Würmer, 127 Haut ſelbſt, mittelſt des auf ihr verbreitetem Gefäßnetzes, die Stelle derſelben vertrete. Theils will man auch bemerkt haben, daß manche Blutegel und Naiden Luft durch den Mund ein— ziehen. Nach andern Beobachtungen wäre bei den augenloſen Naiden das Hinterende, welches mit Haaren beſetzt iſt, durch deren Bewegung im Waſſer ein Strudel hervorgebracht wird, das Athmungsorgan. Theils wird auch das hintere Fadenbündel des Priapulus für ein Athmungsorgan gehalten. Die Köcher— würmer und Rückenkiemer haben äußere Kiemen, welche in Stellung, Größe und Form ſehr verſchieden ſich zeigen. Meiſt find fie fadenförmig, pinfelförmig, federförmig, kammförmig, äſtig, theils auch ſchuppenförmig oder floſſenförmig; bei mehren Rücken— kiemern ſitzen ſie an den Seiten des Körpers als fleiſchige Kegel oder warzenartige Stiele, oder als häutige und lappenförmige Anhängſel. Ob aber alle dieſe Theile wirklich Kiemen ſind, iſt noch die Frage, da man nicht an allen Gefäße entdeckt hat. Man könnte dann auch die blattförmigen Anhängſel am Hinterende der Gattung Dero unter den Ohnkiemern für Kiemen halten. Sa— bellina hat am Vorderende fadenförmige, am Hinterende haar— förmige Kiemen. § 183. Was die Geſchlechtsverhältniſſe der Wür— mer betrifft, ſo ſind die Ohnmundwürmer und die Dünnwürmer getrennten Geſchlechts, die übrigen Zwitter. Jene haben alſo nur Eine äußere Geſchlechtsöffnung; dieſe in der Regel Zwei. Doch finden auch Ausnahmen ſtatt. An den Ohnmund— würmern iſt die Geſchlechtsöffnung am Hinterende des Körpers. So auch in der Regel an den Dünnwürmern, wo ſie dann entweder mit dem After in Einer Vertiefung oder kurz vor dem— ſelben liegt. Die Männchen ſind meiſt etwas kleiner als die Weibchen. Bei Porocephalus taenioides ſoll, nach einer Beob— achtung, die männliche Geſchlechtsöffnung nicht weit vom Munde. ſein, nach einer andern Angabe aber ſoll ſie im Nacken als zwei Oeffnungen ſich zeigen; an einigen Fadenwürmern (Filaria pa- pillosa) ſoll ſie ebenfalls nicht weit vom Munde liegen, was aber auch von Andern geläugnet wird. Eine noch größere Verſchie— denheit ſoll bei den Dünnwürmern in der Lage der weiblichen Geſchlechtsöffnung ſtatt ene denn ſie iſt theils an oder kurz 128 Siebente Klaſſe. vor der Schwanzſpitze, theils faſt in der Mitte oder am erſten Drittel des Körpers; bei den meiſten Fadenwürmern dicht neben dem Munde; auch der Langwurm ſoll ſie am Rande des Mun— des haben. Nach Bertholds Beobachtungen ſoll der Saiten— wurm ein Zwitter ſein und die männliche und weibliche Oeffnung mit dem After in einer gemeinſchaftlichen Kloake liegen; nach Andern iſt er getrennten Geſchlechts, und die weibliche Oeffnung in der Mitte des Körpers, die männliche, aus welcher eine Ruthe hervortritt, unter dem Hinterende gelegen. Die Neſtelwürmer haben am Rande oder auf der Fläche eines jeden Gliedes zwei Poren dicht neben einander, von denen der größere die weibliche, der kleinere die männliche Oeffnung iſt; letzterer iſt aber oft ſo klein und ſo dicht neben dem weiblichen gelegen, daß man ihn leicht überſieht. Nach andern Angaben wäre die größere Oeffnung die männliche, die kleinere die weibliche. An manchen Gruben- kopfwürmern (3. B. Bothr. punctatus) liegen die männlichen Oeffnungen an der einen Fläche, die weiblichen an der andern. Unter den Dickwürmern hat der Sipunkel die Geſchlechts— öffnung an der Seite des Körpers, etwas hinter dem After; Bonellia aber an der Baſis des Rüſſels. Die Borſtenwür— mer ſind Zwitter; nur die Seeraupen und vielleicht auch die Nereiden ſollen getrennten Geſchlechts ſein. Bei mehren hat man an der Unterſeite, theils mehr nach vorn, theils mehr nach hin= ten, niemals aber am Ende des Körpers, zwei bis vier Geſchlechts— öffnungen gefunden. Die Naiden haben deren jederſeits zwei, am IIten und 12ten Segment, von denen jene die männlichen, dieſe die weiblichen ſind. Amphinome, Seeraupen, Nereiden, Sandwürmer haben feine Oeffnungen an den Wurzeln der Füße, durch welche die Eier hervortreten ſollen. Echiurus hat vorn an der Unterſeite zwei Paar Oeffnungen, von denen die vordern die männlichen, die hintern die weiblichen find. Bei den Regenwür— mern hat einer der zwiſchen dem 12ten und I7ten liegenden Ringe unterwärts zwei weibliche Oeffnungen; außerdem aber jederſeits am Gürtel zwei bis vier Poren, die nach Savigny den männ⸗ lichen Samen aufnehmen ſollen, alſo auch weibliche Oeffnungen fein müſſen; an der Unterſeite des Iten und 10ten Ringes vier Poren, aus denen, nach Leo, der männliche Samen hervorkommt, Würmer. We 129 die alfo männliche Oeffnungen wären. Ueber den Ausgang der Eier der Regenwürmer ſind die Meinungen verſchieden, wie wir ſpäter ſehen werden. Unter den Saugegeln haben die Blut⸗ egel unterwärts, am erſten Drittel oder in der Mitte des Körpers, zwei Oeffnungen, deren vordere die männliche, die hintere die weibliche iſt; in der Gattung Helluo aber ſoll nur die weibliche Oeffnung am Bauche, die männliche hingegen an der linken Seite des Rückens liegen. An mehren Würmern ſah man aus der männlichen Oeffnung die Ruthe hervortreten. Am Kratzer (Echinorhynchus gigas) ſtülpt fie ſich glockenförmig hervor, und an andern Kratzern und Vierrüßlern treten die männlichen Ge— ſchlechtsorgane zuweilen als verſchiedengeſtaltete Anhängſel hervor; an mehren Neſtelwürmern tritt aus der männlichen Oeffnung ein geſtrecktes Organ (lemniscus) hervor, welches man für die Ruthe hält. Die bei den Dünnwürmern nicht ſelten vortretende Ruthe iſt entweder einfach oder doppelt, übrigens von verſchiedener Form. An den Rundwürmern tritt ſie aus der Schwanzanſchwellung vor; an den Haarkopfwürmern aus einer beſondern Scheide. Auch an den Egelwürmern ragt ſie zuweilen hervor. Bei den Regenwürmern hat man in einigen kleinen warzenförmigen oder keulenförmigen Vorragungen unterwärts an verſchiedenen Stellen des Vorderleibes männliche Ruthen zu erkennen geglaubt; da ſie aber undurchbohrt ſind und mit den innern Geſchlechtsorganen in keiner Verbindung ſtehen, auch, wie es ſcheint, bei der Begattung nicht in die weibliche Oeffnung dringen, ſo werden ſie wol nicht zu den eigentlichen Geſchlechtstheilen zu zählen ſein. 8 184. Einen After haben die meiſten Würmer, und zwar am Hinterende des Körpers; die Borſtenwürmer meiſt et⸗ was nach oben, feltener am Hinterende ſelbſt (z. B. Clymene), oder hinten am Bauch (z. B. Sternaspis). Er bildet meiſt eine ſehr kleine Oeffnung und wurde deshalb früher bei den Blutegeln ganz überſehen, ſo daß man glaubte, dieſe Würmer ſpritzten die Unreinigkeiten durch die Haut aus. Die Sipunkel haben den After an der Baſis des Rüſſels. Auch bei den Bandwürmern will man am letzten Gliede einen After entdeckt haben, jedoch iſt dieſer noch zweifelhaft. Er fehlt aber den Ohnmundwürmern, an denen manche die Hautporen als Auswurfsöffnungen betrachten. 15 | 9 130 Siebente Klaſſe. Auch denjenigen Fadenwürmern, an denen man keinen Mund ent⸗ decken konnte, ſoll er fehlen; an den Saitenwürmern wollen Ei⸗ nige ihn geſehen haben, Andere läugnen ſein Daſein. Dritter Abſchnitt. Innerer Bau. 8 185. Manche Würmer ſcheinen gar keine, oder nur ſehr unvollkommen ausgebildete innere Organe zu haben, z. B. die Blaſenwürmer und mehre Bandleibwürmer. Unter letztern kom⸗ men ſelbſt große Würmer vor, namentlich die in Fiſchen lebenden Riemenwürmer, welche gar keine innern Organe haben, ſondern deren ganzer Körper nur aus einer gleichartigen körnigſchleimigen Maſſe beſteht. In den übrigen Ordnungen erkennt man mehr oder weniger deutlich die Leibes höhle, in welcher ſich die in- nern Organe befinden. Dieſe Höhle iſt bei den Borſtenwürmern Hund Saugegeln mit einer Haut, dem Bauchfell, ausgekleidet, welche in ſehr vielen derſelben Scheidewände oder Zwergfelle bildet, wodurch die Leibeshöhle ſelbſt in mehre Kammern ge⸗ theilt wird. | § 186. Der Nahrungskanal, wenn er vollſtändig aus- gebildet iſt, beſteht aus der Speiſeröhre, dem Magen und dem Darm. Ein ſolcher Nahrungskanal fehlt allen denjenigen Wür⸗ mern, welche weder Mund noch After haben, alſo den Ohnmund⸗ - würmern Man hat zwar in dieſen Thieren Kanäle und Ge⸗ fäße entdeckt, die man als Ernährungsorgane betrachten kann, aber in den Angaben und Anſichten der Beobachter über dieſe Organe herrſchen noch manche Verſchiedenheiten und Widerſprüche. In den Kratzern, beſonders in Echinorhynchus gigas, iſt Folgen: des gefunden: Der Rüſſel kann ſich nach Innen in eine Art Scheide zurückziehen, von welcher zwei Organe hinabhängen, die in den verſchiedenen Arten von verſchiedener Geſtalt und Länge ſind. Gewöhnlich ſind ſie bandförmig geſtaltet, weshalb man ſie lemnisci genannt hat. Götze hielt fie für Zugbänder des Rüſ⸗ ſels, Cuvier für Blinddärme, Oken für Eierſtöcke. In ihnen verzweigt ſich von ihrer Wurzel aus ein Gefäßſtamm; und mehre Fäden, durch welche ſie mit der Körperwand zuſammenhängen, er j Würmer. 131 werden ebenfalls für Gefäße gehalten. Außerdem ziehen ſich durch den Körper ein Paar ſtarke Längsgefäße, die ſich verzwei⸗ gen und unter der Oberhaut des Körpers ein Gefäßnetz bilden. Nun glaubt man, daß das letztere mit den Hauptporen in Ber: bindung ſtehe, alſo dem Einſaugeſyſtem angehöre, der Gefäß— ſtamm der lemnisci aber aus dem Rüſſel entſpringe und die von demſelben eingeſogene Nahrung aufnehme. Im Nacken dieſer Würmer will man zwei Oeffnungen gefunden haben, in welche ſich, nach Mehlis, die lemnisei, nach Cloquet aber die zwei Längsgefäße ausmünden ſollen. Der erſte betrachtet die lemnisei als Organe, welche eine ätzende Flüſſigkeit ausſondern, um die— jenige Stelle mürbe zu machen, wo ſich der Wurm einbohren will; die beiden Längsgefäße aber betrachtet er als einen geſpal— tenen Nahrungskanal. Die Vierrüßler haben im Kopfende vier bohnenförmige oder cylindriſche Organe, die durch Röhren mit den vier Rüſſeln in Verbindung ſtehen und vielleicht Verdauungs— organe ſind, oder zur Bewegung der Rüſſel dienen. In der Ordnung der Bandleibwürmer hat man bei den Hydatiden zwei bis vier Längskanäle entdeckt, die von den Saugmündungen ausgehen ſollen und daher für Nahrungskanäle gehalten werden. Bei den Bandwürmern hat man einen bis vier ſolcher Längs— kanäle entdeckt, von denen Einige behaupten, daß ſie in die vier Saugmündungen, Andere, daß ſie nicht in dieſe, ſondern in einen Centralmund übergehen, wieder Andere, daß ſie weder in dieſen noch in jenen übergehen, ſondern ein geſchloſſenes Gefäßſyſtem bilden. Die Kanäle ſelbſt ſtehen durch Queerkanäle in Verbin⸗ dung. Die Grubenkopfwürmer ſollen im Kopfende vier ähnliche Organe haben, wie die kurz zuvor bei den Vierrüßlern befchrie- benen (vielleicht die vier Gruben?) die Längskanäle vereinigen ſich vor dem Kopfe und gehen in einen Centralmund über, haben auch in ihrem Verlaufe keine Queerkanäle. In Catenula erſtreckt ſich der Nahrungskanal durch den ganzen Körper, hat bei jedem Gliede eine Einſchnürung und daſelbſt auch eine Seitenöffnung; an beiden Enden aber iſt er blind geſchloſſen. Im Sipunkel erſtreckt ſich der Nahrungskanal vom Munde bis zum Hinterende und biegt ſich dann, ſpiralförmig um ſich ſelbſt windend, zum After zurück. In den Dünnwürmern geht er entweder in * 9* 132 Siebente Klaſſe. gradem Zuge vom Munde zum After, oder hin und wieder etwas gewunden; ſelten iſt er in ſeinem ganzen Verlaufe von gleichem Durchmeſſer, ſondern öfters an verſchiedenen Stellen eingeſchnürt oder von ungleichem Durchmeſſer; in ſeinem ausgebildetſten Zu⸗ ſtande kann man eine engere Speiſeröhre, einen erweiterten Ma⸗ gen und den Darm beſtimmt unterſcheiden. In den Kappen⸗ würmern liegt der Magen gleich hinter dem kappenförmigen Kopfe. Die mund⸗ und afterlofen Fadenwürmer haben auch keinen Nah⸗ rungskanal. Der Nahrungskanal der Borſtenwürmer ſtimmt im Weſentlichen mit dem der Dünnwürmer überein. Er wird durch die Zwergfelle der Leibeshöhle und durch Gefäße in ſeiner Lage erhalten und erreicht, wenn er gewunden iſt, zuweilen eine anſehnliche Länge, z. B. in den Thalaſſemen iſt er zwölfmal ſo lang als der Körper Speiſeröhre, Magen und Darm ſind öfter und noch beſtimmter zu unterſcheiden als bei den Dünnwürmern; in den Amphinomen öffnet ſich die Mundhöhle durch einen Spalt unmittelbar in den Magen. In der Siphonostoma, welche einen doppelten Mund hat, geht von jedem Munde eine Speiſeröhre aus; beide Speiſeröhren kommen in einer großen Blaſe und in dem Darm zuſammen, ſo jedoch, daß die obere mehr mit der Blaſe, die untere mehr mit dem Darm vereinigt iſt. Die Blaſe ſoll nicht ſowol ein Magen, als vielmehr ein Saugorgan ſein. In den Saugegeln iſt der Magen oft durch vorſpringende Häute in mehre Fächer getheilt, die aber durch wehen unter ſich zuſammenhängen. § 187. Einige Borſtenwürmer und mehre Saugegel ha⸗ ben am Nahrungskanal, beſonders am Magen, Blinddärme, die ſowol nach Zahl, Geſtalt und Größe, als auch nach ihrer Anheftungsſtelle, verſchieden ſind; bei einigen Blutegeln und See⸗ raupen (z. B. bei Hirudo variegata und bei Aphrodita aculeata) ſind ſie äſtig. Eine Art der Spuhlwürmer (Ascaris spiculigera) hat ebenfalls zwei Blinddärme am Darm. Einige Spuhlwürmer und Rundwürmer haben ein paar Organe, die den lemniscis der Kratzer entſprechen; und ein ähnliches Organ findet ſich in einer Art Fadenwürmer (Filaria piscium). Die Borſtenwürmer haben eine Leber, die ſich durch ihre gelblichte oder braune Farbe zu erkennen giebt. Sie iſt um Magen und Darm gelagert, grö⸗ Wiürmer. 133 ßer oder kleiner, zuweilen nur aus wenigen kleinen Drüſen be⸗ ſtehend (z. B. in Sternaspis und den Nereiden), und öffnet ſich durch feine Gänge oder Poren in den Darm oder in den Magen. Wahrſcheinlich gehören hieher auch die Drüschen, mit denen bei einigen Naiden Magen und Darm beſetzt ſind, und durch welche, nach Gruithuyſen, der Nahrungsſaft in die Leibeshöhle ergof- ſen werden fol, Nach Morren wären im Spuhlwurm die bei⸗ den Seitenlängslinien, die als ſchmale weiße Bänder erſcheinen, und die von Andern für Muskeln oder Nerven gehalten werden, die Leber. In mehren Borſtenwürmern hat man Speichel- drüſen gefunden, die ſich in den Mund oder in die Speiſeröhre öffnen, und bei denjenigen, welche Fäden durch den Mund aus: ſpinnen, zugleich Spinnorgane ſind. Gnathostoma unter den Dünnwürmern hat vier in den Mund ſich öffnende Speicheldrü— ſen; auch in — 0 andern Eingeweidewürmern ſind Speichel⸗ gefäß entdeckt. 1 8 188. Von den Gefäßen der Oynmundwürmer iſt bereits in dem § 186 über den Nahrungskanal die Rede ge: weſen. In den Blaſen der Blaſenwürmer ſind auch zuweilen Gefäße zu unterſcheiden, und namentlich in der Blaſe einer Hy⸗ datide (Cysticercus pisiformis) hat Fodera ein ſchönes Gefäß⸗ netz entdeckt. Nach einigen Beobachtungen ſoll im großen Rund⸗ wurm (Str. gigas) und Spuhlwurm (Asc. lumbricoides) jeder: ſeits in der Längslinie ein feiner Kanal verlaufen, von dem theils noch feinere Seitenkanäle ausgehen. Der Spuhlwurm hat außer⸗ dem durch die Länge der Leibeshöhle vier Reihen mit einer Flüſ⸗ ſigkeit gefüllter Blaſen, welche durch Stiele einerſeits an der Mittellinie des Rückens und des Bauchs, andererſeits am Darm⸗ kanal oder an den Längsmuskeln befeſtigt ſind. Zwei Reihen ähnlicher Organe hat man auch in Thalazia und in einem Rund⸗ wurm (Strongylus armatus) gefunden. Dieſe Kanäle und Bla⸗ ſen, welche von einigen Naturforſchern für Athmungsorgane ge: halten werden, ſollen, nach den Anſichten Anderer, Gefäße und Ernährungsorgane ſein, indem die zum Nahrungskanal gehenden feinen Gefäße als abſorbirende Gefäße, die Längskanäle mit ihren blaſenförmigen Anhängen als Ernährungsröhren betrachtet wer⸗ den, von denen aber die Gefäße der Seitenlinien als Cirkulations⸗ 134 Siebente Klaffe. gefäße verfchieden wären. Wir werden, in dem § 189 über die innern Athmungsorgane, auf dieſe Theile nochmals zurück⸗ kommen. Die Saitenwürmer haben, nach den Entdeckungen Bertholds, in der zweiten Hautſchicht drei Längsgefäße, näm⸗ lich zwei (Venen) am Bauch, eine (Arterie) im Rücken; von bei⸗ den gehen ſeitwärts Gefäße aus. Eſchricht hat in einem Gru⸗ benkopfwurm (Bothriocephalus punctatus), außer den beiden Nah⸗ rungskanälen, noch ein beſonderes Längsgefäßſyſtem entdeckt, wel⸗ ches vielfach anaſtomoſirt und ſich verzweigt. Am beſtimmteſten iſt das Gefäßſyſtem in den Ordnungen der Saugegel und Borſtenwürm er nachgewieſen. Es beſteht aus zwei bis vier, ſelten aus ſieben Längsgefäßen, die durch Seitenäſte und zum Theil auch durch ihre Enden mit einander in Verbindung ſtehen. Von den Aeſten gehen Gefäße zu allen übrigen Körpertheilen, und namentlich auch zu den Athmungsblaſen. Die Längsgefäße verlaufen am Rücken, am Bauch und an den Seiten. Das Rückengefäß iſt die Arterie, die übrigen ſind Venen; jedoch werden zum Theil auch die Bauchlängsgefäße als Arterien be⸗ zeichnet. Bei mehren Würmern hat man im Vorderkörper an gewiſſen Vereinigungsſtellen der Arterien und Venen beſondere Anſchwellungen entdeckt, in denen zum Theil eine pulſirende Bes wegung ſtatt findet, weshalb man ſie als Herzen betrachtet. In vielen iſt das Herz mehrfach getheilt. So ſoll das Herz der Sandwürmer aus zwei Kammern und zwei Ohren beſtehen; die Amphitriten haben zwei durch ein Queergefäß verbundene Herzen; in den Regenwürmern und Naiden bildet es mehre Anſchwellun⸗ gen; die Amphikoren ſollen, nach Ehrenberg, ein Paar Herzen im Vorderende, ein zweites Paar im Hinterende des Körpers haben. Bei denjenigen Gattungen, welche keine herzartige An⸗ ſchwellungen haben, wird das Blut durch abwechſelnde Zuſam⸗ menziehungen und Ausdehnungen der Kiemen oder der Gefäße ſelbſt fortgetrieben. Die Flüſſigkeit, die in den Gefäßen cirkulirt, iſt meiſtens roth, und wird daher als wahres Blut angeſehen; jedoch haben manche Würmer (3. B. Polynoe, Sigalion u. ſ. w.) auch gelbes, grünes und farbenloſes Blut. Uebrigens wird ſowol die Zahl und der Verlauf der Gefäße als auch ihre Bedeutung zum Theil verſchieden angegeben. Was die Blutbewegung Würmer. 135 betrifft, ſo kann man an den zarten durchſcheinenden Arten der Saugegel wahrnehmen, wie das rothe Blut gleichzeitig durch alle oder doch die meiſten Queergefäße, in gleichmäßig wechſelnden Pulſationen, von einer Seite zu der andern übergeht. In den Längsgefäßen müßte das Blut durch das Rückengefäß, da es als Arterie bezeichnet wird, von dem Herzen aus nach hinten, in den Bauchgefäßen aber, die als Venen betrachtet werden, von hinten nach vorn zu dem Herzen hin ſich bewegen; allein nach Duges findet bei den Regenwürmern, Naiden u. ſ. w. gerade das Umge— kehrte ſtatt, indem das Blut in dem Rückengefäße von hinten nach vorn in das Herz, in den Bauchgefäßen aber vom Herzen ab nach hinten ſtrömt; jedoch fügt er hinzu, daß in den Regen— würmern zuweilen auf kurze Zeit auch eine umgekehrte Bewegung ſtatt finde. Dieſe Beobachtung, daß das Blut in denſelben Längs⸗ gefäßen bald nach vorn, bald nach hinten fließt, hat man übri⸗ gens auch bei Blutegeln und Nereiden gemacht. 8 189. Innere Athmungsorgane hat man in den drei erſten Ordnungen der Würmer noch nicht erkannt. Unter den Dickwürmern haben die Sipunkel und Bonellia neben dem After äſtige Gefäße, von denen Cuvier glaubte, daß ſie vielleicht Athmungsorgane ſein könnten. In den Dünnwürmern wer⸗ den diejenigen Kanäle und Blaſen, die wir bereits in dem § 188 über die Gefäße kennen gelernt haben, von Einigen für Athmungsorgane gehalten, indem fie zum Theil an dem Längs⸗ kanale der Seitenlinie Poren entdeckt zu haben glauben, die ſich abwechſelnd öffnen und ſchließen. Bruguiere glaubte am Spuhlwurm (Ascaris lumbricoides) zwei kleine Queerſpalten un⸗ terhalb des Mundes gefunden zu haben, die man mit jenen Ka⸗ nälen in Verbindung brachte. So fol ſich auch der Kanal, wel⸗ cher in Thalazia mit den Blaſen verbunden iſt, mit vier Poren um den Mund öffnen. Porocephalus taenioides hat zwei Reihen Zellen im Körper, deren jede ſich in der Leibeshöhle öffnet; und vielleicht ſteht die Porenreihe, welche ſich an dieſem Wurme oben und unten auf jedem ſcheinbaren Körperſegment findet, mit jenen Zellen in Verbindung. Bojanus fand im Vorderkörper des Spuhlwurms, an der Seitenlinie, zwei büſchelförmige Organe, von denen er meint, ob ſie vielleicht Kiemen ſein könnten. Auch 136 Siebente Klaſſe. über die Athmungsorgane und den Athmungsprozeß der Bor⸗ ſten würmer und Saugegel iſt man noch nicht ganz im Rei⸗ nen. In den Blutegeln glaubte man früher zum Theil Luft⸗ gefäße entdeckt zu haben; es waren aber die Seitengefäßſtämme. Dieſe Würmer haben jederſeits in der Leibeshöhle eine Reihe be⸗ ſonderer Organe, deren jedes aus einem blaſenförmigen und aus einem ſchleifenförmig⸗ gewundenen Theile beſteht. Von ihnen, und zwar von dem blaſenförmigen Theile, gehen die äußern Bauch⸗ poren aus. Die meiſten Naturforſcher halten dieſe Organe für Athmungsblaſen, und ſind nur darin verſchiedener Meinung, ob Luft oder Waſſer eingezogen werde. Diejenigen aber, welche die Körperhaut als das Athmungsorgan betrachten, halten jene Bla⸗ ſen für Schleimdrüſen, durch welche der klebrige Ueberzug des Körpers ausgeſondert werde. Noch Andere meinen, daß der bla⸗ ſenförmige Theil zum Athmen, der ſchleifenförmige zu irgend einer andern Funktion, vielleicht zur Schleimabſonderung, diene. Manche haben auch eine Verbindung zwiſchen dieſen Schleifen und den Hoden zu finden geglaubt. Die Regenwürmer haben zwei Reihen Blaſen im Körper, welche ſich nach Einigen durch die Rückenporen, nach Andern durch die Bauchporen ausmünden. Auch dieſe Blaſen werden meiſt für Athmungsorgane gehalten. Treviranus aber glaubt, daß die Luft durch die Rückenporen in die Leibeshöhle dringe und auf die vielen daſelbſt verlaufenden Blutgefäße einwirke. Die Blaſen hält er für abſondernde Or⸗ gane. Dug és meint, ob vielleicht Waſſer durch die Bauchporen in die Blaſen gezogen werde, dann aus dieſen in die Leibeshöhle durchſchwitze, und durch die Rückenporen wieder abgehe. Er glaubt aber auch, daß die Scheidewände der Leibes höhle, in welche von dem Bauchgefäß Aeſte eindringen, als Kiemen zu betrachten ſeien, und daß atmosphäriſche Luft nur durch die Haut eingeathmet werde, durch die Blaſen und Kiemen aber die im Waſſer ent⸗ haltene Luft. Aehnliche blaſenförmige Organe, meiſt auch mit deutlichen Ausgangsporen am Bauche, ſind noch in andern Bor⸗ ſtenwürmern, namentlich in Naiden und Wurmköchern, entdeckt und für Athmungsorgane erklärt worden. Thalassema hat im Hinterkörper zwei lange Blaſen, die meiſt Waſſer enthalten und im After ausmünden; doch iſt es noch zweifelhaft, ob ſie zum Würmer. 137 | Athmen dienen. Eben fo verhält es fich mit den zwei Athmungs⸗ blaſen des Echiurus, an deren äußerer Fläche Forbes viele kleine trichterförmige Organe entdeckte, durch welche, nach ſeiner Meinung, das Austreten des Waſſers aus den Blaſen in die Leibeshöhle, und aus dieſer wieder in jene zurück, vermittelt werde. Eine Nereide (Nereis pulsatoria) hat im Vorderkörper um den Schlund vier gefäßreiche Blättchen, welche Rathke als Blutbe⸗ hälter betrachtet; v. Siebold hält ſie für innere Kiemen, die durch feine in die Leibeshöhle führende Seitenöffnungen (diefel: ben, durch welche die Eier austreten ſollen) Waſſer erhalten (v. Siebold erkennt nämlich die Füße und deren Anhängſel nicht als äußere Kiemen an). In den Seeraupen ſind die bereits unter den Ernährungsorganen erwähnten äſtigen Blinddärme zu⸗ gleich Athmungsorgane, denn da ſie an der Oberfläche eine Menge feiner Gefäße haben und in der Leibeshöhle von dem durch die äußern Oeffnungen ein- und austretenden Waſſer umſpühlt wer⸗ den, ſo wird das Athmen durch ſie vermittelt. Man kann daher die Seeraupen als Würmer betrachten, bei denen der Darm zu⸗ gleich Athmungsorgan iſt. Noch beſtimmter aber tritt die Darm⸗ athmung bei andern Würmern hervor, die keine beſonderen Athmungsorgane haben, ſondern bei denen das Waſſer in die Leibeshöhle tritt und die in derſelben und auf dem Darm ver— laufenden Gefäße beſpühlt. Sternaspis ſoll das Waſſer durch zwei neben dem Rüſſel liegende ſiebförmig durchlöcherte Warzen einziehen; bei andern (Siphonostoma, Thalassema) ſoll es ent⸗ weder durch die ganze Haut eingezogen oder (was weniger wahr— ſcheinlich iſt) erſt durch den Mund verſchluckt und dann aus dem Darmkanal in die Leibeshöhle durchgeſchwitzt werden. Gruit— huyſen glaubt an einigen Naiden bemerkt zu haben, daß ſie Waſſer durch den After einziehen, und daß auf dieſe Weiſe das Athmen innerhalb des Darms geſchehe. Von manchen Würmern meint man auch, daß ſie Luft verſchlucken, die dann im Darme durch einen Athmungsprozeß zerſetzt werde. Wahrſcheinlich aber können manche Würmer, nach Verſchiedenheit der Umſtände, auch auf verſchiedene Weiſe athmen. Wenn Blutegel, mit dem Hin⸗ terende feſtſitzend, im Waſſer ſich hin und her ſchaukeln oder wel⸗ ie NN wodurch das . an ihrer Oberfläche ſtets 138 Siebente Klaſſe. erneuert wird, ſo athmen ſie wahrſcheinlich durch die Haut; wenn fie aber ſtillſitzen, fo geſchieht das Athmen durch die Athmungs⸗ blaſen; und da ſie auch zuweilen Luft verſchlucken ſollen, ſo wür⸗ den bei ihnen alle Athmungsweiſen der kiemenloſen Würmer ſtatt finden. Uebrigens können Blutegel mehre Tage lang nicht nur außerhalb des Waſſers, ſondern ſelbſt in verdorbener Luft und im luftleeren Raume leben. Auch die Naiden ſcheinen bald Waſſer, welches ſie durch Hautporen oder durch den After einziehen, bald Luft, die ſie durch den Mund einnehmen, zu athmen. 1 § 190. Nerven find bis jetzt mit Beſtimmtheit nur in den Ordnungen der Dünnwürmer, Borſtenwürmer und Saugegel wahrgenommen. Früher hatte man, unter den Dünn würmern, in dem großen Rundwurm und Spuhlwurm (Strongylus gigas und Ascaris lumbricoides) die Seitenlinien, dann die Rücken⸗ und Bauchlinien für Nerven gehalten. Beides hat ſich im Ganzen als irrig ausgewieſen, mit der Ausnahme, daß im St. gigas in der mittlern Bauchlinie wirklich ein knotiger Nervenſtrang liegt, aus deſſen Knoten feine Fäden ausgehen. Gnathostoma ſoll ei- nen Nervenſtrang am Bauch und einen am Rücken haben. In Porocephalus taenioides iſt ein Gehirnknoten vorhanden, von welchem ſtrahlförmig Nervenfäden ausgehen; die zwei ſtärkſten derſelben ziehen ſich den Rücken entlang und ſenden Seitenfäden aus. Nach v. Nordmann bildet der Gehirnknoten einen Schlund⸗ ring, den aber Andere nicht fanden. Vollſtändiger iſt das Ner⸗ venſyſtem der Borſtenwürmer und Saugegel. Das Gehirn beſteht aus zwei Knoten, deren einer über, der andere unter dem Schlunde liegt; beide ſind jederſeits durch einen Faden vereinigt, wodurch ein Schlundring gebildet wird. Von dem untern Kno⸗ ten geht der Bauchſtrang aus, welcher aus einer Reihe von Kno⸗ ten beſteht, die durch einen einfachen oder doppelten (wahrſchein⸗ lich ſtets durch einen doppelten) Faden verbunden werden, und von denen Fäden zu den übrigen Körpertheilen ausgehen. Die Amphinomen haben, außer dem Bauchſtrange, jederſeits noch einen Strang, deſſen Knoten aber bedeutend kleiner und nur durch einen einfachen Faden verbunden ſind; die einzelnen Knoten deſ⸗ ſelben hängen auch durch einen Queernerven mit dem nächſten Knoten des Hauptbauchſtrangs zuſammen, und fenden Fäden an 3 Würmer. 139 andere Theile aus. Allein nicht durchgängig iſt das Nervenſyſtem vollkommen ausgebildet, z. B. in Echiurus hat der Bauchſtrang keine Knoten, obgleich Seitenfäden von ihm ausgehen. In meh— ren Würmern hat man auch mehr oder weniger ausgebildete Anfänge eines Eingeweidenervenſyſtems entdeckt. In den Blutegeln beſteht es aus drei kleinen Knoten im Kopfe, von de— nen feine Nerven zum Munde und Schlunde gehen, und aus einem am Magen verlaufenden Faden. In den Amphinomen bildet es zwei von dem Gehirn ausgehende Fäden, die ſich ober— wärts zum Magen begeben und ſich in demſelben verzweigen. Auch bei den Seeraupen iſt eine Spur deſſelben aufgefunden. Früher hatte man zum Theil die innern Geſchlechtstheile der Blutegel für Gehirne, die Nerven ſelbſt aber für Gefäße gehal— ten; wie denn noch in neuern Zeiten ein berühmter Anatom das Nervenſyſtem dieſer Thiere für Gefäße hielt. § 191. Was die innern Geſchlechtstheile betrifft, ſo ſind die Ohnmundwürmer und die Dünnwürmer getrennten Geſchlechts, die übrigen Zwitter. — In den Ohnmund— würmern iſt der Eierſtock nach Verſchiedenheit der Arten und der Reife auch von verſchiedener Geſtalt. Im großen Kratzer (Echinorhynchus gigas) füllt er oft die ganze Leibeshöhle aus und enthält an 100,000 Eier. Er hängt oben an der Rüſſel⸗ ſcheide und zieht ſich bis an das Hinterende des Körpers hinab, wo er zum Theil, ehe er in die Scheide übergeht, eine Art von Uterus bildet. An letzterm befinden ſich, nach Bojanus, noch vier Blinddärme, von denen zwei beutelförmig ſind, die beiden andern geſtielt keulenförmig. In einem andern Kratzer (Echino- rhynchus strumosus) iſt ein Eiergang, welcher durch eigenthüm— liche periſtaltiſche Bewegung mit ſeinem innern glockenförmigen Ende die in der Leibeshöhle befindlichen Eier aufſuchen und gleich⸗ ſam verſchlucken ſoll. Die Männchen des Ech. gigas haben in der Mitte des Körpers zwei hinter einander liegende, durch ein Samengefäß verbundene Hoden, von deren untern ein Samen⸗ gefäß ausgeht, welches, nachdem es ſich zu mehren Samenblaſen erweitert hat, in die Ruthe übergeht. In den Dünnwürmern find die Eiergänge oft in vielen Krümmungen um den Nahrungs⸗ kanal geſchlungen, und gehen in einen ſackförmigen oder zweihör⸗ 140 Siebente Klaſſe. nigen, ſelten (3. B. in einigen Fadenwürmern und Spuhlwürmern, Filaria labiata, Ascaris pythonis) in einen vier- oder fünfhörni⸗ gen Uterus über, der ſich dann durch die Scheide ausmündet. Viele haben einen oder zwei, ſelten mehr Eierſtöcke von bedeu⸗ tendem Umfange, die, DAR einen beſondern Uterus, durch Eier⸗ leiter fi ausmünden. In einigen iſt zuweilen die ganze Leibes⸗ höhle voll Eier (3. B. in einigen Haarkopfwürmern und Saiten⸗ würmern, Trichocephalus capillaris, Gordius aquaticus). Die Männchen haben mannigfach um den Nahrungskanal gewundene Samengefäße, die bei mehren (z. B. Porocephalus, Rundwür⸗ mern) an zwei Stellen hodenförmig angeſchwollen ſind und vor dem Uebergange in die Ruthe zum Theil (3. B. im Spuhlwurme) ſich als Samenblaſen erweitern. An einigen Rundwürmern hat man indeß die Beobachtung gemacht, daß das Samengefäß nicht in die Ruthe geht, ſondern neben derſelben in der Schwanzan⸗ ſchwellung ausmündet. Nach Bertholds Behauptung wäte der Saitenwurm (Gordius aquaticus) ein Zwitter, mit einem feinen ſpiralförmig gewundenen Hoden und einem eben ſo geſtalteten Eierſtocke, welcher ſich vor dem Hinterende mit jenem vereinigen und mit dem After in eine gemeinſchaftliche Kloake ausmünden ſollte. Nach Andern aber iſt dieſer Wurm beſtimmt getrennten Geſchlechts. Noch iſt hier zu bemerken, daß unter Fadenwürmern und Trichina völlig geſchlechtsloſe Arten vorkommen, und nament⸗ lich ſolche Dünnwürmer, welche in einem ringsumgeſchloſſenen Sacke einzeln für ſich leben, niemals Geſchlechtstheile haben ſollen. In den Dickwürmern ſind bis jetzt nur weibliche Geſchlechts⸗ theile beſtimmt geſehen worden, nämlich im Sipunkel zwei vorn im Körper liegende Eierſtöcke, die ſich etwas unter dem After ausmünden; in Bonellia ein ſackförmiger Eierſtock, der ſich an der Wurzel des Rüſſels öffnet. — Zu den Zwitterwürmern zählen wir die Ordnung der Bandleibwürmer, weil man in den wenigen genau unterſuchten Arten beide Geſchlechtsorgane gefun- den hat; allein in den Blaſenwürmern und in vielen Neſſelwür⸗ mern ſind bis jetzt noch gar keine Geſchlechtsorgane beſtimmt beob⸗ achtet worden. Jedes Glied dieſer Würmer hat ſeinen eigenen Eierſtock, der nach den Arten verſchieden geſtaltet iſt und mit der Gliederöffnung in Verbindung ſteht. Im langgliedrigen Band⸗ Würmer. 141 wurme (Taenia solium) ſah Rudolphi von der Randöffnung einen Queerkanal ausgehen, welcher ſich bald in deren zwei ſpal— tet, ſo daß der eine zu dem Eierſtocke führt, der andere zu einer Blaſe, welche Rudolphi als Samenbehälter betrachtet. Er führt übrigens ein paar Arten Bandwürmer an (Taenia solecina und pyramidata), bei denen die männlichen Theile nur in den vordern, die weiblichen nur in den hintern Gliedern befindlich ſind. Im Grubenkopfwurm (Bothriocephalus latus) fand E ſchricht in jedem Gliede zwei Eierſtöcke, die in einen Eierbehälter (uterus) überge— hen, in welchen noch Drüſen einmünden, die wahrſcheinlich einen Saft zum Einhüllen der Eier ausſondern. Einige Kanäle, die in die Samenblaſe münden, ſind vielleicht Hoden oder Samen— gänge, wenn man nämlich kleine drüſenartige Körper, die in jene Kanäle ſich öffnen, für Hoden halten will. In den Riemenwür— mern bilden die Eierſtöcke eine oder zwei Reihen im Rücken lie— gender Höcker, die ſich jeder für ſich am Rücken öffnen; jedoch ſind dieſe Theile nur in den in Vögeln lebenden Arten beſtimmt ausgebildet. Die Borſtenwürmer, fo weit wir ſie genauer kennen, ſind Zwitter. Nur die Seeraupen ſollen getrennten Ge— ſchlechts ſein; die Männchen kleiner, innen mit einer milchtrüben Flüſſigkeit angefüllt, oder, nach Grube, mit hufeiſenförmigen Schläuchen, die den Weibchen fehlen, und alſo wahrſcheinlich männliche Organe ſind. Im Regenwurme liegen die Eierſtöcke vorn im Körper, in der Nähe der weiblichen Oeffnungen, als birnförmige oder roſenkranzförmige Organe von verſchiedener Zahl; ſie ſtehen mit jeder weiblichen Oeffnung durch einen beſondern Eierleiter in Verbindung. Leo beſchreibt zwar fünf von den Eier⸗ ſtöcken ausgehende und ſich parallel durch den ganzen Körper er⸗ ſtreckende, nirgends aber nach Außen mündende Eiergänge; allein dies iſt irrig, und Treviranus meint, daß Leo die Zwifchen- räume der Längsmuskeln für Eiergänge gehalten habe. Es fin⸗ den ſich aber nicht ſelten abgeſonderte Eier in der Leibeshöhle. Neben den Eierſtöcken entdeckte Treviranus noch andere ſack⸗ förmige Organe, deren Ausführungsgänge mit denen der Eier⸗ ſtöcke in Verbindung ſtehen. Zur Seite liegen rechts und links zwei bis fünf kugelförmige Hoden, die unter ſich mittelſt eines Samenleiters zuſammenhängen, der in die männlichen Oeffnungen a2 Siebente Klaſſe. ausmündet; und neben den Hoden befinden ſich, nach Trevi⸗ ranus, Zellen, durch welche die Eiergänge gehen, ehe ſie ſich ausmünden. Auch bei vielen andern Borſtenwürmern (Naiden, Thalassema, Sternaspis, Siphonostoma, Sandwurm, Amphitrite uf. w.) hat man Eierſtöcke von verſchiedener Form mit ihren Ausgängen, und blaſenförmige Organe, die man für Hoden hält, gefunden. In denjenigen Borſtenwürmern, deren Leibeshöhle in Fächer getheilt iſt, hat jedes Fach jederſeits einen Eierſtock, und, neben dieſem, die Hoden. In mehren Gattungen fand Grube außerdem Eier in der Leibeshöhle, auch unmittelbar unter der Oberhaut und äußerlich an den Borſten. Bei dem Blutegel liegen jederſeits in der Leibeshöhle zehn kugelförmige Organe hin- tereinander. Von einer jeden der beiden vordern Kugeln geht ein Gang aus; beide Gänge verbinden ſich bald zu einem Gange, - welcher in den Uterus geht, der ſich in die Scheide öffnet. Von jeder der neun hintern Kugeln geht ſeitwärts ein kurzer Gang aus, der in einen Seitenlängskanal mündet, welcher ſich vorn knäuelförmig zuſammenwickelt und zuletzt aus dieſem Knäuel in die Ruthe geht. Gewöhnlich werden das vordere Kugelpaar als zwei Eierſtöcke, die neun übrigen Paare als Hoden, der Seiten⸗ kanal als Samenleiter, das Knäuel als Nebenhode betrachtet. In frühern Zeiten hielten Einige das für Männlich, was Andere für Weiblich erklärten, und umgekehrt das für Weiblich, was Andere für Männlich anſahen; und neuerlich hat Treviranus wieder die ſämmtlichen Kugeln für Eierſtöcke, die Seitenkanäle für Eier⸗ leiter, die beiden Knäuel für eigentliche Hoden erklärt. Auch in andern Saugegeln ſind Eierſtöcke, Eiergänge, Hoden und Samen⸗ gänge gefunden worden, aber in Zahl und Form ſowol unter ſich ur von dem ee GT 9 Vierter Abc. | Lebens weiſe. N § 192. Nur mit wenigen Ausnahmen iſt der A1 5 halt den Würmern der drei erſten Ordnungen in andern Thie⸗ ren, denen der drei letzten Ordnungen im Waſſer angewieſen. Jene find. alſo Eingeweidewürmer oder Binnenwürmer, Würmer 143 die andern Waſſerwürmer. Die Ohnmundwürmer leben meiſt in Fiſchen und Vögeln, ſeltener auch in andern Waſſerthie⸗ ren, theils in den Därmen oder in der Bauchhöhle, ſeltener im Fleiſch (z. B. Gymnorhynchus und einige Arten von Vierrüß⸗ lern). Die gerüſſelten, beſonders die Kratzer, hängen faſt immer mit dem Rüſſel an der Darmhaut eingebohrt feſt, und an dieſer Stelle iſt dann die Darmhaut ſelbſt verknorpelt. Die Blaſen— würmer finden ſich in Säugthieren, im Zellgewebe und zwiſchen dem Fleiſche, niemals im Darmkanal; die Bandwürmer und Grubenkopfwürmer in den Gedärmen der Wirbelthiere, ſel— tener, und dann wol immer nur zufällig, auch in andern Körper— theilen; die Riemenwürmer in Fiſchen und Waſſervögeln. Im Waſſer kommen Neſſelwürmer nur zufällig vor, können ſich aber nicht darin fortpflanzen, obgleich ſie zum Theil wochenlang darin ausdauern. Nur Catenula ſoll ein wahrer Waſſerwurm ſein; doch muß dieſelbe überhaupt noch näher beobachtet werden. Einige der bisher erwähnten Eingeweidewürmer, beſonders die Hydatiden und manche Kratzer, ſind an der Stelle, wo ſie ſich finden, noch in eine beſondere häutige oder ſelbſt knorplige Kapſel eingeſchloſ— ſen. Die Dünnwürmer leben, mit wenigen Ausnahmen, in andern Thieren, meiſt in den Därmen; nur die eigentlichen Fadenwürmer, Trichina, und Grubenmundwürmer in andern Theilen. Wenn auch andere Dünnwürmer außerhalb der Därme vorkommen, ſo iſt dies nur zufällig; jedoch können Fadenwürmer zum Theil wochenlang in kaltem Waſſer am Leben bleiben. Die im Waſſer ſich findenden Fadenwürmer und Saitenwürmer ſind wahrſcheinlich aus Waſſerthieren, beſonders aus Inſekten, ins Waſſer gerathen, denn die Fadenwürmer, namentlich die der In⸗ ſekten, haben überhaupt den Trieb, zuweilen ſich freiwillig aus den Inſekten hervorzuarbeiten; und eben ſo werden diejenigen, die man mitunter in Blumen, im wurmſtichigen Obſte oder in der Erde an Wurzeln und Zwiebeln antrifft, aus Inſektenlarven, die dort wohnten, hervorgekommen ſein. Zu den Ausnahmen von der Regel gehören die Langwürmer, welche im Meere im Sande wohnen, und die Aelchen. Von letztern iſt eine Art (das Eſſig⸗ älchen, Anguillula aceti) deshalb merkwürdig, weil ſie ſich im 144 Siebente Klaſſe. Eſſig erzeugt, da ſonſt ſcharfe Flüſſigkeiten den Würmern tödtlich find. Eine andere Art (das Kleiſterälchen, Anguillula glutinis) erzeugt ſich in verdünntem Buchbinderkleiſter; eine dritte (das Getreideälchen, Anguillula tritici) im Pulver des brandigen Ge⸗ treides, wenn daſſelbe angefeuchtet wird. Die übrigen Würmer ſind Waſſerwürmer, und zwar wohnen die meiſten im Meere; wenige im ſüßen Waſſer (3. B. Naiden, Blutegel); noch wenigere auf dem Lande, theils im Erdboden (Regenwürmer), theils ſelbſt auf Bäumen und Büſchen, wie z. B. einige ſüdamerikaniſche Saugegel. Die Waſſerwürmer ſchwimmen entweder frei umher, oder verbergen ſich in allerlei Höhlungen und ſelbſtgemachten Ka⸗ nälen. Viele ſchwitzen oder ſpinnen dabei einen ſchleimigen Stoff aus, der zum Zuſammenhalten der innern Wände ſolcher Kanäle dient, oder ſelbſt zu einer häutigen Körperhülle gerinnt, welche (3. B. bei den Sandwürmern) durch Sandkörner, Muſchelſtück⸗ chen, kleine Conchylien, oder Pflanzentheile, die daran haften blei⸗ ben, feſter wird. Solche Röhren findet man beſonders in der Zunft der Köcherwürmer; aber auch einige Rückenkiemer verferti⸗ gen dergleichen. Manche Köcherwürmer haben feſtere kalkartige, theils bogenförmig oder ſpiralförmig (Spirorbis), meiſtens aber wurmförmig gebogene (Röhrenwürmer) Röhren, die zum Theil an Waſſerpflanzen, Conchylien und dgl. feſtgewachſen find; aber die Bewohner hängen nicht mit den Röhren zuſammen. Unter den Ohnkiemern iſt eine Gattung (Chaetogaster) ein Binnen⸗ wurm, denn er lebt in der Athemhöhle und den Nieren verſchie⸗ dener Süßwaſſer⸗Weichthiere, aber auch frei im 7 0 wo der⸗ Mächen Weichthiere ſich aufhalten. § 193. Was die Bewegung betrifft, ſo können ſich die meiſten Würmer mehr oder weniger krümmen, zuſammenziehen und ausdehnen, jedoch ſind dieſe letzten Bewegungen bei ihnen lange nicht ſo bedeutend, als z. B. in der vorhergehenden Klaſſe der Weichthiere. Bei vielen, beſonders unter den Eingeweide⸗ würmern, ſind dieſe Bewegungen überhaupt kaum merklich; am ſtärkſten noch bei ſolchen, die mehr in Flüſſigkeiten leben, z. B. beim Nelkenwurm. Diejenigen Blaſenwürmer, welche mit einer großen Blaſe verbunden! ſind (Hydatiden) können ſich ganz in Ki» De I 1 Würmer. 145 dieſe hineinſtülpen und aus ihr hervorſtrecken. Ortsbewegung findet bei den Blaſenwürmern und allen ſolchen Eingeweidewürmern, welche in eine Kapſel eingeſchloſſen ſind, gar nicht ſtatt, und iſt überhaupt bei allen Eingeweidewürmern ſehr gering; doch können einzelne abgeſonderte Glieder von Bandwürmern ziemlich ſchnell und ſelbſt an perpendikulären Flächen empor kriechen. Sie be— ſteht bei den Würmern entweder im Kriechen oder im Schwim— men. Erſteres wird durch abwechſelndes Ausſtrecken und Zuſam— menziehen des Körpers bewirkt, wobei, an den Borſtenwürmern, die nach hinten gerichteten Borſten und Stacheln hauptſächlich zum Stützpunkt dienen. Die Saugegel aber kriechen beſonders mittelſt abwechſelnden Anſetzens des vordern und hintern Saug— napfs und Ausſtreckens und Zuſammenziehens des Körpers. Ge— gen die frühere Meinung, daß das Feſthalten der Saugnäpfe bloß durch Anſchröpfen, mittelſt Hervorbringung eines luftleeren Rau— mes innerhalb des Napfs bewirkt werde, ſind durch neuere Be— obachtungen manche Zweifel entſtanden; indem das Feſthalten auch unter Umſtänden ſtatt findet, wo Luft in den Napf gelan— gen kann, z. B. wenn der Wurm nicht weit hinter dem ange— ſogenen Napfe durchſchnitten wird. Es ſcheint daher, daß der Napf ſich mit allen Punkten feſtſetzen kann. Die Neſtelwürmer bewegen ſich ſchlängelnd oder kriechend, indem ſie ſich mit Haken und Mündungen anheften und den Körper nachziehen. Das Schwimmen der Waſſerwürmer wird durch ſchnelle, ſchlängelnde Bewegungen des Körpers bewirkt; doch mögen bei manchen Borſtenwürmern auch die Haare, indem ſie rudern, mit dazu bei— tragen. Sabellina ſchwimmt rückwärts durch Bewegung der vor— dern fadenförmigen Kiemen. Das Sichfeſthalten geſchieht bei den Bandleibwürmern mittelſt der eben erwähnten Haken und Mündungen des Kopfes; zum Theil wol ſelbſt mittelſt der Glie— derporen, an denen man auch in neuern Zeiten ein Anſaugever— mögen beſtätigt gefunden hat. Nach andern Beobachtungen hef— ten ſich die Grubenkopfwürmer zwar auch mit den Kopfgruben an, weit öfterer aber und feſter mit dem Ende des Kopfs. Einige Arten von Terebella ſaugen ſich mit den Fühlern an. Manche Dünnwürmer, welche vorn mit Haken und Stacheln verſehen 10 146 Siebente Klaſſe. find, ſollen ſich derſelben zum Anheften bedienen; und denſelben Zweck mag auch wol der Saugnapf haben, der ſich bei manchen in Vögeln wohnenden Spuhlwürmern vor dem After findet. Den Borſtenwürmern dienen Haare und Stacheln gewiß in manchen Fällen zum Gegenſtemmen; manche derſelben haben bewegliche Anhängſel am Hinterende (Xantho) oder Bauchwarzen (Chaeto- gaster) zum Feſtſetzen. Die Saugegel halten ſich nicht bloß mit ihren Saugnäpfen feſt, ſondern man will beobachtet haben, daß die Blutegel zuweilen auch mit dem Bauche, ohne Beihülfe der Näpfe, ſich feſtſetzen. Die Schmarotzeregel haben, zu demſelben Zweck, auch noch Haken am hintern Saugnapf. § 194. Die Nahrung der Binnenwürmer beſteht in thieriſchen Flüſſigkeiten und Schleim, die ſie an den Stellen, wo ſie ſich finden, einſaugen. Das Waſſer in den Blaſen der Bla⸗ ſenwürmer wird aber nicht durch die Kopfmündungen eingezogen, denn wenn dieſe auch nicht, wie Einige meinen, geſchloſſeu und dadurch zum Einziehen unfähig ſein ſollten, ſo läßt ſich doch aus dem Umſtande, daß nach allen Beobachtungen erſt die Blaſe und nachher in dieſer das Thier entſteht, auch an den Queeſen die Thiere faſt immer in das Innere der Blaſe geſtülpt ſind, der Schluß ziehen, daß die Thiere vielmehr das Waſſer der Blaſe ſelbſt einziehen, dieſe aber ſich durch allgemeines Einſaugen mit Flüſſigkeit anfülle. Die Ohnmundwürmer ziehen Flüſſigkeiten durch die Oberfläche des Körpers ein; und auch die Neſtelwürmer ſcheinen nicht bloß durch die Vordermündungen ſich zu nähren. — Die Nahrung der meiſten übrigen Würmer iſt ebenfalls anima⸗ liſch. Die Blutegel ſaugen Blut, und zwar hauptſächlich das der Wirbelthiere; indem ſie ſich erſt mit dem vordern Saugnapf feſtſetzen, dann mit ihren Kinnladen Einſchnitte machen, und nun das hervorquellende Blut verſchlucken. Sie ſaugen mit ſolcher Gier, daß ſie während deſſelben wol viermal ſchwerer werden, können dagegen auch ein Jahr lang faſten. Merkwürdig iſt da⸗ bei, daß das eingenommene Blut mehre Wochen und Monate lang, ja, nach einigen Behauptungen zwei Jahre durch roth und unverändert bleiben ſoll. Andere Saugegel verſchlucken Stücke von Würmern, Schnecken und dgl. (3. B. Haemopis vorax); ja Würmer. / 147 ſie ſollen zum Theil kleinere Würmer und Fiſche und Junge ih: rer eigenen Art ganz verſchlingen, letztere aber dann nach einigen Tagen lebend und unverſehrt wieder von ſich geben. Die Regen— würmer freſſen abgeſtorbene animaliſche und vegetabiliſche Stoffe, auch fette Erde, aus welcher das Organiſche abgeſchieden, die Erde ſelbſt aber wieder ausgeleert wird. Fünfter Abſchnitt. Fortpflanzung und Entwickelung. § 195. Von dem Nelkenwurm (C. mutabilis) erzählt Bremſer, wie derſelbe ſich aus dem Darmſchleim der Karpfen— arten erzeuge, indem ein Theil des Schleims zu einer feſtern Maſſe gerinne, ſich mit einer Oberhaut überziehe, und dann ſein eigenes Leben beginne und ſich entwickele. Obgleich man nun die Erzeugung von Eingeweidewürmen in dem Darmkanale noch auf dem gewöhnlichen Wege durch Eier oder Junge erklären kann, inſofern der Darm noch mit der Außenwelt in Verbindung ſteht, fo iſt es doch, auf dem jetzigen Standpunkte unſerer Kenntniffe, noch nicht möglich, die Erzeugung von Binnenwürmern an un— zugänglichen Stellen im thieriſchen Körper, z. B. im Fleiſche, im Gehirn, in dem noch im Ei eingeſchloſſenen Hühnchen, anders als durch Selbſterzeugung (generatio aequivoca s. spontanea) genügend zu erklären. 8 196. Die eigentliche Fortpflanzung der Würmer ge— ſchieht ſelten durch Ableger oder Theilung, ſondern in den bei weiten meiſten Fällen iſt ſie eine geſchlechtliche, durch Eier oder lebende Junge. Bremſer fand an der Blaſe einer Hydatide (Cysticercus fasciolaris) zuweilen ein bis drei Junge, und meint daher, daß ſich dieſelbe durch Ableger vermehre. Knox glaubte entdeckt zu haben, daß die Jungen einer andern Hydatide (Cysticercus cellulosae) an der Wurzel der Haken hervorwüchſen, was aber v. Siebold läugnet. Nach Kuhn erzeugen ſich in der Blaſe des Echinococcus Knoſpen an der Membran, welche, wenn ſie eine beſtimmte Größe erreicht haben, abfallen, und zwar, bei Ech. hominis in das üer der Blaſe, bei Ech. veterinorum 1 10 * 148 Siebente Klaſſe. aber außerhalb derſelben, und ſich dann entwickeln. Nach v. Siebold platzt die Knoſpe und ſtülpt fich um, indem ſich fünf bis ſechs Junge in ihr entwickelt haben, die noch eine Zeit: lang an ihr ſitzen bleiben, bis ſie abfallen. — Die Vermehrung durch Theilung hat man, in der Ordnung der Borſtenwürmer, am Chaetogaster und an einigen Naiden und Nereiden beobach⸗ tet. Der letzte Körperring bildet ſich dann allmälig in ein neues Thier aus und trennt ſich zuletzt von der Mutter. Es iſt ſelbſt zuweilen der Fall, daß, noch ehe es ſich trennt, fein letzter Kör⸗ perring ſchon wieder in ein neues Thier ſich umwandelt u. ſ. w. bis ins ſechſte Glied. | § 197. Bei der geſchlechtlichen Fortpflanzung haben wir zuerſt die Begattung zu betrachten. Dieſe iſt in den Ordnungen der Zwitterwürmer ſo, daß die Befruchtung gegenſeitig ſtatt findet. Bandwürmer und Riemenwürmer hat man zuweilen, entweder ihrer zwei oder auch nur ein Individuum, fo verſchlungen angetroffen, daß zwei Glieder einen Knoten bil- deten, in dem die beiden Geſchlechtsöffnungen feſt an einander gepreßt waren, welches ohne Zweifel der Akt der Begattung war, Die Blutegel und Regenwürmer findet man ebenfalls paarweiſe vereinigt, fo daß bei jenen die gegenſeitigen männlichen und weib- lichen Oeffnungen auf einander gepreßt ſind, die Regenwürmer aber mit den Gürteln zuſammenhängen; bei Helluo kann jedoch, wegen der beſondern Lage der Geſchlechtsöffnungen, die Befruch⸗ tung ſchwerlich gegenſeitig ſein. Die Begattung der Würmer mit getrennten Geſchlechtern bietet im Ganzen nichts Beſonde— res dar. Bei dem großen Kratzer (Echinorhynchus gigas) wird das Hinterende des Weibchens von der glockenförmig hervordrin- genden Ruthe des Männchens umfaßt. Bei der Begattung der Rundwürmer dienen dem Männchen die Anſchwellung und ſon— ſtige Anhängſel des Schwanzendes zum Feſthalten des Weibchens; und ſie hängen dabei ſo feſt und innig zuſammen, daß man ſchon ſolch ein verbundenes Paar für eine beſondere Gattung doppeltleibiger Eingeweidewürmer hielt. § 198. Was die Befruchtung betrifft, ſo glaubte man früher von Neſtelwürmern und Blutegeln, daß ſie ſich ſelbſt Würmer. 149 befruchteten, und ſelbſt in neuern Zeiten iſt man über die gegenſeitige Befruchtung noch nicht ganz einig. Die Eier der Bandwürmer, meinte man, würden, indem ſie durch den Kanal des Eierſtocks abgingen, durch den alsdann aus dem männlichen Kanale hervordringenden Samen befruchtet, was jedoch nicht wahrſcheinlich iſt, da eine Begattung ſtatt findet, und es überhaupt noch zweifelhaft iſt, ob die Eier durch jenen Kanal abgehen. Nach der Anſicht, wie Treviranus die innern Ge— ſchlechtstheile der Blutegel deutet, gelangen die Eier aus den Eierſtöcken durch die Eierleiter in die Hoden, wo ſie befruchtet werden, und gehen dann, bei der Begattung, durch die ſogenannte Ruthe in den Uterus des andern Individuums über, wo ſie dann weiter ausgebildet werden. Die Regenwürmer hängen bei der Begattung mit den Gürteln zuſammen, wobei indeß die männ— lichen Oeffnungen mit den weiblichen nicht in Berührung kom— men, ſondern, nach einigen Schriftſtellern, die ſogenannten Ruthen in die weiblichen Oeffnungen eindringen, welches letztere jedoch von Treviranus ebenfalls geläugnet wird. Da die Ruthen undurchbohrt find und überhaupt mit den innern männlichen Thei— len in gar keiner Verbindung ſtehen, ſo kann durch ſie keine Be— fruchtung ſtatt finden, ſondern fie dienen vielleicht nur als Reize mittel zur Ergießung des Samens, welcher, wenn er aus der männlichen Oeffnung hervordringt, wahrſcheinlich äußerlich an dem Körper des Wurmes bis zu den weiblichen Oeffnungen, entweder deſſelben oder des andern Wurmes, ſich ausbreitet und dann von dieſen aufgenommen wird. Auch hierin iſt Treviranus anderer Meinung, denn da er keine Ausgänge der Hoden nach Außen finden konnte, ſo glaubt er, daß die Eier, wenn ſie durch die mit den Hoden in Verbindung ſtehenden Zellen gehen, befruchtet wer— den. In Bezug auf die Befruchtung der Würmer mit getrenn: tem Geſchlecht führe ich hier nur ein Paar von der Regel ab- weichende Anſichten auf. Cloquet meint, daß bei der Begat— tung der Kratzer die Eier in die glockenförmige Ruthe des Männ⸗ chens treten und, nachdem ſie dort befruchtet ſind, wieder in den Uterus des Weibchens zurückgehen. Dies iſt wol nicht wahr: ſcheinlich; aber vielleicht könnten die keulenförmigen Anhängſel des Uterus, welche Bojanus beſchreibt, als Organe betrachtet wer⸗ 150 Siebente Klaſſe. den, die den männlichen Samen bei der Begattung aufnehmen, um nach und nach die Eier, wie ſie in den Uterus treten, zu befruchten. — Da in vielen Arten der Dünnwürmer die Zahl der Männchen auffallend geringer iſt, als die der Weibchen, und von manchen Oxyuren, deren Weibchen gar nicht ſelten vor⸗ kommen, noch niemals Männchen gefunden wurden, fo meint Schweigger, daß Eine Befruchtung vielleicht auf mehre ERROR rationen wirkſam fein möge. § 199. Die Würmer bringen entweder Eier oder ter bende Junge hervor. So viel bis jetzt bekannt iſt, bringen die Ohnmundwürmer und die Neſtelwürmer wur Eier hervor, und zwar meiſt in großer Menge; eine einzige Taenia serrata deren an 25 Millionen. In einigen Fällen fand man zwar im Leibe der Bandwürmer in den Eiern den Embryo ſchon in Be⸗ wegung, niemals aber ſchon ausgekommene Junge. In den Ord⸗ nungen der Dünnwürmer, der Borſtenwürmer und der Saugegel giebt es eierlegende und lebendiggebährende Arten, doch von jenen mehr als von dieſen. Die Form und Größe der Eier iſt ver: ſchieden; meiſt ſind ſie elliptiſch, ihre Zahl oft ungeheuer groß, z. B. in manchen Fadenwürmern (Filaria labiata) über eine Million. Die Warzenegel legen einen Haufen geſtielter Eier, welche mittelſt der Stiele an feſten Körpern in der See ſitzen. Manche Würmer legen ihre Eier in Hüllen und Kapfeln ein⸗ geſchloſſen. In einigen Arten von Oxyuris fand Dugés immer zwei Eier in Einer Hülle; einige Bandwürmer gebären ebenfalls die Eier in eine gemeinſchaftliche Hülle eingeſchloſſen. Viele Saugegel bringen mehre Eier in eine häutige Kapſel eingeſchloſ— ſen hervor, welche im Uterus ſich um die Eier bildet. Oefters iſt dieſe Kapſel jedoch mit einem ſchwammigen Ueberzuge beklei⸗ det, in welchen nicht ſelten fremde Körper, Wurzeln, Sand u. dgl. eingeſchloſſen ſind, daß alſo dieſer Ueberzug erſt außerhalb des Körpers gebildet oder wenigſtens verhärtet ſein muß. Nach Dugés aber find nicht Eier in den Kapſeln enthalten, ſondern die Embryonen entwickeln ſich ohne Eierſchale in dem breiartigen Inhalte der Kapſeln. Die officinellen Blutegel (Hirudo offici- nalis und medicinalis) gehören zu dieſen kapſellegenden Arten, und nicht zu den lebendig gebährenden, wie wol hie und da Würmer. 151 angegeben wird. Wenn Tremoline behauptet, daß die Blut: egel ſich ſelbſt in ein Coccon verwandeln, aus dem die Jungen hervorkommen, ſo iſt dies ein Irrthum, indeß ſoll doch etwas der— gleichen nach Johnſon bei Hirudo (Nephelis) vulgaris ſtatt finden, indem nämlich um die weibliche Oeffnung ein Theil der Oberhaut, wie ein weißes Band, ſich ablöſt, und der Wurm, nachdem er in dieſe Haut ſechs bis zwölf Eier abgeſetzt hat, ſich aus derſelben, wie aus einer Schlinge, hinauszieht, worauf er ſie dann mit dem Munde formt bis ſie oval iſt. Charpentier erzählt etwas Aehnliches von den Blutegeln, nur mit dem Unter— ſchiede, daß das Coccon, aus welchem ſich der alte Blutegel nach— her hinauswindet, durch einen Schleim gebildet werde, der aus den Geſchlechtsöffnungen hervorzukommen ſcheine. Auch manche Naiden bringen mehre Eier in eine gemeinſchaftliche Kapſel ein— geſchloſſen hervor, die ſich wahrſcheinlich in dem erweiterten Theile des Eierganges bildet. Nach Gruithuyſen ſollen in einer Naide (Nais ovifraga) die Eier aus dem Eierſtock in den hintern Theil der Leibeshöhle treten, wo dann die Haut über ihnen einen Sack bilde, der ſich nachher ſelbſt abſchnüre und abfalle. Zu den leben— diggebärenden Würmern gehören, unter den Dünnwürmern, die Aelchen, die Fadenwürmer, mehre Oxyuren u. ſ. w. Im Medina⸗Fadenwurm (Filaria medinensis) fand man zuweilen den ganzen Leib von Jungen vollgeſtopft. Von Saugegeln gehören auch einige Arten hieher, z. B. Piscicola marginata, Helluo Ca- renae, trioculatus. Die Regenwürmer werden von Einigen für eierlegend, von Andern für lebendiggebärend gehalten. Theils hat man die Eier derſelben in der Erde gefunden und aus ihnen die Jungen, zuweilen ſelbſt zwei Junge aus einem Ei (Kapſel), hervorkommen geſehen, theils hat man lebende Junge in der Leibeshöhle der Regenwürmer gefunden. Morren erzog einmal die Jungen aus Eiern, die in der Erde lagen; ein ander⸗ mal ſah er die Jungen lebend aus dem After hervorkommen. Zwar meinen einige Schriftſteller, daß man in den Fällen, wo dieſe Thiere als lebendiggebärend dargeſtellt werden, Spuhlwür⸗ mer, die in ihnen vorkommen, für deren Junge gehalten habe; doch iſt dies noch zweifelhaft. Andere glauben, daß die Regen⸗ würmer zuweilen Eier, zuweilen lebende Junge hervorbringen, 152 Siebente Klaſſe. indem nämlich unter gewiſſen Umſtänden die Eier ſchon im Mut⸗ terleibe auskämen. Da man aber früher unter dem Namen Lum- bricus terrestris wol zwanzig verſchiedene Arten vereinigt hatte, ſo iſt es auch möglich, daß einige dieſer Arten eierlegend, andere lebendiggebärend ſind. Ueberhaupt aber iſt in dieſer Thierklaſſe der Unterſchied zwiſchen Eierlegen und Lebendiggebären nicht von der Bedeutung, wie in den höhern Klaſſen, ſondern er beſteht nur darin, daß in den letztern die Eier ſchon im Mutterleibe aus⸗ kommen, d. h. daß fie ovovivipara find; und es iſt zuweilen der Fall, daß bei ihnen die Eihülle, in welche das Junge eingeſchloſ— ſen iſt, erſt während oder kurz nach der Geburt zerreißt. § 200. Die Geburt felbft, ſowol der Eier wie der J Jun⸗ gen, findet in der Regel durch die weibliche Oeffnung ſtatt; doch kommen auch hievon manche Ausnahmen vor. An den Band— würmern des Menſchen ſah man noch nie die Eier aus jener hervordringen, auch konnte man ſie nicht durch künſtlichen Druck aus ihr hervorpreſſen. Mehrmals aber ſah man, wie die mit reifen Eiern gefüllten Glieder in der Mitte zerriſſen oder ſich ganz abſonderten, worauf dann die Eier aus den zerriſſenen Stellen hervordrangen. Auch findet man nicht ſelten an erwachſenen Bandwürmern die hintern Glieder zerriſſen und ohne Eier. So ſollen auch bei den Kappenwürmern die trächtigen Weibchen an unbeſtimmten Stellen berſten, die Eiergänge hervordringen und, indem ſie ebenfalls zerreißen, Junge und Eier ausſchütten. Die frühere Meinung, daß der Medina-Fadenwurm (Filaria medi- nensis) ſeine Eier durch den Mund von ſich gebe, wenn er aus dem menſchlichen Körper hervorkomme, iſt nicht beſtätigt. In ver⸗ ſchiedenen Borſtenwürmern (Seeraupen, Nereiden, Amphinome) treten die Eier aus den Eierſtöcken in die Abtheilungen der Lei⸗ beshöhle und gehen durch die Seitenlöcher derſelben aus. Von den Regenwürmern glaubt man zum Theil, daß Junge oder Eier durch den After hervorkommen; Morren wollte die Jungen ſelbſt durch den After hervorkommen geſehen haben. Nach Leo's frü⸗ herer Meinung ſollten die Eier durch die Rückenporen geboren werden. So viel iſt gewiß, daß nicht ſelten Eier in der Leibes⸗ höhle des Regenwurms angetroffen werden; wie ſie aber durch den After hervordringen ſollen, iſt nicht recht einzuſehen. Wenn Würmer. 153 Treviranus von einer Regenwurmart (Lumbricus variegatus) ſagt, daß ſie ſich durch Junge vermehre, die wie Sproſſen aus ihr hervorwachſen, ſo iſt dies wol nur ſo zu verſtehen, daß die Jungen aus verſchiedenen Stellen des Körpers hervordringen. § 201. Nachdem Eier oder Junge geboren find, küm— mert ſich in der Regel die Mutter nicht ferner um ihre Nach— kommenſchaft. Nur einige Saugegel machen hievon eine Aus— nahme, z. B. Helluo complanatus, welcher mehre Wochen lang über den Eiern ſitzen bleibt und die Jungen ſelbſt noch eine zeit— lang, zuweilen einen Monat hindurch, am Bauche mit ſich trägt und, bei Gefahr, durch Aufrollen ſchützt. Unrichtig iſt es, wenn dieſes von den officinellen Blutegeln (Hirudo medicinalis und officinalis) erzählt wird. ‚8 202. Bei Beobachtung der Entwickelung der Eier und der eben geborenen Jungen hat es ſich gezeigt, daß ſehr oft die jungen in vielen Stücken von den Erwachſenen abweichen. Die Eier (oder Knoſpen) der Blaſenwürmer entwickeln ſich erſt zu Blaſen ohne Würmer, wie man ſie nicht ſelten findet, und die Würmer entſtehen erſt nachher an den Blaſen. Wenn die Thierchen des Echinococcus in den Blaſen zu wachſen be— ginnen, ſo verlieren ſie Haken und Mündungen, werden ſelbſt zu Blaſen, die ſich nach und nach, wie ſie wachſen, eine die andere verdrängen, bis Eine übrig bleibt, die zuletzt ſich an die ganze innere Fläche der alten Blaſe anlegt und mit dieſer verwächſt. Dann erzeugen ſich in der Flüſſigkeit wieder neue Thierchen u. ſ. w. Solche große Blaſen ohne Thiere ſcheinen diejenigen zu ſein, die man in neuern Zeiten unter den Namen Splanchnococcus und Acephaloeystis als beſondere Gattungen bekannt gemacht hat. — An den ganz jungen Neſtelwürmern zeigt ſich kaum eine Spur von Gliederung, ſondern ſie beſtehen anfangs faſt nur aus einem Kopfe, der an den Darmzotten hängt Die Glieder werden nach und nach ausgebildet und ſcheinen durch Queertheilung ſich zu vermehren, indem am Vordertheile des Körpers Queerrunzeln entſtehen, welche zu vollkommenen Gliedern auswachſen, wodurch der Wurm ſelbſt dann an Länge zunimmt. Die Unähnlichkeit der Jungen und Alten iſt auch Urſache geweſen, daß manche von Jenen für beſondere Gattungen von Eingeweidewürmern gehal⸗ — 154 Siebente Klaſſe. ten wurden, denn die Schleimwürmer, vielleicht auch die Vier⸗ rüßler, ſind nichts anders als junge Grubenkopfwürmer oder Bandwürmer, und, nach Mieſcher, ſoll der Fiſchfadenwurm (Filaria piscium) ein früherer Zuſtand eines Vierrüßlers ſein. Die letzten Glieder des langgliedrigen Bandwurms (Taenia so- lium) nehmen zuweilen eine geſtreckte, ſchmale, faſt ſpindelförmige Geſtalt an; und da ſich dieſe Glieder leicht trennen und für ſich noch längere Zeit leben und umherkriechen, ſo wurden ſie früher, unter dem Namen Vermes cucurbitini, Kürbiskernwürmer, als beſondere Würmer betrachtet. Unter den frühern verſchiedenen Anſichten über die Bildung der Bandwürmer war eine der ſon⸗ derbarſten die, daß aus den Eiern nur einzelne Glieder hervor— kämen, welche, wenn ſie eine beſtimmte Größe erreicht hätten, ſich an einander reiheten und Bandwürmer würden. Merkwürdig iſt noch die Erſcheinung, daß die Riemenwürmer und manche Gru⸗ benkopfwürmer, die ſich in Fiſchen erzeugen, niemals in dieſen Thieren ihre völlige Ausbildung erlangen, und daß namentlich ihre Geſchlechtstheile, beſonders die Eierſtöcke, unentwickelt bleiben, bis ſie ſelbſt in Waſſervögel verſetzt werden, welches dann ge⸗ ſchieht, wenn die Fiſche von ſolchen Vögeln verſchlungen werdem Man erklärt hieraus auch das Beſtreben der Riemenwürmer, zu gewiſſen Zeiten ſich aus den Fiſchen hervorzuarbeiten, wie man ſie zuweilen auch aus denſelben hervorhängend und hervorgehend gefunden hat. — Auch in den übrigen Ordnungen dieſer Klaſſe hat man Unähnlichkeiten zwiſchen Alten und Jungen wahrgenom⸗ men; ſo, unter den Oynmundwürmern, bei dem großen Kratzer (Echinorhynchus gigas); ſo bei mehren Dünnwürmern. Bei manchen der letztern hat man geſehen, daß ſie erſt nach einigen Häutungen ihre eigentliche Geſtalt erhalten; und aus dem Um⸗ ſtande, daß man die Spuhlwürmer des Menſchen (Ascaris lum- bricoides) noch nie unter drei Zoll Länge gefunden haben ſoll, läßt ſich vermuthen, daß die Jungen dieſer Art von den Erwach⸗ ſenen ſo verſchieden ſind, daß wir ſie als ſolche noch nicht erkannt haben. — Die jungen Borſtenwürmer unterſcheiden ſich von den Alten durch geringere Gliederzahl, indem entweder die hintern oder die mittlern Glieder oder Ringe durch Queertrennung ſich vermehren. Auch fehlen den Jungen zum Theil mancherlei An⸗ Würmer. 4 155 hängſel, bie an den Erwachſenen vorhanden ſind, z. B. die blatt⸗ migen Kiemenanhängſel mancher Nereiden. Sechſter Abſchnitt. 17 Beſonderes Phyſiologiſches. 8 203. Hier iſt zuvörderſt die ſtarke Lebenskraft man: cher Würmer zu bemerken. Die einzelnen Glieder der Band— würmer ſcheinen in der That jedes für ſich beſonders zu leben, denn ſie kriechen, von einander getrennt, noch tagelang umher. Unter den Dünnwürmern können manche Fadenwürmer und Spuhlwürmer wochenlang außerhalb des thieriſchen Körpers im Waſſer leben. Ein Spuhlwurm wurde in einem Vogel, der zwölf Tage im Weingeiſt gelegen hatte, lebend gefunden; ein anderer hatte eine Nacht hindurch in mit Waſſer verdünntem Weingeiſt gelegen, ohne zu ſterben. Fadenwürmer ſollen vollſtändig ein— trocknen und zuſammenſchrumpfen und doch wieder aufleben kön— nen, wenn fie in Waſſer gelegt werden. Man hat dergleichen Würmer auch in Fiſchen, nachdem dieſe gekocht oder zu Eis ge— froren waren, noch am Leben gefunden. Die Kleifterälchen find beſonders dadurch berühmt geworden, daß ſie in ganz eingetrock— netem Kleiſter nicht ſterben, ſondern, wenn derſelbe auch erſt nach zwanzig Jahren wieder angefeuchtet würde, von Neuem aufleben ſollen. Ohne Zweifel ſind es aber andere Individuen, die ſich ſo nach zwanzig Jahren zeigen. Außerdem wird noch erzählt, daß dieſe Thierchen einerſeits einen Hitzegrad von 48 Grad Reau— mur ertragen, andererſeits ſelbſt im Waſſer einfrieren könnten, ohne dadurch getödtet zu werden. Auch das Getreideälchen ſoll jahrelang im eingetrockneten Zuſtande beſtehen können, ohne zu ſterben. Blutegel leben mehre Tage nicht nur außer dem Waſſer, ſondern ſelbſt in verdorbener Luft und im luftleeren Raume; auch lange in Flüſſigkeiten, die andern Thieren tödtlich ſind. Sie kön⸗ nen in Eis einfrieren, ohne zu ſterben, und eben ſo gut in menſchlichen Magen ausdauern, ja ſelbſt darin zunehmen. Man hat geſehen, wie beide Theile eines queerdurchſchnittenen Blutegels noch lange Zeit fortlebten, ſogar ſoll ein ſolcher Wurm, dem Kopf und Schwanz abgeſchnitten waren, noch zwei ee e hae ohne die verlorenen Theile zu; reproduciren. 156 Siebente Klaſſe. § 204. An Regenwürmern ſind einige Beobachtungen über die Reproduktionskraft angeſtellt worden. Wird ein ſolcher Wurm durchſchnitten, ſo bildet ſich das Vorderende nur dann wieder zu einem vollſtändigen Thiere aus, wenn auch der Gürtel daran geblieben iſt. Aus dem bloßen Schwanzende wird nie ein neuer Wurm; nur dann, wenn der Gürtel daran blieb, ſoll es ſich zuweilen wieder herſtellen. Man hat ſogar zwei In— dividuen auf einander gepfropft, indem man die Ränder der Wunden vereinigte. Auch bei den Naiden werden nicht nur ver⸗ lorene Theile wiedererzeugt, ſondern einzelne Leibesſtücke bilden ſich zu vollſtändigen Individuen aus. Daſſelbe ſoll auch von Amphitrite (Sabella) ventilabrum gelten. Nach Eſchricht wer: fen manche Grubenkopfwürmer (Bothr. punctatus) jährlich ſämmt⸗ liche Glieder ab, deren Wiedererzeugung dann von neuen vom Kopfe an vor ſich geht. § 205. Einige kleine Nereiden leuchten i im Dunkeln, be⸗ ſonders wenn ſie beunruhigt werden. Eunice gigantea ſoll ſogar elektriſche Schläge ertheilen. Auch Regenwürmer leuchten zur Begattungszeit; nach der Begattung verſchwindet dieſe Er: ſcheiuung ſogleich. | 7 en Siebenter Abſchnitt. Nutzen und Schaden. 8 206. Unter den ſchädlichen Thieren kommen hier zu⸗ at die Eingeweidewürmer oder Binnenwürmer in Be tracht, und zwar zuerſt die im Menſchen wohnenden. Es giebt deren eine ziemliche Anzahl, von denen jedoch manche entweder noch zweifelhaft oder ſo ſelten und unbedeutend ſind, daß ſie auf das Wohlbefinden des Menſchen wenigen oder keinen Einfluß ur ben. Die häufigern und ſchädlichern find folgende: | Taenia solium,. der langgliedrige Bandwurm et Kürbiskernbandwurm, und Bothriocephalus latus (Faenia lata), der kurzgliedrige oder breite Bandwurm, auch wol vorzugsweiſe Neſtelwurm genannt. Beide erreichen eine an⸗ ſehnliche Länge, zuweilen von 50 bis 60 Fuß. Man führt auch wol dergleichen Würmer von 100 Fuß Länge und darüber an, was jedoch zweifelhaft iſt. Sie leben im Darm des Menſchen, Würmer. 157 häufiger bei Kindern und Frauen als bei Männern. Der lang— gliedrige kommt mehr in den mittlern Gegenden von Europa und Aſien vor, der breite mehr in den ſüdlichen (beſonders in Frank— reich und der Schweiz) und nördlichen (Rußland). Sie ſind ſchwer zu vertreiben, und wenn ſie groß ſind, haben ſie endlich Auszehrung zur Folge, da ſie ſich von den Verdauungsſäften nähren. Man glaubte ehemals, daß nie mehr als ein Bandwurm zugleich in einem Menſchen lebe (daher Vers solitaires genannt), was aber ungegründet iſt, denn man hat ihrer 25 beiſammen ge— funden. Von dem langgliedrigen gehen oft einzelne Glieder ab, die man früher für beſondere Würmer hielt und, weil ſie oft wie ein Kürbißkern langgeſtreckt find, Kürbißkernwürmer (Vermes cucurbitini, Taenia cucurbitina) nannte. Ascaris lumbricoides, Spuhlwurm, wird ſelten über einen Fuß lang. Wenn von drei Ellen langen Spuhlwürmern geredet wird, ſo iſt dies gewiß irrig. Er wohnt im Dünndarme, beſon— ders bei Kindern, auch häufiger bei Frauen als bei Männern. Selten kommt er auch im Magen vor, und noch ſeltener an an— dern Stellen im Leibe; doch weiß man ein Beiſpiel, daß er vom Magen aus in die Speiſeröhre und weiter in die Luftröhre ge— langte. Auch in Schweinen, Kälbern und Pferden finden ſich Spuhlwürmer, und in letztern erreichen ſie zuweilen eine Länge von 16 Zoll. Im Waſſer lebt der Spuhlwurm niemals. Ascaris vermicularis (Oxyurus vermicularis), Maſtwurm, Springwurm, Madenwurm; iſt ſelten über einen halben Zoll lang; wohnt im Maſtdarme bei Kindern oft in großer Menge, erregt aber nie bedenkliche Zufälle. Zuweilen werden Larven klei— ner Fliegen, die in den Excrementen leben, mit ihm verwechſelt. Trichocephalus dispar oder Tr. hominis, Haarkopfwurm, Peitſchen wurm (ehemals Trichuris, Trichuride, genannt, weil man das dünne Ende für den Schwanz hielt); etwas über einen Zoll lang; im Blinddarme und Dickdarme, oft häufig, be— ſonders bei Kindern. Filaria medinensis (Gordius medinensis L.), Nerven- wurm, Beinwurm, Medinawurm, auch Neſtelwurm genannt; lebt im Zellgewebe zwiſchen den Muskeln, hauptſächlich in den Beinen. Er kommt nur in den heißen Ländern, und — 158 i Siebente Klaſſe. zwar vorzüglich in der alten Welt vor, doch iſt er auch auf Eus ragao nicht ſelten, und hat den Namen Medinawurm daher, weil er zuerſt häufiger in der Gegend von Medina beobachtet wurde. Wenn er ſich in Europa findet, ſo iſt dies nur bei ſolchen Ver: ſonen der Fall, welche kurz vorher in heißern Ländern anderer Welttheile waren. Er kann zwei Fuß lang werden; doch führt man auch einen Fall an, wo er vier Fuß Länge hatte. Daß er zwölf Fuß lang werden ſollte, wie ebenfalls angeführt wird, iſt wol übertrieben. So lange er keine bedeutende Größe erreicht hat, verurſacht er ſelten Schmerzen; wenn er aber erwachſen iſt und ſich nach Außen durchzuarbeiten ſucht, veranlaßt er ſchmerz— hafte Entzündungen, bis er mit ſeinem Vorderende durch die Haut gedrungen iſt. Dann ſucht man das vortretende Ende mit einer Haar- oder Fadenſchlinge zu faſſen, und zieht nun den Wurm, indem man ihn um ein Stäbchen windet, behutſam her— vor, worüber aber oft mehre Wochen vergehen. Wenn der Wurm dabei abreißt, ſo zieht ſich der übrige Theil in den Körper zurück, wo er dann entweder fortlebt oder ſtirbt und im letzten Falle eine ſchmerzhafte Eiterung veranlaßt. Ob er tödtlich werden könne, wie wol erzählt wird, iſt noch zweifelhaft. — Man glaubt auch wol, daß er im Waſſer lebe, und daß er aus dieſem, etwa beim Baden, durch die Haut eindringe, oder daß ſeine im Waſſer be— ſindlichen Eier beim Trinken in den Körper gelangten und ſich dann in dieſem entwickelten. Das erſte iſt gewiß ungegründet, das zweite nicht wahrſcheinlich. Auch von dem Saiten wurme (Waſſerkalb), Gordius aquaticus, hegt man auch hin und wie— der das Vorurtheil, daß er ſich gelegentlich unter die Haut der Menſchen einbohre und krebsartige Uebel veranlaſſe. § 207. Von den in Thieren lebenden Eingeweidewür⸗ mern erwähnen wir hier zwei Arten: Coenurus cerebralis, Queeſe, Hirnblaſenwurm. Bla⸗ ſen, zuweilen von der Größe eines Hühnereies, oft mit einigen hundert dünnen Leibern, die ſich ein paar Linien lang vorſtrecken können, finden ſich in den Hirnhöhlen der Schafe, an der Hirn— haut, meiſt nur einzeln, ſelten ihrer zwei. Dieſe Würmer bewir⸗ ken bei den Schafen das unter dem Namen der Drehkrankheit bekannte Uebel, welches Sinnloſigkeit und zuletzt den Tod zur Würmer. 159 Folge hat. Solche Schafe verrathen das Daſein diefes Wurmes dadurch, daß ſie oft plötzlich nach Einer Seite beſtändig im Kreiſe ſich drehen, oder daß ſie Sprünge machen. Im erſten Falle liegt der Blaſenwurm an derjenigen Seite im Schädel, nach welcher das Schaf ſich drehet, im zweiten liegt er oben in der Mittellinie. Man nennt dergleichen Schafe Queeſenköpfe, Dreher, oder Springer.“ Cysticercus cellulosae (unter Hydra hydatula, L.), Hyda— tide, Finne. Ein in ein Bläschen endender kleiner Wurm von höchſtens anderthalb Linien Länge, in eine größere Blaſe einge— ſchloſſen, findet ſich im Zellgewebe zwiſchen den Muskeln, beſon— ders bei den Schweinen; kommt aber auch in Affen und Men— ſchen vor. Unter manchen fabelhaften oder verkannten feindſeligen Wür— mern wollen wir hier nur noch der Furia infernalis (Mord— wurm, Höllenwurm) gedenken, welcher in Schweden und ei— nigen andern Gegenden aus der Luft auf den Körper der Men— ſchen fallen, ſich in dieſen hineinbohren und den Tod bewirken ſollte. Dieſer Wurm iſt ein Unding wie manche andere Würmer. § 209. Von den übrigen Würmern find noch folgende zu bemerken: Lumbricus terrestris, der Regenwurm. Unter dieſem Namen werden mehre Arten begriffen, welche gleiche Le— bensart führen. Sie wohnen in feuchter Dammerde, wo ſie da— durch ſchädlich werden, daß ſie beſtändig Gänge wühlen und die Wurzeln junger Pflanzen entblößen. Daß ſie geſunde Pflanzen und deren Wurzeln anfreſſen und dadurch zu Grunde richten ſol— len, hat ſich nicht beſtätigt, ſondern ſie ernähren ſich von abge— ſtorbenen vegetabiliſchen und animaliſchen Subſtanzen und von fetter Erde. — Die Regenwürmer und die Sandwürmer (KArenicola piscatorum; Lumbricus marinus L.), welche letztere beſonders die Sanddünen der Nordſeeküſten theils in unzählbarer Menge bewohnen, indem ſie ſenkrechte Kanäle in den Boden machen, werden häufig als Köder beim Fiſchen gebraucht. Hirudo officinalis und medicinalis, Blutegel, grünlicht oder grünſchwarz, mit gelben Zeichnungen; leben in Teichen und andern ſtillen klaren ſüßen Gewäſſern. Ihre mediciniſche Anwen— dung zum Blutausziehen iſt bekannt; und die Art und Weiſe 160 Siebente Klaſſe. — Würmer. wie ſie ſaugen, iſt bereits da, wo von der Nahrung der Würmer die Rede war, beſchrieben Da dieſe Thiere aber nicht in allen Län⸗ dern von Europa einheimiſch oder in manchen nicht in ſolcher Anzahl vorhanden ſind als der Verbrauch erfordert, ſo wird von andern Ländern aus, welche Ueberfluß an ihnen haben, ein ein⸗ träglicher Handel mit Blutegeln getrieben. In England fehlen ſie ganz, und es werden jährlich mehre Millionen derſelben über Hamburg nach England abgeſetzt, tauſend Stück im Durchſchnitt etwa zu 15 Thalern. Der große Verbrauch und die bedeutende Ausfuhr haben aber auch nachgerade in manchen Ländern, wo die Blutegel früher ſehr häufig waren, ihre Anzahl ſtark vermindert; und man hat an mehren Orten angefangen, künſtliche Zuchtbehäl— ter anzulegen. Ungarn iſt noch beſonders reich an Blutegeln; auch hält man die dort einheimiſchen für die beſten. — Manche dieſer Würmer ſollen ſo erpicht auf das Blutſaugen ſein, daß man ſie mitten durchſchneiden kann, ohne daß ſie zu ſaugen auf⸗ hören; vielmehr ſaugen ſie nun um deſto mehr, da das einge— ſogene Blut gleich wieder hinten abläuft. Soll ein Blutegel nicht weiter ſaugen, ſo ſtreuet man etwas Salz oder tröpfelt etwas Eſſig auf ſeinen Körper, worauf er ſogleich losläßt. Das Blut hält ſich im Magen der Blutegel mehre Monate lang, ohne zu gerinnen; ſobald aber der Wurm ſtirbt, gerinnt auch das Blut. — Die von Blutegeln gemachten Wunden bluten oft ſehr lange nach; und es ſind ſogar Fälle vorgekommen, wo der Tod durch ſolche Verblutungen herbeigeführt wurde. Auch anſteckende Krankheiten können durch Blutegel fortgepflanzt werden, wenn man ſolche, die an dergleichen Kranken angewendet waren, nach— her wieder an andern Perſonen gebraucht. — Die Anwendung mancher andern Arten von Blutegeln hat ebenfalls öfters e Folgen gehabt. m 4 zpnin? ualarg aj un (qe 200 a0 am Buvy ol guess eu une diane Bunuag 33p%, PCC 121990 mwang ehe eee eee un ung 2125 . 5 + + . IpnigaBuaummln anne anamE © 2 az u] eg pod ung 911128 5 . > * * + — Unpjenv jon Bunuoag / ue eue na eue e een | neue m Jo g1aja Bunuaıg AN „ % 1 re ee ee 98 Bunuag duns HE: „ + + * * > + 5 0 5 * Bunuag diser Bunuag epo „52 „%% =—f Bunuag enen + * * * A 0 * * + + * vu o ‘eyeworsouoydıs — usr bunu l)) eine 0 (191 Sn) D # u —̃̃ — ro * ’ “ Ne, Kr * * . — * 715 85 } N (Zu ©. 161.) Fünfte Weberficht. Ordnungen und Zünfte der Vielfüß ler. I. Feſtſitzende Thiere; mit verkümmerten Beinen. — Cirripedia, Rankenfüßler. . Etrſte Ordnung. II. Freie Thiere. A. Mund rüſſelförmig oder ee EN mit N Kinnladen. — Siphonostomata, Schma⸗ rotzerkrebſe . . eite Srd nung. Mund nicht vorſtehend, mit 19125 Künnladen; ſelten ohne 11 1. Der Körper mit einer Reihe ziemlich gleicher Schienen bedeckt. a. Hinterleib verkümmert, ohne Anhängſel. — Laemopoda, Kehlfüß leer „Seechſte Ordnung. b. Hinterleib vollſtändig, mit Bauchanhängſeln. a. Körper zuſammengedrückt. — Amphipoda, Doppelfüß ler. \ 5. Körper niedergedrückt. — Isopoda, Affeln. “0200... Hünfte Ordnung. c. Hinterleib vollſtändig, ohne Anhangfel. — Myriopoda, Taufendfülinge. Ehe .. Vierte Ordnung. 2. Der Körper mit Einem oder ein paar größern Schildern bedeckt. Hinterleib oft mit Schienen. Kiemen an den Beinen, oder ohne Kiemen (im letzten Falle aber nur mit ſechs Beinen); die Beine ſtehen . e . Siebente Ordnung. e ne Dritte Ordnung. nicht um den Mund. — Branchiopoda, Kiemenfüß ler. eo a. Ohne Kinnladen. Zwei Schilde, deren hinteres in einen nee Stiel ausläuft. — Xiphura, Stielſchwänzer. . 8 8 e Dritte Zunft. 6. Mit Kinnladen. Ohne beweglichen Stiel. aa. Wenigſtens zehn Paar Beine, an denen entweder alle Glieder, oder doch die letzten, blattförmig zuſammengedrückt find. — Phyllopoda, Blätterfüßle . . . bb. Nie über fünf Paar Beine, deren Glieder niemals a a r Zweite Zunft. find. — Lophopoda, Buſchfüß ler. . 8 Erſte Zunft. > b. Kiemen entweder an der Wurzel der Beine, oder als Anpängfel unter dem "Hinterlibe; felten ohne Kiemen. Die vordern Beinpaare um den Mund geſtellt. — Stomatopoda, Mundfüß ler. Achte Ordnung. c. Kiemen unter dem Vorderleibsſchilde oder an deſſen Rande. — Decapoda, Krebſe. Neunte Ordnung. Erſte Zunft. Macroura, Fächerſchwanzkrebſe. — Hinterleib meiſt wenigſtens fo lang wie der Vorderleib, ausgeſtreckt, mit Anhängſeln am Ende. Zweite Zunft. Bsachyura, Krabben. — Hinterleib kürzer als der Vorderleib, unter dieſen zurück⸗ geſchlagen, ohne End-Anhängſel. 5 55 Erbe aur DR 5 m en 6. og nungen gem 57 A 5 ah np nriihagg fun. e vs ige: ene ukcber eu rec d 8 - dug — Toppopog eee m. Wie pet nel Suat 1 225 0 bPiottigrins magen, 8 5 5 8 . enten, ir 1 0 „ 55 ah un pen 2 . = wer n U die wen 22 betete, eee. * „ | ER 8 ri une elne 1 . nu ur aondgepuunp: 5 5 15 8 2 0 kroßertteple“ N 5 955 1 1 . Mun grund . “ 5 0 Aucle Son . 1 85 a Ir A true Alete si 55 cen ER: 5 . e Sehr . LER 75 929 75 . . rs Jun e her 8 . 1 BR: N Achte Klaſſe. — Gelenkfüßler. 161 „. 3 ren l e Arthropoda, Gelenkfüßler. Erſter Abſchnitt. Klaſſi fikation. § 210. Bei der faſt unzählbaren Menge von Arten der Gelenkfüßler iſt es, zur beſſern Ueberſicht derſelben, nothwendig geworden, die Klaſſe in mehr Abtheilungen zu ſpalten, als es bei den vorhergehenden Klaſſen der Fall war. Wir theilen ſie zuförderſt in folgende drei Unterklaſſen. 1. Crustacea, Vielfüßler, haben mehr als acht Beine. 2. Arachnoidea, Spinnenthiere, haben acht Beine. 3. Insecta, Inſekten, Kerfe, haben ſechs Beine. Ausnahmen finden in der erſten und dritten Unterklaſſe ſtatt. Es giebt Vielfüßler mit weniger als acht oder mit ganz verküm— merten Beinen; und unter den Inſekten kommen einige ſeltene Fälle von gänzlichem Mangel dieſer Gliedmaßen vor. | § 211. I. Die Unterklaſſe der Vielfüßler zerfällt in neun Ordnungen, welche in der fünften Ueberſicht auseinandergeſetzt ſind. — Die Ordnung der, Kiemenfüßler wird außerdem in drei Zünfte, die der Krebſe in zwei Zünfte getrennt, welche ebenfalls in der fünften Ueberſicht näher bezeichnet ſind. — Von den vielen Gattungen dieſer Unterklaſſe führen wir folgende an: 5 Un Erſte Ordnung: Rankenfüßler. | | Lepas L.— Balanus, Meereichel; Otion; Pentalasmis; Lepas (Anafifa), Entenmuſchel, (Pentalepas). | | Zweite Ordnung: Schmarotzerkrebſe. Lernaea L. — Lernaea, Kiemenwurm; Lernaeocera; ebe Chondracanthus; Lernanthropus; bepeöpbtheirus; 11 162 an ihte Klaſſed : be Pennella; Caligus, Fiſchlaus; Argulus (Binoculus); Cecrops; Dichelestium; Ergasilus; Nibochoe; Anthosoma; Macrobiotus. Dritte Ordnung: Kiemenfüßler, Monoculus L. Erſte Zunft: Buſchfüßler. Cypris; Lynceus; Hersilia; Daphnia, Waſſerfloh; Cyclops ne Nauplius); Evadne; Zioea. Zweite Zunft: Blätterfüßler. Apus, Borſtenſchwänzer; Arbemia, Branchipus; aa 155 sanopoda. Dritte Zunft: e | Limulus. Vierte Ordnung; Taufendfüßlinge Julus L.; Scolopendra L. — Glomeris; Julus, Tau⸗ ſendfüßler; Seolopendra; Scutigera, antun Fünfte Ordnung: Aſſeln. Oniscus L. größtentheils. — Cymothoa, Waſſeraſſel; Asellus, Brunnenaſſel; Arcturus; Ligia; Limnoria; Bopyrus. Sechſte Ordnung: Kehlfüßler zu Oniscus L. — Cyamus, Schmarotzeraſſel. ä Siebente Ordnung: Doppelfüßler RM Cancer L. — Phronima; Gammarns, Flohkrebs; Jone; Apseudes; Chelura. Achte Ordnung: Nundfüßler. zu Cancer L. — Squilla, Schaufelkrebs; Alima; Phyllosoma; Mysis; Mulcion. — Noctiluca; Lucifer; Saphirina? Neunte Ordnung: Krebſe, Cancer L. Erſte Zunft: Fächerſchwanzkrebſe. Pagurus, Weichſchwanzkrebs; Scyllarus, Bärenkrebs; Asta- cus, Edelkrebs; Pandalus; Stenopus; Hippolyte; Palaemon, ag n 24% » imad ade, num anche Br an, Be Abe weh: En wn ei 5 nge Anif 200 er. an ka dee SR, . bete 1. * 1 2 Men e — 5 9 * I, 5 5 0 2 wi J . N 1 8 * ; \ {2 ’ K * ” N 5 ' 7 4 1 IR ws 4 J * * ’ | * Ar * 4 0 8 f 5 N 7 . j A 1 1 *. — * * 1 2 N * 1 t 4 . 33 I 7 x R 0 ! D I 8 5 7 2. uf: - * 1 er # * 0 e 15 8 = 5 { N * 1 8 1 85 2 } Sechſte Weberficht. Ordnungen der Spinnenthiere. I. Weniger als fünf Augen. A. Körperabſchnitte nur undeutlich oder gar nicht angedeutet. 1. Mundtheile ſitzen an einer Lippe oder find von derſelben eingefchloffen. — Acarina, Milben. . 2. Mundtheile ſind frei, mit vorſtehenden zangenförmigen Kinnbacken. — Phalangina, Afterſpinnen. B. Körperabſchnitte deutlich. 1. Mund und After in einer röhrenförmigen Verlängerung. — Pyenogonja, Pyendgoniden. 2. Ohne ſolche Verlängerung. — Pseudoscorpia, Tracheenſp innen II. Mehr als fünf Augen. A. Taſter groß, ſtark, armförmig, am Ende mit einer Scheere oder einem Haken. 1. Die letzten Hinterleibsabſchnitte ſchwanzförmig verlängert. — Scorpionina, Skorpioniden. 2. Ohne ſolche Verlängerung. — Tarantulina, Scheerenfüß ler. B. Taſter ſchwach, beinförmig, zuweilen am Ende mit einer kleinen Klaue. — Araneina, Spinnen. Gu S. 163.) Erſte Ordnung. Zweite Ordnung. Dritte Ordnung. Vierte Ordnung. Fünfte Ordnung. Sechſte Ordnung. . Siebente Ordnung. N 5 155 8 1 3 1 (Zu ©. 163.) it. nenthiere. - jen. — Acarina, Milben. . . Erſte Ordnung. en. — Phalangina, Afterſpinnen. Zweite Ordnung. gonia, Pyenogoniden. . . . . Dritte Ordnung. n „ Haken. :orpionina, Skorpioniden. . .. Fünfte Ordnung. | : . . . . Gedfte Ordnung. — Araneina, Spinnen. . . . Siebente Ordnung. | 3 “2 = Gelenkfüßler. | 163 be; Penaeus, Stachelkrebs; Nika; Acestes; Processa; N Callianassa. | Zweite Zunft: Krabben. Podophthalmus, Stielaugenkrebs; Cancer, Taſchenkrebs; 0 Ocypoda, Laufkrabbe; Pinnotheres, Muſchelwächter; Maja, Meer: ſpinne; Lithodes; Leptopodius; Pactolus; Dromia; Dorippe, Liſtkrabbe; Homola. $ 212. II. Die Unterklaſſe der Spinnenthiere zerfällt, nach der ſechſten Ueberſicht, in ſieben Ordnungen, aus denen hier folgende Gattungen ausgehoben werden: Erſte Ordnung: Milben. Acarus L. — Sarcoptes, Fleiſchmilbe; Acarus, Hausmilbe; Argas; Pteroptus; Uropoda; Gamasus; Cheyletus; Dermanyssus; Ixodes, Zecke; Oribates; Trombidium, Erdmilbe; Rhyncho— lophus; Erythraeus; Rhaphignathus; Megamerus; Tetranychus; Phthiracarus; Hoplophora; Hydrachna, Waſſermilbe; Limno- chares; Eulais; Atax; Diplodontus; Trichodactylus. Zweite Ordnung: Afterſpinnen zu Phalangium L. — Phalangium (Opilio), Weberknechtſpinne; Macrochelis; Trogulus. Dritte Ordnung: Pycnogoniden au iiber, IL. — Pyenogonum; Nymphon. Vierte Ordnung: Tracheenſpinnen zu Phalangium L. — Galeodes (Solpuga), Storpionfpinne; z Be nn 8 Fünfte Ordnung: Skorpioniden. Scorpio L. Skorpion. | Bu Sechſte Ordnung: Seen küste zu Phalan She L. — Phrynus; Thelyphonus. 11 * 164 | Achte Klaſſe. Siebente Ordnung: Spinnen Aranea L. — Mygale, Minirſpinne; Dysdera; Clotho; Drassus; Tegenaria (Aranea), Weberſpinne; Segestria, Tapezier⸗ ſpinne; Argyroneta, Waſſerſpinne; Pholeus; Erigone; Epeira, Zirkelſpinne; Dolomedes, Laufſpinne; Lycosa, Luchsſeinnez ie Ere- sus; Salticus, Springſpinne. $ 213. III. Die Unterklaſſe der Inſekten wird, nach der ſiebenten Ueberſicht, ebenfalls in ſieben Ord⸗ nungen getheilt, welche aber, bei der ſehr zahlreichen Menge von Gattungen, folgendermaßen in Zünfte und Familien zerfallen. Von Gattungen können nur N angeführt werden: er 140 N Erſte Ordnung: Zweiflügler. haben meift zwei häutige Flügel und eine ungegliederte Rüſſel⸗ ſcheide. Einige ſind ungeflügelt, und die Flöhe haben überdem eine gegliederte Rüſſelſcheide. Erſte Zunft: Pulicaria, Flohſpring er. 1 Ungeflügelt, mit einer zweitheiligen, gegliederten Rüſſelſcheide, ſehr kurzen dreigliedrigen Fühlern, Springbeinen. — Pulex L. — Floh. ik Zweite Zunft: Pupipara, bee on Geflügelt oder ungeflügelt; mit zweitheiliger Rüſſ elſcheide; Kopf mit Vorderleib ziemlich genau vereinigt; Krallen unterwärts mit ein oder zwei Zähnen. — Hippobosca L. und Acarus vespertilionis L. — Hippobosca, Spinnfliege; Nyeteribia, Fledermausfliege; Braula; Oxypteryx; Strebla. Dritte Zunft: Athericera, ie | Rüſſel meift weich, zweilippig, an der Wurzel knieförmig ge⸗ brochen und mit zwei Taſtern verſehen, Rüſſelſcheide rinnenför— mig; Fühler zwei- bis dreigliedrig, das letzte Glied meiſt mit einem Stiel oder einer Borſte verſehen. Erſte Familie: Oestroidea, Bremſenfliegen. Rüſſel ſehr kurz, eingezogen, mit zwei Borften, — Oestrus L. — Bremſe. Siel Ordnung I. Die Mundtheile bilden einen Saugrüſſel. A. Der Rüſſel iſt ausgeſtreckt mit einer Scheide. 1. Die Scheide iſt ungegliedert (nur an den 8 2. Die Scheide iſt gegliedert. — Hemiptera, H. Erſte Unterordnung: Heteroptera, 2 Zweite Unterordnung: Homoptera, wachſen iſt. B. Der Rüſſel iſt ſpiralförmig-einrollbar oder wenigf ganz verkümmert. — Lepidoptera, Falter. II. Die Mundtheile bilden Freßwerkzeuge (Kinnbacken); am 2 hieher gehörigen Ordnungen auch zweiflüglige [wo die Unt A. Flügel von gleicher Beſchaffenheit: 1. Mit äſtigen Adern. — Hymenoptera, Haut, 2. Mit netzförmigen Adern. — Neuroptera, Ne, B. Flügel von ungleicher Beſchaffenheit; die obern ſte 1. Die Unterflügel bloß der Länge nach gefaltet geln, wo die Unterflügel in der Ruhe auch it den Oehrlingen). — Orthoptera, Gradflüg g. 2. Unterflügel auch in die Queere gefaltet (zumı käfern, Prachtkäfern, Atractoceren). — Coleig. (Zu ©. 1610 Siebente Heberficht. Ordnungen der Inſekten. I. Die Mundtheile bilden einen Saugrüſſel. A. Der Rüſſel iſt ausgeſtreckt mit einer Scheide. 1. Die Scheide iſt ungegliedert (nur an den Flöhen gegliedert). — Diptera, Zweiflügler. . .. Erſte Ordnung. 2. Die Scheide iſt gegliedert. — Hemiptera, Halbdeckflüg ler . Zweite Ordnung. Erſte Unterordnung: Heteroptera, Wanzen — deren Prothorar vom Meſothorax abgeſondert iſt. Zweite Unterordnung: Homoptera, Gleichflügler — deren Prothorax mit dem Meſothorax ver⸗ wachſen iſt. B. Der Rüſſel ift ſpiralförmig⸗einrollbar oder wenigſtens gekrümmt, ohne Scheide; zuweilen ſehr 9 theils faſt ganz verkümmert. — Lepidoptera, Falter 8 6 . Dritte Ordnung. II. Die Mundtheile bilden Freßwerkzeuge (Kinnbaden); am Vorderleibe ſitzen zwei Paar Flügel 1000 kommen in den vier hieher gehörigen Ordnungen auch zweiflüglige [wo die Unterflügel fehlen] und ganz ungeflügelte Inſekten vor). A. Flügel von gleicher Beſchaffenheit: 1. Mit äſtigen Adern. — Hymenoptera, Hautflüglle e Vierte Ordnung. 2. Mit netzförmigen Adern. — Neuroptera, Netzflügler. . Fünfte Ordnung. B. Flügel von ungleicher Beſchaffenheit; die obern ſtarrer. 1. Die Unterflügel bloß der Länge nach gefaltet (Ausnahmen machen fliegende Arten mit ſehr kurzen Oberflü— geln, wo die Unterflügel in der Ruhe auch in die Queere gefaltet unter den Oberflügeln liegen, z. B. an den Oehrlingen). — Orthoptera, Grad flüglee· er U UUm . „Sechste Ordnung. 2. Unterflügel auch in die Queere gefaltet (zuweilen jedoch der Länge nach gefaltet, z. B. an den Halbdeck⸗ käfern, Prachtkäfern, Atractoceren). — Coleoptera, Käfer 2 a 2 2 2 2 2 0 Siebente Ordnung. 557 . ure ai, 5 Gelenkfüßler. 165 Zweite Familie: Syrphoidea, Schwirrfliegen. Rüſſel zu: rückziehbar, mit vier Borſten. — Viele meiſt bunte glatte Arten der Gattung Mus ca L. — Syrphus, Blumenfliege; Voluccella, Fee 475 | Dritte Familie: Muscaria, Lippenfliegen. Rüſſel zurück⸗ NA -zweilippig, mit zwei Borſten; das letzte Fühlerglied ſchuppenförmig, mit einer Seitenborſte. — Andere Arten der Gattung Musca L. — 1 Fliege; Tachina, Schnellfliege; Ocyptera, Schwalbenfliege; Tephritis (Ochtera), Zangenfliege; Notiphila; Coenosia; Thyreophora, Linſenfliege; Diopsis, Per⸗ ſpektiofliege. Vierte Familie: Conopica, Stechfliegen. Rüſſel vorgeſtreckt, nicht zurückziehbar, mit zwei Borſten. — Conops L. — Ste- moxys (Conops), Wadenſtecher. Vierte Zunft: Notacantha, Stachelfliegen. Rüſſel kurz, mit vier Borſten; Fühler drei- oder viergliedrig, das letzte Glied geringelt. — Arten von Mus ca L. — Stratio- mys, Waffenfliege; Xylophagus, Holzfliege. * Fünfte Zunft: Tabaniea, Viehbremſen. Rüſſel vorgeſtreckt, mit ſechs Borſten; Fühler dreigliedrig, mit geringeltem Endgliede. — Tabanus L. — Pangonia, Rüſſel⸗ bremſe; Tabanus, Viehfliege; Leptis, Grannenfliege. Sechſte Zunft: Manystemata, Tanyſtomen. Rüſſel gerade, nicht gebrochen, mit vier Borſten; Fühler drei— gliedrig, das letzte Glied ungeringelt, aber zuweilen mit einem Stiel oder einer Borſte. — Asilus, Empis, Bombylius L. und einige Arten von Musca L. — Asilus, Raubfliege; Empis, 4112 7 Tanzftege; Sicus, Rennfliege; Dolichopus, Schnepfenfliege. Siebente Zuuft: Nematocerata, Schnaken. Fioühler vielgliedrig, fadenförmig oder borſtenförmig. — Culex und Tipula L. — Culex, Stechmücke; Scatopse, Dungmücke; Tanypus, Stredfußmüde; Chironomus, Zuckmücke; Tipula, Bach⸗ mücke; Lasioptera; Boletophila (und Mycetophila), Pilzmücke; Simulia, Kriebelmücke; Anophilus; Cecidomya, Gallmüde. 166 Achte Klaſſe Zbweite Ordnung: Halbdeckflügler⸗ 0 Erſte Unterordnung. Wanzen haben vier Flügel, von denen die untern ganz häutig, die obern aber pergamentartig oder hornartig und nur am Ende häutig ſind. Einige ſind ungeflügelt. Der Rüſſel geht vom Vorderkopfe aus, iſt aber unterwärts zurückgebogen, mit gegliederter Scheide. Prothorax vom Meſothorax abgeſondert. | Erſte Zunft: Geocorea, Landwanzen. Fühler länger als Kopf; Füße dreigliedrig. — Cimex L. — Scutellera, Schildwanze; Syrtis, Großkopfwanze; Cimex, Haus: wanze (Acanthia); Reduvius, Fliegewanze; Lygaeus, Schmal⸗ | wanze; Coptosoma; Hydrometra, Wafferlanferwanze; Zweite Zunft: Hydrocorea, Wafferwanzen. - Fühler kürzer als Kopf oder kaum fo lang als dieſer; Füße ein⸗ bis zweigliedrig. — Nepa L., Waſſerſkorpion; Hayatıa, Schweifwanze; Notonecta L., Ruderwanze⸗ Zweite Unterordnung: Gleichflügler haben vier Flügel, von denen die untern häutig, die obern ent⸗ weder ganz häufig oder ganz pergamentartig find (Einige find ungeflügelt oder zweiflüglig). Der Rüſſel geht unterwärts vom hintern Theile des Kopfes aus, biegt fi) zurück und hat eine geglie- derte Scheide. Der Prothorar iſt mit dem Mefothorar verwachſen. Erſte Zunft: Coceina, Schildläuſe. Füße eingliedrig; Fühler fadenförmig oder borſtenförmig, meiſt eilfgliedrig. — Coccus L. — Coſchenille. Zweite Zunft: Phytophtkhiria, Pflauzenläuſe. Füße zweigliedrig; Fühler lang, fadenförmig oder borſten— förmig, ſechs- bis eilfgliedrig. — Aphis L., Blattlaus; Trips L. Blaſenfüßler; Chermes L. (Psylla), Afterblattlaus (der Rüſſel der Blaſenfüßler ſoll fleiſchig, nicht gegliedert, ſein). Dritte Zunft: Cieadaria, Cikaden. Füße dreigliedrig; Fühler meiſt ehr kurz, kegelförmig oder pfriemförmig, drei- bis ſechsgliedrig. — Fulgora L., Laternträ⸗ ger; Cicada L., Singcikade; Aphrophora, Schaun | RN Gelenkfüßler. | 167 Dritte Ordnung: Falter 00% haben vier häutige, mit feinen Schuppen bekleidete Flügel einige | Weibchen ſi nd ungeflügelt). Der Rüſſel iſt ohne Scheide und beſteht aus zwei Borſten, die entweder kurz und gekrümmt 1015 | lang und ſpiralförmig⸗ einrollbar find. Erſte Zunft: Noeturnae, Racti Karen. Ä | Fühler borſtenförmig, oft kammſörmig. Hinterflügel 1 e Wurzel am Vorderrande eine oder mehre ſteife Borſten, die in eine Falte oder in einen Ring der Unterſeite der Vorder⸗ flügel hineinragen. — Phalaena L. | ' Etrſte Familie: Fissipennia, Federmotten. Klein, ſchmäch⸗ tig! Die Flügel find, entweder. alle viere oder nur ein Paar tief eingeſchnitten, an den Rändern mit langen Borſten beſetzt. — Alucitae L. — Pterophorus. Zweite Familie: Tinearia, Motten. Klein, ſchmächtig. Oberflügel lang, dreieckig oder linealförmig, in der Ruhe entweder den Körper umhüllend, oder an deſſen Seiten gelegt. Unterflügel gefaltet, breiter als 155 Rüſſel oft faſt ganz fehlend; meiſt vier deutliche Taſter. — Tineae L. und die meiſten Pyralides L. — Pyralis, Lichtmotte; Tinea, Hülſemotte; Oecophora, Minir⸗ motte; Botys, Schabenwickler; Chilo. Dritte Familie: Phalaenoidea, Spannerfalter. Meiſt ſchmächtig. Flügel entweder horizontal abſtehend oder etwas dachförmig anliegend. Fühler meiſt kammartig oder behaart. Die hintern Taſter entweder klein, faſt cylindriſch (Phalaena) oder lang und zurückgekrümmt (Herminia). — Geometrae L. mit Aus⸗ nahme derjenigen Arten, welche in unſere ſiebente Familie gehö⸗ ren. — Phalaena, Spanner. | Vierte Familie: Tortrieina, Wickler. Klein. Vorderflügel kurz, breit, vor der Wurzel mit etwas hervorgewölbtem Vorder— rande. Taſter wie in der fünften Familie. — Tortrices L. — Tortrix, Blattwickler; Cecidoses; Carpocapsa, Obſtmotte. Fünfte Familie: Noctuaria, Eulenfalter. Leib faſt ſchup⸗ penförmig⸗behaart. Rüſſel ſpiralförmig eingerollt, meiſt lang. An den hintern Taſtern iſt das vorletzte Glied breit, das letzte ſehr klein oder doch ſchmäler als das vorletzte. Fühler meiſt einfach. 168 Achte Klaſſe. — Noctuae spirilingues und me spirilingues 1. . — Noctua. Eulchen. Scchſte Familie: Hepialina, Sagefpinhkt.. Flügel dach⸗ fürmig anliegend, meiſt lang, die hintern nicht breiter als die vor⸗ dern. Rüſſel ſehr kurz. Fühler kurz. — Noctuae elingues L. — Bombyx cossus L. — Hepialus, Wurzelſpinner; Cossus, Holzſpinner. Seiebente Familie: beg udi eh Spinnerfalter. Körper ſtarkbehaart. Rüſſel kurz oder ſehr kurz. Fühler kammförmig / beſonders die der Männchen. — Attaci L., Bombyces elin- gues L. und von Geometris L. die Arten mit kammförmi⸗ gen Fühlern und winklichen Hinterflügeln. — Saturnia, Atlas; Bombyx, Spinner; Sericaria; Orgya; Psyche, Sadträge; I Har- pya, Gabelſchwanzſpinner; Platypter rn. 281113 Zweite Zunft: Crepuscularia, Abendfalter. Fühler prismatiſch oder ſpindelförmig, ſelten borſtenſürmig warm Hinterflügel haben meiſt vor der Wurzel am Vor⸗ derrande einen Dorn oder eine Borſte, welche in einen Haken an der Unterſeite der Vorderflügel paſſen. — Sphinx L. Erſte Familie: Zygaenoidea, Zygänen. Fühler ſpindel⸗ förmig oder hörnerförmig gekrümmt, ſelten borſtenförmig⸗kamm⸗ förmig, immer mit ſpitzem, nacktem Ende. Hinterſchienbeine meiſt mit kurzen Dornen am Ende. — Sphinges adscitae L. — e Widderſchwärmer. Zweite Familie: Sesiätica, Seſien. Fühler ſpinbelſörmig oft mit einem kleinen Büſchel von Haaren oder Schuppen geen⸗ digt. Hinterſchienbeine mit ſtarken Dornen am Ende. — Sphin- ges legitimae ano barbate L. — Sesia, Glasſchwärmer. Dritte Familie: Sphingoidea, Schwärmer. Fühler prisma⸗ tiſch, am Ende mit einem kleinen Schuppenbüſchel. — Die übri⸗ gen Sphinges legitimae L. — Sphinx, Abendſchwärmer. Vierte Familie: Hesperisphingia, Afterſchwärmer. Fühler in der Mitte oder gegen das Ende dicker, mit mehr oder 9 hakenförmiger Spitze. Castnia. Dritte Zunft: Diurna, Braten 2 Fühler meift an der Spitze dicker oder gekrümmt. Hinter⸗ flügel ohne Dorn oder Borſte vor der Wurzel. — Papilio L. en Gelenkfüßler. 169 Erſte Familie: Hesperiatica, Großkopffalter. Alle Beine vollkommen, mit zwei Paar Dornen an den Hinterſchienbeinen. Hinterflügel in der Ruhe meift horizontal abſtehend. — Plebeji urbicolae L. und einige Equites L. — Hesperia, Goldfalter. Zweite Familie: Ruralia, Kleinkopffalter. Alle Beine vollkommen, mit einem Paar Dornen an den Hinterſchienbeinen. Flügel in der Ruhe aufgerichtet. Das dritte Glied der hintern Taſter entweder nackt oder doch weniger ſchuppig als die vorher: gehenden. Die Fußklauen ſehr kurz. — Plebeji rurales L. — Lycaena, Argusfalter. Dritte Familie: Nymphalia, Nymphenfalter. Border: beine unvollkommen, zurückgebogen, entweder ſehr haarig oder ſehr kurz, zum Gehen untauglich. Der innere Rand der Hinterflügel ſchlägt ſich ganz unter den Hinterleib herum. Hintertaſter groß, nahe beiſammen ſtehend. — Nymphales L. — Vanessa, Eck⸗ flügelfalter; Apatura, Schillerfalter⸗ Vierte Familie: Festiva, Buntfalter. Vorderbeine zurück⸗ gebogen, ſehr klein, zum Gehen untauglich. Der innere Rand der Hinterflügel ſchlägt ſich nur unvollkommen um den Hinterleib. Hintertaſter klein, weit getrennt. — Danai festivi L. zum Theil. — Euploea. 0 Fünfte Familie: Candida, Bleichfalter. Alle Beine voll- kommen. Ein Paar Dornen an den Schienbeinen. Das dritte Glied der hintern Taſter entweder eben ſo ſchuppig wie die vor— hergehenden, oder ſehr verkümmert. Rand der Hinterflügel wie in der dritten Familie. — Danai candidi L. — Pieris, Weiß⸗ ling; Colias, Gelbling. Sechſte Familie: Nobilia, Edelfalter. Unterſcheiden ſich von der fünften Familie dadurch, daß der innere Rand der Hin— terflügel muldenförmig oder gefaltet iſt und den Hinterleib nicht umfaßt. — Equites und Heliconii II. — ‚Bapile, Ritterfal⸗ ter; Farnassius, Parnaſſier. 81 8 Vierte Ordnung: Hautflügler. Sie haben in der Regel vier häufige, äſtig geaderte, zuwei⸗ Len faſt ganz aderloſe Flügel, deren vordere größer als die hin— tern ſind. Selten ſind ſie zweiflüglig oder ungeflügelt. = 170 Achte Klaſſe. - Erfte Abtheilung, mit vier Flügeln, zuweilen ohne 25 HSchenkelringe zweigliedrig. Erſte Zunft: Seeurifera, Pflanzen weſpen. Hinterleib anſitzend, an der Baſis fo breit wie der Vorder: leib, und mit dieſem der ganzen Breite nach verwachſen. Erſte Familie: Tenthredonoidea, Sägeweſpen. Kinn⸗ backen lang, zuſammengedrückt. Unterlippe dreitheilig; Vorder⸗ ſchienbeine zweidornig. — Tenthredo L. und einige Arten von Sirex L. — Cimbex, Knopfhornweſpe; Tenthredo, Blattſäge⸗ weſpe; Lyda (Pamphilius), Langhornweſpe; Ferga, Xyela, Ce- phus, Schwebweſpe. Zweite Familie: Urocera, Holzbohrw eſpen. Kinnbacken kurz ſtark. Unterlippe ungetheilt; Vorderſchienbeine eindornig. — Sirex L. größtentheils. — Sirex, Holzweſpe. Zweite Zunft: Pupivora, Puppenräuber. Hinterleib an der Baſis ſchmaler als der Vorderleib, oft ge- ſtielt, meiſt (mit Ausnahme der erſten Familie) am Hintertheile des Metathorax ſitzend. Erſte Familie: Evaniatica, Dünnleibweſpen. Hinterleib am Rücken des Metathorax ſitzend. — Ichneumon jaculator und assectator L. Sphex appendigaster L. — Evania, Hungerweſpe. Zweite Familie: Ichneumonoidea, Schlupfweſpen. Vor⸗ derflügel maſchenförmig geadert (Einige ohne Flügel). Fühler meiſt fadenförmig oder borſtenförmig, vielgliedrig (16 bis 70 Glies der). Kinnbacken meiſt ungezähnt, an der Spitze gefpalten, Kinn⸗ ladentaſter meiſt fünfgliedrig. — Die meiſten Arten von Ichneu- mon L. — Ichneumon, Raupentödter, Tryphon, Ophion, Schlan⸗ genweſpe, Pimpla, Schwanzweſpe,! Microgaster, Aphidius, Teleas, Sigalphus, Hohlweſpe. Dritte Familie: Cyniparia, Gallſchlupfweſpen. Turhen flügel mit unvollkommenen Maſchen. Hinterflügel ohne Adern. Fühler fadenförmig oder gegen das Ende dicker, mit 13 bis 15 Gliedern. Taſter lang; die Kinnladentaſter meiſt viergliedrig, die Lippentaſter dreigliedrig. — Cynips L., Wenne Blasto⸗ phaga. 1 . Gelenkfüßler. g 171 Zweite Abtheilung; mit vier Flügeln, zuweilen ohne 8 a nn ei Erſte Zunft: Praedatoria, Raubweſ 5 en. Das erſte Glied der Hinterfüße iſt drehrund. Erſte Familie: Chalcidica, Chalciden. Flügel wie die der Gallſchlupfweſpen. Fühler meiſt gebrochen, mit verlängerter oder ſpindelförmiger Geißel, nicht über zwölfgliedrig. Taſter ſehr kurz. — Einige Arten von Sphex, Vespa und Ichneumon L. — Chalcis,, Schenkelweſpe, Leucospis, Rückenweſpe, Thoracantha, Agaon, Misocampe (Diplolepis F.), Cleonymus, Platygaster. Zweite Familie: Oxyura, Dryuren. Flügel und Fühler wie Gallſchlupfweſpen, die Fühler 10- bis Iögliedrig. Kinn: ladentaſter oft lang hinabhängend. Legeröhre kegelförmig, äußer— lich oder innerlich, im letzten Falle aber vorſtreckbar. — Psilus (Diapria). Dritte Familie: Chrysidica, Glanzweſpen. Hinterleib metalliſch⸗glänzend, am Bauche flach oder concav, kann ſich der ganzen Länge nach an die Bruſt zurücklegen. Flügel wie die der Gallſchlupfweſpen. Fühler gebrochen zitternd. Legeröhre gegliedert zurückziehbar, aus den letzten ſehr verengerten Segmenten be— ſtehend. — Chrysis L., Goldweſpe. Vierte Familie: Heterogyna, Heterogynen. Fühler ge⸗ brochen. Unterlippe klein löffelförmig. Männchen geflügelt; Weib— chen ungeflügelt oder mit hinfälligen Flügeln; Geſchlechtsloſe im— mer ungeflügelt. Flügel glatt. Glieder der Hinterfüße gleichbreit. — Formica und Mutilla L. — Formica, Ameiſe; Atta, Mutilla, Bienenameiſe. | Ä Fünfte Familie: Fossoria, Grabweſpen. Unterlippe mehr oder weniger ausgerandet, niemals fadenförmig oder borſtenförmig. Flügel glatt. Die Beine ſind Grabbeine oder Laufbeine, die Glieder der Hinterfüße gleichbreit. — Die meiſten Arten von Sphex L. und einige Arten von Apis und Vespa L. — Sphex, Afterweſpe; Pompilus, Erdgrabweſpe; Trypoxylon, Wand⸗ weſpe; Sapyga, Moderweſpe; Crabro, Silbermundweſpe. Sechſte Familie: Diploptera, Faltenweſpen. Oberflügel mehr oder weniger der Länge nach gefaltet, ſelten glatt; im letz⸗ * * 172 Achte Kaffe, ten Falle aber find die Freßwerkzeuge, vorzüglich die Unterlippe, ſchmal und lang. Die Glieder der Hinterfüße gleichbreit. — Vespa L. größtentheils. — Vespa, Weſpe; Eumenes, Drüſenweſpe. Zweite Zunft: anthophila, Bienen. Flügel glatt Das erſte Glied der Hinterfüße zuſammenge⸗ drückt, breiter als die folgenden. — Apis L. größtentheils. — Anthrena, Afterbiene; Dasypoda, Wollfußbiene; Xylocopa, Holz⸗ biene; Chelostoma, Heriades, Megachile (Trachusa, Anthophora), Blumenbiene; Melecta, Schmarotzerbiene; Osmia, Anthidium; Nomada, Weſpenbiene; Bombus, Hummel; Apis, He Trigona, Melipona. Dritte Abtheilung, mit zwei Flügeln, aber vor benſel⸗ ben mit einem häutigen Anhange, gleich einem verkümmerten Flü⸗ gel. Strepsiptera, e — 5 W Stylops, Stielauger. Fünfte Ordnung: Netz flügler. Vier häutige, netzförmig geaderte, Pi ze Un Säge 1 ungeflügelt. | 25 Erſte Zunft: Subulicornia, Kleiuh ne 1 1 88 1 Fühler kurz pfriemförmig, höchſtens ſiebengliedrig. Hinter⸗ flügel niemals größer als die Vorderflügel. | Erſte Familie: Ephemerina, Hafte. Kinnbacken und Kinn⸗ laden verkümmert. Hinterflügel klein oder fehlend. Füße fünf⸗ gliedrig. — Ephemera L., Tagthierchen. Zweite Familie: Libellulina, Waſſerjungfern. Kinnbacken und Kinnladen ſtark, verborgen. Flügel gleichgroß. Füße drei⸗ gliedrig. — Libellula L. — Libellula, Breitjungfer; Aeschna, Schmaljungfer; Agrion, Waſſ. ernymphe. Zweite Zunft: Planipennia, Platt gt, Fühler vielmal länger als der Kopf, vielgliedrig. Kinnbacken frei. Flügel faſt gleichgroß, dae ee anliegend, die hintern nicht gefaltet. Erſte Familie: Myrmeleonina, Ameiſenjungfern. Füh⸗ ler am Ende dicker. Füße fünfgliedrig. — Myrmeleon L., Ameiſenlöwe. u Gelenkfüßler. 173 Zweite Familie: Hemerobiotica, Zartflügler. Fühler fa⸗ denförmig. Füße fünfgliedrig. — Hemerobius L. Rhaphi- dia L. — Hemerobius, Florfliege; Sialis, Netzfliege; pie Kameelfliege; Mantispa, Netzfangheuſchrecke. Dritte Familie: Panorpina, Rüſſeljungfern. Vorderkopf rüſſelförmig verlängert. Flügel ziemlich gleich, horizontal auflie- gend, nicht gefaltet, mit wenigen Maſchen. Füße fünfgliedrig. — Pan orpa L. — Panorpa, Skorpionfliege; Boreus, Winter⸗ ſkorpionfliege. a re Vierte Familie: Termitina, Termitinen. Füße zwei⸗ big viergliedrig. Flügel mit wenigen Maſchen, Unterflügel kleiner. — Termes L. — Termes, Termite; Psocus, Laushaft. Fünfte Familie: Perlaria, Perljungfern. Füße dreiglie- drig. Kinnbacken klein. Flügel horizontal; Unterflügel breiter als Oberflügel, der Länge nach gefaltet. — Einige Arten von Phry— ganea L. — Nemura, Semblis (Perla), Perlfliege. Dritte Zunft: Trichoptera, Haarflügler, Ohne Kinnbacken. Flügel dachförmig anliegend. — Phry- ganea L. — Köcherjungfer. Sechſte Ordnung: Gradflügler. Vier Flügel, von denen die untern häutig, der Länge nach gefaltet, ſelten auch in die Queere eingeſchlagen, die obern perga— mentartig oder faſt häutig, deutlich geadert, nicht gefaltet, aber meiſt an den nen ÜDEFFENBADER gelegt find. ° (Einige ungeflügelt.) 290 1 Erſte Zunft: 3 Sihuflägier. Flügel fehlen. Beine find Laufbeine. 9 Erſte Familie: Parasita, Lauskerfe. Hinterleib ohne An: hängſel. Prothorax etwas mit dem Meſothorax verwachſen. Füh⸗ ler kurz, höchſtens fünfgliedrig. — Pediculus L. — Nirmus, Vogellaus; Pediculus, Laus. Zweite Familie: Thysanura, Thyſanuren. Hinterleibsende entweder mit drei Borſten oder mit einem gabelförmigen Schwanz. E Lepisma L. Podura L. — We Ae, aer Pudura, Springſchwanzthier. 174 Achte Kaffe. Zweite Zunft: Cursoria, Laufg ryl len. Erſte Familie: Forficularia, Käfergryllen. Füße dreiglie⸗ drig. Oberflügel kurz, mit gerader Naht. Hinterleibsende mit einer Zange. — Forficula L., Oehrling. | Zweite Familie: Blattaria, Scatengro reh Füße fünf⸗ gliedrig. Der Körper niedergedrückt, eiförmig oder kreisrund. Der Kopf unter dem Prothorax verborgen. — Blatta L., Schabe. Dritte Familie: Mantica, Raubgryllen. Füße fünfgliedrig, Der Körper geſtreckt. Der Kopf frei. — Mantis L. — Man- tis, Fangheuſchrecke; Phasma, Geſpenſtheuſchrecke. Dritte Zunft: Saltatoria, Springgryllen (Heuſchrecken). Hinterbeine find Springbeine. — Gryllus L. — Grylio- talpa, Maulwurfsgrylle; Xya, Erdgrylle; Gryllus (Acheta F.), Grylle; Locusta, Säbelheuſchrecke; Truxalis, Thurmheuſchrecke; Acridium (Gryllus F.), Schnarrheuſchrecke; Tetrix (Acridium F.), Spitzheuſchrecke. Siebente Ordnung: Käfer. Vier Flügel; die untern häutig, in die Queere eingeſchlagen; die obern pergamentartig oder faſt hornartig, ohne deutliche Adern, ſehr ſelten mit übereinander ſchlagenden Nahträndern (Mehre ohne Unterflügel, Einige ganz flügellos). Meiſt vier Taſter, nämlich zwei an den Kinnladen und zwei an der Lippe. Erſte Zunft: Mieropters, Kurzdeckkäfer Körper geſtreckt. Oberflügel kurz, meiſt nur den Rücken des Vorderleibes deckend, am Ende gerade abgeſchnitten. Fühler von mittelmäßiger Länge und Dicke, theils gegen das Ende zu ver- dickt. Füße, mit ſehr wenigen Ausnahmen, pentameriſch. — Staphylinus L. — Staphylinus, Traubenkäfer; Omalium. Zweite Zunft: Adephaga, Naubkäfer. Sie haben Laufbeine; mittelmäßig lange fadenförmige Füh⸗ ler; ſechs Taſter. Körper meiſt eiförmig, mehr oder weniger platt. Füße pentameriſch. ; 4 Gelenkfüßler. ö 175 Erſte Familie: Carabodea, Laufkäfer. Kinnladen zugeſpitzt, . ohne beweglichen Zahn. — Carabus L. — Calosoma, Schön— käfer; Zabrus, Scarites, Grabkäfer; Brachinus, Bombardierkäfer. Zweite Familie: Cicindelina, Sandkäfer. Kinnladen zu— geſpitzt, mit einem beweglichen Zahn am Ende. Cicindela L. Sandläufer. Dritte Zunft: Hydrocanthara, Waſſerkäfer. Körper eiförmig, mehr oder weniger flach. Die Beine ſind, entweder alle oder nur die hintern, Schwimmbeine. Fühler ent: weder borſtenförmig oder keulenförmig oder am Ende knopfförmig. — Gyrinus L. Dyticus L. — Dyticus, Tauchkäfer; Gyri- nus, Drehkäfer; ene Schwimmkäfer; Helophorus, Run⸗ zelkäfer. Vierte Zunft: Melanosomata, Schattenkäfer. Körpes ſchwarz oder dunkelfarbig, düſter, oft ſehr gewölbt. Fühler ſchnurförmig. Die Beine ſind ſtarke Laufbeine mit hete— romeriſchen Füßen. — Tenebrio L. und einige Arten aus an— dern Gattungen. — Tenebrio, Mehlkäfer; Blaps, Trauerkäfer; Pimelia, Feiſtkäfer; Tagenia, Röſtkäfer. Fünfte Zunft: Stenosomata, Schmalkäfer. Körper geſtreckt. Oberflügel ſchmal, gegen die Spitze zu ſchmaler, hart oder doch nicht ſehr weich. Fühler kurz oder von mittelmäßiger Länge, fadenförmig oder ſägeförmig oder kamm— förmig. Erſte Familie: Stenoptera, Schmaldeckkäfer. Vorder— bruſtbein nicht verlängert. Füße meiſt heteromeriſch. — Mor- della L. und einige Arten von Tenebrio Chrysomela und Cer ambyx IL. — Mordella, Stachelkäfer; Rhipiphorus, Kamm⸗ käfer. Zweite Familie: Serricornia, Sägehornkäfer. Vorder⸗ bruſtbein nach hinten und vorn verlängert. Fühler ſägeförmig oder kammförmig. Oberflügel hart. Füße pentameriſch. — Bu- prestis L., Elater L. — Buprestis, Prachtkäfer; later, Springkäfer; Drilus, eee 3 Ballen⸗ füßler. — 176 Achte Klaſſe. Sechſte Zunft: Malacoder mata. Weichdeckk ä fer. Der meiſt geſtreckte Körper und die Oberflügel find weiß; letztere entweder kurz oder lang und ſchmal, felten breit. Fühler kürzer als der Nd übrigens, ſo wie die Füße, verſchieden geſtaltet. Erſte Familie: Tische Fliegenkäfer. Kopf frei, mit abgefeßtem Halſe. — Meloe L. und einige Arten von Lam- pyris, Cantharis und Chrysomela L. == Meloe, Oelkä⸗ fer; Lytta, Pflaſterkäfer; Mylabris, Reizkäfer; Apalus, ae fer; Horia, Rothkäfer; Nemognathus. | Zweite Familie: Telephorina, Weichkäfer. Kopf frei oder welt verborgen, aber nicht mit deutlich abgeſetztem Halſe. Pro⸗ thorax flach oder wenig gewölbt. — Cantharis L. — Cantha- ris, Afterleuchtkäfer; Malachius, Warzenkäfer; Atractocerus, Dasytes. | er | Dritte Familie: Lampyridina, Lichtkäfer. Kopf unter Pro⸗ thorax verborgen. — Lampyris L., Leuchtkäfer. Vierte Familie: Clerica, Anleif enkäfer. Kopf frei oder wenig verborgen. Prothorax cylindriſch oder wenigſtens gewölbt. Fühler verdickt. — Einige Arten von Dermestes und Meloe L. — Clerus, Kolbenkäfer. Siebente Zunft: ine Bockk a fer. Körper geſtreckt. Prothorax ſchmaler als die Oberſſägel; letz⸗ tere hart oder etwas weich. Fühler lang, borſtenförmig oder fa⸗ denförmig; Füße een das dritte Glied tief einge⸗ ſchnitten herzförmig. — Cerambyx und Leptura Li; außer⸗ dem auch einige Arten von Cantharis Chrysomela und Ne- cydalis L. — Acrocinus, Langarmkäfer; Prionus, Forſtkäfer; Macrodontia, Cerambyx, Holzbockkäfer; Callidium, Liſtkäfer; Mol- et Halbdeckkäfer; Donacia, Rohrkäfer; 3 Birptäfe. Achte Zunft: Devastatoria, Mag ekäfer. 00 Körper meiſtentheils klein, geſtreckt, cylindriſch oder faſt eiför⸗ mig. Fühler meiſt mittelmäßig lang und gegen das Ende mehr oder weniger verdickt. Füße verſchieden, aber nie mit ie tenen Gliedern. Oberflügel hart oder etwas weich.— „ 1 Du al Pe a Fa Gelenkfüßler. 177 Erſte Familie: Xylotroga, Plattnager. Körper mehr oder weniger platt. — Paussus L. und einige Arten von Tenebrio L. — Paussus, Hakenkäfer; Progosita, Getreidekäfer; Cucujus, Plattkäfer. Zweite Familie: Bostrychodea, Borkennager. Körper cylindriſch. Kopf mehr oder weniger in den Prothorax zurückge— zogen, mit vorſtehender kurzer dicker Schnauze. Fühler mit knopf— förmigem Ende. — Arten von Dermestes L. — Bostrychus, Borkenkäfer; Anommatus. Dritte Familie: Dermestica, Hautnager. Körper eirund oder cylindriſch. Kopf mehr oder weniger zurückgezogen, ohne vor— ſtehende Schnauze. Fühler am Ende verdickt oder knopfförmig. — Mehre Arten von Dermestes L. und einige von Byrrhus L. — Dermestes, Speckkäfer; Anthrenus, Blüthenkäfer. Vierte Familie: Ptinoidea, Bohrnager. Körper und Kopf wie in vorhergehender Familie. Fühler fadenförmig oder kamm— förmig. — Ptinus L. — Ptinus, Bohrkäfer; Anobium, Pochkäfer. Neunte Zunft: Rhynchophora, Schnabelkäfer. Kopf vorn entweder in eine kurze ſtumpfe oder in eine län— gere dünnere rüſſelförmige Schnauze verlängert, mit ſehr kleinen Freßwerkzeugen. Füße kryptopentameriſch. Erſte Familie: Curculionina, Rüſſelkäfer. Rüſſel oder Schnauze wenigſtens ſo lang wie der Kopf, meiſt länger als die— ſer. Fühler meiſt gebrochen. — Curculio und Attelabus L. — Rhynchaenus, Langrüßler; Rhynchites, Apion, Calandra, Ca⸗ landerkäfer; Lixus, Hylobius, Baridius. Bmweite Familie: Bruchoidea, Samenkäfer. Schnauze für- zer als der Kopf. Fühler ungebrochen fadenförmig oder kolben— förmig, theils ſägeförmig. — Bruchus L., Muffelkäfer. | Zehnte Zunft: Cyelica, Nundkäfer. Körper meiſt rund gewölbt, theils halbkuglig oder kuglig. Fühler gegen das Ende verdickt. Erſte Familie: Aphidophaga, Blattlauskäfer. Körper halbkuglig. Das letzte Taſterglied beilförmig; das Fühlerende länglich⸗knopfförmig; die Füße be e — Cocci- nella L. — Marienkäfer. 12 3 178 Achte Klaſſe. Zweite Familie: Fungicolaria, Pilzbewohner. Körper eirund oder halbkuglig. Das letzte Taſterglied nicht ſtärker als die übrigen. Füße heteromeriſch oder kryptotetrameriſch. — Chry- somela coccinea und Silpha suceineta L. — Endomy- chus, Staubpilzkäfer. Dritte Familie: Chrysomelina, Blattkäfer. Körper meiſt halbkuglig. Das letzte Taſterglied verſchieden geſtaltet. Füße kryptopentameriſch. — Cassida, Hispa und die meiſten Arten von Chrysomela L. — Cassida, Schildkäfer; Chrysomela, Goldhahnkäfer; Haltica, Erdfloh; Clythra, Sägeblattkäfer; Chla- mys, Mantelkäfer; Hispa, Dornkäfer. Vierte Familie: Crassicornia, Dickhornkäfer. Körper halb⸗ kuglig; das letzte Taſterglied eiförmig. Fühler mit ſehr dickem Endknopfe. Füße heteromeriſch. — Tetratoma, Vierſchnittkäfer; Anisotoma, Ungleichkäfer; Agathidium, Knäuelkäfer. Eilfte Zunft: Clavieornia, Silphiden. Körper breit, mehr oder weniger flach, mit abgeſtutzten vier⸗ eckigen Oberflügeln. Fühler am Ende kolbig oder knopfförmig. Füße pentameriſch. — Silpha L. Hister L. — Silpha, Aas⸗ käfer; Necrophorus, Todtengräber. Zwölfte Zunft: Lamellieornia, Pinſelkäfer. Die Fühler haben einen fächerförmigen Endknopf; die Füße find pentameriſch. Erſte Familie: Saprophaga, Miſtkäfer. Körper gewölbt, meiſt gedrungen, ſchwarz oder dunkelfarbig, Vorderbeine gedrun= gen ſtark. Kopf und Prothorax oft gehörnt. — Die erſte Hälfte der Gattuug Scarabaeus L. — Scarabaeus, Hornkäfer; Ateu- chus, Strahlkäfer; Geotrupes, Scharrkäfer. Zweite Familie: Phyllophaga, Laubfreſſer. Körper meiſt gewölbt und gedrungen, öfters buntfarbig oder metalliſch glänzend. Vorderbeine ſchwächer. Kopf und Prothorax ſehr ſelten gehörnt. — Die andere Hälfte der Gattung Scarabaeus L. — Melo- lontha, Laubkäfer; Cetonia, Goldkäfer. Dritte Familie: Lucanina, Hainkäfer. Körper flacher, theils geſtreckt. Kinnbacken mit ſtarken Zähnen. — Lucanus L. — Lucanus, Schröter; Platycerus, Plattſchröter. . ; Gelenkfüßler. 179 ee Zweiter Abſchnitt. * Aeußere körperliche Beſchaffenheit. § 214. Die Gelenkfüßler find nach Form, Größe und Zeichnung des Körpers ſehr verſchieden. Im Allgemeinen wird das Maaß der Breite oder Dicke von dem der Länge übertroffen; und ſo wie dieſe Form einerſeits in die ſehr geſtreckte ſchmale lineäre übergeht (z. B. bei den Scolopendern, Schweifwanzen, Schwanzweſpen, Waſſerjungfern, Geſpenſtheuſchrecken), ſo verliert fie ſich andererſeits in die kreisrunde und kuglige (z. B. Kugel- käfer, viele Milben und Krabben). Manche Afterſpinnen haben einen dreieckigen Körper. Im Allgemeinen iſt die Geſtalt ſymme— triſch; unter Bopyrus giebt es aber Arten, deren Kopf, Füße u. ſ. w. bald mehr rechts, bald mehr links gedrängt ſind. In Hin— ſicht der Größe zeichnen ſich im Ganzen die Krebſe am meiſten aus. Der Hummer (Astacus marinus) wird an drei Fuß lang; und ſelbſt in der Ordnung der Kiemenfüßler, welche ſelten über einige Linien lang, oft faſt mikroſkopiſch klein ſind, erreicht der Stielſchwänzer zuweilen eine faſt mit dem Hummer gleiche Größe. Unter den Spinnenthieren ſind im Ganzen die Milben am klein— ſten, großentheils mikroſkopiſch klein, beſonders die Hausmilben und Fleiſchmilben. Die größten finden ſich unter den Minirſpin— nen und Skorpionen; denn unter jenen nehmen einige, mit aus— geſtreckten Beinen, einen Raum von ſieben Zoll im Durchmeſſer ein, und Scorpio afer ſoll zuweilen einen Fuß lang werden. Die größten Inſekten, dem körperlichen Inhalte nach, finden ſich unter den Käfern (8. B. der Herkuleskäfer, Scarabaeus hercules, wel⸗ cher wol ſechs Zoll lang wird) und unter den Gradflüglern, be— ſonders unter den Schnarrheuſchrecken und Geſpenſterheuſchrecken, indem letztere zum Theil faſt einen Fuß lang werden. Die At⸗ laſſe unter den Faltern nehmen, mit ausgebreiteten Flügeln, zum Theil einen Raum von mehr als einen Fuß ins Gevierte ein. Durch ſchöne Farbe und Zeich nung heben ſich unter den Viel⸗ füßlern manche Krabben, unter den Spinnenthieren einige Zirkel⸗ ſpinnen und Milbengattungen (Erythraeus, Atux u. ſ. w.) hervor; allein die wahre Farbenpracht zeigt ſich bei mehren Inſekten, be⸗ ſonders an den Prachtkäfern und auf den Flügeln ſehr vieler Tag⸗ f 11 — 180 Achte Klaſſe. falter, vorzüglich ſolcher, die in den ſüdlichen Zonen zu Hauſe ſind. — Manche durchſcheinende Kiemenfüßler, z. B. Waſſerflöhe und Artemien, erhalten, wenn ſie rothgefärbte Aufgußthierchen (Punktthierchen und Euglenen) verſchlingen, ein rothes Anſehen, und dann ſchrieb man es zum Theil ihnen zu, wenn das Waſſer, in welchem ſie ſich befanden, eine ſolche Farbe zu haben ſchien, da dieſe doch eigentlich von den mit ihnen lebenden Aufgußthier⸗ chen herrührte. i § 215. An dem Körper der Gelenkfüßler laſſen ſich drei Abtheilungen mehr oder weniger beſtimmt unterſcheiden, nämlich: der Kopf, an welchem ſich Mund, Augen und Fühler befinden; der Vorderleib, an welchem die Bewegungsorgane eingelenkt ſind; der Hinterleib, an welchem ſich der After ausmündet. An den meiſten Vielfüßlern ſind der Hinterleib und der Vor— derleib beſtimmt und deutlich von einander getrennt. Jener, auch wol Schwanz genannt, trägt in der Regel an der Unterſeite Anhängſel, die man zum Theil als unvollkommene Beine betrach- tet. Bei den Tauſendfüßlingen aber iſt der Körper, mit Aus⸗ nahme des Kopfes, feiner ganzen Länge nach mit Beinen verfe- hen und ſo gleichmäßig gebildet, daß man nirgends eine Gränze zwiſchen Vorderleib und Hinterleib findet. Viele Krebſe haben einen verhältnißmäßig kleinen Hinterleib, den ſie beſtändig unter⸗ geſchlagen tragen. Dieſe nennt man Krabben oder kurzſchwänzige Krebſe, im Gegenſatz derer mit langem und ausgeſtreckten Hinter- leibe, welche langſchwänzige oder Fächerſchwanzkrebſe genannt wer⸗ den, letzteres, weil das Ende des Hinterleibes meiſt fächerförmig ausgebreitete Anhängſel trägt. An den Kehlfüßlern und mehren Schmarotzerkrebſen iſt der Hinterleib ganz verkümmert. Der Kopf iſt bei den meiſten Vielfüßlern mit dem Vorderleibe ſo verwach— ſen, daß er keinen geſonderten Theil bildet; doch machen hievon einige Kiemenfüßler und Kiemenwürmer, und vorzüglich alle die— jenigen Vielfüßler eine Ausnahme, deren Körper aus einer Reihe mehrer gleichgeformter Segmente beſteht, als die Doppelfüßler, Kehlfüßler, Aſſeln, Tauſendfüßlinge. Auch an den Spinnenthie⸗ ren ſind die drei Abtheilungen des Körpers niemals alle beſtimmt von einander getrennt, ſondern bald ſind Kopf und Vorderleib, bald dieſer und Hinterleib mit einander verſchmolzen. Es giebt ra = Gelantrügfen | 181 Milben, an denen al drei Theile mit einander verwachſen ſind, 5 B. Pteroptus; aber auch andere, an denen der Körper, durch eine oder zwei Queerfurchen, in zwei oder drei Theile geſondert iſt, z. B. Acarus, Oribates; es giebt eine Gattung (Phthiracarus), deren Vorderkörper in eine Vertiefung des Bauchs zurückgeſchla— gen werden kann; bei manchen iſt der Vorderleib allein durch einen Einſchnitt in zwei Hälften getheilt, ſo daß die vordern Beine an der vordern, die hintern an der hintern Hälfte ſitzen. An den Inſekten ſind die drei Körpertheile immer beſtimmt geſondert, und wenn auch bei vielen (Wanzen, Gradflüglern, Käfern u. ſ. w.) der Hinterleib und Vorderleib ihrer ganzen Breite nach mit einander zuſammenhängen, ſo iſt doch beider Gränze deutlich zu erkennen. § 216. Der weiche Körper dieſer Thiere, d. i. die Mus— kelmaſſe derſelben, iſt mit einer feinern oder ſtärkern elaſtiſchen Haut bekleidet, die bei den meiſten noch von härtern pergament— artigen oder hornartigen, oder ſelbſt muſchelſchalenartigen Schie— nen oder Ringen, oder Schildern bedeckt wird; von letztern beſonders auf dem Vorderleibe, von Ringen und Schienen be— ſonders am Hinterleibe, der dadurch in Abſchnitte getheilt wird, die man Segmente, oder Ringe, oder Glieder nennt. Es finden aber in allen dieſen Stücken große Verſchiedenheiten ſtatt: an den Spinnenthieren iſt die Haut, beſonders am Hinterleibe, meiſtens dünn und weich, an Limnochares ſo weich und nach— giebig, daß der Körper alle Augenblicke ſeine Geſtalt verändert. Andere Milben find mit einer pergamentartigen oder hornharten Haut, wie mit einem Schilde, bedeckt, meiſt jedoch nur ober— wärts, zuweilen aber auch am Bauche, z. B. Oribates. Auch unter den Spinnen giebt es einige, beſonders in der Gattung der Zirkelſpinnen und unter den Afterſpinnen, die einen ſehr har— ten hornartigen Hinterleib haben. Eigentliche Segmente bilden ſich aber nur an den Pycnogoniden, Tracheenſpinnen, Skorpioni⸗ den und Scheerenfüßlern. Sehr verſchieden ſind in dieſer Hinſicht die Vielfüßler. Der weiche Körper der Rankenfüßler iſt meiſtentheils von harten Schalen umgeben, die mit denen der Muſchelthiere mehr Uebereinſtimmung haben, und aus denen ſich das Thier mehr oder weniger hervorſtrecken kann. Zahl, Größe, 182 a Achte Klaſſe. Geſtalt und Verbindung dieſer Schalen ſind nach den Gattungen verſchieden. Die gewöhnlichen Entenmuſcheln (Pentalepas) haben deren fünf. Bei einigen ſind ſie ſo klein, daß ſie kaum den zehnten Theil des Körpers bedecken; und eine Art, Anatifa uni- valvis, ſcheint ganz ohne Schale zu ſein. Am untern Ende ver⸗ längert ſich der Körper in einen aus den Schalen hervortretenden fibröſen, biegſamen, röhrenförmigen Stiel, mittelſt deſſen das Thier an andern Gegenſtänden feſthängt. Die mit der Bafis. anſitzenden Schalen der Meereicheln ſind zu einem oben offenen Gehäuſe verwachſen, aus dem ſich das Thier etwas hervorſtrecken kann. Außerdem aber trägt dies Thier noch einen Deckel von gleicher Subſtanz mit dem Gehäuſe, der ſo geſtellt iſt, daß, wenn das Thier ſich zurückzieht, die Oeffnung durch ihn geſchloſſen wird. Gehäuſe und Deckel ſind nach den Gattungen verſchieden gebildet. Dieſe Schalen der Rankenfüßler ſind an der Innenſeite mit der eigentlichen dünnen Haut bekleidet, die aber mit dem weichen Körper des Thieres nur wenig zuſammenhängt. Die Wände der Gehäuſe der Meereicheln ſind von parallelen Längskanälen durch⸗ zogen. Die Schmarotzerkrebſe haben meiſt eine knorplige oder lederartige Haut, die ſich zuweilen ſchildartig geſtaltet. Un⸗ ter den übrigen mit einem Schilde oder mit Schalen verſehenen Vielfüßlern kommen wiederum, hinſichtlich dieſer Körperbedeckung, manche Verſchiedenheiten vor: einige haben nur Ein Schild, an⸗ dere deren zwei, z. B. manche Mundfüßler (die bipeltata), auch mehre Kiemenfüßler, namentlich die Stielſchwänzer. Bei vielen Kiemenfüßlern bildet das Schild eine zweiklappige, muſchel⸗ förmige, und auch eben ſo wie die Muſcheln bewegliche Schale, z. B. bei denen, welche die Familien der Oſtracoden (z. B. Cypris), und Cladoceren (3. B. Waſſerflöhe) bilden. Die Krebſe haben nur Ein Schild, welches den Vorderleib bedeckt; der Hinterleib der Mundfüßler und Krebſe iſt in der Regel durch Queerſchienen in Segmente getheilt, und an den Kehlfüßlern, Doppelfüßlern, Aſſeln und Tauſendfüßlingen iſt der ganze Körper mit Einer Reihe ziemlich gleicher Schienen bedeckt. — Die Härte der Schalen der Vielfüßler iſt ebenfalls ſehr verſchieden: die der Rankenfüßler ſind muſchelhart; weniger hart, meiſt mehr oder weniger biegſam, die der Krebſe. Die übrigen Vielfüßler, welche mit dergleichen Be— NL. fr * * . W 5 \ “ Gelenkfüßler. 183 deckungen verſehen ſind, haben meiſt ganz biegſame, zum Theil hornartige oder elaſtiſchhäutige durchſcheinende (Oſtracoden und Cladoceren), und ſelbſt ganz durchſichtige Schilder und Segmente (3. B. die Phylloſomen); doch giebt es dergleichen auch ſchon bei manchen Krebſen, z. B. bei den Muſchelwächtern und Stenopus. Einige Krebſe mit hartem Vorderleibsſchilde haben einen weichen Hinterleib, der nur am Ende mit harten hakenförmigen Anhäng— ſeln verſehen iſt, und zuweilen auch Spuren von harten Schie— nen trägt (Weichſchwanzkrebſey). An den Inſekten iſt der Vor— derleib entweder ganz mit einer hornharten oder pergamentartigen Haut umgeben, oder der Rücken des hintern Theils deſſelben iſt weicher. Letzteres iſt bei denjenigen der Fall, welche härtere Ober— flügel haben. Der Hinterleib iſt in Segmente getheilt durch Queerſchienen, welche entweder um den ganzen Leib gleichharte Ringe bilden, oder auf dem Rücken weicher als am Bauche ſind. Letzteres iſt wieder bei den Inſekten mit härtern Oberflügeln der Fall, alſo bei den Wanzen, Gradflüglern und Käfern. Da dieſe Inſekten nur wenig fliegen, und die weichern obern Theile ihres Körpers im Ruhezuſtaͤnde beſtändig von den Flügeln bedeckt find, ſo gewähren dieſe, beſonders die härtern Oberflügel, den weichen Theilen hinlänglichen Schutz. Auch ſind an denjenigen dieſer In— ſekten, welche ausnahmsweiſe keine oder nur kurze Dedflügel, ha— ben, jene ſonſt weichen Theile ebenfalls hart. § 217. Die ſchaalige Körperbekleidung der Gelenkfüßler bildet bei vielen derſelben mancherlei Unebenheiten, Erhöhungen und Fortſätze; Knoten und Beulen z. B. auf den Schildern vieler Krebſe, auf den Oberflügeln mancher Käfer, namentlich der Feiſtkäfer und mehrer Rüſſelkäfer; Hörner, ebenfalls an manchen Krebſen und Käfern, beſonders auf dem Kopfe und Prothorax vieler Miſtkäfer; Dornen und Stacheln, auch an mehren Krebſen, an manchen ſolcher Arten von Zirkelſpinnen, deren Hinterleib hartſchaalig iſt, am Prothorax und auf den Oberflügeln mancher Käfer, z. B. der Dornkäfer und verſchie— dener Feiſtkäfer; beſonders zu merken ſind die Dornen an den Seiten des Prothorax vom Langarmkäfer, weil ſie eingelenkt und für ſich beweglich ſind. Die Scorpione haben auf dem letzten Segment des Hinterleibes einen gekrümmten Stachel, welcher vor 184 575 Achte Klaſſe. der Spitze eine feine Oeffnung hat, als Mündung eines innern Giftkanals, der von einer in jenem Segmente liegenden Giftdrüſe ausgeht. Alle Gelenkfüßler find mehr oder weniger mit Haa⸗ ren bekleidet. An ſehr vielen ſtehen die Haare nur einzeln und zerſtreut, und wenn dann die Thiere ſelbſt ſehr klein, die Haare an ihnen ſehr fein und kurz ſind, ſo werden ſie kaum bemerkt. Viele Inſekten haben am Körper oder an einzelnen Theilen deſſel⸗ ben einen eigenthümlichen ſeidenartigen Schiller, welcher von dicht beiſammenſtehenden ſehr zarten und kurzen Haaren herrührt. Unter Krebſen und Spinnen giebt es mehre, deren Körper, be— ſonders aber die Beine, mit langen Haaren dicht bekleidet ſind. Auch manche Milben haben viele und lange Haare, die zum Theil platt ſind, oder in Blattform, Keulenform und Dornen übergehen (3. B. Arten von Tetranychus, Hoplophora, Oribates), Unter den Inſekten find beſonders die Spinnerfalter, die Hum⸗ meln und mehre andere Bienen ſtark behaart; an einigen von ihnen iſt der Körper mit zarten Schuppen bekleidet, z. B. am Zuckergaſt, was auch von den Flügeln der Falter gilt. § 218. Außerdem aber haben viele Gelenkfüßler noch mancherlei andere Anhängſel am Körper, die weder zu den eben aufgezählten Hautfortſätzen und Bekleidungen, noch zu den Bewegungsorganen gehören. Dergleichen Anhängſel finden ſich ſeltener am Vorderleibe, z. B. ſechs längliche Anhängſel vorn am Körper des Tetranychus cristatus, die man leicht für Taſter halten könnte; ein ſonderbares gewundenes Anhängſel vor den Flügeln der Fächerflügler; die ſchuppenförmigen Anhängſel über der Wurzel der Vorderflügel der Falter, welche Latreille pterygodes nennt; die ſchuppenförmigen Blätter und die kolbenförmigen ſo⸗ genannten Schwingkolben hinter den Flügeln der Zweiflügler. Häufiger ſind dergleichen Anhängſel am Hinterleibe, und zwar am Ende deſſelben, wo ſie unter mancherlei Formen, als Borſten, einfache oder gegliederte Stiele, Zangen, Warzen, ſchwanzförmige Verlängerungen u. ſ. w. hervortreten. Die Bedeutung und der Zweck dieſer Anhängſel iſt zum Theil noch nicht erforſcht, zum Theil beziehen ſie ſich wol auf Geſchlechtsfunctionen, namentlich die Zangen (der Oehrlinge und Waſſerjungfern) dienen zum Feſt⸗ halten bei der Begattung. Manche find wirkliche Geſchlechts— Gelenkfüßler. 185 organe, von denen ſpäter die Rede ſein wird. Unter den übrigen bemerken wir noch folgende: Oberwärts, vor dem Hinterleibsende der Blattläuſe, zwei vortretende Röhren, welche einen ſüßen Saft aus ſondern und deshalb Honigröhren genannt worden find; von warzenförmigen Anhängſeln, die Spinnwarzen der Spin⸗ nen: Ihrer ſind vier oder ſechs, meiſtens zweigliedrig, am Ende ſtumpf, ohne Haare und mit einer großen Anzahl ſehr feiner Poren oder vortretender röhrenförmiger, oder haarförmiger Pa— pillen. Selten ſind ſie eingliedrig (an manchen Weberſpinnen), oder dreigliedrig und ganz behaart (an den Minirſpinnen), und können dann leicht mit andern ähnlichen Anhängſeln, die aber keine Spinnwarzen ſind, verwechſelt werden. Das durchlöcherte Endglied kann in das Wurzelglied zurückgezogen werden. Nach Dufo urs Beobachtung ſollten die Spinnen der Gattung Clotho, ſtatt der zwei mittlern Spinnwarzen, zwei kammförmige Klappen haben, die ſich öffnen und ſchließen könnten; allein nach La— treille haben dieſe Spinnen ſechs wirkliche Spinnwarzen, und was Dufour für Klappen hielt, ſind ein paar zurückziehbare Haarpinſel. Die Minirſpinnen haben zwei größere dreigliedrige und zwei kleinere Spinnwarzen, von denen jedoch die größern zum Theil nicht für Spinnwarzen gehalten werden. Nach Black— wall, welcher jedoch auch alle die palpenförmigen gegliederten haarigen Anhängſel für Spinnorgane zu halten ſcheint, ſind im— mer vier oder ſechs, oder acht Spinnwarzen vorhanden. Nach andern Angaben ſoll Mygale avicularia (die Vogelſpinne) am Ende des Hinterleibes Drüſen haben, aus denen ſie ihren Ver— folgern einen ſcharfen Saft entgegenſpritzen. Uebrigens giebt es auch einige Milbengattungen, welche ſpinnen und am Ende des Hinterleibes eine oder zwei Spinnwarzen haben, z. B. Mega- merus, Tetranychus. Selbſt unter den Inſekten kommen der⸗ gleichen vor, nämlich an den Weibchen des großen Schwimmkäfers (Hydrophilus piceus) neben dem After zwei Spinnwarzen, aus denen der Stoff ausgeſondert wird, mit dem dieſe Thiere ihre Eier einhüllen. Bei mehren Vielfüßlern kommen mancherlei ſtiel⸗ förmige, fadenförmige und andere weiche Anhängſel vor, meiſtens am Hinterleibe, beſonders auch am Hinterleibsende dergleichen blattförmige oder floſſenförmige Anhängſel, die zum Schwimmen 186 Achte Klaſſe. dienen. An den Beinen mancher Kiemenfüßler ſind ſchuppen⸗ förmige Anhängſel, die zum Theil auch für Kiemen gehalten werden. 2 8 219. Der Kopf derjenigen Vielfüßler, an denen die⸗ ſer Theil beſtimmt abgeſondert iſt, hat eine rundliche Form. An den übrigen Vielfüßlern und an den Spinnenthieren iſt der Kopf ſo mit dem Vorderleibe verwachſen, daß man zwiſchen dieſen beiden Theilen in der Regel keine deutliche Gränze unterſcheidet. Die Inſekten haben alle einen geſonderten Kopf, welcher bei den meiſten frei hervorragt, bei einigen von denen aber, deren Pro⸗ thorar ſich durch Größe auszeichnet, unter dieſem verborgen iſt. Meiſt iſt er rundlich, bei einigen nach vorn rüſſelförmig verlän⸗ gert (z. B. Schnabelkäfer), bei andern nach hinten in eine Art von Hals zuſammengezogen (z. B. Röſtkäfer), gewöhnlich iſt er kleiner als der Vorderleib, ſelten größer als dieſer (3. B. Atta, Agaon). An den Fledermausfliegen zeigt er ſich nur als eine kleine Erhöhung, gleichſam nur als Spur eines Kopfes. Die verſchiedenen Theile des Kopfes, als Kopfſchild oder Vorder— kopf, Stirn, Scheitel, Hinterkopf, ſind ſelten durch Näthe von einander getrennt; doch iſt der Kopf der meiſten Lausfliegen deutlich in zwei Theile geſchieden, ſo daß an dem hintern die Augen ſitzen, der vordere aber wieder aus zwei Theilen beſteht, von denen der hintere die Fühler, der vordere die Mundtheile trägt. $ 220. Der Vorderleib der Inſekten beſteht aus drei Haupttheilen, von denen der Prothorax die Vorderbeine trägt, der Meſothorax die Mittelbeine und die Vorderflügel, der Me— tathorax die Hinterbeine und die Hinterflügel. Die Flügel der Zweiflügler ſind Vorderflügel. Meſothorax und Metathorax ſind durchgängig genau mit einander verbunden, und ihre Gränze wird nur durch eine Nath bezeichnet. Der Prothorar aber iſt bei ſehr vielen Inſekten (Käfern, Gradflüglern, Wanzen) von dem Meſothorax getrennt und für ſich beweglich. Dann iſt ſein oberer ſchildförmiger Theil zuweilen ſo ausgedehnt, daß er allenthalben weit über den Kopf hinausragt, z. B. an Leuchtkäfern, Schaben u. ſ. w. Auf dem Hinterrücken des Meſothorax unterſcheidet man bei den meiſten geflügelten Inſekten einen beſondern mehr Gelenkfüßler. 187 oder weniger erhabenen Theil, das Schildchen, welches meiſt von dreieckiger oder rundlicher Form, zuweilen mit einem oder mehren Dornen beſetzt und in der Regel nur klein iſt. An ei— nigen Inſekten aber hat es ſolch einen Umfang, daß es den gan— zen Hinterleib und die Flügel bedeckt, z. B. an den Schildwan⸗ zen, an Celyphus unter den Zweiflüglern, an Thoracantha unter den Hautflüglern. Die Unterſeite des Vorderleibes iſt die Bruſt, deren Mittellängslinie, beſonders wenn ſie einen vortretenden Kiel bildet, auch wol Bruſtbein genannt wird. § 221. An den Inſekten und denjenigen Vielfüßlern, deren Hinterleib allein mit Schienen bekleidet ſind, bilden dieſe entweder vollſtändige Ringe oder eine doppelte Reihe Halbringe, deren eine den Rücken, die andere den Bauch bedeckt. Die Schie— nen ſind nicht miteinander verwachſen, ſondern auf der unter ihnen befindlichen Muskelhaut befeſtigt, im gewöhnlichen Zuſtande aber mehr oder weniger übereinandergeſchoben. Erſt bei ungewöhn— licher Ausdehnung der Muskelhaut weichen fie von einander. Ihrer ſind gewöhnlich ſechs bis ſieben, ſelten ein oder einige mehr oder weniger. An manchen Inſekten ſcheint ihre Zahl zuweilen geringer zu ſein, als ſie wirklich iſt, wenn nämlich die letzten Segmente ganz in einander geſchoben ſind, wie z. B. an den weiblichen Goldwespen, wo ſie eine Legeröhre bilden und erſt zum Eierlegen hervortreten. Die Hohlwespen aber ſcheinen wirk— lich nur drei Segmente zu haben. Zuweilen iſt das erſte, oder auch die beiden erſten Segmente nicht ſchienenförmig geſtaltet, ſondern bilden einen längern oder kürzern, dickern oder dünnern Stiel; in dieſem Falle nennt man den Hinterleib geſtielt, wie er, im entgegengeſetzten Falle, wenn er mit ſeiner ganzen Breite am Vorderleibe befeſtigt iſt, anſitzend genannt wird. Einen geſtielten Hinterleib haben z. B. mehre Hautflügler und einige Zweiflügler. § 222. Der Mund der Gelenkfüßler beſteht, mit ſehr wenigen, jedoch noch ſchärfer zu unterſuchenden Ausnahmen, wo derſelbe nur eine einfache Oeffnung oder Röhre ſein ſoll, aus mehren Stücken, welche, wenn ſie von einander geſondert, ge— drungener und ſtärker find, Freß werkzeuge oder Beißwerk— zeuge, wenn fie aber geſtreckter, ſchwächer und fo zuſammen⸗ 188 | | Achte Kaffe gelegt find, daß fie eine Röhre bilden, Saugwerkzsuge s oder Rüſſel, auch wol Schnabel genannt werden. § 223. Der Mund der mit Freßwerkzeugen ver: fehenen Gelenkfüßler iſt meiſt am Vorderende des Kopfes befind⸗ lich und nach vorn gerichtet. An den Vielfüßlern jedoch iſt er mehr unterwärts, und bei vielen Schmarotzerkrebſen ſogar ziem⸗ lich weit gegen die Mitte des Körpers gerückt; nur an den Skolo⸗ pendern iſt er gerade nach vorn gerichtet. So geht er auch an einigen Spinnenthieren, z. B. an Trogulus und einigen Milben, nach unten aus. — Freßwerkzeuge kommen denjenigen Gelenk füßlern zu, welche feſte Nahrung genießen, um dieſe zu ergreifen, feſtzuhalten und zu zerkleinern, und find da, wo fie am voll⸗ kommenſten hervortreten, namentlich bei den Inſekten, folgende: 1) Oberlippe oder Lefze, unter dem Vorderrande des Kopfes gelegen, den Mund von oben ſchließend. 2) Kinn und Unter⸗ lippe, letztere auch wol ſchlechthin Lip pe genannt, vor der Kehle gelegen, den Mund von unten ſchließend. Das Kinn iſt der hintere feſtere Theil, welcher unmittelbar vor der Kehle anſitzt; die Lippe iſt biegſamer, wird von dem Vorderende des Kinnes getragen, und verlängert ſich nicht ſelten von ihrer innern Fläche aus in einen weichern, ſchmalen vorgeſtreckten Theil, welcher Zunge genannt wird. 3) Kinnladen oder Kiefer, die ſich ſeitwärts bewegen und den Mund von der Seite ſchließen. Ihrer ſind zwei Paar; die obern, gewöhnlich Kinnbacken genannt, ſitzen unter der Lefze, ſind hornartig, ſtark, feſt, oft mit knotigen oder ſpitzen Vorragungen, ſogenannten Zähnen, verſehen; die untern oder eigentlichen Kinnladen, ſitzen unter jenen, von denen fie ſich meiſt durch geringere Härte unterſcheiden. 4) Ta⸗ ſter, Palpen, Fühlſpitzen, Fre ßſpitzen, gegliederte Organe, welche an der Lippe und an den Kinnladen eingelenkt ſind. Form und Verhältniß dieſer Theile iſt aber ſehr verſchieden: bei manchen Gelenkfüßlern fehlen einige derſelben, während bei an= dern die Zahl derſelben noch vermehrt iſt; namentlich kommen in der Unterklaſſe der Vielfüßler noch die Kieferfüße hinzu, ge— gliederte beinförmige Organe, welche zu äußerſt um den Mund oder an demſelben ſitzen und im Ruhezuſtande meiſt über ihn hingeſtreckt find. — Unter den Vielfüßlern haben die Ranken— r Gelenkfüßler. 189 füßler eine Oberlippe, zwei Paar gezähnte hornartige Kinnladen, eine häutige Lippe, die man auch als ein drittes Paar verwach— ſener Kinnladen betrachten kann, und außerdem noch ein Paar Anhängſel, die zum Theil für Taſter gehalten werden. An den Schmarotzerkrebſen bildet der Mund eine kegelförmig vor— ragende Schnauze oder Rüſſel. In der Mundhöhle der Kiemen— würmer befinden ſich meiſt borſtenförmige oder gezähnte Kinn— laden, theils auch Spuren von Lippe und Lefze. Macrobiotus hat in der Mundhöhle zwei ſtielförmige Kinnladen, zum Durch— bohren der Haut der Thiere, und einen aus mehren Stücken beſtehenden Sauger. Mehr nach außen ſitzen bei vielen noch andere theils gegliederte Organe, welche auch wol Kieferfüße ge— nannt werden und ſo allmälig in Beine übergehen, daß man nicht weiß, ob man ſie ſo oder ſo nennen ſoll. Aeußerlich an oder neben dem Rüſſel befinden ſich meiſt zwei dreigliedrige Ta— ſter, die aber ebenfalls zum Theil in Beine übergehen. Einige Gattungen der Kiemenwürmer haben blos einen einfachen runden Mund, ohne alle dieſe Organe, z. B. Pennella. Von den übri⸗ gen Schmarotzerkrebſen gilt im Allgemeinen daſſelbe, was von den Kiemenwürmern angeführt worden iſt, nur mit der Aus— nahme, daß ihr Rüſſel meiſt aus Lefze und Lippe beſtehen ſoll, und daß Einige, z. B. Binoculus, vier Taſter haben. Die Kie: menfüßler ſind, wenn wir die Stielſchwänzer ausnehmen, mit einer Lefze, einer Lippe, ein Paar Kinnbacken, und ein oder zwei Paar Kinnladen verſehen; die Beine vertreten die Stelle der Kieferfüße. Uebrigens werden auch hier zum Theil Beine und Mundtheile verwechſelt, und noch mehr verhält es ſich ſo bei den Stielſchwänzern, dieſe haben nämlich: 1) vorn ein Paar kleine Scheerenbeine; dann folgen fünf Paar Beine, von denen die vier erſten Paare ſtachlichte Hüften haben. Von dieſen Organen wird nun auch das erſte Paar entweder als Lefze mit Taſtern, oder als Kinnbacken, die vier folgenden Paare als ſtachlichte Kinn⸗ laden mit ihren Taſtern, und das ſechste Paar ebenfalls als Kinnladen betrachtet; 2) eine ſtachlichte Platte hinter dem Munde, welche entweder als Unterlippe oder als ein Paar verwachſener Kinnladen gedeutet wird. Die Tauſendfüßler haben Lefze, Lippe, Kinnbacken, Kinnladen, Taſter. Doch findet auch hier 190 a Achte Klaſſe. wieder, in der Benennung der angegebenen Organe, eine große Abweichung bei den verſchiedenen Schriftſtellern ſtatt. Auch Beine kommen mit in Colliſion. Am größten und auffallendſten unter den Mundtheilen der Scolopender ſind zwei ſtarke zangen⸗ förmige Haken, welche theils als Kinnbacken, theils als Beine angeſehen werden. Durch dieſe Haken erſtreckt ſich ein Kanal, der aus einer unter der Wurzel des Hakens liegenden Giftdrüſe entſpringt und ſich vor der Spitze des Hakens ausmündet. Es giebt auch ſaugende Tauſendfüßlinge, an denen die Mundtheile zu einem Rüſſel verwachſen ſind. Die Aſſeln, Kehlfüßler und Doppelfüßler haben, wenn die Mundtheile vollſtändig ſind, ein Paar Kinnbacken, zwei Paar Kinnladen, eine Lippe, eine Zunge, zwei Lippentaſter, und zum Theil auch eine Lefze, z. B. die Schmarotzeraſſeln. Unter den Mundfüßlern haben die Schaufelkrebſe drei Paar Kinnladen, und nach Einigen drei Paar, nach Andern fünf Paar Kieferfüße. Dieſe Andern zählen nämlich, wol mit Recht, diejenigen Organe, welche jene für die zwei erſten Paare der Beine halten, zu den Kieferfüßen. Letztere ſind am Ende mit einem Einſchlagehaken verſehen; das zweite Paar derſelben übertrifft die andern unverhältnißmäßig an Länge und Stärke, und der große Einſchlagehaken, welcher am Innen⸗ rande mit langen Zähnen bewaffnet iſt, trifft, beim Einſchlagen, in eine Längsrinne des vorletzten Gliedes. Die Krebſe haben drei Paar Kinnladen und eben ſo viele Kieferfüße, welche letztere jedoch von Manchen zu den Beinen gezählt werden. — In der Unterklaſſe der Spinnenthiere beſtehen die Mundtheile, wenn ſie vollſtändig ſind, wie z. B. an den Spinnen, aus Lefze, Lippe, einem Paar Kinnbacken, und einem Paar Kinnladen mit an- ſitzenden Taſtern. Dieſe Mundtheile ſind entweder alle frei oder mehr oder weniger mit der Lippe verwachſen, und dann zum Theil ſchwerer zu erkennen, oft verkümmert und faſt ſpurlos mit andern verſchmolzen. Lefze und Lippe ſind meiſt klein, oft ganz undeutlich. An den Milben trägt die Lippe die übrigen Mundtheile oder ſchließt ſie mehr oder weniger ein, in welchem letztern Falle dann das Ganze auch wol Rüſſel genannt wird. Die Kinnbacken der Spinnen ſind ſtark, mit einem Einſchlage⸗ haken bewaffnet, welcher vor der Spitze am Innenrande eine ‘ Gelenkfüßler. 191 kleine Oeffnung hat, als Ausmündung eines innern Giftkanals. Die Skorpione, Scheerenfüßler, Afterſpinnen, Skorpionſpinnen und Erdmilben haben, ſtatt des Einſchlagehakens, eine Scheere. Die Pycnogoniden und die übrigen Milben, deren Mund rüffel- förmig geſtaltet iſt, ſind auch mit Kinnbacken verſehen, nur ha— ben dieſe eine andere mehr oder weniger geſtreckte Form, und ſind zum Theil ganz verkümmert und verſchwunden. Die Kinn— laden der Spinnenthiere ſind klein und können auch als Wur— zelglied der Taſter betrachtet werden. Dieſe find an den Spin- nen beinförmig, fünf bis ſechsgliedrig. Die Scheerenfüßler, Skorpioniden und Tracheenſpinnen haben lange, ſtarke armför— mige, am Ende mit einer Scheere oder einem Einſchlagehaken verſehenen Taſter. Bei den Skorpionſpinnen iſt das Endglied knopfförmig, und aus demſelben tritt zu Zeiten ein beſonderes Organ hervor. Die Gattung Nymphon hat an der Rüſſelwurzel fadenförmige, fünf- bis neun⸗- gliedrige Taſter mit einem End— haken. Die Taſter der Afterſpinnen ſind meiſt kurz, fünf- bis ſechs⸗gliedrig, einfach, meiſt dornig. Die Milben haben ſehr ver— ſchieden gebildete Taſter, meiſt ſind ſie fünfgliedrig. Bei den Erdmilben ſitzt auf dem vorletzten Gliede eine Kralle, und das letzte Glied bildet eigentlich nur einen Anhang. Cheyletus hat dicke armförmige, mit einem ſichelförmigen Gliede endigende Taſter. Theils dienen ſie mit als Rüſſelſcheide, z. B. an den Zecken; die eigentliche Rüſſelſcheide aber wird bei dieſen Milben durch die Kinnbacken gebildet, welche lanzettförmig und am Außenrande rückwärts gezähnt ſind. — Wie wir bei den Vielfüßlern geſehen haben, daß Beine und Mundtheile oft mit einander in Gol- liſion kommen, und daß der Eine das zu den Beinen zählt, was der Andere als Kinnladen und Taſter betrachtet, eben ſo iſt es auch bei den Spinnenthieren. Beſonders werden den Spinnen auf dieſe Weiſe bald mehr, bald weniger als vier Paar Beine zugeſchrieben. Wenn man Krebſe und Skorpione vergleicht, ſo fällt ſogleich die bedeutende Aehnlichkeit zwiſchen den Vorderbeinen jener und den Taſtern dieſer, ſowol der Form als der Function nach, in die Augen. Die Taſter der Spinnen ſind in der That Beine, die nur kürzer als die eigentlichen Beine ſind und ein oder ein Paar Glieder weniger haben, und was wir als Kinn⸗ 192 | Achte Kaffe. laden dieſer Thiere kennen lernen, könnte als Hüfte betrachtet werden. Bei mehren Spinnenthieren dient aber die Hüfte des erſten, und zuweilen ſelbſt auch die des zweiten Beinpaares als Kinnlade, und wird auch von manchem Naturforſcher geradezu ſo genannt. An Nymphon hingegen halten Manche die Kinn⸗ backen und Taſter für Beine, wonach alſo dieſe Gattung, wenn man die unächten Beine der Weibchen mitzählt, ſieben Paar Beine haben würde. — In der Unterklaſſe der Inſekten, wo der Kopf durchgängig ſcharf von dem Vorderleibe geſchieden iſt, kommen die Mundtheile niemals mit den Beinen in Colliſion; auch treten ſie beſtimmter, obgleich ſehr verſchieden gebildet, auf. Die Hautflügler, Netzflügler, Gradflügler und Käfer ſind es, welche Freßwerkzeuge haben. Lefze und Lippe dienen meiſt nur zum Schließen des Mundes; die Lippe iſt von man⸗ cherlei Geſtalt, theils am Vorderrande ausgebogen oder ausgeran- det, theils durch einen oder zwei Längseinſchnitte in zwei oder drei Theile geſpalten, theils ſchmal und lang u. ſ. w. Auch die Kinnladen ſind meiſt zu ſchwach zum Beißen, bei vielen In⸗ ſekten jedoch am Ende gekrümmt und ſcharf zugeſpitzt; bei den Sandläufern iſt dieſes Ende ein ſichelförmiger beweglicher Zahn, der ſich nach Innen einſchlagen kann. Bei Nemognathus endigen ſie in einen fadenförmigen, unterwärts zurückgelegten Fortſatz, der zuweilen die Länge des Körpers hat. Bei Einigen ſind ſie mehr oder weniger verlängert und mit Kinn und Lippe verwachſen, wo ſie dann mit dieſen Theilen eine Art Saugrüſſel bilden, z. B. bei den Skorpionfliegen und honigſaugenden Hautflüglern, indem ſie als eine Scheide die Lippe umgeben, deren verlängerte und mit den Seitenrändern zuſammenſchlagende Zunge den Rüſſel dar⸗ ſtellt. Die Kinnbacken ſind die ſtärkſten und feſteſten Beiß⸗ werkzeuge, die, nach Verſchiedenheit ihrer Functionen, auch ver— ſchieden gebildet ſind: An den Raubinſekten ſichelförmig mit ſcharfer Spitze, theils auch mit ſpitzen Höckern oder Zähnen, an holzzernagenden Inſekten kurz dick mit höckriger Krone. In eini⸗ gen Gattungen, z. B. an den Forſtkäfern und Schrötern, ſind ſie beim Männchen größer als beim Weibchen; ausgezeichnet groß, hirſchgeweihähnlich, am Männchen des Hirſchſchröters (Lucanus cervus), obgleich ‚fie hier nicht zum Zernagen, ſondern wahr⸗ Gelenkfüßzler. b 193 ſcheinlich zum Ergreifen des Weibchens dienen. Einige Bockkäfer, z B. Macrodontia, haben große ſägeförmige Kinnbacken zum . Durchſägen kleiner Zweige. An den Waſſerjungfern ſind ſie, wie auch die Kinnladen, durch die große Lippe ganz bedeckt und ver— borgen. Sehr klein und unvollkommen ausgebildet ſind ſie bei einigen andern Netzflüglern, nämlich bei den Skorpionfliegen und Köcherjungfern; den Haften fehlen ſie ganz, da dieſe gar nicht freſſen, ſondern nur ſaugen. Die Taſter ſind ſehr verſchieden gebildet, ſelten nur eingliedrig, nie mehr als ſechsgliedrig; meiſt fadenförmig; das Endglied nicht ſelten entweder dünner, wie die übrigen, pfriemförmig u. ſ. w. oder dicker, kuglig, keilförmig u. ſ. w.; meiſt glatt, öfters aber auch mit Haaren oder Schuppen bekleidet. An der Lippe ſcheinen ſie durchgängig vorzukommen; an den Kinn— laden fehlen ſie z. B. den meiſten Netzflüglern. 7 8 224. Saugwerkzeuge oder einen Rüſſel haben diejenigen Gelenkfüßler, welche flüſſige Nahrung einziehen. Es iſt bereits im Vorhergehenden erwähnt worden, wie bei manchen Schmarotzerkrebſen, Tauſendfüßlingen und Milben die Mundtheile rüſſelförmig gebildet ſind, doch iſt an ihnen dieſe Bildung zum Theil noch unvollkommen. Auch bei einigen derjenigen Inſekten, welche in die durch Freßwerkzeuge charakteriſirten Ordnungen ge— hören, fangen, wie wir bereits geſehen haben, die Mundtheile an ſich rüſſelförmig zu geſtalten, doch bleibt auch bei ihnen die Rüſ— ſelbildung noch unvollkommen. Die Läuſe wurden bisher auch als Rüſſelinſekten betrachtet; ſie haben aber Kinnbacken und vier— gliedrige Taſter. Die eigentlichen Rüſſelinſekten ſind die Zwei— flügler, Halbdeckflügler und Falter, deren Mundtheile wir hier noch zu betrachten haben. Die Rüſſel dieſer Inſekten find ſehr verſchieden gebildet und zuſammengeſetzt. Nach ihrer äußern Geſtalt ſind ſie 1) weich, zurückziehbar, mit beweglichen Lippen zum Anſaugen geendigt (proboscis); an den Lippenfliegen. 2) hornartig, ſtarr, ungegliedert (haustellum); an mehren Zwei⸗ flüglern, Tanyſtomen u. ſ. w.; 3) gegliedert (rostrum); an den Halbbedeckflüglern und am Floh; 4) ſpiralförmig zuſammengerollt oder doch gekrümmt; an den Faltern. — Bei letztern beſteht der Rüſſel aus zwei Fäden oder Borſten, welche jede von einem Kanal durchzogen werden; und indem deide Fäden, welche an 13 194 | Achte Klaſſe. der Innenſeite rinnenförmig vertieft ſind, ſich aneinander legen, wird ein dritter Kanal gebildet. Alle übrigen Rüſſel beſtehen aus mehren geſtreckten, von einer gemeinſchaftlichen Baſis ausgehen⸗ den Theilen oder Borſten, welche ſo liegen, daß die äußern die innern in oder zwiſchen ſich verbergen können; daher werden jene die Scheide oder Scheidenborſten, die innern aber Saug⸗ borſten genannt. Letztere, der Zahl nach zwei bis ſechs, ſind niemals gegliedert und bilden den eigentlichen Sauger, welcher auch allein beim Saugen eindringt, während die Scheide ſich außen zurücklegt. Letztere bildet entweder eine meiſt an der Baſis knie⸗ förmig gebrochene Rinne, in welcher die Saugborſten liegen, z. B. an den Buſchhornfliegen, oder ſie beſteht aus zwei Borſten, welche bei den Halbdeckflüglern gegliedert ſind. — Lage und Länge der Rüſſel ſind verſchieden. An den Halbdeckflüglern und einigen Zweiflüglern iſt der Rüſſel beſtändig unterwärts nach hinten zu⸗ rückgebogen, an den übrigen Zweiflüglern iſt er nach vorn geſtreckt, In der Regel entſpringt er vom Vorderkopfe, bei den Gleichflüg⸗ lern aber unten vom hintern Theile des Kopfes. Der vollkom⸗ mene Falterrüſſel iſt im Ruhezuſtande ſpiralförmig eingerollt und, wenn er ausgeſtreckt wird, zuweilen länger als der Körper, z. B. bei den meiſten Schwärmern; bei vielen aber iſt er ſehr kurz, nicht ſpiralförmig, ſondern nur etwas gekrümmt, ſo bei den Spin⸗ nern und Nageſpinnern. Unter den Zweiflüglern hat die Rüſſel⸗ bremſe (Pangonia longirostris) einen Rüſſel zweimal ſo lang als der Körper; hingegen iſt er an den Bachmücken ſo kurz, daß er kaum noch Rüſſel genannt werden kann; und an den Bremſen iſt er ganz verſchwunden. An der Coſchenille (Coccus cacti) ha⸗ ben nur die Wencke eine Art e el, während er den Münn⸗ cem fehlt. Er | me 225. So rde nun li Beier e ee zu fein, ſcheinen, ſo ſind beide doch nach Einem Grundtypus gebildet, und die allmälige Umbildumg, der. Bei: werkzeuge in Saugwerkzeuge, durch nach und nach erfol⸗ gende Ausſtreckung und Verſchmälerung jener, läßt ſich in der Natur nachweiſen. Die Verkümmerung der Freßpwerkzeuge und ihre Verlängerung beginnt bei einigen Netzflüglern, nämlich bei den Köcherjungfern und Skorpionfliegen. Unter den Hautflüglern Gelenkfüßler. 195 fängt bei den Weſpen die Umbildung ſchon ſich zu zeigen an, und bei den Honigbienen iſt der Rüſſel faſt ſchon vollſtändig. Die Verwandlung muß man ſich folgendermaßen denken: Die Lippe bildet die Scheide; und wenn dieſe an der Baſis von einer, zu— weilen borſtenförmig verlängerten Schuppe bedeckt wird, ſo iſt dieſe die Lefze; hat der Rüſſel vier Saugborſten, ſo ſind die zwei obern die Kinnbacken, die zwei untern die Kinnladen. Sind we— niger Saugborſten vorhanden, ſo iſt einer oder der andere Theil verkümmert, und zwar ſind dann drei Borſten die Kinnladen und die Zunge, zwei die Kinnladen, eine die Zunge. Sind aber fünf oder ſechs vorhanden, ſo ſind fünf die Kinnbacken, Kinnladen und Zunge, ſechs die Kinnbacken, Kinnladen und Seitenfortſätze der Lippe. An dem Falterrüſſel, der keine Scheide hat, ſondern nur zwei Saugborſten, ſind dieſe die Kinnladen; alle übrigen Theile ſind verkümmert oder verſchwunden, doch ſind oft noch die Lip— pentaſter an der Baſis des Rüſſels vorhanden. Dieſe Taſter zeigen ſich auch noch oft an dem Rüſſel der Zweiflügler. 8 226. Am Vorderkopfe, oder, bei denjenigen Gelenk— füßlern, die keinen geſonderten Kopf haben, an demjenigen Theile, der dem Vorderkopfe entſpricht, ſitzen die Fühler, vorgeſtreckte, meiſt gegliederte Organe, welche, ihrer Stellung nach, weder zu den Mundtheilen noch zu den Beinen gezählt werden können. Doch giebt es in der Unterklaſſe der Vielfüßler mehre Falle, wo dieſes zweifelhaft bleibt. Die Spinnenthiere haben keine Fühler. Wenn dieſe Organe vollkommen ausgebildet ſind, wie z. B. un⸗ 3 ar Vielfüßlern, an den Krebſen und Mundfüßlern, unter Inſekten in den meiſten Ordnungen, ſo beſtehen ſie 1) aus . ſehr kleinen Wurzelgliede, welches meiſt in der Einlen: kungsgrube verborgen iſt; 2) aus dem darauf folgenden Schaft (seapns oder stipes), welcher bei den Inſekten ein einziges Glied bildet, das in der Länge fich vor allen übrigen Gliedern auszeich net, bei den Krebſen aber ſelbſt wieder dreigliedrig iſt; 3) aus der Geißel (kuniculus oder flagellum), unter welchem Namen alle“ folgende Glieder zuſammen genommen, verſtanden werden. Zahl, Länge, Form, Gliederung der Fühler iſt ſehr verſchieden. Beſonders zeigt ſich in der Unterklaſſe der Inſekten eine große Mannigfaltigkeit det Fühlerformen, von denen hier nur einige der 13 * 196 | Achte Klaſſe. häufiger vorkommenden angegeben werden ſollen: Fadenförmig heißt der Fühler, wenn er ſehr dünn, lang und allenthalben gleichdick iſt; borſtenförmig, wenn er dabei gegen die Spitze zu allmälig feiner wird; borſtenartig, wenn die Geißel nur aus einer feinen einfachen Borſte beſteht; ſ chnurförmig, wenn er aus kugelrunden. Gliedern zuſammengeſetzt iſt, wie eine Perl⸗ ſchnurz hörnerförmig, wenn er gewunden iſt, etwa wie ein Ziegenhorn; kegelförmig, wenn er kurz iſt und von einer brei⸗ ten Baſis aus gegen die Spitze zu abnimmt; pfriemförmig eben ſo, aber ſchmächtiger, ſpitz endigend; ſpindelförmg, in der Mitte dicker, nach der Spitze und der Wurzel zu dünner; pris⸗ matiſch, geſtreckt, gleichdick, dreikantig; keulenförmig, gegen die Spitze zu allmälig dicker werdend, am Ende ſelbſt zugerundet; kolbenförmig oder geknopft, wenn das Ende kuglig und merklich ſtärker als die übrigen Glieder iſt; ſägeförmig, wenn gleichmäßig an allen Gliedern einer der obern Winkel ſeitwärts ſpitz vorragt; kammförmig, wenn jene Vorragungen in dünne Fortſätze auslaufen; fächerförmig oder wedelförmig, wenn jene Fortſätze lang flachgedrückt und, wegen Kürze der Glieder, nahe beiſammenſtehend ſind; durchblättert, wenn der Vorder⸗ rand der Glieder ſich nach allen Seiten ausdehnt, und jedes Glied aus der Mitte des vorhergehenden entſpringt; gebrochen, wenn der Schaft verhältnißmäßig ſehr lang iſt, und die Geißel mit ihm einen rechten oder faſt rechten Winkel bildet. Oft zeichnet ſich das letzte Glied, oder die zwei bis drei letzten Glieder, durch be⸗ ſondere Form aus, indem ſie einen kugligen, oder eiförmigen, oder ſpindelförmigen, oder fächerförmigen, oder. ſonſt. geſtalteten Knopf darſtellen. Zitternd nennt man die Fühler, wenn ſie in hen ſtändig zitternder Bewegung ſind, z. B. zan den Goldweſpen. 8 227. Was die Fühler der Bielfüßler, anbelangt, ſo werden an den Rankenfüßlern meiſtens die Ranken Fühler genannt; doch ſcheinen dieſe Theile mehr als Hülfsorgane beim Athmen zu dienen. Unter den Schmarotzerkrebſen, haben die Kiemenwürmer ſämmtlich in früheſter Jugend zwei, drei- oder, viergliedrige Fühler, welche aber, zum. Theil an den ältern Thie⸗ ren verkümmern oder ganz verſchwinden. Die Fühl er der übri⸗ gen Schmarotzerkrebſe ſind meiſt kurz und in vierfacher Zahl, drei Pi. BEE en % Gelenkfüßler. 197 bis viergliedrig, ſelten bis eilfgliedrig, z. B. an Nicothoe; an manchen mit einem Einſchlagehaken oder mit einer Scheere ge— endigt, z. B. an Anthosoma und Dichelestium, doch werden fie, in dieſem Falle, von Andern zu den Beinen gezählt. Die Kie— menfüßler haben zwei bis vier Fühler von verſchiedener Form und Länge, theils mit Borſten und Dornen beſetzt. Bei einigen ſind ſind ſie ſehr lang und äſtig und dienen zum Schwimmen (Cladocera Latr.), werden daher auch zum Theil zu den Beinen gezählt, wie ſie denn in der That dem erſten Beinpaare des Apus (Borſtenſchwänzer) ganz ähnlich geſtaltet ſind; v. Siebold betrachtet ſie als Kinnladentaſter. Der Stielſchwänzer hat zwei ſehr kleine ſcheerenförmige, in der Mitte mit einander verwachſene Fühler. Die Aſſeln, Kehlfüßler und Doppelfüßler haben meiſt vier Fühler von mäßiger oder geringer Länge; einige nur zwei kurze Fühler, z. B. Phronima. Manche Aſſeln haben gar keine Fühler (Epicarides Latr.). Die Tauſendfüßlinge ha— ben zwei kurze oder mäßig lange Fühler, die bei den Tauſend— füßlern aus ſieben, bei den Skolopendern aus vierzehn oder meh— ren Gliedern zuſammengeſetzt ſind. Die der Mundfüßler und Krebſe ſind meiſt in vierfacher Zahl vorhanden. Die Geißel iſt gewöhnlich borſtenförmig, an den äußern Fühlern einfach, an den innern aber zwiefach, bei mehren Fächerſchwanzkrebſen ſelbſt drei— fach. Die Krabben haben im Ganzen die kürzeſten Fühler, deren mittlere oft kaum zu ertennen ſind; die Fächerſchwanzkrebſe die längſten, ſo daß die äußern nicht ſelten den Körper an Länge übertreffen; doch giebt es unter letztern auch Gattungen mit ſehr kurzen Fühlern. Es kommen aber auch viele abweichende Formen vor, z. B. die Schaufelkrebſe haben an der Wurzel der äußern Fühler ein großes abſtehendes Blatt; den Bärenkrebſen fehlt an den äußern Fühlern die Geißel, und die drei Schaftglieder ſind nach Außen in drei große platte horizontale, mehr oder weniger gezähnte Blätter oder Kämme ausgedehnt, die man, ihrer Form nach, gewiß nicht für Fühler halten würde. Mulcion ſoll unge⸗ gliederte Fühler haben u. ſ. w. | Eben fo verſchieden wie bei den Vielfüßlern, iſt auch bei den Inſekten die Form und Länge der Fühler und der einzelnen Glieder, ſo wie die Zahl der letztern. Aber ſie treten hier be— 198 Achte Klaſſe. ſtimmter abgeſondert von den Mundtheilen und den Beinen her⸗ vor, und ſtets ſind ihrer nur zwei vorhanden. Die größte Glie⸗ derzahl, zuweilen an 100, findet man an den ſehr langen und ſehr dünnen Fühlern mehrer Gradflügler (z. B. der Schaben und Säbelheuſchrecken) und Hautflügler (3. B. der Schlangenweſpen); die kürzeſten Fühler und die geringſte Gliederzahl in der Ordnung der Zweiflügler, beſonders an den Lausfliegen, ferner an den Waſ— ſerwanzen, Cikaden und Waſſerjungfern, wo ſie zum Theil bor⸗ ſtenartig ſind. Manchen Sackträgerweibchen fehlen fie ganz. § 228. Als Sinnesorgane ſind wol, für das feinere Gefühl oder Taſten, die Fühler und Taſter anzunehmen, da fie, wenigſtens wenn das Thier thätig iſt, in beſtändiger Bewe— gung oder doch vorgeſtreckt zu ſein pflegen. Doch legen manche Naturforſcher jenen Organen andere Sinnesfunktionen bei und betrachten vielmehr die Füße und manche Anhängſel am Hinter⸗ leibsende der Inſekten als Taſtorgane; wie denn auch die Vor⸗ derbeine mancher Spinnen, beſonders wenn ſie ſehr lang und dünn ſind, zum Theil für Taſtorgane angeſehen werden. — Ein beſon⸗ deres Gehörorgan iſt bei den Spinnenthieren noch nicht aus⸗ gemittelt, obgleich man aus dem Umſtande, daß Spinnen, nach einigen Beobachtungen, Wohlgefallen an Muſik zu verrathen ſchie⸗ nen, folgern will, daß fie hören können; doch kann auch in ſol— chen Fällen die Bewegung der Luft, und die dadurch bewirkte Erſchütterung des Gewebes der Spinne, durch das Gefühl auf das Thier gewirkt haben. So nimmt man auch, und zwar mit einem höhern Grade der Wahrſcheinlichkeit, von den Inſekten an, daß ſie hören können. Theils glaubt man, daß dieſes mit dem ganzen Körper geſchehe; theils hält man die Fühler, theils das Zirporgan an der Hinterleibswurzel der Heuſchrecken, theils eine mit einer Haut geſchloſſene Oeffnung an der Wurzel der vordern Schienbeine der Gryllen, für Gehörorgane, theils ſucht man die— ſes in und an der Wurzel der Kinnbacken; von den Meiſten wird die Vertiefung, da, wo die Fühler mit dem Kopfe artiku⸗ liren, welche mit einer Membran überzogen iſt, und in deren Nähe ſich zuweilen auch ein paar kleine Löcher finden, die man als Gehörgänge betrachten könnte, für das Ohr gehalten. Nach Clarke iſt an den Laufkäfern das Wurzelglied der Fühler das Gelenkfüßler. 199 Ohr, indem an der Vorderſeite deſſelben die äußere Gehöröffnung liegen ſoll, welche zu dem innern Gehörgange führt, an deſſen Ende das Trommelfell, und jenſeits dieſes das Labyrinth ſich be— ſinde. Bei den Krebſen zeigt ſich dieſes Organ an der Wurzel der äußern Fühler als ein Cylinder, in welchem ein mit einer Flüſſigkeit angefüllter kleiner häutiger Beutel liegt; das vordere Ende des Cylinders iſt durch eine Haut (Trommelfell) geſchloſſen, und durch das hintere Ende treten die Nerven ein. An der Schmarotzeraſſel wird ein niedriges häutiges Wärzchen an der Wurzel der kleinen Fühler für das Ohr gehalten. — Als Werk: zeuge des Geſchmacks, welcher wol allen Gelenkfüßlern verliehen ſein wird, hat man theils die Taſter, theils die Zunge bezeichnet; da jedoch nicht Alle dieſe Organe beſitzen, ſo bleibt dieſe Annahme noch zweifelhaft. — Daß die Inſekten riechen können, iſt keinem Zweifel unterworfen, denn ſie wittern ihre Nahrung, und die Männchen ihre Weibchen an gänzlich verdeckten und verſteckten Orten aus. Ueber das Organ dieſes Sinnes iſt man aber noch in Ungewißheit. Manche glauben daſſelbe in gewiſſen Vertiefun— gen oder Warzen und Häutchen, die ſich am Vorderkopfe verſchie— dener Inſekten finden, entdeckt zu haben; Andere halten die Füh— ler, oder die Taſter, oder den Bienenrüſſel (Zunge) für das Ges ruchsorgan; ſelbſt die Nebenaugen wurden für dieſen Sinn in Anſpruch genommen. Die Meinung, daß die Luftlöcher (von de— nen unter den äußern Athemorganen die Rede fein wird) Riech⸗ organe ſein möchten, gründet ſich auf die Anſicht, daß bei den höhern Thieren dasjenige Organ, durch welche ſie Luft einziehen, zum Riechen diene, und könnte wol die richtigere ſein. Theils glaubt man aber auch, daß das Geruchsorgan bei den verſchiede— nen Inſekten auch in verſchiedenen Theilen zu ſuchen ſei, bald in den Fühlern, bald in den Taſtern, bald in beſondern Theilen des Kopfes, bald in den Luftlöchern u. ſ. w. Das Geruchsorgan der Krebſe fol, nach Des voidy, in den innern Fühlern liegen, des ren Wurzelglied einen nach Außen ſich öffnenden Kanal hat, der die Naſe iſt. — § 229. Am beſtimmteſten unter allen Sinnesorganen tre= ten die Augen hervor. Man unterſcheidet ihrer zweierlei, näm⸗ lich einfache und zuſammengeſetzte. Die erſtern beſtehen, 200 Achte Klaſſe. wo man ſie als vollkommen ausgebildet erkannt hat, wie bei vie⸗ len Inſekten, aus der Hornhaut, der Linſe, dem Glaskörper, der Choroidea, dem Sehnerven; doch ſollen, nach Brants, die ein- fachen Augen der Spinnen und Skorpione im Innern eine An⸗ lage des Baues der zuſammengeſetzten zeigen. Die zuſammen⸗ geſetzten ſind eine Vereinigung mehrer einfachen Augen, und dar— an zu erkennen, daß ihre gewölbte Oberfläche aus einer geringern oder größern Menge vier- oder ſechsſeitiger Facetten beſteht, welche aber meiſt mikroskopiſch klein ſind, denn oft ſind ihrer mehre Tauſende vorhanden, und an den Augen einiger Falter über drei— ßigtauſend. Unter den Milben hingegen kommen Gattungen vor, wo jedes Auge nur aus zwei oder drei kleinern beſteht. Jede Facette iſt die Hornhaut eines beſondern kleinen Auges, innen gegen den Rand zu mit einem ſchwarzen Pigment überzogen. Die Nerven ſämmtlicher Facetten gehen von einer gemeinſchaft⸗ lichen hautförmigen Ausdehnung (Aderhaut) des Sehnervens aus. Man kann gewiſſermaßen die Entſtehung der zuſammengeſetzten Augen aus der Verbindung mehrer einfachen in einer Reihe von Gelenkfüßlern verfolgen. Es giebt Arten, an denen ſchon eine ziemlich große Anzahl einfacher Augen ſehr nahe zuſammenrücken, z. B. unter den Tauſendfüßlingen, an andern ſind ſie ſchon in eine körnige Maſſe vereinigt, und heißen dann gekörnte Augen, ſo bei manchen Aſſeln, bis ſie zuletzt durch innige Verſchmelzung die facettirten Augen darſtellen. — Zahl, Größe und Lage der Augen ſind verſchieden. Sie ſitzen immer am Kopfe oder an dem Theile des Körpers, welcher dem Kopfe entſpricht. Der zuſam⸗ mengeſetzten ſind, wo ſie ſich finden, immer zwei; ſehr ſelten, an einigen Inſekten, vier; meiſt ſitzen ſie vorn ſeitwärts. Die ein⸗ fachen ſind meiſt in größerer Zahl vorhanden, und wo ſie mit zuſammengeſetzten zugleich vorkommen, da ſitzen ſie in der Regel mehr nach hinten und oben. An den Inſekten, welche durchgängig zuſammengeſetzte Augen haben, werden dieſe als die eigentlichen Augen, die einfachen, da ſie ſehr häufig ganz fehlen, nur als Nebenaugen betrachtet und auch ſo genannt. — Die Augen der Gelenkfüßler ſind für ſich unbeweglich, obgleich zum Theil, beſonders bei den großen Minirſpinnen, mit ſo deutlichen Mus⸗ keln verſehen, daß man ſie für beweglich halten möchte. An den Gelenkfüßler. 201 Mundfüßlern und Krebſen ſitzen ſie auf einem kürzern oder län— gern beweglichen Stiele, der aus einer beſondern Kopfhöhle her= vorragt; auch an einigen Kiemenfüßlern ſollen ſie auf beweglichen Stielen ſitzen; die Stiele aber, welche an einigen Inſekten die Augen tragen, ſind unbeweglich. — In der Unterklaſſe der Viel— füßler finden ſich zwar ſchon bei den Rankenfüßlern und Kie— menwürmern Augen, allein, merkwürdig genug, nur in der frühe— ſten Jugend; doch ſollen die Entenmuſcheln bei plötzlicher Annä— herung von Licht ihre Ranken einziehen, was man auf Empfin— dung des Lichts bezieht; und einige wenige Kiemenwürmer (Ler- nanthropus, Lepeophtheirus) behalten auch im ſpäten Alter ein oder zwei Augen. Die meiſten übrigen Schmarotzerkrebſe haben deren ebenfalls ein oder zwei; doch ſollen, nach Pickering, die vermeintlichen Augen des Caligus nichts weiter als ein paar kleine Anſchröpfenäpfe ſein, und die eigentlichen Augen dieſes Thieres unter der Haut liegen. Die Kiemenfüßler ſind meiſt mit zwei Augen verſehen, die aber oft ſo nahe zuſammengerückt ſtehen, daß ſie nur eins zu ſein ſcheinen; daher der Gattungsname Mo— noculus, welchen bei Linné dieſe ganze Ordnung führt. Einige Gattungen haben jederſeits vor dem großen Auge einen ſchwar— zen Punkt (Lynceus und einige Waſſerflöhe), der zum Theil für ein einfaches Nebenauge gehalten wird. Artemia hat ein kleines einfaches Mittelauge, und jederſeits ein größeres zuſammengeſetz— tes. Der Borſtenſchwänzer hat drei einfache Augen; der Stiel— ſchwänzer zwei große zuſammengeſetzte, und zwiſchen dieſen zwei einfache. Das Auge der Cypris und Waſſerflöhe iſt etwas be— weglich, und bei manchen Gattungen (Ceratopthalmi Latr.) ſitzen die Augen auf einem Stiele, der, nach einigen Angaben, auch beweglich ſein ſoll. An manchen Arten von Cyclops ſoll das Weibchen unbewegliche, das Männchen aber geſtielte und etwas bewegliche Augen haben. Die meiſten Aſſeln haben gekörnte Au— gen; andere haben glatte einfache. Die Tauſendfüßlinge haben zuſammengeſetzte oder ſehr nahe zuſammengerückte einfache Augen von verſchiedener Zahl. Kehlfüßler und Doppelfüßler haben zwei zuſammengeſetzte Augen. Eben ſo die Mundfüßler und Krebſe, dei denen ſie aber entweder am Ende, oder, was jedoch ſeltener iſt, in der Mitte eines beweglichen Stiels ſitzen. Die Stiele ſind * 202 Achte Klaſſe. meiſt nur kurz, oft kaum aus der Höhle vorſtehend; bei manchen Gattungen aber lang, bei dem Stielaugenkrebs mit dem Schilde von gleicher Länge. — In der Unterklaſſe der Spinnenthiere ſind Zahl und Größe der Augen, wie auch deren Stellung gegen einander, verſchieden. Die Spinnen, Scheerenfüßler und Skor⸗ pioniden haben ſechs bis zwölf, die andern zwei bis vier. Als Mißgeburten kommen zuweilen Spinnen mit überzähligen oder einem oder ein paar fehlenden Augen vor. Sie ſind faſt durd- gehends einfach; nur unter den Milben findet man Gattungen, wo jedes Auge aus zwei bis drei kleinern zuſammengeſetzt iſt (3. B. Diplodontus, Tetronychus). — Die Inſekten haben in der Regel zwei zuſammengeſetzte Augen, welche aber mitunter durch einen über ihnen liegenden riegelförmigen Hautfortſatz äußer⸗ lich in zwei Hälften getheilt ſind und dann zwei Paar zu ſein ſcheinen, z. B. am Drehkäfer und Plattſchröter. Die Männchen einiger Tagthierchen haben aber wirklich ihrer vier Paar. um größten, faſt den ganzen Kopf einnehmend, find fie an den Waf- ſerjungfern, an einigen Fliegen- und Bienen-Männchen u. ſ. w.; am kleinſten bei einigen Lausfliegen, z. B. bei Oxypterix und Strebla. Einige Inſekten tragen ſie auf langen Stielen, z. B. die Perſpektivfliegen, einige Eikaden u. ſ. w. Viele Inſekten ha⸗ ben außerdem Nebenaugen, die aber in Zahl und Lage verſchie⸗ den ſind: Meiſt ſtehen ihrer drei auf dem Scheitel, z. B. an den Hautflüglern, ſelten nur zwei, z. B. an Omalium und einigen Netzflüglern; viele Falter haben zwei Nebenaugen hinter der Füh⸗ lerwurzel; manche Läuſe an jeder Seite des Kopfes ihrer eins bis zwei; die Männchen der Cochenillen an der Unterſeite des Kopfes zwei bis zehn; ſehr wenige Inſekten nur eines mitten auf der Stirn, z. B. die Blüthenkäfer. Sehr ſelten kommen nur Nebenaugen ohne zuſammengeſetzte vor, wie z. B. an den Ohn- flüglern unter den Gradflüglern, mit Ausnahme von Machilis und den Vogelläuſen. — Daß nicht bloß die zuſammengeſetzten, ſondern auch die einfachen Augen zum ſehen dienen, leidet wol keinen Zweifel, denn z. B. in den größern Augen der Spinnen und Skorpione kann man deutlich die Linſe, wie auch Iris und Pupille, erkennen. Man hat auch bemerkt, daß Spinnenaugen im Dunkeln leuchten, und ſchließt daraus, daß ſie auch zum ſehen 2 Gelenkfüßler. 0 203 bei Nacht dienen. Wie wir aber ſchon in den — Thierklaſſen eine allmälige Ausbildung der Augen gefunden ha⸗ ben, fo iſt es auch hier; und wahrſcheinlich können ſolche Gelenk⸗ füßler, deren Augen nur winzig kleine, kaum etwas gewölbte, ſchwarze Punkte darſtellen, wie es dergleichen in allen drei Unter— klaſſen giebt, nicht eigentlich ſehen, d. h. nicht Gegenſtände erkennen, ſondern etwa nur Licht und Dunkel unterſcheiden. Man findet auch in allen drei Unterklaſſen Thiere, denen Augen gänz— lich mangeln, z. B. unter den Vielfüßlern die erwachſenen Rankenfüßler und viele Schmarotzerkrebſe, die Weibchen von Bo- pyrus, einige Skolopender, bei welchen letztern, nach Trevira— nus, die zwei großen Nerven, die bei andern Gelenkfüßlern zu den Augen gehen, in die Fühler treten ſollen. Unter den Spin— nenthieren gehören hieher z. B. alle paraſitiſch lebende Milben, wie auch einige Arten von Macrochelis. Unter den Inſekten find einige Lausfliegen, z. B. Braula, und einige Käfergattungen, z. B. Leptinus, Anommatus, ohne Augen. § 230. Die äußern Bewegungsorgane der Gelenk— füßler ſind entweder Beine, die theils zur Bewegung auf feſtem Boden oder überhaupt an feſten Gegenſtänden, theils zum Schwim— men in Flüſſigkeiten dienen; oder Flügel, mit denen die Thiere in der Luft ſich bewegen. Die Beine dienen nicht ſelten auch zu andern Zwecken, ſo wie in einigen Fällen andere Theile auch zur Bewegung in Thätigkeit geſetzt werden, wovon ſpäter ein Mehres. S 231. Die Beine ſitzen unterwärts am Vorderleibe, ſelten an den Seiten deſſelben, oder der Länge nach am ganzen Körper. Wenn ſie vollkommen ausgebildet ſind, beſtehen ſie aus folgenden Haupttheilen: 1) Hüfte oder Hüftkopf, gleichſam das Wurzelglied, derjenige Theil, welcher zunächſt in den Körper eingelenkt iſt und ſich nicht ſelten in der Einlenkungsgrube, oder der Pfanne, großentheils verbirgt. 2) Schenkel, iſt mit der Hüfte entweder unmittelbar, oder mittelbar durch ein oder zwei kleine Zwiſchenglieder, die man Trachanter nennt, verbunden. 3) Schienbein, artikulirt mit dem Ende des Schenkels, und an ſeinem Ende iſt 4) der Fuß eingelenkt, welcher meiſt aus mehren Gliedern beſteht, deren letztes oft mit einer oder einigen gekrümmten Krallen oder Klauen verſehen iſt und daher auch 204 Achte Klaſſe. wol das Klauenglied genannt wird, oder deren zwei letzte nicht ſelten ſo gebildet und mit einander verbunden ſind, daß ſie eine Scheere darſtellen. Alle dieſe Theile bieten, in Geſtalt und Verhältniß, viele Verſchiedenheiten dar. Die Hüfte iſt meiſt ge⸗ drungen kurz, die übrigen Theile geſtreckter. Bei manchen Viel⸗ füßlern und Spinnenthieren beſtehen Schenkel oder Schienbein, oder auch beide, aus zwei Gliedern, und wenn dieſe, wie es bei einigen der Fall iſt, mit den Fußgliedern in der Bildung über⸗ einſtimmen, ſo iſt es oft ſchwer zu beurtheilen, was Schenkel oder Schienbein oder Fuß ſein müſſe. Es giebt aber Vielfüßler und Spinnenthiere mit unvollkommenen, aus drei oder zwei Gliedern beſtehenden Beinen; es giebt deren, wo dieſe Organe nur als kurze ungegliederte Stümpfe erſcheinen oder ſelbſt ganz fehlen. Selbſt unter den Inſekten kommen Gattungen vor, die ſie als ſolche Krüppel charakteriſiren. — Nach den verſchiedenen Graden der Ausbildung, wie auch nach den verſchiedenen Funktionen und der davon abhängenden Geſtalt und Einrichtung der Beine, ha— ben dieſe auch verſchiedene Benennungen, z. B. 1) Stummel- beine ſind entweder ganz ungegliedert oder doch unvollkommen ausgebildet, ſo daß ſie nicht zum Gehen oder Feſthalten dienen. 2) Klammerbeine ſind auch noch unvollſtändig ausgebildet, zeichnen ſich aber von den Stummelbeinen dadurch aus, daß ſie am Ende einen, ſelten einige, Haken zum Anklammern haben. 3) Gangbeine und Laufbeine ſind geſtreckt, rundlich oder kantig, und ihre einzelnen Glieder, beſonders Schenkel und Schien— bein, nicht ausgezeichnet ſtark; die Laufbeine ſind verhältnißmäßig länger und ſchmächtiger als die Gangbeine. 4) Scheerenbeine ſind Gangbeine, an denen die beiden letzten Fußglieder eine Scheere bilden. Sehr häufig zeichnet ſich bei Krebſen ein Paar dieſer Beine, meiſt das vordere, durch beſondere Dicke und Länge aus und dient dann nicht mehr zum Gehen, ſondern zum Grei— fen. Die Scheere iſt ſo gebildet, daß das letzte kleinere Glied am Innenrande des vorletzten eingelenkt iſt; das letzte wird Daumen genannt, das vorletzte Finger. 5) F angbeine ſind Vorderbeine, wenn an ihnen das Schienbein mit dem Schenkel fo zuſammen— ſchlägt, und zwar mit einer Schneide in eine rinnenförmige Ver⸗ tiefung des Schenkels, wie Klinge und Griff eines Taſchenmeſ— Gelenkfüßler. 205 ſers. 6) Grab beine erkennt man an ſtarken breiten kantigen, mit ſtarken Dornen oder Zähnen beſetzten Vorderſchienbeinen. 7) Springbeine ſind Hinterbeine, die ſich durch bedeutendere Länge und durch verhältnißmäßig dickere Schenkel von den übri⸗ gen unterſcheiden; doch müſſen ſie dabei grade Schienbeine haben, denn wenn letztere gekrümmt ſind, ſo dienen ſie nicht zum Sprin⸗ gen. 8) Schwimmbeine geben ſich durch ihre zuſammenge— drückte ruderförmige Geſtalt zu erkennen, und ſind außerdem meiſt noch mit Borſten an den Kanten und am Ende beſetzt; öfters 2 nur einzelne Theile derſelben jene Geſtalt. § 232. Von den Beinen der Vielfüßler iſt folgen des zu, bemerken: Die Rankenfüßler haben bei ihrer Geburt Schwimmbeine, die aber, ſobald das Thier ſich feſtgeſetzt hat, in ſechs Stummelbeine ſich verändern, deren jedes am Ende zwei gegliederte fühlerförmige Organe (die Ranken) trägt. — Unter den Schmarotzerkrebſen haben die Kiemenwürmer, wenn ſie aus dem Ei kommen, zwei bis drei Paar mit Borſten beſetzte Schwimmbeine, welche ſpäter, nachdem das Thier ſich feſtgeſetzt hat, mehr oder weniger verkümmern und in Stummel mit Bor: ſten oder ſonſtigen, zum Theil wunderlich geſtalteten Anhängſeln, oder aber in Klammerbeine ſich umbilden. Bei vielen bleibt von Beinen gar keine Spur zurück; jedoch haben die meiſten ein paar oder einige verlängerte, nach vorn gerichtete armförmige Fortſätze von mannigfaltiger Geſtalt und Länge, und meiſtentheils am Ende mit einer plattenförmigen Ausdehnung, mittelſt deren ſie an oder in der Haut anderer Thiere feſtſitzen. Macrobiotus hat, ſtatt der Beine, vier bis acht zitzenförmige, undeutlich dreigliedrige Vor⸗ ragungen, mit drei bis vier Krallen; die Glieder können ſich in einander ziehen. Bei den übrigen Schmarotzerkrebſen fangen die Beine ſchon an ſich mehr auszubilden und zu gliedern, obgleich die vordern meiſt nur kurze, dicke Klammerbeine bleiben; bei Argulus bilden ſie jederſeits einen gefranzten Saugnapf. Die Hinterbeine, vier bis ſieben Paare, ſind Schwimmbeine, und zwar öfters geſpaltene; bei Anthosoma haben fie ſo große blattförmige Ausdehnungen, daß dieſe um den ganzen Hinterkörper eine Hülle bilden. In, der Ordnung der Kiemenfüßler herrſchen die Schwimmbeine vor, deren ſechs bis über hundert vorhanden ünds 206 Achte Klaſſe. bei einigen ſind ſie der Länge nach geſpalten, z. B. bei Cyclops. Einige Arten von Cypris haben nur zwei Paar zweigliedrige Beine. Der Borſtenſchwänzer hat an 60 Paar Beine, deren erſtes viel länger als die übrigen und äſtig geſpalten iſt; die fol⸗ genden ſind Schwimmbeine und haben jedes an der Wurzel eine große Blaſe. Limnadia hat an der Wurzel der Mittelbeine faden⸗ förmige Anhängſel, die ſich ſeitwärts, zwiſchen Schild und Kör⸗ per, zum Rücken hinaufſchlagen und da die Eier tragen. Am Stielſchwänzer ſind die zehn vorderſten Beine Gangbeine, an de⸗ nen, oder wenigſtens an einigen derſelben, die beiden Endglieder eine Scheere bilden; die zwölf übrigen ſind Schwimmbeine und am Bauche befindlich. — Die Tauſendfüßlinge haben eine große Anzahl kurzer, einfacher, gleichgeformter Gangbeine; an den eigent⸗ lichen Tauſendfüßlern haben die meiſten Segmente deren zwei Paar. — Die Aſſeln haben 14 Beine, die jedoch bei den Schma⸗ rotzergattungen theils nur kurz und krumm, alſo weder zum Ge hen noch zum Schwimmen geſchickt, theils Klammerbeine ſind. Die übrigen haben Gangbeine. — Die Kehlfüßler haben 14 Beine, welche in der Regel mit einem Einſchlagehaken ver⸗ ſehen ſind. An einigen Gattungen ſind die des dritten und vier⸗ ten Segments ohne Haken und überhaupt anders gebildet) und werden theils für Kiemen gehalten. — Die Doppelfüßler ha⸗ ben meiſt 14 Gangbeine, deren vordere ſich in der Regel mit ei⸗ nem Einſchlagehaken, ſelten mit einer Scheere (z. B. an Apseudes) endigen. In einigen Gattungen hat eines oder das andere der übrigen Beine eine Scheere, oder einige (ſelten alle) Beine ſind Schwimmbeine. Manche haben nur ſechs deutliche Beine (De- cempedes Latr.). Die einſchildigen Mundfüßler haben drei Paar dünne Beine, die aber an Alima ſo verkümmert find,’ daß man ſie kaum bemerkt. Die zweiſchildigen haben zwölf, oder, wenn man vier ſehr kurze, hinter dem Munde ſi tende, gegliederte Otgane mitzählt, ſechzehn dünne Beine. Einige (die Schizopoda Latri) haben an den Beinwurzeln einen verlängerten und zum Schwimmen dienenden Anhang. — Die Krebſe haben zehn ei⸗ gentliche vollkommene Beine, welche aber, bei der ſehr großen Menge von Gattungen und tel? die größte Mannigfaltigkeit in Form und Verhältniß, wie auch in Hinſicht der Knoten, Stacheln, Gelenkfüßler. | 207 Haare, mit denen ſie beſetzt ſind, darbieten. Die meiſten ſind Gangbeine mit einem einfachen kegelförmigen Endgliede, welches jedoch bei einigen Gattungen an den Hinterbeinen einen Ein— ſchlagehaken bildet. Die zwei Vorderbeine ſind in der Regel am ſtärkſten und mit einer Scheere verſehen; jedoch ſind auch nicht ſelten eines oder einige der übrigen Beine mit ſchwachen Schee— ren bewaffnet; auch kommen Gattungen vor, die nur an den Hinterbeinen Scheeren haben, z. B. Pactolus; Pandalus hat nur am zweiten Beinpaare Scheeren; an Hyppolite ſind die Scheeren des zweiten Paares länger als die des erſten. Ueberhaupt aber ſind die Beine meiſt von ungleicher Geſtalt und Länge; es giebt Gattungen, an denen ſelbſt die Beine eines und deſſelben Paares ungleich ſind, z. B. Processa, Callianassa. Die verhältnißmäßig längſten und dünnſten Beine finden ſich bei Leptopodius, indem ſie den Körper wol zehnmal an Länge übertreffen. An einigen ſind die zwei oder vier hinterſten Beine ſehr kurz und dünn, theils auch unvollſtändig und zur Ortsbewegung untauglich, z. B. Lithodes, theils ſitzen fie auch höher an den Seiten hinauf, faſt am Rücken, über den ſie ſich hinkrümmen (ſolche Krebſe heißen deshalb Notopoden). Der Gattung Acestes fehlt das fünfte Paar gänzlich. Viele Krabbengattungen, die ſogenannten Schwimm⸗ krabben, haben Schwimmbeine, indem die letzten, oder einige, ſel— ten alle Glieder der hintern Beine zuſammengedrückt und mehr oder weniger ruderförmig geſtaltet ſind. Es giebt aber auch uns ter den Fächerſchwanzkrebſen einige Gattungen (die Anomala Late.) mit ruderförmigem Endgliede. — Außer den bisher abgehandelten eigentlichen Beinen haben faſt alle Vielfüßler, mit Ausnahme der Rankenfüßler und Schmarotzerkrebſe, auch am Munde gangbein⸗ ähnliche Organe, welche aber kürzer als die eigentlichen Beine find auch nicht ſowol zum Gehen als vielmehr beim Ergreifen und Feſthalten der Beute zu dienen ſcheinen, und Kieferbeine oder Kiefenfüße genannt werden.“ Manche Naturforſcher rech⸗ nen ſie auch noch zu den Beinen, woher es denn kommt, daß die Zahl der Gangbeine einer und derſelben Gattung oder Art dieſer Thiere von den verſchiedenen Schriftſtellern nicht ſelten ver⸗ ſchieden angegeben wird. Auch mit Fühlern und Taſtern, ſelbſt mit Kiemen und männlichen Geſchlechtstheilen, werden die Beine 208 Achte Kaffe. zum Theil verwechſelt. Von den Kieferbeinen iſt ſchon früher, bei den Mundtheilen der Vielfüßler, die Rede geweſen. — Was die Stummel beine betrifft, fo ſitzen dieſe unter dem Hinterleibe und können als verkümmerte Schwimmbeine betrachtet werden, find aber von verſchiedener Geſtalt. Meiſt find ihrer bei den Kreb— ſen fünf Paar hinter einander; doch kommen auch Arten vor, na⸗ mentlich unter den Weichſchwanzkrebſen, wo fie unſymmetriſch nur an Einer Seite des Hinterleibes ſitzen. Die Doppelfüßler haben ebenfalls ſolche Stummelbeine; und an den Aſſeln erſcheinen ſie unter der Geſtalt von Schuppen und Blättern. 8 233. Die Beine der Spinnenthiere find noch Länge und Dicke ſehr verſchieden. Beſonders lang und dünn ſind die der Weberknechte; ſehr kurz die vieler Milben, nament⸗ lich die der Uropoden. Aber auch das Verhältniß der Beinpaare Eines Individuums unter einander iſt verſchieden. An den Spin⸗ nen iſt bald eins der vordern, bald eines der hintern das längere, zum Theil ſehr viel länger und ganz anders geſtaltet, als die übrigen; zuweilen iſt eins der vordern Paare ſo lang und dünn, daß es faſt fühlerartig ausſieht, z. B. an Pholcus, Phrynus, The- lyphonus; an andern hingegen find die Hinterbeine beſonders dünn und lang, z. B. an verſchiedenen Afterſpinnen. Die Spring⸗ ſpinnen haben zum Theil ſehr große Vorderſchenkel; bei den Springmilben (Megamerus) hingegen ſind die Hinterſchenkel ſtär⸗ ker. — Oft ſind die Beine mit Haaren, und nicht ſelten, be⸗ ſonders an den Spinnen, auch mit Dornen bekleidet; alle Waf- ſermilben haben Haare an den Beinen; die Skorpionſpinnen ha⸗ ben an den Hüften und Schenkeln der Hinterbeine eine Reihe von fünf halbtrichterförmigen Schuppen. — Der eigentlichen Beine find vier Paar; es werden jedoch auch hier, wie bei den Biel: füßlern, manche beinähnliche Organe, die zu den Mundtheilen ge⸗ hören, von einigen Naturforſchern mit zu den Beinen gezählt, und daher mehr als vier Paar der letztern angegeben, während Andere die Vorderbeine der Spinnen mit zu den Mundtheilen ziehen und daher dieſen Thieren weniger als vier Paar Beine zuſchreiben. Die Weibchen der Pycnogoniden haben aber wirklich fünf Paar Beine, von denen jedoch das erſte nur zum Tragen der Eier dient. Es wurden auch ſechsbeinige Milbengattungen 2: HA 7 Aal, Gelenkfüßler. 209 (Microphthiria) aufgeſtellt, von denen es ſich aber ausgewieſen hat, daß ſie noch unvollkommene Milben ſind, an denen erſt ſpä— ter das vierte Beinpaar ſich entwickelt. Die Beine ſitzen an der Unterſeite des Vorderleibes; bei einigen Milben jedoch an den Seitenrändern deſſelben, wo ſie ſich dann zuweilen nach oben richten können, z. B. an Pteroptus. — Ihre Glieder ſind bei den meiſten Spinnenthieren ſo ziemlich von gleicher Stärke und mehr oder weniger geſtreckt; ſie gehören alſo zu den Lauf— beinen. Die Zahl der Glieder beläuft ſich bei den Spinnen auf ſieben, von denen die beiden erſten Hüfte und Trochanter, das dritte der Schenkel, das vierte und fünfte oder das vierte allein das Schienbein, die folgenden der Fuß ſind. Die übrigen Spin— nenthiere haben zum Theil mehr oder weniger Beinglieder; viele Milben faſt verkümmerte Beine. Am verſchiedenſten iſt die Zahl der Fußglieder. Die Krebsſpinnen haben meiſt nur eingliedrige Füße; die Scheerenfüßler acht- bis zehn-gliedrige Vorderfüße. Das letzte Fußglied iſt meiſt mit zwei, ſelten mit einer oder drei, gekrümmten Krallen bewaffnet. Eine Milbengattung wurde Tetronychus genannt, weil ihr Stifter glaubte, daß die Füße vier Krallen hätten; die vermeintlichen Krallen ſind aber nur ſteife Borſten, zwiſchen denen ſich zwei ſehr kleine Krallen zeigen., Die Hausmilben haben einen blaſenförmigen Anhang am Ende des Fußes; die Fleiſchmilben haben daſelbſt, meiſt jedoch mit Aus— nahme des dritten oder vierten Beinpaares, einen Anſaugenapf; auch die Springſpinnen ſollen unter den Füßen einen Anſchrö— pfungsapparat haben. An Triehodaetylus endigen die Hinter— beine mit einer langen Borſte. § 234. Die Inſekten haben drei Paar unter dem Vor— derleibe eingelenkte Beine, denn die beweglichen Anhängſel zu bei— den Seiten des Bauchs der Lepismen, welche wol mit Stummel— beinen verglichen werden, gehören nicht hieher. Die Beine ſind meiſt mehr oder weniger mit Haaren bekleidet; beſonders lang⸗ und dichthaarig ſind ſie bei einigen Hautflüglern, z. B. an den Wollfußbienen. Auch kommen an den einzelnen Theilen derſelben, beſonders an den Schienbeinen, nicht ſelten Dornen und Zähne vor, von denen jene zumal an den Enden der Schienbeine ſitzen und zuweilen eingelenkt und beweglich find, z. B. bei den Fang⸗ | 14 210 Achte Klaſſe. n heuſchrecken und bei Hylobius abietis Länge und Geſtalt der Beine iſt verſchieden. Meiſt find die hinterſten am längſten; zu— weilen die vorderſten, z. B. an den Fangheuſchrecken, Waſſerſkor⸗ pionen, Netzfangheuſchrecken, Langarmkäfern u. ſ. w.; ſelten die mittelſten, z. B. an Cleonymus und einigen andern Hautflüglern. Die meiſten Inſekten haben Gang- oder Laufbeine; Springbeine die Erdflöhe, Flöhe, Springgryllen u. ſ. w. Von dieſen ſind aber wohl zu unterſcheiden manche Inſekten, die zwar auch dicke Hin— terſchenkel haben, aber nicht ſpringen; man erkennt ſie meiſt an gekrümmten Hinterſchienbeinen, z. B. Muffelkäfer, Rothkäfer, Rückenweſpen, Schenkelweſpen, einige Silphiden und Schmalwan— zen u. ſ. w. Manche Inſekten haben dicke Vorderſchenkel, die eben ſo wenig zum Springen dienen, z. B. einige Wanzen, Feiſtkäfer, Rennfliegen. Grabbeine haben die Miſtkäfer, Grabkäfer, Grab- weſpen, Maulwurfsgryllen; Fangbeine die Waſſerſkorpione, Fang⸗ heuſchrecken, Großkopfwanzen, Netzfangheuſchrecken, Zangenfliegen; Schwimmbeine die Waſſerkäfer und Ruderwanzen. — So wie die angeführten Formen der Beine Bezug auf die Lebensweiſe der Inſekten haben, ſo iſt es auch mit der verſchiedenen Beſchaffenheit der Füße der Fall. Manche Lausfliegen (Braula) haben eine Reihe Dornen unter dem letzten Fußgliede; die Arbeitsbienen ha— ben an einer Seite des erſten ſehr großen Fußgliedes eine Bürſte zum Anheften des Blumenſtaubes an die Schienbeine. Viele Käfer, z. B. Laufkäfer, Kurzdeckkäfer, beſonders die Männchen, haben breitere und unterwärts haarige Vorderfüße, wahrſcheinlich zum Feſthalten bei der Begattung; vorzüglich breit und außerdem noch mit Anſaugenäpfchen beſetzt ſind die Vorderfüße der Männ— chen der großen Tauchkäfer und einiger Silbermundweſpen, zu gleichem Zwecke. Viele Inſekten haben Polſter oder blaſenförmige Ballen unter den Füßen, zum feſtern Anhalten, wahrſcheinlich mittelſt Anſchröpfens oder, nach einigen Beobachtungen, mittelſt kleiner Häkchen oder einer klebrigen Flüſſigkeit, z. B. Blaſenfüß⸗ ler, Ballenfüßler, mehre Rundkäfer. Die Zahl der Fußglieder iſt verſchieden, und man hat ſie beſonders bei den Käfern benutzt, um dieſe darnach in Abtheilungen zu bringen, indem man die mit 1, 2, 3, 4, 5 Gliedern an allen Füßen, Monomeren, Dimeren, Trimeren, Tetrameren und Pentameren, die mit fünf Gliedern an — * * Gelenkfüßler. | 211 den vier vordern und mit vier Gliedern an den zwei hintern Füßen, Heteromeren nannte. Diejenigen Pentameren und Tetrameren, an denen das vorletzte Fußglied ſehr klein und zuweilen kaum zu erkennen iſt, hieß man Cryptopentameren und Cryptotetrameren. Das letzte Fußglied endigt meiſt mit zwei krummen Krallen, ſelten nur mit einer, z. B. bei den Waſſerſkorpionen, Cochenillen, Laubkäfern; an den Schwimminſekten und Blaſenfüßlern iſt es ohne Krallen; an einigen andern hat es mehr als zwei, z. B. an den Schrötern, wo zwiſchen den beiden gewöhnlichen Krallen noch eine dritte, an der Spitze geſpaltene, ſich hervorſtreckt. Auch die gewöhnlichen Krallen ſind zuweilen geſpalten, beſonders an manchen Pinſelkäfern, oder unterwärts gezähnelt, z. B. an eini— gen Laufkäfern und an den Lausfliegen, oder mit häutigen An— hängen, z. B. an Dasytes, an Warzenkäfern u. ſ. w. Die Läuſe haben einen eingliedrigen Klammerfuß, indem die bewegliche Kralle ſich auf einen Vorſprung des Schienbeines anlegen kann, zum Anklammern an die Haare. — Einige Inſekten haben verbildete oder unvollſtändige Beine. Die Erdgryllen haben an den Hinterbeinen, ſtatt des gewöhnlichen Fußes, zwei fußförmige An— hängſel oder, wenn man will, zwei eingliedrige Füße mit aufwärts gekrümmter Kralle. Einigen Miſtkäfern fehlt an den Vorderbei— nen der Fuß gänzlich. An vielen Tagfaltern ſind die Vorderbeine ſo kurz und verkümmert, daß ſie nicht zum Gehen taugen, ſo an den Nymphenfaltern und Buntfaltern, die daher auch wol Tetra— poden genannt werden. Daſſelbe gilt von den Hinterbeinen des Männchens eines Spinners (Bombyx cyllopoda). Die Weibchen mancher Sackträger haben gar keine oder doch ſo unvollſtändige Beine, daß dieſe kaum zu erkennen ſind; und dieſer Mangel hängt, wie wir in der Folge ſehen werden, mit ihrer Lebensweiſe MEER: § 235. Die andern äußern Bewegungsorgane ſind die ö Flügel, die wir aber nur in der Unterklaſſe der Inſekten an- treffen. Ihrer find ein oder zwei Paar. Die am Mefothorar ſitzenden heißen Oberflügel oder Vorderflügel, oder auch, wenn ſie nicht häutig ſind, Deckflügel und Flügeldecken; die am Metathorax ſind Unterflügel oder Hinterflügel. — Ohne alle Flügel und ohne jede Spur derſelben ſind nur, un⸗ | 14* 212 | Achte Klaſſe. ter den Zweiflüglern, die Flöhe und Läuſe, unter den Gradflüglern die Ohnflügler. Allein es kommen außerdem in allen Ordnungen nicht ſelten ungeflügelte Arten und Individuen vor, an denen aber ſehr häufig noch Spuren von Flügeln ſich finden. Oefters ſind nur die Weibchen einer Art ungeflügelt, während die Männchen Flügel haben, z. B. manche Leuchtkäfer, Cochenillen, Blattläuſe, Schaben. Sehr ſelten iſt der umgekehrte Fall, daß Weibchen ge flügelt, Männchen ungeflügelt ſind, z. B. unter Blattläuſen Aphis Cichorii; in der Gattung Nemura hat das Männchen weniger ausgebildete Flügel als das Weibchen. Unter den Ameiſen haben die Arbeiter niemals Flügel, und die Weibchen, welche Anfangs geflügelt find, verlieren die Flügel zum Theil nach der Begat— tung; ob ſie von ſelbſt abfallen, oder ob ſie von den Ameiſen, etwa von den Arbeitern, abgebiſſen werden, iſt noch nicht ausge. macht; man nennt ſie hinfällige Flügel. Selten iſt es der Fall, daß in ſolchen Ordnungen, wo vier häutige Flügel die Re— gel ſind, auch zweiflüglige Arten oder Individuen vorkommen, wie die Fächerflügler unter den Hautflüglern, die männlichen Coche— nillen unter den Gleichflüglern, das zweiflüglige ea. (Ephemera diptera) unter den Netzflüglern. | § 236. Ihrer Subſtanz nach find die Flügel entweder häutig oder pergamentartig und zum Theil hornartig. Die häutigen beſtehen aus zwei Membranen, zwiſchen denen ſich Luft— gefäße in Geſtalt von Adern, Aeſten oder Netzen verbreiten, die man Adern, auch wol Rippen oder Nerven nennt. Anzahl und Stärke dieſer Adern iſt ſehr verſchieden; die meiſten haben die Netzflügler, beſonders die Waſſerjungfern; ſehr wenige manche Hautflügler, z. B. Gallweſpen und Schenkelweſpen; Psilus hat gar keine zu erkennende Adern. Sie entſpringen aus der Wurzel der Flügel, veräſteln ſich in ihrem Verlaufe und anaſtomoſiren mehr oder weniger unter einander, wodurch größere oder kleinere Maſchen gebildet werden, die entweder ziemlich gleichmäßig über den ganzen Flügel verbreitet ſind oder gegen das Ende deſſelben fehlen. Im erſten Falle iſt der Flügel vollkommen maſchenförmig geadert, im zweiten unvollkommen. Netzförmig geadert iſt er, wenn die Adern ſich in eine große Menge ſehr kleiner und ziem— lich gleicher Maſchen zertheilen (Netzflügler). Weniger deutlich iſt 1 Gelenkfüßler. 213 4 b 7 dieſes Geäder in den ſtarren Flügeldecken der Käfer; deutlicher ſchon in denen der Wanzen, und beſonders in denen mancher Gradflügler. — Wenn zwei Flügelpaare vorhanden ſind, ſo iſt das hintere beſtändig häutig, das vordere aber entweder mit jenem von gleicher Beſchaffenheit (Falter, Hautflügler, Netzflügler), oder ſtarrer, pergamentartig oder hornartig (Käfer, Käfergryllen, Scha— ben, Springgryllen); oder es iſt ſo nur an der Baſis, an der Spitze aber häutig (Wanzen). Wenn nur Ein Flügelpaar vor— handen iſt, ſo ſitzt es beſtändig am Meſothorax, iſt alſo den Vor— derflügeln analog, und entweder häutig (Zweiflügler), oder ſtarr (mehre Käfer und Gradflügler). Im letzten Falle ſind dieſe Flü— gel zuweilen am innern Rande, oder der Naht, mit einander verwachſen (ſo bei vielen Laufkäfern und Schattenkäfern). § 237. Gefalt, Größe, Bekleidung und Lage der Flügel ſind verſchieden. — Ausgezeichnet ſind, der Geſtalt nach, die Flügel der Federmotten, indem ſie der Länge nach in zwei bis ſechs mit Borſten gefranzte ſchmale Theile geſpalten ſind und wie aus eben ſo vielen Federchen zu beſtehen ſcheinen. — Die größ— ten Flügel, im Verhältniſſe zum Körper, haben die Tagfalter und die Atlaſſe. An den Inſekten mit vier häutigen Flügeln ſind in der Regel die vordern die größten; an denen mit ſtarren Ober— flügeln und häutigen Unterflügeln, die letztern. Einige Arten (z. B. unter den Raupentödtern) haben ſo kleine Flügel, daß dieſe nicht zum Fliegen taugen. Die Kurzdeckkäfer und einige andere haben ſehr kurze Flügeldecken. — Alle Inſektenflügel ſind mehr oder weniger mit Haaren oder Schuppen bekleidet, zu— weilen freilich ſo ſparſam oder fein, daß man es kaum bemerkt, öfters aber auch ſo dicht, daß die Flügelhaut ſelbſt nicht zu erken— nen iſt; letzteres z. B. bei den meiſten Faltern, deren ſtaub- oder mehlförmiger Flügelüberzug aus regelmäßig gebildeten Schüppchen * beſteht, die mit einer ſtielförmigen Wurzel (Kiel oder Schaft) ſo reihenweiſe in der Flügelhaut ſtecken, daß ſie ſich dachziegelförmig überlagern. Dieſe Schüppchen haben zum Theil erhöhete Parallel— linien, und wenn alle dieſe Linien gleichmäßig an den entgegen— ſtehenden Seiten verſchieden gefärbt ſind, ſo entſteht daraus das doppelte Farbenſpiel, welches ſich darbietet, wenn man ſolche Flü— gel in verſchiedenen Richtungen von der Seite betrachtet (Schiller— / * 214 7 Achte Klaſſe. falter). An den Inſekten mit ſtarren Oberflügeln ſind dieſe nicht ſelten mit Dornen bekleidet (Dornkäfer u. ſ. w.). Mehre Haut⸗ flügler und die Nachtfalter haben an den beim Fliegen zuſammen⸗ treffenden Rändern der vordern und hintern Flügel, beſonders gegen die Wurzel zu, ineinandergreifende Häkchen oder Stiele und Ringe, mittelſt deren dann beide Flügel zuſammenhängen und gleichſam nur Einen Flügel bilden. — Hinſichtlich der Lage und Stellung iſt zu bemerken, daß die Flügel im Fluge feit- wärts vom Körper abgerichtet ſind, wovon nur die Flügeldecken der Goldkäfer eine Ausnahme machen, indem ſie auch im Fluge anliegen. In der Ruhe iſt die Verſchiedenheit groß. Die Breit⸗ jungfern und Schmaljungfern tragen ſie dann eben ſo wie im Fluge, alle übrigen Inſekten aber mehr oder weniger zurückge⸗ ſchlagen und anliegend; ſelten über dem Rücken emporgerichtet, z. B. die Kleinkopffalter, Waſſernymphen, Tagthierchen; häufiger etwas geneigt, halbſeitwärts und nach hinten gerichtet, ſo die mei⸗ ſten Tagfalter; oder ſeitwärts zurück dachförmig an den Körper gelegt, ſo die meiſten Nacht⸗ und Abend -Falter, Netzflügler und Springgryllen, wo dann zuweilen die unterwärts gekrümmten Seitenränder der Flügel den Körper faſt einhüllen, wie bei ver— ſchiedenen Motten; am häufigſten horizontal auf dem Rücken lie⸗ gend. Die Vorderflügel ſind niemals eingeſchlagen; nur bei Coptosoma ſind die ſehr langen Vorderflügel in die Queere ge— faltet und unter das Schildchen eingeſchlagen. Die Hinterflügel aber find bei den mit Flügeldecken verſehenen Inſekten im Ruhe- ſtande entweder der Länge nach mehrfach zuſammengefaltet oder auch queer eingeſchlagen; jenes iſt dann der Fall, wenn ſie nicht länger, aber breiter als die Flügeldecken find (die meiſten Grad: flügler), das andere dann, wenn fie breiter und länger als die Flügeldecken ſind (Käfer, Wanzen, Käfergryllen). Die Flügel einer Gryllenart (Gryllus monstrosus) ſind am Ende ſpiralförmig eingerollt. § 238. Es iſt bereits erwähnt worden, daß manche In⸗ ſekten ſehr kleine Flügel oder nur Rudimente derſelben haben. An mehren derſelben find die Seiten des Vorderleibes mit An= hängſeln verſehen, die zum Theil auch die Bedeutung verkümmer⸗ ter Flügel zu haben ſcheinen. Hieher gehören unter andern die Gelenkfüßler. 215 ſogenannten Schwingkolben, mit einem Knopfe verſehene Stiele, die ſich hinter den Flügeln mancher Zweiflügler finden, und zwiſchen denen und dem Flügel oft noch eine oder ein paar häutige Schuppen ſitzen. Verſuche haben gezeigt, daß ſie mit zum Fluge dienen, beſonders um die Fliege im Gleichgewicht zu halten; daher ihr früherer Name, Balancierſtange, ganz be— zeichnend iſt. Da ſie eben da ſitzen, wo bei den vierflügligen Inſekten die Hinterflügel eingelenkt ſind, und da ſie bei einigen Bachmücken (Tipula gigantea, lutescens) im Bau ſchon Aehn— lichkeit mit Flügeln haben, ſo kann man ſie für verkümmerte Hin— terflügel halten. § 239. Die äußern Athemergane der Gelenkfüßler ſind entweder Kiemen oder Oeffnungen, die zu den innern Athemorganen führen. Aeußere Kiemen finden wir nur in der Unterklaſſe der Viel— füßler; aber nicht bei allen dieſen Thieren hat man bis jetzt beſondere Athemorgane mit Beſtimmtheit entdeckt; namentlich iſt dies bei den Kiemenwürmern der Fall. Caligus hat zwei faden— förmige Anhängſel am Hinterkörper, welche zum Theil für Athem— organe gehalten wurden, ſich aber ſpäter als Eierbehälter ausge— wieſen haben. Auch einige Mundfüßler (4. B. Phyllosoma, My- sis) ſollen ohne beſondere Athemorgane ſein, weshalb man zum Theil glaubt, daß ſie durch die ganze Oberfläche des Körpers ath— men. Dieſe Funktion wird von den bei weitem meiſten Vielfüß— lern, welche mit beſtimmten Athemorganen verſehen ſind, im Waſ— ſer und durch daſſelbe mittelſt Kiemen verrichtet; doch können auch manche der eigentlich im Waſſer wohnenden Arten, z. B. verſchiedene Laufkrabben (Landkrabben) und Weichſchwanzkrebſe viele Monate lang an der Luft leben. Mehre andere, beſonders unter den Aſſeln, leben, obgleich mit kiemenartigen Organen ver: - ſehen, doch beſtändig auf dem Lande und ſterben im Waſſer. — In der Ordnung der Rankenfüßler werden bei den Enten— muſcheln kleine pfriemförmige Anhängſel, die ſich entweder über dem Munde oder an den Seiten des Körpers befinden, für Kie— men gehalten; bei den Meereicheln ſind es flügelförmige oder lap— penförmige Seitenanhängſel. Wahrſcheinlich ſind aber die Ran— ken dieſer Thiere auch Hülfsathemorgane, indem ſie durch ihre * * 216 Achte Klaſſe. Bewegung und durch die Bewegung der feinen Haare, mit denen ſie bekleidet ſind, einen beſtändigen Waſſerſtrom verurſachen. — Die Schmarotzerkrebſe haben theils Kiemenblätter an den Hinterhüften, theils werden ihre Schwimmbeine ſelbſt oder gefie— derte Anhängſel derſelben als Kiemen betrachtet. — Bei Macro- biotus fehlen beſondere Reſprirationsorgane. Doyere glaubt, daß er theils durch die Haut athme, theils aber durch verſchluckte Luft, indem dieſe durch den Darmkanal geht. — Die Kiemen der Kiemenfüßler zeigen ſich meiſt als Blättchen, Fäden, Kämme, Blaſen u. ſ. w., gewöhnlich an den Beinen, ſeltner an den Kie— ferfüßen Mehre erregen dabei, durch Bewegung der Fühler und Beine, einen Strom im Waſſer. Der Borſtenſchwänzer hat, nach der frühern und allgemeinen Anſicht, blätterförmige Kiemen an den Beinen; theils werden aber auch die beiden Schwanzborſten, oder die Blaſen an den Wurzeln der Beine, oder auch das Schild, welches aus drei Häuten beſteht, deren mittlere ein fpiralförmig: gewundenes Gefäß enthält, für Kiemen gehalten. Letztere Mei— nung hat zwar Widerſpruch gefunden, da jenes Gefäß ſich nicht verzweigt und auch mit dem Herzen keinen Zuſammenhang zu haben ſcheint; indeß iſt zu bemerken, daß Ehrenberg die innere Haut der Schalen der Waſſerflöhe, wegen der vielen Gefäße, die ſich in derſelben veräſteln, ſo wie Pickering das große Schild der Fiſchläuſe, mit als Reſpirationsorgan betrachten. — An den Aſſeln ſind die Kiemen unter dem Hinterleibe als Blättchen oder Blaſen befindlich, meiſt von einem oder von drei Paar Klappen bedeckt, welche ſich abwechſelnd heben und ſenken, zur Erneuerung der Luft oder des Waſſers für die Kiemen. Letztere ſind, nach neuern Beobachtungen, mit Poren verſehen, die zu innern Lungen— ſäcken führen. An Bopyrus fehlen die Klappen. — Die Kehl: füßler und Doppelfüßler haben, entweder unter zweien der vordern Segmente oder an den Beinwurzeln, blaſenförmige Dr: gane, welche man für Kiemen hält. Von den Doppelfüßlern meint Latreille, ob vielleicht die Borſten der Stummelbeine als Kiemen zu betrachten fein möchten. — Bei den Mund füß— lern ſitzen die Kiemen theils als mit Fäden beſetzte Stiele an den Stummelbeinen, theils an den Wurzeln der Beine. Es iſt aber noch die Frage, ob alle die Organe, die wir bisher als Kie⸗ Yin nr NE Ta 5 Gelenkfüßler. 217 men kennen gelernt haben, wirklich ſolche ſind, da man nicht in allen eine Circulation der Säfte entdeckt hat. Wahrſcheinlich die— nen mehre derſelben nur dazu, um durch ihre Bewegung ein fort— währendes Zuſtrömen friſchen Waſſers zu bewirken. — Die Kie⸗ men der Krebſe befinden ſich jederſeits unter dem Schilde des Vorderleibes, zum Theil an innern Fortſätzen der Wurzeln der Beine und Kieferfüße, und erhalten ihr Waſſer durch eine Oeff— nung, die bei den Krabben meiſt vorn neben dem Munde, ſelten (3. B. bei der Liſtkrabbe) hinterwärts unter dem Schilde liegt, bei den Fächerſchwanzkrebſen aber die ganze Strecke unter dem Seitenrande des Schildes einnimmt. Durch eine andere Oeffnung neben dem Munde wird das Waſſer wieder ausgetrieben. Die Kiemen der Fächerſchwanzkrebſe beſtehen aus mehren Blät— tern oder Wänden, die meiſtentheils mit zahlreichen Fäden oder Röhrchen beſetzt ſind; die der Krabben ſind pyramidenförmig, und beſtehen aus einer großen Menge auf einander liegender und mit feinen Gefäßen durchzogener Blätter. Solcher Pyramiden find meiſt ſechs bis neun, ſelten bis vierzehn (Dromia, Homola), Es mögen aber wol noch mancherlei Modifikationen bei der großen Menge von Gattungen der Krebſe ſtattfinden. So ſollen z. B. die Kiemen einer Landkrabbe auf Otaheite, nach Eſchſcholtz, aus zwei Reihen platter Zellen beſtehen. In mehren Landkrabben fanden Edwards und Audouin in der Nähe der Kiemen be— ſondere Behälter oder ſchwammartige Organe, in denen das Waſ— ſer ſich ſammeln konnte; ſie glauben, daß dieſe Einrichtung dem Thiere diene, um, wenn es längere Zeit am Lande verweilt, die Kiemen ſtets feucht zu erhalten. — Die Kiemen der Spinnen ſind Luftkiemen, liegen in einer Höhle, die mit einem Luftloche verſehen iſt, und werden unter den innern Reſpirationsorganen dieſer Thiere betrachtet werden. — In der Unterklaſſe der In- fetten hatte man die Schuppen des Zuckergaſts und die Bauch— anhängſel von Machilis für Kiemen gehalten, was ſich aber nicht beſtätigt hat. § 240. Diejenigen Gelenkfüßler, welche Luft athmen, find mit innern Athemorganen verſehen, zu denen die Luft durch äußere kleine Oeffnungen oder Luftlöcher gelangt, und durch dieſelben auch wieder ausgeſtoßen wird. — In der Unterklaſſe der Viel- 218 Achte Klaſſe. füßler finden wir dergleichen bei den Tauſendfüßlern, jederſeits dem Körper entlang in einer Reihe liegend. Eine zweite Reihe ähnlicher Löcher führt zu innern Saftſäcken, von denen in dem Abſchnitte über die innern Theile die Rede ſein wird. — Bei den Spinnenthieren, welche insgeſammt, ſelbſt die im Waſſer woh- nenden, Luft athmen, zeigen ſich die Luftlöcher an der Unterſeite des Körpers als Poren oder kleine Spalten. Nur die Pyenogo— niden ſollen ganz ohne Luftlöcher ſein, weshalb man vermuthet, daß ſie durch die Haut athmen; auch an den wenigſten Milben ſind die Luftlöcher bekannt. Anzahl und Lage dieſer Oeffnungen find verſchieden. Meiſt find ihrer zwei bis vier vorhanden, ſelt⸗ ner mehr; die Krebsſpinnen haben deren vier Reihen, nämlich zwei am Bauche und eben ſo viele am Rücken; die Skorpione haben jederſeits am Bauche vier Spalten. Die Spinnen haben an der vordern Hälfte des Bauches zwei bis vier Luftlöcher, außerdem aber noch am Bauche, in den Seiten und auf dem Rücken mehre kleine punktförmige Grübchen, die man zum Theil auch für Luftlöcher gehalten hat, was ſie aber nicht ſein können, denn ſie gehen nicht durch. Die Waſſerſpinnen athmen entweder an der Oberfläche des Waſſers oder unter derſelben in ihrem Luftbehälter (von dem ſpäter die Rede fein wird). Unter Waſſer umherſchwimmend ſind ſie beſtändig mit einer großen Luftblaſe, wie mit einer großen ſilberglänzenden Hülle, umgeben, aber nur - fo lange fie leben. Eine genügende Erklärung darüber, wie ſie dieſe Blaſe bilden und an ſich feſthalten, iſt noch nicht gegeben. Uebrigens zeigt ſich dieſelbe Erſcheinung oft auch an andern leben- den Spinnen und Inſekten unter Waſſer, wenn ſie auch keine Waſſerthiere find. Durch ein Heranziehen der »refpirabeln Luft aus dem Waſſer mittelſt der dem Thiere inwohnenden Lebenskraft läßt ſich die Erſcheinung kaum erklären, denn dazu iſt die Luft— blaſe zu ſchnell da, nämlich in demſelben Augenblicke, wo das Thier ins Waſſer taucht. Blackwall erzählt von einer bedeu— tenden Anzahl Individuen der Erigone atra, welche einen Monat lang unter kaltem Waſſer am Leben blieben. Die Luftlöcher der Inſekten öffnen ſich an den Seiten des Vorderleibes und Hinterleibes, meiſt ihrer neun bis zwölf, ſelten weniger, bis zwei, oder mehre, bis zwanzig, und können geſchloſſen werden entweder Gelenkfüßler. 219 rs durch Zuſammenziehen der Ränder, oder durch häufige Deckel (Säbelheuſchrecke), oder durch Federchen (Waſſerkäfer), oder durch Borſten (Maulwurfsgrylle). Die Waſſerkäfer, welche oft ſehr lange unter Waſſer verweilen, kommen von Zeit zu Zeit an die Oberfläche, fangen unter ihren gewölbten Flügeldecken eine Portion Luft auf und tauchen dann mit derſelben wieder unter, um ſie zum Athmen zu verbrauchen. § 241. Als von dem Vorhergehenden abweichende Ein— richtungen oder Meinungen, hinſichtlich der Athemorgane, iſt noch Folgendes zu merken: Die Waſſerſkorpione haben am Ende des Hinterleibes eine lange, aus zwei Borſten zuſammengeſetzte Athem— röhre, deren Ende zum Lufteinziehen über das Waſſer vorge— ſtreckt wird. Theils werden an den Blattläuſen, obgleich ſie mit ge— wöhnlichen Seitenluftlöchern verſehen ſind, auch die beiden Rücken— röhren für Athemröhren gehalten. Nach Schäffer ſollen die Borſten an den Beinen des Branchipus Luftkanäle ſein, durch welche das Thier Luft einathmet. — Daß manche Inſekten auch durch den Mund Luft einziehen, iſt nicht zu bezweifeln; doch ſcheint dieſe Luft nur in den Darmkanal zu gehen und zur Ver— dauung mit zu wirken. Auch die Fiſchlaus (Caligus americanus) verſchluckte Luft, wenn die fie umgebende Waſſermaſſe ſehr gering war und wol nicht mehr zum Athmen taugte. — Am Zuckergaſt und an Machilis konnte man früher keine Luftlöcher finden, und Manche glaubten deshalb, daß die Schuppen des erſten und die Bauchanhängſel des andern kiemenartige Athemorgane ſein möchten. Später ſind wenigſtens am Zuckergaſte Seitenluftlöcher entdeckt. Zum Theil hat man auch die Flügel der Inſekten als eine Art Kiemen betrachtet; und in ſo fern zwiſchen den dünnen Membranen derſelben auch Flüſſigkeit circulirt, kann man jene Anſicht einigermaßen gelten laſſen. — Obgleich aber alle Inſekten der Luft zum Athmen zu bedürfen ſcheinen, ſo hat man doch auch Beiſpiele von Inſekten (z. B. Trauerkäfer, Mehlkäfer), welche Tage lang in der ſehr verdünnten Luft unter der Glocke einer Luftpumpe am Leben blieben. S 242. Die äußern Geſchlechtstheile der Gelenk— füßler zeigen ſich entweder nur als Oeffnungen oder als vortre— tende Theile, und ſind ſowol in Hinſicht ihrer Lage als in Hin⸗ 220 Achte Klaffe. fiht ihrer Form zum Theil ſehr verſchieden. Die Rankenfüßler ſind Zwitter. Ob es auch unter den übrigen Arten der Gelenk— füßler Zwitter gebe, iſt noch nicht ausgemacht; wahrſcheinlich ſind ſie alle getrennten Geſchlechts. Ausnahmsweiſe und als Mißgeburten kommen indeß unter den Inſekten einzelne Indivi⸗ duen als Zwitter vor, an denen aber ſehr ſelten beiderlei Ge— ſchlechtstheile vollkommen ausgebildet ſind. Es wird nur Ein Fall von ſolch einem Zwitter des Kieferſpinners (Bombyx pini) erzählt, deſſen männlicher Theil den weiblichen vollſtändig befruchtet und dieſer dann Eier gelegt haben ſoll, welche auskrochen. Doch ſollen, nach Hartigs Beobachtungen, mehre Arten von Gallweſpen Androgynen fein; und, nach Doyere, wäre Macrobiotus ein Zwitter. | § 243. Von den Vielfüßlern ift Folgendes zu merken: Bei den Rankenfüßlern läuft der ſchmalere Theil des Körpers, an dem die Beine ſitzen, in eine weiche geringelte Röhre aus, welche anfangs für einen Rüſſel, dann für die Eierlegeröhre ge— halten, zuletzt als männliche Ruthe erkannt wurde. — An den Schmarotzerkrebſen iſt die weibliche Oeffnung meiſtens dop— pelt vorhanden, und zwar an den Kiemenwürmern dicht neben dem After jederſeits eine, an den übrigen Gattungen, ſo weit bekannt, mehr nach der Baſis des Hinterleibes zu; Argulus hat jedoch nur Eine ſolche Oeffnung, und an Macrobiotus münden Darm und männliche und weibliche Geſchlechtsöffnung in eine gemeinſchaftliche Kloake aus. An den erwachſenen und befruch— teten Weibchen tritt aus jeder Oeffnung der Eierbehälter her— vor, welcher von ſehr verſchiedener Form und Länge, meiſt aber oval oder cylindriſch und ſo lang wie das Thier iſt. Einige ha— ben fadenförmige Eierbehälter, welche an Lernaeocera branchialis beſonders lang, mannigfaltig gekrümmt und zuweilen knäuelförmig verwickelt find. Eine Art Fiſchläuſe (Caligus paradoxus) ſoll ſechs fadenförmige Eierbehälter haben. Von den männlichen Organen dieſer Thiere weiß man nichts weiter, als daß an Dichelestium sturionis die zwei männlichen Oeffnungen faſt an derſelben Stelle liegen, wie die weiblichen; wie denn überhaupt die Männchen mancher Arten noch nicht bekannt find. Manche Schriftſteller be— trachteten daher die Kiemenwürmer als Zwitter. Was man zum N ala 11 en, e Gelenkfüßler. 221 Theil für männliche Ruthen hielt, gehört nicht hieher. — Die Kiemenfüßler haben die Geſchlechtsöffnungen meiſt gegen die Baſis des Hinterleibes zu; der Stielſchwänzer an der Wurzel des erſten Bauchbeinpaares; bei Hersilia hat das Männchen jeder— ſeits am Munde eine Ruthe, das Weibchen jederſeits an der Schwanzwurzel eine Geſchlechtsöffnung. Auch hier ſind die Weib— chen häufiger und bekannter als die Männchen, und von manchen Gattungen kennt man die Männchen noch gar nicht. An mehren Weibchen treten auch aus den Oeffnungen Eierbehälter her— vor, z. B. an Cyclops u. ſ. w. Der Borſtenſchwänzer hat an der Wurzel des eilften Fußpaares eine Eierkapſel; und Berthold hält die Beutel (Blaſen) an den Beinwurzeln, welche Andere als Kiemen betrachten, für männliche Organe, aus denen der Saa— men durch feine Gefäße zu den Eierkapſeln oder Eierſtöcken ge— lange. An den Waſſerflöhen ſind, nach Strauß, die weiblichen Oeffnungen unter der Schale ziemlich weit gegen den Rücken hin— auf; nach Ramdohr aber hat der Waſſerfloh (Daphnia longi- spina) die weibliche Oeffnung an der Wurzel der Vorderbeine. An einigen männlichen Kiemenfüßlern (Cyclops, Branchipus) hat man am zweiten Segmente zwei gegliederte Anhängſel gefunden, die man für Ruthen hält; und da Ramdohr an denſelben In— dividuen von Cypris strigata, wo er ſolche Ruthen fand, auch weiter nach hinten zwei weibliche Oeffnungen entdeckte, ſo glaubt er, daß dieſe Thiere Zwitter ſeien und ſich gegenſeitig befruchten. Es iſt indeß noch ungewiß, ob dieſe Stiele Ruthen find; La— treille hält ſie für Beine. Es hat auch Schriftſteller gegeben, welche die Fühler des Cyclops für Ruthen hielten. Evadne ſoll jederſeits am Hinterleibe eine kegelförmige Ruthe haben. — Bei den Aſſeln befinden ſich die Geſchlechtsöffnungen an der Baſis des Hinterleibes. Die männlichen Theile zeigen ſich als Stiele oder Fädchen oder Häkchen. Die Weibchen haben zum Theil un— terwärts eine beſondere, durch häutige Blätter gebildete Höhlung, in welche die Eier treten, und die mitunter von bedeutendem Im: fange, zuweilen größer als das ganze Thier iſt, z. B. an man: chen Waſſeraſſeln (Cymothoa parallela). — Bei den Tauſend— füßlingen findet die Verſchiedenheit ſtatt, daß die Scolopender die Geſchlechtsöffnung am Hinterende des Körpers haben, bei den — * 222 Achte Klaſſe. Juliden aber die männliche Oeffnung am ſechſten oder ſiebenten Segmente, die weibliche an der Wurzel des zweiten Beinpaares ſich findet. — Unter den Kehlfüßlern haben die Schmarotzer⸗ Aſſeln am vierten Segmente zwei weibliche Oeffnungen, und vor dieſen zwei Paar Klappen, die die äußern Eierbehälter bilden; die Männchen haben am letzten Segmente, zwiſchen dem hintern Beinpaare, drei Stiele, von denen Treviranus den mittelſten, Vauzeme aber die beiden äußern als Ruthen betrachtet. — Die Doppelfüßler haben die Geſchlechtsöffnungen an der Baſis des Hinterleibes; das Weibchen von Jone hat am Bauche einen aus Klappen gebildeten Eierbehälter. — Die Geſchlechtsöffnungen der Mundfüßler ſind wie bei den vorhergehenden; auch hat das Weibchen von Mysis einen ähnlichen Eierbehälter wie Jone. Die Ruthe der Schaufelkrebſe tritt als eine dünne ungegliederte Röhre vor. — Bei den Krebſen ſind die zwei weiblichen Oeffnungen an oder neben der Wurzel des dritten Beinpaares, die zwei männ⸗ lichen hinter dem fünften Beinpaare. Am erſten Hinterleibs⸗ Segmente des Männchens ſind zum Theil zwei nach vorn ge— neigte Stiele, deren vordere Hälfte eine Rinne bildet. Bei der Begattung können dieſe Stiele ſolche Lage bekommen, daß die Rinne entweder den männlichen Saamen oder die vortretende Ruthe aufnimmt und zu der weiblichen Oeffnung hinleitet. Einige Naturforſcher betrachten jene Stiele ſelbſt als Ruthen, was ſie freilich eigentlich nicht ſind; füglicher kann man ſie für das erſte Paar der Stummelbeine anſehen, . bei der Begattung zum Feſthalten dient. 8 244. In der Unterklaſſe der Spinnenthiere ift die Lage der äußern Geſchlechtsöffnung verſchieden, beſonders iſt dies bei den Milben der Fall, wo ſie bald am Hinterende des Kör— pers (Hausmilben), bald mehr nach vorn, zum Theil an der Bruſt (Zecke) und ſelbſt dicht hinter dem Munde liegt; bei den Waſſer⸗ milben iſt die männliche Oeffnung am Ende des Hinterleibes, die weibliche zwiſchen den Hinterbeinen. — Die Afterſpinnen ha— ben, nach Latreille, die Geſchlechtsmündung dicht am Munde; nach Treviranus aber haben die Weberknechte jene Oeffnung zwiſchen den Hinterbeinen, wo ſie eine Scheide bildet, in welcher die Geſchlechtstheile ausmünden. — Bei den übrigen Spin— “lb Gelenkfüßler. 223 nenthieren iſt die Geſchlechtsöffnung am Bauche befindlich, und ſoll an Skorpionen und Spinnen, nach Einigen, doppelt, nach Andern aber einfach ſein. Sie ſcheint meiſtens aus zwei, in einer Queergrube nahe beiſammen liegenden kleinen Oeffnungen zu be— ſtehen. — An den Skorpionen iſt jederſeits neben der Ge— ſchlechtsöffnung ein kammförmiges Organ befindlich, deſſen eigentlicher Zweck noch nicht beſtimmt ermittelt worden iſt; theils meint man, daß die Thiere zur Begattungszeit ſich mit demſelben reizen, theils, daß es ſich beim Gehen aufrichte und die Geſchlechts— öffnung vor dem Eindringen von Unreinigkeiten ſchütze; theils hält man es für verkümmerte Kiemen. — Bei einigen Spinnen— thieren wird auch einer vortretenden männlichen Ruthe gedacht. Unter den Milben ſoll Sarcoptes scabiei (Krätzmilbe) deren zwei haben; auch bei Acarus domesticus (Käſemilbe) muß man wol das Vorhandenſein einer Ruthe annehmen, da Männchen und Weibchen in der Begattung mit den Hinterenden des Kör— pers zuſammenhängen. Die Afterſpinnen haben eine Ruthe, welche, nach Marcel de Serres, durch den Mund vortreten ſollte, was jedoch ein Irrthum iſt, der daher entſtand, weil bei einigen dieſer Thiere die Geſchlechtsöffnung ſehr nahe am Munde liegt. Skorpione und Krebsſpinnen ſollen zwei Ruthen haben. Die männlichen Spinnen haben in dem letzten dickern Taſtergliede bewegliche Organe, unter denen ſich beſonders ein weicherer größerer Stiel auszeichnet, den man ſchon in frühern Zeiten für die Ruthe hielt, weil das Männchen, bei der Begat— tung, dieſes Glied in die weibliche Oeffnung bringt. Da ſich aber ausgewieſen hat, daß jenes Glied gar keine Verbindung mit den innern Geſchlechtstheilen des Männchens hat, dieſe vielmehr am Bauche an derſelben Stelle ausmünden, wo bei dem Weibchen die Geſchlechtsöffnung liegt, ſo glaubte man, jene Meinung auf— geben zu müſſen, und hielt nun das Einbringen der Taſter in die weibliche Oeffnung nur für ein Reizmittel, welches der eigent— lichen Befruchtung, die in einem augenblicklichen Aufeinanderdrücken der gegenſeitigen Geſchlechtsmündungen geſchehen ſollte, vorauf— ginge. Allein wahrſcheinlicher iſt v. Siebolds Meinung, daß in dem letzten Taſtergliede der Männchen wirklich ein Samenbe- hälter und eine mit dieſem verbundene Ruthe befindlich ſei, und 224 Achte Klaffe. daß das Männchen, vor der Begattung, jenes Glied auf die am Bauche ausmündende Geſchlechtsöffnung drücke, um den Samen in den Taſterbehälter aufzunehmen, wo dann, durch das Einbrin— gen des Taſters in die weibliche Oeffnung, die Befruchtung wirk— lich vollzogen werde. — Bei einigen Milben (Waſſermilben) und Afterſpinnen (Weberknecht) tritt zum Eierlegen eine eee aus der weiblichen Oeffnung hervor. § 245. Bei den Inſekten iſt die Geſchlechtsöffnung, mit ſehr wenigen Ausnahmen, am Ende des Hinterleibes unter dem After. In der Regel iſt ſie einfach. Manche Weibchen ( . B. Singcikaden und Falter) haben deren zwei, nämlich die eine für den Eingang der Ruthe, die andere für den Ausgang der Eier. — Von den Waſſerjungfern meinte man allgemein, daß die männliche Oeffnung an der Unterſeite des zweiten Hin— terleibsabſchnittes befindlich ſei; nach neuern Unterſuchungen aber ſoll ſie ſich ebenfalls am Ende des Hinterleibes befinden, die Sa— menflüſſigkeit aber in den an jener Stelle ſich öffnenden Behäiter ausgeleert, und dort, bei der Begattung, von der weiblichen Oeff— nung aufgenommen werden. Das Männchen biegt nämlich, wenn es auf ein Weibchen Jagd machen will, zuvor das Hinterleibs— ende zu jener Stelle hin, und füllt den Behälter, der in eine Ruthe ausgeht, mit Samen an. Das Weibchen, welches nachher vom Männchen, mittelſt der am Hinterleibsende befindlichen Zan— gen, im Nacken ergriffen wird, biegt dann das Ende ſeines Hin— terleibes zu jener Stelle hin, die Ruthe dringt in die weibliche Oeffnung ein, und die Befruchtung wird vollzogen. In der Re— gel zeigen ſich bei den Inſekten die äußern männlichen Theile als hornige oder pergamentartige Klappen, zwiſchen denen die eigent— liche Ruthe liegt, welche von verſchiedener Geſtalt iſt, cylindriſch, gekrümmt, knieförmig eingeſchlagen, zangenförmig u. ſ. w. Dieſe Theile ſind aber meiſt in dem letzten Hinterleibesſegmente verbor; gen. Bei den Zweiflüglern treten ſie im Ganzen am vollſtändig— ſten hervor und zeigen ſich beſonders in den Familien der Tanz: fliegen und Schnepfenfliegen als dicke kuglige, mit mancherlei Fort— ſätzen verſehene, Anhänge. Ueberhaupt kommen oft neben ihnen dergleichen Anhängſel vor, unter denen nicht ſelten zangenförmige (3. B. an Oehrlingen, Skorpionfliegen, Waſſerjungfern), die dann 17 N Gelenkfüßler. 225 zum Feſthalten des Weibchens in der Begattungszeit dienen. — Die weibliche Oeffnung iſt entweder nur eine einfache Mündung, oder der innere Eierleiter ſetzt ſich äußerlich als Legeſtachel (terebra, Bohrlegeſtachel) fort. Bei den meiſten Weibchen iſt dieſe Verlängerung ſo unbedeutend, daß ſie nicht bemerkt wird; bei vielen aber iſt ſie deutlich hervorſtehend, zum Theil ſo lang und ſelbſt länger als der ganze Körper, beſonders in der Ordnung der Hautflügler, und vorzüglich bei den Schwanz— weſpen. Dieſer Legeſtachel beſteht aus zwei oder drei, meiſt am Ende, ſelten der ganzen Länge nach (Blattſägeweſpen), in die Queere gekerbten Borſten, welche in einer Scheide liegen, die ebenfalls aus zwei, mehr oder weniger zuſammengedrückten Bor— ſten beſtehen. Letztere kann man Scheidenborſten, die erſten Stachelborſten nennen. Die Stachelborſten ſind Fortſätze des innern Eierleiters, und wenn ihrer drei vorhanden find (3. B. bei den Singcikaden und Holzweſpen), ſo iſt die eine derſelben rin— nenförmig geſtaltet und nimmt die beiden andern in ſich auf. Die Scheidenborſten ſind nur Fortſätze des letzten Segments. Der zweitheilige ſäbelförmige Legeſtachel der Säbelheuſchrecke iſt nur die Scheide, ohne Stachelborſten; auch die Bachmücken haben nur die Scheide. Der Lageſtachel iſt meiſt von hinten geradeaus oder etwas abwärts gerichtet, ſelten etwas nach oben gekrümmt; bei den Rückenweſpen aber legt er ſich über den Rücken des Hinter— leibes hin, und bei Platygaster iſt er in einem Horne verborgen, welches oberwärts vom erſten Hinterleibsſegmente entſpringt und ſich bis zum Kopfe erſtreckt. — Von dem Legeſtachel iſt die Le— geröhre (tubulus) zu unterſcheiden, welche bei einigen Inſekten (Lippenfliegen, Goldweſpen, Holzſpinnern u. ſ. w.) durch die letz— ten, ſehr verengerten, in einander geſchobenen, aber hervorſtreckba- ren Hinterleibsſegmente gebildet wird. — Der Stechſtachel (aculeus) hat mit dem Legeſtachel gleichen Bau; ob auch gleichen Zbweck? iſt noch zu entſcheiden. Daß die Inſekten, welche einen Legeſtachel haben, mit dieſem zum Theil eee. ſtechen kön⸗ a (z. B. Raupentödter), iſt gewiß. 8 246. Außer den Geſchlechtsverſchiedenheiten, die in een Geſchlechtsthellen ſelbſt beruhen, kommen aber auch bei vielen Ge⸗ lenkfüßlern noch andere äußere Verſchiedenheiten vor, nach 38"; 226 Achte Klaſſe. denen man Männchen und Weibchen einer und derſelben Art unterſcheiden kann. Hieher gehören z. B. die verſchiedene Ge⸗ ſtalt und Größe des Körpers. In vielen Arten ſind die Weib⸗ chen dicker und größer als die Männchen, z. B. in der Familie der Spinnerfalter, in der Gattung der Coſchenillen, dann bei den Spinnen und einigen Milben (Dermanyssus, Gamasus). Am auffallendſten iſt dieſer Unterſchied bei einigen Kiemenwürmern, z. B. bei Chondracanthus cornutus, deſſen Männchen, dem kör⸗ perlichen Inhalte nach, 4600mal kleiner als das Weibchen ſein ſoll, wenn anders die vermeintlichen Männchen nicht Junge Dies ſer Art geweſen ſind. Bei der Schafzecke (Ixodes ovinus) läuft, zur Begattungszeit, das winzig kleine Männchen am Körper des Weibchens umher. Selten iſt das Männchen größer als das Weibchen, z. B. bei den Brunnenaſſeln. Auch in den einzelnen Körpertheilen finden ſich dergleichen Verſchiedenheiten, z. B. in der Zahl der Hinterleibsſegmentez ſo haben die Männchen der ſtechenden Hautflügler deren ſieben, die Weibchen nur ſechs; die Männchen der Oehrlinge haben deren neun, die Weibchen nur ſieben. Der Kopf iſt bei vielen Inſekten am Männchen größer als am Weibchen, und oft noch durch anſehnliche Hörner und andere Vorragungen ausgezeichnet, z. B. bei vielen Miftkäfern: Die Augen find nicht ſelten am Männchen größer als am Weib⸗ chen; ſo bei mehren Zweiflüglern, bei der Honigbiene u. ſ. w. In den Mundtheilen bieten ſich mancherlei Verſchiedenheiten dar: So haben die Weibchen mancher Coſchenillen (3. B. Coccus cacti) einen Rüſſel, während dieſer dem Männchen mangelt. Viele Männchen zeichnen ſich durch größere Kinnbacken aus, was be— ſonders bei den hirſchgeweihähnlichen Kinnbacken des männlichen Hirſchſchröters (Lucanus cervus) ſehr auffallend iſt. Nicht ſelten ſind auch die Taſter der Männchen länger, und bei den Spinnen zeichnen ſie ſich durch das ſehr verdickte Endglied von denen der Weibchen aus. Sehr häufig find in der Unterklaſſe der Inſekten die Fühler der Männchen länger oder anders geſtaltet, als die der Weibchen; erſteres zumal bei den Bockkäfern. Die fadenför⸗ migen oder kammförmigen Fühler mancher Inſekten, z B. die der Spinnerfalter, Sägehornkäfer u. ſ. w., haben in der Regel am Männchen längere Seitenfortſätze als am Weibchen. Große Ver⸗ Gelenkfüßler. 227 ſchiedenheit findet in dieſer Hinſicht auch an den Beinen ſtatt; z. B. unter den Aſſeln find bei Bopyrus die verkümmerten Beine am Weibchen ohne Klauen, am Männchen mit ſcharfen Klauen; die Männchen der Pycnogoniden haben, wie alle Spinnenthiere, vier Paar Beine, die Weibchen aber haben fünf Paar, von denen jedoch das erſte Paar nur zum Tragen der Eier dient; an meh— ren Milbenmännchen ſind die Vorderbeine länger und ſtärker als am Weibchen. Bei vielen Käferarten, beſonders unter den Lauf— käfern, Kurzdeckkäfern, Waſſerkäfern, haben die Männchen breitere Vorderfüße als die Weibchen. Der Verſchiedenheit der Flügel nach den Geſchlechtern iſt bereits früher, wo von jenen Organen die Rede war, gedacht worden. — Wir haben zuletzt noch des beſondern Verhältniſſes zu gedenken, wo in manchen Inſektenar— ten, außer den Männchen und Weibchen, noch ſogenannte Ge— ſchlechtsloſe (neutra) vorhanden ſind. Es iſt dieſes bei den geſellig lebenden Ameiſen, Weſpen und Bienen der Fall. Sie haben jenen Namen, weil, nach der allgemeinen Annahme, an ihnen die Geſchlechtstheile weniger vollkommen ausgebildet ſein und weil fie ſich in der Regel nicht begatten und fortpflanzen ſollen. Von den vollkommenen Männchen und Weibchen unterſcheiden ſie ſich durch geringere Größe und, bei den Ameiſen, auch dadurch, daß ihnen die Flügel fehlen. Man nennt ſie auch wol Arbeiter, weil ſie alle Arbeiten für die Geſellſchaft und deren Erhaltung verrichten; auch erkennt man ſie leicht an ihrer beſtändigen Ge— ſchäftigkeit. Nach Huber's Beobachtungen giebt es unter den Honigbienen zwei Varietäten der Arbeiter, eine größere und eine kleinere; die größeren fliegen aus und tragen ein; die kleineren arbeiten nur im Innern des Stockes und verſorgen is Brut. me 8247. Der After der Gelenkfüßler mündet faſt durchgängig am hinteren Ende des Körpers aus, oft mit den Geſchlechtsöffnungen in eine gemeinſchaftliche Kloake; bei den Ppenogoniden tritt er als eine röhrenförmige Verlängerung vor. Bei einigen Milben (Diplodontus und Zecken) Hi er aber ” in ner Ditte Ben Unterfeite des Kürpens Rdn. an DR} 5 15 * 228 Achte Klaſſe. Dritter Abſchnitt. Innerer Bau. § 248. Die Muskelhaut der Gelenkfüßler und die ein⸗ zelnen Muskeln ſind an der innern Fläche der äußern härtern oder ſchaligen Haut, und an verſchiedenen Fortſätzen, die von dieſer nach innen ſich erſtrecken, befeftigt. Man kann daher jene Haut füglich als ein äußeres Skelett betrachten, zumal da man bei einigen Inſekten im Hinterleibe rippenartige Verlän⸗ gerungen, bei andern im Vorderleibe wirkliche Wirbel, die die Nervenfäden der Bruſtknoten umgeben, entdeckt hat. Auch bei den Fächerſchwanzkrebſen iſt der Theil des Nervenſtranges, wel— cher im Vorderleibe liegt, in einen der Wirbelſäule Mückgrat) der höhern Thiere entſprechenden Kanal eingeſchloſſen. § 249. Die innere Leibes höhle iſt mit einer feinen Haut, dem Bauchfell, ausgekleidet und bei den Inſekten von Luftröhren durchzogen, welche auch zu den Haute gehen und dieſe in ihrer Lage erhalten. ö 8 250. Der Muhs wirgs Famil beſteht, wenn er vollſtän⸗ dig iſt, aus der Speiſeröhre, dem Magen und dem Darm. Er geht meiſtens geradedurch; doch iſt er bei einigen Vielfüßlern mehr oder weniger gekrümmt, beſonders bei denjenigen Schmarotzer—⸗ krebſen, deren Mund faſt in der Mitte des Vorderleibes liegt. Bei vielen Inſekten macht der Darm mehre Krümmungen. — Krebſe, Mundfüßler und die meiſten Kiemenfüßler haben keine Speiſeröhre, ſondern die Mundhöhle führt unmittelbar in den Magen, welcher gewiſſermaßen im Kopfe ſelbſt liegt. Bei den beißenden Inſekten erweitert ſich die Speiſeröhre vorn in einen Schlund, bei vielen hinten in einen blaſigen Vormagen oder Kropf. In den Faltern iſt ſie vorn gabelförmig getheilt, zum Uebergange in die Borſtenkanäle des Rüſſels. Bei ſehr vielen ſaugenden, aber auch bei einigen beißenden Inſekten findet ſich an der Speiſeröhre ein blaſenförmiges Organ, welches ſich in jene öffnet, niemals Nahrungsmittel, oft aber Luft enthält, und wahr— ſcheinlich, indem es ſich beim Saugen ausdehnt, zum Einziehen der Flüſſigkeiten dient, deshalb auch Saugblaſe oder Saug— magen heißt. Theils wird es auch Kropf genannt, und ohne 72 Gelenkfüßler. 229 Zweifel verrichtet der eigentliche Kropf zuweilen dieſelben Dienſte. — Der Magen bietet ſehr viele Verſchiedenheiten dar, ſowol in Hinſicht ſeiner Größe und Geſtalt, als auch in Hinſicht ſeines Baues. Unter den Vielfüßlern iſt er bei den Kiemenwürmern wenig oder gar nicht vom Darm verſchieden; bei den übrigen hat er zum Theil inwendig Höcker oder Zähne, deren letztere entweder an ſeiner vordern oder an ſeiner hintern Oeffnung ſitzen; bei den Krebſen außerdem mehre knöcherne Leiſten. Dieſer Apparat dient ohnſtreitig mit zum Zermalmen der Nahrung. Bei den Krebſen und einigen andern Vielfüßlern kommen auch zu gewiſſen Zeiten noch andere ſteinige Concremente, die ſogenannten Krebsaugen, in den Magenwänden vor, die aber einen andern Zweck haben, und von denen ſpäter, in dem Abſchnitte über das Häuten dieſer Thiere, nochmals die Rede ſein wird. Unter den Spinnen— thieren ſollen die Skorpione keinen erweiterten Magen haben. Die Spinnen haben einen doppelten Magen, nämlich einen im Vorderleibe, den andern im Hinterleibe; beide ſind zuweilen durch einen engen Kanal von einander getrennt; der Vordermagen hat mehre Abtheilungen oder anhängende Blinddärme. Der Magen der Inſekten iſt meiſt geſtreckt, mit mehren oder wenigern Ein— ſchnürungen, theils äußerlich mit Zotten beſetzt (z. B. in den Raubkäfern, Goldhahnkäfern, Schwärmern), wo er dann auch wol Zottenmagen heißt. Bei mehren Inſekten, namentlich bei den Raubkäfern und andern, welche feſte Nahrungsmittel ge— nießen, hat er vorn eine kleine muskulöſe, innen mehr oder we— niger mit Knorpeln, Zähnen, Leiſten, Bürſten beſetzte Erwei— terung, welche Kaumagen, Faltenmagen oder Musfel- magen genannt wird, und offenbar noch mit zur mechaniſchen Zerkleinerung der Speiſen dient. — An dem Darm der Inſekten kann man meiſt auch mehre Abtheilungen unterſcheiden, nämlich: den glatten geſtreckten dünnhäutigen Grimmdarm, den meiſt mit ſchwachen Einſchnürungen verſehenen Dünndarm, und den meiſt kurzen, weiten muskulöſen Maſtdarm, welcher in den After ausmündet. — Je nachdem nun eine oder einige der ge— nannten Theile fehlen, oder je nachdem ſie kürzer oder länger, enger oder weiter find, iſt auch die Länge und Weite des gan: zen Nahrungskanals verſchieden. In der Regel iſt er zuſammen⸗ 230 5 Achte Klaſſe. geſetzter und länger bei denjenigen, welche wenignährende Pflan⸗ zenkoſt genießen, kürzer und enger in denen, die ſich von Raube ernähren. Der Darm der Cikaden kehrt, nachdem er mehre Win- dungen gemacht hat, nochmals zum Magen zurück, dringt in die Wand deſſelben ein und kommt erſt in einiger Entfernung aus jener wieder hervor. — Mehre Gelenkfüßler haben am Magen oder am Darm, oder an beiden zugleich, einen oder einige Blind— därme von verſchiedener Geſtalt, Länge und Zahl. — Zube merken ſind hier noch gewiſſe regelmäßige, periſtaltiſche, oder hin und her ſchwingende, oft ziemlich heftige Bewegungen des Darmkanals, die man bei mehren Schmarotzerkrebſen wahrgenom— men hat, und die ohne Zweifel zur Verarbeitung und Weiter⸗ ſchaffung der Nahrungsſtoffe, vielleicht auch zur RR RES im Körper mitwirken. § 251. Von den übrigen Seins iſt Fol: gendes auszuheben: Auf dem Magen und Darm, oder um die⸗ ſelben liegt, beſonders in den Vielfüßlern und Spinnenthieren, eine lappige, oder flockige, oder drüſige Maſſe von verſchiedener Größe und Ausdehnung, welche durch feine Oeffnungen oder Kanäle mit dem Magen, oder, nicht weit hinter dieſem, mit dem Darme in Verbindung ſteht. Dieſe Maſſe wird von Einigen als Fettkörper, von Andern als Leber betrachtet. Jene halten die Verbindungskanäle für Gänge, die den Nahrungsſaft (chylus) zur weitern Verarbeitung und Abſetzung aus dem Nahrungsfanal in den Fettkörper leiten. Die andern halten die Verbindungs- gänge für Gallengefäße, zur Ergießung der Galle aus der Leber in den Nahrungskanal. Nach noch Andern iſt jene Maſſe Fett⸗ körper und Leber zugleich, indem ein Theil derſelben zur Ab— lagerung von Nahrungsſaft, ein anderer zur Sekretion der Galle dienen ſoll. Es ſcheint wol, als ob Fettkörper und Leber zwei in ihren Functionen verſchiedene Organe ſein müſſen, die aber einander ſehr ähnlich Find und leicht und öfters verwechſelt wer- den. So wurden auch zuweilen manche andere Organe mit ihnen verwechſelt, z. B. in den Scolopendern zwei Paar drüfenartige Körper, von denen einer im Vorderleibe, der andere im Hinter⸗ leibe liegt, und von denen der letzte zu den Geſchlechtstheilen zu gehören, der erſte aber Speicheldrüſe zu ſein ſcheint. In den Gelenkfußler. 231 vollkommenen Inſekten 11. von beiden Organen wenig oder nichts ee nur der Hirſchſchröter (Lucanus cervus) fol einen ziemlich anſehnlichen Fettkörper haben. — Die Gallengefäße ſind gewöhnlich fadenförmig, mehr oder weniger geſchlängelt, und münden entweder in den Magen oder in den Anfang des Darms ein, indem ſie mit dem andern Ende frei in der Leibeshöhle ſchweben; bei Spinnen und Skorpionen veräſteln fie ſich mit dem freien Ende im Hinterleibe; ihrer ſind ein bis ſechs Paar. Bei den Inſekten kommen ſie theils auch unter andern Formen vor, oft als Blinddärmchen, nicht ſelten auch in größerer Anzahl. Je mehr ihrer ſind, deſto kürzer pflegen ſie zu ſein. In einigen Inſekten (Prachtkäfer, Oehrling) erſcheinen ſie als ein Kranz vieler kleiner Blinddärme am hintern Theile des Magens und ſcheinen dann der Bauchſpeicheldrüſe (Pancreas) zu entſprechen. Wahr— ſcheinlich ſind auch die äußern Zotten der Zottenmägen ſolche Gallenorgane. Selten münden fadenförmige Gallengefäße mit beiden Enden in den Magen ein, z. B. in den Rohrkäfern; doch wäre dieſes wol noch näher zu prüfen, da man auch bei den Eikaden den Anfang des Darms, wegen feiner Rückkehr zum Magen, für ein ſolches Gallengefäß gehalten hatte. Uebrigens iſt noch zu erwähnen, daß die Gallengefäße auch wol für abſor— birende Gefäße gehalten werden, die den Nahrungsſtoff aus dem Nahrungskanal einziehen und in den Körper ergießen ſollen, was jedoch durch chemiſche Unterſuchung, die den Inhalt jener Kanäle als Galle beſtätigt hat, widerlegt worden iſt. Von andern ver— meintlichen Gallengefäßen, die nahe beim After in den Darm einmünden, wird ſpäter, bei den Urinkanälen die Rede ſein. — Was die Gallengefäße und die Galle für den Magen und Grimm— darm und für die in denſelben enthaltenen Nahrungsſtoffe ſind, zu deren Verarbeitung die Galle dient, das ſind die Speichel— gefäße für Mund und Speiſeröhre, in welche ſie ſich öffnen, doch münden ſie auch zuweilen in den Vordertheil des Magens aus. Sie zeigen ſich in verſchiedener Zahl und Geſtalt, als Ge— fäße, Drüſen, Blinddärmchen, Bläschen, Röhren u. ſ. w. Die männlichen Skorpionfliegen haben ſechs lange, faſt den ganzen Nahrungskanal umgebende Speichelgefäße, während dieſe im Weibchen nur auf ein Paar kleine Bläschen reducirt ſind. Der 232 Achte Klaſſe. Speichel dient nicht blos zur Erweichung der Speiſen im Munde, ſondern er wird von vielen ſaugenden Inſekten beim Saugen in die Wunde geleitet, um die einzuziehende Flüſſigkeit zu verdün⸗ nen, wobei er dann nicht ſelten durch den brennenden Schmerz und die Geſchwulſt, die an der geſtochenen Stelle entſteht, ſeine ſcharfe giftige Natur zu erkennen giebt. Als ſolche Giftdrüfen ſind auch diejenigen Speicheldrüſen zu betrachten, welche in den Scolopendern und Spinnen unter den Kinnbacken liegen und ihren giftigen Speichel durch den Kanal, der die Kinnbacken durch⸗ zieht, beim Biß in die Wunde ergießen. 8 252. Von manchen andern inneren Secretionsorganen, die nicht auf die Verarbeitung und Verdauung der Nahrungs- ſtoffe, auch nicht auf Geſchlechtstheile bezogen werden können, heben wir folgende aus: Die Tauſendfüßler haben jederſeits im Körper eine Reihe birnförmiger Blaſen, welche durch Seiten⸗ öffnungen, die man oft mit den Luftlöchern verwechſelt hat, einen ſcharfen Saft ausſondern, von dem man meint, daß er entweder den Stoff zur Färbung der Hornſegmente enthalte (was jedoch weniger wahrſcheinlich iſt), oder daß er diene, um den Körper geſchmeidig zu erhalten. — Die Spinnen haben im Hinterleibe eine größere oder geringere Anzahl äſtiger oder darmförmiger, längerer oder kürzerer Schläuche, welche den klebrigen Spinnſtoff abſcheiden, der zum Fadenziehen durch die Spinnwarzen hervor— dringt, in welche ſie ausmünden, und daher Spinngefäße heißen. Jener Stoff iſt in den Schläuchen flüſſiger, beim Her: vordringen wird er dicker und bleibt nur noch anklebend. Wenn Blackwalls Behauptung, daß an den Netzen der Zirkelſpinnen nur die Radien, nicht aber der Spiralfaden, klebrig ſein ſollen, und daß auch die Fäden, womit dieſe Spinnen ihre Eier über ziehen, wieder von anderer Beſchaffenheit ſeien, ſich beſtätigen ſollte, fo müßte man annehmen, daß in den verſchiedenen Spinn: gefäßen auch ein verſchiedener Spinnſaft bereitet werde. — In manchen Inſekten erzeigen ſich gewiſſe Stoffe, deren Secretions⸗ organe zum Theil noch unbekannt ſind, z. B. der gelbe öhlige Saft, welchen einige Käfer (Oehlkäfer, Marienkäfer u. ſ. w.) bei Berührung aus den Gelenken der Beine, Fühler, Taſter her⸗ vortreten laſſen. Auch die verſchiedenen Gerüche, welche viele Gelenkfüßler. 233 Inſekten ausduften, ſind Produkte drüſenartiger Secretionsorgane; ſo die Ameiſenſäure u. dgl., der Honig der Bienen wird in dem Vormagen abgeſondert. Das Wachs wird in dem eigent— lichen Magen erzeugt, ſchwitzt aus demſelben hindurch und gelangt, bei unſern Honigbienen, in beſondere nach außen ſich öffnende Behälter oder Wachstaſchen an der Innenſeite der mittelſten Hin— terleibsabſchnitte, aus denen es hervordringt, oder von den Bie— nen, zur Verfertigung ihrer Zellen, hervorgezogen wird. Den Meliponen und Hummeln fehlen aber jene Wachstaſchen, obgleich ſie ebenfalls Wachs machen. Das Organ, in welchem der ſcharfe blaſenziehende Stoff der Pflaſterkäfer abgeſondert wird, wie auch die Giftblaſe, die ſich durch den Stechſtachel der ſtechen— den Hautflügler ausleert, gehören den innern ee an, unter denen fie betrachtet werden ſollen. § 253. Als Anſammlungs- und Ausleerungs— organ der feſtern zuſammenhängendern Excremente haben wir den Darm bereits kennen gelernt. Zur Anſammlung und Aus— leerung des Urins ſind Urinorgane vorhanden. Sie haben meiſt daſſelbe gefäßartige Anſehen, wie die gewöhnlichen Gallen— gefäße, und wurden auch früher für ſolche gehalten; allein ſchon der Umſtand, daß ſie in der Nähe des Afters in den Darm ein— münden, wo die Galle nichts mehr nützen kann, giebt das Un— ſtatthafte jener Annahme zu erkennen, und ſpäter hat die chemiſche Analyſe in ihnen auch Harnſäure nachgewieſen. In mehren Spin— nenthieren bilden die Urinorgane ein Gefäßſyſtem, welches ſich in dem Fettkörper veräſtelt, und deſſen Hauptſtamm in den Darm, bei den Spinnen namentlich in dem vor dem After befindlichen Blinddarm, der als Urinblaſe betrachtet werden könnte, aus— mündet. Vielleicht iſt dieſes Syſtem dem Gefäßnetze analog, welches bei den Saugwürmern am Rücken ausgeht. Auch bei den Inſekten ſind die Uringefäße nicht ſelten mit einer oder ein Paar Blaſen verbunden, welche ſich in fie öffnen und füglich auch als Urinblaſen betrachtet werden können. Meiſt iſt das eine Ende dieſer Gefäße frei in der Leibeshöhle liegend, zuweilen aber münden beide Enden in den Darm. Es ſollen jedoch auch Ge⸗ fäße vorkommen, deren eines Ende in den Magen, das andere in den Darm mündet, die alſo halb Gallengefäße, halb Urin: 234 Achte Klaſſe. gefäße ſein müſſen; man glaubt indeß zum Theil, daß in ſolchen Fällen das ſcheinbar in den Darm ſich öffnende Ende dieſem nur anliege, ohne ſich in denſelben zu öffnen, daß es alſo ein wahres Gallengefäß ſei. — Man hat auch zum Theil manche andere, mit den innern Geſchlechtstheilen verbundene blaſenförmige Or⸗ gane, unter andern die Giftblaſe der ſtechenden Hautflügler, zu den Urinorganen gezählt, doch ſcheint die Function derſelben * 1 auf die Geſchlechtstheile ſelbſt zu beziehen. § 254. Von dem Umlauf des Nahrungs ſuftes (ober Blutes) und von den Gefäßen iſt Folgendes anzufüh⸗ ren: Die Gelenkfüßler haben im Rücken ein ſchlauchförmiges, meiſt geſtrecktes Organ, in dem ſich pulſirend von hinten nach vorn eine Flüſſigkeit bewegt. Dieſe Bewegung wird dadurch hervor: gebracht, daß das Organ durch Einſchnürungen in mehre Ab⸗ theilungen getheilt iſt, die ſich nacheinander von hinten nach vorn zuſammenziehen und ſo die Flüſſigkeit in der angegebenen Rich⸗ tung fortſchieben. Dieſes Organ iſt das Herz. — Bei den mit Kiemen verſehenen Gelenkfüßlern, namentlich bei den Krebſen, ſoll, nach Cu vier, das Blut aus den Kiemen durch Kiemen⸗ venen zu dem Herzen, aus dieſem durch Arterien in den Körper, und aus dieſem wieder durch Venen zurück zu den Kiemen ge⸗ führt werden. Nach Andern aber ſoll, namentlich in den Spin⸗ nen und Skorpionen, das Blut von dem Herzen zu den Kiemen, von da in den Körper, und dann zu dem Herzen zurück kommen. Einige der neuern Schriftſteller haben zu beweiſen geſucht, daß weder Cuvier noch andere Anatomen, die von Venen und Ar⸗ terien der Krebſe reden, den Zuſammenhang derſelben dargethan haben; beſonders läugnet Lund überhaupt alle Venen und be— hauptet, daß von dem Herzen nur Arterien ausgehen, die das Blut in den Körper ergießen, aus dem es durch eine freie cir⸗ culatoriſche Bewegung zum Herzen zurückkehre und von demſel⸗ ben durch ſechs Oeffnungen an der Oberfläche aufgenommen werde. Solche Oeffnungen ſind übrigens auch bei andern Ge: lenkfüßlern, z. B. im Stielſchwänzer, Borſtenſchwänzer, und in mehren Inſekten entdeckt worden. Lunds oben mitgetheilte An: ſicht wird von Krohn dahin modificirt, daß allerdings Kiemen⸗ venen vorhanden ſein ſollen, die aber ſehr zarte Wände hätten Gelenkfüßler. 235 und das Blut nicht unmittelbar ins Herz ergöſſen, ſondern in eine Art von Pericardium, einen Behälter, der das Herz überall umgebe, und aus dem es durch die ſechs Oeffnungen in das Herz eindringe. In dem Herzen der Inſekten befinden ſich kleine Klappen, welche, beim Zuſammenziehen deſſelben, ſich vor jene Oeffnungen legen und ſo das Zurücktreten des Blutes durch dieſe verhindern. — Das bis hieher Angeführte gilt hauptſächlich von den Spinnen und von den letzten Ordnungen der Vielfüßler. Was die ſechs erſten Ordnungen dieſer Thiere betrifft, ſo hat keit in beſtimmten Gängen geſehen; ob aber dieſe Gänge wirkliche Gefäße, oder nur in dem Zellgewebe und in den Muskeln aus— gehöhlte Kanäle oder Furchen ſind, darüber iſt man noch im Streite. Auch iſt die Circulation nicht regelmäßig, ſondern ſo, oder nach hinten ſich bewegt, was alſo nur ein Hin- und Her— fluthen ſein würde. So ſah es Rathke auch in dem Kanale der Arme von Lernaeopoda stellata, und da in der ſternförmigen Ausdehnung des Endes der Arme jener Kanal ſich in ein Ge— fäßnetz zertheilt, ſo meint er, daß dieſe Ausdehnung die Function der Kiemen verſehe. Bei Macrobiotus ſoll die Flüſſigkeit in der Leibeshöhle hin und her fluthen. Nach v. Hoeven gehen von dem Herzen des Stielſchwänzers vorn drei Gefäße (Arterien) aus, hinten eins; außerdem hat es Seitenlöcher, wo unter jedem der— ſelben ein Gefäß entſpringen ſoll. Das Herz des Borſtenſchwän— zers wird von Berthold als ein Rückengefäß geſchildert, von deſſen Seiten Gefäße ausgehen. Krohn läugnet dieſe Gefäße und behauptet, daß das Herz nur Seitenöffnungen habe. — Im Caligus americanus ſah Pickering zwei Hauptſtröme, einen am Rücken nach hinten ſich bewegend, den andern am Bauche in entgegengeſetzter Richtung. In der Mitte eines jeden dieſer Ströme iſt ein klappenförmiges Organ, welches ſich abwechſelnd ſchließt und öffnet. Dieſe beiden Organe könnten als Herzen betrachtet werden. In Argulus ſollen beide Hauptſtröme ſich gerade um— gekehrt bewegen. — In denjenigen Gelenkfüßlern, welche keine Kie— men haben, ſondern mit innern Luftröhren verſehen ſind, fehlen eigentliche Gefäße gänzlich; nur die Skolopender ſollen, nach 236 Achte Klaſſe. Kutorga, ein Rücken- und ein Bauchlängsgefäß haben, welche beide vorn in einander übergehen. Was die Inſekten betrifft, die hier hauptſächlich in Betracht kommen, ſo wollten Manche das Herz derſelben gar nicht als ſolches anerkennen, weil keine Gefäße von demſelben ausgehen, um das Blut in den Körper zu leiten, ſondern ſie hielten es für ein abſonderndes Organ u. dgl. Man glaubte, daß der Nahrungsſaft aus dem Nah— rungskanal in die Bauchhöhle durchſchwitze, und aus dieſer dann wieder auf ähnliche Weiſe an die übrigen Körpertheile ab- geſetzt werde, wobei derſelbe durch die allenthalben hin ſich ver⸗ breitenden Luftröhren den nöthigen Sauerſtoff erhalte. Theils nahm man auch an, daß die Luftröhren ſelbſt mit als Gefäße zur Circulation des Nahrungsſaftes dienen möchten. In neuern Zeiten hat es ſich ausgewieſen, daß ſolche Strömungen, wie ſie ſchon von frühern Beobachtern hin und wieder in manchen Inſekten geſehen waren, in allen Inſekten und in allen Körper⸗ theilen derſelben ſtatt finden, und man kam nun zu der Anſicht, daß die Nahrungsflüſſigkeit nach beſtimmten Richtungen und auf beſtimmten Wegen ins Herz dringe und, nachdem ſie in dem— ſelben eine Veränderung erlitten, mittelſt Durchſchwitzen zur den übrigen Körpertheilen geſandt werde. Die Strömungen ſelbſt aber finden nicht in Gefäßen ſtatt, ſondern in Rinnen und Ka- nälen, welche die Flüſſigkeit ſelbſt zwiſchen Muskeln und Zell⸗ gewebe ſich bildet und dann immer verfolgt. Endlich entdeckte man Seitenöffnungen in dem Herzen, und daß der vordere engere Theil deſſelben, welcher ohne Seitenöffnungen iſt, vorn entweder mit einer einfachen Oeffnung oder durch drei Kanäle ausmünde, ſo daß der Nahrungsſaft, nachdem er durch die Wände des Nah— rungskanals in die Leibeshöhle ausgeſchwitzt iſt, wahrſcheinlich durch die Seitenöffnungen des Herzens in dieſes gelangt, dann mittelſt der obenbeſchriebenen Zuſammenziehungen in demſelben nach vorn getrieben, und durch die Vorderöffnungen, die man daher auch der Aorta vergleichen kann, in den Körper ergoſſen wird, worauf er ſich dann in beſtimmten Strömen durch den Körper verbreitet, bis er am Ende wieder in die Leibeshöhle ge— langt, ſich mit dem unterdeß aus dem Nahrungskanale durch- geſchwitzten Safte vereinigt und mit demſelben wieder zum Herzen A Gelenkfüßler. 237 kommt. In neuern Zeiten hat jedoch Leon Dufour alles das, was von regelmäßigen Bewegungen und von Oeffnungen im Rückengefäße der Inſekten angeführt wurde, wieder angefochten; er läugnet jede regelmäßige Strömung der Flüſſigkeit in den In— ſekten, und betrachtet das Rückengefäß als ein ganz geſchloſſenes Organ, welches gar kein Herz ſei. — Gefäße, welche vom Nah— rungskanal ausgehen, um den Nahrungsſaft zum Herzen oder zu den Kiemen zu leiten, hat man bis jetzt nicht in den Gelenk füßlern entdeckt; jedoch meint Gäde, daß das Herz des Borſten— ſchwänzers, da wo es dem Nahrungskanal dichter anliegt, mit dieſem vielleicht durch ſeine Form in Verbindung ſtehe. 8 255. Nachdem wir bereits unter den äußern Athmungs⸗ organen die Kiemen kennen gelernt haben, ſind uns noch die innern Athmungsorgane derjenigen Gelenkfüßler zu betrach— ten übrig, welche Luft durch äußere Luftlöcher einziehen. Dieſe Löcher führen entweder zu ſackförmigen oder blaſenförmigen Or— ganen, die man Luftſäcke oder Lungenſäcke nennt, oder fie ſetzen ſich in gefäßartigen Kanälen fort, die ſich durch den gan— zen Körper verbreiten und verzweigen, und untereinander auf mannigfaltige Weiſe anaſtomoſiren und in Verbindung ſtehen. Dieſe heißen Luftröhren oder Tracheen. Zuweilen ſind beide Arten dieſer Athmenorgane vereinigt. § 256. Unter den Vielfüßlern kommen hier nur die Tauſendfüßlinge in Betracht. In den eigentlichen Tauſend— füßlern (Julus) führen die Luftlöcher zu einer jederſeits im Körper liegenden Reihe blaſenförmiger Luftſäcke, von deren jedem ein Bündel Luftröhren ausgeht und ſich im Körper verbreitet, ohne ſich zu veräſteln. So iſt es auch noch in den Schildträgern. Den übrigen Skolopendern fehlen die Luftſäcke, und von jedem Luftloch geht ein Bündel Röhren aus, welche theils mit denen der nächſten Löcher anaſtomoſiren, theils ſich im Körper veräſteln. Ob in Cypris pubera zwei ſchlauchförmige, jederſeits am Rücken unter der Schale liegende Organe, welche Treviranus für Lun— gen hält, wirklich ſolche ſind, iſt noch zweifelhaft. § 257. Unter den Spinnenthieren athmen die Spin⸗ nen, Skorpione und Scheerenfüßler durch Lungenſäcke, welche innen mit Blättern beſetzt ſind, die man Luftkiemen 238 Achte Klaſſe. genannt hat. Zahl und Lage der Säcke richtet ſich nach den äußern Luftlöchern. Da aber die Blätter ſelbſt keine Gefäße ent⸗ halten, ſo können ſie wol nicht Kiemen ſein. Nach Müller beſteht jedes Blatt aus zwei Häuten, zwiſchen welche durch das Luftloch Luft eindringen und ſo jedes Blatt zu einer Lunge aufblaſen kann. Die Säcke ſelbſt werden durch die Bauchhaut gebildet, welche an dieſen Stellen mit einem zarten Gefäßnetze durchzogen iſt, ſo daß beim Ausdehnen der Lungen dieſe mit den Gefäßen in Berührung kommen und dabei die Oxydation des Ge— fäßſaftes vollzogen wird. Die übrigen Spinnenthiere athmen durch Luftröhren, welche bündelweiſe von den Luftlöchern ausgehen und ſich im Körper verzweigen. In einigen mit vier Luftlöchern ver⸗ ſehenen Spinnengattungen (Dysdera und Tapezirſpinnen) führt das vordere Paar derſelben zu Lungenſäcken, das hintere zu Luftröhren. 8 258. Die innern Athmungsorgane der Inſekten find Luftröhren, welche meiſt in der Nähe der Luftlöcher, von de— nen ſie ausgehen, durch bogenförmige Queerröhren mit einander in Verbindung ſtehen, und ſich im ganzen Körper verzweigen. Häufig erweitern ſie ſich ſtellenweiſe zu blaſenförmigen Ausdeh⸗ nungen (Blaſentracheen), die in Zahl und Größe ſehr ver— ſchieden ſind: In den Pinſelkäfern z. B. ſind ſie klein und ſo zahlreich, daß das ganze Luftröhrenſyſtem Aehnlichkeit mit einem blätterreichen Baume hat; in andern hingegen, namentlich in ei— nigen Schwirrfliegen (z. B. in der Federfliege Voluccella pellu- cens) find die zwei Blaſen im Hinterleibe fo groß, daß der ganze Hinterleib Eine durchſichtige Blaſe zu fein ſcheint. Die ſtärkern Längsröhren und die Luftblaſen dienen wol, als Luftbehälter, zum Aufbewahren der Luft und zum Leichtermachen des Körpers beim Fliegen und Schwimmen. § 259. Das Aus- und Einathmen wird durch ab⸗ wechſelndes Zuſammenziehen und Ausdehnen des Körpers und der Luftröhren, beſonders der größern Luftblaſen, bewirkt, auf welche letztern bei einigen Inſekten noch bewegliche knorplige rip: penartige Fortſätze, die nach innen von den Hinterleibsabſchnitten ausgehen, zu jenem Zwecke mit einwirken. 5 8260. Da man beobachtet hat, daß manche Inſekten und Vielfüßler auch Luft durch den Mund einſchlucken, ſo wäre Gelenkfüßler. | 239 noch zu entſcheiden, ob dieſe Luft bei ihrem Durchgange durch den Darm ſo zerſetzt werde, daß man — eine — * Ben annehmen könnte. | 8 261. Das Nervenſyſtem 0 Gelenkfüßler trennt de es in ſeiner vollſtändigern Ausbildung erkannt worden iſt, in den Bauchſtrang und in das Eingeweidenerven⸗ ſyſtem. — Jener beſteht in der Regel aus zwei dicht aneinan⸗ der liegenden, oft faſt ganz miteinander verſchmolzenen Fäden oder Strängen, und geht im Hinterkopfe von einem unter dem Schlunde liegenden Nervenknoten aus, der jederſeits durch einen aufwärts ſteigenden fadenförmigen Fortſatz mit einem größern, über dem Schlunde liegenden Knoten, dem ſogenannten Gehirn, verbunden iſt, wodurch das Markhalsband oder der Schlund— ring gebildet wird. Der Strang ſelbſt zieht ſich im Bauche entlang, indem er in beſtimmten Zwiſchenräumen Knoten bildet. Sowol von dieſem Knoten als auch von dem Gehirn gehen Ner— ven zu andern Körpertheilen. Die Zahl der Knoten iſt verſchie— den; in der Regel ſind ihrer deſto mehre, je geſtreckter der Kör— per und je größer die Anzahl der Segmente iſt; daher hat der Bauchſtrang der Tauſendfüßlinge die meiſten Knoten. In der Ordnung der Inſekten hat er deren nicht über zwölf (Laufkäfer, Tauchkäfer), und nicht unter zwei (Waſſerſkorpion). Die meiſten Knoten liegen in der Regel im Vorderleibe; bei einigen Gattun— gen liegen ſie nur in dieſem, und gar keine im Hinterleibe (Schrö— ter, Miſtkäfer, Waſſerſkorpion); doch kommen auch Inſekten vor, bei denen die meiſten Knoten im Hinterleibe liegen (Säbelheu— ſchrecke, Honigbiene, Blumenfliege, Raubfliege.) Bei mehren Gelenkfüßlern weicht aber dieſes Nervenſyſtem von der angegebenen Einrichtung ab: z. B. im Stielſchwänzer geht von dem Schlund: ringe ein doppelter Strang aus, der ſich im Bauche trennt, worauf dann jedes Ende zu einem Knoten anſchwillt. Die Krab⸗ ben haben, außer den beiden über und unter dem Schlunde lie— genden, keine andern Knoten, ſondern von dem untern Knoten geht ein großer ovaler im Vorderleibe liegender Markring aus, welcher Nervenfäden zu den übrigen Körpertheilen ſendet. Dieſer Ring iſt als ein getrennter doppelter Bauchſtrang, wie er ſich bei den andern Gelenkfüßlern in der Regel verſchmolzen findet, zu 240 Ne Achte Klaſſe. betrachten. Die Meerſpinnen haben einen Knoten im Kopfe, ei⸗ nen andern im Vorderleibe, die mit einander in Verbindung ſte⸗ hen. In den Erdmilben und Weberknechten fand Treviranus einen Gehirnknoten, von dem Fäden in andere Körpertheile aus: gingen, und im Weberknechte außerdem noch jederſeits im Körper vier kleine Knoten, die durch Fäden mit dem Gehirn und andern Theilen iu Verbindung ſtanden. Das Nervenſyſtem der Spinnen beſteht aus zwei vor einander liegenden und unter ſich zuſammen⸗ hängenden Maſſen, deren vordere kleinere das Gehirn bildet und die Kopftheile mit Nerven verſieht, die hintere größere aber im Vorderleibe liegt, die Beine mit Nerven verſorgt und außerdem zwei ſtärkere Stränge nach hinten ausſendet, welche, nachdem ſie unmittelbar vor dem Anfange des Hinterleibes zu einem kleinen Knoten angeſchwollen ſind, im Hinterleibe ſich in mehre feine Fäden ſpalten. Bei vielen Gelenkfüßlern ſoll dieſes Nervenſyſtem nur unvollkommen ausgebildet ſein, oder es iſt bei ihnen nur erſt unvollſtändig erkannt. — Das Eingeweidenervenſyſtem liegt mehr in der Rückenhälfte und beſteht aus einigen Knoten, die durch feine Fäden unter ſich und mit dem Gehirne in Verbin⸗ dung ſind, und beſonders den Mund, die Speicheldrüſen, den Nahrungskanal und die Geſchlechtsorgane mit Nerven verſorgen. Da dieſes Syſtem viel feiner iſt als das Bauchſtrangſyſtem, ſo iſt es bis jetzt nur bei wenigen Gelenkfüßlern vollſtändig erkannt, und dann beſteht es 1) aus einem unpaarigen, welches vorn mit einem oder zwei Knoten anfängt und in der Mittellinie ver⸗ läuft; 2) aus einem paarigen, welches einen oder zwei Knoten jederſeits neben dem unpaarigen bildet. So zeigt ſich das Ein⸗ geweidenervenſyſtem in einigen Inſekten. In den Vielfüßlern (Aſſeln, Tauſendfüßlern, Mundfüßlern, Krebſen) beſteht es aus einem oder drei feinen Nervenſträngen, die ſich über dem Magen verbreiten und Fäden von ihren Knoten ausſenden. Sind drei Stränge da, ſo ſtehen dieſe durch Seitenfäden unter ſich in Ver⸗ bindung; der Mittelſtrang geht vorn im Kopfe meiſt in einen beſondern Knoten über, der durch Fäden mit dem Gehirne und dem Schlundringe in Verbindung tritt. Auch in Spinnen hat man den Anfang eines Eingeweidenervenſyſtems gefunden, wel⸗ ches ſich aber noch nicht bis in den Hinterleib verfolgen ließ. Gelenkfüßler. 241 8 262. Was die innern Geſchlechtstheile betrifft, ſo wurden bisher nur die Rankenfüßler als die einzigen Zwitter dieſer Klaſſe betrachtet. Man findet in ihnen zwei drü— ſige, lappige Maſſen, von deren jeder ein geſchlängelter Kanal ausgeht, welcher in die äußere Geſchlechtsröhre tritt und am Ende derſelben ausmündet. Cuvier hielt jene Maſſen für Eierſtöcke und die Kanäle für Eiergänge, und glaubte, daß die Eier in dem Kanale, da, wo dieſer in die Röhre übergeht, durch hier abgeſon— derten Samen befruchtet würden. Es hat ſich aber ſpäter aus— gewieſen, daß jene Maſſen die Leber ſind, die Kanäle aber Hoden oder Samenblafen, welche an der Leber liegen. Die Ausführungs— gänge der Hoden ziehen ſich durch die äußere Geſchlechtsröhre, indem ſie entweder getrennt bleiben oder ſich vorher vereinigen. Die Eierſtöcke liegen in dem Stiele als eine körnige Maſſe, aus welcher die Eier, durch einen Spalt oder durch einen Kanal zwi— ſchen die Schalen treten und eine Anhäufung bilden, die man zum Theil als den Eierſtock ſelbſt betrachtet hat. Unter den Schmarotzerkrebſen ſoll Macrobiotus ein Zwitter fein und im Hinterleibe, neben dem ſackförmigen Eierſtocke zwei Hoden haben, die mit einer Samenblaſe in Verbindung ſtehen. — Unter den Kiemenfüßlern ſind einige Gattungen und Arten, von denen man bisher nur Individuen mit Eierſtöcken gefunden hat; und einige Beobachter, die zum Theil in denſelben Individuen auch ſolche Organe antrafen, die ſie für männliche halten zu können glaubten, betrachteten dieſe Arten als Zwitter, zumal, da ſich einige derſelben, wie Artemia, die Borſtenſchwänzer und Cypris, ohne Begattung fortpflanzen, was indeß für ſich nichts beweiſt, denn auch die weiblichen Waſſerflöhe und mehre Blattläuſe pflanzen ſich eine Zeitlang ohne Begattung fort. — Unter den Inſekten ſollen, nach Hartig, einige Gallweſpen Androgynen ſein, und neben den Eierſtöcken auch Hoden haben. / § 263. Unter den innern Geſchlechtstheilen find die weib— lichen im Ganzen am größten und am deutlichſten, und daher beſſer bekannt als die männlichen. Sie beſtehen, wenn ſie voll— ſtändig ſind, aus Eierſtock, Eierleiter oder Trompeten, Eierausführungsgang, Scheide. — Unter den Vielfüß— lern hielt man früher bei den Schmarotzerkrebſen die äußeren 16 242 | Achte Klaſſe. Eierſäcke für die Eierſtöcke ſelbſt, welche ſich in die Bauchhöhle hinein ihrer Eier entledigen ſollten, die dann durch eine Oeffnung in den Darm und zum After hinaus gelangten. Allein die beiden eigentlichen Eierſtöcke, von blaſenförmiger, traubenförmiger oder darmförmiger Geſtalt, liegen innerlich und öffnen ſich durch einen kurzen Gang in die äußern Säcke, über deren Entſtehungsweiſe man aber noch nicht recht im Klaren iſt. Rathke fand im Dichelestium sturionis neben jedem Eiergange, und mit dieſem in eine gemeinſchaftliche Oeffnung ausmündend, ein cylinderför⸗ miges Organ, welches eine ſchleimige Flüſſigkeit enthielt, die wahr⸗ ſcheinlich beim Austritt der Eier mit abgehen und, indem ſie dieſe überzieht, den äußeren Eierſack bilden möchte. Aehnliche Schleim⸗ organe, nur kleiner und anders gebildet, ſollen auch andere Schmarotzerkrebſe haben. Rathke meint, daß die Eierſäcke ſchon vor der Befruchtung hervortreten, aber ohne Zweifel treten ſie erſt nach der Befruchtung hervor. Die übrigen Vielfüßler haben meiſt zwei Eierſtöcke, welche beim Borſtenſchwänzer, durch einen beſondern Eiergang, in die am eilften Fußpaare befindliche Kapſel ausmünden, bei den Waſſerflöhen aber am Rücken zwiſchen Kör— per und Schale, fo daß die Eier beim Austreten ſich hier an— häufen. Außerdem aber bildet ſich bei den Waſſerflöhen, nach der Begattung, am Obertheile der Schale noch eine doppelte Kapſel, deren jede nur ein Ei enthält. Bei Cypris öffnen ſich die Eierſtöcke an der Baſis des Hinterleibes. Dieſe Oeffnung hält Ramdohr aber nur für die Befruchtungsöffnung, die Eier ſollen, nach ſeiner Behauptung, am Rücken austreten. Die Sko⸗ lopender haben nur Einen Eierſtock. — Die Eierſtöcke der Spin- nenthiere zeigen ſich unter verſchiedenen Formen: Bei mehren Milben (Diplodontus) ſcheinen von der weiblichen Oeffnung äſtige Kanäle (Eierſtöcke) auszugehen. Die Erdmilben haben einen zwei⸗ theiligen Eierſtock; von jedem Theile geht ein Eiergang aus. Die Weberknechtſpinnen haben einen röhrenförmigen Eierſtock, der in ein ſchlauchartiges Organ (uterus) führt, in welchem die Eier zur Reife gelangen und dann durch einen fadenförmigen Ausführungs- gang in die Scheide geleitet werden. In den Skorpionen beſteht der Eierſtock aus drei Längskanälen, die durch vier Queerkanäle verbunden ſind. Die Spinnen haben zwei ſchlauchförmige Eier— U Erle Gelenkfüßler. | 245 ſtöcke, von deren jedem ein Eiergang zur weiblichen Oeffnung geht. In der Vogelſpinne (Mygale avicularia) fand Gaede nur Einen Schlauch, der ſich kurz vor ſeinem Ende in zwei Gänge trennte, die zur weiblichen Oeffnung gingen, aber keine Eier ent— hielt, ſondern dieſe befanden ſich auswärts an der untern Seite des Schlauchs. — Die Eierſtöcke der Inſekten liegen im Hin⸗ terleibe zu beiden Seiten des Nahrungskanals, und ſind entweder einfache, mit Eiern verſehene Säcke, oder beſtehen aus mehren kleinen eierführenden Schläuchen oder Blinddärmchen, die theils in einen gemeinſchaftlichen größern Sack ſich öffnen, in den die reifen Eier demnächſt eintreten, theils jeder für ſich in den Eier— leiter münden. Der eigentlichen Eierſtöcke ſcheinen immer zwei zu ſein, von verſchiedener Größe und Geſtalt, und wenn hin und wieder mehre angegeben werden, ſo ſind wol die kleinern Schläuche und Abtheilungen derſelben darunter verſtanden, welche ebenfalls in Form und Zahl eine große Verſchiedenheit zeigen; oder wenn einige Inſekten angeführt werden, die nur Einen, den Nahrungs— kanal bedeckenden Eierſtock haben ſollen, ſo ſind dies wol zwei genau an einander gränzende Eierſtöcke geweſen. Von jedem geht ein gefäßartiger, ſeltener ſchlauchartiger, Eierleiter aus. Beide Eierleiter vereinigen ſich dann in den gemeinſchaftlichen Ausfüh— rungsgang, welcher meiſt weiter als der Eierleiter iſt und in die Scheide übergeht. Dieſe iſt ein kurzer Gang, der innen gewöhn— lich mit hornartigen Leiſten verſehen iſt, welche, wenn ſie ſich nach außen verlängern, den Legeſtachel bilden. In den lebendig— gebährenden Fliegen (Lausfliegen) dehnt ſich die Scheide in eine Art Bärmutter (uterus) aus, in welcher die Eier ſich ſammeln und auskommen; die Spinnfliegen aber haben an der Verbin— dungsſtelle der beiden Eierleiter eine ſackförmige Bärmutter. § 264. Die männlichen Geſchlechtstheile beſtehen aus Hoden, Samenleiter, Samenblaſen und Ausfüh— rungsgängen. — Von dieſen Theilen weiß man bei den nie— dern Vielfüßlern wenig oder gar nichts Beſtimmtes. Diche- lestium ſoll im Vorderkörper zwei blaſenförmige Hoden haben, von deren jedem ein Samengang zu der äußern Oeffnung führt. In Evadne ſollen die Hoden in Geftalt einer Blaſe vorhanden ſein. In Artemia, welche Joly für hermaphroditiſch hält, ſollen | 16 * - en u 122 244 | Achte Klaſſe. traubenförmige Körper, die mit dem Uterus (Scheide) in Verbin⸗ dung ſtehen, wahrſcheinlich Hoden fein. In den Tauſendfüßlern hat man Samengefäße gefunden, auch ein Paar drüſenartiger Organe, die theils, aber wol irrig, als Fettkörper oder Lebern, theils als Hoden betrachtet werden. Die Kehlfüßler und Krebſe haben Hoden und Samengefäße, welche letztere ſich zum Theil bei der Begattung, an ihren Enden als Ruthen vorſtülpen. — Unter den Spinnenthieren haben die Erdmilben einen runden Hoden, von dem zwei Samenleiter zu der männlichen Oeffnung gehen; die Weberknechtſpinnen büſchelförmig vertheilte Samengefäße, die ſich in einen Samengang vereinigen, der in die Ruthe geht. Skorpione und Spinnen haben zwei Hoden, aus deren jedem ein Samengang zu der männlichen Oeffnung führt. — In den In— ſekten liegen die Hoden meiſt zu beiden Seiten des Darms, und nur dann, wenn ſie einfach vorhanden ſind, in der Mittellinie des Bauchs. Die Zahl der paarigen Hoden iſt verſchieden; meiſt ſind ihrer zwei Paar, ſelten nur Ein Paar (bei Schrötern und Fugen— käfern), öfters mehr als zwei Paar, bis zwölf Paar (z. B. im Goldkäfer). Sehr verſchieden iſt auch ihre Geſtalt und ihr Bau. Theils beſtehen ſie aus einem einfachen, zuweilen knäuelförmig verwickelten Gefäße, theils aus mehren kurzen Gefäßen, Röhren oder Bläschen, welche alle, entweder unmittelbar oder jedes durch einen beſondern kurzen Leiter, in einen gemeinſchaftlichen Stamm, den eigentlichen Samenleiter, einmünden, gefäßartig ſind, aber nicht ſelten, vor ihrer Verbindung mit dem Ausführungs- gange, ſich zu einer Samenblaſe erweitern. Die Länge der Sa— menleiter iſt ſehr verſchieden; im Scarabaeus nasicornis (Nas⸗ hornkäfer) ſind ſie wol zwanzigmal länger als der Körper. Der von dem Vereinigungspunkte der beiderſeitigen Samenleiter oder Samenblaſen in die Ruthe führende Kanal iſt der Ausführungs— gang des Samens, welcher ſtärker und derber als die Samenlei— ter, übrigens aber von verſchiedener Weite und Länge iſt. 8 § 265. An den eben abgehandelten weiblichen und männ— lichen innern Geſchlechtsorganen finden ſich aber nicht ſelten man cherlei Anhängſel und Nebentheile, die ſich auch auf die Geſchlechtsfunktionen beziehen. — An den weiblichen Theilen der Inſekten ſitzen meiſt noch gefäßartige oder ſchlauchförmige oder * Gelenkfüßler. 245 blaſenförmige Anhänge, die in jene ausmünden und wol ſchleim— abſondernde Organe ſind, zum Schlüpfrigmachen der Gänge und zum Ueberziehen der Eier mit einer klebrigen Feuchtigkeit. Einer dieſer Anhänge des Ausführungsganges oder der Scheide ſoll dazu dienen, bei der Begattung den männlichen Samen aufzunehmen, und wird daher Samenbehälter genannt; von dieſem geht, bei den Faltern und Singcikaden, ein beſonderer Gang aus, wel— cher auch für ſich äußerlich mündet und durch welchen, bei der Begattung, die Ruthe eindringt. Ein anderer Anhang dient zur Aufnahme der Ruthe und heißt Begattungstaſche, welche indeß vielen Inſekten, namentlich den Zweiflüglern, fehlt; auch die Krabben haben am Ende der Eierleiter eine ſolche Begat— tungstaſche. Aus dem Samenbehälter werden die Eier, bei ihrem Durchgange, befruchtet. In den Erdmilben und Weberſpinnen (Aranea) fand Treviranus neben der weiblichen Oeffnung und in dieſe einmündend einen Schlauch mit einer gelblichten Flüſſig— keit, die auch wol zum Ueberziehen der Eier dienen möchte, wenn der Schlauch nicht etwa auch ein Samenbehälter iſt. Außerdem beſchreibt Treviranus noch einen beſondern, aus ſchraubenför— migen Knorpeln beſtehenden Apparat, der ſich im Hinterleibe eini— ger Spinnen finden und vielleicht mit zur Austreibung der Eier dienen ſoll. Zu den in die Scheide ſich öffnenden Anhängſeln gehört auch noch die Giftdrüſe oder Giftblaſe der ſtechenden Hautflügler. — Die männlichen innern Organe mancher In— ſekten ſind ebenfalls mit ſolchen Anhängen verſehen, deren Bedeu— tung und Funktion zum Theil noch nicht ergründet iſt. Dahin gehören die Nebenhoden und Nebenblaſen, ſo genannt we— gen ihrer Aehnlichkeit mit Hoden und Blaſen; ſie münden in die Samenleiter oder in den Ausführungsgang, ſeltener in die Wurzel der Ruthe, und ſind eben ſo verſchieden geſtaltet, wie die eigent— lichen Hoden. Wahrſcheinlich ſondern ſie Schleim ab, zum Schlü— pfrigmachen der Ausführungsgänge. — Daß manche dieſer An- hängſel der Geſchlechtstheile, beſonders ſolche, welche in die Scheide oder in die Ruthe ausmünden, Urinorgane fein ſollten, wie zum Theil geglaubt wird, iſt weniger wahrſcheinlich. 8 266. Männliche und weibliche Geſchlechtstheile derſelben Thierart haben übrigens oft, ſowol in ihrer Geſtalt und . 246 Achte Klaſſe. Lage wie in ihren einzelnen Theilen, ſo viel Uebereinſtimmen⸗ des, daß es klar iſt, wie beide urſprünglich aus Einer Grund⸗ form heraus ſich erſt männlich oder weiblich entwickelt haben. Die Hoden entſprechen den Eierſtöcken, die Samenleiter den Eier- leitern, die Samenblaſe der Bärmutter, der Samenausführungs⸗ gang dem Eierausführungsgange, die Ruthe der Scheide. Be— ſonders ſind Hode und Eierſtock in ihrem unentwickelten Zuſtande oft einander ſo ähnlich, daß man ſie kaum zu unterſcheiden und das Geſchlecht zu erkennen vermag. Vierter Abſchnitt. Lebensweiſe. § 267. Die Wohnung iſt den meiſten Vielfüßlern im Waſſer angewieſen, und zwar größtentheils im Meere, ge— wöhnlich am Grunde deſſelben, in Löchern, unter Steinen und Pflanzen u. ſ. w. Wenigere, unter ihnen der Flußkrebs, wohnen im ſüßen Waſſer. Die Rankenfüßler ſind entweder mittelſt eines Stieles oder mit der Schale an andern Körpern oder ſelbſt an Thieren feſtgewachſen. Die Schmarotzerkrebſe ſitzen angeklammert an Waſſerthieren, befonders im Munde der Fiſche, und verlaſſen zuweilen ihr ganzes Leben hindurch den Platz nicht wieder, wo ſie ſich einmal feſtgeſetzt haben. Auch einige andere Vielfüßler, z. B. die Waſſeraſſeln, Schmarotzeraſſeln, Bopyrus, leben fo an andern Thieren. Einige Krebſe, die Muſchelwächter, wohnen in Muſchelſchalen ganz friedlich mit dem Muſchelthiere zuſammen; es giebt ſogar Arten (die Uroptera Latr. Phronima), die im In⸗ nern von Quallen und Seeigeln wohnen. An einigen Krabben (Dromia) ſitzen ein Paar Beine höher an der Seite des Körpers hinauf; ſie halten mit dieſen Beinen eine Muſchel oder einen Schwamm und dergleichen wie ein Schild über ſich. Manche Floh: krebſe (Gammarus punctatus) leben paarweiſe, Männchen und Weibchen, in einem aus Seegras verfertigten Futteral. Die Weich⸗ ſchwanzkrebſe beziehen leere Schneckenhäuſer, indem ſie rückwärts hineinkriechen, und ſich dann, mit den am Ende des Hinterleibes befindlichen Haken, im Grunde des Hauſes feſtklammern, ſo daß nur der Kopf und die Beine hervorragen. Dieſe Krebſe, befon- Gelenkfüßler. 247 ders die in den oſtindiſchen und weſtindiſchen Meeren lebenden, wandern mit ihren Häuſern oft tief landeinwärts, wohnen dann an feuchten Stellen in Erdlöchern unter Steinen u. ſ. w., und ziehen ſpäter, wenn ſie ſich häuten oder Eier legen wollen, oft in ungeheuern Schaaren, wieder in das Meer. Manche (Pa- gurus latro) klettern ſogar auf Bäume, wahrſcheinlich um Rau— pen, Neſtvögel, Eier und dergleichen zu freſſen. Aehnliche Wan— derungen landeinwärts und zur Zeit des Eierlegens wieder zu— rück, nehmen auch manche andere Krabben vor, beſonders aus der Gattung der Laufkrabben, die daher auch Landkrabben ge⸗ nannt werden. Die Erzählungen, wie dieſe Krabben oft in Heer— ſchaaren von Millionen immer in gerader Richtung dem Meere zuwandern, gränzen zum Theil an das Unglaubliche. Einige der— ſelben ſollen oft mehre hundert (engliſche) Meilen tief landein— wärts wohnen und wahrſcheinlich niemals ins Meer ziehen; einige ſterben ſogar unter Waſſer in wenigen Minuten. Auch die Stiel— ſchwänzer können wochenlang außerhalb des Waſſers leben. Ganz eigentliche Landthiere find die Tauſendfüßlinge und mehre Aſſeln. Sie wohnen an feuchten, dumpfigen Orten, und einige Aſſelarten ſelbſt in den Häuſern, und kommen meiſt nur des Nachts aus ihren Schlupfwinkeln hervor. Unwahrſcheinlich iſt es, daß kleine; Scolopender (Scolopendra electrica), wie wol erzählt wird, zu— weilen am Menſchen durch die Naſenlöcher bis in die Stirnhöh— len kriechen. 8 268. Die bei weiten meiſten Spinnenthiere find Landthiere. — Im Waſſer wohnen die Pycnogoniden und einige Milben (Waſſermilben u. ſ. w.) und Spinnen (Waſſer⸗ ſpinnen). Die Pycnogoniden und einige der hieher gehörigen Mil— ben leben zum Theil paraſitiſch auf andern Thieren. Die Waſſer⸗ ſpinnen machen unter dem Waſſer, an Pflanzen und dergleichen, ein halbkugelförmiges, unten offenes Geſpinnſt, welches ſie mit Luft anfüllen, um darin athmen zu können. Auch einige andere Spinnen, die Laufſpinnen, laufen oft über der Waſſerfläche hin; und eine Art derſelben ſoll ſich ein Floß von Waſſerkräutern ver⸗ fertigen und auf demſelben treibend Waſſerinſekten jagen. Unter den Waſſermilben giebt es auch eine Art, welche im Waſſer ein Netz ſpinnt, daſſelbe mit Luft füllt, die ſie an den Haaren der 248 Achte Klaſſe. Hinterbeine hineinbringt, und dann darin wohnt. — Unter den Landthieren dieſer Unterklaſſe haben die Milben die mannig⸗ faltigſten Wohnungen, theils in der Erde, theils auf Pflanzen und in Pflanzengallen, theils in unſern Nahrungsmitteln (die Haus⸗ milben im Käſe, Brodt, Fleiſch u. ſ. w.). Viele leben als Schma⸗ rotzer auf und in andern Thieren, ſelbſt im Gehirn und in den Augen des Menſchen. Einige Zeckenarten, auch Holzböcke genannt, wohnen auf Pflanzen, von denen ſie aber gelegentlich auf Men⸗ ſchen und Thiere gerathen und ſich dann paraſitiſch an denſelben mit dem Rüſſel feſtbohren. Hieher gehören auch noch einige Mil- ben, die in den krankhaften Ausflüſſen des menſchlichen Körpers, im Krebs und dergleichen vorkommen, wie auch die Krätzmilben (Sarcoptes scabiei). Ueber die letztern entſtand die Streitfrage, ob ſie Folge oder Urſach der Krätze wären? Das Letztere iſt wol wahrſcheinlicher, da, nach mehren Beobachtungen, geſunde Men⸗ ſchen die Krätze bekamen, wenn ſolche Milben auf ihre Haut gebracht wurden, hingegen das Uebel verſchwand, wenn man die Milben entfernt hatte. Die Afterſpinnen, Tracheenſpin⸗ nen, Scorpioniden und Scheerenfüßler wohnen meiſt an der Erde, in Löchern, unter Steinen, Moos, Baumrinde u. ſ. w. »Einige kommen auch in Häuſern vor, wo fie an dunkeln Stellen ſich anfzuhalten pflegen, z. B. manche Weberknechtſpinnen, Krebs⸗ ſpinnen und Skorpione. § 269. Die Spinnen wenden die Fäden, welche fie ausſpinnen, mehr oder weniger zur Verfertigung ihrer Wohnung an. Diejenigen Gattungen unter ihnen, welche ein umherſtreifen— des Leben führen, und theils auf Pflanzen, theils in und an Häu- ſern u. ſ. w. zu finden ſind, z. B. die Springſpinnen, ziehen doch meiſt einen Faden hinter ſich aus, der ihnen zum Anhalt dient. Viele, die ſogenannten Wolfsſpinnen, wohin auch die Luchsſpin— nen und eigentlichen Taranteln (Lycosa tarantula) gehören, woh— nen in Erdlöchern, die ſie inwendig ausſpinnen; andere unter Steinen, Baumrinde und zwiſchen Blättern, wo ſie zum Theil Röhren weben; hieher gehört die vielbeſprochene Vogelſpinne (Mygale avicularia). Unter denen, welche Kanäle in die Erde graben, giebt es auch Arten (die Maurerſpinnen), die an der Oeffnung des Kanals einen aus Erde und Geſpinnſt verfertigten Deckel an- Be: Gelenkfüßler. 249 bringen, der ſo befeſtigt iſt, daß er, wie ein Doſendeckel, geöffnet und zugeklappt werden kann. Eine Art von Minirſpinnen (My- gale nidulans) auf Jamaika macht ein großes, neun Zoll langes, verkehrttrichterförmiges Neſt aus Erde, inwendig mit Geſpinnſt tapezirt, und mit einem aus zuſammengeſponnenen Blättern ver— fertigten Deckel. Diejenigen Spinnen, welche eigentliche freie Gewebe oder Netze machen, zeigen wieder eine große Mannig— faltigkeit in Anlage, Form und Größe derſelben. Manche machen nur kleine enge höhlenförmige Gewebe; andere, beſonders ſüd— amerikaniſche Arten, ſehr große Geſpinnſte. Man hat dergleichen geſehen, welche fünf und zwanzig Fuß hoch und doppelt ſo lang waren; aber in dieſen Fällen wurde das große Geſpinnſt von mehren, zuweilen einigen hundert, Spinnen gemeinſchaftlich be— wohnt, deren jede zum Theil wieder ihr beſonderes kleines Netz in dem großen hatte. Die freien Gewebe find theils unregel— mäßig, indem ſich die Fäden nach allen Richtungen durchkreuzen und verfilzen, theils aber ſind ſie ſehr regelmäßige, runde, ausge— ſpannte Netze, die aus mehren Radien beſtehen, welche durch einen vom Mittelpunkte des Netzes ausgehenden und mehre Windungen beſchreibenden Spiralfaden verbunden werden. Meiſt legt die Spinne irgendwo am Rande des Gewebes eine dichtere Höhle mit zwei Ausgängen an, deren einer zum Netze hin, der andere davon ab führt. Dieſe Höhle iſt ihr eigentlicher Aufenthalt. Viele Netz— ſpinnen aber ſitzen frei im Mittelpunkte des Netzes. Bei der An— lage und Verfertigung dieſer Gewebe iſt die mannigfaltige inſtinkt— mäßige Fertigkeit der Spinnen zu bewundern, mittelſt welcher ſie theils die zweckmäßigſte erſte Anlage machen und die äußerſten Gränzfäden ziehen, theils das Gewebe ſelbſt in der vollkommen— ſten Regelmäßigkeit verfertigen, und dabei eben ſowol äußere gün— ſtige Verhältniſſe in den Umgebungen zu ihrem Vortheil zu be— nutzen, als Hinderniſſe zu vermeiden und Fehler zu verbeſſern wiſſen. So wird z. B. erzählt, daß Spinnen, wenn das Gewebe zu ſchlaff gerathen iſt, kleine Steine, Blätter und dergleichen un— ten anhängen, um das Netz ſtraff zu halten. Wenn die Spinne ſpinnen will, ſo läßt ſie aus den Spinnwarzen ein Tröpfchen Spinnſaft hervortreten, welches dann auf verſchiedene Weiſe aus⸗ geſponnen wird, nämlich 1) indem es mit den Hinterbeinen wei— 250 Achte Klaſſe. ter ausgezogen wird, oder 2) indem die Spinne, nachdem ſie es angeklebt hat, ſich daran hängt, und es nun durch das Gewicht des Körpers weiter ausgezogen wird, oder 3) indem die Spinne, nach Anheftung des Tröpfchens, weiter läuft und ſo den Faden ausſpinnt, oder 4) durch Ausſtoßung des Fadens in die freie Luft. Dieſe letzte Art des Spinnens iſt am ſchwierigſten zu erklären. Manche Beobachter meinen, daß die Spinne dabei zugleich einen feinen Strom einer gasartigen oder elektriſchen Flüſſigkeit aus⸗ ſtoße, durch welchen der Faden mit ausgeſponnen und ihm die Richtung in der Luft gegeben werde, die er annehmen ſoll. Daß die Spinnen einen bereits ausgeſponnenen Faden wieder in den Leib zurückziehen können, wie man wol gemeint hat, iſt nicht der Fall. Eigentlich tritt aus jedem einzelnen Porus, oder, nach Blackwall, nicht aus den Poren, ſondern aus den Papillen, ein Faden hervor, aber dieſe Fädchen vereinigen ſich ſogleich zu einem ſtärkern Faden. Bedenken wir nun, daß eine jede der vier Spinnwarzen tauſend ſolcher Papillen haben kann, daß alſo, wenn alle Warzen zugleich vollſtändig ausſpinnen, Ein Faden aus vier⸗ tauſend feinen vereinigten Fädchen beſteht, ſo kann man ſich einen Begriff von der Feinheit der einzelnen Fädchen machen. Es iſt berechnet worden, daß von kleinen Spinnen 16,000 Millionen ſolcher Fädchen erfordert werden, um einen Faden von der Stärke eines Menſchenhaares darzuſtellen. Es wird aber nicht immer von allen Warzen zugleich geſponnen, was ſich ſchon dar⸗ aus ergiebt, daß eine an einem Faden hängende Spinne oft einen zweiten Faden in die freie Luft ausſpinnt. — Uebrigens giebt es auch ſpinnende Milben, welche Blätter und Stän— gel mit feinen Fäden überziehen, z. B. Gamasus (Tetronychus) telarius, ; § 270. Die Milben wohnen zum Theil gefellig bei⸗ ſammen. Weniger läßt ſich dieſes von andern Spinnenthieren, am wenigſten von den Spinnen ſagen, unter denen vielmehr eine ſolche Feindſchaft ſtattfindet, daß ſelbſt Männchen und Weibchen Einer Art nur in dem kurzen Augenblicke der Begattung vor ein— ander ſicher ſind. Jedoch finden auch hier Ausnahmen ſtatt, denn die Waſſerſpinnen leben oft in einem kleinen Raume in bedeuten⸗ der Anzahl friedlich mit einander, und daſſelbe gilt auch von den 1 Gelenkfüßler. 251 ſüdamerikaniſchen Spinnen, welche gemeinſchaftlich in einem großen Gewebe wohnen. 25 § 271. Unter den Inſekten haben viele gar keine be ſondere Wohnung, ſondern fliegen faſt beſtändig in der Luft umher, und ſetzen ſich bald da, bald dort nieder, um zu ruhen oder Nahrung einzunehmen oder Eier abzuſetzen und dergleichen; z. B. Falter, die meiſten Zweiflügler, Netzflügler, Hautflügler. Weniger flüchtig, aber doch nur frei auf Pflanzen wohnend, zeigen ſich die Gleichflügler, Landwanzen, die meiſten ſpringenden und manche andere geflügelte Gradflügler, und viele Käfer (Laub— käfer, Blattkäfer, Marienkäfer u. ſ. w.). Anders iſt es ſchon mit manchen Hautflüglern (Weſpen, Bienen, Ameiſen u. ſ. w.), welche zwar auch den Tag über im Freien zubringen, aber doch Neſter anlegen, um ihre Brut zu beherbergen und meiſt auch ſelbſt darin über Nacht zu ruhen. Manche aber legen ſolche Neſter bloß für die Brut an, ohne ſelbſt darin zu wohnen, z. B. Holzbienen, Blumenbienen u. ſ. w. (Ueber dieſe Neſter ſ. den Abſchnitt von der Fortpflanzung der Inſekten.) Die Grabweſpen machen zu gleichem Zwecke bloß einfache Höhlungen oder Kanäle in den Erd— boden oder in Holz. Viele Käfer leben beſtändig an der Erde, unter Holz, Laub, Steinen, in Löchern, z. B. Raubkäfer und flü- gelloſe Käfer. Unter den Gradflüglern wohnen Gryllen, Maul— wurfsgryllen, Erdgryllen in der Erde; ſo auch mehre Thyſanu— ren. Von Käfern wohnen auch viele im Dünger (Miſtkäfer), im Aas (Aaskäfer), in Pilzen (Pilzbewohner), im Holz und unter Baumrinde (Borkennager, Plattnager). Im Waſſer halten ſich die Waſſerkäfer und Waſſerwanzen auf. Faſt aus allen Ordnun— gen haben ſich einige die menſchlichen Wohnungen zu ihrem Aufenthalte erkoren, als da ſind die Hausfliege, die Bettwanze, einige Motten und Termiten, die Papierlaus (Psocus pulsatorius), das Heimchen (Gryllus domesticus), die Küchenſchabe (Blatta orientalis), der Mehlkäfer (Tenebrio molitor), einige Arten Poch—⸗ käfer u. ſ. w. Als Schmarotzer auf warmblütigen Thieren le— bend, ſind die Lauskerfe, Flöhe und die meiſten Lausfliegen be— kannt. Meiſtens leben die Inſekten einzeln, oder nur zufällig in größerer Menge beiſammen. Bei einigen aber, zumal ſolchen, Be u Er die ſich größere Neſter und Wohnungen bauen, gehört es mit zu 252 Achte Klaſſe. ihrer Natur, daß fie gef elli g leben und daß bie a von einem Theile der Geſellſchaft gemeinſchaftlich aue wird, z B. Bienen, Weſpen, Ameiſen. 8 272. Unter den Gelenkfüßlern find die Inſekten meiſt Tagethiere, bei Tage munter, über Nacht ruhend. Viele aber ſind Nachtthiere, die bei Tage ruhen, wie z. B. unter den Zweiflüglern die Bachmücken und Stechmücken, unter den Wan⸗ zen die Hauswanze, unter den Faltern die Nachtfalter und Däm— merungsfalter, unter den Netzflüglern manche Tagthierchen und Köcherjungfern, unter Gradflüglern die meiſten Thyſanuren, die Schaben, die Oehrlinge, Gryllen, unter Käfern ſehr viele, nament— lich die meiſten derer, die nicht auf Pflanzen leben. Auch die Mehrzahl der Spinnenthiere und Vielfüßler . bei Nacht ge⸗ ſchäftiger als bei Tage. § 273. Die Verbreitung der Gelenkfüßler erſtreckt ſich über die ganze Erde; beſonders zahlreich iſt das Heer der Inſek— ten, von denen man wol eine Million Arten annehmen kann. Die ſüdlichen Zonen ſind aber weit mehr von ihnen bevölkert als die nördlichen; auch kommen in jenen überhaupt, aus allen un⸗ terklaſſen und Ordnungen, die größten, ſchönſten und die am ſon⸗ derbarſten geſtalteten Arten vor. Unter den Landthieren wohnen die bei weiten meiſten in den Niederungen, wo die weniger rauhe Luft, eine üppigere Vegetation, und die auf Pflanzen lebenden Inſekten, ſowol denen, welche aus dem Pflanzenreiche ihre Nah— rung ziehen, als auch denen, die vom Raube leben, ein beſſeres Gedeihen und reichliche Koſt gewähren. Doch trifft man auch ſelbſt auf den höchſten Bergen einige Gelenkfüßler an, beſonders Spinnen, verſchiedene Zweiflügler, namentlich Schnaken, und einige Falter. Manche Arten ſind ſehr weit verbreitet, zumal ſolche, die an Menſchen und Hausthieren als Schmarotzer leben; doch kommen auch manche, die nicht von andern Thieren abhängig ſind, zugleich in den gemäßigten Gegenden von Europa, Afrika und Amerika vor, z. B. der Todtenkopfſchwärmer (Sphinx Atro- pos). Viele andere dagegen haben nur einen ſehr beſchränkten Wohnort. Mehre haben ſich nach und nach von ihrem eigentli— chen Vaterlande aus in weit entfernte Länder verbreitet, indem ſie entweder den Menſchen folgten oder zufällig durch Schiffe und Gelenkfüßler. 253 Waaren verpflanzt wurden, z. B. Stubenfliegen, einige Scha- ben (namentlich die Küchenſchabe, Blatta orientalis) u. ſ. w. Manche fliegende Inſekten ſind durch die weiten Züge oder Wan— derungen berühmt geworden, die ſie in gewiſſen Jahren in zahl— loſen Geſellſchaften, ununterbrochen ſtets in derſelben Richtung, unternehmen, z. B. Waſſerjungfern (Libellula quadrimaculata), Nymphenfalter (Vanessa Atalanta und Cardui). Auch die ver— derbliche Zugheuſchrecke, Gryllus migratorius, durchzieht zuweilen in großen Schwärmen ziemlich weite Strecken; man hat ſie (oder eine andere Art) zuweilen in ungeheuern Zügen, über 100 deutſche Meilen vom Lande entfernt, zur See angetroffen; aber ungegrün— det iſt es, wenn erzählt und geglaubt wird, daß ſie zuweilen in Einem Sommer von Perſien bis auf unſere Felder kommen. § 274. In den nördlichern Gegenden verkriechen ſich die an der Luft lebenden Gelenkfüßler zum Theil, wenn die kalte Jahreszeit eintritt, in ſchutzige Schlupfwinkel, und verfallen da— ſelbſt meiſt in einen lethargiſchen Zuſtand oder Winterſchlaf, aus dem ſie erſt die mildere Jahreszeit wieder erweckt. Manche kommen ſehr früh aus demſelben hervor, z. B. Poduren, die man im erſten Frühjahr zuweilen ſchon auf dem Schnee antrifft. An— dere bleiben im Herbſt lange munter, und werden ſelbſt noch mit— ten im Winter, beſonders an heitern Tagen, umherkriechend oder fliegend angetroffen, z. B. einige Bachmücken (Tipula hyemalis), Spaͤnnerfalter (Phalaena brumata), die Winterſkorpionfliege (Bo- reus hyemalis). Manche Spinnen verfertigen ſich zu ihrem Win— teraufenthalte ein dichteres, geſchloſſenes Gehäuſe; die Spring— ſpinnen weben ſich zu dem Ende einen Sack. Die Waſſerſpin— nen überwintern ſelbſt unter Waſſer in ihrem Gehäuſe, nachdem fie die Oeffnung deſſelben zugefponnen haben. In den Tropen— ländern halten manche Inſekten eine Sommerruhe, indem ſie ſich während der heißen, trockenen Jahreszeit verkriechen und erſt in der Regenzeit hervorkommen. ö § 275. Die Bewegung der Gelenkfüßler bezieht ſich auf die bei den verſchiedenen Gattungen auch zum Theil ſehr ver— N ſchiedene Beweglichkeit der Gliedmaßen und Körperabſchnitte. Contractilität oder Zuſammenziehung des ganzen Körpers oder einzelner Theile deſſelben iſt bei dieſen Thieren in ſehr geringem 254 | Achte Klaſſe. Grade vorhanden, da die derbe, meiſt völlig ſtarre Haut das Zu⸗ ſammenziehen nicht geſtattet. Nur da, wo jene Haut durch Ein⸗ ſchnitte getrennt, und dadurch der Kopf vom Vorderleibe, dieſer von dem Hinterleibe, und der Hinterleib in Segmente getheilt iſt, können dieſe Theile in den eingeſchnittenen Fugen, wo ſie durch eine weichere ausdehnbare Haut zuſammenhängen, ſich bewegen, und mehr oder weniger vorgeſtreckt und in einander geſchoben werden. Beſonders gilt dieſes auch von den Segmenten des Hinterleibes, der mittelſt jener Einrichtung ſich auch mehr oder weniger krümmen kann. Manche Tauſendfüßlinge (Julus, Glo⸗ meris) können auf dieſe Weiſe den ganzen Körper ſpiralförmig zuſammenrollen. Beine und Fühler können nicht eingezogen, ſon— dern nur eingeſchlagen oder an den Körper gelegt werden. § 276. Diejenige Bewegung, die wir bei dieſen Thieren beſonders zu betrachten haben, bezieht ſich auf die Ortsverän— derung, und beſteht im Gehen und Laufen, Springen, Schwimmen, Fliegen. Die einzigen Gelenkfüßler, welchen die Ortsveränderung ganz verſagt iſt, ſind die Rankenfüßler in ihrem ausgewachſenen Zuſtande, wo fie nämlich an andern Kör— pern feſtgewachſen ſind. Uebrigens aber ſind die Grade der Schnelligkeit und Leichtigkeit bei der Bewegung ſehr verfchieden. § 277. Unter den Vielfüßlern findet bei den Ranken⸗ füßlern nur in der früheſten Jugend, wo ſie mit Schwimmbeinen verſehen ſind, eine Ortsbewegung ſtatt; denn bald ſetzen ſie ſich irgendwo nieder, um den Ort nie wieder zu verlaſſen, in dem ſie feſtwachſen. Eine Art der Entenmuſcheln (Lepas vitrea) fol jedoch nicht feſtſitzen, ſondern mittelſt traubenförmiger Luftbla⸗ ſen an der Oberfläche des Waſſers ſchwimmen, ſich aber auch in die Tiefe ſenken können. Die Schmarotzerkrebſe ſind ebenfalls träger Natur und ſitzen faſt beſtändig auf andern Thieren. Be— ſonders merkwürdig unter ihnen ſind die Kiemenwürmer, welche, gleich den Rankenfüßlern, in früher Jugend mit Schwimmfüßen verſehen ſind und munter im Waſſer umherrudern, ſich aber bald feſtſetzen, wo dann die Beine verkümmern, indem nur ein Paar der vordern ſich in Klammerorgane verändert, deren Enden in die Haut des von dem Kiemenwurme bewohnten Thieres eindringen und mit derſelben gleichſam verwachſen. Die Männchen ſollen r Gelenkfüßler. 255 jedoch beweglicher ſein und ſich auch zuweilen losmachen. Die meiſten der übrigen Vielfüßler, welche frei im Waſſer oder auf dem Lande leben und mit vollſtändigen Beinen verſehen ſind, gehen und laufen ſehr gut; manche Krebſe, z. B. aus der Gattung der Laufkrebſe, ſo ſchnell, daß man ſie nicht im Laufe einholen kann. Das Schwimmen geſchieht auf mancherlei Weiſe, entweder mittelſt eigentlicher Schwimmbeine, oder mittelſt Stummelbeine und Schwimmblättchen, die ſich unter dem Hinter— leibe oder an der Wurzel der Beine befinden, und wohin auch manche ſogenannte Kiemenblättchen zu zählen ſind. Manche Kie— menfüßler (Lophyropes Lattr.) rudern mit den Fühlern, und ge— brauchen zum Theil die Beine gar nicht zur Bewegung, ſondern als Mundtheile zum Taſten. Mehren Vielfüßlern dient auch der Hinterleib zum Schwimmen. — Wenn die Schläge der Schwimm— Organe ſchnell nach einander folgen, ſo entſteht eine gleichmäßige Bewegung; wenn ſie aber in längern Zwiſchenräumen und dann mit Heftigkeit erfolgen, ſo wird das Thier ruckweiſe fortgeſtoßen, und die Bewegung iſt gleichſam ſpringend. Diejenigen Kie— menfüßler, an denen man dieſe letzte Art der Bewegung haupt— ſächlich wahrnimmt, heißen daher auch Waſſerflöhe. An den Daphnien, denen man auch wol vorzugsweiſe dieſe Benennung beilegt,, iſt indeß das Springen nicht ſo auffallend, als z. B. bei Cyclops. | § 278. Die Beweglichkeit der Spinnenthiere ift eben— falls ſehr verſchieden. Im Allgemeinen ſind die, welche ein Schma— rotzerleben führen, ſo wie die, welche nicht vom Raube leben, die langſamſten. Hieher gehören beſonders mehre Milbengattun— gen, unter denen es ſogar eine giebt, welche, mittelſt eines am Ende des Hinterkörpers befindlichen Stieles, auf den Käfern, die fie bewohnt, feſtgewachſen zu fein ſcheint (Uropoda), was jedoch nicht der Fall iſt; denn jener Stiel iſt nichts weiter als fadenför— mig ausgezogene und verhärtete Excremente, auf denen die Milbe dann haften bleibt. Denſelben Stiel hatte man früher zum Theil für ein Organ zum Einziehen der Nahrung gehalten. Die Spin⸗ nen ſind im Ganzen die ſchnellſten dieſer Unterklaſſe. Es giebt deren, die eben fo ſchnell rückwärts und ſeitwärts als vor: wärts laufen (Araignées laterigrades Latr.), nur nicht fo ans — 7 256 | Achte Kaffe. haltend. Eine Fledermausmilbe (Pteroptus vespertilionis) kann ihre Beine auf den Rücken wenden, ſich dann umkehren und nun auf dem Rücken eben fo gut gehen wie in gewöhnlicher Stel- lung auf dem Bauche. Die Springſpinnen ſpringen ziemlich weit, wie auch einige Milben (Megamerus), Die im Waſſer lebenden Spinnenthiere ſchwimmen meiſt ſehr behende. § 279. Außer den bisher erwähnten activen Bewegungs⸗ arten dieſer Thiere, findet bei manchen Spinnen noch eine paſſive Ortsveränderung ſtatt, die man wol mit dem Namen der Luft— reiſen der Spinnen bezeichnet hat, weil ſie darin beſteht, daß dieſe Thiere zuweilen, ohne ein Glied zu rühren, plötzlich gleich— ſam durch die Luft davon zu ſchweben ſcheinen oder wirklich auf dem ſogenannten Mariengarn oder fliegenden Sommer durch die Luft ziehen. Letzteres iſt nicht ſchwierig zu erklären, indem das Mariengarn wirklich Spinngewebe iſt. Täuſchend aber iſt es, wenn die Spinne auf einem einfachen, oft nur mit Mühe ſichtbaren Faden ſolche Luftreiſen unternimmt, wo es dann in der That den Anſchein haben kann, als ſchwebe ſie ohne Faden davon. Manche Beobachter wurden dadurch verleitet, anzunehmen, daß die Spinnen in ſolchem Falle ſich der Beine als Flügel bedienten, oder daß fie hinten eine gasförmige Flüſſigkeit ausſtießen, wo⸗ durch ſie in entgegengeſetzter Richtung fortgetrieben würden, oder daß nach hinten mit Gewalt hervorgetriebene Fäden, gleich dem Feuerſchweif einer Rakete, die Spinne in entgegengeſetzter Rich— tung fortſtießen, oder daß die Spinne im Innern leichte Luft ent— wickeln und dann wie ein Luftballon aufſteigen könnte. Die Sache verhält ſich folgendermaßen: Die Spinne läßt ſich entweder an einem Faden bis zu einer gewiſſen Tiefe hinab, ſpinnt dann einen zweiten Faden in die Luft hinaus, und reißt, wenn dieſer lang genug iſt, um fie tragen zu können, den erſten Faden hinter ſich ab, worauf ſie nun mit dem zweiten Faden davon ſchwebt, oder ſie hebt im Sitzen den Hinterleib in die Höhe, ſpinnt einen Fa— den in die Luft aus, ſpringt dann empor und ſchwebt mit dem Faden davon. Der erſten Methode bedient ſie ſich auch, wenn ſie zwiſchen zwei ſehr entfernten Punkten einen Verbindungsfaden anlegen will. Wenn nämlich der in die Luft ausgeſponnene Fa⸗ den mit dem freien Ende irgendwo anklebt, ſo läuft ſie an dem⸗ En Seh, 1 — t Gelenkfüßler. 257 ſelben hin, indem ſie den erſten Faden, an dem ſie hängt, nicht abteißt, ſondern hinter ſich weiter ausſpinnt, bis ſie an dem An⸗ heftungspunkte des zweiten Fadens angelangt iſt. Wie man aus dem Angeführten ſieht, ſo können die Spinnen nicht nur nach Gefallen entweder aus allen Warzen zugleich oder nur aus einer oder einem Paar derſelben Fäden ziehen, ſondern ſie können auch, während des Ausſpinnens und des Sichhinablaſſens an einem Faden, die Spinnöffnungen plötzlich ſchließen und hängen bleiben: Die Richtung, welche der frei in die Luft ausgeſponnene Faden nimmt, wird ohne Zweifel durch den Luftzug beſtimmt, ohne daß es nöthig wäre, dabei das Mitausſtrömen einer elektriſchen Flüſ— ſigkeit anzunehmen, die dem Faden eine beſtimmte Richtung geben müſſe. Wie aber das erſte Ausſtoßen eines freien Fadens ge— ſchehe, iſt freilich ſchwierig zu erklären. Das Mariengarn, wel— ches man an heitern ſonnigen Herbſttagen oft in langen flockigen Fäden an Bäumen und Büſchen flatternd oder in der Luft um— herziehend antrifft, entſteht an Orten, wo eine Menge ſolcher Spinnen mit dem Ausſpinnen thätig beſchäftigt ſind, durch das Zuſammenkleben mehrer Luftfäden. 8 280. Unter den Inſekten haben einige Weibchen von Nachtfaltern, z. B. aus der Gattung der Sackträger, weder Beine noch Flügel noch ſonſtige Bewegungsorgane; bei dieſen findet demnach eigentlich gar keine Ortsbewegung ſtatt. Manche haben nur verkümmerte Beine, und zugleich auch keine Flügel, z. B. die Weibchen verſchiedener Cochenillen, die daher auch faſt beſtändig an einer und derſelben Stelle feſtſitzen. Die mit voll- ſtändigen Beinen verſehenen Inſekten gehen und laufen. Viele können auch ſpringen, und dieſe erkennt man in der Regel an dickern Hinterſchenkeln (ſ. Springbeine). Die Erdgryllen (Nya variegata wenigſtens) ſpringen jedoch nicht mit den Hinterbeinen, die ſie immer ausgeſtreckt tragen, ſondern mit den vier Vorder— beinen. Die Springkraft iſt ſehr verſchieden. Der beſte Springer iſt der Floh, denn er ſpringt zweihundertmal höher, als er lang iſt. Manche Inſekten können ſich aber noch auf andere Weiſe fortſchnellen. Die Springkäfer, wenn ſie auf dem Rücken liegen, dadurch, daß ſie gewiſſe Vorragungen des Prothorax in entſpre⸗ chende Vertiefungen des Meſothorax einſchnellen; manche Thyſa⸗ | | | 17 258 Achte Klaſſe nuren (Zuckergaſt, Machilis) durch Hinterleibsanhängſel, die fie unterwärts krümmen und gegen den Boden ſchlagen. Das Schwimmen durch Ruderbewegung der Beine iſt eine Eigen⸗ ſchaft der mit eigentlichen Schwimmbeinen verſehenen Inſekten; aber manche Waſſerinſekten (z. B. Runzelkäfer, Waſſerſkorpion, Waſſerlaufwanzen) ſind ohne Schwimmbeine und gehen am Bo⸗ den oder an Waſſerpflanzen umher. Die Waſſerlaufwanzen lau⸗ fen, mit ihren langen dünnen Beinen, auf der Oberfläche des Waſſers umher, ohne dieſes mit dem Bauche zu berühren und ohne jemals unterzutauchen. Fliegen können alle diejenigen In⸗ ſekten, welche mit dünnhäutigen und zum Tragen des Körpers hinlänglich großen Flügeln verſehen ſind. Am willigſten und leich⸗ teſten fliegen ſolche, wo alle Flügel, es mögen deren zwei oder viere ſein, jene Eigenſchaften haben, alſo Zweiflügler, Falter, Haut⸗ flügler, Netzflügler. Dieſe fliegen zum Theil ſehr weit und an⸗ haltend. Es giebt Zweiflügler und Netzflügler, aus den Gattun⸗ gen der Bachmücken, Stechmücken, Tagthierchen, Köcherjungfern, welche ſtundenlang geſellſchaftliche Tänze aufführen, indem ſie in einem beſtimmten Raume immer auf und nieder fliegen. Alle vierflüglige Inſekten, deren Oberflügel ſtarrer und unbiegſamer ſind, zeigen ſich weniger aufgelegt zum Fluge und langſamer im Entfalten der Flügel, auch fliegen ſie ſchwerfälliger; in der Regel aber dienen ihnen die Oberflügel mit zum Fluge, und nur die Goldkäfer gebrauchen dazu bloß die Unterflügel, indem ſie die Oberflügel auf dem Körper angelegt ruhen laſſen. Solche Inſek⸗ ten aber, welche bloß ſtarre Oberflügel und gar keine oder ver⸗ kümmerte Unterflügel haben, können gar nicht fliegen, z. B. mehre der größern Laufkäfer und manche Schattenkäfer, auch einige Land⸗ wanzen. — Noch iſt zu erwähnen, daß den ſchwimmenden und fliegenden Inſekten wahrſcheinlich auch die größern innern Luft⸗ behälter, die wir unter den innern Athemorganen kennen ge— lernt haben, mit zu Statten kommen; denn da dieſe Behälter ſich ſtärker als die andern Luftröhren ausdehnen und zuſammen⸗ ziehen, und dadurch den Körper ſpecifiſch leichter oder ſchwerer machen können, ſo kann das Inſekt auf dieſe Weiſe deſto beſſer, in der Luft oder im Waſſer, nach Gefallen ſich heben oder ſinken. Chabrier meint jedoch, daß diejenige Luft, die fo: zum Ausdeh⸗ Gelenkfüßler. 259 nen und Leichtermachen des Körpers bine, nicht durch die Luft⸗ löcher ſondern durch den Mund eingezogen werde, wonach ſie alſo die Saugblaſen und den Kropf oder überhaupt den ganzen Nah⸗ rungskanal ausdehnen würde. 8 281. Die Nahrung der Gelenkfüßler im Allgemeinen, ob ſie in feſten Stoffen beſteht, welche abgenagt und zerkleinert werden müſſen, oder ob ſie in Flüſſigkeiten beſteht, welche nur eingezogen zu werden brauchen, kann man ſchon aus der Beſchaf— fenheit der Mundtheile errathen; denn im erſten Falle find Freß— werkzeuge vorhanden, im zweiten Saugrüſſel. Die vom Raube lebenden freſſenden Gelenkfüßler haben meiſt mehr gekrümmte und ſpitzigere Kinnbacken als die bloß nagenden, und unter den Sau— genden erkennt man in der Regel die, welche bloß oberflächlich Flüſſigkeiten einziehen, an dem weichern Rüſſel, während die, welche zugleich einbohren, einen ſtarren Rüſſel haben. Die Raub- Inſekten ſind außerdem nicht ſelten noch mit beſondern Glied— maßen zum Fangen, Feſthalten und Tödten anderer kleiner Thiere verſehen. b § 282. Unter den Vielfüßlern ernähren ſich die Ran— kenfüßler wahrſcheinlich von kleinern Thieren, die Schmarotzerkrebſe und die Paraſiten unter den Aſſeln, z. B. Bopyrus, von Flüſſig⸗ keiten und Schleim, die ſie aus andern Thieren ziehen. Die mit muſchelförmigen Schalen bekleideten Kiemenfüßler (Waſſerflöhe und dergleichen) leben von animaliſchen und vegetabiliſchen Stoffen, welche mit dem Waſſer zwiſchen ihre Schalen gelangen; Andere, z. B. Cyclops, freſſen Infuſorien oder auch wol vegetabiliſche Stoffe; die größern, z. B. Borſtenſchwänzer, leben von Würmern, Froſchlarven und dergleichen. Aſſeln (mit Ausnahme der Schma— rotzer unter ihnen) und Tauſendfüßler freſſen abgeſtorbene und in trockne Verweſung übergehende animaliſche und vegetabiliſche Sub⸗ ſtanzen; einige, wie Chelura, Limnoria und Ligia, zernagen Holz zu ihrer Nahrung; die Scolopender freſſen lebende Thiere; we⸗ nige ſaugen Flüſſigkeiten. Die übrigen Vielfüßler (Cancer L.) fangen und freſſen kleinere Thiere; doch ſollen auch manche von ihnen, namentlich die Landkrabben und Weichſchwanzkrebſe, wenn ſie ſich am Lande befinden, gerte Koſt, eaike 2. und dergleichen genießen. hi 1 17* 260 | Achte Klaſſe. 8 283. Die Nahrung der Spinnenthiere beſteht hauptſächlich in thieriſchen, theils aber auch in vegetabiliſchen Flüſ⸗ ſigkeiten, ſeltener in feſten Subſtanzen; denn obgleich viele unter ihnen ſehr ſtarke Kinnbacken und Scheeren haben, ſo dienen dieſe Werkzeuge doch nicht ſowol zum Zerkleinern, als vielmehr zum Fangen, Feſthalten und Tödten. Unter den Milben ernähren ſich einige (die Hausmilben) von Mehl, Käſe, Fleiſch und dergleichen, wahrſcheinlich aber mehr von den mit dieſen Subſtanzen verbun⸗ denen Feuchtigkeiten; die Schmarotzer ſaugen Säfte und Blut der Thiere, die ſie bewohnen; Andere fangen kleinere Thiere und ſaugen ſie aus; theils genießen ſie auch Pflanzenſäfte oder freſſen zarte Pflanzentheile. Die übrigen Spinnenthiere ſcheinen insge⸗ ſammt von Säften der Thiere, auf denen ſie wohnen oder die ſie einfangen, zu leben. Unter den Spinnen ſollen die Weibchen gefräßiger ſein, als die mehr umherſtreifenden Männchen; diejeni⸗ gen Arten, welche Gewebe verfertigen, ergreifen Inſekten, die ſich in dieſen fangen; die nicht webenden haſchen Inſekten, indem ſie nach ihnen laufen (Wolfsſpinnen oder Luchsſpinnen oder ſpringen (Springſpinnen); einige Luchsſpinnen ſpringen ſelbſt auf fliegende Inſekten. Von der Vogelſpinne (Mygale avieularia) und einigen andern großen ſüdamerikaniſchen Spinnen wird häufig erzählt, daß ſie Colibris und andere kleine Vögel fangen und ausſaugen, welches jedoch von andern Beobachtern geläugnet wird. Warum ſollte es aber unwahrſcheinlich ſein, daß dieſe Thiere im freien Zuſtande daſſelbe thun, was ſie in der Gefangenſchaft vornehmen? Sah man doch eine gefangene Vogelſpinne nicht nur einen ihr vorgehaltenen jungen Sperling ergreifen und ausſaugen, ſondern daſſelbe auch nachher mit einem Stück rohen Kalbfleiſch vorneh— men; ſelbſt eine lebende Schlange, die ſich im Gewebe gefangen hatte, wurde von Spinnen ausgeſogen. Meyen ſah ſogar eine Mygale scrofa ein Stück Waſſermelone freſſen; und nach mehren Angaben ſaugen auch manche unſerer europäiſchen Spinnen Ro⸗ ſinen und Weintrauben aus, und trinken Waſſer und Thau. Die Hausweberſpinnen (Aranea domestica) legen ihre Gewebe meiſt in dunkeln dumpfigen Winkeln an, wohin ſelten oder nie Inſekten kommen; man glaubt daher zum Theil, daß ſie hauptſächlich von Dünſten, multrigem Staub und aufgelöften organiſchen Stoffen, Gelenkfüßler. 261 die ſich in ihren dichten horizontalen Geweben anſammeln, ernäh⸗ ren. Eine Spinne, welche einen Monat lang ohne alle Nahrung eingeſperrt gehalten war, hatte doch an Gewicht zugenommen, mußte alſo wol Nahrungsſtoff aus der Luft eingenommen haben. 9 284. Die Inſekten genießen entweder animaliſche oder vegetabiliſche, feſte oder flüſſige Nahrung; die mit einem Saugrüſſel verſehenen nur letztere; die beißenden hauptſächlich feſte. Die mit unvollkommenen Beißwerkzeugen verſehenen Köcherjung— fern ſaugen auch nur vegetabiliſche Säfte. Beſonders aber iſt letztere Nahrung den Faltern und Gleichflüglern, wie auch mehren Z3Zbweiflüglern aus den Zünften der Buſchhornfliegen und Schnaken, angewieſen. Die übrigen Zweiflügler und die Wanzen, wie auch die mit unvollkommenen Freßwerkzeugen verſehenen Läuſe, ſaugen animaliſche Säfte. Viehfliegen, Stechmücken, Kriebelmücken ſau⸗ gen meiſt das Blut der Säugthiere und Menſchen; und zwar ſind es weit mehr die Weibchen, welche ſaugen, als die Männ— chen. Die Baumwanzen ſaugen andere Inſekten und Raupen ausz die Hauswanze iſt eine bekannte nächtliche Plage des Men: ſchen, ſoll aber ſechs Jahre lang hungern können. Viele Zwei⸗ flügler ſaugen ſowol vegetabiliſche als animaliſche Flüſſigkeiten, und löſen härtere auflösbare ſüße Subſtanzen, z. B. Zucker, durch ein Tröpfchen Speichel auf, um ſie für ſich genießbar zu machen. Von feſten vegetabiliſchen Subſtanzen, und zwar von Blättern, ernähren ſich die Springgryllen und mehre Käfer (Laub⸗ käfer, Blattkäfer). Von den Springgryllen glaubte man zum Theil, daß ſie die verſchluckten Nahrungsmittel nochmals in das Maul zurückbrächten und wiederkäuetenz eine Meinung, die wol daher entſtand, weil dieſe Inſekten ſehr lange kauen. Holz dient manchen Termiten und Käfern (Borkennagern, Plattnagern) zur Nahrung; wenn nicht anders dieſe Inſekten nur im Holze woh— nen und ihre Eier abſetzen, ohne das Holz ſelbſt zu freſſen. So iſt es auch von den im Dünger und in Pilzen ſich aufhaltenden Käfern noch nicht durchgängig ausgemacht, ob ſie jene Subſtanzen freſſen. Viele Hautflügler genießen ſowol flüſſige als feſte vegetabiliſche Nahrung, beſonders die Bienen, welche ſüße Blumenſäfte einfaugen, den Blumenſtaub aber an den Hinterbei- nen in ihre Neſter eintragen, wo er mit etwas Speichel durchkne⸗ 262 a Achte Klaſſe. tet und dann, zur Nahrung und Wachsabſonderung, verzehrt wird. Auch die Grabweſpen freſſen Blumenſtaub, und wenn man ſie Inſekten, Raupen, Spinnen tödten und einſchleppen ſieht, ſo ver⸗ ſorgen ſie mit dieſer Beute nur ihre Brut. Animaliſche feſte Nahrung, und zwar lebende Inſekten, welche eingefangen und zerfreſſen werden, verzehren z. B. die Waſſerjungfern, die Raub⸗ käfer, die Fangheuſchrecken u. ſ. w. Die Vogelläuſe leben von den Haaren und Federn derjenigen Thiere, auf denen ſie wohnen. Aas dient den Silphiden, wie auch mehren Raubkäfern und Kurz⸗ deckkäfern, zur Nahrung. Viele Inſekten genießen gemiſchte Koſt, ſowol animaliſche als vegetabiliſche, feſte und flüſſige, z. B. Weſpen, Ameiſen und wahrſcheinlich noch manche andere Haut⸗ flügler, ferner die meiſten Laufgryllen. Ameiſen bringen ſogar lebende Blattläuſe in ihre unterirdiſchen Wohnungen, um den ſüßen Saft, den dieſe Thiere durch die Röhren auf dem Hinter⸗ leibe von ſich geben, deſto bequemer einnehmen zu können. Die Maulwurfsgryllen freſſen Fleiſch und Pflanzen, und fallen ſich ſelbſt unter einander an. Letzteres wird auch von manchen andern Springgryllen und Laufgryllen erzählt. — Ueberhaupt aber neh⸗ men die vollkommenen Inſekten, mit verhältnißmäßig wenigen Ausnahmen, nur wenig Speiſe zu ſich, und es giebt gewiß viele, die derſelben gar nicht bedürfen und auch keine genießen, z. B. unter den Zweiflüglern die Bremſen, unter den Faltern die Hausmotten, unter den Netzflüglern die Tagthierchen. — Manche Inſekten, z. B. Ameiſen und Bienen, tragen aber Wintervor⸗ je ein. 8285. Das Ergreifen der ih rung geſchieht theils unmittelbar mit dem Munde, theils aber mittelſt anderer Hülfs⸗ werkzeuge, beſonders iſt Letzteres bei denjenigen Gelenkfüßlern der Fall, welche lebende Thiere anfallen. Zu dieſen Hülfswerk⸗ zeugen gehören z. B. der ſichelförmige Einſchlagezahn am Ende der Kinnladen der Sandläufer; der große langgezähnte Einſchla⸗ gehaken am zweiten Paare der Kieferfüße der Schaufelkrebſe; die vordern Fangbeine mehrer Inſekten, z. B. der Waſſerſkorpione, Großkopfwanzen, Raubfliegen, Netzfangheuſchrecken, Fangheuſchrek⸗ ken; die Scheeren an den Beinen der Krebſe und an den Ta⸗ ſtern der Skorpione und Krebsſpinnen. Bei Vielen ſind dieſe er | Gelenkfüßlet 263 | Grgreifemertzeuge mit einem Giftapparate verbunden, der das Gift in die dem ergriffenen Thiere zugleich beigebrachte Wunde leitet und deſto ſchneller tödtet; dahin gehören die Gifthaken oder Kinn⸗ backen der Stolopender, und die Kinnbacken der Spinnen. Der Schmerz, welcher beim Eindringen des Saugrüſſels vieler Zwei; flügler entſteht, iſt nicht bloß Folge des Stiches ſelbſt, ſondern er wird größtentheils durch den ſcharfen Speichel (Gift) bewirkt, welchen das ſtechende Inſekt in die Wunde leitet, und welcher bei kleinen geſtochenen Thieren ohne Zweifel hinreicht, daſſelbe ſchneller zu tödten. Daſſelbe gilt von dem ee der Raubweſpen | in Skorpione. § 286. Die Alen 1 an genannten Hülfswerkzeuge dienen aber den Thieren nicht bloß zum Angriff, ſondern auch zur Vertheidigung ihrer ſelbſt. Beſonders gilt dieſes von den Giftwerkzeugen; die ſtechenden Bienen haben ihren Giftſtachel bloß zur Vertheidigung, da ſie nicht andere Thiere zu ihrer Nahrung tödten. Ueberhaupt aber dienen die Beißwerkzeuge, beſonders die ſtarken Kinnbacken, mit zu dieſem Zwecke, und viele Inſekten, z. B. Laufkäfer, Aaskäfer u. ſ. w., ergießen, indem fie beißen oder ergriffen werden, einen übelriechenden ſcharfen dunkelgefärbten Saft durch den Mund, oder ſpritzen einen ſolchen Saft durch den After aus. Dieſe Flüſſigkeit, welche im erſten Falle ein mit Galle vermiſchter Magenſaft, im zweiten Urin zu ſein ſcheint, verfehlt ſelten ihre gute Wirkung zur Vertheidigung. Die Bombardier⸗ käfer ſchießen durch den After einen ſcharf riechenden Dunſt aus, vielleicht Gas, welches ſich im Darmkanal entwickelt hat! — Am hülfloſeſten ſind diejenigen Gelenkfüßler, die aller dieſer Vertheidi⸗ gungsmittel entbehren, zumal wenn ihre Bewegungsorgane nicht von ſolcher Beſchaffenheit ſind, daß fie ſich noch durch eine ſchnelle Flucht retten können, ehe die Gefahr ſie erreicht. Manche retten ſich dann noch dadurch, daß ſie ſich todt ſtellen, indem fie ſchnell Beine und Fühler anlegen, wie todt hinfallen und oft lange Zeit ohne die mindeſte Bewegung liegen bleiben. Selbſt wenn man ſie dann hin und her rollt, oder ergreift und drückt, bleiben ſie hartnäckig in dieſem todtenähnlichen Zuſtande; ſo z. B. die Poch⸗ käfer, deren eine Art, Anobium pertinax, von er N 5 nchen e erhalten hat. ue aid u 190 fü 264 | Achte Klaſſe. e eee Abſchnit. Fortpflanzung und Entwickelung. Ba bt 0 83: 8 287 Es iſt ierenä ins worden daß ee 10 G nkfäcten nur die Rankenfüßler beſtimmt Zwitter, alle übri⸗ gen aber wahrſcheinlich getrennten Geſchlechts ſind. Bei letztern findet eine Begattung ſtatt, eine mehr oder weniger innige kör⸗ perliche Vereinigung des Männchens und Weibchens zur Befruch⸗ tung des letztern. Vollſtändig iſt die Begattung bei denen, wo das Männchen mit einer vortretenden Ruthe verſehen iſt, welche in die weibliche Oeffnung eindringt; unvollſtändig bei denen, wo die Ruthe fehlt, und Männchen und Weibchen ſich nut mit den Beinen oder zum Theil auch mit andern Organen an einander feſt halten, z. B. mit Kinnbacken, Afterzangen und dergleichen. Die Stellung, welche beide Geſchlechter während der Begattung zu einander annehmen, wird durch die Lage der Geſchlechtsöffnun⸗ gen bedingt. Bei denjenigen Arten, wo die Oeffnungen ſich am Ende des Hinterleibes befinden, z. B. bei den Inſekten, nimmt das Männchen in der Regel ſeinen Platz auf dem Rücken des Weibchens, und indem es dann das Ende ſeines Hinterleibes an das des Weibchens bringt, wird die Begattung vollzogen. Bei denen, wo die Geſchlechtsöffnungen an der Bruſt oder am Bauche liegen, z. Ba an den meiſten Vielfüßlern und Spinnenthieren, umklammern ſich Männchen und Weibchen, Bauch gegen Bauch gekehrt, mit den Beinen. Es kommen aber mancherlei Ausnah⸗ men und Modifikationen dieſer beiden gewöhnlichen Stellungen vor, von denen die hauptſächlichſten jetzt bei aten der drei Mü zaßen dieſer Thiere angegeben werden tollen.» iin ann. 8 288. Unter den Vielfüßlern fand v. Norbmand beit den Kiemenwürmern häufig die kleinen Männchen am Weibchen ſitzend, nicht ſelten ſo, daß ſie einen der beiden Fühler in die weibliche Oeffnung geſenkt hatten, welches er für ein Reiz⸗ mittel zur Begattung hält; auch glaubt er, daß Ein Weibchen zuweilen ſich mit zwei Männchen zugleich begatte. Burmeiſter glaubt, daß jene vermeintlichen Männchen wol Junge ſein möch⸗ ten, da ſie ſich immer an Weibchen mit vorgetretenen Eierſtöcken finden, wo alſo die Befruchtung ſchon ſtattgefunden haben müſſe. — Gelenkfüßler. 265 Das Männchen von Argulus klammert ſich, bei der Begattung, mit den Vorderbeinen am Rücken des Weibchens feſt. Das Männ⸗ chen von Cyelops faßt mit feinen gebrochenen Fühlern das Weib⸗ chen am Hinterkörper oder an den Hinterbeinen, und läßt ſich ſo zuweilen lange Zeit hindurch umherſchleppen; daher hielt man dies früher für Begattung ſelbſt, und glaubte, daß die Fühler zugleich männliche Ruthen wären. Der eigentliche Begattungsakt dauert nur kurze Zeit. Die Waſſerflöhe ſind in der Begat⸗ tung Bauch gegen Bauch gekehrt, indem das Männchen mit den Vorderbeinen das Weibchen umklammert hält; Branchipus begat⸗ tet ſich ebenfalls Bauch gegen Bauch. Aſſeln, Kehlfüßler und Doppelfüßler ſteigen dem Weibchen auf den Rücken, und das Männchen der Brunnenaſſel (Asellus aquaticus) hält ſo zu⸗ weilen eine Woche lang das Weibchen feſt. Das ſehr kleine Männchen von Bopyrns findet ſich faſt ſtets an der Unterſeite des Weibchens in der Gegend der Geſchlechtsöffnung feſtſitzend, ſelbſt wenn das Weibchen ſich ſchon der Eier entledigt hat. Männchen und Weibchen der Tauſendfüßler (Julus) find bei der Begat⸗ tung mit dem Vorderleibe gegen einander gekehrt, während die Hinterleiber ſich umſchlingen. Mun dfüßler und Krebſe find Bauch gegen Bauch gekehrt, wobei die Krabben den eee age Hinterleib zurückſchlagen. ma im chien Ihn] machnmnsl 8 289. Bei den meiſten Spine nbh ird und die Ge ſchlechtsöffuungen an der Unterſeite des Körpers, und dieſe begat⸗ ten ſich Bauch gegen Bauch gekehrt! An manchen Milben ſind die Vorderbeine des Männchens länger und ſtärker als die des Weibchens, um dieſes bei der Begattung feſtzuhalten. Von den Zecken meinte man früher, daß die Begattung und Samenergie⸗ ßung durch den Rüſſel ſtattfinde, wozu wahrſcheinlich der Umſtand, daß bei dieſen Thieren die Geſchlechtsöffnungen ſehr nahe am Munde liegen, Veranlaſſung gegeben hatte. Von der Begattung der Spinnen iſt ſchon früher (S. 223) die Rede geweſen. 8 290. Was nun die Begattung und überhaupt die Forts pflanzungsgeſchichte der Inſekten betrifft, ſo wird dieſe hier und in den nächſtfolgenden Ab echnitten ſo vorgetragen, wie ſie bei den meiſten ſtattfindet, mit Uebergehung derjenigen geſellig lebenden Hautflügler und Netzflügler, bei denen, außer Männchen und Weib⸗ 266 . Achte Klaſſe. chen, noch ſogenannte Geſchlechtsloſe ene und deren ganze Entwickelungsgeſchichte, da ſie ſo manches Eigenthümliche enthält, am Ende dieſes Kapitels im Zuſemmen barg wine werden wird. Zur Begattungszeit, Ban bei den Inſekten gleich nachdem Ä dien in den vollkommenen Zuſtand übergegangen ſind, eintritt, ſu⸗ chen die Männchen die Weibchen auf und begatten ſich, wobei ſie dieſe zum Theil noch mit den Kinnbacken feſthalten (3. B. Schrö⸗ ter, Warzenkäfer), zum Theil mit Zangen am Ende des Hinter⸗ leibes ergreifen (z. B. Oehrlinge, manche Netzflügler). Einige Inſekten finden ſich zu dieſer Zeit, wie man glaubt, durch beſon⸗ dere Töne zuſammen (z. B. Heuſchrecken und Singcikaden durch das Zirpen, Pochkäfer durch Klopfen im Holz); manche durch Lichtausſtrahlung (Leuchtkäfer); viele durch den Geruch; alle durch das Geſicht. Die Begattung geſchieht in der Regel ſo, daß das Männchen den Rücken des Weibchens beſteigt; doch ſollen auch Fälle vorkommen, wo das Männchen vom Weibchen beſtiegen wird (Locusta verrucivora), oder wo ſich Männchen und Weib⸗ chen rückwärts gehend einander nähern und ſich begatten. Die Flöhe begatten ſich Bauch gegen Bauch gekehrt. Bei den Wal ſerjungfern findet eine eigenthümliche Begattungsweiſe ſtatt: Das. Männchen ſucht nämlich mit den am Hinterende befindlichen Zan⸗ gen das Weibchen im Nacken zu faſſen, und fliegt dann längere oder kürzere Zeit ſo mit demſelben umher, bis letzteres ſich ent⸗ ſchließt, das Ende ſeines Hinterleibes unterwärts auf die 5 hinzukrümmen, wo der Samenbehälter ſich öffnet (S. 224). denjenigen Weibchen, die einen vortretenden Legeſtachel — dringt die Ruthe an der Wurzel deſſelben in die Scheide, an de⸗ n aber mit einer Legeröhre dringt ſie am Ende derſelben ein. 8 291. Noch iſt von der Begattung der Gelenkfüßler überhaupt Folgendes zu bemerken: Alle Inſekten mit vollſtändiger Verwandlung (wovon ſpäter die Rede ſein wird) begatten ſich erſt, wenn ſie ihren vollkommenen Zuſtand erreicht haben. Unter denen mit unvollſtändiger Verwandlung ſollen ſich einige Gradflügler und Wanzen ſchon früher begatten. Auch ſcheint es, daß Vielfüßler und Spinnenthiere dieſes Geſchäft ſchon eher, als ſie ihre vollkommene Größe erreicht haben, vollziehen mögen. — Gelenkfüßler. 267 Baſtardbegattung nennt man eine ſolche, wenn Männchen und Weibchen verſchiedener Arten ſich begatten, wie dieſes zuwei⸗ len unter Inſekten beobachtet worden iſt. Wahrſcheinlich werden durch eine ſolche Verbindung ſehr nahe verwandter Arten Baſtarde erzeugt, obgleich hierüber noch keine ganz beſtimmten Erfahrungen vorhanden ſind. — Bei den Inſekten findet in der Regel nur eine einmalige Begattung ſtatt, nach welcher das Männchen bald ſtirbt, das Weibchen nach der Geburt. Es werden jedoch Fälle angeführt, daß ein Männchen hintereinander ſich mit meh⸗ ren Weibchen begattet haben ſoll, z. B. Seidenſpinner (Bombyx mori) und manche Blattläuſe; oder daß der Befruchtungsakt mit demſelben Weibchen mehrmals wiederholt wird, z. B. bei den Waſſerjungfern. Man will auch die Beobachtung gemacht haben, daß bei der Begattung ein Theil der Ruthe in der weiblichen Bes gattungstaſche zurückbleibe, und daß zuweilen in dieſer Taſche die Reſte von mehr als Einer Ruthe gefunden werden, was alſo ebenfalls auf mehr als Eine Begattung ſſchließen laſſen würde. Das Weibchen der Zuckmücke (Chironomus occultans) wird ſogar zuweilen mit zwei bis drei Männchen zugleich in Begattung ige: funden. Die meiſten Vielfüßler und Spinnenthiere begatten ſich ohne Zweifel mehr als einmal, mehre Jahre hindurch. Von Cys. clops wird aus Beobachtungen behauptet, daß daſſelbe Paar die Begattung öfter wiederhole; und auch von einigen Milben (Di- plodontus) weiß man, daß ſie ſich mehr als einmal begatten. Das Zeckenmännchen ſoll ſich mit mehren Weibchen nach einander begatten. Ob aber, in allen ſolchen beobachteten Fällen, die Ver⸗ bindung eine wirkliche und fruchtbare Begattung geweſen ſei, iſt noch die Frage. — Die Dauer der Begattung iſt verſchie⸗ den, doch muß man dabei das bloße Feſthalten von der eigentli⸗ chen geſchlechtlichen Verbindung, während welcher der Samen er⸗ goſſen wird, wohl unterſcheiden. Jenes währt oft ſehr lange Zeit, ehe die andere eintritt, z. B. bei den Waſſerjungfern, bei Cyelops und der Brunnenaſſel, welche oft wochenlang ſo vereinigt ſind. Bei den Milben ſcheint ſich dies anders zu verhalten, indem dieſe oft Tage lang, die Krätzmilben zuweilen ſieben Tage hindurch, in wirklicher Begattung zuſammenhängen, wobei zum Theil das Weibchen völlig * von dem kleinern um⸗ 268 Achte Klaſſe- N hergeſchleppt wird. Auch bei vielen Inſekten währt die eigentliche Begattung tagelang, während daß in der Regel das kleinere Männchen, oft regungslos, von dem Weibchen umhergeſchleppt wird; bei manchen Schmetterlingen, z. B. bei den Argusfaltern, Beiplingen, e wird 15 das e vom BERRDEN gef u. 8 292. Während der Begititig; wird ‚geh Be zur Buff upbungz der Eier ergoſſen, wobei eine innige Berührung oder Verbindung der beiderſeitigen Geſchlechtsöffnungen ſtattfindet, damit der Samen in die weibliche Oeffnung gelange. Bei den Waſſerflöhen jedoch, wo die weibliche Oeffnung auf dem Rücken unter der Schale ſich befindet, ſo daß ſie mit der männlichen nicht in unmittelbare Berührung kommen kann, ſpritzt wahrſcheinlich das Männchen den Samen unter die Schale des Weibchens, worauf er dann weiter zur Oeffnung dieſes letztern gelangt. Nach v. Siebold giebt das Männchen von Cyclops, bei der Begat⸗ tung,, einen mit Samen gefüllten Schlauch von ſich, und heftet denſelben neben der weiblichen Oeffnung feſt; der Samen dringt nachher aus dem Schlauche hervor und wird in die weibliche Oeff⸗ nung aufgenommen. Auch bei Waſſerjungfern und Spinnen fin⸗ det eine abweichende Befruchtung ſtatt, wovon bereits früher (8 244, 245) die Rede war. — Die Befruchtung ſelbſt ſollte, nach den frühern Anſichten, ſo geſchehen, daß der männliche Sa⸗ men in den Eierleitern bis zum Eierſtocke dringen und dort die Eier befruchten müſſe, welche dann erſt zu wachſen und ſich aus⸗ zubilden anfangen ſollten. Seitdem man aber den weiblichen Sa⸗ 3 erkannt hat, iſt man zu der Anſicht gekommen, daß in dieſem, bei der Begattung, der Samen ſich ſammeln, und daß die Eier, welche ſchon vorher in den Eierſtöcken zu wachſen an⸗ fingen, bei ihrem Durchgange durch die Ausführungsgänge, ſobald ſie an der Einmündungsſtelle des Samenbehälters vorübergingen, befruchtet würden. Von den Fächerſchwonzkrebſen glauben Einige, daß die Eier erſt, nachdem ſie dereits aus der weiblichen Oeffnung hervorgedrungen wären, befruchtet würden. — Von der Selbſt⸗ befruchtung der Rankenfüßler, als Zwitter, wie auch von der: vermeintlichen Selbſtbefruchtung der Borſtenſchwänzer, iſt bereits in dem Abſchnitte über die Geſchlechtsorgane die Rede geweſen. Gelenkfüßler. 269 — Manche Gelenkfüßler vermehren ſich zu gewiſſen Zeiten ohne unmittelbar vorhergehende Begattung und Befruch⸗ tung. Bei den Spinnen ſoll nämlich Eine Befruchtung auf mehre Zeugungen wirken; Blanchard ſah eine Spinne vier Jahre hindurch, ohne Zutritt eines Männchens, fruchtbare Eier legen. Waſſerflöhe und Blattläuſe vermehren ſich ſogar mehre Generationen hindurch ohne Begattung, wo alſo, wenn bei dies ſen Thieren die Befruchtung eine unerläßliche Bedingung der Fort— pflanzung ſein ſoll, Eine Befruchtung ſelbſt auf mehre Genera— tionen ihren lebenerweckenden Einfluß zeigen müßte. Von dieſer Vermehrung der Waſſerflöhe und Blattläuſe wird ſpäter noch die Rede ſein. Es werden noch einige andere Fälle von Inſekten angeführt, welche, ohne vorhergehende Befruchtung, fruchtbare Eier gelegt haben ſollen; und vielleicht ließe ſich, wenn die Beobach- tungen ſelbſt ganz ſicher ſind, eine der obigen Erklärungen dabei anwenden. Wie unter den Vielfüßlern (z. B. die Borſtenſchwän⸗ zer), ſo giebt es auch unter den Inſekten Arten, von denen man noch niemals Männchen geſehen hat, ſelbſt von ſolchen, die ſehr häufig vorkommen, z. B. unis folii, der Bnehofien Eichen res 8 293. Die Vermehrung der Gelenkfüßler geſchieht durch Eier. Bei einigen kommen dieſe ſchon im oder am Mut— terleibe aus, und ſolche nennt man Lebendiggebärende. Auch giebt es Arten, die zu gewiſſen Zeiten Eier gef zu andern le⸗ bende Junge hervorbringen. | § 294. Unter den Vielfüßlern gehen bei inen Schmarotzerkrebſen und Kiemenfüßlern, welche äußere Eierſäcke haben, die Eier, wenn ſie reif ſind, aus den Eierſtöcken in jene Säcke über, welche nachher abfallen oder platzen, worauf die Eier oder die ausgekommenen Jungen frei werden. Macro biotus fol die Eier in feine eigene Haut legen, die er dann ab- ſtreift und oft wie einen Eierſack hinter ſich herzieht. Bei Evadne treten zwei Eier aus dem Eierſtocke in die Bärmutter und kom⸗ men in derſelben aus: Die Jungen gelangen von da, durch einen Spalt, zwiſchen Körper und Schale; dann treten wieder zwei Eier in die Bärmutter, und ſo fort, bis endlich die Schale platzt und die Jungen frei werden. Auch bei Artemia treten die 270 Achte Klaſſe. Eier nach und nach in die Bärmutter, und werden, in geſonder⸗ ten Gruppen, nach einander gelegt. Merkwürdig iſt die Geburt der Waf ſerflöhe: Die Eier treten aus den Eiergängen in den Raum zwiſchen Körper und Schale, und wenn ſie ausgekommen ſind, ſo krümmt die Mutter den Hinterleib abwärts, wodurch hin⸗ ten zwiſchen Schale und Körper eine Oeffnung entſteht, aus wel⸗ cher die Jungen ſich hervorſchnellen. Die Vermehrung dieſer Kie⸗ menfüßler iſt ſehr ſtark. Eine Mutter kann in Einem Sommer zehn bis eilf Generationen haben, und zwar werden immer nur Weibchen geboren, welche, ohne Befruchtung, wieder Weibchen hervorbringen, und ſo fort bis im Herbſt, wo auch Männchen ge⸗ boren werden und die Begattung ſtattfindet. Die nun befruch⸗ teten Weibchen legen Eier, welche am Boden des Waſſers über⸗ wintern und im nächſten Frühjahre, ſämmtlich als Weibchen, aus⸗ kommen. Dieſe Wintereier, welche von den Sommereiern auch in der Geſtalt etwas verſchieden ſind, bilden ſich am Rücken der Mutter in einer beſondern Kapſel aus, die auch wol Sattel ge⸗ nannt wird, immer aber nur zwei oder drei auf einmal, worauf ſie mit der Kapfel, in welcher fie überwintern, abgeworfen wer: den; bald darauf entſteht eine neue Kapſel mit Eiern, welche wieder abgeworfen wird, und fo fort, bis die ganz kalte Jahres- zeit dem Leben der Mutter ein Ende macht. Es kommen jedoch mitunter auch Abweichungen von dem eben erzählten Hergange bei den Waſſerflöhen vor, welche wahrſcheinlich in beſondern äußern Umſtänden ihren Grund haben. Die Erfcheinung, daß dieſe Thiere mehre Generationen hindurch nur Weibchen zur Welt brin⸗ gen, welche ſich ohne Begattung fortpflanzen, hat man auf ver⸗ ſchiedene Weiſe zu erklären geſucht; denn man glaubte 1) daß die jungen Waſſerflöhe ſich ſchon in der Schale der Mutter begatte⸗ ten, und die Männchen dann bald ſtürben; 2) daß die Herbſtbe⸗ gattung auf viele folgende Generationen wirke; 3) daß die Waf- ſerflöhe Zwitter ſeien, die ſich ſelbſt befruchteten; 4) daß auch im Sommer die Männchen nicht gänzlich fehlten, aber, wegen ihrer geringen Anzahl, nur nicht bemerkt würden; und 5) könnte man noch annehmen, daß bei dieſen Thieren, obgleich fie ſich zu einer gewiſſen Zeit begatten, doch auch eine Vermehrung ohne Befruch⸗ tung ſtattfände. Artemia iſt im Frühjahr und Herbſt eierlegend, ! Gelenkfüßler. 271 im Sommer aber lebendiggebärend. Die Kiemenfüßler bringen alſo zum Theil die Jungen oder Eier nicht mit einem Male, fon: dern in mehren, längern oder kürzern, Zwiſchenräumen hervor; CLvyclops in drei Monaten acht- bis zehnmal, jedesmal ohngefähr vierzig Junge; und da dieſe ſich bald wieder vermehren, ſo kann Ein Weibchen in Einem Sommer eine Nachkommenſchaft von mehr als 4000 Millionen haben. — Die Weibchen der Affeln und mancher Kehlfüßler, Doppelfüßler und Mundfüßler haben unterwärts einen aus Schuppen oder Klappen gebildeten Behälter, in welchem die Eier auskommen. — Mehre Mund— füßler (Schizopoda Latr.) tragen ihre Eier am Vorderleibe zwi: ſchen den Beinen. — Die meiſten Krebſe tragen die Eier an drei fadenförmigen Fortſätzen der unter dem Hinterleibe befindli— chen Anhängſel und Stummelbeine. Die weſtindiſchen Landktab⸗ ben ſollen, nach einigen Nachrichten, ihre Eier klumpenweiſe am Boden des Meeres abſetzen; Freminville aber glaubt, daß ſie dieſes in ihren Löchern am Lande thun, und daß daſelbſt auch die Jungen auskommen und bleiben. 8 295. Unter den Spinnenthieren find die Skorpione und die Fledermausmilbe (Pteroptus vespertilionis) die einzigen lebendiggebärenden; alle übrigen legen Eier, deren Geſtalt, Größe und Zahl ſehr verſchieden iſt. Die Eier einiger Milben (kRaphignathus, Tetronychus) find mit einem Deckel verſehen, welchen das entwickelte Junge von innen aufſprengt und dann rückwärts hervorkommt. Die Milben ſcheinen im Ganzen die we: nigſten und die größten Eier zu legen. Tetronychus prunicolor iſt nie mit mehr als Einem Ei zugleich trächtig; auch die Krätz⸗ milbe (Sarcoptes scabiei) bringt nur Ein Ei auf einmal hervor, welches ohngefähr ein Drittel der Größe der Mutter hat (ver- gleiche hiebei, was ſpäter von der Geburt der Lausfliegen ange⸗ führt werden wird); die Eier des Dermanyssus find nur etwa fünfmal kleiner als das ganze Thierchen. Viele Milben, nament⸗ lich die im Waſſer lebenden, überziehen die Eier, die ſie an Pflan⸗ zen und andere Körper abſetzen, mit einem Schleim, welcher bald zu einer Kruſte erhärtet; die eigentlichen Waſſermilben (Hydrachna) bohren mit dem Rüſſel ein Loch in den Stamm von Potamoge- ton, um in daſſelbe mittelſt des Legeſtachels die Eier abzuſetzen, | 378 | Achte Klaſſe. aus denen die Jungen nach ſechs bis ſieben Wochen hervorkom⸗ men. Die frühere Meinung, daß die Zecken ihre Eier durch den Mund hervorbringen ſollten, beruhet auf demſelben Irrthume, deſſen ſchon früher bei der Begattung dieſer Milben gedacht wor⸗ den iſt. — Die Pycnogoniden tragen ihre Eier an den beiden überzähligen Vorderbeinen, die Krebsſpinnen am Bauche, mit ſich umher, — Die Spinnen, ſelbſt diejenigen Arten, die ſonſt kein Gewebe verfertigen, machen doch ein Geſpinnſt um ihre Eier, zum Zuſammenhalten und Schutz derſelben. Dieſe Hüllen ſind von verſchiedener Dichtigkeit und von mannigfaltigen, oft ſonder⸗ baren, Formen, theils mit einem Deckel, ſo bei einigen Zirkelſpin⸗ nen (Epeira fasciata); oder mit Klappen (Arten von Drassus). Meiſt ſind alle Eier Einer Zeugung in eine gemeinſchaftliche Hülle eingeſchloſſen, zuweilen aber in deren vier bis zehn vertheilt. Auch in Hinſicht der Sorge, welche die Spinnen für den Schutz und die Sicherung ihrer Eierbehälter zeigen, iſt das Verfahren verſchieden: Einige (die meiſten Zirkelſpinnen) legen dieſelben frei an Häuſer, Bäume und dergleichen ab, ohne ſich weiter um ſie zu bekümmern; Andere ſpinnen ſie auf mancherlei Weiſe zwiſchen Blättern ein; Clotho legt ihre vier bis ſechs Eierhüllen in eine beſondere, dichter geſponnene Abtheilung ihres Gewebes nieder; auch die Waſſerſpinnen bewahren ihre Eierhüllen in dem unter Waſſer befindlichen Gewebe auf. Es giebt aber auch viele Spin⸗ nen, welche ihre Eierhüllen beſtändig an und mit ſich umhertra⸗ gen; ſo die Wolfsſpinnen (Luchsſpinnen, Laufſpinnen) am Bauche oder an der Bruſt oder am After; manche (Pholeus phalangoi- des, Dolomedes mirabilis) zwiſchen den Kinnbacken; andere, z. B. manche Arten von Clotho und Eresus, ſterben über den Eiern, und dienen ſo denſelben zum Schutz. Die Zeit zwiſchen dem Le⸗ gen und Auskommen der Eier iſt nach den Arten und nach äußern Umſtänden verſchieden; die Sommereier der Spinnen kommen noch in demſelben Jahre aus; die Herbſteier überwintern. i 8 296. Unter den Inſekten kommt das Lebendigge⸗ bären ebenfalls ſelten vor, z. B. bei der Schmeisfliege (Musca carnaria), einigen Schnellfliegen und den Blattläuſen. Auch die Scharlachcochenille (Coccus cacti) fol, nach Audouins Berfiche- rung, lebende Junge gebären. Die Blattläuſe find: ſogar in A . Gelenkfüßler. 273 manchen Arten bald lebendiggebärend, bald eierlegend. Die Männchen derſelben erſcheinen nämlich erſt gegen den Herbſt, worauf die Begattung erfolgt, nach welcher das Weibchen Eier legt, die im nächſten Früjahre auskommen, aber nichts als Weib— chen geben, welche, wenn ſie ausgewachſen ſind, lebende Junge hervorbringen, die abermals nichts als Weibchen ſind, welche wie— der bloß Weibchen gebären, und ſo durch acht bis eilf, zuweilen noch mehre Generationen hindurch, bis im Spätherbſt, wo dann auch Männchen geboren werden. Man ſieht, daß dieſe Fortpflan- zungsweiſe alle Aehnlichkeit mit der vorhin erzählten der Waſſer— flöhe hat; wie denn auch hier dieſelben Erklärungen einer ſo un— gewöhnlichen Erſcheinung verſucht worden ſind, welche dort bereits angegeben wurden. Auch die Lausfliegen gehören zu den leben— diggebärenden Inſekten; doch wird von der merkwürdigen Geburt derſelben erſt ſpäter, in dem Abſchnitte von den Inſektenlarven, die Rede ſein. § 297. Die bei weitem meiſten Inſekten legen Eier, die jedoch, nach den verſchiedenen Gattungen und Arten, in Zahl und Geſtalt große Verſchiedenheiten darbieten. Bei den ſehr fruchtbaren Weibchen ſchwillt, zur Zeit der Reife der Eier, der Hinterleib ſtark an, ganz ungeheuer z. B. der des Weibchens mancher Termiten (Termes fatalis), welches zuweilen an 80,000 Eier in Einem Tage legt. In andern Inſekten entwickeln ſich die Eier ſehr langſam, eins nach dem andern, z. B. in den eier— legenden Arten der Schnellfliegen. Die ſtarke Vermehrung man— cher Inſekten hängt aber nicht immer gerade von der Fruchtbar— keit der einzelnen Weibchen ab, ſondern auch von manchen äußern Umſtänden, beſonders aber auch davon, ob Eier und Junge ſich jo ſchnell entwickeln, daß in Einem Sommer mehre Generationen entſtehen. Daher kann z. B. ein einziges Weibchen der Roſen— blattlaus, obgleich es nur 70 bis 90 Junge zur Welt bringt, in Einem Sommer eine Quintillion (1 mit 18 Nullen dahinter) Nachkommen haben. — Die Geſtalt der Eier iſt ſehr verſchie— den. Meiſt ſind ſie rundlich, theils glatt, theils mit mancherlei Unebenheiten und Anhängſeln, zuweilen geſtielt. An denen der Florfliegen ift dieſer Stiel fehr lang und dünn, und wird dadurch gebildet, daß das Weibchen, wenn das halb hervorgetretene Ei 18 * 274 Achte Klaſſe. ſchon mit ſeinem klebrigen Ueberzuge an dem Blatte, east es gelegt wird, haftet, den Hinterleib aufhebt, dadurch jenen Kleber langzieht und, wenn der ſo gebildete Stiel erſtarrt iſt, dann erſt das Ei fahren läßt, welches nun oben auf dem dünnen Stiele ſitzt. Man findet dieſe langgeſtielten Eier nicht ſelten auf Roſen⸗ büſchen, die mit Blattläuſen bevölkert ſind. § 298. Die Zeiträume, binnen welchen die Eier gelegt werden, ſind ebenfalls verſchieden. Die meiſten Inſekten legen ſie bald hinter einander; die Termiten deren 80,000 in Einem Tage; die Honigbiene legt den ganzen Frühling und Sommer hindurch, zuweilen noch ins folgende Jahr hinein; die Schnell: fliegen zum Theil einzelne Eier in Zwiſchenräumen von Tagen; manche legen in mehren Abſätzen, z. B. Stubenfliegen und Haus: wanzen ſollen viermal im Jahre jedesmal ſechzig bis achtzig Eier legen. Manche Weibchen, welche im Spätſommer oder Herbſte befruchtet werden, überwintern in dieſem Zuſtande, und legen ihre Eier erſt im nächſten Frühlinge, z. B. manche Bienen, Weſpen, Mücken u. ſ. w. ! f § 299. Die Eier werden, meiſtentheils frei, zuweilen aber in beſondere Hüllen eingeſchloſſen, an ſolchen Oertern abgeſetzt, wo die ausgekommene Brut gleich angemeſſene Nahrung und Si⸗ cherheit findet, wobei die Mütter nicht ſelten noch beſondere Vor— ſichtsmaßregeln zum Beſten derſelben anwenden: Einige ſuchen dazu Löcher und Spalten in der Erde oder im Holz auf, oder machen dergleichen, und die Brut lebt entweder von dem, was ſie in der Erde findet (Laubfreſſer, Laufkäfer, Maulwurfs⸗ grylle u. ſ. w.), oder ſie frißt Holz (Borkennager, Bockkäfer u. ſ. w.), oder ſie kommt aus den Erdlöchern, die in dieſem Falle nur zum Schutz der Eier gedient haben, hervor, um im Freien zu leben (z. B. Säbelheuſchrecken). Andere bringen in ſolche Löcher zugleich auch Nahrungsmittel für die künftige Brut; z. B. Raubfliegen und Grabweſpen tragen getödtete Inſekten, Larven oder Spinnen ein, und legen ihre Eier daran; mehre Miſtkäfer, beſonders die Strahlkäfer, machen Düngerkugeln, die ſie dann in vorher gegrabene Erdlöcher verſenken und ihre Eier daran legen; die Todtengräber ſcharren Leichname kleiner Säugthiere und Vögel ein und legen ihre Eier daran, u. ſ. w. Noch andere verfertigen Gelenkfüßler. 275 Wohnungen und künſtliche Neſter theils über, theils unter der Erde, und bringen Nahrung für die Brut ein. Im weitläuftig- ſten Sinne werden Neſter alle diejenigen Oerter genannt, wo In: ſekten vom Ei an in einem zubereiteten und beſchränkten Raume ſich entwickeln; im engern Sinne aber verſteht man darunter ſolche Wohnungen, die aus fremden, mehr oder weniger von den bauen— den Inſekten verarbeiteten und veränderten Subſtanzen verfertigt werden, und aus Zellen beſtehen, die mit Eiern und Nahrung für die Brut verſehen werden. Solche Neſter bauen Bienen, Weſpen, Termiten. Sie ſind ſowol nach den Bauſtoffen, als nach Größe, Geſtalt, Einrichtung ſehr verſchieden. Einige dieſer Inſekten neh— men Erde zum Bau des Neſtes, welches ſie theils an Wänden und Mauern anlegen (z. B. manche Afterweſpen, Sphex spirifex; Megachile muraria, Mauerbiene), theils an Bäumen (andere Afterweſpen, 3- B. Sphex lunatus), theils an andern Pflanzen (die Drüſenweſpen). Das Neſt von Sphex spirifex zeichnet ſich dadurch aus, daß die Zellen an den innern Wänden ſpiralförmig gefurcht ſind (wie ein Wachsſtock oder eine Rolle Kanaſter). An— dere Hautflügler (Bienen, Weſpen) verfertigen ihre Neſter aus vegetabiliſchen Subſtanzen, die auf verſchiedene Art verar— beitet und verändert werden. Die regelmäßigſten, aus ſechsſeiti— gen, ganz gleichen und in Einer Fläche dicht an einander gereihe— ten Zellen beſtehenden Neſter verfertigen die Honigbienen und We— ſpen, von denen ſpäter noch die Rede ſein wird. Die Hummeln und einige andere Bienen legen ihre Neſter in Erdlöchern oder an der Erde unter Moos und dergleichen an. Die Mooshum— meln verfertigen dieſelben aus Moos, indem ſie daſſelbe in Menge abbeißen und zu einem Gewölbe oder inwendig hohlen Ballen zuſammenleimen; ihre Zellen ſind weniger regelmäßig, als die der Honigbienen. Unter den übrigen Erdbienen ſind noch die Tape— zierbienen (Megachile centuncularis u. ſ. w.) zu merken, welche ihre unterirdiſchen Zellen aus regelmäßig zugeſchnittenen Blatt⸗ ſtückchen zuſammenſetzen. Die Arten der Gattung Anthidium machen ihre Neſter aus Pflanzenwolle. Die Holzbienen freſſen Kanäle in Baumſtämme, und legen in denſelben, aus zuſammen⸗ geklebten Holzſpähnen, eine Reihe Zellen an. Andere Bienengat⸗ . n bauen in Baumlöcher, verlaſſene Larvenhöhlen und der— 18 276 Achte Klaſſe. — gleichen (Heriades, Chelostoma), oder in leere Schnecken häu— fer (Osmia, Trachusa) u. ſ. w. Es giebt auch Schmarotzer⸗ bienen (Melecta), welche nicht ſelbſt bauen, ſondern ihre Eier in die Neſter anderer Bienen, beſonders der Tapezierbienen, legen, deren Vorräthe dann mit von der Schmarotzerbrut verzehrt wer⸗ den. — Unter denjenigen Inſekten, welche ihre Eier ins Waſſer legen, ſollen manche Weibchen der Waſſernymphen und Köcher⸗ jungfern oft an Waſſerpflanzen mehre Zoll tief unter die Waſſer⸗ fläche gehen, um ihre Eier abzuſetzen. Die Weibchen der Waſſer⸗ nymphen (Agrion forcipula) machen dann mit den ſäbelförmigen Hornfortſätzen des Legeapparats Vertiefungen in den Pflanzen- ſtengel, in welche ſie die Eier legen. Manche Waſſerjungfern ſchnellen ihre Eier, mittelſt der um die Legeöffnung befindlichen Muskeln, oft mehre Zoll weit ins Waſſer. § 300. Von manchen Inſekten werden die Eier mit einer beſondern Hülle verſehen. Die Weibchen mehrer Schwimmkäfer umſpinnen die gelegten Eier mit einer Art Coccon, in welches allerlei fremde Subſtanzen mit eingeſponnen ſind, und überlaſſen ſie ſo entweder dem Waſſer, oder tragen ſie mit ſich am Bauche umher. Viele Spinnerfalter überziehen die gelegten Eier mit einer filzigen Decke von den Haaren des Endes ihres Hinterleibes; die ausgekrochene Brut frißt ſich dann durch dieſe Decke hervor; wie es auch wol geſchieht, daß, wenn ein befruchtetes Weibchen vor dem Eierlegen ſtirbt, die in dem todten und ſchon vertrockneten Leibe ausgekrochene Brut ſich durch dieſen hinausfrißt. Einige Nachtfalterweibchen aus der Gattung Orgya, die beſtändig in dem Coccon bleiben, in welchem ſie ausgekommen ſind und ſich durch eine Oeffnung deſſelben mit dem Männchen begatten, legen ihre Eier in daſſelbe Coccon ab. Einige Inſekten bringen ihre Eier auch in Kapſeln eingeſchloſſen hervor, die fie, an das Hinterleibs⸗ ende geheftet, eine Zeit lang an ſich umhertragen und zuletzt ab⸗ ſetzen, z. B. die Küchenſchabe (Blatta orientalis), Fangheuſchrecken, einige Köcherjungfern. Die Weibchen der Cochenillen ſterben über ihren Eiern und bilden ſo mit ihren Leichen eine Schutzdecke für dieſelben, wobei das Weibchen der Gummilackcochenille (Coccus laccae) noch ganz von dem hervordringenden Gummi umgeben und wie in eine Zelle eingeſchloſſen wird. Auch einige andere Gelenkfüßler. 277 Inſekten bedecken die Eier mit ihrem Körper. Theils bildet ſich um die auf Pflanzen gelegten Eier, aus der Pflanzenſubſtanz ſelbſt, eine Geſchwulſt, die die Eier ganz umgiebt und unter dem Namen Galle bekannt iſt. Dieſe Gallen ſind, nach den ver— ſchiedenen Arten der Inſekten, durch deren Stich beim Eierlegen ſie hervorgebracht ſind, auch ſehr verſchieden geſtaltet und gefärbt. Am häufigſten und bekannteſten ſind die der Gallweſpen; aber auch einige Zweiflügler (Gallmücken und Gallfliegen), Sägeweſpen (Arten von Nematus), Blattläuſe, Käfer (Apion minimum), auch eine Milbe (an Pinus sylvestris) bringen dergleichen hervor. § 301. In einigen Fällen, wo die Inſekten ihre Eier nicht an ſolche Oerter legen, die der ausgekrochenen Brut Nah— rung darbieten würden, ſorgt die Natur auf andere Weiſe, z. B. die Brut einiger Bremſen lebt im Magen der Pferde, wohin das Weibchen nicht gelangen kann; dieſes legt nun die Eier an ſolche Stellen des Körpers, welche das Pferd öfters leckt, und ſo wer— den die Eier eingeleckt. Da die Brut mancher Kolbenkäfer (Im— menwölfe) in Bienenneſtern lebt, ſo glaubt man zum Theil, daß die Weibchen ihre Eier in ſolche Blumen legen, welche häufig von- Bienen beſucht werden; die nun, mit dem Blumenſtaube, dieſe Eier in ihre Neſter tragen. Wenn es indeß gegründet ſein ſollte, daß man in den Neſtern der Honigbiene immer nur den Clerus apiarius, in denen der Mauerbiene immer nur den Clerus al- vearius findet, ſo möchte jene Anſicht wol etwas zweifelhaft er— ſcheinen. § 302. Die Jahreszeit des Eierlegens iſt in der Re— gel der Frühling und Sommer, theils aber auch der Herbſt. Der Zeitraum zwiſchen dem Legen und Auskriechen der Eier iſt eben— falls verſchieden und beträgt bei einigen nur wenige Tage (3. B bei Fliegen, Bienen u. ſ. w.), bei andern mehre Wochen. Die Herbſteier kommen meiſt erſt im nächſten Frühlinge aus. Auch will man bemerkt haben, daß bei einigen Inſekten diejenigen Eier, aus denen ſich Ribthen entwickeln, ſpäter Fe als die männlichen. 15 § 303. Wenn die Gier abgelegt und mit 8 nöthigen Schutze verſehen ſind, kümmern ſich die Eltern in der Regel nicht weiter um ihre Nachkommenſchaft; nur einige Arten zeigen dann, * 278 Achte Klaſſe. | rg noch eine befondere Sorgfalt für Eier und Brut: So weiß man von mehren Spinnen, daß die Mutter noch in der Nähe der Eier bleibt und dieſelben bewacht und vertheidigt, bis ſie auskommen; auch manche Sägeweſpen (Perga) und Wanzen (Cimex griseus, Reduvius betulae), wie auch die Oehrlinge, fol- len in der Nähe ihrer ausgekrochenen Brut verweilen und dieſel— ben in den erſten Perioden ihres Lebens führen und ſchützen. Bei den geſellig lebenden Hautflüglern (Ameiſen, Bienen, Weſpen) ſind es nicht die Eltern, welche für die Brut ſorgen, ſondern die Arbeiter; beſonders zeichnen ſich hierin die Arbeitsameiſen aus; denn nicht nur bringen ſie die Brut, bei drohender Gefahr, in Sicherheit, indem ſie dieſelbe mit den Kinnbacken ergreifen und fortſchleppen, ſondern ſie füttern ſie auch aus dem Munde. Manche tragen auch die ausgekommenen Jungen noch eine Zeit⸗ lang mit ſich umher: So iſt es bei manchen Aſſeln; Arcturus trägt ſie haufenweiſe an den Fühlern. Die jungen Skorpione werden in den erſten Tagen von der Mutter auf dem Rücken umhergetragen und nachher wol noch einen Monat lang bewacht. Eben fo machen es auch einige Spinnen, namentlich die Luchs⸗ ſpinnen; ob ſie aber ihre Jungen, wie wol erzählt wird, bis zur erſten Häutung füttern, iſt zu bezweifeln. N § 304. Was die Entwickelung der gelegten Eier betrifft, ſo zeigt ſich dieſe bei einigen Gelenkfüßlern ſchon dadurch, daß die Eier noch wachſen, z. B. die der Gallweſpen und Blatt⸗ ſägeweſpen. Auch von den Eiern einiger Spinnen und Milben hat man bemerkt, daß ſie nicht nur noch wachſen, ſondern auch nach und nach die Geſtalt der Jungen annehmen, welche hervor— brechen ſollen. Letzteres iſt indeß wol nur Folge der Weichheit und Ausdehnbarkeit der Eiſchale. Beſonders will man beobachtet haben, daß die Eier mancher Waſſermilben, welche paraſitiſch auf andern Waſſerinſekten ſitzen, Nahrung aus dieſen Inſekten ziehen müſſen; denn letztere werden, wie die Eier wachſen, nach und nach merklich ſchwächer. Es könnte aber wol ſein, daß im letzten Falle die vermeintlichen Eier ſchon ſelbſtſtändige lebende, aber noch unvollkommen ausgebildete Brut der Milben geweſen wären. Der Zeitraum zwiſchen dem Legen und Auskriechen der Eier, die Ei— ruhe, iſt ſehr verſchieden. Theils währt ſie nur einige Tage, Gelenkfüßler. ö 279 theils mehre Wochen und Monate; bei vielen Gallweſpen vom Frühjahr bis zum Herbſt, bei Cynips crustalis vom Mai bis zum April des folgenden Jahres. § 305. Die aus den Eiern hervorkommende Brut iſt, in Geſtalt und Lebensweiſe, mehr oder weniger von den Eltern verſchieden, und wird in den erſten Perioden ihres Lebens Larve genannt. Die Larve muß nach und nach gewiſſe Verwandlungen oder Häutungen beſtehen, bis ſie als vollkommen ausgebildet er⸗ ſcheint. Nach der vorletzten Häutung, oder in demjenigen Zu— ſtande, welcher dem vollkommenen unmittelbar vorhergeht, verän— dert ſich bei vielen Gelenkfüßlern, namentlich unter den Inſekten, die Larve in einen Körper, welcher keine zur Ortsbewegung fähige Gliedmaßen hat, auch nicht mehr frißt und nicht mehr wächſt, und heißt dann Puppe. Tritt ein ſolcher Puppenzuſtand nicht ein, ſo heißt das Thier im vorletzten Zuſtande Nymphe, welche bewegliche Gliedmaßen zur Ortsveränderung hat, überhaupt ſehr oft, in ungeflügelten Arten, dem vollkommenen Thiere ſehr ähn— lich zu ſein pflegt, in geflügelten aber daran erkannt wird, daß ſchon deutliche Flügelanſätze vorhanden find. — Sind die Larven den Eltern im Weſentlichen ſo ähnlich, daß man ſie leicht als de— ren Brut erkennt, führen ſie mit ihnen gleiche Lebensweiſe, und verwandeln ſie ſich im vorletzten Zuſtande nur in eine Nymphe, ſo nennt man dieſe Verwandlung eine unvollſtändige, wie ſie bei den Vielfüßlern, den bei weitem meiſten Spinnenthieren, und unter den Inſekten bei den Wanzen, Gleichflüglern und Grad— flüglern, und bei denjenigen Netzflüglern, welche theils in eine be— ſondere Ordnung, Dictyoptera, gebracht werden, ſtattfindet; wobei jedoch zu merken, daß in der Gattung der Cochenillen nur das Weibchen ſich unvollſtändig verwandelt, das Männchen aber voll— ſtändig. Iſt die Larve den Eltern weniger ähnlich, auch zum Theil in der Lebensweiſe von jenen verſchieden, hört ſie nach der vorletzten Häutung entweder zu freſſen auf, ohne der Fähigkeit, den Ort zu verändern, verluſtig zu gehen 68. B. die eigentlichen Netzflügler), oder büßt ſie dieſe Fähigkeit ein, ohne aufzuhören, Nahrung zu ſich zu nehmen (z. B. einige Milben), ſo iſt die Verwandlung halbvollſtändig. Zeigt ſich endlich in allen Stücken eine oe ie Unähnlichkeit zwiſchen den Larven und * NER 280 Achte Klaſſe. den vollkommenen Thieren, und verwandelt ſich jene im vorletzten Zuſtande in eine wirkliche Puppe, ſo iſt dies eine vollſtändige Verwandlung, welche aber nur in der Unterklaſſe der Inſekten vorkommt; ſind die Larven dann wurmförmig, aber mit Füßen verſehen, ſo nennt man fie Raupen (z. B. die der Falter und einiger Hautflügler) oder Engerlinge (die der Pinſelkäfer); find die wurmförmigen Larven ohne Füße, ſo heißen ſie Maden (die der Zweiflügler und die vieler Käfer und der meiſten Haut- flügler). | § 306. Was nun die Verwandlung der Vielfüßler betrifft, ſo tritt uns in den Ordnungen der Rankenfüßler und Schmarotzerkrebſe, beſonders aber bei den Kiemenwürmern, die ſehr merkwürdige Erſcheinung entgegen, daß die eben ausge— kommenen Jungen ganz wie Kiemenfüßler ausſehen. Sie haben Fühler, Schwimmbeine, Augen, und rudern behende im Waſſer umher. Bald aber ſetzen ſie ſich feſt, die Rankenfüßler wachſen ſogar an, und nun verwandeln ſie ſich, durch mehre Häutungen, wobei nach und nach die Beine verkümmern, die Augen verſchwin⸗ den, die ganze Körpergeſtalt ſich verändert, bis fie zu vollſtändi⸗ gen Rankenfüßlern und Schmarotzerkrebſen geworden find. Se doch ſcheint dieſe Verwandlung nicht bei allen Rankenfüßlern, z. B. nicht bei Otion und Pentalasmis, ſtatt zu finden, und un⸗ ter den Schmarotzerkrebſen macht Macrobiotus eine Ausnahme. — Auch bei den Kiemenfüßlern ſind die eben ausgekommenen Jungen zum Theil den Ausgewachſenen ſehr unähnlich, ſowol in der Körperform, als beſonders in der geringern Zahl der Beine, und erſt nach mehren Häutungen ſind ſie vollſtändig ausgebildet. In den unvollkommenen Zuſtänden hat man ſie zum Theil als beſondere Gattungen beſchrieben (Amymone, Nauplius gehören zu Cyclops minutus). Die Eier der Cypris pubera ſollen, wenn der Fötus reif iſt, an einer Seite der Länge nach aufſpringen und ſo die zweiklappige Schale des Thieres bilden. — Die eben ausge— kommenen Stielſchwänzer haben weniger Anhängſel am Bauche und der Stiel fehlt ihnen gänzlich. — Die jungen Aſſeln haben ein Paar, ſeltener drei Paar Beine, theils auch ein Segment we— niger als die Ausgewachſenen. Die Jungen der Waſſeraſſeln haben einen großen Kopf mit zwei Augen, die Erwachſenen einen 8 Gelenkfüßler. 281 kleinen Kopf ohne Augen. Die jungen Bopyrus haben Augen, welche am Männchen bleiben, am Weibchen aber ſpäter verſchwin⸗ den. — Aehnliche Veränderungen finden ſtatt unter den Kehl— füßlern, bei den Schmarotzeraſſeln, unter den Doppelfüßlern bei Phronima und den Flohkrebſen. — In der Ordnung der Tauſendfüßlinge vermehrt ſich die Zahl der Körperabſchnitte der Beine und der Fühlerglieder; auch die Zahl der Augen ſoll ſich vermehren. Die eigentlichen Tauſendfüßler ſollen ſogar (was jedoch von Andern geläugnet wird) bei der Geburt ganz ohne Abſchnitte und Beine ſein, welche erſt nach mehren Häutungen ſich allmälig entwickeln; überhaupt aber ſollen ſie zwei Jahre zur vollſtändigen Ausbildung bedürfen. Wenn die Jungen von My- sis, unter den Mund füßlern, in dem Eierbehälter auskriechen, ſind ſie ohne Spuren von Beinen, Fühlern und andern Glied— maßen; dieſe Theile wachſen nach und nach hervor, und erſt dann, wenn die Jungen den Alten ziemlich ähnlich ſind, kommen ſie aus dem Behälter hervor. — Die Krebſe würden ebenfalls bedeutende Verwandlungen zu durchlaufen haben, wenn Thomp— ſons Behauptung, daß die meiſten Gattungen in der früheſten Jugend Kiemenfüßler wären und namentlich der Gattung Zo&a gleich kämen, deren Arten überhaupt nichts weiter als junge Krebſe darſtellten, ſich beſtätigen ſollte, wie es denn in der That für die Weichſchwanzkrebſe beſtätigt worden iſt. Es wird indeß dieſer Behauptung, wenigſtens in dem Umfange, wie fie Thompſon gegeben hat, von mehren Seiten widerſprochen; der Flußkrebs ſieht in ganz früher Jugend im Weſentlichen den Alten gleich; die ganz jungen Krabben unterſcheiden ſich von den Erwachſenen nur dadurch, daß der Hinterleib cylindriſch, etwas länger als der Vorderleib und nicht untergeſchlagen iſt. Bei andern aber iſt die Verſchiedenheit auffallender; z. B. die Sägekrebſe ſehen in der früheſten Jugend ganz anders aus, es fehlen ihnen die Afterbeine, der Fächerſchwanz u. ſ. w., und erſt nach drei bis vier Häutun⸗ gen ſind ſie vollſtändig ausgebildet. — Das Häuten der Krebſe dauert auch ſelbſt dann noch fort, wenn die Thiere ſchon ausge— wachſen find, und wiederholt ſich jeden Sommer; bei den Fächer ſchwanzkrebſen findet das Häuten im erſten Jahre vielleicht zwei— bis dreimal ſtatt. Die alte Schale wird abgeworfen, nachdem ſich 282 | Achte Klaſſe. unter ihr eine Schleimhaut gebildet hat, welche, nach der Häu- tung, allmälig dadurch erhärtet, daß ſich erdige Theile in ihr ab— ſetzen. Da, nach dem Abwerfen der alten Schale, die fogenann- ten Krebsaugen im Magen dieſer Thiere nach und nach verſchwin⸗ den, jo glaubt man, daß jene Concremente aufgelöſt und ihre er— digen Stoffe an die Oberfläche des Körpers geleitet und daſelbſt in der neuen Schale abgeſetzt werden, nach deren Erhärtung wie— der die Krebsaugenbildung im Magen beginnt. Uebrigens wer⸗ den, bei dieſer Häutung, auch die innern Häute, Zähne und Kno⸗ chenleiſten des Magens zugleich mit ausgeworfen, wie auch beim Häuten der Tauſendfüßler die innere Haut des ganzen Nahrungs⸗ kanals und der Luftröhren mit abgeht. § 307. Die Spinnenthiere ſind bei ihrem Auskriechen in der Regel den Alten im Weſentlichen ähnlich; theils aber ent- wickelt ſich das hinterſte Beinpaar erſt ſpäter. Während ihres Wachsthums häuten fie ſich mehre Male, wobei auch ein be⸗ trächtlicher Theil der Speiſeröhre mit abgehäutet wird. Bedeu⸗ tendere Verwandlungen find bei einigen Milben beobachtet wor- den, wo nämlich das Thier, wenn es aus dem Ei kommt, alſo die Larve, nicht bloß durch geringere Zahl der Beine, ſondern auch in der ganzen Körperform und in den Mundtheilen abweicht. Meiſt haben die Larven ſechs Beine; es kommen aber auch vier— beinige vor, z. B. die mancher Arten von Tetronychus, und ſo⸗ gar ganz beinloſe will man entdeckt haben. Die Jungen der Fle- dermausmilbe (Pteroptus vespertilionis) kommen einzeln zur Welt, und zwar mit acht Beinen; im Mutterleibe haben ſie deren nur ſechs. Früher hatte man die ſechsbeinigen Larven für beſondere Gattungen gehalten, und fie zum Theil, unter dem Namen Mi- erophthiria, in eine beſondere Unterordnung gebracht, oder auch ſelbſt mit den eigentlichen ſechsbeinigen Inſekten vereinigt. Bei einigen Milben, z. B. Limnochares, Eulais u. ſ. w., verwandelt ſich die Larve in eine fußloſe, bewegungsloſe Nymphe, indem die äußere Haut ſich lostrennt und um den Körper eine durch— ſcheinende Hülle bildet; zum Theil aber bekommen die ſechsbeini⸗ gen Larven ſchon vor dem Nymphenſtande das vierte Beinpaar. In der Regel führen die Larven gleiche Lebensart mit den voll— kommenen Milben; es giebt aber auch Beiſpiele vom Gegentheil: 10 Gelenkfüßler“ 5 283 Die Larven des Diplodontus leben wahrſcheinlich an Waſſerjung⸗ fern, Mücken und dergleichen waſſerbeſuchenden Inſekten, von de— nen ſie ſich gelegentlich zur Verwandlung ins Waſſer begeben; die Larven einer Erdmilbe (Trombidium phalangii) wohnen am Phal. opilio, verwandeln ſich aber an der Erde. Merkwürdig iſt die Verwandlungsgeſchichte der Waſſermilben: Ihre ſechsbeinigen Larven, welche mit einem dicken, kopfförmigen Rüſſel verſehen ſind, ſaugen ſich an Waſſerinſekten feſt, verwandeln ſich dann in unbewegliche birnförmige Nymphen, die aber noch wachſen und fortſaugen und ſehr feſt ſitzen, indem ſich der eingeſenkte Rüſſel unter der Haut des Inſekts trichterförmig ausdehnt. Endlich kommt aus der Nymphenhülle eine achtbeinige Milbe hervor, die ſich aber doch noch in mehren Punkten von der vollkommenen Milbe unterſcheidet, ſich nach einigen Wochen abermals mit dem Rüſſel aufhängt, und zwar an Waſſerpflanzen (Potamogeton), und ſich zum zweiten Male in eine Nymphe verwandelt, aus welcher dann erſt nach einiger Zeit die vollkommene Milbe her— vorkommt. Aehnliche Verwandlungen ſollen auch bei den Zecken beobachtet ſein. Von der Krätzmilbe des Pferdes wird erzählt, daß ſie Ein großes Ei hervorbringe, aus welchem nach ſieben bis neun Tagen ein Junges hervorſchlüpfe, in Geſtalt und Beinen der vollkommenen Milbe ähnlich, und daß dieſes nach drei bis vier Tagen erwachſen ſei. Sollte in dieſem Falle vielleicht die Larve ſchon im Mutterleibe oder bei der Geburt ſich in eine Nymphe verwandelt N und das vermeintliche Ei die Nymphe ſeyn? Kal 8 308. In der Unterklaſſe der Inſekten ift die Ver⸗ wandlungsgeſchichte viel mannigfaltiger und merkwürdiger, als in den beiden vorhergehenden Unterklaſſen. Bei denen mit unvoll— ſtändiger Verwandlung iſt Larve und Nymphe im Weſentlichen dem vollkommenen Inſekte ähnlich, nur daß ſie noch nicht dieſelbe Größe, meiſt weniger Glieder an Fühlern und Beinen, und bei den geflügelten Arten noch keine Flügel hat. Wir betrachten hier alſo nur die Larven mit vollſtändiger oder halbvoll- ſtändiger Verwandlung. Sie haben einen geſtreckten, meiſt wurmförmigen, mehr oder weniger weichen, ſchmiegſamen und bieg⸗ ſamen Körper, der in mehre Abſchnitte, meiſt ihrer zwölf, abge⸗ 284 Achte Klaſſe. 4 theilt iſt. Sehr viele haben gar keine Beine, und vielen fehlt außerdem auch ein geſonderter Kopf (Maden), z. B. Fliegen⸗ maden, Bienenmaden. Eben ſo viele aber ſind mit Füßen ver⸗ ſehen, und zwar entweder nur an den drei vordern Abſchnitten (Engerlinge), z. B. Pinſelkäfer, oder auch an einigen oder mehren der hintern (Raupen), z. B. Falter, Pflanzenweſpen. Manche aber haben einen plattern, mit einer härtern Haut beklei⸗ deten, in beſtimmtere Abſchnitte getheilten, vorn mit ſechs geglie⸗ derten Beinen verſehenen Körper, z. B. viele Käferlarven, wie die der Laufkäfer, Aaskäfer, Leuchtkäfer, Oelkäfer u. ſ. w., welche eben durch jene Form, wie auch durch größere Beweglichkeit und andere Lebensweiſe, ſich von den Engerlingen unterſcheiden. — Manche Larven haben außerdem noch verſchiedene warzenförmige, theils auch pyramidenförmige und ſonſtige Fortſätze und An⸗ hängſel, aus denen zum Theil eine ſcharfe Flüſſigkeit hervor⸗ dringt. Schwärmerlarven und Seidenwürmer (Larven von Bom- byx mori) haben auf dem vorletzten Abſchnitte ein gekrümmtes Horn; bei andern Falterlarven geht der letzte Abſchnitt in zwei Spitzen aus, die an denen der Gabelſchwanzſpinner (H. vinula) das Eigenthümliche haben, daß aus ihrem Ende ein rothes fa= denförmiges Organ hervorſpringen kann, deſſen Zweck man noch nicht kennt; die Raupen der Edelfalter laſſen, wenn fie be= unruhigt werden, im Nacken ein weiches gabelförmiges Horn her— vortreten. Viele Tagfalterraupen ſind mit äſtigen, dornförmigen Fortſätzen bekleidet, und werden deshalb Dornraupen genannt. Sehr viele Raupen ſind haarig; beſonders zeichnen ſich viele Spinnerraupen durch einen dichten, langhaarigen Pelz aus, und heißen daher Bärenraupen. Die Raupen mancher Sägewe— ſpen, z. B. Teuthredo cerasi, ſind mit einem klebrigen Safte überzogen und ſehen faſt aus wie Schnecken. Manche Waſſer⸗ larven haben floſſenförmige und röhrenförmige Anhäng— ſel, welche indeß theils Athmungs-, theils Bewegungs-Organe ſind, oder, wenn ſie am Ende des Leibes ſich befinden, zum Anhängen an die Oberfläche des Waſſers dienen (z. B. Larven der Schwimmkäfer und Waſſerjungfern), wie es auch mit den Feder⸗ und Haarkränzen am Hinterende der Maden der eee fliegen, Blumenfliegen, Stechmücken der Fall iſt. 4 £ Gelenkfüßler. 285 8 309. Wenn wir den Larvenkörper mit dem des voll⸗ kommenen Inſekts vergleichen, ſo entſprechen der erſte Abſchnitt dem Kopfe, die drei folgenden dem Vorderleibe, die übrigen dem Hinterleibe, an deſſen Ende ſich meiſt der After aus— mündet. Letzterer iſt bei manchen Larven auf der Rückenſeite ge— legen, z. B. bei den Lilienkäfern (Crioceris merdigera); man⸗ chen fehlt er ganz, z. B. den Larven der Ameiſenlöwen, Bienen, Weſpen, Gallweſpen. | § 310. Die meiften Maden find ohne abgeſonderten Kopfz der erſte Körperabſchnitt enthält den Mund, aber Fühler und Augen fehlen. Bei den übrigen Larven iſt der Kopf mehr oder weniger geſondert, meiſt rund, theils aber mit mancherlei Verlängerungen, z. B. an den Larven der Schillerfalter (Apatura Iris), und enthält, außer den Mundtheilen, meiſt auch Augen und Fühler. — Der Mund der Maden hat zwei kinnbackenar— tige Organe, bei einigen auch eine Lippe (z. B. Schnaken), und eine Art Zunge zum Einziehen der Flüſſigkeiten (z. B. Buſch— hornfliegen). Die übrigen Larven haben Beiß werkzeuge, welche in der Hauptſache denen der vollkommnen beißenden In— ſekten entſprechen, jedoch zum Theil auch manche merkwürdige Modificationen darbieten: die Larven der Waſſerjungfern z. B. haben eine ſehr große Lippe, die auf einem langen, in der Mitte mit einem Ellenbogengelenke verſehenen einſchlagbaren Stiele ſteht, und jederſeits noch einen beweglichen gezähnten handförmi— gen Anhang hat, zur Ergreifung der Beute. Die Larve des Ameiſenlöwen hat keinen eigentlichen Mund, ſondern zwei lange zangenförmige gezähnte Kinnbacken, welche aus zwei: rin- nenförmig ausgehöhlten Theilen beſtehen, die genau auf einander paſſen und ſo einen Kanal bilden, der an der Spitze ſich öffnet, x und an der Wurzel in den Schlund führt; und die ergriffenen Inſekten werden nun auch gleich durch die Kinnbacken ausgeſo⸗ gen. Zu gleichem Zwecke ſind auch die Kinnbacken der Dreh— käfer⸗ und Tauchkäfer-Larven mit einem Kanal durchzogen doch haben dieſe Larven außerdem auch Kinnladen und eine Lippe mit Taſtern. Die durch den Mund ſpinnenden Larven haben an der Lippe eine vorſtehende durchbohrte Spitze, Spindel ge⸗ nannt, durch welche die Fäden ausgezogen werden. Nur einige 286 Achte Klaſſe. Käfer⸗ und Netzflügler-Larven (Ameiſenlöwe, Florfliege) füh⸗ ren Spinnwarzen am Hinterende des Körpers. — Die Füh⸗ ler zeigen ſich, wo ſie vorhanden ſind, jederſeits neben dem Munde als ein ſehr kurzes fadenförmiges oder borſtenförmiges, aus ſehr we⸗ nigen Gliedern beſtehendes Organ; an den Falterraupen nur als eine kaum bemerkliche kegelförmige Warze. — Hinſichtlich der Sinnesorgane beziehe ich mich auf das bereits bei den voll- kommenen Inſekten Angeführte. Augen fehlen allen Maden und auch einigen andern Larven; ſie ſind immer einfach, jederſeits ihrer eins bis ſechs; letzteres z. B. bei den meiſten Falterraupen. § 311. Bewegungsorgane find Beine oder Floſ— ſen, oder beides zugleich. — Die Beine ſind immer paarweis, entweder gegliedert und an dem Vorderleibe eingelenkt, als Bruſt⸗ beine, oder ungegliedert, daher nur als Füße zu betrachten, und am Hinterleibe ſitzend, als Bauchfüße. Die Bruſtbeine ſind hornig, dreigliedrig, mit einem Endhaken, die Glieder aber meiſt ſehr kurz. Sie dienen den blätterfreſſenden Raupen auch mit dazu, um beim Freſſen das Blatt zu halten und ihm die zum Bena⸗ gen bequemſte Richtung zu geben. Die Bauchfüße find unge- gliederte, fleiſchige Stiele, Scheiben oder Näpfe, welche wie An⸗ ſaugenäpfe wirken und zum Theil noch am Rande mit einziehba— ren Haken, zum Feſtanhalten, beſetzt ſind. Ihre Zahl iſt ver— ſchieden, am häufigſten fünf Paar; die meiſten haben die Larven der Knopf⸗ Hornweſpen, nämlich acht Paar; am wenigſten die der Langhornweſpen, wie auch einige Motten- und Käfer-Larven, nämlich nur ein Paar am letzten Abſchnitt. Mit ſehr wenigen 4 Ausnahmen iſt der erſte Hinterleibs-Abſchnitt immer ohne Füße, der letzte aber ſtets mit ihnen verſehen; die Minirraupen (Larven der Minirmotten) und die Larven mancher Blumenfliegen (Syr- phus tenax) haben jedoch auch am erſten Abſchnitt Füße. An einigen Falterraupen find die Füße des letzten Abſchnitts in ei- nen gabelförmigen Fortſatz umgeändert, der nicht zum Kriechen dient (Gabelſchwanz-Spinner, Harpya Piatypterix u. ſ. w.). Zum Theil ſind die Bauchfüße entweder in häutige Anhängſel ausge⸗ artet, z. B. bei manchen Minirmotten (Oecophora Harrisella) oder in blaſige Wulſte (bei einigen ſüdamerikaniſchen Spinnerraus pen), die nicht zum Kriechen taugen. Sehr wenige Larven ha— Gelenkfüßler. 287 ben bloß Bauchfüße, z. B. die der Schnaken und einiger an⸗ derer Zweiflügler, auch die meiſten Minirraupen. Viele haben bloß Bruſtbeine, fo die der Netzflügler und die meiſten Käfer: larven, oder beide Arten von Füßen, wie die meiſten Fal— ter⸗ und Sägeweſpen⸗Larven. Ganz fußlos find die Larven der meiſten Zweiflügler und Hautflügler (unter letztern nur mit Aus⸗ nahme dee Pflanzenweſpen), ferner die mehrer Käfer, namentlich die im Holz lebenden, und die einiger Sackträger. Manche Zwei— flüglerlarven haben unvollkommene Bauchfüße, ſogenannte Fuß— warzen, z. B. die der Streckfußmücken, einiger Fliegen (Musca mystacea) und Blumenfliegen (Syrphus tenax). — Manche Waſſerlarven, z. B. die der Tagthierchen, Köcherjungfern, Dreh— käfer, haben an den Seiten des Körpers floſſenförmige oder franzenförmige Anhängſel, die zum Schwimmen dienen. (Vergl. Kiemen auf der nächſten Seite). § 312. Die äußern Athemorgane find verfchieden, je nachdem die Larven Waſſer oder Luft athmen. — Letzteres ge— ſchieht entweder durch Luftlöcher, die ſich meiſt an der Seite des Körpers, bei einigen aber, beſonders bei manchen Zweiflügler— und Waſſerkäfer⸗Larven, am Hinterende, oder hier und zugleich im Nacken (ſo z. B. bei den Larven der Musca putris und meh— rer anderer Lippenfliegen) befinden; oder es geſchieht durch Athem— röhren am Hinterende, namentlich bei mehren Waſſerlarven von Zweiflüglern; die Zuckmückenlarven haben deren zwei, die Mückenlarven und die einiger Blumenfliegen (Syrphus tenax) de⸗ ren eine. Bei letzterer beſteht ſie aus zwei in einander ſteckenden Röhren, welche zuweilen über fünf Zoll lang vorgeſtreckt werden können; und die durch dieſelbe eingeathmete Luft wird durch zwei im Nacken befindliche kurze Röhren wieder ausgeathmet. An den Waſſerfliegenlarven bilden die drei letzten Körperabſchnitte ſelbſt eine lange Röhre. Alle dieſe Waſſerlarven ſtrecken, zum Athmen, das Ende der Röhre über das Waſſer hervor, wobei ſie an der Oberfläche deſſelben, mittelſt haarförmiger Organe, die die Mün⸗ dung der Röhre umgeben, ſich anhängen. Theils werden die Haare ſelbſt für feine Luftröhren gehalten; auch will man be= merkt haben, daß die Larven Luftblaſen an jenen Haaren mit unter das Waſſer nehmen, zum Athmen. Die Larven der Tauch⸗ * 288 Achte Klaſſe. käfer haben hinten zwei Athemröhren, und neben denſelben zwei Anhängeorgane. Die Haare und Fäden am Körper der im Waſ⸗ ſer wohnenden Nachtfalterraupen z. B. unter den Schabenwick⸗ lern (Botis stratiotalis) ſollen Athemröhren ſein. Die Larven der Schwalbenfliegen und Schildkäfer, die in andern Inſekten leben, haben hinten eine Athemröhre, deren Ende in einem Luft⸗ loche des Inſekts liegt, und ſo Luft einzieht Eine andere Larve, welche eine Afterbiene (Anthrena aterrima) bewohnt, iſt mit ei⸗ nem Theile der innern Reſpirationsorgane dieſer Afterbiene ſo verwachſen, daß jene in ihre eigenen Luftröhren übergehen und dieſelben mit Luft verſorgen. Von andern paraſitiſch in Inſekten wohnenden Larven glaubt man zum Theil, daß ſie eine Luftröhre des von ihnen bewohnten Inſekts anbohren, und die durch dieſe Oeffnung ausſtrömende Luft arhmen. — Das Waſſerathmen geſchieht durch dieſelben floffenförmigen und franzenförmigen Or⸗ gane an den Seiten des Körpers, die bereits im vorhergehenden als Schwimmorgane erwähnt find und alſo zugleich als Kiemen dienen: An einigen Larven, z. B. an denen der Tagthierchen und einiger Köcherjungfern erſcheinen ſie als Blättchen, auf denen ſich Luftröhren verbreiten; an andern, z. B. an denen der Netzfliegen und Perlfliegen, als gegliederte fühlerförmige mit Haaren beſetzte Dr= ganez an noch andern als Haarbüſchel, z. B. an denen der Dreh- käfer und mehrer Schnaken. Dieſe Kiemen ſind in beſtändiger Bewegung, zur Erneuerung des Waſſers an demſelben. Die Larven der Schmaljungfern und Breitjungfern haben Kiemen im Darm, welche unter den innern Reſpirationsorganen beſchrieben werden ſollen; ſie ziehen Waſſer durch den After ein, und geben daſſelbe mit Luftblaſen vermiſcht, durch den After wieder aus. — Die Nymphen der halbvollſtändig ſich verwandelnden Inſek⸗ ten athmen wie die Larven derſelben. Ob alle Puppen der vollſtändig ſich verwandelnden Inſekten athmen, iſt noch unge: wiß, denn man hat erſt bei ſehr wenigen äußere offene Athem—⸗ organe entdeckt, z. B. an denen der Stechmücken und einiger Schnaken, zwei Athemröhren am Rücken des Vorderleibes, oder, an denen der Zuckmücken und Kriebelmücken, zwei Kie⸗ menbüſchel. An der Puppenhülle einer großen Fliege (Musca grossa) zeigen ſich am Hinterende zwei deutliche Luftlöcher; auch Gelenkfüßler. 289 die Puppe der Holzfliege (Xylophagus marginatus) hat Luft: löcher. | | ng 313. Was nun den innern Bau betrifft, fo ift zus förderft ſchon aus dem Umſtande, daß der Körper der Larven mit vollſtändiger und halbvollſtändiger Verwandlung weicher und be— weglicher und großentheils auch mit mehren Füßen verſehen iſt als der der vollkommnen Inſekten, der Schluß zu ziehen, daß dieſe Larven auch mehr Muskeln haben werden; und ſo iſt es auch: die ganze Maſſe ihres Körpers iſt ein panniculus carnosus, der in eine große Menge ſich nach verſchiedenen Richtungen und in mehren Lagen durchkreuzender Muskeln getheilt iſt. — Die Eingeweide ſind in der Hauptſache denen der vollkommnen In— ſekten gleich, nur in den Verhältniſſen verſchieden. Im Ganzen haben die Larven größere und weitere Verdauungsorgane, weil ſie ungleich mehr Nahrung genießen; dahingegen z. B. die Ge— ſchlechtsorgane erſt in den vollkommnen Inſekten ihre völlige Aus— bildung erlangen. Doch ſind in den Larven ſchon alle Theile des vollkommnen Inſekts in der Anlage vorhanden. § 314. An dem Nahrungskanal find Speiſeröhre, Magen und Darm nicht immer beſtimmt von einander geſondert, z. B. in den Larven der Raubkäfer. Je gefräßiger die Larven ſind, von deſto größerm Umfange iſt der Nahrungskanal, z. B. in den Falterraupen, welche zum Theil in 24 Stunden dreimal ſo viel verzehren als ſie wiegen, iſt er zehnmal weiter als in den Faltern ſelbſt. Häufig geht er gerade durch und hat nur Kör— perslänge, z. B. in den Falterraupen, oder macht nur einige leichte Krümmungen; wo dieſe aber ſtärker ſind, iſt er bisweilen vier⸗ bis fünfmal länger als der Körper, z. B. in den Larven der Forſtkäfer, Holzbockkäfer, Waffenfliegen. Der Magen iſt meiſt bedeutend größer als in den vollkommenen Inſekten, z. B. in den Larven der Holzkäfer und Holzbockkäfer macht er faſt zwei Drit— tel des ganzen Nahrungskanals aus, und in denen der Bienen und Weſpen nimmt er faſt den ganzen Hinterleib ein. Klein iſt er in den Larven der Blumenfliegen und Weſpenfliegen. Der Kaumagen fehlt überall; und einen Saugmagen haben nur ei— nige Zweiflüglerlarven. Der Darm iſt zuweilen, befonders bei denjenigen Larven, wo er ſich windet, in Dünn-, Dick- und Maſt⸗ ö ! | 290 | | Achte Klaſſe. Darm getheilt, z. B. bei denen der Pinſelkäfer. Die afterlofen Larven (Ameiſenlöwe, Bienen, Weſpen, Gallweſpen) haben keinen Darm, ſondern der Magen bildet einen blinden Sack, der zuwei⸗ len einen kurzen darmförmigen blinden Anhang hat. — Eben ſolche Anhängſel wie die vollkommenen Inſekten am Nahrungs⸗ kanal haben, finden ſich auch in vielen Larven, nämlich Gallen: gefäße, Blinddärmchen oder Zotten am Magen, welche in die fen eine Flüſſigkeit zu ergießen ſcheinen; Speichelgefäße, von denen man zum Theil glaubt, daß bei denjenigen Larven, welche Holz freſſen oder zernagen, der Speichel, den ſie durch den Mund ausſondern, zur Erweichung des Holzes diene, z. B. bei den Holzſpinnern. — Der Fettkörp er iſt hier als eine am Nah⸗ rungskanale, oder zu beiden Seiten deſſelben abgelagerte Anhäu— fung von Zellgeweben, mit Fett oder Chylus gefüllt, zu betrach— ten, dem Netze der höhern Thiere vergleichbar. Da er den voll— kommenen Inſekten faſt gänzlich mangelt und in der Puppe all⸗ mälig verſchwindet, ſo dient ſein Inhalt wahrſcheinlich zur Ent⸗ wickelung der in der Puppe ſich ausbildenden Theile. — Die Spinngefäße bilden bei denjenigen Larven, die durch den Mund ausfpinnen. zwei vielfach gewundene und neben dem Magen lie gende Gefäße, welche durch die Spindel der Unterlippe ausmün⸗ den. Sie enthalten einen klebrigen Saft, den die Larven, wenn ſie ſpinnen oder ein Cocon verfertigen wollen, meiſt als Fäden, zuweilen aber als eine ſchaumige Flüſſigkeit, zu jenem Zwecke her⸗ vortreten laſſen. In der Larve des Ameiſenlöwens, welche durch Warzen am Ende des Hinterleibes ſpinnt, iſt der Spinnſaft in dem darmförmigen Anhange des Magens enthalten. — Gefäße und Saftbewegung ſind im Weſentlichen wie bei den voll— kommnen Inſekten. | § 315. Was die innern Athemorgane betrifft, fo ha= ben die an der Luft lebenden Larven zwei Hauptluftröhren⸗ ſtämme der Länge nach im Körper, in welche die von den äußern Luftlöchern entſpringenden Luftröhren, oder die äußern Athemröh- ren übergehen, und aus denen dann der übrige Körper mit Luft⸗ röhren verſorgt wird. In den Waſſerlarven ſind die beiden Hauptröhren ſehr weit, wahrſcheinlich um eine große Quantität Luft, zum Verbrauch unter Waſſer einzunehmen. In den Lar⸗ Gelenkfüßler. 291 ven der Drehkäfer erhalten jene Röhren von jeder äußern Kieme ein Luftgefäß; und wahrſcheinlich verhält es ſich ſo auch bei den übrigen mit äußern Kiemen verſehenen Waſſerlarven. Die der Waſſerjungfern, welche Waſſer durch den After einziehen, haben im Maſtdarm zwölf Reihen kleiner röhrenförmiger Blättchen (Kie— men), die ſich im Körper als Luftröhren fortſetzen und in vier Längsſtämme einmünden, von denen zwei beſonders weit ſind, und als Luftbehälter zu dienen ſcheinen, denn ſie hängen durch Querröhren nur mit den beiden andern Längsſtämmen zuſammen, denen ſie Luft zuſenden, und aus denen allein feinere Röhren in den übrigen Körper ſich verbreiten. Aus jedem dieſer beiden en— gern Stämme entſpringt ein rückkehrender Aſt, welcher den Darm— Kanal begleitet, und an ihn ſeine Luftröhren abgiebt, ſo daß alſo überhaupt ſechs Längsröhren vorhanden ſind. Man iſt noch nicht ganz einig darüber, ob die Kiemen bloß die im Waſſer enthal— tene Luft einziehen, aus welcher dann erſt in den Luftröhren der Sauerſtoff angenommen würde, oder ob ſie das Waſſer zerſetzen und den Sauerſtoff ſelbſt in die Luftröhren leiten. Das erfte iſt wahrſcheinlicher, obgleich, nach einigen Angaben, die von den Lar— ven der Waſſerjungfern durch den After wieder ausgeſtoßene Luft ſich am Licht entzündet haben ſoll, welches alſo auf Waſſerſtoff— gas und folglich auf Zerſetzung des Waſſers hindeuten würde. — Innere größere Luftblaſen oder Blaſentracheen, wie ſie häu— fig in vollkommnen Inſekten vorhanden ſind, ſcheinen den Lar— ven gänzlich zu mangeln und ſich erſt in der Puppe auszu— bilden. § 316. Am Nervenſyſteme der Larven find Gehirn— knoten und Schlundring wie bei den vollkommnen Inſekten. Der Bauchſtrang hat in der Regel mehr Knoten als bei letztern. Zahl und Entfernung der Knoten von einander iſt verſchieden. Die größte Zahl der Knoten iſt vierzehn, z. B. in der Larve der Schönkäfer; die gewöhnliche Zahl iſt dreizehn, wo dann aber die Knoten oft ſo nahe an einander gerückt ſind, daß das Ganze wie ein einfacher Strang mit zwölf Querfurchen ausſieht; zuweilen ſind ſelbſt auch dieſe verſchwunden, und der Strang ganz glatt. Das Eingeweidenervenſyſtem entſpringt aus dem hintern Theile des Gehirns, als ein paar Fäden, welche ſich, nachdem | | 19* 292 Achte Klaffe: ſie zum Theil einen oder einige Knoten gebildet haben, zu Einem Nerven (nervus recurrens) vereinigen, der im Rücken den gan⸗ zen Nahrungskanal begleitet, und mehr oder weniger deutliche Knoten bildet, aus denen Speiſeröhre, Magen und Darm mit Nerven verſehen werden. Ss 317. Geſchlechtstheile ſind unentwickelt, in Pr jüngern Larven äußerſt ſchwer in ihrer erſten Spur aufzufinden; in den Puppen deutlicher, beſonders die Eierſtöcke. $ 318. In Hinſicht auf Wohnung und Nahrung ſind die Larven der meiſten Inſekten, nämlich derjenigen, die ſich vollſtändig oder halbvollſtändig verwandeln, von dem vollkomm⸗ nen Inſekte mehr oder weniger verſchieden; bei denen mit un⸗ vollſtändiger Verwandlung findet hierin kein Unterſchied in den verſchiedenen Ständen des Inſekts ſtatt, jedoch mit einigen Aus⸗ nahmen, z. B. unter den Schaumcikaden, deren Larven ſich ganz mit einem Schaum umgeben, der aus Poren an verſchiedenen Stellen des Körpers hervordringt; ferner unter den Singcikaden, deren Larven in der Erde leben, und erſt zur Verwandlung auf Bäume kriechen; ſo auch die Netzflügler mit unvollſtändiger Ver⸗ wandlung, deren Larven im Waſſer oder in der Erde leben. Wir betrachten hier alſo auch nur die vollſtändig ſich verwandelnden Inſekten: Unter den Zweiflüglern leben die meiſten Larven in und von vegetabiliſchen und animaliſchen Säften, Schleim, faus lenden Stoffen u. dgl., kurz in und von Feuchtigkeit, an ſehr verſchiedenen Orten, auch im Waſſer und im Innern anderer Thiere. Ausnahmen ſind z. B. die Larven des Flohs, welche von trockenen verweſenden organiſchen Theilen im Kehricht u. dgl. leben; die Larven einiger Blumenfliegen wohnen auf Pflanzen und ſaugen Blattläuſe aus; die Larven der Spinnfliegen woh⸗ nen und ernähren ſich im Mutterleibe bis zu ihrer Verpuppung, u. ſ. w. Die Raupen der Falter leben größtentheils auf und von Pflanzenblättern; einige im Innern von Früchten (Obſtmotte, Pyralis pomana, und einige Arten Goldfalter), oder im Innern von Stämmen, Wurzeln (Wurzelſpinner) Halmen; manche von animaliſchen Stoffen, in Pelzen, Häuten, Fett u. ſ. w., z. B. einige Licht- und Hülſen⸗Motten. Die Larven der Hautflüg⸗ ler führen eine ſehr verſchiedene Lebensweiſe: die wenigſten leben Gelenkfüßter. 293 auf Pflanzen (Sägeweſpen), oder im Holze und von demſelben GHolzweſpen)/ oder in Gallen (Gallweſpen) Die meiſten woh⸗ nen entweder in Erd⸗ und Holz⸗Löchern, oder in beſondern Ne⸗ ſtern, und leben von dem, was ihnen die Eltern entweder ſchon im Voraus eingetragen haben, oder fortwährend noch zutragen, dies mag nun animaliſch ſein (Grabweſpen), oder vegetabiliſch (Bienen), oder gemiſcht (Weſpen). Viele wohnen im Innern anderer Inſekten oder Larven (Fächerflügler, Schlupfweſpen, Dünn⸗ leibweſpen). Die Netzflüglerlarven wohnen zum Theil im Waſſer, wo einige vom Raube leben (Waſſerjungfern), andere von abgeſtorbenen animaliſchen und vegetabiliſchen Subſtanzen (Tagthierchen, Perljungfern, Köcherjungfern); zum Theil am Lande vom Raube, entweder am Erdboden (Ameiſenlöwen), oder auf Pflanzen (Florfliegen), oder in ſonſtigen Schlupfwinkeln (Sfor- pionfliegen, Kameelfliegen, Termiten). Die Käferlarven füh— ren eine ſehr verſchiedene Lebensweiſe, wie aus der folgenden Ueberſicht erhellen wird. — Die meiſten Inſektenlarven leben an und von Pflanzen, und zwar: 1) von Blättern, ſo die bei weiten meiſten Falterraupen, die der Sägeweſpen, auch einige Käferlarven, z. B. die der Blattkäfer. Manche ſehr kleine Nacht⸗ falterraupen (Minirraupen), auch die Larven einiger Erdflöhe, freſſen Gänge zwiſchen den beiden Membranen der Blätter, und verzehren daſelbſt das grüne Parenchyma. 2) Auch kryptoga⸗ miſche Gewächſe beherbergen und ernähren Larven: Einige Falterraupen freſſen blos Flechten; in Pilzen leben eine Menge Larven von Pilzmücken, Schnaken und Käfern, (Pilzbewohner uf. w.). 3) Mehre leben in Früchten, z. B. die Larven der Apfelmotte (Pyralis pomana) und des Rebenſtichers (Rhynchites bachus), deren Kerne ſie verzehren; einige Larven von Goldfal⸗ tern in Granatäpfeln; die Maden vieler Schnaken und Lippen⸗ fliegen ebenfalls in Früchten und Samenkörnern; die eines Lang⸗ rüſſlers (Rhynchaenus nucum) in Haſelnüſſen; die der Muffel⸗ käfer in den Körnern der Hülſenfrüchte, auch in Coecosnüſſen u. ſ. w. In allen dieſen Fällen legt das Weibchen die Eier meiſt einzeln, auf den Keim in der Blüthe oder an die weiche Frucht, und die ausgekrochene Larve bohrt ſich dann in das In⸗ nere der Frucht ein. Noch andere Larven leben in Getreidekör⸗ 5 — 294 Achte Klaſſe. nern, z. B. die des Apion frumentarium, der Calandra oryzae und granaria (ſchwarzer Kornwurm), eben ſo die Raupen der Tinea granella (weißer Kornwurm) und cerealella; ſie verzehren das Mehl der Körner, und ihre vollkommenen Inſekten halten ſich in den Häuſern auf und legen Eier an die aufgeſchütteten trocknen Körner. 4) Sehr viele Larven leben in Holzſtäm⸗ men, Stängeln und Wurzeln und freſſen die Subſtanz der⸗ ſelben. Die meiſten von ihnen ſind auf Holz angewieſen, na⸗ mentlich die der Borkennager, Plattnager, Bockkäfer, Sägehorn⸗ käfer, Schröter, unter den Käfern, die der Holzweſpen und eini⸗ ger Sägeweſpen unter den Hautflüglern, die der Holzſpinner und Glasſchwärmer, wie auch einiger Motten, unter den Faltern. Mehre Schnakenlarven und die der Holzfliegen leben im faulen Holz; und die mancher Termiten der heißen Weltgegenden rich⸗ ten durch das Zernagen des Innern der Häuſerbalken und ande⸗ rer Holzſtämme zum Theil großes Verderben an. Es giebt aber auch einige Hautflügler, welche ihre Eier in leere Larvenlöcher in Bäumen und anderm Holzwerk, legen und deren Larven dann in dieſen Löchern wohnen, ohne jedoch Holz zu freſſen, ſondern fie ernähren ſich von Spinnenlarven u. dgl., was von den El⸗ tern eingetragen wird, z. B. die Wandweſpen. In zarten Stän⸗ geln und Halmen leben einige Larven von Hautflüglern, (z. B. Xyela, und Schwebweſpen); einige Mottenraupen und Käferlar⸗ ven, (z. B. Arten von Lixus, Baridius, einigen Springkäfern und Erdflöhen). Mehr in und von Wurzeln leben die Raupen der Wurzelſpinner und einiger Motten (Chilo); auch die Raupen des Todtenkopfsſchwärmers (Sphinx atropos) ſollen in früheſter Ju⸗ gend in Wurzeln und Knollen leben; gleiche Lebensart führen noch die Larven mehrer Schnaken und Käfer, z. B. die der Kammkäfer. 5) In Pflanzengallen lebt, außer den Larven der eigentlichen Gallweſpen, noch eine Menge anderer Larven aus den Familien der Sägeweſpen, der Schnaken, der Wickler (Ceci- doses) u. ſ. w., auch einige Larven von Blattläuſen und After⸗ blattläuſen. Die der Gattung Misocampe wohnen zwar auch in Gallen, aber leben nicht von der Subſtanz derſelben, ſondern in und von den eigentlichen Bewohnern der Gallen. Noch iſt im Allgemeinen anzumerken, daß viele Larven nur auf Einer be⸗ 1 5 Gelenkfüßler. 205 ſtimmten Pflanze leben, während viele andere von mehrern Arten ſich ernähren; manche Spinnerraupen, und ſelbſt die Sei- denwürmer, können auch mit Brodt und Mehl aufgefüttert werden. — Sehr viele Larven leben in der Erdez theils in Löchern und Gängen, die vorher von den Eltern aufgeſucht oder gegraben wurden, ohne eigentliche Neſter in denſelben zu bauen. In den meiſten Fällen hat das Weibchen dieſe Löcher mit getödte— ten Inſekten, Larven, Spinnen u. dgl. zum ausreichenden Mund⸗ vorrath für die künftige Larve verſehen und dann ein Ei dazu gelegt, wie z. B. die Raubweſpen; auch manche Raubfliegen (Asilus diadema) bringen ihren Larven getödtete Inſekten in die unterirdiſchen Wohnungen. Alle dieſe Larven find Maden. An— ders verhält es ſich mit denjenigen ſechsbeinigen Erdlarven, für welche die Mutter Nichts zuſammenbringt, ſondern die ihrer Nah— rung ſelbſt nachwühlen müſſen; z. B. Engerlinge (Larven der Laubkäfer, Goldkäfer u. ſ. w.), welche von Pflanzenmoder und Wurzeln leben; ferner die Larven mehrer anderer Käfer, z. B. der Afterleuchtkäfer (Cantharis fusca) welche zuweilen an milden Wintertagen in Menge aus der Erde hervorkommen und ſelbſt auf dem Schnee umherkriechen; auch mehre Schnakenlarven, und die der Skorpionfliege. — Im Dünger leben ebenfalls viele Larven, namentlich die der Miſtkäfer und mehrer Zweiflügler, z. B. die der Stubenfliege, Wadenſtecher, mancher Schnaken u. ſ. w. — Mit dem Namen Raublarven bezeichnet man ſolche, welche andere lebende Inſekten und Larven anfallen und ver— zehren. Dahin gehören die meiſten Larven der Raubkäfer, (ei: nige Laufkäferlarven freſſen Wurzeln, z. B. Zabrus gibbus) und der Raubnetzflügler, z. B. der Waſſerjungfern und Kameelfliegen; Manche verfolgen ihre Beute; Andere lauern auf dieſelbe am Ein- gange ihrer Höhlen (Sandläufer), oder in der Tiefe einer trich- terförmigen Grube, die ſie am Erdboden wühlen, (Ameiſenlöwen; Grannenfliege, Leptis vermileo). Auch die Larven mancher Blu⸗ menfliegen und Marienkäfer, wie auch die der Florfliegen, ſind Räuber und beſonders die ſchlimmſten Feinde der Blattläuſe, welche ſie ausſaugen, weshalb man ſie auch Blattlauslöwen nennt. Die Larven mancher Leuchtkäfer und Federkammkäfer freſſen Schnecken. Man hat auch Beiſpiele von Larven, welche, obgleich 296 Achte Klaſſe. eigentlich auf vegetabiliſche Koſt angewieſen, doch zuweilen auch Larven, und zwar ſich ſelbſt unter einander, anfallen und freſſen, z. B. die der Coenosia fungorum und einiger Arten von Eul⸗ chen; wie denn auch mehre andere Falterraupen ihren abgeſtreif⸗ ten Balg verzehren. — Es giebt ferner Larven, welche zwar keine Raublarven ſind, aber doch animaliſche Stoffe genie⸗ ßen, z. B. Fleiſch, (Schmeißfliege, Musca carnaria), Aas, (Lar⸗ ven der Aaskäfer, Todtengräber und vieler Zweiflügler), Käſe, (Larven der Käſefliege, Musca putris), Fett und Butter, (Larven einiger Lichtmotten, Pyralis pinguinalis), Häute, (Speckkäferlar⸗ ven), Haare und Federbärte, (Larven der Pelzmotten, Tuchmot⸗ ten, Bohrkäfer, Blüthenkäfer). Viele Larven leben auch para⸗ ſitiſch in und auf andern Thieren, die ſie ſtellenweiſe anfreſſen und anſaugen, z. B. die der Schlupfweſpen, Dünnleibweſpen und Schnellfliegen, hauptſächlich in andern Larven, beſonders in denen der Falter, deren Fettkörper ſie verzehren; ſelbſt in Eiern von Inſekten und Spinnen leben dergleichen Larven, z. B. die mancher Schenkelweſpen; auch in verſchiedenen vollkommnen In⸗ ſekten kommen Larven vor, z. B. die der Fächerflügler in ver⸗ ſchiedenen Hautflüglern, einige Fliegenlarven in Hummeln, Ka: fern und Wanzen, die des Symbius in Schaben. Manche ſol⸗ cher paraſitiſchen Larven werden aber ſelbſt wieder in ihrem In⸗ nern von andern Larven bewohnt; alſo Paraſiten in Paraſiten. Mehre Säugthiere werden von Larven bewohnt, beſonders von denen der Bremſen, die theils im Magen der Pferde, theils in den Stirnhöhlen der Schafe, theils in Beulen unter der Haut des Rindviehes und anderer Wiederkäuer, auch ſelbſt des Men⸗ ſchen, leben, Selbſt ſolche Fliegenmaden, die ſonſt nicht in Thie⸗ ren leben, kommen ſo vor, wenn z. B. das Weibchen die Eier an unreine Wunden oder in unreine Flüſſigkeiten der Naſe und des Ohres oder in den After gelegt hat. Manche paraſitiſche Larven wohnen auch äußerlich auf dem Körper von Inſek— ten und Inſektenlarven; dahin gehören die Maden einiger Arten von Ophion und Tryphon unter den Schlupfweſpen, die auf Raupen ſich finden, und zwar mit dem Hinterende feſtſitzend, wäh rend die Larve einer Art Proctotrupes mit dem Munde feſthängt und ſaugt, auch nicht eher losläßt, als bis ſie ſich verpuppen will. Gelenkfüßler. | 297 Die mit Laufen einige Aehnlichkeit habenden Thierchen, die man zuweilen an Erdbienen und Zweiflüglern findet, ſollen junge Lar— ven von Oelkäfern ſein, und, wie man zum Theil glaubt, wenn ſie von den Bienen zu Neſte getragen werden, die Eier und Lar— ven der Bienen freſſen. Es nähren und beherbergen ſich über— haupt in den Neſtern anderer Inſekten, beſonders in Bie⸗ nenzellen, noch mehre andere paraſitiſche Larven von Käfern, aus den Gattungen der Kolbenkäfer, Sanftkäfer und Kammkäfer, von Hautflüglern, aus den Gattungen der Rückenweſpen, Goldweſpen, Moderweſpen, Weſpenbienen, von Zweiflüglern die der Voluccella mystacea (Federfliege), von Faltern die mehrer Mottenarten, (Ti— nea cerella, mellonella, sociella, clonella, Wachs- und Honig- Motten); alle dieſe Larven verzehren theils das Wachs und den Honig, theils die Eier und Larven der Bienen. — Viele Larven wohnen im Waſſer: Aus der Ordnung der Käfer gehören hie— her die der Waſſerkäfer, welche frei im Waſſer leben, und die der Rohrkäfer, welche in Pflanzenwurzeln verborgen ſind; aus der Ordnung der Netzflügler die der meiſten Gattungen, unter denen die der Waſſerjungfern vom Raube ſich nähren, die der Köcher— jungfern, Perlfliegen und Tagthierchen mehr von vegetabiliſchen Subſtanzen; aus der Ordnung der Zweiflügler die der Stech— mücken und mehrer Bachmücken, welche theils animaliſche, theils vegetabiliſche Koſt genießen; aus der Ordnung der Falter die der Botys potamogata, welche jedoch nur zwiſchen zuſammengeſpon— nenen Blättern, an der Oberfläche des Waſſers wohnt, wo ſie mit der Luft beſtändig in Berührung ſind. Selbſt in geiſtigen und ſcharfen Flüſſigkeiten leben einige Larven, z. B. die der Notiphila (Musca) cellaria in geiſtigen Getränken, Schnaken⸗ larven einiger Arten in Schwefelquellen. — Einige Larven’ ver: fertigen ſich bald nach ihrer Geburt, zum Schutz gegen äußere Gefahr, Hüllen, in denen ſie entweder bloß wohnen, oder mit denen ſie auch umherkriechen. Zu den erſten gehören z. B. die fogenannten Blattwickler (Tortrices und die kurz zuvor er⸗ wähnte Botys); auch die Larven der Langhornweſpen; ferner die Tuchmotten (Tinea tapezella), welche aus zerfreſſenen Haaren wollener Tücher einen Gang wölbt; die Larven der Schaumki- kaden, welche ſich ganz mit Schaum bedecken. Zu den andern . 298 | | Achte Klaſſe. gehören Pelzmotten (Tinea pellionella), deren Larven aus zerfreſ⸗ ſenen Haaren und Federbärten ihre Hülle verfertigen; die Sack⸗ trägerlarven, welche ſich aus Körnern und zerfreſſenen vegetabili⸗ ſchen Subſtanzen eine tragbare Hülle machen; die Larven der Köcherjungfern, die ſich aus Sand, Pflanzenſtängeln, Schnecken⸗ häuschen und dergleichen Hüllen zuſammenweben, und deshalb auch wol Waſſermotten genannt werden; die Schildträger oder Larven mancher Zirpkäfer und Schildkäfer, an denen ſich aus den auf den Rücken geſchobenen Excrementen ein Schild bildet, welches freilich leicht verloren geht. Dieſes Schild der Schildkä⸗ ferlarven beſteht aus den abgeſtreiften Bälgen und den Excremen⸗ ten, und wird von dem gabelförmigen Ende des Hinterleibes, wel- ches meiſt über den Rücken gebogen iſt, getragen. Auch die Lar⸗ ven mehrer Sägeblattkäfer und Mantelkäfer verfertigen ſich aus ihren Excrementen eine tragbare Hülle. — Manche Larven, die ſich ſtets beiſammen halten, werden deshalb geſellige Larven genannt, z. B. die Proceſſionsraupen, Larven einiger Spin⸗ ner (z. B. Bombyx processionea), welche den Tag über ruhig in einem gemeinſchaftlichen Geſpinnſte ſitzen, gegen Abend aber in regelmäßig geordneten Zügen daſſelbe verlaſſen, ſich zum Freſſen auf den Baum vertheilen, und Morgens in gleichen Zügen wie⸗ der zu ihrer Wohnung zurückkehren; Heerwürmer, Schnaken⸗ maden, welche im Kuhdünger leben und, wenn ſie einen Haufen verzehrt baben, in ähnlichen langen Zügen weiter wandern, um friſche Nahrung zu ſuchen. § 319. Die Bewegungen der Larven ſind verſchieden. Je weicher ihr Körper und die Haut deſſelben iſt, deſto mehr kön⸗ nen fie ſich zuſammenziehen. Die Ortsbewegung iſt krie⸗ chend oder ſpringend oder ſchwimmend. Das Kriechen der fuß- loſen Maden geſchieht wurmartig, durch nach einander folgendes Anſtämmen und Fortſchieben der Leibesabſchnitte, wellenförmig, wobei manchen Larven noch Höker, Schuppen, Dornen und Bor⸗ ſten mit zu ſtatten kommen zum Gegenſtämmen, bei einigen auch Haken am Vorderende des Körpers zum Eingreifen. Dieſelbe Art wurmförmiger Bewegung findet auch bei denen ſtatt, welche Bauchfüße haben, wo dann dieſe letztern zum Stützpunkte die⸗ en. Diejenigen Raupen, an denen die erſten und mittlern Hin⸗ 4 * — u d ' Gelenkfüßler. 299 terleibsabſchnitte fußlos ſind, ſetzen beim Kriechen die mit Füßen verſehenen Abſchnitte dicht hinter die Bruſtfüße, wobei alle zwi⸗ ſchenliegenden fußloſen Abſchnitte nach oben in einen engern oder weitern Bogen ausweichen, und indem ſie dann den Körper nach vorn geradeausſtrecken, ſich mit den Bruſtfüßen anhalten und nun das erſte Manöver wiederholen, machen ſie die Bewegung, die man mit dem Spannenmeſſen der Hände verglichen und daher dieſe Raupen ſelbſt Spanner genannt hat. Diejenigen Larven, welche nur Bruſtfüße haben, kriechen mittelſt dieſer, wobei der Hinterleib nachgeſchleppt wird. — Das Springen einiger Ma— den, z. B. der Käſemaden (Musca putris), geſchieht, wenn ſie den Körper ſo krümmen, daß ſie das Hinterende mit den Kinn— backen faſſen, anziehen und dann zurückſchnellen laſſen, wodurch die Made mehre Zoll weit fortgeſchleudert wird. Dieſelbe Bewe— gung machen zuweilen die ſchon im Coccon eingeſchloſſenen Schlupf— weſpenlarven, wodurch das Coccon ſelbſt mehre Zoll weit wegge— ſchnellt wird. Die Larven einer Art Gallmücken (Cecidomya po- puli, die aber nicht in Gallen lebt) ſpringt, indem ſie ſich krümmt, mit zwei Häkchen des letzten Segments den Vorderleib faßt, und ſich dann losſchnellt. — Das Schwimmen geſchieht durch ru— derförmige Bewegung derjenigen Seitenanhängſel der Waſſerlar— ven, die wir bereits als äußere Kiemen kennen gelernt haben. Die Larven der Tauchkäfer rudern auch mit den langen, ſchmalen und mit Haaren beſetzten hintern Abſchnitten des Leibes; die der Waſſerjungfern bewegen ſich auch dadurch vorwärts, daß fie das in den Darm eingezogene Waſſer durch den After wieder aus: ſtoßen. 8 § 320. Ueber die Verpuppung, oder die Verwand⸗ lung der Larven in Puppen, iſt Folgendes zu merken: Der Zeit: raum zwiſchen der Geburt der Larven und ihrer Verpuppung iſt, nach den Arten, ſehr verſchieden; bei vielen nur einige Tage (Bienen und manche Fliegen), oder einige Wochen (viele Falter) oder Monate; bei manchen aber einige Jahre, z. B. bei dem Holzſpinner (Cossus ligniperda), dem Maikäfer (Melolontha vul- garis) drei Jahre; bei dem Hirſchſchröter (Lucanus cervus) fünf bis ſechs Jahre u. ſ. w.; die Larve der Cicada septendecim lebt ſiebenzehn Jahre, und die einer Art der Prachtkäfer (Buprestis 300 Achte Klaſſe. splendens) ſoll über zweiundzwanzig Jahre im Fichtenhotze leben können. — Die meiſten Larven häuten ſich während ihres Wachsthums mehremale, meiſt viermal; manche, z. B. einige Falterraupen, öfters. Dabei wird aber ficht bloß die äußere Haut abgeſtreift, ſondern zugleich auch die innere Haut des Nahrungs⸗ kanals und der Luftröhren. Die Maden der Buſchhornfliegen häuten ſich gar nicht, ſondern wenn ſie erwachſen ſind, wird die Haut, indem ſich die innern Theile von ihr abſondern, zu einer Hülle, in welcher ſich jene verpuppen; auch die Larven der Blü⸗ thenkäfer verpuppen ſich in ihrer letzten Larvenhaut. Die meiſten übrigen Larven aber ſtreifen dann die Haut vollſtändig ab, nach⸗ dem ſie vorher gewiſſe Vorſichtsmaßregeln zum Schutz der Puppe getroffen haben. Hiezu dienen ihnen größtentheils die Fäden, welche ſie ausſpinnen. Die meiſten Tagfalterraupen be⸗ gnügen ſich damit, daß ſie entweder ihr Hinterende an einigen kurzen Fäden aufhängen, oder daß ſie einen ſtarken Faden queer über den Vorderleib ziehen und beiderſeits befeſtigen. Andere Larven ſpinnen eine vollſtändige Hülle oder Coccon, mehr oder weniger dicht und feſt, z. B. die meiſten Nachtfalter, beſonders die Spinnerfalter, die daher auch vorzugsweiſe den Namen erhal⸗ ten haben. Manche von dieſen verfertigen ein doppeltes Coccon, indem das Aeußere aus einer gröbern filzigen Maſſe beſteht, das Innere aus Einem zuſammenhängenden Faden, der oft eine bedeu⸗ tende Länge, bei den Seidenwürmern (Bombyx mori) zuweilen von tauſend Fuß, hat. Viele verweben in das Coccon auch ver⸗ ſchiedene fremde Stoffe, Erde, Holzſpähne und dergleichen, je nach⸗ dem ſie entweder an oder in der Erde ſich . (3. B. Amei⸗ ſenlöwe, viele Eulchenraupen), oder im Holze (. B „Wurzelſpin⸗ ner, Holzſpinner, Bockkäfer, Schröter); andere Falterraupen ver⸗ weben in das Coccon zerfreſſene Stückchen von Blättern oder Blattſtielen (z. B. die des Fliederſpanners, Phalaena sambucaria). Viele Larven ziehen den Spinnſaft nicht in Fäden aus, ſondern laſſen denſelben wie einen klebrigen Saft hervortreten, aus dem ſie ein Coccon von häutigem oder papierartigem Anſehn verferti⸗ gen (z B. die der meiſten Schnaken, der Schlupfweſpen, Säge: weſpen, Drehkäfer, Lilienkäfer). — Alle Larven, welche in der Erde wohnen, verpuppen ſich auch daſelbſt. Die im Freien Gelenkfüßler. 301 auf Pflanzen lebenden Raupen befeſtigen, wenn ſie ſich verpuppen wollen, entweder ſich ſelbſt oder das Coccon an Blättern, Zwei⸗ gen, Stämmen oder ſonſt geſchützten Orten; aber viele von ihnen begeben ſich auch, zu jenem Ende, an oder in die Erde, wo ſie, zur Puppenruhe, eine Höhle wühlen und dieſe nur locker aus: ſpinnen, z. B. viele Raupen von Eulchen und Schwärmern. Die, welche mit einem Gehäuſe umherkriechen, wie z. B. die der Hülſenmotten, Sackträger, Mantelkäfer, verpuppen ſich in dem Gehäuſe, nachdem ſie daſſelbe mittelſt ausgeſponnener Fäden ir— gendwo befeſtigt haben. Die geſelligen Larven weben ſich auch in dem gemeinſchaftlichen Geſpinnſte jede ihr Coccon. Die pas raſitiſch in andern Thieren lebenden Larven kommen meiſt, um ſich zu verpuppen, aus denſelben hervor, z. B. Bremſen und Schlupfweſpen; einige aber verpuppen ſich in dem Thiere ſelbſt, z. B. die Fächerflügler, wie auch einige Schlupfweſpen. Die Waſſerlarven begeben ſich zur Verwandlung meiſt ans Land, und verkriechen ſich entweder in die Erde, z. B. die der Waſſer— käfer, oder ſetzen ſich irgendwo feſt, z. B. die der Netzflügler; manche liegen als Puppen an der Oberfläche des Waſſers, z. B. die der Stechmücken. — Wenn die Larven alle nöthigen Vorkeh— rungen zu einer ſichern Verpuppung getroffen haben, ſo ruhen ſie, ohne zu freſſen und ohne Ortsveränderung, noch einige Zeit aus, ehe ſie die letzte Larvenhaut abſtreifen, meiſt anderthalb oder einige Tage; theils aber auch einige Monate. Man hat dieſen Zeitraum Larvenruhe genannt. Mehre Mottenlarven (3 B. Pelzmotten, Kornmotten, Tinea pellionella, granella), wie auch einige Sägeweſpen, bleiben mehre Monate, oder den Winter über, als Raupen im Coccon, ehe ſie ſich verpuppen; die Larve von Tinea (Botys) urticata ruhet auf dieſe Weiſe neun Monate hindurch im Coccon; die Larven einiger Sellpeipen ſogar an drei Jahre und darüber. 8 321. An den meiſten Puppen kann man 112 8 Organe und Gliedmaßen des vollkommenen Inſekts wenigſtens ſchon in Umriſſen wahrnehmen; an vielen, z. B. an denen der | Hautflügler und Käfer, ſind die Gliedmaßen ſchon abſtehend, wenn gleich noch nicht beweglich. Manche Tagfalterpuppen (Vanessa cardui urticae u. ſ. w.) haben goldglänzende Flecke, und werden 302 Achte Klaſſe. er daher Chryſaliden genannt, eine Benennung, welche man ſpä⸗ ter auf alle Tagfalterpuppen ausgedehnt hat. Die Nymphen der halbvollſtändig ſich verwandelnden Inſekten find’ mit beweglichen Gliedmaßen zur Ortsveränderung verſehen. § 322. Die Puppenruhe, d. h. die Zeit von der Ver⸗ puppung an bis zum Durchbruche des vollkommenen Inſekts, iſt ſehr verſchieden: Bei vielen etwa eine oder einige Wochen, bei mehren ein paar Monate; bei denjenigen Inſekten, die ſich im Herbſt verpuppen, in der Regel den Winter über; bei der Knopf⸗ hornweſpe (Cimbex femorata) jedoch und einigen Faltern zwei Winter und ein Sommer; bei manchen Faltern ſogar drei bis ſechs Jahre. Unerklärlich aber iſt es, wie zuweilen bei Puppen einer und derſelben Zucht, und unter ganz gleichen äußern Um⸗ ſtänden, hierin eine ſehr große Verſchiedenheit ſtattfindet. Von 125 Puppen eines Spinners (Bombyx lanestris) kamen im fol⸗ genden Jahre 49 aus, im zweiten Jahre 4, im dritten wieder einige, im vierten 3, im fünften noch einige, und ſogar im ſechs⸗ ten noch eine. Anders verhält es ſich mit den Nymphen der halbvollſtändig ſich verwandelnden Inſekten, welche, wenn das vollkommene Inſekt in ihnen zum Auskriechen reif iſt, meiſt ſich ans Land oder an eine Pflanze begeben und ſich feſtſetzen, wor— auf nach einigen Stunden das Inſekt durchbricht. Einige Nym⸗ phen von Köcherjungfern kriechen dazu nicht einmal aufs Trockne, ſondern ſchwimmen ausgeſtreckt an der Oberfläche des Waſſers. Um hervorzukommen ſprengt das Inſekt den Rücken des Vorderleibes der Puppe. Manche Puppen, z. B. die der Brem⸗ ſen, ſind am Vorderende mit einem Deckel geſchloſſen, den das Inſekt von innen aufdrängt. Die hervorkommenden Inſekten find nun vollkommen erwachſen und ausgebildet, bis auf die Flü⸗ gel, welche noch nicht die gehörige Länge und Ausdehnung haben, aber in Zeit von einer viertel oder halben Stunde ſich vollſtändig entwickeln. Nur bei den Tagthierchen tritt die Ausnahme ein, daß das fliegende Inſekt, bald nachdem es ſeine Nymphenhülle verlaſſen und ſich ſchon im Fluge verſucht hat, abermals ſich feſt⸗ ſetzt und ſich nochmals häutet. Daß, wie erzählt wird, aus Sei⸗ denwürmern, nach der vierten Häutung, ohne daß ſie in den Puppenſtand übergehen, zuweilen unmittelbar der Falter ſich ent⸗ = Gelenkfüßler. 303 wickele, iſt ſchwer zu glauben; wahrſcheinlich war die Raupenhaut auf der Puppe ſitzen geblieben und der Beobachter dadurch ge— täuſcht worden. § 323. Es iſt nun noch übrig, etwas ausführlicher bei der Fortpflanzungsgeſchichte der geſellſchaftlich bei— ſammen lebenden Inſekten zu verweilen, wohin mehre Ar- ten von Bienen, Weſpen, Ameiſen und Termiten gehören. Eine Geſellſchaft von Honigbienen beſteht zu Anfang des Frühjahrs, wenn ihre Thätigkeit erwacht, aus Einem Weibchen, Königinn oder Weiſel genannt, und einer großen Anzahl Ar— beiter oder ſogenannter Geſchlechtsloſen. Letztere beginnen damit, harzige Stoffe, das ſogenannte Vorwachs, einzutragen, um Ritzen und andere überflüſſige Löcher des Stocks zu verſtopfen, ſo daß nur Eine Oeffnung zum Aus- und Einfliegen bleibt. Dann fangen ſie an, die noch vorhandenen Zellen auszubeſſern und neue zu bauen, welches ſo geſchieht, daß ſie erſt an der Decke des Stocks zwei Reihen ganz gleicher, genau an einander paſſen— der, ſechsſeitiger, horizontal liegender, mit den Oeffnungen von einander abgekehrter, an der Baſis aber zuſammenhängender Zel— len anlegen; dann unter dieſen beiden Reihen wieder zwei ganz gleiche Reihen, und fo fort, bis eine Zellenwand oder Wabe vollendet iſt. Nun wird eine zweite, dann eine dritte Wand u. ſ. w. gebauet, je nachdem Raum und Zeit und Arbeiterzahl es geſtatten. Die einzelnen Zellen werden, ſo wie ſie fertig ſind, theils mit einer breiartigen Maſſe, aus Blumenſäften und Blu— menſtaub im Magen der Bienen bereitet, verſehen, worauf die Königinn in jede Zelle ein Ei legt; theils werden, was jedoch erſt ſpäter im Jahre geſchieht, die Zellen mit Honig gefüllt und dann geſchloſſen. Dieſe Arbeiten und das Eierlegen werden mo- natelang fortgeſetzt. Aus dem Ei kommt nach drei bis vier Ta— gen die Made hervor, welche nach fünf bis ſechs Tagen ihren Mundvorrath verzehrt hat und erwachſen iſt, dann die Zelle in- wendig ausſpinnt, womit ſie nach anderthalb Tagen zu Stande kommt, und drei Tage ſpäter ſich verpuppt. Nach acht Tagen kommt die Biene aus. Alle die nach und nach auskommenden Bienen ſind Arbeiter, welche nach ein paar Stunden mit ausflie⸗ gen und Theil an den Arbeiten nehmen. Die verlaſſenen Zellen — — 304 Acgte Klaſſe⸗ werden wieder in Stand geſetzt, um Honig oder Eier aufzuneh⸗ men. So werden nun einige Monate lang, oft das ganze erſte Jahr hindurch, nichts als Arbeiter, zuweilen deren an 12,000, erzogen. Erſt wenn von dieſen eine hinlänglich große Anzahl vor⸗ handen iſt, legen ſie auch etwas größere, ſechsſeitige, und zuletzt einige noch größere, fingerhutförmige, mehr nach unten geneigte Zellen am Rande der Wabe an. Dieſe Zellen werden ebenfalls mit Eiern und Madenfutter verſehen, aber aus den Maden ent⸗ wickeln ſich nicht mehr Arbeiter, ſondern, in den etwas größern Zellen, Männchen, Drohnen genannt, in den allergrößten aber Königinnen, welche, da ihre Zellen am ſpäteſten angelegt wurden, auch erſt zu Ende Frühlings oder im Sommer erſcheinen. — Mit dem Ausſchlüpfen der Königinnen beginnt eine große Verände— rung im Stocke. Da nämlich in Einem Stocke zwei oder mehre Königinnen ſich nicht vertragen, ſondern, wenn ſie ſich begegnen, über einander herfallen und ſich tödten, ſo werden die einzelnen neu ausgekommenen gleich von einer Anzahl Arbeiter und Droh— nen umgeben, welche mit ihnen ausziehen und in der Enft ſchwärmen. Der ganze Haufen läßt ſich endlich irgendwo, wie ein Klumpen an einander hängend, nieder, und bleibt daſelbſt ſo lange, bis er entweder in einen Stock eingefangen wird oder (wo die Bienen im freien Zuſtande leben) bis einige Arbeiter in irgend einem hohlen Baume eine paßliche Wohnung aufgefunden haben, in welche dann der Schwarm einzieht. Auf dieſe Weiſe verlaſſen nach und nach ſo viele Schwärme den alten Stock, als junge Königinnen auskommen. Die alte Königinn bleibt nun entweder im Stocke und ſetzt das Eierlegen im nächſten Frühjahre fort, oder ſie ſtirbt, wenn ſie ausgelegt hat, wo dann eine der jungen Königinnen im Stocke bleibt. Ohne Königinn hält ſich keine Ge— ſellſchaft, ſondern ſo wie die Arbeiter merken, daß der Stock ohne Königinn iſt und daß auch keine mehr in ihm ſich entwickeln wird, hören ſie auf zu arbeiten und verlaſſen den Stock. Sind nun aus einem Stocke ſämmtliche Königinnen, bis auf eine, die darin bleibt, ausgezogen, fo wird die Drohnenſchlacht gehalten, d. h. die Arbeiter fallen über alle noch vorhandenen Drohnen, Larven und Puppen her, tödten dieſelben und ſchaffen ſie hinaus, ſo daß im Winter und Frühjahr, wenn die neuen Arbeiten beginnen, nur Gelenkfüßler. 305 eine Königinn und eine gewiſſe Anzahl Arbeiter vorhanden iſt. — „Was die Befruchtung betrifft, fo glaubte man früher, daß die bereits gelegten Eier erſt von den Drohnen befruchtet würden, oder daß die Königinn, wenn ſie ſich in der Nähe der Droh— nen befinde, durch die von dieſen ausgehende Ausdünſtung be— fruchtet werde; und noch in neuern Zeiten iſt behauptet worden, daß die Königinn ohne Befruchtung entwickelungsfähige Eier lege. Am allgemeinſten wird indeß eine wirkliche Begattung einge— räumt; nur über Zeit und Art derſelben iſt man verſchiedener Meinung: Einige behaupten, daß ſie im Stocke ſtattfinde und daß das Schwärmen, während deſſen ſie nach Andern vor ſich gehen ſoll, gar nichts mit ihr zu thun habe, ſondern nur eine Folge der Uebervölkerung ſei. Wahrſcheinlich geſchieht ſie aber doch zur Zeit des Schwärmens, uud zwar dann, wenn die Königinn ſich nie— dergelaſſen hat und von einem Haufen Drohnen umgeben iſt. Wenigſtens verhält es ſich ſo bei den Weſpen; und auch Amei— ſen und Termiten begatten ſich im Schwärmen. Nur bei einer ſolchen jungen Königinn, die in einem alten Stocke bleibt, ge— ſchieht die Begattung vielleicht im Stocke oder, ohne eigentliches Schwärmen, außer demſelben. — Aus einigen Beobachtungen, daß Arbeiter, welche, ohne Königinn und ohne Brut, bei gutem Futter eingeſperrt waren, dennoch die Zellen mit Brut bevölker— ten, ſchloß man, daß auch unter den Arbeitern zeugungs— fähige Männchen und Weibchen ſein müßten, welche unter gewiſſen Umſtänden ſich ebenfalls begatten und fortpflanzen möch— ten. Zum Theil meinte man auch, daß durch die verſchiedene Verbindung der zweierlei Männchen und Weibchen die verſchiede— nen Individuen erzeugt würden, z. B. durch die Begattung der Arbeiter unter ſich Drohnen, durch die der Königinn mit Droh— nen die männlichen Arbeiter, durch die der Drohnen mit den weib— lichen Arbeitern die Königinnen. Manche halten die Drohnen für geſchlechtsloſe Bienen, die nur zum Brüten dienen ſollen. — Noch nach andern Beobachtungen wurden aus Larven der kleinen Zellen, die ſich nur zu Arbeitern entwickelt haben würden, Köni⸗ ginnen erzogen, wenn fie in größere Zellen gebracht und mit reich- licherm Futter verſehen wurden, woraus ſo viel hervorzugehen ſcheint, daß aus allen Eiern und Maden gollkommene 92 2 2 306 Achte Klaſſ 8 Geſchlechtsbienen ſich entwickeln, wenn nur hinlänglich Raum und Nahrung für die Maden vorhanden iſt, und daß nur der kleine Raum und die geringere Nahrung im Larvenſtande die Urſache der unvollſtändigen Entwickelung der meiſten Bienen zu ſein ſcheint. § 324. Die Oekonomie der Hummeln und Weſpen iſt zwar der der Bienen ſehr ähnlich, bietet aber doch auch manche Verſchiedenheit dar, denn die Geſellſchaften ſterben vor dem Win⸗ ter ganz aus. Die im Herbſt befruchteten Weibchen überwintern einzeln in irgend einem Schlupfwinkel und legen im Frühjahre allein den erſten Grund zu ihrem Neſte, indem fie Zellen verfer⸗ tigen, dieſe mit Larvenfutter und einem Ei verſehen, und ſo ſich Arbeiter erziehen, welche dann den Bau fortführen und alle übri— gen Arbeiten verrichten, während das Weibchen nur Eier legt. In den erſten Monaten kommen auch bei dieſen Inſekten nur Arbeiter zum Vorſchein, ſpäter Männchen und Weibchen, die ſich im Freien begatten. Wenn man zuweilen im Winter in Hum⸗ melneſtern noch ein Weibchen mit mehren Arbeitern findet, ſo ſind dies wahrſcheinlich Weibchen, die ſich ihrer Eier noch nicht ganz entledigt haben und im nächſten Frühjahre zu legen fortfahren. — Die Neſter der Hummeln ſind bereits früher beſchrieben worden. Die der geſelligen Weſpen find faſt eben fo regel- mäßig und aus gleichgroßen ſechsſeitigen Zellen zuſammengeſetzt wie die der Bienen, nur mit dem Unterſchiede, daß das Material und die Geſtalt und Lage der Waben anders iſt. Dieſe ſtehen nämlich nicht vertikal, ſondern hängen horizontal eine über der andern, indem die oberſte mittelſt eines Zapfens an der Decke befeſtigt, und durch andere Zapfen mit der unter ihr befindlichen verbunden iſt, ſo wie dieſe mit der dritten und ſo fort. Jede Wabe beſteht nur aus Einer Schicht Zellen, welche mit der Deff- nung nach unten gekehrt ſind. Diejenigen Weſpen, welche in hohlen Bäumen oder an ſonſt geſchützten Stellen bauen, hängen ihre Waben ohne Hülle auf (z. B. die Horniß, Vespa crabro); die andern aber, welche an freier Luft bauen (V. holsatica, ge⸗ meine Weſpe) oder in der Erde (V. germanica und vulgaris), umgeben die Waben mit einer gemeinſchaftlichen, unten mit einem Flugloche Er Hülle, die aus demſelben Stoffe wie die Zel⸗ Gelenkfüßler. x 307 len verfertigt iſt. Dieſer Stoff befteht aus Holzſpähnchen und andern vegetabiliſchen Subſtanzen, die von den Weſpen fein zer— käuet, mit Speichel vermiſcht und zu einer Maſſe verarbeitet wer— den, die mit grobem grauen oder braunem Papiere Aehnlichkeit hat. Die Weſpen verſehen dann die Zellen mit dem Extract ih— rer Nahrung, die aus Inſekten, Fleiſch, Früchten und dergleichen beſteht, und legen ein Ei hinein. Nach andern Beobachtungen ſollen die Maden aus dem Munde der Weſpen gefüttert werden. Die weitere Entwickelung kommt mit der der Bienen im Weſent— lichen überein. 8 325. Die Geſellſchaften der bei uns einheimiſchen Amei— ſen beſtehen ebenfalls aus Männchen, Weibchen und Arbeitern, von denen die letztern ungeflügelt ſind. Sie haben in der Erde ihre Wohnungen, die aus Gängen und mit einander verbundenen Abtheilungen beſtehen, ohne daß dazu fremde Materialien benutzt werden. Die geflügelten Männchen und Weibchen erſcheinen im Sommer, zum Theil in unzähliger Menge, ſchwärmen und begat— ten ſich, worauf die Männchen bald ſterben, die befruchteten Weib— chen aber ven einer Geſellſchaft Arbeiter aufgenommen werden, im nächſten Frühjahr Eier legen, und dann ſterben. Auch ſollen einzelne befruchtete Weibchen für ſich überwintern und im nächſten Frühjahr neue Kolonien gründen. Nach der Befruchtung verlie— ren die Weibchen ſehr bald ihre Flügel, indem dieſelben, nach Ei— nigen, abtrocknen und abfallen, nach Andern von den Arbeitern abgebiſſen oder von den Weibchen ſelbſt mit den Beinen abgeriſ— ſen werden. Die Arbeiter unterziehen ſich, mit der größten Zärt— lichkeit und, in Zeiten der Noth und Gefahr, ſelbſt mit Hinten— anſetzung ihrer eigenen Sicherheit und ihres Lebens, der Erziehung und Vertheidigung der Larven und Puppen, indem ſie jene aus ihrem Munde füttern und beide auf alle Weiſe pflegen, bis ſie ausgekommen ſind. Anfangs werden nur Arbeiter erzogen, die dann ſogleich Theil an den Geſchäften nehmen; ſpäter entwickeln ſich die geflügelten Männchen und Weibchen, die dann bald dar⸗ auf die Wohnung verlaſſen, ſchwärmen und ſich begatten. Manche ſchwächer bevölkerte Kolonien (z. B. Formica rufescens und san- guinea) ziehen oft gegen Kolonien anderer Arten zu Felde, und rauben denſelben Larven und Puppen, die ſie nun bei ſich erzie⸗ f 20 * * 308 Achte Klaſſe. hen, wo dann die ſo erworbenen Arbeiter nicht nur freiwillig bei ihren neuen Herren bleiben, ſondern auch alle Geſchäfte mit glei⸗ cher Sorgſamkeit verrichten, als wären ſie für ihre eigene Art thätig. Einige Beobachter wollen in manchen Ameiſenkolonien, außer den gewöhnlichen Arbeitern, noch andere gefunden haben, die ſich beſonders durch einen größern Kopf auszeichnen, und hauptſächlich die Kämpfer und Vertheidiger bei Angriffen auf die Kolonie und die Anführer bei den erwähnten Raubzügen ſein ſollen. § 326. Die Kolonien der geſellſchaftlichen Termiten beſtehen ebenfalls aus Männchen, Weibchen und Arbeitern, unter welchen letztern wiederum kleinköpfige und großköpfige mit ſtarken Kinnbacken unterſchieden werden, von denen die erſten eigentlich arbeiten, die letzten aber mehr zum Schutz und zur Vertheidi⸗ gung der Kolonie dienen ſollen und daher auch wol Soldaten genannt werden. Einige halten die Arbeiter für Larven, die Sol— daten für Nymphen; Andere aber meinen, daß die Arbeiter, da manche derſelben Flügelanſätze haben, manche nicht, Nymphen und Larven ſein müßten, die Soldaten aber wirkliche Geſchlechtsloſe und Arbeiter, denen ganz dieſelben Geſchäfte oblägen, wie den Ameiſenarbeitern. — Was man von der Oekonomie dieſer In— ſekten weiß, das bezieht ſich hauptſächlich auf diejenigen ſüdafrika⸗ niſchen Arten, welche im Freien kegelförmige, zum Theil an zehn Fuß hohe und aus mehren Kegeln zuſammengeſetzte Erdwohnun— gen aufführen, deren Inneres aus größern und kleinern Höhlen und Gängen beſteht und nach Außen durch einen unterirdiſchen Kanal ſich öffnet, der zuweilen über zwölf Schritte weit unter der Erdoberfläche fortläuft, ehe er zu Tage ausgeht. Sobald die Nymphen ſich in geflügelte Männchen und Weibchen verwandelt haben, verlaſſen dieſe die Wohnung und ſchwärmen, oft zu Mil⸗ lionen, begatten ſich im Fluge und fallen dann zu Boden, wo die meiſten umkommen, einzelne Paare oder befruchtete Weibchen aber von einer Arbeitergeſellſchaft aufgenommen und in eine Zelle der Wohnung eingeſperrt werden. Das Weibchen verliert die Flügel, ſchwillt, ſo wie ſich die Eier in ihm entwickeln, zu einer ungeheuern Dicke an, und giebt zuletzt, binnen einem bis zwei Tagen, alle Eier, zuweilen an 80,000, von ſich, welche nun von * * — Gelenkfüßler. 309 den Arbeitern in die übrigen Zellen vertheilt werden. Die aus— gekommenen Larven werden anfangs von den Arbeitern mit Nah— rung verſorgt, bis ſie bald darauf ſelbſt mit umherziehen und ſich dieſelbe ſuchen. Die Vermehrung der Kolonien geſchieht wahr— ſcheinlich dadurch, daß bei Uebervölkerung ein Theil der Arbeiter auszieht und eine neue Kolonie gründet. § 327. Die ganze Lebensdauer der Gelenkfüßler iſt nach den Arten und Gattungen ſehr verſchieden. Unter den Vielfüßlern ſind hierüber noch nicht viele Beobachtungen an— geſtellt worden. Waſſerflöhe, Branchipus, und wol die meiſten Kiemenfüßler, leben nur Einen Sommer. Eine Art der Tauſend— füßler (Julus foetidissimus) ſoll, nach Savi, vielleicht über fünf— zehn Jahre alt werden. Der Flußkrebs iſt im dritten Jahre fort— pflanzungsfähig, wird an zwanzig Jahre alt und wächſt dabei noch fort, wie man dieſes noch an andern Krebſen bemerkt hat. — Unter den Spinnenthieren leben die Milben wahrſcheinlich nur Einen Sommer; die, welche im Herbſte auskommen, überwintern wahrſcheinlich. Von einigen Weberknechtſpinnen (Phalangium cor- nutum und opilio) glaubt Latreille, daß ſie vor dem Winter ſterben, Treviranus, daß fie länger leben; Letzteres iſt wahr: ſcheinlicher. Die Skorpione find erſt nach zwei bis drei Jahren zeugungsfähig. Die kleinen Spinnenarten, welche im Frühjahre aus den überwinterten Eiern hervorkommen, ſterben wol in dem— ſelben Jahre. Wenn daſſelbe aber auch von der Kreuzſpinne (Epeira diadema) angegeben wird, fo ſcheint dies ein Irrthum zu ſein, denn man weiß ein Beiſpiel von einer europäiſchen Spinne, welche vier Jahre lang Eier gelegt hat, auch iſt es von andern Spinnenarten ausgemacht, daß ſie drei bis vier Jahre alt werden. — Von dem Alter der Inſekten in ihren unvollkommenen Ständen iſt bereits die Rede geweſen. Da dieſe Thiere, nachdem ſie in den vollkommenen Zuſtand übergegangen ſind, baldmöglichſt ſich zu begatten ſuchen, nach der Begattung das Männchen bald ſtirbt, das Weibchen aber, wenn es ſeine Eier gelegt hat, ſo iſt das Leben der vollkommenen Inſekten in der Regel nur von kur⸗ zer Dauer. Inſekten, welche fpät im Jahre auskommen und ſich nicht mehr begatten können, ſuchen zu überwintern, um im näch— ſten Frühjahre die Begattung zu vollziehen. Solche Inſekten, 310 Achte Klaſſe. welche zu gleicher Zeit in großer Menge erſcheinen, ſich daher gleich paarweiſe zuſammenfinden und begatten, und bald darauf ſich aller ihrer Eier entledigen, z. B. manche Köcherjungfern und Tagthierchen, haben nur eine kurze Lebenszeit zu genießen. Das Stunden-Tagthierchen (Ephemera horaria) kommt in der Regel nach Sonnenuntergang aus, begattet ſich und legt Eier in derſel⸗ ben Nacht, und ſtirbt, noch ehe die Sonne aufgeht. Wenn ſich Inſekten nicht begatten, ſo leben ſie länger: Ephemera horaria bleibt dann wol acht Tage am Leben; ein großer Tauchkäfer (Dyticus marginalis) lebte in Gefangenſchaft viertehalb Jahre; die Bienen, jedoch nur die Königinnen, können fünf Jahre, nach andern Beobachtungen, die jedoch wol noch der Beſtätigung be— dürfen, ſogar zehn bis zwanzig Jahre, alt werden, Männchen und Arbeiter aber nur etwa ein halbes Jahr. Sechſter Abſchnitt. Beſonderes Phyſiologiſches. § 328. Von ſtarker Lebenskraft kommen in allen drei Unterklaſſen der Gelenkfüßler Beiſpiele vor: Der Macrobiotus kann jahrelang eingetrocknet ſein, und lebt, wenn er angefeuchtet wird, wieder auf; auch im Schnee lebt er; Cyclops quadricor- nis kann ein paar Wochen lang eingefroren ſein, ohne zu ſterben. Bei den Spinnenthieren iſt die Lebenskraft im Allgemeinen nicht beſonders ſtark. Die meiſten Spinnen ſterben ſchon an leich⸗ ten Verwundungen; doch ſollen einige, z. B. manche Tapezier⸗ ſpinnen (Segestria senoculata) und die Skorpione ein zäheres Leben haben. Manche Fleiſchmilben können vier bis fünf Tage in Waſſer mit Salz- und Alaun-Auflöſung leben. — Die In⸗ ſekten beſitzen zum Theil ſehr ſtarke Lebenskraft. Es iſt bekannt, wie lange Zeit manche Inſekten an eine Nadel geſpießt am Leben bleiben, z. B. Feiſtkäfer ein halbes Jahr lang. Trauerkäfer und Mehlkäfer lebten tagelang in der ſehr verdünnten Luft unter der Glocke einer Luftpumpe. Manche können ſehr große Hitze oder Kälte vertragen. Im Krater des Veſuvs, bei 60 Grad R. Hitze, fand man verſchiedene Rüſſelkäfer, ſelbſt in Begattung; in heißen Quellen leben Waſſerkäfer; manche große Miſtkäfer können ſtun⸗ Gelenkfüßler. | 311 denlang im faſt kochend heißen Waſſer liegen, ohne zu ſterben. Große Waſſerkäfer frieren zuweilen, unbeſchadet ihres Lebens, ganz in Eis ein. Viele können jahrelang hungern. Auch Lar— ven haben zum Theil ein ſehr zähes Leben. Holzſpinnerraupen blieben mehre Stunden im luftleeren Raume und mitten im Som— mer faſt drei Wochen lang unter Waſſer am Leben. Andere Rau— pen, welche über eine Woche lang ganz hart gefroren waren, leb— ten in der Wärme wieder auf; eben ſo Maden der Stechmücken und mehrer Bachmücken, die zum Theil den ganzen Winter hin— durch eingefroren ſein können und im Frühjahre noch leben. Noch andere Schnakenmaden befinden ſich in heißen Quellen, bei einer Hitze von 205 Grad F., ganz wohl. Larven der Stubenfliege blieben in Blauſäure über drei Tage lebendig. Larven der Blu— menfliege (Syrphus tenax), welche in einer Papiermühle mit dem Lumpenbrei unter die Stampfen geriethen und gänzlich zuſammen— gequetſcht wurden, ſtarben nicht, ſondern machten ihre Verwand— lung durch. Eine Aaskäferlarve (Silpha carinata), in welcher alle innern Theile, auch das Nervenſyſtem, mit Ausnahme des Ge— hirnknotens, zerſtört waren, lebte noch über neun Tage. Von Puppen hat man einige ähnliche Erfahrungen. Die überwin— ternden Tagfalterpuppen hängen größtentheils ganz frei, ohne daß die ſtärkſte Kälte ihnen ſchadet. Ob die Erzählung, daß eine Puppe des Liguſterſchwärmers (Sphinx ligustri), welche ſo flach wie ein Band gedrückt wurde, nach einer Stunde wieder ihre cy— lindriſche Form angenommen habe, als ſei ihr nichts Leides wie— derfahren, ſich beſtätigen werde, möchte ich indeß bezweifeln. § 329. Die Reproduktionskraft zeigt ſich beſonders ſtark in der Unterklaſſe der Vielfüßler: Krebſe, Aſſeln, Tau- ſendfüßlinge und Kiemenfüßler ergänzen abgebrochene und ver— ſtümmelte Gliedmaßen. Krebſe brechen dieſelben, wenn ſie ver— letzt oder feſtgehalten werden, durch plötzliche und ſtarke Ausreckung vollends ab, worauf neue Gliedmaßen wieder hervorwachſen. Meiſt bleiben aber ſolche erneuerte Gliedmaßen in der Ausbildung zurück; jedoch iſt die geringere Größe eines von zwei Gliedern, z. B. einer der beiden Krebsſcheeren, nicht immer Folge einer Re⸗ produktion, ſondern bei manchen Krebſen, z. B. bei den meiſten Weichſchwanzkrebſen, iſt in der Regel die eine Scheere ſchwächer — 312 Achte Klaſſe. als die andere. Unter den Spinnenthieren ſollen Pycnogo⸗ niden und Afterſpinnen verlorne oder verſtümmelte Beine und Taſter reproduciren. Daſſelbe wird auch von Spinnen geſagt, während andere Beobachter dieſe Kraft den Spinnen abſprechen. Es hat ſich zuletzt ausgewieſen, daß Spinnen, ſo lange ſie noch nicht ausgewachſen ſind, und ſich noch häuten, allerdings jene Kraft beſitzen, die aber ſpäter erliſcht. Daſſelbe gilt auch von den Inſekten, wo nur in den frühern Lebensperioden verloren ge— gangene Theile bei der nächſten Häutung wieder erſetzt werden. § 330. Das Leuchten im Dunkeln iſt eine Erſchei⸗ nung, die bei vielen kleinen Meeresbewohnern unter den Viel- füßlern vorkommt, beſonders aus den Ordnungen der Schma— rotzerkrebſe und Kiemenfüßler; die Gattungen Noctiluca, Lucifer, Saphirina (deren Stellung im Syſteme noch ungewiß iſt) haben von jener Eigenſchaft ihren Namen. Alle dieſe Thiere tragen, in Geſellſchaft mit mehren andern leuchtenden Thieren, zu den be— kannten feurigen Erſcheinungen des Meeres bei. Unter den am Lande lebenden Vielfüßlern ſind einige Scolopender (Scolopendra electrica) als leuchtende Thiere bekannt; und ſelbſt die Stelle, wo ſie gelegen haben, ſoll zuweilen noch leuchten. In der Un- terklaſſe der Spin nenthiere, will man an einigen Zirkelſpin⸗ nen ein phosphorifches Leuchten bemerkt haben. Auch bei meh⸗ rern Inſekten kommt dieſe Erſcheinung vor: Unter den Käfern beſonders bei den Leuchtkäfern und einigen Springkäfern, z. B. bei Elater noctilucus, der das Licht, welches eigentlich ſein gan⸗ zes Inneres erfüllt, durch zwei Flecke auf dem Prothorax und dem Rücken des Hinterleibes in ſolcher Stärke ausſtrahlt, daß man, bei dem Scheine von vier bis fünf dieſer Käfer, die feinſte Druckſchrift ſoll leſen können. Bekannter bei uns ſind in dieſer Hinſicht die Leuchtkäfer, welche aus den zwei vorletzten Hinter— leibsabſchnitten das Licht hervorſtrahlen, die Weibchen heller als die Männchen, und zwar, nach Willkür, ſtärker, ſchwächer oder gar nicht; auch Larven und Puppen, und ſelbſt die Eier leuch⸗ ten. Nach der Begattung, überhaupt wenn das Thier matter wird, nimmt das Licht allmälig ab, und mit dem Tode hört es ganz auf, außer wenn das Thier, bei übrigens voller Kraft, ei— nes plötzlichen Todes ſtirbt, wo es zuweilen noch tagelang fort— Gelenkfüßler. 5 313 dauert. Auch kann die leuchtende Maſſe, nach dem Tode, durch feuchte Wärme auf eine Zeitlang wieder zum Leuchten gebracht werden. Unter den großen ausländiſchen Leuchtkäfern giebt es Arten, die ſehr ſtark leuchten: Eine große nordamerikaniſche Art ſchießt plötzlich ſieben bis acht Strahlen aus, hört dann auf zu leuchten, um jenes Schauſpiel wieder zu erneuern. Eine andere auf Portorico wird als Laterne benutzt, und bei ihrem Lichte foll die feinſte Schrift geleſen werden können. Unter den Zweiflüg— lern ſoll eine Linſenfliege (Thyreophora cynophila) zuweilen leuch— ten. Unter den Gleichflüglern wurden bisher manche große tro— piſche Arten von Laternträgern, beſonders F. laternaria in Süd— amerika, als Inſekten bezeichnet, welche von ihrem Kopfe aus ein ſo ſtarkes Licht verbreiteten, daß man ſie wie Laternen und Ker— zen benutzte. Sie erhielten daher den Namen Laternträger. Die meiſten neuern Berichte widerſprechen dieſer Angabe und behaup— ten, daß bei ihnen gar kein Leuchten ſtattfinde; doch ſcheint man hierüber noch nicht ganz im Reinen zu ſein. Unter den Faltern werden einige Nachtfalter, (z. B. der Holzſpinner Cossus ligni— perda, und einige Eulchen, Noctua pisi) als ſolche angeführt, de— ren Augen zuweilen leuchten follen. — Der leuchtende Stoff der Leuchtkäfer iſt eine gelblichte fettigſchmierige, körnige, phosphor— enthaltende Maſſe, auf deren Leuchten manche ſtärker angeregte thieriſche Functionen, wie die des Athmens, des Umlaufs der Säfte, der Nerven, vielleicht auch die Entwickelung der Geſchlechts— theile Einfluß zu haben ſcheinen. § 331. Von einer weſtindiſchen Fliegenwanze (Redurius serratus) wird erzählt, daß ſie, wenn ſie mit dem menſchlichen Körper in Berührung komme, dieſem elektriſche Schläge ertheile. b 5 § 332. Daß die Inſekten in ſich auch Wärme ent: wickeln, iſt durch mehre Beobachtungen ermittelt worden. Sie iſt aber ſo unbedeutend, daß man ſie bei einzelnen Individuen nicht bemerkt, ſondern erſt, wenn deren viele in einem eingeſchloſ— ſenen Raume längere Zeit beiſammen find, z. B. in Bienen: ſtöcken und Ameiſenhaufen. Jedoch wird auch zum Theil behaup- tet, daß Leuchtkäfer, bei 5 Leuchten, ſchon . Wärme entwickeln. 314 Achte Klaſſe. § 333. Ob Skorpione und manche Spinnen, wie hin und wieder erzählt wird, zum Theil ziemlich ſtarke Laute oder Töne hören laſſen können, laſſen wir dahin geſtellt ſein. Deſto häufiger aber kommt dieſes unter den Inſekten vor: Die meiſten fliegenden Arten ſummen oder ſchnurren im Fluge. Man ſchrieb dieſes den ſchnellen Schwingungen der Flügel in der Luft zu. Aber die alleinige Urſache iſt dieſes wol nicht, da das Sum⸗ men oft, obgleich feiner, noch fortdauert, wenn die Flügel bis an die Wurzel abgeſchnitten ſind. Von dem Summen der Zweiflüg⸗ ler meinte man noch beſonders, daß daſſelbe auch zum Theil durch das Anſchlagen der Schwingkolben an die Flügel hervor— gebracht werde; allein es dauert auch hier nach dem Abſchneiden jener Organe, fort. Manche glauben daher, daß es durch das ſchnelle Reiben der Flügelwurzel in ihrer Gelenkhöhle entſtehe. Aber wahrſcheinlich trägt die aus den Luftlöchern des Vorderlei⸗ bes hervorgepreßte Luft das Meiſte dazu bei: Die Fliegen haben in dem hinterſten jener Luftlöcher kleine Blätter, die, durch die ausſtrömende Luft in Schwingungen verſetzt, ohne Zweifel das Summen vermehren. Manche Falter, beſonders der Todtenkopf— ſchwärmer (Sphinx Atropos), laſſen, außer dem Summen, ein ſcharfes, pfeifendes Geräuſch vernehmen, welches, nach Eini— gen, durch das Reiben der Taſter an dem Rüſſel, nach Andern aber durch die Luft, welche aus einer beſondern, im Vorderkopfe befindlichen, mit dem Rüſſel in Verbindung ſtehenden Höhle, oder aus der Saugblaſe hervorgepreßt werde, entſtehen ſoll; nach noch Andern würde es durch die Schwingungen einer Membran hervorgebracht, die über zwei Gruben unter den erſten Luftlöchern des Hinterleibes ausgeſpannt iſt, und durch beſondere Muskeln, oder durch die aus den Luftröhren hervorgeſtoßene Luft, in Be— wegung geſetzt werden ſoll. In Braſilien giebt es einen Tagfal⸗ ter, der durch den Rüſſel ein klapperndes Geräuſch hervor— bringen ſoll. Die Springgryllen laſſen auch verſchiedene Töne hören: Das Schnarren, welches die Schnarrheuſchrecken beim Fliegen hervorbringen, iſt oft ſo laut, daß man es kaum durch das bloße Hervordringen der Luft, und Anſchlagen derſelben an die Flügel erklären kann. Etwas Anderes aber iſt das Zirpen und Schwirren, welches jene Thiere im Sitzen hören laſſen. Gelenkfüßler. 315 Bei einigen (Säbelheuſchrecken, Gryllen, Spitzheuſchrecken) ſind es bloß die Männchen, welche zirpen, bei andern (Schnarrheu— ſchrecken) auch die Weibchen. Man glaubte, daß dieſe Töne theils durch Reiben der Schenkel an den Flügeln oder dem Hinterleibe, theils durch Reiben der Flügel am letztern hervorgebracht werde. Spitzheuſchrecken und Thurmheuſchrecken haben ſeitwärts am er— ſten Abſchnitte des Hinterleibes eine Höhlung, die durch eine Haut geſchloſſen iſt, innen aber zum Theil einige Vorſprünge hat, und mit den Luftröhren zuſammenhängt. Dieſes Organ betrach— tet man als eine Art von Reſonanzboden, zur Verſtärkung des Tones, der durch das Reiben der Beine an den Flügeln hervor— gebracht werden ſoll. Die Säbelheuſchrecken und Gryllen haben auf den Oberflügeln, vor der Wurzel derſelben, ein glattes Feld, von dem man meint, daß die Schwingungen, in welche es durch die aus den Luftröhren des Vorderleibes hervorgeſtoßene Luft ver— ſetzt werde, das Zirpen verurſachen. Die Hauptſache in allen die— ſen Fällen ſind wahrſcheinlich die hervordringende Luft und die durch dieſelbe in Schwingungen geſetzten häutigen Organe, und nicht das Reiben der Gliedmaßen, da man an dieſen niemals Spuren einer ſolchen Bearbeitung gewahr wird. Die Bewegung des Körpers, der Beine und der Flügel während des Zirpens, iſt wol eine Folge der Muskelarbeit beim Athmen, und der hervor— ſtrömenden Luft. Der Cikadengeſang iſt ein ähnliches Zirpen, welches, nach Einigen, bloß vom Männchen, nach Andern bloß vom Weibchen, und, noch nach Andern, von beiden hervorgebracht wird. Die Männchen haben jederſeits an der Baſis des Hin— terleibes eine Höhlung mit einigen Membranen oder einer gefal— teten Haut, welche durch die aus den Luftlöchern hervordringende Luft in Schwingungen verſetzt werden und eigenthümliche Töne hervorbringen, die nach den Arten dieſer Inſekten verſchieden ſind, denn bei der Ohiocikade haben ſie zum Theil Aehnlichkeit mit dem Geſchrei der Laubfröſche; bei der Mannacikade in Südwales klingt das Zirpen wie Meſſerſchleifen; eine Sing⸗Cikade (Cicada clari- sona) in Guiana zirpt mit Clarinettentönen; unſere Cikaden zir⸗ pen wie Heuſchrecken. Nach neuern Anſichten werden alle dieſe N ſchnurrenden und zirpenden Töne zwar durch Schwingungen von Membranen hervorgebracht, aber dieſe Schwingungen entſtehen. 316 Achte Klaſſe. g nicht durch Luftſtröme, ſondern durch Muskelwirkung. Da aber ein und daſſelbe Thier zuweilen ein ſehr verſchiedenes Zirpen und Schwirren hervorbringt, ſo iſt es wahrſcheinlich, daß dieſe ver— ſchiedenen Töne auch auf eine verſchiedene Weiſe gebildet werden. Das Knarren, welches viele Käfer und einige Wanzen hervor— bringen, entſteht hauptſächlich durch Reiben des Prothorax oder des Hinterleibes an den Flügeldecken, ſeltener durch Reiben des Kopfes am Prothorax oder der Beine an einander. Doch möchte wol noch zu unterſuchen ſein, ob nicht auch hier die ausgeſtoßene Luft das Meiſte wirke. Das Klopfen, welches manche Pochkäfer im Holze hören laſſen, wird dadurch hervorgebracht, daß dieſe In— ſekten den Kopf und Prothorax durch die vorgeſtreckten Vorder⸗ beine gegen das Holz ſchnellen. § 334. Der Inſtinkt, deſſen bei den Thieren der vor- hergehenden Klaſſen keine beſondere Erwähnung geſchehen iſt, weil er ſich in weniger auffallenden Erſcheinungen äußerte, und ſich faſt nur auf das Einnehmen von Nahrung und auf die Befrie⸗ digung des Geſchlechtstriebes, bei ſehr vielen bloß auf jenes, be— zog, zeigt ſich unter den Gelenkfüßlern in mannigfaltigerer Rich- tung. Die Mittel, welche dieſe Thiere zum Theil anwenden, um ſich ihrer Nahrung zu bemächtigen, ſich in Gefahr zu retten und ſich zu vertheidigen, für ihre Nachkommenſchaft Sorge zu tragen u. ſ. w., ſind eben ſo verſchieden als zweckmäßig. Unter den Vielfüßlern iſt der Inſtinkt noch nicht viel höher geſteigert, als in der vorhergehenden Klaſſe; höher in den Spinnenthieren, und am höchſten in den Inſekten. Bei den Spinnen zeigt er ſich auch ſchon als Kunſttrieb, in der Verfertigung regelmäßiger Gewebe, wobei mitunter ſelbſt eine gewiſſe Ueberlegung zu walten ſcheint. Daſſelbe gilt, in noch höherm Grade, von den Anlagen und dem Bau der Wohnungen und Neſter der Inſekten, die zum Theil, namentlich von Bienen und Weſpen, mit ſolcher Regelmäßigkeit und geometriſcher Genauigkeit angelegt werden, daß man ſie kaum für bloße Produkte des Inſtinkts, ſondern für Werke reifer Ueber— legung und einſtudirter Kenntniſſe halten möchte, wenn nicht ge— rade der Umſtand, daß jene Werke, wie jedes Benehmen dieſer Thiere, von allen Zeiten her, ſtets ganz auf dieſelbe Weiſe, ohne erlernte Kenntniſſe, ausgeführt wurden, offenbar zeigte, daß dies Gelenkfüßler. 317 Alles nur auf Inſtinkt, nicht auf Verſtand und Klugheit beruhe. Sehr viele Inſekten haben jedoch ein gutes Gedächtniß in Wie— derfinden ihrer Wohnungen oder ſolcher Stellen, wo ſie Nahrung ſammeln können. Mehre, beſonders die geſelliglebenden Hautflüg— ler, wie Bienen, Weſpen, Ameiſen, beſitzen auch die Gabe, ſich mitzutheilen, ſich Andern ihres Gleichen über irgend Etwas verſtändlich zu machen, ſie vor Gefahr zu warnen, ihre Hülfe in Anſpruch zu nehmen, u. ſ. w. Theils zeigen ſie aber auch einen gewiſſen Grad von Ueberlegung und Klugheit, wenn es darauf ankommt, ihr Benehmen, z. B. bei dem Bau ihrer Ne— ſter, nach äußern Umſtänden zu verändern, und von den bloßen Eingebungen des Inſtinkts abzuweichen, und ſich gleichſam über dieſen zu erheben. Solche Erfahrungen hat man hauptſächlich bei Beobachtung der Bienen gemacht, die dann auch wol als die phi— ſiologiſch-vollkommenſten Inſekten bezeichnet werden. Siebenter Abſchnitt. Nutzen und Schaden. § 335. Der Vortheil und der Nachtheil, den wir von den Gelenkfüßlern haben, berührt uns entweder unmittelbar, oder mittelbar. — Unmittelbare Vortheile haben wir 1) durch diejenigen unter ihnen, welche uns mit zur Nahrung dienen. Dies gilt beſonders von vielen Krebſen: der Flußkrebs (Can- cer astacus L.; Astacus fluviatilis), welcher in den Flüſſen und Teichen Europas lebt, wird beſonders in denjenigen Monaten, welche kein r haben, für wohlſchmeckend gehalten. Der Hum— mer, (Cancer gammarus L,; Astacus marinus), in den euro- päiſchen Meeren, ſehr häufig in der Nordſee, am größten im mit— telländiſchen Meere, wo er zuweilen drei Fuß lang wird. Sein Fleiſch iſt weniger zart und ſchwerer zu verdauen, als das vom Flußkrebs. Die Landkrabben (Ocypoda ruricola), unter wel: cher Benennung man ohnſtreitig mehre verſchiedene Arten begreift, und die zum Theil eine Länge von ſechs Zoll erreichen, werden auf den weſtindiſchen Inſeln, zur Zeit ihrer Wanderungen, in gro— ßer Menge gefangen und verſpeiſt; doch ſoll ihr Genuß zuweilen üble Folgen haben, weil ſie auch giftige Kräuter fräßen. Unter 318 Achte Klaſſe. den Namen von Taſchenkrebſen, Strandkrabben, Krab⸗ ben u. ſ. w., kommen mehre Krabben vor, welche genoſſen wer— den, beſonders Cancer pagurus und moenas aus den europäifchen Meeren. Garnelen oder Garnellen werden viele kleinere eß— bare Krebsgattungen genannt, welche in Cuviers Regne animal, unter dem Namen Salieoques, eine beſondere Abtheilung bilden. Mehre Arten von ihnen ſind an den Seeküſten ungemein häufig, werden in Menge gefangen und verſpeiſt, auch eingeſalzen und verſendet. Dahin gehören hauptſächlich: Palaemon squilla, Gra⸗ nate, auch wol Krabbe genannt, häufig in der Nordſee und Oſtſee, wird an den Nordküſten von Deutſchland in Menge ge— geſſen, ſoll aber zuweilen giftige Eigenſchaften haben; Palaemon serratus, beſonders an den Küſten von England und Frankreich, wird am meiſten auf den pariſer Markt gebracht; Penaeus sul- catus, ſehr häufig im mittelländiſchen Meere, wird in großer Menge verbraucht, und eingeſalzen in die Levante ausgeführt; Nika edulis, an den italiäniſchen und franzöſiſchen Küſten, kommt vorzüglich in Nizza auf den Markt. — Heuſchrecken werden in manchen Gegenden von Aſien, Afrika und Amerika von rohen Völkern gegeſſen. In Perſien und Marokko werden fie als Efi= waare zu Markte gebracht, und bei der Ankunft der Heuſchrecken— Schwärme fallen die Fleiſchpreiſe bedeutend. — Zu den Lecker— biſſen der alten Römer gehörte auch der Cossus, welcher in neu— ern Zeiten, aber wol mit Unrecht, für die Raupe des Holzſpin⸗ ners gehalten wurde, der daher auch den Namen Cossus erhielt. Wahrſcheinlicher iſt eine andere Meinung, daß nämlich jener rö— miſche Cossus die Larve eines Käfers geweſen ſein möchte, welche in dem Marke verſchiedener Palmen lebt, (etwa die der Calandra palmarum oder ähnlicher Arten), und noch heutiges Tages in Oſtindien, theils ſelbſt von Europäern, gebraten, als ein Lecker— biſſen gegeſſen wird. In Guiana wird aus ihrem Fette eine Art Butter bereitet, welche wohlſchmeckender als die unfrige fein fol. Vielleicht wurden ſolche Larven eingemacht nach Italien aus⸗ geführt. § 336. 2) Als Arzneimittel kommen folgende Gelenk⸗ füßler beſonders in Betracht: Alle Arten der Gattung Meloe L. Die Oelkäfer und Pflafterkäfer Unter letztern vorzüglich Gelenkfüßler. | 319 die ſpaniſche Fliege (Cantharis Latr, Meloe vesicatorius L. Lytta vesicatoria Fabr.). Sie findet ſich bei uns auf manchen Büſchen, beſonders auf Holunder (Syringa), zuweilen in großer Menge; häufiger iſt ſie im ſüdlichen Europa, und ihr Name ſcheint darauf hinzudeuten, daß ſie früher hauptſächlich aus Spanien ein— geführt worden ſei. Sie wird vielfach angewendet, wegen ihrer blafenziehenden Kräfte, und zwar ſoll vorzüglich der weiche Hin— terleib zur Bereitung des Cantharidenpulvers am beſten ſein. In andern Ländern, wo nicht die ſpaniſche Fliege, ſondern andere Arten von Lytta einheimiſch ſind, werden dieſe auf gleiche Weiſe angewendet, z. V. L. gigas in Bengalen, L. vittata in Amerika; und letztere ſoll die blaſenziehende Kraft noch in ſtärkerem Grade beſitzen, als die ſpaniſche Fliege. Selbſt die Arten der verwand— ten Gattung der Reizkäfer (Mylabris) werden in Aſien eben ſo angewendet. Die Oelkäfer, auch unter dem Namen der Mai— würmer bekannt (Meloe majalis u. ſ. w.), haben ähnliche, aber ſchwächere mediziniſche Kräfte, werden mehr innerlich gebraucht, und wurden beſonders gegen die Folgen des Biſſes toller Hunde angewendet. Unter den übrigen Käfern waren mehre Arten der Marienkäfer, namentlich Coccinella septempunctata, eine Zeit- lang berühmt durch die zahnſchmerzſtillenden Kräfte, die ſie be— ſitzen ſollten, indem man den leidenden Zahn nur mit einem ſol— chen zerdrückten Käfer ſtreichen oder berühren ſollte, um den Schmerz augenblicklich zu ſtillen. Man hat aber dieſe Wirkung zu hoch angeſchlagen; wie es auch mit einigen andern Käfern der Fall iſt, welche gegen daſſelbe Uebel empfohlen wurden. Die Ameiſen enthalten eine eigenthümliche Säure, Ameiſenſäure ge— nannt, welche ſich ſchon beim Zerdrücken eines ſolchen Inſekts, oder beim Aufwühlen eines Ameiſenhaufens, durch den ſcharfen Geruch zu erkennen giebt. Dieſe Säure wird in der Medicin als nervenſtärkend angewendet, und beſonders von unſerer rothen Ameiſe (Formica rufa) entnommen. Früher wurden die ganzen Haufen dieſer Art, die beſonders in Nadelholzwaldungen oft ge— 955 « 5 wölbte Hügel von mehren Fuß im Durchmeſſer bilden, eingeholt und ſtärkende Bäder aus denſelben bereitet. Spinngewebe wird mediciniſch angewendet, äußerlich zum Blutſtillen, innerlich gegen Fieber. Vormals wurde auch auf die ſogenannten Krebs⸗ 320 | Achte Klaſſe. augen (ſteinige Concremente im Magen der Krebſe) ſehr viel gehalten. Noch jetzt ſind ſie in manchen Gegenden im Gebrauch; beſonders ſollen in Rußland die großen Wolgakrebſe hauptſächlich jener Krebsaugen wegen gefangen werden. Unter dem Namen Millepedae waren ſonſt mehre Arten von Aſſeln als Heilmittel im Gebrauch; doch kamen als ſolche auch manche andere Gelenk— füßler und deren Theile, in den Officinen vor. Die auf Rofen- büſchen wachſenden Gallen der Roſengallweſpe, (Cynips rosae) welche unter dem Namen Roſenſchwämme, Roſenäpfel, Bedeguar, Schlafäpfel bekannt find, haben die letztere Be— nennung von ihrer früheren Anwendung, wie denn noch heut zu Tage hin und wieder Landleute jene Auswüchſe in ihre Betten unter die Kopfkiſſen legen, um Schlaf zu bewirken. Die Ho— nigbienen liefern uns Honig und Wachs. In den milden europäiſchen Ländern, wo dieſe Inſekten wild einheimiſch ſind, bauen ſie in hohle Bäume; bei uns müſſen ſie in Bienenſtöcken und Bienenkörben gehegt werden. Es kommt dabei auf gehörige Pflege, günſtiges Clima, gute Witterung und auch auf die Pflan— zen an, die ſie beſuchen, um jene Produkte in größerer Menge und von beſonderer Güte zu erzielen. Wo die Bienen einen war⸗ men Standort, Schutz gegen kalte Winde, aromatiſche und vie— len ſüßen Saft enthaltende Pflanzen in der Nähe haben, da ma— chen ſie, bei ſchöner heiterer Witterung, vielen Honig. Der Lin— denblüthenhonig wird bei uns für den beſten gehalten; in Frank— reich war der Honig von Narbonne berühmt. Beſuchen die Bienen häufig giftige Pflanzen, ſo wird auch der Honig giftig; und man hat mehre Beiſpiele, daß der Genuß von ſolchem Honig den Tod herbeigeführt hat. Unſere Honigbiene iſt Apis mellifica; die in Italien und andern Gegenden von Südeuropa ſoll der Art nach von jener verſchieden ſein. Die unſrige iſt auch nach Amerika verſetzt worden; doch giebt es dort außerdem mehre einheimiſche Honigbienen, theils aus der Gattung Apis, theils aus den Gat— tungen Trigona und Melipona, von denen mehre in der Erde bauen. Auch in Afrika und Oſtindien find andere Arten von Ho= nigbienen. In Südamerika liefern ſelbſt einige Weſpenarten Ho⸗ nig, der aber zum Theil giftig ſein ſoll. Cicadae manniferae (Mannacikaden) nennt Linnse eine Abtheilung feiner Gat⸗ f Gelenkfüßler. 321 tung Cicada, weil von einigen Arten derſelben (C. orni und ple- beja, den eigentlichen Singcikaden) geglaubt wurde, daß ſie das Manna bereiteten; und zwar meinten die Einen, daß die Cika— den das Manna von ſich geben, die Andern, daß es der Saft verſchiedener Bäume und Sträucher ſei, welcher durch die Stiche jener Inſekten hervorgelockt werde und erhärte. Als ſolche wer— den genannt: Tamarix mannifera, Cistus ladanifera, Fraxinus orni und rotundifolia (Mannaefchen), Hedysarum Alhagi (Mannaklee), welches letztere im Orient das beſte Manna geben ſoll. Nach neueren Nachrichten kommt das Manna am Sinai von einer Go: chenille (Coccus manniparus) auf Tamarix mannifera, das oft: indiſche von einer Afterblattlaus. In Neuholland, wo es auch wol wilder Honig genannt wird, iſt es ein Erzeugniß der En— calyptus mannifera, auf der es, nach frühern Nachrichten, von einer Mannacikade abgeſetzt werden ſollte, nach neuern Berichten aber nicht von Inſekten herrührt, ſondern aus den Riſſen hervor— quillt, die in der trocknen Jahreszeit in der Rinde des Baumes entſtehen. So wird auch in Italien das Manna durch Einſchnitte gewonnen, die man in die Rinde der Mannaefchen macht. Es werden noch einige andere Pflanzen und Inſekten angeführt, welche Manna geben ſollen. Auch Mannaregen werden erwähnt; ein ſolcher, den man in unſern Zeiten beobachtete, beſtand aus Kör— nern der Veronica hederaefolia. — § 337. 3) Verſchiedene Inſekten liefern Stoffe zu un⸗ ſerer Bekleidung. Der Nutzen, den uns in dieſer Hinſicht die Falter gewähren, beſteht in der Gewinnung der Seide, oder der Fäden, aus welchen die Raupen mehrer von ihnen, vorzüg— lich die der Spinner, ihre Coccons oder Puppenhüllen weben. Aber nur wenige dieſer Raupen ziehen ſo zuſammenhängende und feine Fäden aus, daß ſie zur Gewinnung der Seide gebraucht werden können. Die ſchönſte und eigentliche Seide liefern die Seidenwürmer, Raupen des Maulbeerſpinners (Bombyx mori). In ihrem Vaterlande, China und Tibet, wurde die Seide dieſer Raupen, die ſich von Blättern des Maulbeerbaumes ernähren, ſchon in den älteſten Zeiten gewonnen und verarbeitet. Die Zucht der Maulbeerbäume und Seidenwürmer fol im ſechsten Jahr⸗ hundert nach Conſtantinopel und im zwölften von da nach Ita⸗ | 21 322 Achte Klaſſe. lien verpflanzt worden ſein, von wo ſie ſich dann allmälig in Europa verbreitete. Im achtzehnten Jahrhunderte fand ſie auch in Deutſchland Eingang. In den ſüdlichen Gegenden wird die Zucht der Seidenwürmer zum Theil im Freien betrieben; auch iſt die Seide dort ſchöner. Bei uns können dieſe Thiere nur in Häu⸗ ſern erzogen werden, erfordern mehr Pflege, verurſachen mehr Koſten, und geben eine weniger ſchöne Seide. Bei gehöriger Pflege und Wärme (18 R.) kommen die Eier in fünf bis acht Tagen aus. Die Raupe iſt ſehr gefräßig, genießt in einem Tage mehr als das Doppelte ihres Gewichts, und erreicht nach ohn⸗ gefähr vier Wochen, während deren ſie ſich viermal häutet, ihr völliges Wachsthum, wo ſie ſich dann zur Verpuppung anſchickt: Am erſten Tage verfertigt ſie ein lockeres grobes unordentliches Geſpinnſt, am zweiten das feinere, welches aus einem einzigen Faden beſteht, zuletzt eine filzige Hülle (Dattel), in welcher fie ſich verpuppt. Nach zwei bis drei Wochen kommt der Falter her⸗ vor. Zuweilen noch an demſelben Tage, wo ſie auskrochen, be⸗ gatten ſich Männchen und Weibchen, und letzteres legt nach zwei bis drei Tagen einige hundert Eier. So beſteht alſo die ganze Lebensdauer dieſer Thiere, von ihrer Entwickelung aus dem Eie an, bis zu der Zeit, wo ſie ſelbſt wieder Eier legen, in ſechs bis acht Wochen. Die Benutzung bezieht ſich auf Folgendes: Die äu⸗ ßere lockere Hülle wird, nach gehöriger Zubereitung, wie Flachs geſponnen, und liefert die Florettſeide.. Der zuſammenhän⸗ gende Faden, der die eigentliche Seide giebt, iſt zuweilen an 1000 Fuß lang, und ſo fein, daß 180 ſolcher Fäden, dicht bei⸗ ſammen gelegt, erſt die Breite einer Linie (½ Zoll) einnehmen, oder daß ein ſolcher Faden von 1 Pfd. Gewicht, 535 engl. Meilen lang iſt. Wegen dieſer Feinheit werden die Fäden mehrer Coc⸗ cons zugleich abgehaſpelt, und geben ſo erſt die Seidenfäden, wie ſie im Handel ſind. Die innere filzige Hülle (Dattel), heißt Wattſeide, und wird zu Watten, zu der Verfertigung der ſo⸗ genannten italiäniſchen Blumen u. dgl. mehr angewendet. Unz ter den übrigen Spinnern, welche auch zur Gewinnung der Seide benutzt werden, find z. B., aus der linneiſchen Familie der Attaci, (Atlaſſe), die Arten atlas, paphia, mylitta, cynthia zu merken, deren Geſpinſte in Amerika, Oſtindien, China geſponnen und zu Gelenkfüßler. 323 Stoffen verarbeitet werden; auch das große Nachtpfauenauge, (Bombyx pyri oder pavonia major I..), der größte europäiſche Falter, deſſen Geſpinnſt ebenfalls, wenigſtens verſuchsweiſe, ver— arbeitet worden iſt. — Eben ſo ſind mit den Geweben der Spinnen gleiche Verſuche gemacht worden: Namentlich hatte ein pariſer Zeugmacher eine Zucht von Hausſpinnen angelegt, und aus den Geſpinnſten derſelben auch wirklich einige Paar Strümpfe und Handſchuhe verfertigt; allein von mehr als einer halben Mil- lion Spinnen wurde kaum ein Pfund nutzbarer Fäden gewonnen. Ein Engländer hatte Kreuzſpinnen (Epeira diadema), zu gleichem Zwecke angewendet, indem er den Faden aus ihnen hervorhaſpelte, und auf dieſe Weiſe, in weniger als zwei Stunden, von 22 Spin— nen einen Faden von 18000 Fuß Länge gewonnen; aber um ein Pfund Spinnſeide zu liefern, wären 22000 Spinnen erforderlich geweſen. — § 338. 4) Unter den Schildläuſen find einige Arten wegen der ſchönen rothen Farbe, die man aus den Weibchen derſelben zieht, ſehr nützlich. Da aber die todten und eingetrock— neten Körper dieſer Thiere, wie ſie im Handel vorkommen, einige Aehnlichkeit mit manchen kleinen getrockneten Beeren, z. B. mit Preißelbeeren (Vaccinium vitis Idaea) haben, ſo wurden ſie frü— her zum Theil ſelbſt für Beeren gehalten und auch ſo genannt. Beſonders gilt dieſes von der ächten und eigentlichen Cochenille (Coccus cacti), welche auch Scharlachwurm und Scharlach— beere heißt. Sie iſt urſprünglich in Mexiko auf Cactus opuntia einheimiſch, und wird dort auch in beſondern Pflanzungen in un— geheurer Menge gezogen, denn es wurden früher von dort nach Spanien jährlich an 800000 Pfund Cochenille ausgeführt, und zu einem Pfunde gehören an 70000 Inſekten. Man hat jetzt auch in Weſtindien, auf Java, am Vorgebürge der guten Hoff— nung, um Algier, und ſelbſt im ſüdlichen Spanien Cochenille⸗ zuchten mit Vortheil angelegt. Aber nicht alle ſogenannte Co— chenille iſt der wahre Coccus cacti, ſondern auch eine kleinere ge= ringere Art, Coccus tomentosus, die ſelbſt hie und da in Deutſch— land in Treibhäuſern auf Cactus vorkommt, wird mit demſelben Namen belegt. Eben ſo iſt es nicht bloß Cactus opuntia, auf welchem dieſe Inſekten gezogen werden, ſondern auch C. co- A 21 * — 324 Achte Klaſſe. chenillifer und Ficus indica dienen dazu. Unter den in Europa einheimiſchen Cochenillen ſind hier zu merken: der Kermes, Coccus ilieis, auch Kermesbeere und Scharlachwurm ge nannt, welcher ſich auf der Scharlacheiche oder Stechpalme, Quer- cus coccifera, im ſüdlichen Europa findet, und die deutſche Cochenille, Coccus polonicus, auch Johannisblut, pol⸗ niſche Körner und Körnerſchild genannt, welche im mitt⸗ lern Europa und Aſien, an den Wurzeln verſchiedener Pflanzen, beſonders des Scleranthus annuus, lebt, und um Johanni geſam⸗ melt wird. Beide geben ebenfalls eine rothe Farbe, aber nicht ſo ſchön und reichhaltig wie die eigentliche Cochenille. Noch eine Art dieſer Gattung, der ſogenannte Gummilackwurm, Coccus lacca oder Coccus ficus, lebt in Oſtindien auf mehren Arten Ficus, beſonders auf den beiden Banianbäumen, Ficus religiosa und bengalensis: Die Weibchen ſitzen unbeweglich an den jungen faft- reichen Zweigen, den Rüſſel in die Rinde geſenkt, wodurch der gummiartige Saft in ſolcher Menge hervorgelockt wird, daß er bald das Inſekt ganz überzieht, und um daſſelbe eine geſchloſſene Zelle bildet. Wenn er dann erhärtet, ſo iſt es die unter dem Namen des Gummilak bekannte Subſtanz, welche zu der Zeit, wenn die trächtigen Weibchen noch in der Zelle ſich befinden, ge— ſammelt wird, denn die ſchöne rothe Farbe iſt in dem Inſekt ent— halten. Aus dem Gummilack wird das Schellack bereitet, welches beſonders zur Verfertigung des rothen Siegellacks dient. — Auch unter den durch Stiche von Gallweſpen an Pflanzen hervorge— brachten Gallen find einige, welche vortheilhaft zur Farbenbe- reitung benutzt werden, beſonders die der Eichen: Auf dieſen Bäumen leben mehre Arten von Gallweſpen, die nicht bloß durch körperliche Merkmale ſich unterſcheiden, ſondern auch durch die Beſchaffenheit der Gallen, die ſie hervorbringen, und durch die verſchiedenen Pflanzentheile, an denen ſie dieſelben erzeugen, denn einige Arten ſtechen in die Blätter, andere in die Blattſtiele, wie⸗ der andere in die Blüthenſtiele, in die Rinde u. ſ. w. Dieſe Eichengallen, beſonders die der Kelche der Quercus aegilops, die von Cynips calicis herrühren, ſind im Handel unter den Namen Galläpfel und Knop pern bekannt; theils werden auch die an den Stielen wachſenden vorzugsweiſe mit dem letzten Namen be⸗ — Gelenkfüfler. 325 legt. Sie werden zur Bereitung von (fer Farbe, Tinte u. ſ. w. häufig verbraucht. § 339. Mittelbar Be uns viele Inſekten dadurch, daß ſie andere ſchädliche Inſekten vertilgen. — Hierher gehören die Raubinſekten, beſonders mehre Laufkäfer, welche Raupen und Würmer vertilgen: Die Schönkäfer, namentlich Ca- losoma sycophanta und inquisitor, werden auch wol Puppenräu— ber genannt, weil ſie, wie auch ihre Larven, Eichen und andere Bäume erklettern, um die auf denſelben wohnenden Raupen und Puppen zu freſſen. Auf andere Weiſe werden Raupen und Pup— pen durch die eigentlichen Puppenräuber unter den Hautflüglern vertilgt; beſonders ſind die Schlupfweſpen, auch wol Zehr— weſpen genannt, in dieſer Hinſicht ſehr nützlich: Die meiſten der— ſelben legen ihre Eier den Falterraupen in die Haut, und die ausgekommenen Larven freſſen ſich in die Leibeshöhle der Raupen und zehren von dem Fettkörper derſelben. Da dieſer aber nicht zu den edlern und zum Leben und Wachsthum der Raupen durchaus nothwendigen Gebilden gehört, ſo ſterben die Raupen auch nicht gleich, ſondern freſſen und wachſen fort, bis ſie ſich verpuppen müſſen; indeß erreichen ſie dieſes Ziel gewöhnlich nicht mehr, oder wenn ſie ſich auch noch verpuppen, ſo kommt doch der Falter nicht aus; dann haben auch die inwohnenden Schlupf— weſpenlarven ihre völlige Größe erreicht und verpuppen ſich. Auf dieſe Weiſe wird unter andern eine große Menge der ſchädlichen Kohlraupen (Papilio brassicae) vertilgt, denn die Klumpen klei— ner Coccons, welche man gegen den Herbſt ſo häufig an oder neben geſtorbenen und zuſammengeſchrumpften Kohlraupen an— trifft, find die Puppenhüllen der Larven einiger kleinen Schlupf— weſpen (Microgaster; Ichneumon glomeratus und globatus L.), welche im Innern der Raupe gelebt und dieſe zu Grunde gerich— tet haben. Einige der kleinſten Schlupfweſpen legen ihre Eier in Blattläuſe (Aphidius; Ichneumon aphidum L.) oder in Falter⸗ eier (Teleas phalaenarum und Linnei; Ichneumon ovulorum L.), und der Inhalt einer Blattlaus oder eines Faltereies reicht für die Larve der kleinen Schlupfweſpe aus. — Die Larven ver: ſchiedener Florfliegen, Blumenfliegen (Syrphus ribesii und pyrastri), und Marienkäfer, welche auf Pflanzen wohnen, ſind 326 Achte Klaffe. dadurch ſehr nützlich, daß ſie eine Menge von Blattläuſen ver- tilgen; die der Florfliegen werden daher muß wol Blattlaus⸗ löwen genannt. — 8 340. Es giebt außerdem noch manche Beiſpiele von mittelbarem Nutzen, den uns Inſekten gewähren: Manche von Blume zu Blume fliegende und in dieſen ihre Nahrung ſuchende Inſekten, z. B. die Bienen, tragen mit zur Befruchtung der Blumen bei, beſonders derer mit getrennten Geſchlechtern, in— dem fie den Staub aus den männlichen Blumen, welcher an ih- rem Leibe hängen blieb, als ſie dieſe beſuchten, auf die weibliche Narbe bringen, wenn fie bald darauf eine weibliche Blume be— ſuchen. In frühern Zeiten glaubte man, daß auf ähnliche Weiſe die Befruchtung oder Zeitigung der Feigen bewirkt werde, indem dieſe von einem kleinen Hautflügler, welcher Feigengallweſpe (Cynips psenes) genannt wurde, geſtochen würden, und da man ferner meinte, daß dieſes Inſekt ſich hauptſächlich in den Feigen des ſogenannten wilden Feigenbaumes (caprificus) fände, fo hing man dieſe wilden Feigen in die zahmen cultivirten Feigenbäume, damit das Inſekt, wenn es jene verließ, auch an die cultivirten Feigen fliegen und dieſe ſtechen möge. Daher wurde dieſes Ver- fahren die Caprifikation genannt. Einige erklärten ſich die Sache ſo, daß durch den Stich und den dadurch bewirkten Reiz die Feige mehr anſchwelle. Andre meinten, daß der wilde Fei⸗ genbaum männliche Blüthen, der zahme weibliche Blüthen habe, - und daß der männliche Staub durch den Cynips auf die weib— liche Blüthe gebracht werde. Noch Andere erklären den caprifieus für eine frühreifende Feigenart, aus dem alſo auch jene Inſekten früher ſich entwickelten und hervorkämen, und wenn dieſe dann die ſpätreifen Feigen anſtächen, ſo gelangten letztere ebenfalls früher zur Reife. Nach neuern Berichten wird indeß die Caprifikation, welche vormals beſonders in Griechenland ſehr im Anſehn ſtand, nirgend mehr angewendet, da man ſich von deren Nichtigkeit über— zeugt hat. Uebrigens ſind unter der Benennung Feigengallweſpe (Cynips psenes L.) einige verſchiedene Arten begriffen. Die von mir beobachtete Art ſtimmt mit Haſſelquiſts Cynips ficus überein; da ſie aber von den eigentlichen Gallweſpen ſehr abweicht, auch feine Gallen erzeugt, fo habe ich ſie von den Gallweſpen ge⸗ # Gelenkfüßler. 327 trennt und Blastophaga grossorum genannt: Die Larven leben einzeln in den einzelnen Samenkörnern der Feigen und an N ſich auch in denſelben. — § 341. Manche Inſekten und deren Larven dienen nütz⸗ lichen und uns angenehmen Thieren zur Nahrung: Da- hin gehören z. B. die ſogenannten Mehlwürmer (Larven des Mehlkäfers, Tenebrio molitor) und Ameiſeneier (nicht Eier, ſondern eingefponnene Puppen von Ameiſen), welche ein belieb— tes Futter für Nachtigallen und mehre andere Singvögel ſind. § 342. Wie die Vortheile, die wir von den Gelenkfüß— lern haben, unmittelbar oder mittelbar ſich zeigen, ſo iſt es auch mit den Nachtheilen der Fall, die uns dieſe Thiere zuziehen: Zu den unmittelbar ſchädlichen und läſtigen Gelenkfüßlern gehören zuförderſt 1) diejenigen Paraſiten oder Schmarotzer, welche unſern Körper bewohnen und aus demſelben Nahrung zie— hen: Am Menſchen leben vier bis fünf Arten Läuſe, nämlich: a) die Kopflaus, Pediculus humanus oder capitis, auf dem Kopfe, zwiſchen dem Haupthaar; b) die Kleiderlaus oder Leiblaus, Pediculus vestimenti oder corporis, am Leibe und in den Falten der Hemden und Kleider; e) die Schweißlaus, Pediculus tabescentium, in Hautfalten, wo ſich Schweiß ſam— melt, hat längere Fühler und einen größern Vorderleib als die vorhergehenden; d) die Negerlaus, Ped. aethiopum; iſt ganz ſchwarz, hat einen runzligen Leib, dreieckigen Kopf u. ſ. w. e) die Filzlaus, Ped. pubis oder inguinalis, in den Haaren am Unterleibe, ſeltener in den Augenbraunen, noch ſeltener in den Augenwimpern. Die drei erſten Arten vermehren ſich ungeheuer, und man hat berechnet, daß ein Kopflausweibchen in zwei Mo— naten eine Nachkommenſchaft von 9000 Läuſen haben kann. — Wenn die Schweißläuſe ſich ſehr ſtark vermehren und über den ganzen Körper verbreiten, ſo erzeugen ſie die ſchreckliche Krank— heit, welche unter dem Namen der Läuſeſucht, Phthiriasis, be: kannt iſt. Wenn aber erzählt wird, daß in dieſer Krankheit die Läuſe zuweilen unter der Haut, und aus Beulen und Geſchwü⸗ ren hervorbrechen, ſo ſind dies nicht ſowol Läuſe als vielmehr eine kleine Art Milben (vielleicht zu den Fleiſchmilben gehörig), weshalb man für dieſe Krankheitsform den Namen Acariasis vor⸗ 328 Achte Klaſſe. geſchlagen hat. — Zu den Fleiſchmilben gehört auch die Krätz⸗ milbe, Sarcoptes scabiei, die ſich am Menſchen und einigen Hausſäugthieren unter die Haut einbohren und die Krätze ver- urſachen. — Unter den Flöhen ſind zwei Arten, von denen wir zu leiden haben: Die eine iſt der bekannte gemeine Floh, Pulex irritans, der aber nur in ſeinem vollkommnen Zuſtande am Menſchen (und auch an Hunden, Katzen u. ſ. w.) lebt; die an⸗ dere iſt der Sandfloh, Pulex penetrans, auch wol Nigua, Attun, Tſchike, genannt. Dieſe letzte Art, von welcher man eine Zeit lang glaubte, daß ſie gar kein Floh ſei, ſondern eine Zecke, iſt im heißen Amerika einheimiſch, hält ſich im Staube und Sande auf, und die befruchteten Weibchen bohren ſich an Menſchen und Säugethieren unter die Haut ein, beſonders unter die Nägel an den Zehen. Wenn die Eier in dem Floh zu wach⸗ ſen beginnen, ſo dehnt ſich der Leib deſſelben oft zu der Größe einer Erbſe aus, und erregt dann nicht ſelten ſchlimme Geſchwüre und Brand, ſo daß zuweilen ein ſolcher Zeh, oder gar der ganze Fuß, abgenommen werden muß. Die Eier kommen wahrſchein⸗ lich auch unter der Haut aus, wo dann die Larven das Uebel noch vermehren. — Maden der Schmeißfliege kommen zuwei⸗ len in offnen und nicht rein gehaltenen Wunden vor, wenn die Fliege dort ihre Brut abgeſetzt hat; auch werden Fälle angeführt, wo Maden und andere Larven im Magen und Darm gelebt ha— ben ſollen; letzteres, wenn anders die Beobachtungen richtig ge— weſen find, kann nur zufällig ſich ereignet haben. Aber in Ame— rika ſoll es eine Bremſe geben (Oestrus humanus), deren Lar⸗ ven unter der Haut von Menſchen in Beulen lebt, und dieſe nach einem halben Jahre verläßt. — Von den Oehrlingen oder Ohrwürmern (Forficula auricularia) glaubte man zum Theil, daß ſie beſonders darauf erpicht ſeien, den Menſchen in die Ohren zu kriechen, dann das Trommelfell zu durchbohren und ſo weiter in den Kopf hinein zu dringen. Es wurden ſogar Ge— ſchichten erzählt, wie auf dieſem Wege Oehrlinge in den Gehirn— kaſten gelangt wären, darin ſich vermehrt und viele Jahre lang gehauſet hätten, wodurch der Menſch wahnſinnig geworden und zuletzt getödtet wäre. Dergleichen gehört gewiß in das Reich der Fabeln. — | Gelenkfüßler. 329 8 343. Von den bisher abgehandelten Paraſiten find nun 2) diejenigen Gelenkfüßler zu unterſcheiden, welche zwar auch unmittelbar den Menſchen angreifen, aber ohne den Körper deſ— ſelben zu bewohnen. Da ſie durch eine ſcharfe (giftige) Flüßig⸗ keit ſchädlich oder läſtig werden, die ſie entweder beim Biß oder Stich in die Wunde bringen, oder auf die Haut ſpritzen, ſo könnte man ſie überhaupt als giftige Gelenkfüßler bezeichnen, wenn man das Wort Gift in dem weiteſten Sinne nehmen wollte. — Unter den Vielfüßlern gehören hierher die Scolopender, welche durch den Biß vergiften; beſonders ſoll der Biß der gro— ßen indiſchen und amerikaniſchen Arten (Scolopendra morsitans) gefährlich, und für Menſchen ſelbſt tödtlich geweſen ſein. Die in heißen Ländern lebenden größern Tauſendfüßler ſollen einen Saft ausſpritzen, welcher auf der Haut Entzündung und wenn er ins Auge kommt, Blindheit bewirkt. — Unter den Spin— nenthieren haben wir folgende hier zu betrachten: Die großen Skorpione der heißen Welttheile ſollen durch ihren Stich zu— weilen für größere Thiere und für Menſchen tödtlich werden; doch ſind wol dergleichen Erzählungen ſehr übertrieben, und nur bei völliger Vernachläſſigung der Wunde und bei ſehr ungünſtigen äußern Umſtänden könnten die Folgen ſo ſchlimm ſein. Daß der große afrikaniſche Skorpion (Scorpio afer), der zuweilen einen halben Fuß lang wird, durch ſeinen Stich mehrtägige Schmerzen, Entzündungen, Geſchwulſt und Geſchwüre, ſelbſt Fieber, verur— ſacht, iſt nicht zu bezweifeln; allein die europäiſchen Arten ſind viel zu ſchwach, als daß ſie eigentlich gefährlich werden könnten. Die Spinnen vergiften zwar auch durch ihren Biß, doch iſt derſelbe nur den Inſekten, welche ſie fangen, tödtlich; wenigſtens iſt unter unſern einheimiſchen Arten keine dem Menſchen furcht— bar. In den ſüdlichern Ländern find einige größere Arten der ſogenannten Luchsſpinnen oder Wolfsſpinnen (Lycosa), unter dem allgemeinen Namen der Taranteln bekannt, deren Biß aller⸗ dings für Menſchen ohngefähr eben ſolche Folgen wie der Skor— pionſtich zu haben ſcheint, allein tödtlich iſt er wol nie; und was von der ſchrecklichen Krankheit (Tarentismus) und der Tanzwuth erzählt wird, in welche die gebiſſenen Menſchen verfallen, und wie dieſe Unglücklichen dann durch eine beſondere Tanzmuſik 330 Achte Klaſſe: (da tarantella) zum Tanz hingeriſſen würden und nur durch eine von demſelben bewirkte Criſis geheilt werden könnten, iſt reine Erdichtung und Verſtellung, bloß darauf berechnet, Mitleiden zu erregen und Allmoſen zu erbetteln, denn man hat noch kein Bei⸗ ſpiel, daß ein rechtlicher Menſch, oder überhaupt Jemand in ir⸗ gend einer andern Gegend als in Unteritalien, durch den Taran⸗ telbiß in jene Krankheit verfallen ſei. Der Name Tarantel iſt von Tarent abzuleiten, da in der Umgegend dieſer Stadt und überhaupt in Apulien jene Spinnen und die Krankheit, die ſie hervorbringen ſollten, zuerſt ſich bemerklich machten. Daß der Biß dieſer und ähnlicher Spinnen den Arbeitern auf dem Felde, wenn ſie baarfuß ſind, durch ihren Biß läſtig werden und, bei heißem Wetter oder erhitztem Blute, ſchlimme Folgen erregen kön⸗ nen, leidet wol keinen Zweifel. Uebrigens wird noch von einigen andern großen Spinnen, namentlich von der Buſchſpinne oder Vogelſpinne (Mygale avicularia) in Südamerika, wie auch von den Skorpionſpinnen (Galeodes araneoides) in Oſtin⸗ dien und am Vorgebirge der guten Hoffnung, erzählt, daß ihr Biß ſchlimm und ſelbſt tödtlich ſei. Unter den Milben ſind die Zecken, auch wol Teken und Holzböcke genannt, dem Mens ſchen läſtig: Sie wohnen auf niedrigem Buſchwerk, von wo ſie Menſchen und Thieren, beſonders Hunden, gelegentlich auf den Leib kommen und ſich ſo tief als der Rüſſel ausreicht, in die Haut einbohren, worauf ſie dann ſo viel Flüſſigkeit einſaugen, daß ſie oft achtzigmal dicker werden, als ſie vorher waren. Sie erregen brennendes Jucken und Geſchwüre, da, wenn man ſie ausziehen will, oft der mit Widerhaken verſehene Rüſſel abreißt und in der Wunde bleibt. Zu dieſen Milben gehört auch die per— ſiſche Giftwanze oder Wanze von Miana (Argas persicus), von welcher, gewiß ſehr übertrieben, erzählt wird, daß ſie in 24 Stunden den Tod des von ihr geſtochenen Menſchen herbeifüh⸗ ren ſoll. — Aus der Unterklaſſe der Inſekten ſind viele Arten entweder durch ihren Stechſtachel oder durch ihren Saugrüſſel lä— ſtig. Zu jenen gehören beſonders mehre Hautflügler, vorzüglich Bienen und Weſpen. Unter letztern iſt vor allem andern die Horniß (Vespa crabro), die größte unſrer inländiſchen Arten, zu fürchten. Ein einziger Stich ſoll zuweilen, wenn der geſtochene Gelenkfüßler. 8 331 Menſch erhitzt war, heftiges Fieber und Beſinnungsloſigkeit er⸗ zeugt haben; und neun Horniſſe ſollen im Stande ſein durch ihre Stiche ein Pferd zu tödten. Die vereinigten Stiche vieler Bienen haben ſchon Menſchen und Pferden, wenn dieſe z. B. von einem ganzen Schwarme überfallen wurden, den Tod zuge— zogen. Auch unter den Ameiſen giebt es einige Arten, die den Menſchen durch ihren ſchmerzhaften Stich oder Biß läſtig werden, beſonders mehre der großen, in heißen Welttheilen einheimiſchen Arten, die nicht ſelten bösartige Geſchwüre und Fieber veranlaſ— fen. Zu den läſtigen, nach unſerm Blute trachtenden Saugin— ſekten gehören, aus der Ordnung der Zweiflügler, manche War denſtecher (Stomoxys calcitrans), Viehfliegen (Tabanus cae- cutiens, pluvialis), Stechmücken (Culex pipiens), Kriebel— mücken (Simulia maculata) und einige andere. Die Wirkungen des Mück enſtichs find bei verſchiedenen Menſchen zum Theil ſehr verſchieden: Bei manchen entſtehen weit verbreitete Ge— ſchwulſt, mehrtägige Schmerzen, ſelbſt Fieber, durch Einen Mücken⸗ ſtich; es ſollen ſelbſt Todesfälle dadurch veranlaßt worden ſein. In manchen Ländern, beſonders in heißen, waſſerreichen, waldi— gen Gegenden, aber auch in den nördlichen Theilen von Schwe— den und Norwegen, ſind mehre Arten dieſer Inſekten, da ſie ſich unglaublich vermehren, eine unerträgliche Qual für Menſchen, Pferde und Rindvieh, fo daß fie manche Diſtrikte ganz unbes wohnbar machen. In Amerika ſind ſie unter dem Namen der Moskiten berüchtigt, welcher aber nicht nur auf mehre Mücken— arten, ſondern auch auf Kriebelmücken ſich bezieht, was ebenfalls von den erwähnten nordeuropäiſchen Stechinſekten zu gelten ſcheint. Eben ſo wird die Sandfliege (sandſly oder burning fly der Eng⸗ länder) in Amerika und Weſtindien von Einigen zu dieſen Inſekten, von Andern zu den Viehfliegen (Tabanus) gezogen, unter: des nen nicht bloß die ſogenannte blinde Fliege und Regenfliege (T. caecutiens und pluvialis), ſondern auch andere Arten, wie T. equinus und bovinus, (die man wol Pferdebremſe und Och— ſenbremſe nennt, weil fie beſonders Pferde und Rindvieh an— fallen), den Menſchen läſtig werden. Die Beißfliege, auch unter dem Namen der kolumbazer oder kolumbachſchen Mücke bekannt, welche im Sommer im Banat, aber auch in 332 Achte Klaſſe. den nördlichen Gegenden von Europa, in ungeheuern Schwärmen erſcheint, iſt Scatopse reptans (Culex reptans L), deren Stiche ſo giftig ſind, daß ihrer mehre Rindvieh, Pferde u. ſ. w. tödten, wie man hievon in Ungarn und Preußen öfters die Erfahrung gemacht hat. Unter den übrigen Zweiflüglern ſind hier noch zu erwähnen Anophilus maculipennis, welcher empfindlicher ſticht als die Mücken, und Geſchwüre erregt, und die Wadenſtecher (Stomoxys caleitrans, Conops caleitrans), welche ſtets niedrig fliegen und Menſchen, Pferden und Rindvieh in die Beine ftechen, wogegen letztere Thiere beſtändig mit den Beinen ſtampfen, um ſie zu vertreiben. Sie werden auch Stechfliegen und Pferde— fliegen genannt. Aus der Ordnung der Wanzen iſt die Bett— wanze (Cimex lectularius) ein bekanntes, ſehr läſtiges Thier, welches uns beſonders zur Nachtzeit durch ſeinen Blutdurſt plagt. Man glaubt zum Theil, daß dieſe Wanze erſt in der Mitte des funfzehnten Jahrhunderts durch Schiffe entweder aus Amerika oder aus Oſtindien nach Europa verpflanzt worden ſei, was aber ungegründet iſt, da fie ſchon den alten Griechen und Römern be: kannt war. Man trifft ſie auch nicht ſelten in Hühnerſtällen, Taubenhäuſern und Schwalbenneſtern an, obgleich ſie die Thiere ſelbſt nicht anzuſaugen ſcheint. Auch hat man ſie in großer Menge in Häuſern gefunden, die ſeit einer Reihe von Jahren unbewohnt und öde geſtanden hatten. Noch iſt hier anzuführen, daß gewiſſe Spinnerraupen (Bombyx processionea, pithyocampa, dispar u. ſ. w.) durch das heftige Brennen und Jucken ſehr läftig wer: den, welches ihre Haare, zum Theil auch die Coccons der Pup- pen, auf der menſchlichen Haut verurſachen. Nach neuern Beob— achtungen ſoll dieſes Brennen nicht von den Haaren herrühren, ſondern von einem ſcharfen Safte, den dieſe Raupen durch die Haut von ſich geben In Columbien ſoll es Raupen geben, welche willkürlich ſtechen, und durch ihr Gift Schmerzen und Fie— ber erzeugen. 27 § 344. Von den mittelbaren Nachtheilen, welche viele Gelenkfüßler uns zufügen, iſt Folgendes zu merken: 1) Eine nicht unbedeutende Anzahl derſelben wohnt in unſern Häuſern oder dringt in dieſelben ein, um von unſern Viktualien ſich mit zu ernähren oder uns zu ſchaden. Zu den ſchlimmſten Gä⸗ Gelenkfüßler. 333 den. dieſer Art gehören mehre Schaben, welche durch ihre Ge: fräßigkeit und durch die Verwüſtungen, die ſie nicht nur an Eß⸗ waaren, ſondern an Allem, was ſie zernagen können, anrichten, berüchtigt find. Man hat ſelbſt Beiſpiele, daß fie ſchlafende Men— ſchen angefreſſen haben. Die bekannteſte Art iſt die Küchen— ſchabe (Blatta orientalis), auch Brotſchabe, Schwabe, Ka: kerlak genannt. Sie hält ſich gern an warmen, dunkeln Orten, in Backhäuſern, Küchen u. ſ. w. auf, ſitzt bei Tage verborgen, und kommt Nachts hervor, um ihre Verwüſtungen anzurichten, die mitunter arg genug ſind, da dieſe Inſekten ſich ſtark vermeh— ren. Beſonders furchtbar find fie zuweilen auf Schiffen bei weis ten Seereiſen geworden, wo ſie in den Proviantmagazinen die untern Schichten der Vorräthe ganz verzehrten und vernichteten, und dadurch große Noth herbeiführten. Den Namen orientalis hat ſie daher, weil man glaubt, daß ſie eigentlich im Orient zu Hauſe und erſt ſpäter, durch Schiffe oder Wanderungen zu Lande, bei uns ebenfalls einheimiſch geworden ſei. Von einigen andern Schaben weiß man es gewiß, daß ſie zuweilen in Zuckerkiſten und dergleichen aus andern Welttheilen zu uns gebracht worden, z. B. Bl. americana aus Weſtindien, Bl. australasiae aus Oſt⸗ indien; jedoch haben ſich dieſe Arten bis jetzt noch nicht weiter über unſern Welttheil verbreitet, ſondern kommen nur ſelten an— derwärts als in den großen handeltreibenden Seeſtädten vor. Die deutſche Schabe, Bl. germanica, welche bei uns ſowol im Freien als in Häuſern wohnt, ſoll doch, trotz ihres Namens, nicht urſprünglich in Deutſchland einheimiſch fein, ſondern, nach Eini— gen, aus Oſtindien, nach Andern aus Nordamerika herſtammen. In Schleſien erſchien dieſe Schabe im Jahre 1813 in Alt-Oels in ſolcher Menge und ſo Alles vernichtend in den Häuſern, daß manche der letztern durch ſie ganz unbewohnbar wurden. Man glaubte damals, daß ſie durch die Proviantwagen der ruſſiſchen Kriegsvölker eingeſchleppt wären, und nannte ſie ſelbſt Ruſſen. — Auch unter den Ameiſen giebt es, ſowol bei uns als in an⸗ dern Welttheilen, einige Arten, welche in die Wohnungen eindrin⸗ gen und über alles Eßbare herfallen, beſonders über ſüße Sachen. Unter unſern Ameiſen gehört hieher Formica rufa und unifasciata, oder eine beſondere Art, F. domestica. Unter den amerikaniſchen 334 Achte Klaſſe. iſt die große Buſchameiſe oder Zu gameiſe, auch wol Viſi⸗ tenameiſe genannt (Atta cephalotes), dadurch berüchtigt, daß fie alle drei bis vier Jahre in Schwärmen von Millionen ang: wandert, in die Häuſer eindringt und über alles Lebende und Todte aus dem Thierreiche herfällt und daſſelbe verzehrt. Wenn die Bewohner zeitig genug von der Annäherung eines ſolchen Be: ſuches Kunde bekommen, ſo überlaſſen ſie demſelben ihre Häuſer, nachdem ſie die, Vorräthe in Sicherheit gebracht haben; die Amei⸗ ſen aber tödten und vertreiben nun Alles, was ſich von Ratten, Mäuſen, Schlangen und ſonſtigem Ungeziefer vorfindet und ziehen dann weiter, worauf die Eigenthümer ihre Häuſer, von jenen Id: ſtigen Thieren geſäubert, wieder in Beſitz nehmen. In Süd⸗ amerika zwingt noch eine andere Ameiſe (Formica harpax) oft ganze Ortſchaften, auszuwandern. — Der ſogenannte Zucker⸗ gaſt, Zuckerthierchen, Fiſchchen, Lepisma sacharina, wel⸗ ches in Häuſern und auf Schiffen, an dunkeln dumpfigen Orten, unter Kiſten und in Kaſten ſich aufhält, wo organiſche Subſtan⸗ zen, Eßwaaren und dergleichen in eine trockene Verweſung über⸗ gehen, beſonders wo Zucker und andere ſüße Subſtanzen ſich fin⸗ den, ſoll urſprünglich aus Weſtindien herſtammen und ſich dort in den Zuckerrohrniederlagen oft dermaßen vermehren, daß er ſehr ſchädlich wird. Auch auf Schiffen hat dieſes Thier oft große Noth verurſacht. — Der Brotkäfer (Anobium paniceum) und deſſen Larven, die Brotmilben, Mehlmilben und Käſemil⸗ ben (Acarus domesticus und siro) finden ſich zuweilen in großer Menge in den Eßwaaren, von denen ſie ihre Namen haben, und verzehren und verderben dieſelben. — In dem in Häuſern auf Kornböden aufgeſchütteten Korn richten oft ein paar Larven, die unter dem Namen des weißen und ſchw arzen Kornwurms bekannt ſind, große Verwüſtungen an! Jene iſt die Larve der Getreidemotte oder Kornmotte (Tinea granella), deren Ge⸗ genwart daran erkannt wird, daß mehre Körner, durch lockeres Geſpinnſt vereinigt, zuſammenhängen (mülliges Korn). Der ſchwarze Wurm iſt die Calandra granaria, welche in ihrem voll⸗ kommenen Zuſtande zwar keinen Schaden anrichtet, deren Weib⸗ chen aber die Körner anbohrt und in jedes derſelben ein Ei legt, worauf die aus dem Ei hervorkommende weiße Larve im Innern R . 0 * d Gelenkfüßler⸗ 335 des Korns lebt, deſſen Mehl für ſie zur Nahrung hinreicht, bis ſie ſich verpuppt, welches in der leeren Hülle des Korns geſchieht. In einigen Wochen kommt dann das vollkommene Inſekt zum Vorſchein, ſo daß die ganze Zeit, vom Legen des Eies an bis zur vollſtändigen Entwickelung, ohngefähr ſechs Wochen beträgt. Auf dieſe Weiſe entſtehen in einem Sommer von einem Paare, da die ausgekommenen Käfer ſich bald begatten, mehre Generationen, und daher oft eine unzählbare Nachkommenſchaft, die dann große Kornvorräthe zu Grunde richtet. Aehnliches Verderben verurſacht in andern Gegenden die Larve des rothen Kornwurms (Apion frumentarium), — Die Käſemaden ſind die Larven der Käſe⸗ fliege (Musca putris). Die Fleiſchmaden find Larven der Schmeißfliegen, welche entweder ihre Eier (Musca vomitoria) oder die im Leibe der Mutter ſchon ausgekrochenen Larven (Musca earnaria) an Fleiſch legen, welches dann bald darauf von Maden beſetzt iſt. — Unter den Inſektenlarven, welche dem Ertrage der Bienenſtöcke nachtheilig ſind, kommen die des Immenwolfs oder Bienenwolfs (Clerus apiarius) und die der Honig und Wachsmotten am häufigſten vor, von denen die Motten: larven den Honig und das Wachs verzehren, die erſten aber, auch wol Rankenmaden und Riehlwürmer genannt, die Bienen— larven freſſen. — Pelzwerk und wollene Zeuge zernagen beſonders die Raupen der Pelzmotten und Tuchmotten (Tinea pellio- nella und tapezella), aber auch die Larven der Blüthenkäfer oder Kabinettkäfer (Anthrenusimuseorum )y) der Pelzkäfer ODermestes pellio), der Bohrkäfer oder Kümmelkäfer (Pti- nus fur). Die genannten Käferlarven, beſonders die des Kabinet⸗ käfers, richten auch ſehr oft in Herbarien und in Sammlungen von ausgeſtopften Thieren und von Inſekten große Verwüſtungen an, und namentlich in Falterſammlungen geſellen ſich zu denſelben noch die Papierläuſe (Psocus pulsatorius), die beſonders die Schuppen auf den Falterflügeln freſſen. — Das Holzwerk in den Häu⸗ fern) wird von mehren in denſelben wohnenden Larven zerſtört , theils von ſolchen, die bereits in dem Holze waren, ehe es gefällt wurde (z. B. Larven der Holzweſpen), theils von andern, deren vollkommene Inſekten in den Wohnungen ſelbſt ſich aufhal⸗ ten und ihre Eier an das Holzwerk legen, wie z. B. den Larven 4 336 Achte Klaſſe. eines Liſtkäfers (Callidium bajulus), die im Nadelholze leben, und denen eines Pochkäfers (Anobium pertinax), welche ſich in hartem Laubholz aufhalten. Die vollkommenen Inſekten der letztern ſind es, welche zuweilen die Töne im Holz hören laſſen, die man mit dem Picken einer Taſchenuhr verglichen und irrigerweiſe einem Laushaft (Psocus pulsatorius) zugeſchrieben hatte (der davon die⸗ ſen Namen, und einen zweiten deutſchen, Todtenuhr, bekam, indem man glaubte, daß da, wo ſich dieſe Töne vernehmen ließen, ein Todesfall im Hauſe bevorſtände). Alle dieſe im Holzwerke lebenden Larven faßt man auch wol unter der allgemeinen Benen⸗ nung der Holz würmer zuſammen. Noch ſind hier anzuführen die Hausgryllen (Heimchen, Grylle, Zirſe, Schirke, Gryllus domesticus), welche, wenn ſie ſich ſtark vermehren, ſehr ſchädlich werden, indem ſie alles Eßbare und auch Holz zernagen, und dennoch werden ſie vom Aberglauben als glückbringende Thiere verſchont und gehegt. In den heißen Welttheilen giebt es noch andere Inſekten, die das Holzwerk in den Häuſern zerſtören. Dahin gehören manche Ameiſen, z. B. Formica indefessa in Oſtindien, Atta omnivora (Buſchameiſe, Zugameiſe oder Bi- ſitenameiſe) in Südamerika; vorzüglich aber die Termiten, auch wol weiße Ameiſen genannt, unter denen manche Arten, namentlich Termes fatalis und bellicosus, durch den Schaden, welchen ſie im Larvenzuſtande, in einigen Gegenden, beſonders in Oſtindien und Südafrika, anrichten, ſich berüchtigt gemacht haben. Sie niſten ſich in den Häuſern ein, freſſen Kanäle im Innern des Holzes und anderer Gegenſtände, und haben auf dieſe Weiſe, da ſie ſich ungemein vermehren, ſchon öfters ganze Häuſer und große Lager koſtbarer Stoffe zu Grunde gerichtet. Ihre Zerſtö— rungen ſind um ſo furchtbarer, da ſie nur im Verborgenen, im Innern des Holzes und der angehäuften Magazinvorräthe thätig ſind; denn es können z. B. in dem Balken eines Hauſes viele Tauſende dieſer Larven wirthſchaften, ohne daß man äußerlich ihre Gegenwart ahnet, da ſie nur ein kleines Loch zum Aus- und Ein⸗ gange haben: Wenn dann das Innere der Balken von ihnen ganz in Holzmehl verwandelt iſt, ſo ſtürzt das Haus zuſammen. Diejenigen Termiten, welche in Amerika auf ähnliche Weiſe das Holz zerſtören, ſind Termes destructor. Auch im ſüdlichen Eu⸗ J W nl / 1 „ h u : 2 A Gelenkfüßler. 337 ropa haben ſich ſchon ein paar Arten dieſer Gattung, Termes lucifugum und en durch gleiche Lebensart ſehr nachtheilig bewieſen. § 345. 2) En: ſehr große Anzahl von Inſekten, beſon⸗ ders von Inſektenlarven, lebt auf und von Pflanzen, und wird uns dadurch mittelbar mehr oder weniger ſchädlich; es ſind jedoch verhältnißmäßig nur wenige Arten, die ſich zuweilen in ſolchem Grade vermehren, daß ſie große und weit verbreitete Ver— wüſtungen anrichten. Unter denen, die auf und von Blättern leben, zeichnen ſich folgende aus: Die Maikäfer (Melolontha vulgaris) kommen in manchen Jahren und in gewiſſen Ländern, namentlich in der Schweiz, zuweilen in ſolchen Scharen zum Vor— ſchein, daß das Laubholz, beſonders Buchen, Weiden und derglei— chen, von ihnen ganz kahl gefreſſen wird. Auch manche andere Laubkäfer werden zuweilen ſehr verderblich, z. B. der Roſenkä— fer oder Gartenkäfer (Melolontha horticola), der ſich in man— chen Jahren in unzähliger Menge auf Obſtbäumen, Roſenſträu⸗ chern u. ſ. w. einfindet, und beſonders die Blüthen zerfrißt. Der Rebenſticher (Rhynchites bachus) ſoll oft in Weinbergen da— durch großen Schaden verurſachen, daß er die Blätter abfrißt oder anbohrt, worauf dieſe vertrocknen; oder dadurch, daß das Weib— chen Blätter zuſammenwickelt, ſeine Eier dazwiſchen legt, und die Larven dann vorzüglich die Knoſpen der Blüthen verzehren. Wahrſcheinlich aber ſind es wol im letztern Falle die Larven, welche die Blätter zuſammenſpinnen. Es ſcheint dieſe Art jedoch nicht ſelten mit Rhynchites betuleti verwechſelt worden zu fein, deſſen Larve ebenfalls Weinblätter zuſammenrollt, ſich zwiſchen denſelben verbirgt, und von da aus die wachſende Traube zerfrißt; denn nach neuern Beobachtungen ſoll der eigentliche Rhynchaenus ba- chus niemals auf Weinblättern vorkommen, ſondern das Weib— chen Aepfel anbohren, in jedes Loch ein Ei legen, die Larven dann die Kerne verzehren, bis ſie ſich hinausfreſſen, um am Erdboden ſich zu verpuppen. Unter den Käfern, welche theils als Larven, theils im vollkommenen Zuſtande die niedrigen Pflanzen angrei— fen, find hauptſächlich die Erdflöhſe zu bemerken, beſonders der gemeine oder grüne Erdfloh (Haltica oleracea), welcher zuweilen ganze Kohlfelder verwüſtet; und zwar ſollen, nach neuern Beob⸗ f | 22 4 338 Achte Klaſſe. achtungen, nur die vollkommenen Käfer dieſes Verderben anrich⸗ ten, während die Larven von andern Inſekten und deren Larven ſich ernähren. In einem größern Maßſtabe aber erſcheinen manche Raupen als ſolche Verwüſter; z. B. die mancher Sägeweſpen oder Blattweſpen, beſonders die der Tenthredo pini, welche ſich zuweilen in ſo großer Menge zeigen, daß ſie ganze Kiefer⸗ wälder zu Grunde richten. Vorzüglich gehören indeß hieher mehre Falterraupen: Die des Baumweißlings oder Hecken— weißlings (Pieris crataegi), auch wol Lilien vogel genannt, kommen im Herbſte aus den Eiern, überwintern zwiſchen zuſam⸗ mengefponnenen Blättern an den Enden der Zweige der Obft- bäume, und kommen gleich an den erſten warmen Tagen des Frühlings hervor, wo ſie dann die ſchwellenden Knoſpen freſſen und fo den ganzen Jahrestrieb ſchon im Keime zu Grunde rich⸗ ten. Die Raupen des Kohlweißlings oder Kohlvogels (Pieris brassicae) zerfreſſen oft ganze Kohlfelder Beſonders find es mehre Spinner, deren Raupen ſolche Verwüſtungen im Großen an Bäumen angerichtet haben: Am ſchlimmſten zeigte fi) der Kiefernſpinner (Bombyx pini) in den Jahren 1790 bis 1795, wo ſämmtliche Kieferwälder der Kurmark und der ans gränzenden Theile von Schleſien und der Lauſitz durch die Rau⸗ pen deſſelben faſt ganz zu Grunde gerichtet wurden. Man wen- dete viele Mittel vergeblich gegen dieſe Feinde an; das Ziehen von Gräben, in welche die Raupen, wenn ſie weiter wanderten, hin— einfielen, ohne wieder hinauskriechen zu können, und das Einfam- meln und Vernichten der Raupen, Coccons und Eier, entſprach noch am beſten der Abſicht. Auf dieſe Weiſe wurden in den Jah— ren 1792 und 1793, bloß in den kurmärkſchen Forſten, beinahe 900 Millionen Raupen vertilgt oder ihr Auskommen verhindert; und da man beobachtet hatte, daß ohngefähr 600 Raupen eine mittelmäßige Kiefer zu Grunde richten können, ſo wurden, durch jene Maßregel, 181,334 Bäume gerettet. Auch der Fichten— ſpinner (Bombyx pityocampa) und die Nonne (Bombyx mo- nacha) richten oft viel Unheil in den Nadelwäldern an. Die Ringelraupe oder Livreeraupe (Bomb. neustria) entblättert die Obſtbäume; das Weibchen legt ſeine Eier in ringförmigen Spiralen um die Stiele und jungen Zweige; die Raupen ſind Gelenkfüßler. 339 buntlinürt. Die Proceſſionsraupen (Bomb. processionea) und die Raupen des Stammſpinners (Bomb. dispar) freſſen oft ganze Eichenwälder kahl. Eben ſolche Wirthſchaft treiben die Raupen des Goldafterſpinners (Bomb. chrysorrhoea) auf Weiden und Pappeln; ſie werden auch wol Winterraupen genannt, weil die jungen, im Herbſt ausgekrochenen Raupen zwi— ſchen zuſammengeſponnenen Blättern überwintern. Die des Gras— ſpinners (Bomb. graminella) haben zuweilen hundert Morgen Wieſewachs zu Grunde gerichtet, auch am Lein (Linum usitatis- simum) großen Schaden geſtiftet. Alle dieſe Verwüſtungen wer— den aber, in ihren traurigen Folgen, gar ſehr von denen übertrof— fen, welche die Heuſchrecken in manchen Jahren in gewiſſen Ländern angerichtet haben; wie denn überhaupt die Springgryl— len, wenn ſie ſich ſtark vermehren, durch ihre Gefräßigkeit vielen Schaden verurſachen. Die ſchlimmſten ſind die ſogenannten Zug— heuſchrecken, welche man früher in Eine Art vereinigte, von der man glaubte, daß ſie eigentlich im Orient einheimiſch ſei, und nur in gewiſſen Jahren, wenn ſie ſich ſehr ſtark vermehrt habe, von dort aus ſich in großen Zügen nach Afrika und Europa, und ſo bis zu uns her, begebe. Dieſe Anſicht iſt aber irrig; denn obgleich es ſeine Richtigkeit hat, daß dieſe Inſekten ſehr weit in Einem Zuge fliegen können, da ſie ſich auf hoher See, zuweilen an hundert deutſche Meilen von der Küſte entfernt, auf Schiffen niederließen, ſo iſt dieſer Flug doch noch nicht mit einem Zuge von Oſtindien bis Deutſchland zu vergleichen. Es giebt mehre Arten ſolcher verheerenden Zugheuſchrecken, Acridium devastator in Afrika, Acr. peregrinum in Arabien und Perſien, Aer. crista- tum im Orient, Acr. migratorium in Europa; auch in Amerika kommen mehre Arten derſelben vor. Wenn aber unſere Zugheu- ſchrecke (Acr. migratorium) auch bis in den Orient einheimiſch fein ſollte, fo find doch die Individuen, welche in gewiſſen Jah⸗ ren ſo große Verwüſtungen bei uns angerichtet haben, gewiß nicht von dort zu uns herüber geflogen, ſondern bei uns, oder wenig⸗ ſtens in unſerer Nähe, geboren und erwachſen. In der Regel zeigen ſie ſich nicht häufig und werden dann eben nicht bemerkt; wird nun ihre Vermehrung einmal durch äußere Umſtände ſehr begünſtigt, daß ſie in großer Menge erſcheinen, ſo glaubt man, b | 22 * 340 Achte Klaffe. ſie ſeien aus der Ferne zu uns gezogen. Die Verwüſtungen, welche dieſe Thiere beſonders in heißen Weltgegenden, namentlich im Orient, anrichten, ſind allerdings furchtbar. Wenn ſie heran⸗ gezogen kommen, ſo glaubt man, das Rauſchen eines großen Waſſerfalles zu vernehmen; die Sonne wird durch ſie, wie durch eine Wolke, verdunkelt; wo ſie ſich niederlaſſen, da iſt in wenigen Minuten Alles, was grünet und blühet, kahl gefreſſen, und weit⸗ hin hört man die Arbeit ihrer unerſättlichen Kinnbacken. Erbes ben ſie ſich dann, um weiter zu ziehen, ſo laſſen ſie ein weites Gefilde zurück, welches wie verbrannt ausſieht. Iſt endlich die Zeit ihres Sterbens gekommen, ſo bedecken ihre Leichname oft meilenweit das Land ellenhoch, und indem durch das Verfaulen derſelben die Luft weit und breit verpeſtet und das Unglück durch eintretende Hungersnoth, als Folge der Heuſchreckenverwüſtungen, noch geſteigert wird, fallen oft viele tauſend Menſchen als Opfer der Peſt und anderer Krankheiten, die durch jene Unthiere veran⸗ laßt wurden. Wenn nun gleich bei uns die Zugheuſchrecken nur ſelten ſich in dem Grade vermehren, daß fie bedeutende und weit- verbreitete Verwüſtungen anrichten, ſo ſind ſie doch in manchen Jahren und Gegenden verderblich genug geweſen, beſonders in den Jahren 1693 und 1749, wo fie ſich über Deutſchland, Hol- land, Frankreich, Spanien, England und ſelbſt bis Schweden hin ſo verheerend gezeigt hatten, daß eine wahre Hungersnoth ihnen folgte. Man ſuchte ſie auf verſchiedene Weiſe zu vertilgen: In manchen Gegenden wurden im Spätſommer ihre Eierneſter auf— geſucht und vertilgt, und ſo ſammelte man z. B. bloß auf den Feldern des Anſpachſchen Stiftamtes 92 Metzen ſolcher Neſter, welche, nach einer ohngefähren Berechnung, über 73 Millionen Eier enthielten. In Frankreich waren im Jahre 1819 die Heu: ſchrecken in der Provenge eine große Plage; ſie wurden durch be— ſondere Vorrichtungen eingefangen, fo daß man fünf Wochen hin- durch täglich 25 bis 40 Centner Heuſchrecken vernichtete. Auch unter den Raubkäfern giebt es eine Art (Zabrus gibbus), de⸗ ren Larve, wo ſie in einiger Menge vorhanden war, dadurch be— deutenden Schaden geſtiftet hat, daß ſie ſich in die Getreidehalme einfrißt und dieſelben tödtet. — Mehre Inſekten vernichten Blät⸗ ter und zarte Pflanzentriebe auf andere Weiſe, ohne dieſelben zu Gelenkfüßler. 341 freſſen: Dahin gehören, unter den Ameiſen, die fchon früher er: wähnte Buſchameiſe (Atta cephalotes) in Südamerika, welche oft ganze Bäume entblättert, um die Blätter in ihre unterirdiſche Wohnung zu ſchleppen, die fie mit denſelben ausfüttert; die Gall— weſpen, die durch ihre Stiche und durch die darnach ſich erzeu— genden Gallen die Pflanzen krank machen; die Cochenillen und Blattläuſe, welche die Blätter und zarten Triebe ausſaugen. Unter den Cochenillen gehören beſonders hieher die Schildläuſe in den Gewächshäuſern (Coccus hesperidum und adonidum), welche ſich an Myrtenbüſchen, Pommeranzenbäumen und derglei— chen zuweilen ſo ſtark vermehren, daß ſie dieſelben zu Grunde richten. Die Blattläuſe, auch wol Mehlthau und Neffe genannt, ſind unter unſern inländiſchen pflanzenausſaugenden In— ſekten die ſchlimmſten, weil die trägen ungeflügelten Weibchen an manchen Gewächſen, z. B. an Roſenbüſchen, Flieder (Sambucus nigra) und dergleichen oft ſich dermaßen vermehren, daß ſie die jungen ſaftigen Triebe ganz überziehen und ausſaugen. Der Name Mehlthau wird übrigens ſehr verſchieden angewendet, nämlich: 1) auf die Blattläufe ſelbſt; 2) auf einen klebrigen Saft, den jene Inſekten durch den After oder durch die beiden, oberhalb deſ— ſelben hervorſtehenden Röhren von ſich geben, ſo daß er zuweilen die Blätter ganz bedeckt, und der auch wol Honigthau genannt wird; 3) auf den eigentlichen Honigthau, der eine unmittelbare krankhafte Ausſonderung der Blätter ſelbſt iſt; 4) auf den Roſt und Brand (Uredo) des Getreides u. ſ. w.; 5) auf einen ſchim— melartigen Ueberzug (Mucor erysiphe L.), der zuweilen auf ge— wiſſen Blättern ſich einfindet. — Noch ſind hier die Spinnen— milben oder Webermilben (Gamasus telarius) zu erwähnen, welche oft in großer Menge auf Pflanzen fich vermehren und die Blätter überſpinnen und zu Grunde richten. § 346. Viele Larven wohnen unter der Rinde der Bäume oder im Innern des Holzes und verwüſten daſſelbe. Zu den größern von ihnen gehört die Weidenraupe oder Holz- fpinner (Cossus ligniperda), die beſonders in Eichen und Wei: den lebt und zuweilen häufig genug iſt, um den Baum zu ver⸗ derben. Vorzüglich ſind es viele Käferlarven, welche im Holze ihre Nahrung finden, und unter ihnen haben ſich in einigen Jah⸗ 342 Achte Klaſſe. ren die des Borkenkäfers (Bostrychus typographus und pi- nastri; Holzwurm, Fichtenkrebs) für die Nadelholzwaldun⸗ gen am verderblichſten gezeigt, indem ſie die Baſtſchichten der Stämme freſſen. Das befruchtete Weibchen bohrt ſich in die Rinde, frißt unter derſelben der Länge nach einen graden Kanal und legt zu beiden Seiten deſſelben ſeine Eier ab. Die ausge⸗ krochenen Larven freſſen darauf ſeitwärts von jenem Kanale ab jede wieder einen beſondern Gang, an deſſen Ende ſie ſich zuletzt verpuppen. So kommen jährlich zwei Generationen dieſer Käfer zum Vorſchein. Die Larven des Bostrychus typographus waren es, die ſich in den Jahren 1780 bis 1785 auf dem Harze furcht⸗ bar machten, und namentlich im Jahre 1783 bloß auf dem han⸗ növerſchen Antheile des Gebirges 472,000 Stämme tödteten. Er⸗ wägt man aber, daß in einem mäßigen Stamme 80,000 ſolcher Larven befindlich ſein müſſen, um ihn zu Grunde zu richten, ſo kann man ſich eine Vorſtellung machen von der ungeheuren Ver⸗ mehrung dieſer Inſekten. Im Jahre 1785 machte ein naßkaltes Frühjahr, nachdem ſchon anhaltende Wärme voraufgegangen war, den Verwüſtungen ein Ende, indem es die durch die Wärme be⸗ reits hervorgelockten Inſekten tödtete. In der Regel fallen dieſe Thiere nur ſolche Bäume an, die ſchon durch Alter oder ſonſtige Urſachen kränkeln; denn in vollſaftigen werden fie durch den an verwundeten Stellen ſtärker zudringenden Saft erſtickt. Wenn ſie ſich aber über die Maßen vermehren, ſo fallen ſie ſelbſt ge⸗ ſunde Stämme an, und koſten auch die erſten Verſuche den Angrei⸗ fern das Leben, fo wird doch endlich durch immer wiederholte An- griffe der Stamm krank und zuletzt den Feinden zur Beute. Die⸗ ſes Verderben iſt unter dem Namen der Wurmtrockniß be kannt; jedoch wird mit dieſer Benennung auch wol überhaupt jedes Verderben der Bäume, welches von Larven herrührt, mögen dieſe nun das Holz oder das Laub angreifen, bezeichnet. § 347. Es giebt mehre Larven, welche auf die Wur⸗ zeln der Pflanzen zu ihrer Nahrung angewieſen ſind und da— durch ſchädlich werden: Die Maulwurfsgrylle (Gryllotalpa vulgaris, Erdwolf, Erdkrebs, Werre, Reitwurm, Rieh— wurm, Schrotwurm), welche ſich nach Art der Maulwürfe Gänge wühlt, aus denen ſie nicht anders als nach Sonnenunter⸗ Gelenkfüßler. 343 gang hervorzukommen pflegt, lebt ſowol im vollkommenen als im Larven⸗Zuſtande von Wurzeln, wodurch ſie zuweilen merkli⸗ chen Schaden ſtiftet. Sonſt ſind es nur Inſektenlarven, welche auf dieſe Weiſe nachtheilig werden; unter andern die der Kohl: ſchnaken (Tipula oleracea) in Gärten und auf Wieſen, indem ſie zwar keine geſunden Wurzeln angreifen, aber durch ihr Wüh— len jene von Erde entblößen, daß fie abfterben. In Nordamerika die Larven der ſogenannten heſſiſchen Fliege, welche die Wur— zeln des Weizens und anderer Getreidearten anfallen. Es wer— den jedoch unter jener Benennung mehre Schnakenarten (Ceci— domya destructor und Poae, auch eine Art von Lasioptera) ver- ſtanden; ſelbſt Blattläuſe (Aphis tritici) kommen dort unter dem ſelben Namen vor. Man glaubt, daß jene Schnaken, nämlich Cecidomya destructor, im amerikaniſchen Befreiungskriege, durch die heſſiſchen Truppen nach Amerika verpflanzt ſeien. — Am ſchlimmſten in dieſer Hinſicht ſind jedoch, unter den Erdlarven, die Engerlinge. Unter dieſer Benennung begreift man, im weitern Sinne, überhaupt die Larven der Pinſelkäfer, im engern Sinne die in der Erde lebenden und von Wurzeln ſich ernähren— den Larven der Laubkäfer, beſonders die der Maikäfer (Melo- lontha vulgaris), welche ſchon öfters in manchen Gegenden all- gemeinen Mißwachs des Getreides herbeigeführt haben. Das befruchtete Weibchen gräbt ſich in die Erde, legt ſeine Eier an Wurzeln ab, kommt dann wieder hervor und ſtirbt bald darauf. Die Larven brauchen drei Jahre, bis ſie ſich verpuppen; daher erſcheinen dieſe Käfer, wenn ſie in einem Jahre beſonders zahl— reich vorhanden geweſen ſind und alſo eine größere Menge Eier abgeſetzt haben, in der Regel wieder nach vier Jahren in bedeu— tender Anzahl. Ehemals ſuchte man dieſen Feinden durch Bann— flüche, Beſchwörungen, Bußtage und Proceffionen Einhalt zu thun. Im Jahre 1479 wurden ſie ſogar zu Lauſanne förmlich vor Gericht gefordert, um ſich, der Verwüſtungen wegen, die ſie angerichtet hatten, zu verantworten, und als ſie nicht erſchienen, förmlich im Bann gethan; und noch im Jahre 1829 ſuchte man ſie in der Schweiz, und 1833 in Frankreich durch Beſchwörungen zu vertreiben. Zu andern Zeiten wurden freilich zweckmäßigere Maßregeln gegen ſie ergriffen: Im Jahre 1807 ſammelte und 344 Achte Klaſſe. tödtete man im Kanton Bern, nach amtlichen Verfügungen, 32,000 Scheffel Maikäfer, welche 295 Millionen dieſer Inſekten enthielten, welche an 1000 Millionen Larven hervorgebracht haben würden. N uns S 348. Im Innern vieler Früchte und Säme⸗ reien leben verſchiedene Larven, z. B. die mehrer Schnaken in Kirſchen, Himbeeren u. ſ. w.; die der Obſtmotten (Pyralis pomana) in Aepfeln, Birnen, Pflaumen, deren Kerne fie verzeh⸗ ren, und aus denen ſie ſich hervorbohren, wenn ſie erwachſen ſind, um ſich zu verpuppen; dann nennt man ſolches Obſt wurm⸗ ſtichig. Eben fo verhält es ſich mit dem ſogenannten Haſel⸗ wurme, der Larve des Nußkäfers (Rhynchaenus nucum. Die Hülſenfrüchte, beſonders Erbſen, werden zuweilen durch die in ihnen wohnenden Larven des Erbſenkäfers Bruchus pisi) verwüſtet. § 349. 3) Zuletzt find hier noch einige Inſekten zu erwäh⸗ nen, welche andern uns ſehr nützlichen Thieren verderb⸗ lich werden und ihnen ſelbſt den Tod bringen können. Hieher gehören beſonders die Larven der Bremſen, welche in ver⸗ ſchiedenen Säugthieren leben: Die Ochſenbremſe Oestrus bovis) legt ihre Eier an die Haut des Rindviehes; die Made bohrt ſich unter die Haut ein, worauf ſich an der Stelle eine Beule bildet, in welcher die Made bis zu ihrer Verwandlung bleibt und welche mit dieſer an Größe zunimmt. Die Pferde⸗ bremſen legen ihre Eier den Pferden entweder ans Maul (Oestrus haemorrhoidalis) oder an die Beine und Schultern (Oestrus equi); das Pferd leckt die Eier ein, welche nun mit verſchluckt werden und ſich im Magen entwickeln, worauf die Ma⸗ den ſich an den innern Magenwänden feſthaken und anſaugen. Die Schafbremſe (Oestrus ovis) legt die Eier den Schafen an die Naſenlöcher; die Maden kriechen in der Naſe hinauf und leben in den Knochenhöhlen und in der Wurzel der Hörner. In allen dieſen Fällen verläßt die Made nach einigen Monaten, wenn ſie erwachſen iſt, ihren Wohnort (die Pferdemaden gehen durch den After ab, die übrigen durch dieſelbe Oeffnung, durch welche fie eingedrungen find) um fich am Erdboden zu verpuppen. Wenn dieſe Maden nicht häufig find, fo ſchaden ſie wenig, vielmehr fol: Gelenkfüßler. 345 len die Rindviehmaden zuweilen dem Vieh zuträglich ſein. Am ſchlimmſten ſind die Pferdemaden, da ſie, wenn ihrer viele ſich erzeugen und anhängen, allgemeine Entzündung des Magens und den Tod zur Folge haben. Unter den Tauchkäfern ſind einige der größern Arten, wenn ſie in Fiſchteichen ſich ſtark vermehren, dadurch ſchädlich, daß ſie, beſonders im Larvenzuſtande, Fiſche an— fallen und anfreſſen. Die Larven ſetzen ſich meiſt hinter den Floſſen an und ſaugen die Fiſche wee eh bee .. backen aus und machen va krank. 110 1 } 0 14 11111 3 5 — NUN 9 i nie 5 1 954 J 77 1 30 1 j 1 J } j 7 . 1? J * 115,7 Hl } * } 1 . N ** ai 2 | 168 9 + 65 5 ) * 0 . % N 1 7 91 1 Iiir ) alla i Ent 861 4 141 Nu 5 19 5015 ier 131 11 I, 110 14 17 1 * I f r . 3 1333) + 2 ? 13709 BDEET Nane IMST, N e ca % „ 1744 } bh 24 3.417 515 ö olg W IR 1 Kr DENT 7 7171 7 nt ill D en ; nien 1314 7 10111 5 1 4 \ 139% „7 147 09 346 Neunte Klaffe. Wirbelthiere. Die zweite große Abtheilung des Thierreichs, die der Wir⸗ belthiere, enthält die vier letzten Klaſſen, nämlich die der * ch e Reptilien, Vögel und Säugthiere. Neunte Klaſſe. Pisces, Fiſche. Erſter Abſchnitt. Klaſſifikatiou. § 1. Dieſe Klaſſe läßt ſich in eilf Ordnungen ſpalten, welche in der achten Ueberſicht aufgeſtellt ſind. § 2. Die Ordnungen zerfallen in Zünfte, und dieſe zum Theil wieder in Familien, nach folgender Weiſe: Erſte Ordnung: Fehlkiemer. Amphioxus. Zweite Ordnung: Knorpelfiſche. Erſte Zunft: Cyelostomi, Saugmaul fiſche. Körper geſtreckt; ohne Bruſt- und Bauchfloſſen; Mund mit weichen kreisförmigen oder halbkreisförmigen Lippen. — Petro- myzon L. Myxine L. — Myxine, Bauchkiemer; Petromy- zon, Neunauger; Ammocoetes, Querder; Heptatrema. Zweite Zunft: Rajacei, Nochenfiſche. Körper breit, platt. — Raja L. — Raja, Rochen; Cepha- loptera, Flügelkopffiſch; Myliobatis, Meeradler; Torpedo, Zitter⸗ rochen; Trygon, Stachelrochen; Rhinobates, Hairochen. 6.) Drdn I. Ohne Kiemenöffnung am Kopfe. — Abranchii, II. Am Kopfe oder hinter demſelben jederſeits mit ı III. Jederſeits am Kopfe oder (was jedoch ſelten iſt“ A. Mund unterwärts; Oberſchnauze kegelför B. Mund nach vorn gerichtet (nur an den' ſondern rüſſelförmig verlängert). 1. Schnauze rüſſelförmig vorgeſtreckt, mit Schnabelkopffiſche. 2. Schnauze kurz ſtumpf (ſelten 0 Chaetodon rostratus, oder mit nicht gef a. Körper geſtreckt ſchlangenförmig, oder d floſſen, meiſt auch ohne abgeſetzte Schw Anguillaeformes, Streckfiſche. b. Körper gedrungener, nie ſchlangenförmi . Unſymmetriſch geſtaltet. — Pleuron« 6. Symmetriſch geſtaltet. 5 g aa. Ohne äußern Kiemendeckel. — bb. Mit äußerm Kiemendeckel. a. Ohne Bauchfloſſen. — Ap 66. Mit Bauchfloſſen vor den & 57. Mit Bauchfloſſen unter den 88. Mit Bauchfloſſen hinter den 4 3 4 4 € a — > — . Achte Ueberſieht. j Ordnungen der Fiſche. I. Ohne Kiemenöffnung am Kopfe. — Abranchü, Fehlkiemer. uk 2 II. Am Kopfe oder hinter demſelben jederſeits mit mehr als einer Mien — Selachii, Pnorpelfiſche 3 III. Jederſeits am Kopfe oder (was jedoch ſelten iſt) an der Kehle oder ſelbſt am Bauche wit Einer Kiemenöffnung. A. Mund unterwärts; Oberſchnauze kegelförmig vorgeſtreckt. — Branchiostegi, Freikiemer. B. Mund nach vorn gerichtet (nur an den Seedrachen iſt er unterwärts, aber die Oberſchnauze nicht kegelförmig, ſondern rüſſelförmig verlängert). 1. Schnauze rüſſelförmig vorgeſtreckt, mit kleinem eee s e geſtreckt. — en Schnabelkopffiſche . 5 55 2. Schnauze kurz ſtumpf (ſelten vorgeht; 99 5 Aale Aubbihen mit 1985860 105 n Munde, z. B. Chaetodon rostratus, oder mit nicht geſtrecktem Körper, z. B. Tetrodon rostratus). a. Körper geſtreckt ſchlangenförmig, oder doch wenigſtens nach hinten merklich verdünnt, ohne ausgebildete u floffen, meiſt auch ohne abgeſetzte Fe N nur an den Sandaalen und RD Anguillaeformes, Stredfifhe . - 8 ur 20 3 D b. Körper gedrungener, nie ſchlangenförmig, han wenn er fie letter Form ſlhhert mit Baucfloffen verfehen. d. Unſymmetriſch geftaltet. — Pleuronectoides, Seitenſchwimmer. b. Symmetrifch geſtaltet. > aa. Ohne äußern Kiemendeckel. — Cryptopomatei, Kleindeckelfiſche.. bb. Mit äußerm Kiemendeckel. N ac. Ohne Bauchfloſſen. — Apodes, Fehlfloſſer. -» a 65. Mit Bauchfloſſen vor den Bruſtfloſſen. — Jugulares, Kehlfloſſer. 57. Mit Bauchfloſſen unter den Bruſtfloſſen. — Thoraciei, Bruftfloffer. 55. Mit Bauchfloſſen hinter den Bruſtfloſſen. — Abdominales, Bauchfloſſer. . (Zu S. 346.) Erſte Ordnung. Zweite Ordnung. Dritte Ordnung. Fünfte Ordnung. Eilfte Ordnung. Sechste Ordnung. Vierte Ordnung. Zehnte Ordnung. Neunte Ordnung. Siebente Ordnung. Achte Ordnung. du allhsbsun vnde 8 7 n * 9 N en x at hi 7 u Nr * ä A u; ö RR Ah 5 l ” * 17 5 l W | 7 4 1 BR N . g — 5 As » 2 Ä 1 k ) a i 75 | 2 Fiſche. 347 en Dritte Zunft: Squalini, Haie. Körper geſtreckt, mit Bruſtfloſſen; Mund queergeſpalten. — Squalus L. — Squalus, Haifiſch; Pristis, Sägefiſch; Squatina, Meerengel; Sphyrna, Hammerfiſch; Scoliodon. Dritte Ordnung: Freikiemer. Erſte Zunft: Chimaerini, Chimären. Ohne äußern Kiemendeckel. — Chimaera L., Seeratze. Zweite Zunft: Sturionini, Störfiſche. Mit äußern Kiemendeckeln. — Acipenser L. — Acipen- ser, Stör; Spathularia, 1 Vierte Ordnung: Kleinde ckelfiſche. Erſte Zuuft: Peetüs sini Kleinmaulfiſche. Bruſtfloſſen anſitzend, nicht geſtielt; Mund klein, meiſt mit vorſtehenden Kinnladen oder Zähnen. — Diodon L. — Te- trodon L. Balistes L. Ostracion L. — Diodon, Igel⸗ fiſch; Tetrodon, Stachelbauchfiſch; Triodon; Orthragoriscus, Klumpfiſch; Balistes, Hornfiſch; Monacanthus, Einhornfiſch; Ostracion, Beinfiſch; Mormyrus, Marmorfiſch? Zweite Zunft: Carpopterygi, Armfloſſ er. Bruſtfloſſen auf armförmigen Fortſätzen ſitzend. — Lophius L. — Lophius, Seeteufel; Malthe, 5 Antenna- rius, Seekröte. | Fünfte Ordnung: Schnabel Erſte Zunft: Lophobranchiati, Bü ſch elkiemer. Körper um und um mit Queerſchienen gepanzert. — Syn- gnathus L. Pegasus L. — Syngnathus, Nadelfiſch; Shlena stomus, e Hippocampus, en Pegasus, Seedrache. m Zweite bete Aulostomi, need a e | Körper geſtreckt, nackt oder mit en bekleidet. — Fi- | iert L., Röhrfiſch. | 4 348 Neunte Klaſſe. Dritte Zunft: Centriseini, Meſſer fiſche. Körper zuſammengedrückt, lanzettförmig oder oval, entweder mit Schuppen bekleidet, oder 1 rn — Gentri- scus L., Schnepfenfiſch. om, 7791 af Sechſte Ordnung: Seitenſchwimmer. Pleuronectes L., Scholle. 7 2 Siebente Srbdung io rp are Erfte Zunft: Acanthopterygii, Stachelfloſſer. Die erſten Strahlen der Rücken ⸗ After- und Bruft: Floſſ en ſind ſpitze harte Dornen. | Erfte Familie: e e Stacheldec er. Körper | mäßig⸗geſtreckt; Mund und Floſſen unbedeckt; Bauchfloſſen ge- trennt; Kiemendeckel gezähnt oder dornig. — Perca L. Sci- a ena L. — Perca, Barſch; Serranus; Rhypticus; ka, Röthling; ‚Holocenthrus, Sogofiſch; Centropristis; Helotes; Labrax, Seebarſch; ‚Lueioperca,,, Sander; Lutjanus; Anabas, Kletterfiſch; Sciaena, Umber; Corsina,, char üs Eques, Ritterfiſch; ee Lanzettfiſch. | „ S3oeite Familie: Leiopomatei, Glattdeckler. Körper, Mund, Floſſen, wie in der erſten Familie; Kiemendeckel ohne Zähne und Dornen. — Sparus D Mulius L. Scomber L. Zeus L. Gasterosteus E. zum Theil. Coryphaena L. Teuthis L. a) Meerbraſſenfiſche. Sparus, Meerbraſſe; Dentex, Zahnbraſſe; Pagrus, Sackbraſſe. b) Mullus, Meer⸗ barbe. c) Makrelenfiſche. Scomber, Makrele; Zeus, Son⸗ nenfiſch; Vomer, Spiegelfiſch; Kyrtus, Hochrückenfiſch; Thynnus, Thunfiſch; Caranx, Stöcker; Centronotus, Pilotfiſch; Cybium; Istiophorus, Segelfiſch; Coryphaena, Stutzkopffſch; Astrodermus. d) Teuthideen. Teuthis, Felſenfiſch; Siganus. e) Landkrie⸗ ch er, Chersobatae. Polyacanthus; Colisa; Helostomus; Spi- robranchus;. Öphiocephalus, Schlangenkopffiſch. N Dritte Familie: Labrini, Lippenfiſche. Körper mäßig⸗ geſtreckt; Floſſen unbedeckt; Bauchfloſſen getrennt; Kinnladen mit fleiſchigen Lippen bedeckt. — Scarus ‚bi warten 5 Labrus L., Lippfiſch; Epibulus, Röhrenmaulfiſch. 35 an Fiſche⸗ 349 Vierte Familie: Seleroparei, Pan zerwanger. Körper mä⸗ ßig geſtreckt; Kopf auf verſchiedene Weiſe gepanzert und mit An⸗ hängſeln beſetzt. — Trigla L.; Cottus L.; » Sgorpaene L.; Gasterosteus L. (die ekannieſen Arten). — Trigla, 8055 hahn; Peristedion, Panzerhahn; Dactylopterus, Flughahn; Cot- tus, Groppe; Platycephalus, Plattkopffiſch; Scorpaena, Drachen⸗ kopffiſch; Hemilepidotus; Synanceia; Gasterosteus, Stichling; Monocentris, . Oreosoma. Fünfte Familie: Squamipennes, Schuppenfloſſ er. Kör⸗ per meiſt ſehr zuſammengedrückt und hoch; Bauchfloſſen getrennt; Rücken⸗ und After⸗Floſſen an der Wurzel, zum Theil hoch hin— auf, mit Schuppen bekleidet. — Chaetodon L., Klippfiſch; Brama, Breitfiſch; Toxotes, Spritzfiſch. Sechste Familie: Taeniacei, Bandleibfiſche. Körper ſehr geſtreckt und ſehr zuſammengedrückt — Cepola L., Bandfiſch. — Taenioides; Trachypterus, Säbelfiſch; Gf etras Kahl⸗ afterfiſch; Stylephorus, Stielträger; Lophotes. f Siebente Familie: Gobioides, Trichterfiſche. Floſſen un— bedeckt; Bauchfloſſen zuſammengewachſen; Rückenfloſſe mit dün⸗ nen biegſamen Dornen. — Gobius L. Meergrundel. — Peri oputhalmus; Opisthognathus. Zweite Zunft: Camptopterygii, e Die Floſſenſtrahlen ſind weich, biegſam. Erſte Familie: Discoboli, Scheibenfloſſer. Bauchfloſſen ſcheibenförmigverwachſen. — 155 clopterus L. Lump; 1 gaster. Zweite Familie: 8 Schildfiſche. Mit einem queergefurchten anne 05 dem e — 5 L. Schiff⸗ halter. 5 Dritte Familie: . 200% 1 0 Mit freien Bauchfloſſen, unbedecktem Kopfe. — Lepidoleprus, Grenadierfiſch. | int Jh: | Achte Ordnung: Bauchfloſſer, a er an „ Erſte Zunft: Oxspterygii, Dorufloſſer. 800 Die erſten Strahlen der Rücken⸗, After: und Bruſt⸗Floſſen ſind harte ſpitze Dornen. — Mugil L. Meeräſche; Atherina L. * . DEN 350 Neunte Klaſſe. Kornährenfiſch; Bun La dingerſiſch; . a Sta⸗ chelrückenfiſch. 4 Zweite Zunft: Malacopterygili, Weichfloſſer. Mit weichen Floſſenſtrahlen; nur der erſte Strahl der Rücken⸗ und Bruſt⸗Floſſen iſt zuweilen ſtachlich. Erſte Familie: Leptocephaloti, Schmalkopffiſche. Körper mit Schuppen bekleidet, ohne Fettfloſſe hinter der Rückenfloſſe. — a) Karpfenfiſche. Cyprinus L. Karpfen; Cobitis L. Grundel; Anableps, Hochſchauer. — b) Hechtfiſche. Exo coctus L., Fliegfiſch; Esox L., Hecht; Galaxias; Sphyraena, Spel; Osteoglossum; Chauliodus; Lepisosteus, Knochenſchupper; Microstoma, Kleinmundfiſch. — c) Häringfiſche. Clupea L., Häring; Amia L.; Elops L., Eidechſenfiſch; Polypterus, Bi⸗ ſhir; Megalops; Engraulis, Anchovis; Notopterus; Butirinus. Zweite Familie: Salmonei, Lachsfiſche. Körper mit Schup⸗ pen bekleidet; eine Fettfloſſe hinter der ſtachlichen Rückenfloſſe. — Argentina L., Silberfiſch; Salmo L., Lachs; Serrasalmo, Sägeſalm; Osmerus, Stint; Corregonus, Aeſche; Sternoptyx, Bruſtfaltenfiſch; Hydrocyon; Chalceus; Anostomus; Citharinus Myletes. | | | Dritte Familie: Silurini, Breitkopffiſche. Körper ſchup⸗ penlos, entweder nackt oder mit Knochenſchildern bekleidet. — Silurus L., Wels; Callichthys L., Harniſchfiſch; Mystus L., Fettfloſſenwels; Aspredo L.; Loricaria L., Panzerfiſch; Do- ras; Synodontis, Schal; Heterobranchus; Malapterurus, Zitter⸗ wels; Plotosus; Platystacus, Plattleibfiſch; Cetopsis; Pimelodes. Neunte Ordnung: Kehlfloſſer. Erſte Zunft: Gadini, Schellſiſche. Mit weichen Floſſenſtrahlen. — Gadus L., Stockfiſch. Zweite Zunft: Nyttopteryzii, S charffloſſer. Die erſten Strahlen der Rücken-, After- und Bruſt⸗Floſſen find harte, ſpitze Dornen. — Trachinus L., Petermännchen; Uranoscopus L., Sternſeherfiſch; Pinguipes; Callionymus L., Spinnenfiſch; Blennius L.; NOT wann u. fiſch; Zoarces; Salarias. | Fiſche. ; 351 ih Zehnte Ordnung: Fehlfloſſer. Erſte Zunft: Centropterygii, Stachelſtrahler. Die erſten Strahlen der Rücken-, After- und Bruſt⸗Floſſen find harte ſpitze Dornen. — Anarrhichas L., Seewolf; Xi- phias L., Schwerdtfiſch; Stomateus L., Deckfiſch; Rhyncho- bdella. Zweite Zunft: Chaunopterygii, Schwachſtrahler. Alle Floſſenſtrahlen find weich. — Odonthognathus; Pristi- gaster, Sägebauchfiſch. 5 Eilfte Ordnung: Streckfiſche. Erſte Zunft: Trichiurini, Spitzſchwanzfiſche. Die erſten Strahlen der Rücken-, After- und Bruſt⸗Floſſen find harte, ſpitze Dornen. — Trichiurus L., Degenfiſch. 3 weite Zunft: Enehelyoides, Aalfiſche. Mit weichen Floſſenſtrahlen. — Muraena L.; Ammodytes L.; Gymnotus L.; Ophidium L. Erſte lie Ammodytei, Sandaalfif che. Jederſeits eine Kiemenöffnung; Bruſtfloſſen; abgeſetzte Schwanzfloſſe. — Ammodytes, Sandaal; Sternarchus, Fadenrückenfiſch. Zweite Familie: Synpterygü, Afterſchwanzfloſſer. Je— derſeits eine Kiemenöffnung; Bruſtfloſſen; nicht abgeſetzte Schwanz⸗ floſſe. — Anguilla, Aal; Gymnotus, Kahlrückenfiſch; Carapus; Leptocephalus, Schmalkopfer; Ophidium, Schlangenfiſch; Ich- thyosiren, ) Sirenenfiſch. | Dritte Familie: Muraenoides, Muränenfiſche. Jederſeits eine Kiemenöffnung; ohne Bruſtfloſſen. — Muraena, Muräne. Vierte Familie: Hypotrematei; Kehlkiemer. Zwei Kie⸗ menöffnungen an der Kehle. — Sphagebranchus, a ee kiemer; Monopterus; eee Rad: I — 2 =. 0 Die wiener Naturforscher Natterer und Fitzinger machten ein braſilianiſches Reptil, unter dem Gattungsnamen Lepidosiren, bekannt. Spä⸗ ter unterſuchte der Engländer Owen ein afrikaniſches Thier, welches er ebenfalls für eine Lepidosiren hielt, aber als einen Fiſch erkannte, was ſich auch beſtätigt zu haben ſcheint. Zum unkerſchkeßk von 3 ae nenne ) ich dieſen Fiſch Ichthyosiren. j NIE NER 115 39 109% ao * 352 Neunte Klaſſe. Fünfte Familie: Monotrematei, Einlochkiemer. Nur Ein Kiemenloch an der Kehle. — ener. Halskiemer; Alabes; 0 phiognathus. | x : Ä a Abſchnitt. ene * Beſchaffenheit. § 3. Der Körp er iſt meiſt von geſtreckter, etwas zuſam⸗ mengedrückter, nach vorn und hinten etwas abnehmender Ge⸗ ſtalt, welche jedoch in mancherlei andere Formen übergeht, theils in die kegelförmige, wenn der Kopf ſehr breit iſt, und der übrige Körper gegen das Ende allmälig abnimmt (Groppe); theils in die geſtreckte cylindriſche ſchlangenförmige (Aal), oder wurmför⸗ mige (Bauchkiemer), oder bandförmig zuſammengedrückte (Band⸗ leibfiſche); theils in die faſt ſcheibenförmig zuſammengedrückte (Klippfiſch, Scholle); oder in die platt niedergedrückte geſtreckte (Meerengel), rautenförmige (Roche), ſcheibenförmige (Zitterroche). Auch giebt es Fiſche mit winklichem Körper (Beinfiſch, Nadel- fiſch). Manche können den Leib faſt kugelförmig aufblaſen (Sta⸗ chelbauchfiſch, Igelfiſch, Seekröte), oder ihn zu einem weiten Cy⸗ linder ausdehnen (Ophiognathus). Die Seepferdchen ziehen ihren geſtreckten Körper im Tode OO förmig zuſammen. Die Schollen zeichnen ſich von allen Fiſchen durch unſymmetriſche Bildung aus, indem manche paarige Theile des Körpers, z. B. Augen, Nafen- löcher, wie auch Warzen und Zeichnungen, nicht gleichmäßig zu beiden Seiten ae un find, fondern an Einer Seite ſich befinden. N Die Größen ift ſehr verſchlden Es giebt Fiche, z. . un⸗ 1 den Karpfen, die nur Zolles-Größe erreichen, während andere, beſonders unter Haifiſchen, 30 bis 40 Fuß in die ae und 18 Fuß im Umfange meſſen. Sehr verſchieden ſind auch Farbe und enges Im Ganzen finden ſich die ſchönſten und mit den mannigfaltigſten, theils brennenden Farben, Flecken, Bändern, Streifen u ſ. w., prangenden Fiſche in den Meeren der heißen Zone, beſonders aus den Gattungen der Klippfiſche, Stutzkopffiſche, Sogofiſche, Röth⸗ linge; doch giebt es auch in den ſüßen Gewäſſern, und ſelbſt un⸗ a 333 ter unſern einheimiſchen Arten, manche ſchöngefärbte Fiſche, wie die Goldſchley (Cyprinus tinca auratus), die Forellen (Salmo fa- rio u. ſ. w.). Oft aber ſind Farbe und Zeichnungen einer und derſelben Art, nach Alter, Geſchlecht, Jahreszeit, ſelbſt nach Ver— ſchiedenheit des Ortes, des Bodens, der Nahrung, der Gefäße, in denen ſie aufbewahrt werden, und nach der verſchiedenen Ein— wirkung von Licht und Schatten, veränderlich, wie man dieſes beſon— ders an verſchiedenen Arten von Lachſen beobachtet hat. Sogar auf die Geſtalt ſind dieſe äußern Umſtände zum Theil von veränderndem Einfluß. Etwas anders iſt aber das wandelbare Farbenſpiel, wel— ches man an einigen Fiſchen wahrnimmt. Die Bekleidung der meiſten Fiſche beſteht aus dünnen, biegſamen zugerundeten horn- oder pergamentartigen Schup— pen, die ſich dachziegelförmig decken, zuweilen aber am Bauche eine ſägeförmige Schneide bilden (Häring, Sägeſalm, Sägebauch— fiſch); Astrodermus hat ſternförmige Schuppen. Meiſt find fie glatt; nicht ſelten gekielt (Flughahn, Stachelſchupper, Drachen— kopffiſch); ſelten mit Haaren gefranzt (Seebarſch), oder ſammt— artig mit feinen kurzen Stacheln beſetzt (Einhornfiſch). Ihre Größe iſt verſchieden: Am anſehnlichſten ſind ſie auf den Papagaifiſchen, Meerbraſſen, Stachelſchuppern, Panzerfiſchen. Sehr kleine Schup— pen haben die Schollen, die meiſten Makrelen, Lachſe u. ſ. w.; an den Grundeln und Hochrückenfiſchen ſind ſie kaum zu erken— nen. An den Aalen und Schlangenfiſchen liegen ſie unregelmä— ßig in der Haut zerſtreuet. Eine Art Haifiſche (Squalus squamosus) iſt mit kleinen blätterförmigen, aufrechtſtehenden Schuppen beklei— det. Die Thunfiſche haben am Vorderkörper größere und rauhere Schuppen als am Hinterkörper. Auf Hemilepidotus wechſeln Schuppenreihen mit nackten Reihen. 8 5. Faſt alle Knorpelfiſche und manche andere Gattun: gen (Welſe, Röhrfiſche u. a.) haben einen nackten Körper, oder ihre Haut iſt nur rauh, wie mit Körnern beftreuet (z. B. mehre Haie); doch werden manche Fiſche als nackte betrachtet, an denen die ſehr kleinen Schuppen unter einem ſchleimigen Ueber: zuge verſteckt ſind. Am Seewolf, Schleimfiſch und mehren Grop⸗ pen ſondert ſich ſolch ein Ueberzug in großer Menge ab, und h Bhyptions ift wie mit Seifenſchaum umhüllt. 23 354 Neunte Klaſſe. § 6. Wie die Schuppen in einer Reihe dieſer Thiere all⸗ mälig kleiner werden und ganz verſchwinden, fo gehen fie in eis ner andern Reihe nach und nach in größere Schilder und Pan— zer über: Die Störe haben, ſtatt biegſamer Schuppen, einige durch nackte Zwiſchenräume getrennte Längsreihen größerer Kno⸗ chenſchilder. Die Beinfiſche ſind ganz mit einem Panzer ſechs⸗ ſeitiger unter ſich verwachſener Knochenſchilder umgeben. Am Panzerfiſch gehen die großen Schuppen des Hinterkörpers in Queerſchienen über. Die Harniſchfiſche haben jederſeits eine oder zwei Reihen ſolcher Schienen. Andere Fiſche (die Büſchelkiemer und manche Groppen, z. B. Cottus cataphractus) find‘ mit ei⸗ nem Panzer von zuſammenhängen Schienen ganz umgeben. Der Schnepfenfiſch ift oben und an den Seiten mit einem pergament⸗ artigen Panzer bekleidet, welcher aus Einem Stück beſteht und hinten noch über den Schwanz hinausragt. Der Körper der Oreosoma iſt ganz mit großen, hornartigen kegelförmigen War⸗ zen beſetzt; der der Stachelbauchfiſche und Igelfiſche mit Sta- cheln, welche bei einigen ſehr groß und ſtark ſind (Diodon hy- strix), bei andern zart und ſelbſt haarförmig (Diod. pilosus). Dieſe Stacheln richten ſich empor, ſobald der Fiſch ſich aufbläſt. Auch einige andere Fiſche unter Haien und Rochen (Squalus spi- nosus, Raja Gesneri) ſind ganz mit kleinen Stacheln bekleidet; eine Art von Einhornfiſchen (Monacanthus villosus) mit feinen äſtigen Haaren. § 7. Sehr viele Fiſche haben an einzelnen Stellen des Körpers mancherlei zahnförmige, dornförmige, fla- chelförmige, hörnerförmige Vorragungen: z. B. Einige (Seefledermaus, Lump) haben hin und wieder am Körper teller- förmig⸗koniſche Knochenſchuppen, aus deren Mitte ſich zum Theil ein Dorn erhebt. Andere tragen am Kopfe Dornen (Drachen⸗ kopffiſch, manche Groppen), oder ein paar Hörner, welche ent weder gerade ausgeſtreckt find (Beinfiſch, Ostracion cornutus), oder aufgerichtet gezähnelt (eine Art Wels, Silurus militaris), oder gekrümmt (eine Art Seekröte, Antennarius histrio), Ein anderer Beinfiſch (Ostracion turritus), hat vier Hörner hinter ein⸗ ander am Bauch, und zwei ſchwächere über den Augen. Die vierhörnige Groppe hat an dem überhaupt ſonderbar gebildeten Ben. Fiſche. 8 355 Kopfe vier Hörner. Noch andere führen an den Seiten des Kör— pers oder des Schwanzes Dornen in Längsreihen geordnet (Pan— zerhahn, Sonnenfiſch, mehre Hornfiſche). In der Seitenlinie des Körpers haben mehre Makrelen eine Reihe Dornen. Der Fel— ſenfiſch hat jederſeits am Schwanz einen ſcharfen beweglichen Dorn. Manche Rochen haben am Schwanz und auf dem Rücken ſcharfe ſpitze Dornen, und bei einigen von ihnen ragt am Schwanz ein vorzüglich langer Dorn hervor, der am Stachelrochen noch gezäh— nelt iſt; der Meeradler hat deren zuweilen zwei bis fünf. Die paarigen Stacheln, welche bei einigen Fiſchen vor den Bruſtfloſſen oder Bauchfloſſen ſtehen, und die unpaarigen, vor der Rücken— oder After⸗Floſſe, ſind meiſt als die erſten abgeſonderten Strahlen jener Floſſen zu betrachten. 8 8. Häufig kommen auch fadenförmige Verlänge— rungen an verſchiedenen Stellen des Körpers und der Floſſen vor, z. B. an mehren Armfloſſern; der längſte Faden, der ſich mit einem blattförmigen Anhängſel endigt, am Kopfe der See: kröte (Antennarius histrio). Beſonders häufig ſind dergleichen Anhängſel am Kopfe, wo ſie dann, wenn ſie um den Mund ſitzen, Bartfäden genannt werden. Dieſe ſind von verſchiede— ner Zahl und Länge: ſehr kurz bei manchen Karpfen; zum Theil länger als der Körper bei den Welſen (Silurus clarias); äſtig am Querder und Panzerhahn; mit kleinen Fäden beſetzt am Schal und an Doras. Eine Art Groppen (Cottus cataphractus) hat unterwärts, an der Kiemenhaut, viele kurze Fäden. Aehnliche Verlängerungen an der Kehle und vor den Bruſtfloſſen der Fin— gerfiſche werden zum Theil als die erſten abgeſonderten Strah— len der Bruſtfloſſen betrachtet. Eine Art Welſe (Silurus bagre) hat einen Faden hinter der Rückenfloſſe. Der Fadenrückenfiſch führt auf dem Rücken einen Faden, der in einer Furche bis zum Schwanze hin liegt und in dieſer durch ſehnige Fäden zurüdge- halten wird. Manche ſolcher Fäden ſind wol für abgeſonderte und ausgeartete Rückenfloſſenſtrahlen zu halten, ſo wie die zwei Fäden am Bauch einer Art Seedrachen (Pegasus natans) für verfüm- merte Bauchfloſſen, und die Fäden, die bei vielen Fiſchen von den Floſſen ausgehen, für verlängerte Floſſenſtrahlen. Der Kör⸗ per der Röhrfiſche und Stielträger geht am Hinterende in einen 2 3 23* — 356 Neunte Klaſſe. langen Faden aus, welcher bei letztern länger als der Kör⸗ per iſt. 8 9. Von andern Vorragungen und Anhängſeln er⸗ wähne ich nur noch die fühlerförmigen und äſtigen oder häutigen Fortſätze am Kopfe der Drachenkopffiſche und der meiſten Schleim⸗ ſiſche, die an einigen der letztern zur Begattungszeit roth werden; den fleiſchigen äſtigen Anhang hinter dem After des Plotosus; die kleinen geſtielten Anſaugetellerchen, die ſich in großer Menge am Bauche eines Plattleibfiſches (Platystacus cotylephorus) fin⸗ den, und denen vielleicht die kleinen geſtielten Warzen am Kör⸗ per eines Einhornfiſches (Monacanthus papillosus) entſprechen; die floſſenförmigen Seitenanhängſel des Schwanzes der Ma⸗ krelen. $ 10. Der Kopf der Fiſche iſt durch keine Einſchnürung oder Verengerung, die man als einen äußerlichen Hals betrach— ten könnte, vom Rumpfe abgeſondert; überhaupt an den gewöhn— lich gebildeten Fiſchen meiſt durch keine beſondere Form ausge⸗ zeichnet. Verhältnißmäßig klein iſt er z. B. in der Gattung der Karpfen, ſehr klein an den Schmalkopfern. Bei andern iſt er ſehr groß; am Seeteufel erreicht er faſt die halbe Länge des ganzen Körpers und iſt dreimal breiter als der Rumpf; am Ham⸗ merfiſch iſt er viermal breiter als lang, und dreimal breiter als der Rumpf, und ſitzt ſo auf letzterm in die Queer, daß der ganze Körper einigermaßen die Geſtalt eines Hammers darſtellt. An ei- nigen Fiſchen iſt er kurz und vorn ſehr abgeſtumpft (Stutzkopffiſche); an vielen andern breit und platt, breiter als der übrige Körper (die meiſten Welſe, Groppen, Plattkopffiſche); an andern rüſſelförmig oder röhrenförmig verlängert (Schnabelkopffiſche, eine Art der Stachel⸗ bauchfiſche, Tetrodon rostratus), oder ſchnabelförmig (Schwerdt⸗ fiſch, Segelfiſch, eine Art Klippfiſch, Chaetodon rostratus, mehre Hechtarten ꝛc.), oder mit ſchnauzenförmig verlängertem Oberkopfe (Freikiemer), und zwar am Vieleckfiſch ſehr verlängert und mit aus⸗ gedehnten Seitenrändern, oder einem beweglichen, an der Unterſeite ausgehöhlten und mit feinen Querreifen verſehenen Rüſſel bildend Rhynchobdella), am Sägefiſch in einen platten degenförmigen Fortſatz ausgehend, welcher zu beiden Seiten mit ſpiben Zähnen, wie eine doppelte Säge, beſetzt iſt. Fiſche. 357 9 11. An vielen Fiſchen iſt der Kopf mit einem mannig⸗ faltig geſtalteten und aus mehren Knochenſtücken zuſammengeſetz⸗ ten Panzer bekleidet (Panzerwanger); an Synanceia mit einer lockern und ſchwammigen Haut umgeben; am Schiffshalter oben mit einem ovalen Schilde bedeckt, welches der Länge nach in zwei gleiche Theile getheilt iſt, die durch Queerleiſten in mehre Abtheilungen geſondert werden (die Leiſten find mit einigen Rei— hen kurzer feiner Stacheln beſetzt; nach andern Angaben ſind ſie bewegliche, am Rande gezähnte, Hornplatten). Von verſchiede— nen andern Vorragungen und Anhängſeln des Kopfes iſt ſchon im Vorhergehenden die Rede geweſen— 8 12. Am Kopfe der Fiſche ſind noch der Mund, die Athemorgane und die Sinnesorgane zu betrachten. Der Mund iſt meiſt am Vorderende des Kopfes, oft je— doch etwas nach oben gerichtet; ganz nach oben, ſo daß beide Kinnladen faſt ſenkrecht emporſtehen, am Bruſtfaltenfiſch; ganz unterwärts bei allen denen, die einen verlängerten Oberkopf ha— ben (Freikiemer, Rochen, die meiſten Haie). Gewöhnlich iſt er queergeſpalten, bei einigen aber vertikal (Sternſeherfiſch, Breit— fiſch, Seekröte, Anostomus). Einen ſchiefen verzerrten Mund haben die Schollen. Seine verhältnißmäßige Größe iſt verſchieden: Sehr klein iſt er z. B. an den Schnabelkopffiſchen und Kleinmaulfi— ſchen; ungeheuer breit und mit einem weiten Rachen am Seeteufel. $ 13. Die Haut, welche äußerlich die Kinnladen bekleidet, bildet die Lippen, welche meiſt knorplig ſind, bei mehren aber fleiſchig (Lippenfiſche, Pinguipes, manche Meeräſchen, Sirenen— fiſch); fleiſchig hängend bei Plotosus, doppelt am Lippfiſch. Die Grundeln haben rundum Lippen zum Anſaugen; die Saugmaul⸗ fiſche eine fleiſchige kreisförmige Lippe auf einem knorpligen Ringe, der durch die Verſchmelzung der Knochen des Gaumens und der Kinnladen gebildet wird, zum Anſaugen; bei dem Querder iſt es nur ein halber Ring, der auch nicht zum Anſaugen dient. Rlıyn- chobdella hat an der Oberlippe einen langen fleiſchigen bewegli— chen Anhang; der Sternſeherfiſch im Munde einen aer vor⸗ ſtreckbaren rüſſelartigen Fühler. een pn | 8 14. Die Kinnladen find mehr oder waste ausgebil⸗ det, am wenigſten bei den Knorpelfiſchen und Freikiemerm; meiſt 358 5 Neunte Klaſſe. mit Haut bekleidet (Lippen); bei einigen jedoch nackt vorſtehend, und zwar bei den Igelfiſchen ungetheilt, bei den Stachelbauch⸗ fiſchen durch eine Längsnath getheilt, bei Triodon die obere ge⸗ theilt, die untere ungetheilt. Beide Kinnladen ſind meiſt ziemlich von gleicher Länge; bei einigen iſt jedoch die obere bedeutend län⸗ ger als die untere (Schwerdtfiſch, einige Hechte und Makrelen, Esox osseus, Scomber gladius), oder bedeutend kürzer, z. B. bei einigen Hechten; bei einigen Panzerhähnen geht ſie in zwei verlängerte Fortſätze aus. Bei alten männlichen Lachſen (Salmo salar) iſt die Unterkinnlade am Ende hakenförmig gekrümmt und tritt mit dem Haken in ein demſelben entſprechendes Gaumenloch. — Wie bei allen übrigen Wirbelthieren, ſo kommt auch bei den Fiſchen die Hauptbewegung der Unterkinnlade zu, doch bewegen faſt alle Fiſche mehr oder weniger auch die Oberkinnlade, und manche können dieſelbe vorſtrecken und zurückziehen (mehre Ar⸗ ten von Meerbraſſen, Sonnenfiſch, . e ö Helostomus us. w.). § 15. Die Zunge iſt mehr ober weniger ange nur geringer Bewegung fähig, bei den meiſten rauh, mit kleinen Höckern (Seebarſch), zum Theil mit Zähnen beſetzt (Lachs, Neun⸗ auger, Bauchkiemer), und dann mitunter ſelbſt knochenhart (Osteo⸗ glossum). Fleiſchig iſt ſie nur bei wenigen, 3 B. bei Taenioides; wo ſie faſt eine ei 1 ur en ms fehlt fie ganz. | S 16. Bei den en Fischen Rid die Bi mit tes bewaffnet, die dann, nach ihrem Standpunkte, Vor⸗ derzähne (oder Schneidezähne) und Backenzähne ge⸗ nannt werden; Eckzähne oder Hundszähne, wenn zwiſchen Vorderzähnen und Backenzähnen längere ſpitze kegelförmige Zähne vorragen. Viele haben aber auch an andern Stellen im Munde Zähne, im Schlunde, am Schlundkopfknochen, auf den Kiemen⸗ bogen, am Gaumen, und ſelbſt auf der Zunge. Manche ſind an allen dieſen Stellen mit Zähnen verſehen (Lachſe). Die Schollen haben nur an Einer Seite im Munde Zähne, nämlich an der wo die Augen fehlen. — Die Zähne ſtehen meiſt in Einer Reihe, nicht ſelten aber in mehren, z. B. bei den Haifiſchen, wo die der vordern Reihe aufgerichtet, die der hintern aber zurückgelegt find, Bil „„ 359 Theils ſtehen ſie in größern oder kleinern Haufen dicht beiſammen; und wenn ſie dann breit und niedrig ſind, ſo werden ſie ganz paſſend mit Steinpflaſter verglichen (z. B. mehre Arten von Meerbraſſen und Meeradler haben dergleichen an den Kinnladen, Butirinus im ganzen Munde und auf der Zunge). — Die Raub- fiſche erkennt man an ſtarken oder langen ſpitzen Zähnen, die mei⸗ ſtens vorn und in der Mitte der Kinnladen ſitzen (Lippfiſch, vers ſchiedene Stacheldeckler u. ſ. w.), theils aber auch am Gaumen (Sander). Solche lange gekrümmte Zähne an den Seiten der Kinnladen werden auch wol Hunds zähne genannt. Zuweilen ragen einige derſelben, wenn der Mund geſchloſſen iſt, hervor (Chauliodus). Uebrigens iſt die Geſtalt der Zähne ſehr verſchie⸗ den, z. B. aufgetrieben und ſteinhart (Sackbraſſe, Pagrus litho- gnathus); kegelförmig, bei ſehr vielen Fiſchen; zweiſchneidig (Cy- bium, Spel); dreieckig, gezähnelt (Sägeſalm, Haifiſch, Chalceus u. ſ. w.); kugelförmig (Seewolf); ſchuppenförmig ſich deckend (Papageifiſch); hakenförmig (Panzerfiſch, Silberfiſch); prismatiſch dreiſeitig (Myletes); dreitheilig oder dreiſpitzig (die Kinnladenzähne des Sirenenfiſches, die Vorderzähne von Helotes und einiger Klippfiſche); der Schal hat in der Unterkinnlade einen Haufen hakenförmiger zuſammengedrückter Zähne, deren jeder auf einem biegſamen Stiele ſteht. — Diejenigen Gattungen, welche nicht zu den eigentlichen Raubfiſchen gehören, haben meiſt auch kleinere und ſchwächere Zähne, zuweilen ſo kleine, daß man ſie kaum er⸗ kennt (Meeräſche). Die ſehr feinen Zähne der Salarias bewegen ſich im Leben wie Claviertaſten. Mehre Klippfiſche haben Zähne wie Haare, ſo daß ihr Gebiß faſt einer Bürſte gleicht; an andern bilden die ſehr feinen Zähne ein ſammtartiges Gebiß (Barſchfiſche, Spritzfiſche, Drachenkopffiſch, Ritterfiſch)) Die Zähne der Igel⸗ fiſche, Stachelbauchfiſche u. ſ. w., find in eine ſchmelzartige oder elfenbeinartige Maſſe verwachſen, Boa die Kinnladen bedeckt und an der Innenſeite derſelben blättrig oder leiſtenförmig getheilt iſt. — Von dieſen verſchieden gebildeten Zähnen finden ſich aber oft mehre Formen zugleich in demſelben Munde: Z. B. manche Klipp⸗ fiſche haben vor den bürſtenförmigen Zähnen noch eine Reihe drei⸗ theiliger Schneidezähne; der Seewolf hat lange kegelförmige Vor⸗ derzähne und mehre Reihen kugliger Backenzähne; die Säge der * 360 Neunte Klaſſe. * Sägefiſche hat beiderſeits eine Reihe getrennter ſpitzer Zähne, wäh⸗ rend die Zähne im Munde ſteinpflaſterartig gebildet find u. ſ. w. Ganz zahnlos ſind nur wenige Fiſche, z. B. mehre Karpfen, einige Lachsfiſche, die Panzerhähne, Querder, Grundel, Makre⸗ Radu. f, w. § 17. Die Athemorgane find Kiemen, welche bei den meiſten Fiſchen eine große Menge kleiner Blättchen bilden, die zu beiden Seiten des Schlundes kammförmig am Hinterrande von vier knorpligen Bogen ſitzen, die deshalb auch Kiemenbo⸗ gen genannt werden. Das Athemwaſſer, welches vom Munde eingezogen wird, geht, nachdem es die Kiemen beſpühlt hat, jeder⸗ ſeits am Halſe durch eine Oeffnung, die Kiemenöffnung, wie⸗ der aus, welche mit einem beweglichen Deckel, dem Kiemendeckel, verſehen iſt, der ſich abwechſelnd öffnet und ſchließt. Bei mehren dieſer Fiſche finden ſich aber mancherlei Abwei⸗ chungen von dem eben Angeführten: Die Kiemen des Schwerdt- ſiſches ſind nicht kammförmig, ſondern beſtehen eine jede aus zwei großen Blättern; die der Büſchelkiemer bilden Häufchen kleiner Blaſen, welche paarweiſe an den Kiemenbogen entlang ſitzen; einige Welſe (Clarias) haben, außer den kammförmigen, noch bü⸗ ſchelförmige Kiemen am dritten und vierten Bogen; Heterobran- chus hat an den eigentlichen Kiemen des dritten und vierten Bo⸗ gens äſtige Anhängſel als überzählige Kiemen; die Häringe und Helostomus haben ebenfalls am Vorderrande der Bogen über⸗ zählige Kiemenblätter; der Sirenenfiſch hat fadenförmige Kiemen. — Manche dieſer Fiſche haben jederſeits nur drei Kiemenbo⸗ gen, z. B. Seeteufel, Igelfiſch, Stachelbauchfiſch; die Sirenen: fiſche haben jederſeits ſechs, von denen aber zwei ohne Kiemen ſind. — Die Kiemenöffnungen ſind von verſchiedener Größe; verhältnißmäßig klein an den Kleindeckelfiſchen, ſo daß man ſie zuweilen kaum gewahr wird. Meiſt liegen ſie ſeitwärts am Halſe, theils etwas nach unten; ganz nahe beiſammen an der Kehle bei den Doppelhalskiemern; in einem Queerſpalt an der Kehle, wel- cher durch eine Scheidewand getheilt iſt, bei Monopterus. Nur Eine Kiemenöffnung an der Kehle haben die Einlochkiemer. — Der Kiemendeckel iſt eine knochige Klappe vor und über der Kiemenöffnung, und ſchließt und öffnet ſich abwechſelnd; nur bei * a Fichſe. 361 den Panzerfiſchen und Plattleibfiſchen iſt er feſtgewachſen und un⸗ beweglich. Oft iſt er am Rande ſägeförmig gezähnelt (Stachel⸗ deckler), oder mit Dornen und Stacheln bewaffnet (manche Grop— pen und Klippfiſche). Seine Größe iſt verſchieden. Am Vieleckfiſche verlängert er ſich in einen häutigen Fortſatz bis zur Mitte des Körpers; an andern iſt er ſehr klein und in die Kopfhaut ſo ver⸗ ſteckt, daß er zum Theil geläugnet wurde (Kleindeckelfiſche und viele Streckfiſche, z. B. Aal, Muräne, Sirenenfiſch). — Am untern Rande ſind die Kiemendeckel durch eine ausdehnbare Haut, die Kiemenhaut, welche durch knorplige Strahlen geſpannt wird, mit dem Kopfe verbunden. Zahl und Stärke der Strahlen iſt verſchieden. Selten ſind ihrer mehr als zwölf (z. B. 13 bis 14 bei Heterobranchus und den Anchovis, über 24 bis 30 bei Me: galops), oder weniger als ſieben (ſo bei den meiſten Karpfen, Meerbarben, Grundeln); Notopterus hat nur einen Strahl, der aber ſehr ſtark iſt. Die Büſchelkiemer haben nur emen von Strahlen, und den Stöhren fehlen dieſe gänzlich. § 18. Was bisher von den Athemorganen geſagt wunde gilt von denjenigen Fiſchen, welche jederſeits nur Eine Kiemen⸗ öffnung, in ſeltenen Fällen bloß am Halſe Eine, haben, und de— ren Kiemenbogen frei im Schlunde liegen, indem dieſer für ſie alle eine gemeinſchaftliche Kiemenhöhle bildet. Mehr oder weni— ger abweichend find die Verhältniſſe dieſes Apparats bei denjeni⸗ gen Fiſchen, welche mit mehren äußern Kiemenöffnungen verſehen ſind (Knorpelfiſche). Einige haben deren jederſeits ſieben (3. B. Neunauger, Querder, Heptatrema); eine Art von Hepta- trema ſoll an einer Seite ſechs, an der andern ſieben haben. Haien und Rochen haben fünf, Bauchkiemer überhaupt drei. Bei den meiſten ſind die Kiemen mit ihrem hintern Rande am Schlunde feſtgewachſen, wodurch zwiſchen ihnen Abtheilungen entſtehen, aus deren jeder eine Oeffnung nach Außen führt. Den Kiemen ge— genüber liegen im Fleiſche kleine knorplige Bogen oder Kiemen— rippen, welche in den Saugmaulfiſchen ſehr an Umfang zunehmen und ſich fo vereinigen, daß fie einen Behälter (eine Art Bruſtka⸗ ſten) bilden, in welchem die Kiemen, die zu blaſigen Säcken um: gewandelt ſind, liegen. In den Neunaugern iſt der Raum zwiſchen den beiden Kiemenbehältern unter dem Schlunde ein von 362 Neunte Klaſſe. der Speiſeröhre getrennter beſonderer Kanal, mit Seitenöffnungen, welche in die Abtheilungen der Kiemen führen. Jene Seitenöff⸗ nungen ſind innere Kiemenöffnungen. Am Eingange des Kanals in den Schlund ſind verſchiedene Klappen befindlich, von denen einige ſolche Einrichtung haben, daß ſie das Eindringen fremder Körper, z B. der Nahrungsmittel beim Verſchlucken, verhindern, andere aber dazu dienen, daß ſie, wenn der Fiſch ſich angeſogen hat, das Eindringen des Waſſers aus den Kiemenbehältern in den Schlund verhüten. Wahrſcheinlich aber können die letztern Klap⸗ pen willkürlich geöffnet werden, um das Waſſer, wenn der Fiſch ſich ablöſen will, in den Schlund treten zu laſſen. Beim gewöhn⸗ lichen Athmen dringt das Waſſer durch den Mund und die in⸗ nern Kiemenöffnungen ein; wenn aber die Neunauger ſich ange⸗ ſogen haben, folglich das Einziehen durch den Mund nicht ſtatt⸗ finden kann, wird das Waſſer durch die äußern Oeffnungen ein⸗ gezogen und wieder ausgeſtoßen. — Die Bauchkiemer haben ziemlich weit nach hinten, nämlich am Ende des vorderſten Drit⸗ tels des Körpers, am Bauche drei äußere Kiemenöffnungen neben einander. Innen iſt der Bau der Athemorgane im Weſentlichen mit dem der Neunauger übereinſtimmend, nur mit dem Unter⸗ ſchiede, daß; der Kanal zwiſchen den beiden Kiemenbehältern auch unmittelbar nach außen, nämlich durch die mittelſte Kiemenöff⸗ nung, ausmündet, und daß die äußern Seitenöffnungen der ſechs Kiemenabtheilungen oder Kiemenſäcke nicht unmittelbar nach außen münden, ſondern ſich jederſeits in einen gemeinſchaftlichen Kanal vereinigen, der ſeinen Ausgang in den beiden andern äußern Oeff⸗ nungen am Bauche hat. Das Waſſer kann nun entweder durch die mittelſte Oeffnung eingezogen und durch die beiden Seitenöff⸗ nungen ausgeſtoßen werden, oder es tritt der umgekehrte Fall einz wahrſcheinlich iſt die erſte Anſicht die richtige. Doch kann das Waſſer auch durch den Mund und ſelbſt durch das Spritzloch eingezogen werden, wenn der Fiſch, welcher ſich oft mit dem Vor⸗ derleibe in andere Fiſche einbohrt, gerade frei iſt. — In den See⸗ ratzen findet ein Mittelzuſtand zwiſchen Fiſchen mit jederſeits einer oder mehren Kiemenöffnungen ſtatt; denn obgleich ſie nur zwei äußere Oeffnungen haben, ſo ſind doch die Kiemen zum Theil an den Seiten des Schlundes angewachſen, und von den Abtheilungen derſelben gehen fünf Oeffnungen aus, die ſich aber ren: in eine gemeinfchaftliche Oeffnung ausmünden. N S 19. Die Fehlkiemer haben weder Kiemen noch erer nüffuung⸗ ſondern die vordere weitere Hälfte des Nah⸗ rungskanals nimmt durch den Mund Waſſer ein, welches auf die feinen Gefäße an den innern ng ara UN en als 1 einwirkt! biz! n 8 20. Die Knorpelfiſche haben meiſtentheils am Oberkopfe i eine oder ein paar Oeffnungen, welche in den Schlund oder in die Kiemenhöhle führen und Spritzlöcher' genannt werden, da aus denſelben zuweilen Waſſer hervorgeſpritzt wird. Auch die Störe haben ein ſolches über der Kiemenöffnung, welches in die Kiemenhöhle führt; die Bauchkiemer eins über dem Munde, wel⸗ ches ſich in den Schlund öffnet. Man ſcheint jedoch über die Beſchaffenheit und Funktion dieſer Löcher noch nicht ganz einig zu ſein und, namentlich bei Bauchkiemern und Neunaugern, Na⸗ ſenlöcher und Spritzlöcher mit einander verwechſelt zu haben, denn, nach einer andern Unterſuchung, ſoll das Spritzloch der Neunau⸗ ger in einen häutigen Sack führen, welcher mit dem Schlunde nicht in Verbindung ſteht. Wahrſcheinlich dienen die Spritzlöcher, um das Waſſer, welches in die Speiſeröhre gedrungen iſt, auszu⸗ ſtoßen; doch können ſie auch, IR ke zum ee BR Waſſers dienen l 95 ui dee 10% Zu erwähnen if bir noch, daß manche Fiche (aus dem Gattungen der Grundeln und Klippfiſche) an der Oberfläche des Waſſers zuweilen Luft verſchlucken, welche, wenn ſie durch den Darmkanal gegangen iſt und aus dem After wieder hervor— kommt, dieſelben Veränderungen erlitten hat, die die Luft der Lun⸗ genthiere in den Lungen erleidet, woraus man richtig folgert daß bei den Fiſchen auch eine Darm-Luftreſpiration ſtattfinde, zumal da während des Durchganges jener Luft durch den Körper die Kiemenreſpiration ganz ſtill ſteht. — Die Rochen haben ne⸗ ben dem After ein paar Oeffnungen, durch welche ſie Waſſer einziehen, welches, indem es in der . . bring geweide umſpühlt, mit als Athemwaſſer wirkt. 8 22. Unter den Sinnes orgaänen del Fiſche teten. die Augen am deutlichſten hervor“ Sie liegen meiſt an den Seiten. 364 Neunte Klaſſe. des Kopfes; bei den breitköpfigen Arten aber nach oben gerichtet; bei Ophiognathus am Ende der Schnauze; die Schollen tragen beide Augen an Einer Seite des Kopfes. Meiſt liegen ſie ziem⸗ lich flach, bei manchen aber mehr oder weniger vorſtehend (3. B. Meergrundel, Hochſchauer, einige Karpfen, wie Cypr. macroph- thalmus). Am Hochſchauer iſt jedes Auge durch eine äußere häu⸗ tige Queerbinde in zwei faſt gleiche Theile getrennt, ſo daß es das Anſehen hat, als habe der Fiſch zwei Paar Augen. Ihre Entfernung von einander iſt auch verſchieden: Am weiteſten ge⸗ trennt ſind ſie in der Regel an den Breitkopffiſchen; dicht neben ein⸗ ander ſtehen ſie bei Periopthalmus, wo ſie außerdem noch das Merkwürdige darbieten, daß ſie am untern Rande mit einem Au⸗ genliede verſehen ſind, welches ſich ganz über ſie hinziehen kann; auch mehre Haie ſind mit einer Nickhaut verſehen. Bei den Hai⸗ fiſchen und Rochen ſitzt der Augapfel auf einem beweglichen knorpli⸗ gen Stiele. Bei den Saugmäulern, Sirenenfiſchen und Taenioi⸗ des ſind die Augen unter der Haut befindlich und zum Theil ſehr klein; auch der Fettfloſſenwels hat kaum en a und dem Bauchkiemer fehlen, fie gänzlich. 1750 § 23. Die Ohren ſind eine Höhle jederſeits im Kopfe, welche aber in den bei weiten meiſten Fiſchen keine Oeffnung nach außen hat, ſondern von der äußern Haut und Schuppenbeklei⸗ dung gänzlich bedeckt wird. Nur bei Rochenfiſchen und Haien giebt fi, die Oeffnung als ein flaches Fenſter zu erkennen, und am Grenadierfiſch iſt ſie eine wirkliche Oeffnung. Die Haie, nament⸗ lich der Menſchenfreſſer Are carcharias), War auch ein fei⸗ neres Gehör haben. § 24. Der Geſchmack Fi Fiſche iſt wol nicht tant da die Zunge klein, wenig beweglich, meiſt hart, oft mit Zähnen und dergleichen beſetzt iſt, und mehr zum Feſthalten und Hinun⸗ terſchlucken der Nahrung zu dienen ſcheint; doch vertheilen ſich bei den Neunaugern drei ſtarke Nervenäſte in dieſelbe, und manche Fiſche haben hinter der Zunge eine nervenreiche Anſchwellung, die alſo der eigentliche Sitz des Geſchmacksſinnes zu ſein ſcheint. § 25. Die Naſenlöcher befinden ſich meiſt als zwei kleine blinde Gruben am Vorderende des Kopfes über dem Munde, ſind aber öfters mit den Spritzlöchern verwechſelt worden, indem, / U Fiſche. 5 365 wie es ſcheint, in allen den Fällen, wo von durchgehenden Na— ſenlöchern die Rede iſt, Spritzlöcher gemeint wurden, z. B. bei Neunaugern, Bauchkiemern. Bei Amia ſind ſie in eine kleine Röhre verlängert. In dieſe blinden Naſenlöcher geht ein Riech— nerv, deſſen Aeſte ſich in der innern Haut derſelben vertheilen, wie man dieſes beſonders bei Haifiſchen deutlich ſieht, von denen man auch behauptet, daß ſie Aas meilenweit wittern. § 26. Als Organe des feinern Gefühls, d. h. als Taſt— organe, ſind vielleicht manche fadenförmige Anhängſel, beſonders die Bartfäden zu betrachten. Theils werden auch die abgeſonder— ten Bruſtfloſſenſtrahlen der Seehähne für ſolche Organe gehalten. Der bewegliche Rüſſel der Rhynchobdella iſt ein Taſtorgan. § 27. Am Rumpfe der Fiche haben wir die Bewe— gungsorgane, die Mündungen verſchiedener Excretionsor— gane und die Geſchlechtsöffnungen zu betrachten. Die äußern Bewegungsorgane ſind Floſſen, häutige Ausdehnungen, welche aus einer doppelten Membran beſtehen, die in den bei weiten meiſten Fällen knochige oder knorpflige Strah— len umſchließt, wodurch fie ausgefpannt erhalten wird. Man unterſcheidet Bruſtfloſſen, Bauchfloſſen, Afterflofſen, Schwanzfloſſen, Rückenfloſſen. Die Bruſtfloſſen ſind paarig vorhanden, d. h. jederſeits hinter den Kiemenöffnungen Eine, jedoch unter verſchiedenen Mo— difikationen, z. B. bei den Rochen ſitzen ſie am Rande des plat— ten Körpers, ſind meiſt ſehr groß, umfaſſen einen Theil des Ko— pfes, und reichen am Flügelkopffiſch noch über denſelben hinaus; an andern ſitzen ſie auf einem armförmigen Fortſatze (Armfloſſer, Froſchfiſch, Biſchir). Ihre Länge iſt verſchieden: Beſonders lang, zum Theil länger als der Körper, ſind ſie an den fliegenden Fi— ſchen (Fliegfiſch, Drachenkopffiſch, Scorpaena volitans, Flughahn); am letztern beſtehen ſie aus zwei Theilen, von denen der vordere die gewöhnliche Länge und Geſtalt hat, der hintere aber ſehr lang und breit iſt. An den eigentlichen Welſen artikulirt der erſte Strahl ſo mit dem Schulterblatte, daß er ” ganz anlegen, aber Be: lothrecht feſtſtellen kann. f Die Bauchfloſſen ſind ebenfalls paarig vorhanden, jeder⸗ ſeits Eine am Bauche, zwiſchen Kehle und After, entweder vor 366 Neunte Klaſſe. den Bruſtfloſſen (Kehlfloſſer), oder unter denſelben (Bruſtfloſſer), oder hinter denſelben (Bauchfloſſer). Sie ſind von verſchiedener Länge und Breite. Sehr klein und faſt verſchwunden, z. B. bei einigen Schleimfiſchen und Heringen. Zuweilen ſind ſie unter ſich und theils mit dem Bauche oder den Bruſtfloſſen verwachſen, ſo daß ſie eine tellerförmige oder trichterförmige Ausdehnung, zum Anſaugen, bilden (Scheibenfloſſer, Trichterfiſche, Röhrmundfiſch). Die Männchen der Seeratzen und mehrer Haifiſche haben knochige Anhänge an den Bauchfloſſen. Die übrigen Floſſen ſind beſtändig unpaarig, d. h. ſie ſtehen in der Mittellinie des Körpers, niemals alſo neben einander, öf⸗ ters aber ihrer zwei oder mehre hinter einander. — Die After⸗ floſſe iſt hinter dem After, von verſchiedener Größe: Sehr lang bei vielen Schollen, wo ſie zum Theil an der Kehle, weil hier der After ausmündet, entſpringt und ſich bis zur Schwanzfloſſe hin⸗ zieht; ſehr hoch bei einigen Klippfiſchen, beſonders bei Chaetodon Teira doppelt ſo hoch als der Körper. Zuweilen ſtehen ihrer zwei hinter einander, z. B. an manchen Makrelen und den meiſten Schellfiſchen; oder es folgen hinter der eigentlichen Afterfloſſe mehre kleinere, die dann aber als abgeſonderte Strahlen der ei⸗ gentlichen Afterfloſſe betrachtet werden können, ſo z. B. an den meiſten Makrelen. Amphioxus hat auch vor dem After eine Floſſe. Die Schwanzflof fe e, die am Hintefende des Körpers be⸗ findlich iſt und daſſelbe oft umgiebt, iſt meiſt mehr oder weniger tief in zwei gleiche, ſpitz zugehende Theile geſpalten; bei vielen aber auch zugerundet, oder lanzettförmig (beſonders am Lanzett⸗ fifche); zuweilen halbmondförmig ausgeſchnitten (Stör, Haifiſch), oder dreitheilig (einige Karpfen, Centropristis in der Jugend); theils in mehre Lappen geſondert (viele Haie und Rochen). Bei dem Säbelfiſche iſt nur ein ſehr kleiner und kurzer Theil der Schwanzfloſſe, wie gewöhnlich, am Ende des Schwanzendes und nach hinten gerichtet, der größte und ſehr lange Theil derſelben aber oberhalb des Schwanzes anſitzend und gerade aufgerichtet. Die Rückenfloſſe iſt meiſt ſo ziemlich in der Mitte, am Schnepfenfiſche aber durch den Panzer, der bis über den Schwanz hinaus reicht, ganz an das Ende des Rückens gedrängt. Meiſt 5 a Sichen e 367 iſt nur Eine vorhanden, oft ihrer zwei, zuweilen auch drei, z. B. an den Schellfiſchen. Länge und Höhe find verſchieden: Theils iſt fie lang, aber ſehr niedrig, z. B. am Schleimfiſch und Band—⸗ fiſch; bei mehren Schollen fängt fie am Munde an und erſtreckt ſich bis zum Schwanze. Sehr hoch iſt fie am Segelfiſche und mehren Arten von Klippfiſchen; an einer dieſer letztern (Ch. teira) doppelt ſo hoch als der Körper. Wenn auf dem Rücken mehre ſehr kleine Floſſen hinter einander ſtehen, ſo ſind dieſe als pinnae spuriae oder als abgeſonderte Strahlen der eigentlichen Rücken⸗ floſſe zu betrachten. 8 28. Die Floſſen ſind, wie bereits geſagt iſt, eine dop⸗ pelte Membran, welche meiſt durch zwiſchen ihr enthaltene knor— plige oder knochige Strahlen ausgeſpannt erhalten wird, übrigens aber ganz frei unb ohne weitere Bekleidung zu ſein pflegt. Es giebt hievon aber verſchiedene Ausnahmen: Bei manchen Fi⸗ ſchen iſt eine oder die andere Floſſe gegen die Wurzel zu in eine dickere fleiſchige Haut eingehüllt, z. B. die erſte Rücken⸗ floſſe des Lump dermaßen, daß ſie einen Höcker darſtellt. Bei andern ſind dergleichen Floſſen, beſonders die Rückenfloſſe und Af⸗ terfloſſe, zum Theil noch mit Schuppen bedeckt; ſo bei den Schuppenfloſſern, und außerdem noch bei einigen Arten von Lut⸗ jan, Meerbraſſen, Umber u. ſ. w. An andern Fiſchen find entwe— der einige oder alle Floſſen ohne Strahlen, ſo daß ſie mehr oder weniger als weiche Lappen erſcheinen, welche überhaupt Fettfloſ— ſen genannt werden; ſo z. B. an Neunaugern, Haien u. ſ. w., in deren Floſſen kaum Spuren von Strahlen zu erkennen ſind. Auch die Haut unter dem Schwanze von Trygon sephen fcheint eine ſolche veränderte Afterfloſſe zu fein. Sämmtlliche vertikale Floſſen der Halskiemer ſind Fettfloſſen. Mehre Schuppenfiſche haben eine ſolche hinter der Rückenfloſſe, z. B. die Lachsfiſche, der Fettfloſſenwels, Zitterwels, Citharinus; an letztern iſt fie mit Schuppen bekleidet. Bei vielen Fiſchen find einige Floſſen mit einander verwachſen, z. B. die Bruſtfloſſen und Bauchfloſſen der Lepadogaster; häufiger die Rücken-, Schwanz⸗, Afterfloffe, z. B. am Klumpfiſch, Grenadierfiſch, den meiſten Streckfiſchen und mehren Schollen, oder After- und Schwanz ⸗Floſſe, z. B. an Blennius viviparus; und wenn dann bei ſolchen Arten die Rücken⸗ - 368 Neunte Klaſſe. floſſe ſchon oberwärts am Munde, die Afterfloſſe aber an der Kehle anfängt, wie bei einigen Schollen, ſo iſt der ganze Körper, mit Ausſchluß des ſehr kurzen Raumes zwiſchen After und Mund, mit Einer zuſammenhängenden Floſſe umgeben. Vielen Fiſchen fehlt eine oder die andere oder mehre Floſſen: Die Fehlfloſſer und die meiſten Streckfiſche ſind ohne Bauchfloſſen; manche Aale und der Degenfiſch haben überdem keine Schwanz⸗ floſſe, letzterer auch keine Afterfloſſe; mehre ſind auch ohne Bruſtfloſ⸗ ſen, nämlich die Muränenfiſche, Kehlkiemer, Einlochkiemer; auch die Saugmaulfiſche haben weder Bruſt- noch Bauchfloſſen. Unter den übrigen Fiſchen giebt es noch mehre ohne Bauchfloſſen, z B. Nadel⸗ fiſche, Igelfiſche, Stachelbauchfiſche, Beinfiſche, manche Hornfiſche; die Nadelfiſche find zum Theil ohne Bauch-, After- und Schwanz⸗Floſſe, die Neunauger ohne Bruſt-, Bauch-, After-Floſſe. Manche Fiſche haben keine Rückenfloſſe, z. B. der Kahlrückenfiſch, Carapus u. ſ. w. Der Nacktaal iſt ganz ohne alle Floſſen. § 29. Die Floſſenſtrahlen bieten, in Hinſicht ihrer Stärke, Länge u. ſ. w., viele Verſchiedenheiten dar. Cuvier theilt die eigentlichen Knochenfiſche in Malacopterygii und Acan- ‚ thopterygii, von denen jene nur knorplige, biegſame und zuſam⸗ mengeſetzte Floſſenſtrahlen haben (außer daß zuweilen der erſte Strahl der Rücken- und Bruſt-Floſſen ſchon ſtachelartig iſt), bei den andern aber wenigſtens die erſten Strahlen der Rücken-, Af- ter= und Bruſt⸗Floſſen knochenhart, einfach und in eine ſcharfe Spitze, wie ein Stachel, verlängert ſind; nur in der Gattung Siganus iſt der erſte und letzte Strahl der Bauchfloſſen ein Sta— chel, während die mittlern Strahlen weich ſind. Die vorderſten Strahlen ſind in der Regel am ſtärkſten, zum Theil ſehr ſtark, und dann öfters ſägeförmig gezähnt, z. B. an den Bruſtfloſſen des Plattleibfiſches und einiger anderer Breitkopffiſche, ſo wie an den Bauchfloſſen einiger Hornfiſche (an denen des Balistes chi- nensis ‚find alle Strahlen gezähnelt), und an der Rückenfloſſe mehrer Welſe und Hornfiſche, der Seeratze und des Schnepfen⸗ fiſches. — Bei vielen Fiſchen treten die Enden einiger oder meh⸗ rer Strahlen und Stacheln kürzer oder länger aus der Floſſen⸗ haut hervor, und find dann häufig fadenför mig verlängert, z. B. an den Bruſtfloſſen der erſte Strahl bei Silurus bagre; Fiſche. | 369 | an den Bauchfloſſen der erſte Strahl des Lanzettfiſches; an der Afterfloſſe mehre Strahlen einiger Klippfiſche und Sonnenfiſche (bei Zeus ciliaris mehr als doppelt fo lang als der ganze Kör⸗ per); an der Schwanzfloſſe der mittelſte Strahl der Seeratzen, des Serranus phaéton, einiger Panzerfiſche. Häufiger aber kom⸗ men an der Rückenfloſſe dergleichen vortretende Strahlen vor, 3. B. an einigen Arten von Heringen, Meergrundeln, Drachen- kopffiſchen u. ſ. w., auch an Silurus bagre, wo der vortretende Strahl zugleich in einen Faden verlängert iſt, wie dieſes auch an Arten der Sonnenfiſche, Klippfiſche, Spinnenfiſche vorkommt. — Nicht ſelten zeigen ſich Floſſenſtrahlen ganz frei, ohne Haut, als abgeſonderte Stiele, Stacheln, Fäden und dergleichen, und werden dann oft nicht für das, was ſie urſprünglich ſind, ſondern für ganz eigenthümliche Theile gehalten. Dahin gehören z. B. die Fäden an der Kehle und vor den Bruſtfloſſen des Fin— gerfiſches und des Drachenkopffiſches (Scorpaena antennata), welche freie Bruſtfloſſenſtrahlen ſind, ſo wie die freien Strahlen der Bruſtfloſſen am Seehahn. So ſind auch zwei Stacheln oder ge— krümmte Dornen neben einander am Bauche einiger Stichlinge, Hornfiſche und Beinfiſche, der ſtumpfe und mit kleinen Stacheln beſetzte Anhang am Bauche des Balistes maculatus, als ausge⸗ artete Bauchfloſſen zu betrachten; eben fo die vier langen, dün⸗ nen, am Ende in eine kleine Floſſe ausgehenden Bauchſtiele des Kahlafterfiſches; die langen Bauchfäden des Labrus trichopterus und der Colisa vulgaris; die zwei freien Bauchſtrahlen des Scom- ber gladlus. Die Bruſt- und Bauchfloſſen des Sirenenfiſches find nur als zwei Paar verlängert pfriemförmige weiche Anhängſel vor— handen. Als abgeſonderte Strahlen der After- und Rückenfloſſe find auch die pinnae spuriae und Stacheln anzuſehen, welche bei 15 Fiſchen vor und hinter jenen Floſſen ſich befinden, z. B. an Stichlingen, Pilotfiſchen, mehren Klippfiſchen, Makrelen, Stök⸗ ders; ferner der ſtarke Stachel, welcher vor jeder der beiden Rüden: floſſe mancher Haifiſche (Squalus acanthus) hervorſteht, und an Sg, centrina noch aus den Floſſen ſelbſt hervorragt; der dicke, gekrümmte Dorn, welcher auf dem Rückenbuckel mancher Beinfiſche (Ostracion turritus) ſich erhebt; der ſtarke Stachel auf dem Kopfe der Hornſiſche, welcher auf einem beſondern Knochen eingelenkt i 24 370 Neunte Klaſſe. iſt und ſich in eine Längsfurche zurücklegen kann. An einigen Fiſchen iſt die ganze Rückenfloſſe in eine Reihe freier Stacheln aufgelöſt, z. B. am Stachelrückenfiſch, Zitterwels, Biſchir; am letzten ſind es viele kleine Floſſen, deren jede aus einem ſtarken Stachel beſteht, welcher am Hinterrande einige weiche Strah⸗ len hat. | | 3 § 30. Was die Mündungen von Ercretionsorgas nen am Rumpfe der Fiſche betrifft, fo find dies folgende: J) der After, welcher niemals am Ende des Körpers liegt, ſondern im⸗ mer an der Bauchſeite, meiſt nicht weit von der Mitte derſelben entfernt; bei einigen Gattungen jedoch ziemlich weit nach hinten, z. B. am Bauchkiemer, Halskiemer, Schnepfenfiſch, an Lophotes faſt ganz am Ende des Körpers; bei andern mehr nach vorn, z. B. am Kahlrückenfiſch, Bandfiſch und beſonders an mehren Schollen; an einigen Lippfiſchen (Labrus trichopterus) ſelbſt an der Kehle. — Die Harnröhrenöffnung geht bei Haien und Rochen mit dem After (und zugleich mit den innern Geſchlechts⸗ organen) in eine gemeinſchaftliche Kloake aus; bei den übrigen Fiſchen aber hat ſie nur mit den Geſchlechtstheilen eine gemein⸗ ſchaftliche Oeffnung hinter dem After. 2) Drüſenporen. Dieſe bilden bei den meiſten Fiſchen jederſeits am Körper der Länge nach eine mehr oder weniger gekrümmte oder geſchlängelte Seiten- linie, die ſich öfters durch beſondere Farbe oder durch beſondere Form der Schuppen, in denen ſie verläuft, bemerklich macht. An manchen Fiſchen iſt fie unterbrochen, z. B. am Kletterbarſch, Po- liacanthus, vielen Umberfiſchen; an andern verläuft ſie in einer Längsreihe größerer Schuppen (Kleinmundfiſche, Hydrocyon) oder breiter, oft dorniger Schienen (Stöcker). Am Bauchkiemer und manchen Rochen ſind beide Porenreihen mehr am Bauche gelegen, am Kahlrückenfiſch auf dem Rücken. Die Seebarſche haben mehre Reihen ſolcher Poren. — Durch dieſe Oeffnungen wird mehr oder weniger Schleim ausgefonbet, der den Be der She überzieht. § 31. Die Geſchlechts öffnung liegt hinter dem After. Die Fiſche ſind getrennten Geſchlechts; die Männchen wer⸗ den auch wol Milcher genannt, die Weibchen Rogener, weil die Hoden Milch, die Eier Rogen (auch Laich) heißen. Die Fiſche. f 371 äußern Geſchlechtstheile treten aber meiſt nur wenig oder gar nicht hervor, ſo daß man ſelten Männchen und Weibchen nach ihnen unterfcheiden kann. Sie zeigen ſich als eine Oeffnung, die mei⸗ ſtens ſehr klein und ſo dicht hinter dem After befindlich iſt, daß man ſie häufig gar nicht erkannt hat; auch geht ſie bei Haien und Rochen mit dem After in eine gemeinſchaftliche Kloake aus, ſo daß für beide äußerlich nur Eine Mündung vorhanden iſt. Meiſt liegt ſie auf einer kleinen Erhöhung, welche beſonders bei den lebendig gebärenden Fiſchen deutlicher iſt, z. B. bei den Schleimfiſchen. Bei dem Männchen des Hochſchauers bildet jene Erhöhung eine Röhre, gleich einer vortretenden Ruthe, die aber der ganzen Länge nach mit dem erſten Strahle der Afterfloſſe ver— wachſen iſt. Die Männchen der Seeratzen, Haie und Rochenfiſche ſollen zum Theil eine Ruthe haben, worunter indeß vielleicht die Anhängſel der Bauchfloſſen mit verſtanden ſind. — Wie ſich die Männchen der zuletzt genannten Fiſche durch die Anhängſel der Bauchfloſſen von ihren Weibchen unterſcheiden, ſo findet man auch bei manchen andern Fiſchen etwas Aehnliches, z. B. die Männ⸗ chen der dornigen Rochen geben ſich durch mehre Dornen, die des Seeteufels durch mehre Anhängſel, die des Lachſes (Salmo salar) durch hakenförmig gekrümmte Unterkinnlade (welche jedoch nur während der Befruchtungszeit dieſe Geſtalt haben ſoll) zu erken— nen. Dergleichen Verſchiedenheiten find auch zuweilen Veranlaſ— ſung geweſen, daß Männchen und Weibchen Einer Art für zwei Arten gehalten wurden; fo iſt z. B. unter den Spinnfiſchen Cal- Honymus lyra das Männchen zu C. dracunculus. — Die Nadel⸗ fiſche haben großentheils hinter dem After eine Bruttaſche, die ſich äußerlich als ein Längsſpalt öffnet, und zur Aufnahme der Eier dient, welche in ihr auskommen. | eme Dritter Abſchnitt. N Innerer Ban. 2 8 32. Das hieher Gehörige wird, in Verbindung mit dem, was von dem innern Bau der übrigen Wirbelthiere zu ſagen iſt, in der zwölften Klaſſe 55 be unter obiger e ei 5 tragen werden? ma ü n 24* 372 Neunte Klaſſe. Vierter Abſchnitt. Lebensweiſe. § 33. Die Fiſche wohnen insgeſammt im Waſſer. So⸗ wol die Meere, als auch die ſüßen Gewäſſer, unter allen Zonen, ſind mehr oder weniger von ihnen bevölkert. Die bei weiten meiſten find jedoch Meeresbewohner. Auch die unterir⸗ diſchen Gewäſſer beherbergen Fiſche, z. B. Aale; und der Pimelodes cyclopum, welcher zuweilen von ſüdamerikaniſchen Vul⸗ kanen lebend ausgeworfen wird, gehört ebenfalls hieher. Fiſche fehlen auch nicht in heißen Quellen, z. B. in denen von Aix in Savoyen (bei 36“ R.), in denen der Inſel Lucon (bei 60° R.), bei Caffa in Nord-Afrika (bei 60 R., Sparus Desfontainii); auch Cyprinus auratus kann in ſehr warmem Waſſer leben; und v. Humbold erzählt von Pimelodes, daß dieſe zuweilen mit heißem Waſſer von 2109 $. ausgeworfen werden. — Die mei⸗ ſten Fiſche leben und gedeihen in reinem, ungetrübten Waſſer; manche aber ziehen einen ſchlammigen Boden vor, z. B. Fluß⸗ aal, Neunauger, Querder. Einige wühlen ſich ganz in ſandigen Grund ein, z. B. Petermännchen, Sandaal (letzter zuweilen an zwei Fuß tief), oder bleiben doch faſt beſtändig am Boden, wie die Schollen, Grenadierfiſche u. ſ. w. Ueberhaupt meint man von allen denjenigen Fiſchen, welche gar keine oder nur eine ſehr kleine Schwimmblaſe haben, daß ſie ſich nie an die Oberfläche des Waſſers erheben. — Viele Fiſche ziehen einzeln, oder nur zu⸗ fällig ihrer mehre mit einander, umher, beſonders die größern Raubfiſche; viele andere aber ſind beſtändig in großer, oft unzähl⸗ barer Geſellſchaft beiſammen, z. B. mehre Arten von Herin⸗ gen, Schellfiſchen u. ſ. w. Die gewöhnlichen Heringe bilden auf dieſe Weiſe zuweilen Scharen von fünf bis ſechs Meilen in die Länge und Breite; ja, etwa 200 Meilen des ganzen Raumes zwiſchen Grönland und dem Nordkap ſind zuweilen dicht mit He⸗ ringen bedeckt. § 34. In der Regel können auf lange Zeit Meerfiſche nicht in ſüßem Waſſer, und Süßwaſſerfiſche nicht im Meerwaſſer ausdauern und gedeihen; indeß verirren ſich zuweilen manche Meerfiſche in Flüſſe, z. B. Lampreten (Petromyzon mari- Fiſche⸗ 373 nus) ölen mitunter im Main, bei Bamberg, und in der Regnig, bei Erlangen, vorkommen, Schollen (Pleuronectes rhombus) in der Elbe bei Boitzenburg, Heringe in der Weichſel bei Warſchau. Auch in den amerikaniſchen Flüſſen trifft man Arten von Herin⸗ gen, Schollen, Kornährenfiſch, Rochen an. Selbſt Rieſenhaifiſche und Sägefifche kommen in großen Flüſſen vor. — Von dieſen zufälligen Erſcheinungen mancher Meerfiſche in Flüſſen ſind aber die regelmäßigen und zu beſtimmten Zeiten ſich wiederholenden Wanderungen gewiſſer Meerfiſche aus dem Meere in die Flüſſe und wieder zurück, wohl zu unterſcheiden. Störe und manche Lachſe ſteigen im Frühlinge oder Sommer in die Flüſſe, und keh— ren im Herbſt oder Winter in das Meer zurück. Die Lachſe ziehen ſo meiſt in kleinen oder größern Geſellſchaften in zwei Rei— hen, welche vorn unter einem ſpitzen Winkel zuſammenſtoßen, und zwar ſo, daß der größte aus der Geſellſchaft an der Spitze ſchwimmt. Gelangen ſie vor ein Wehr oder einen Waſſerfall, ſo ſpringen ſie über denſelben hinweg, indem ſie ſich an der Waſſer— fläche auf die Seite legen, und ſich dann, mittelſt eines kräftigen Schlages des Schwanzes auf das Waſſer, über den Waſſerfall hinwegſchnellen. Nach andern Angaben ſollen ſie auch in den Waſſerfällen ſelbſt, wenn dieſe eine dichte Waſſermaſſe bilden, durch die ſehr große Muskelkraft, womit ſie den Schwanz ſehr kräftig und ſchnell hinter einander hin und her ſchlagen, hinauf> ſchwimmen. Nachdem die Lachſe, am Ende ihrer Wanderung höher in den Flüſſen hinauf, den Laich abgeſetzt haben, kehren ſie wieder ins Meer zurück. Von dem Aal erzählt man zum Theil, daß er ſowol im Meere als in Flüſſen lebe, oder daß er aus die: ſen in jenes ziehe, um daſelbſt zu laichen. — Was von den wei⸗ ten Wanderungen mancher Seefiſche der Gattungen Schellfiſch, Makrele, Lachs, Hering u. ſ. w. aus einem Meere in das andere erzählt wird, das kann auch, wenigſtens zum Theil, nur ein plötzliches Erſcheinen gewiſſer Fiſche, die ſich in der Regel tie- fer im Waſſer aufhalten, an den Seeufern ſein, um daſelbſt zu laichen. So hat man auch von einigen Süßwaſſerfiſchen, z. B. von Stichlingen und Aalen, bemerkt, daß ſie zuweilen in den Flüſſen wandern, wozu in manchen Fällen auch wol Nahrungs- mangel und eintretende Kälte die Veranlaſſung ſein mögen. — 374 Neunte Klaſſe. Von mehren Fiſchen weiß man, daß ſie zuweilen freiwillig das Waſſer verlaſſen und kürzere oder weitere Wanderungen über Land vornehmen: Aale, beſonders junge, ziehen oft, theils in großen Geſellſchaften, über Land von einem Waſſer zum andern; ſo auch mehre Harniſchfiſche; Seekröten kriechen zuweilen drei bis vier Tage am Lande umher u. ſ. w. Zu dieſen Landwanderfiſchen gehören noch beſonders die Landkriecher und der Kletterbarſch in Oſtindien, welcher letztere ſogar auf Bäume klettern ſoll, indem er ſich, mittelſt der Bruſtfloſſen und der Kiemendeckelſtacheln, in den Spalten der Rinde hinaufarbeitet. Bei dieſen Fiſchen bleibt nämlich in den Zellen und zwiſchen den Blättern der obern Schlundknochen hinlängliche Feuchtigkeit, um die Kiemen zu be⸗ netzen und vor dem Eintrocknen zu ſchützen. Andere Fiſche haben verhältnißmäßig geräumige Kiemenbehälter und nur kleine Kie— menöffnungen, wodurch das Waſſer zurückgehalten wird und die Kiemen feucht bleiben, ſo daß dieſe Fiſche zum Theil mehre Tage lang außerhalb des Waſſers nue können, z. N e und Aale. § 35. Von manchen Fiſchen wird erzählt, daß er einen Winterſ chlaf halten, z. B. vom Seepferdchen, und von andern, die ſich in Schlamm, Löcher und dergleichen verkriechen und ohne Bewegung und Empfindung bis zum Frühlinge bleiben, z. B. Störe, Lachſe, Karpfen, Aale, verſchiedene Arten von Grundeln und Meergrundeln. Aale ſollen ſich ſogar in ſtrengen Wintern bis auf die Heuböden verkriechen. — In heißen Ländern halten manche Fiſche eine Art Sommerſchlaf, indem ſie ſich, wenn die Gewäſſer eintrocknen, im Schlamme vergraben, z 5. Be fiſche und Hechtarten in Südamerika. § 36. Die Bewegungen der Fiſche beſtehen bauptſäch⸗ lich im Schwimmen; aber ſie ſpringen, Gies ee klettern und kriechen auch. Das Schwimmen wird vorzüglich mittelſt der Floſſen hervorgebracht: Die Bruſtfloſſen ſind die eigentlichen Ruderor⸗ gane. Die Bauchfloſſen verſehen mehr den Dienſt der Füße, in- dem der Fiſch auf ihnen gleichſam im Waſſer ſteht und das Gleich⸗ gewicht hält. Der Schwanz mit ſeiner Floſſe iſt das Steuer, mittelſt deſſen Seitenbewegung die Richtung verändert wird; doch Fische 375 it ber Fiſch unh im Stande, mittelſt heftiger und ſchnell auf einander folgender abwechſelnder Seitenſchläge, zuweilen ſchon mit Einem Schlage des Schwanzes, pfeilſchnell vorwärts zu ſchießen. Die übrigen Floſſen wirken wenig oder gar nicht zum Schwimmen mit. — Es giebt Fiſche, welche in einer Stunde vier deutſche Meilen weit ſchwimmen. Der Segelfiſch ſoll ſich dabei, an der Oberfläche des Waſſers, der hohen Rückenfloſſe als Segel bedie⸗ nen; und vielleicht könnte man dieſes von allen Fiſchen mit ho⸗ her Rückenfloſſe annehmen. — Man betrachtet auch die innere Schwimmblaſe der Fiſche als ein Organ, welches, je nachdem es mit Luft angefüllt oder von Luft entleert wird, dieſen Thieren zum Steigen und Fallen im Waſſer dienen könne, da man die Bemerkung gemacht hat, daß ſolche Fiſche, die gar keine oder nur eine ſehr kleine Schwimmblaſe haben, faſt immer am Boden des Waſſers verweilen, oder daß ſie den Mangel derſelben durch größere und mit ſtärkern Muskeln verſehene Bruſtfloſſen erſetzen. Doch bleibt es immer ſchwierig zu erklären, woher die Fiſche in der Tiefe ſchnell genug die gehörige Quantität Luft zum Ausdeh⸗ nen der Blaſe gewinnen. Die Igelfiſche und Stachelbauchfiſche haben außerdem einen kropfartigen Sack im Leibe, den ſte mit verſchluckter Luft anfüllen und ſo ausdehnen können, daß der ganze Körper kuglig wird und an der Oberfläche des Waſſers umher⸗ taumelt, ohne untertauchen zu können m bent ig 32. Das Springen oder Hervoörſchnellem der Fiſche über die Waſſerfläche wird durch heftige Schläge des Schwanzes bewirkt. Man bemerkt dergleichen nicht ſelten bei vielen Fiſchen, auch bei unſern Süßwaſſerfiſchen und bei Lachſen in Flüſſen, wo ſie zuweilen an zwanzig Fuß hoch über Waſſerfälle ſpringen follen. Auch von dem Menſchenfreſſer (Squalus carehärias‘) ſagt man, daß er ſich, mit einem Schlage des Schwanzes) an zwanzig Fuß hoch über den Waſſerſpiegel emporſchleudern könned Auf eben die Weiſe erheben ſich auch die ſogenannten fliegenden Fiſche über das Waſſer. Die bekannteſten unter dieſen ſind die Flug⸗ hähne und die Fliegfiſche, von denen man früher erzählte, daß ſie zuweilen an zwanzig Fuß hoch und "mehreishundert Ellen weit, mittelſt der großen Bruſtfloſſen, über dem Waſſer hinweg flatter⸗ ten! Die angegebene Flugweite iſt wol übertrieben; und ob dieſe 376 | | Neunte Klaſſe. Fiſche in der Luft wirklich flattern und die Richtung verändern können, iſt wenigſtens noch nicht ganz gewiß, da, nach andern Beobachtungen, die ausgebreiteten Bruſtfloſſen in der Luft nur als Fallſchirme dienen. Daß ſie dieſe Luftſprünge nur dann machten, wenn ſie von größern Raubfiſchen verfolgt würden, um ſich dieſen zu entziehen, iſt wol nicht immer der Fall, ſondern ſie mögen eben ſo oft nur zu ihrem Vergnügen ein Luftbad nehmen; wenigſtens gilt dieſes gewiß von den Luftſprüngen unſerer Süß⸗ waſſerfiſche. Da alle fliegenden Fiſche eine ſehr große Schwimm⸗ blaſe haben, ſo ſcheint es, als ob dieſe ebenfalls den eee in der Luft förderlich ſei. § 38. Es giebt Fiſche (Landkriecher), welche nicht ſelten aus dem Waſſer ans Land kriechen, oft weit über daſſelbe hin, ſelbſt an ziemlich ſteilen Ufern hinauf; ſogar Bäume erklettern ſie. Dies alles wird hauptſächlich mit den Bauch- und Bruſt⸗ Floſſen, dann auch mit den Spitzen und Stacheln, die ſich bei einigen Fiſchen an der Unterſeite des rr oder an den Kie⸗ mendeckeln finden, verrichtet. § 39. Um ſich an andern Körpern ten halten bien den Saugmaulfiſchen der Mund, den Schiffhaltern die Kopfſcheibe, dem Lump die Bauchfloſſenſcheibe, indem ſich dieſe Fiſche mit den genannten Theilen anſchröpfen; die Schiffhalter ſollen jedoch, nach andern Anſichten, dadurch ſich feſtſetzen, daß fie die Queerleiſten der Kopfſcheibe aufrichten und ſich dann mit den kleinen Stacheln derſelben anheften. Manche Nadelfiſche und Rochen haben einen Greifſchwanz, zum Umwickeln anderer Körper, an denen e ſich feſthalten wollen. S8 40. Die Nahrung der meiffen, Fiſche iſt animaliſch⸗ Die eigentlichen Raubfiſche, welche größere Thiere lebend er⸗ greifen und verſchlingen, zeichnen ſich durch ſtärkeres Gebiß und längere ſpitze Zähne aus. Sie haben meiſt einen weiten Rachen und Schlund, ſo daß die größten unter ihnen im Stande find; Menſchen, Pferde und dergleichen ganz zu verſchlingen, denn kein Fiſch käuet den genommenen Biſſen. Der größte Hai, einer der größten und gierigſten unter allen Fiſchen, folgt häufig den großen Schiffen, um Alles, was von animaliſchem Abfall und todten Thie⸗ ren ins Meer geworfen wird, oder lebende Thiere und Menſchen, & BR: Fiſche. . die das Unglück haben, ins Waſſer zu fallen, zu verſchlingen, und hat daher den Namen Menſchenfreſſer erhalten. Es werden Beiſpiele angeführt, daß er ganze Pferde hineingewürgt hat. Noch manche andere Fiſche folgen den Schiffen in gleicher Abſicht, unter andern der Pilotfiſch, der ſich alſo oft in Geſell⸗ ſchaft des Menſchenfreſſers findet, und dadurch Veranlaſſung zu der Sage gegeben hat, daß er jenen dahin führe, wo Beute zu machen ſei. Neunauger und Bauchkiemer ſaugen ſich an größere Fiſche an, bohren ſich in das Fleiſch derſelben ein und verzehren ſie; die Lampreten (Petromyzon marinus) ſollen Steine von der Stelle ziehen, um zu den darunter befindlichen kleinern Thieren (Fehlwirbelthieren) zu gelangen, Manche Raubfiſche, z. B. die Plattkopffiſche und Froſchfiſche, verbergen ſich im Sande oder ſon— ſtigen Schlupfwinkeln, um ihre Beute zu belauern, auf die ſie dann hervorſchießen. Auch vom Wels (Silurus glanis) erzählt man, daß er, in ruhiger Haltung, durch das Spiel ſeiner Bart⸗ fäden im Waſſer, welche von andern Fiſchen dann für Würmer gehalten würden, jene herbeilocke und fie nun wegſchnappe. Der Sägefiſch tödtet andere große Meerthiere, indem er hart an ihnen hinſchießt und ſie dabei mit ſeiner Säge aufſchneidet. Ohne Zwei⸗ fel dient dem Schwerdtfiſche die degenförmige Vorragung der Ober⸗ ſchnauze ebenfalls als Waffe; denn obgleich behauptet wird, daß dieſer Fiſch von Seekräutern lebe, ſo hat man doch auch geſehen, wie ihrer mehre vereint einen Wallfiſch mit ihren Schwerdtern angegriffen und getödtet haben. Die Röhtrenmaulfiſche und einige andere Fiſche können den Mund röhrenförmig vorſchießen, und fangen auf dieſe Weiſe kleine Fiſche. Noch andere, wie die Spritz⸗ ſiſche und einige Klippfiſche (Chaetodon rostratus) ſpritzen aus dem ſchnabelförmig vorragenden Maule Waſſer, zuweilen an vier Fuß hoch, auf über ihnen ſitzende oder fliegende Inſekten, welche dann hinabfallen und jenen zur Beute werden. Forellen ſpringen aus dem Waſſer empor, um fliegende Inſekten aus der Luft zu ſchnappen. Die elektriſchen Fiſche (Zitterrochen, Kahlrückenfiſch) betäuben und tödten andere Fiſche und ſonſtige Thiere, die ihnen im Waſſer nahe genug kommen, durch elektriſche Schläge, und bedienen ſich dieſer Eigenſchaft ſowol, um ſich ihrer Nahrung zu bemächtigen, die in kleinen Fiſchen beſteht, als auch zu ihrer Ver⸗ 378 | Neunte Klaſſe. theidigung gegen ſtärkere Feinde; auch zur Verdauung ſollen die Schläge mitwirken, weil man die Beobachtung gemacht hat, daß vom Blitz getödtete Thiere ſchneller verdauet werden. Der Kahl⸗ rückenfiſch (Zitteraal, Gymnotus electricus), welcher in den ſüßen Gewäſſern von Südamerika lebt, wird an ſechs Fuß lang, und iſt im Stande, Menſchen, Pferde und dergleichen mit Einem elek⸗ triſchen Schlage zu tödten. — Aus dem Pflanzenreiche er⸗ nähren fi z. B. unter den Meerſiſchen die 1 unter e en die Kaplenßichs | Av Hon Fünfter Aufn. 1 | Fortpflanzung und Eutwickelung. f b er af‘ 6757 95 41. Die Fiſche ind fo weit es bis letze 0 wor⸗ den iſt, getrennten Geſchlechts. Wenn man früher manche Arten für Zwitter gehalten hatte, fo lag der Grund ghievon theils in unrichtiger Auslegung der innern Geſchlechtstheile, theils in dem Umſtande, daß von vielen Arten ungleich mehr Weibchen als Männchen erſcheinen, z. B. unter Neunaugern, Lachſen, Grun⸗ deln u. ſ. w. Nur als Mißgeburten kommen zuweilen Zwitter vor, z. B. unter Karpfen und Barſchen. Neuerlich wird jedoch wieder Serranus cabrilla als ein dufte . der ſich ſabſt befrucht. hy 17 177510 § 42. Eine wirkliche ate gw findet; bei eo Fiſchen nicht ſtatt, da kein Männchen mit einer vortretenden Ruthe ver⸗ ſehen iſt, welche in die weibliche Oeffnung eindringen könnte, ſon⸗ dern in der Regel geſchieht die Befruchtung ſo, daß erſt das Weibchen die Eier von: ſich giebt, die dann von dem Männchen, welches dem Weibchen folgt, durch Auslaſſen des Samens über die Eier im Waſſer befruchtet werden! Bei manchen Fiſchen, na⸗ mentlich bei den lebendig gebärenden, aber auch bei den eierlegen⸗ den Rochen und Haien, geſchieht indeß die Befruchtung im In⸗ nern des Weibchens, und bei dieſen halten ſich Männchen und Weibchen, während der Befruchtung, an einander feſt: So iſt es z. B. bei Rochen und Haien, deren Männchen an den Bauch⸗ floſſen beſondere häutige und knorplige Anhängſel haben, die zum Halten des Weibchens und zum Umfaſſen der weiblichen Oeffnung Be n 379 dienen; auch glaubt man, daß die rinnenartigen Vertiefungen, welche einige jener Knorpelſtücke bilden, zum Aufnehmen des Sa⸗ mens und zum Hinleiten deſſelben in die weibliche Oeffnung vor⸗ handen ſind. Wahrſcheinlich dient der Greifſchwanz einiger Ro⸗ chen und Nadelfiſche ebenfalls zum Aneinanderhalten beider Ge- ſchlechter während der Befruchtung; wenigſtens hat man bei letz⸗ terer geſehen, daß ſie ſich zuweilen mit den Schwänzen umſchlin⸗ gen. — Was man von ähnlichen Verbindungen der Quappe (Gadus lota) und des Aals anführt, die theils durch ein Band geſchehen ſollen, welches ſich um die AR des eee tes lege, iſt noch ſehr zweifelhaft. 8 43. Die Eier der Fiſche find) man rund und wich: dir der Rochen und Haien aber mit einer pergamentartigen oder hornharten Schale umgeben und vierwinklig, ſo daß die Winkel ſelbſt in eine längere oder kürzere Spitze auslaufen (ſogenannte Seemäuſe). Bei manchen Arten verlängern ſich jene Spitzen in fadenförmige, mannigfach gewundene und gekräuſelte Fortſätze, mittelſt welcher dieſe Eier an Seegewächſen und dergleichen ſich feſthängen. Die Haifiſcheier haben an jedem Ende eine feine Oeff— nung, wohl zum Durchſtrömen des Seewaſſers; und wahrſchein⸗ lich tritt auch bei den lebendig gebärenden Haien das Seewaſſer durch die weibliche Oeffnung in den uten um mit um 3% 800 in Berührung zu kommen. 8 44. Das Laichen oder, Abſetzen Bi Sir 1 hinſecht⸗ lic der Zeit, in welcher es geſchieht, nach den Arten der Fiſche verſchieden. Die meiſten verrichten es einmal jährlich, einige aber . zweimal, z. B. Haifiſche, Häringe, Forellen, Aale. Die Weibchen ſuchen dazu in der Regel einen paſſenden Platz aus, wo die Eier ſicher liegen. Die Meerfiſche begeben ſich dann aus der hohen See oder aus der Tiefe an die Ufer, wo ſich in der Regel weni⸗ ger Raubfiſche aufhalten, und ſetzen zwiſchen Seekräutern und Steinen, oder in Löchern und Vertiefungen, die fie zum Theil ſelbſt wühlen, den Laich ab. Aehnliche Vorſicht beobachten auch die Süßwaſſerfiſche. Viele Meerfiſche ſteigen im Frühjahr oder Sommer zum Theil hoch in die Flüſſe hinauf, um hier ihres Laichs ſich zu entledigen, z. B. Lamprete, Lachs, Stör. Das Weibchen des Lachſes macht eine Vertiefung, zuweilen zwei Fuß 380 Neunte Klaſſe. tief, in den Sand, legt die Eier hinein und ſchartt, nach Befruch⸗ tung derſelben, die Vertiefung wieder zu, ſo daß die Eier ganz in dem Boden vergraben liegen. Dies geſchieht vom September bis Januar, worauf die Alten wieder in das Meer zurückziehen. Die Eier kommen erſt nach ohngefähr fünf Monaten aus, und die ausgekrochenen Lachſe müſſen ſich durch den ſie überdeckenden Sand ſelbſt hinaufarbeiten, und bleiben bis zum zweiten oder auch bis zum dritten Jahre in dem Fluſſe, ehe ſie ins Meer zie⸗ hen. — Manche Fiſche, und zwar meiſt die Männchen, bleiben bei den Eiern, um ſie zu ſchützen und zu vertheidigen, z. B. die Meergrundeln, der Lump, die Groppe (Kaulkopf, Cottus gobio) u. ſ. w. Von letzterer glaubte man daher früher, daß ſie die Eier ordentlich bebrüte. — Verſchiedene Fiſche, z. B. Meergrundeln, Stichling, einige Harniſchfiſche u. ſ. w., machen in Vertiefungen und Höhlen ein künſtliches, theils backofenförmiges, Neſt aus al⸗ lerlei Waſſergewächſen, Wurzeln, Blättern, Reiſern u. ſ. wa, und legen in den Grund deſſelben die Eier ab. Der Seeſtichling (Gasterosteus spinachia) umflicht die gelegten Eier dicht mit Zweigen verſchiedener Meergewächſe. Ein Fiſch (Black- bass) im Niagaraſtrom trägt mit dem Maule Steine zuſammen, um ſich aus denſelben ein Laichneſt zuzurichten. An manchen Nadelfiſchen bildet die weiche Bauchhaut offene Zellen, in welchen die Eier abgeſetzt werden und auskommen. An andern Nadelfiſchen be: findet ſich hinter dem After, auf einer Erhöhung, ein Längsſpalt, der zu einem Behälter führt, in welchem die Eier aufgenommen werden und auskommen. Einige neuere Beobachter glaubten, daß ſolche Individuen Männchen ſeien, in deren Behältern (Brut⸗ taſchen) die Weibchen ihre Eier abſetzten; allein dieſer Meinung ſind doch noch ſpäter andere Beobachtungen entgegengetreten, nach denen die mit Bruttaſchen verſehenen Nadelfiſche Weibchen: find. Krohn fand in ſolchen Individuen unverkennbare ausgebildete Eierſtöcke. In jenen Taſchen kommen nicht nur die Eier aus, ſondern die zarten Jungen, nachdem ſie ſich bereits im Waſſer verſucht haben, flüchten auch, wenn es Noth thut, wieder in dies ſelben zurück. — Am Röhrmundfiſch ſind die großen Bauchfloſſen unter ſich und mit dem Körper zu einer Art von Schurz verwach⸗ ſen, welcher zur Aufnahme der Eier bis zu deren Auskommen dient. Fiſche. 381 8 45. Lebendig gebärende Fiſche ſind der Hochſchauer und einige Arten von Schleimfiſchen, Meergrundeln, Rochen und Haien. Man glaubte früher zum Theil, daß auch die Neunauger und der Aal hieher gehörten, was ſich indeß von jenen nicht beſtä— tigt und von letzterm wenigſtens als noch unerwieſen gezeigt hat. 8 46. Die Vermehrung der Fiſche, beſonders der eier— legenden, iſt zum Theil ungeheuer: Die meiſten haben Tauſende und Hunderttauſende von Eiern im Eierſtocke; im Karpfen, der noch nicht zu den fruchtbarſten gehört, hat man an 300,000 ge⸗ zählt; der Stör, der Kabeljau (Gadus morrhua) und mehre an⸗ dere haben Millionen von Eiern in ſich. — Wahrſcheinlich hat auch das plötzliche Erſcheinen einer großen Menge ausgekommener Fiſche Veranlaſſung zu mehren Erzählungen von Fiſchregen ge— geben, die bald hier, bald dort ſtattgefunden haben ſollen; ob— gleich es auch wol möglich iſt, daß zuweilen, bei Entſtehung von Waſſerhoſen, Fiſchbrut mit in die Atmoſphäre emporgehoben und dann wieder aus derſelben hinabgefallen ſein konnte. Auch durch Waſſervögel können Teiche und Seen mit Fiſchen bevölkert wer— den, indem ſie Fiſchlaich, der ſich etwa an ihre Beine gehängt hat, beim Fliegen von einem Waſſer zum andern verpflanzen. — Weniger ſtark vermehren ſich die lebendig gebärenden Fiſche: Der Menſchenfreſſer (Squalus carcharias) fol nur zwei Junge gebären. 8 47. Was die Ausbildung der Jungen betrifft, fo bildet ſich, im Eie, der Embryo um den Dotter, welcher am Bauche in jenen eintritt. Uebrigens ſind Dotter und Eiweiß nicht immer genau zu unterſcheiden, am beſten noch in den Eiern der großen Knorpelfiſche. Bei Scoliodon ſoll das Ei durch Gefäße mit der Kloake (ſogenannten Gebärmutter) zuſammenhängen, alſo Ernährung und Entwickelung des e wie bei den re thieren fein.) 8 48. Die jungen, eben gebornen oder Möge hene Fiſche bleiben zum Theil noch eine Zeitlang bei der Mutter, in⸗ dem bei Einigen ihre erſte Nahrung in dem Schleime beſteht, welcher aus den Poren der Seitenlinie oder der Haut hervor⸗ dringt. Manche erfreuen ſich auch noch eines beſondern mütter⸗ | lichen Schutzes, indem ſie geführt, vertheidigt und in Sicher⸗ 382 Neunte Klaſſe. heit gebracht werden. So fliehen z. B. die jungen Nadelfiſche in die Bruttaſche, die jungen Welſe in das Maul der Mutter. — Sie ſind meiſtentheils von den Alten mehr oder weniger verſchieden. Bei manchen Haien und Rochen hängen an den noch nicht gebornen Jungen die Kiemen frei aus der Kiemenhaut hervor; die ganz jungen Nadelfiſche haben ſämmtlich Bruſt⸗ und Schwanz ⸗Floſſen, welche, bei einigen Arten, ſpäter verſchwinden; ganz junge Schleien (Cyprinus tinca) ſind ohne Floſſen, ganz junge Güſter (Cypr. blicca) ohne Mund; der Schwerdtfiſch hat im Alter zwei weitgetrennte Rückenfloſſen und zwei Afterfloffen, in der Jugend ſind beide vereinigt; die Rochen ſind nach dem Alter verſchieden in Stacheln, Schnauzenform, Zähnen u. ſ. w. § 49. Die Fiſche ſcheinen ein hohes Alter zu errei⸗ ang wenigſtens weiß man von Hechten und 1 1 ſie 150 Jahre und darüber alt werden können. | Sechſter Abſchnitt. sah Befonderes Phyſiologiſches. n 8 50. Die innere Temperatur der Fiſche if in der Regel nur wenig höher als die des ſie umgebenden Elements; ſie werden daher kaltblütige Thiere genannt. Indeß iſt der Wärmegrad bei verſchiedenen Gattungen nicht ſtets derſelbe. Die Thunfiſche haben eine innere Temperatur von 180 F., und find, unter allen Fiſchen, die warmblütigſten. Man glaubt, daß beſon⸗ ders das größere kräftigere Herz, größere Blutmaſſe und Kiemen, ein ausgedehnterer Apparat von Kiemennerven dieſer Fiſche, zu einer höhern Wärmeerzeugung beitrage. 8 51. Bedeutend iſt die Lebenskraft iel Fische, denn ſie n zum Theil, nachdem ſie aufgeſchnitten und aus ge⸗ weidet ſind, noch tagelang fort; und ſelbſt die einzelnen Stücke, in welche ſie dann zerſchnitten werden, bewegen ſich zum Theil noch lange Zeit und ſchnellen ſich, ſelbſt in der Bratpfanne noch, kräftig empor; ſo z. B. der Aal. Schleien (Cyprinus tinca), de⸗ nen man durch einen Seitenſchnitt die Schwimmblaſe genommen hatte, lebten noch drei Tage und ſchwammen nach allen Richtun⸗ gen umher. Der Zitteraal (GHmnotus electricus) ſoll ſogar, . Fiſche. 383 wenn man ihm das elektriſche Organ genommen hat, lebhafter werden und länger leben, als mit demſelben. — Daß manche Fiſche einen bedeutenden Hitzegrad ertragen können, haben wir früher gezeigt (8 33). Eben fo können andere ſehr große Kälte ertragen und ſelbſt zu Eis gefrieren, ohne zu ſterben, z. B. Fo⸗ rellen (Salmo fario), Hechte und viele andere. — Von Repro⸗ duction in dieſer Thierklaſſe iſt weiter nichts bekannt, als daß durchſchnittene Floſſen ſich wieder ergänzen. 8 52. Viele Fiſche, beſonders unter den ae leuchten im Dunkeln, z. B. Klumpfiſch, Hairochen, Schmalko⸗ pfer u. ſ. w. Auch der Laich dieſer Fiſche beſitzt zum Theil die: ſelbe Eigenſchaft. — Vorzüglich merkwürdig find die elektri- ſchen Fiſche, welche, in der Nähe oder bei Berührung anderer Thiere, dieſen elektriſche Schläge ertheilen, wobei ganz dieſelben Erſcheinungen und Wirkungen ſtattfinden, wie bei den Schlägen aus einer Elektriſirmaſchine, nur mit dem Unterſchiede, daß es von der Willkür des Fiſches abhängt, ob er ſolche Schläge mittheilen will oder nicht, denn man ſieht oft ſolche Fiſche ruhig zwiſchen andern umherſchwimmen und ſelbſt mit ihnen in Berührung kom— men, ohne daß eine Entladung erfolgt. Ein Schlag von einem erwachſenen kräftigen Zitteraal, wenn er ſich nicht ſchon durch kurz vorher ertheilte Erſchütterungen geſchwächt hat, iſt hinreichend, um Menſchen und noch größere Thiere zu tödten. Durch mehre kurz hinter einander folgende Schläge erſchöpft ſich der Fiſch zuletzt ſelbſt bis zum Tode. — Die bekannteſten elektriſchen Fiſche, und mit denen man die meiſten Verſuche angeſtellt hat, ſind der Zit⸗ terrochen und der Kahlrückenfiſch (Zitteraal oder elektriſche Aal). Die Schläge erfolgen aus allen Theilen des Körpers und nicht bloß vom Kopfe, wie man früher ſagte; wenn der Fiſch aber ſchwächer wird, ſo beſchränken ſie ſich nur auf die Stelle des elektriſchen Organs. Auch ſollen, wenn man dieſen Fiſch beim Schwanze ergreift, keine Schläge erfölgen. Die Elektritität des Zitterrochens entſteht nicht in dem elektriſchen Organe, ſondern fie wird in dieſem nur concentrirt; ſie geht vom Gehirn aus, genau genommen nur von dem vierten Lappen deſſelben, denn man kann das ganze übrige Gehirn wegnehmen, ohne daß ſie aufhört; ſo wie man aber den vierten Lappen wegnimmt, iſt ien erloſchen. s 384 Neunte Klaſſe. — Außer an den beiden genannten Fiſchen hat man noch an eini⸗ gen andern ähnliche elektriſche Eigenſchaften wahrgenommen, näm⸗ lich an noch vier andern Rochenfiſchen (Torpedo unimaculata, Galyanii, marmorata, ‚Rhinobates electricus), am elektriſchen Stachelbauchfiſch und am Zitterwels; auch wird noch ein elektri⸗ ſcher Degenfiſch angeführt, deſſen Daſein indeß zweifelhaft iſt. § 53. Manche Fiſche laſſen zu Zeiten, beſonders wenn fie ergriffen werden, eigene knurrende oder knarrende Töne hören, z. B. der Knurrhahn (Trigla gurnardus), der Grenadierfiſch, die Grundeln, Schleien, Thunfiſche, Umber u. ſ. w. Eine der letztern (Sciaena fasciata) ſoll ſo lautes Getöſe machen, als wenn mehre Trommler trommelten. Die Töne, welche Stachelbauchfiſche und Igelfiſche von ſich geben, ſollen durch die aus dem Magen ent- weichende Luft hervorgebracht werden les wird die Luft aus dem kropfartigen Sacke ſein, mittelſt welchem dieſe Fiſche ſich kuglig aufblähen können). So werden auch wol die Töne der übrigen Fiſche durch bie hervordringende Luft der Schwimmblaſe gebildet werden. | a Siebenter Abſchnitt. Nutzen nnd Schaden. § 54. Der Nutzen, den uns die Fiſche gewähren, iſt ſehr vielfältig; hauptſächlich aber dient von einer großen Menge derſelben das Fleiſch uns zur Nahrung. Wir bemerken hier in dieſer Hinſicht nur folgende: 2 1) Die verſchiedenen Arten von Makrelen (Soomber), die ſich meiſt ſtark vermehren und dabei eine anſehnliche Größe errei⸗ en. Unter ihnen war der Thunfiſch (Se; thynnus), welcher hauptſächlich im Mittelmeere einheimiſch iſt und an zwanzig Fuß lang werden kann, ſchon zu den Zeiten des Ariſtoteles, und ſpä⸗ ter auf den Tafeln der Römer, ein ſehr beliebter Fiſch. 2) Die Stockfiſche (Gadus), welche meiſt in den nördli⸗ chen Meeren vorkommen; zumal der Schellfiſch (G. aeglefinus), welcher an drei Fuß lang wird, der Dorſch (G. callarias), etwas kleiner als jener, der Kabeljau (von Bacaljao, der grönländi⸗ ſchen Benennung deſſelben, G. morrhua), welcher an vier Fuß Fiſche. | 385 lang wird. Letzterer findet ſich vorzüglich in unſäglicher Menge an den Küſten von New⸗Foundland, wo jährlich über 400 Millio⸗ nen gefiſcht werden und ſein Fang an 20,000 Seeleute beſchäf⸗ tigt. Er wird theils friſch verſpeiſet, hauptſächlich aber, auf man: cherlei Weiſe gegen das Verderben verwahrt, weit und breit ver— fahren, wo er dann einen bedeutenden Handelsartikel ausmacht. Nach der verſchiedenen Zubereitung, die mit ihm zu dem Ende vorgenommen wird, kommt er auch unter verſchiedenen Benen— nungen im Handel vor; denn an der Luft getrocknet heißt er Stockfiſch, eingeſalzen und auf Klippen an der Sonne getrock— net Klippfiſch, nach Art der Heringe eingeſalzen Laberdan. Jedoch werden auch andere Arten dieſer Gattung auf eben die Weiſe behandelt und unter gleichen Namen verkauft, namentlich der Leng (G. molva) und der Seehecht (G. merlucius), wel⸗ cher letzte auch wol der eigentliche Stockfiſch genannt wird. 3) Die Neunauger (Fetromyzůon), beſonders die Pricke oder das Neunauge (P. fluviatilis), welches in den europäiſchen Flüſſen lebt, aber auch in Japan und Südamerika einheimiſch ſein ſoll, und die Lamprete (P. marinus), welche dicker als jene Art wird, an drei Fuß lang, und in allen Meeren vorzukommen ſcheint. Manche glauben, daß die letzte die Muraena der alten Röner ſei. (ſ. Nr. 8.) 4) Die Schollen (Pleuronectes), nam die eigentliche Scholle oder Goldbutte oder Platteis (Pl. platessa), einen Fuß lang; die Stein butte (Pl. maximus), an drei Fuß lang; die Zunge (Pl. solea), welche von ihrer Geſtalt den Namen hat, und die beliebteſte Art iſt. Dieſe und noch mehre Arten ſind in von nördlichen Meeren einheimiſch. 5) Der Hecht (Esox lucius) hat ein zartes und geſundes Fisch lebt in den ſüßen Gewäſſern von Europa und Aſien, ſoll auch in Nordamerika einheimiſch ein. Man ſagt, daß er zuweilen eine Länge von ſechs Fuß und darüber erreiche. Die Benennun⸗ gen Hornungshecht, Märzhecht, Paddenhecht beziehen ſich auf die Laichzeit im Februar, März oder April; die März: | hechte ſollen am ſchlechteſten von Geſchmack fein. un 6) Lachſe und Forellen (Salmo) gehören mit zu den zar teſten und geſundeſten Fiſchen. — Der eigentliche Lachs oder . 25 1 386 Ds Reutte Alaſſe Seelachs, auch Salm nt (S. salar), wird an ſabs Fuß lang, lebt in den nördlichen Meeren, aus denen er zum Laichen in die Flüſſe kommt und hoch in denſelben hinaufſteigt. Merk⸗ würdig iſt dabei der verſchiedene Einfluß, den der Aufenthalt in den verſchiedenen Flüſſen auf Zartheit und Färbung des Fleiſches dieſer Fiſche äußert, wonach man Rheinlachs, Elblachs, Oder— lachs u. ſ. w. hinſichtlich der Güte des Fleiſches unterſcheidet. Auch nennt man wol Weißlachs die beſte Sorte, Graulachs die ſchlechteſte, Rothlachs den im Meere gefangenen Lachs, Salmling den einjährigen Lachs. Doch ſollen unter dem allge⸗ meinen Namen Lachs (S. salar) mehre Arten verwechſelt werden. — Die Forellen kommen in mehren Arten vor, unter denen die Lachsforelle (S. trutta), welche im Meere wohnt und im Frühjahre in die Flüſſe tritt, die Teichforelle (S. lacustris), die Steinforelle (S. fario), die beſonders klare Bäche und Flüſſe in Gebirgsgegenden bewohnt, bei uns am bekannteſten ſind. — Noch gehört zu dieſer Gattung der Stint (S. eperlanus), ein kleiner Seefiſch, welcher im Frühjahre ſchaarenweiſe in die Flüſſe tritt, und hin und wieder in unſäglicher Menge gefangen und verſpeiſet wird. 7) Der Aal (Anguilla re Muraena anguilla) wird an drei Fuß und darüber lang, bewohnt am liebſten Flüffe mit ſchlammigem Boden. Bei Tage hält er ſich meiſt im Schlamme und in Löchern verborgen. Nachts geht er nach Nahrung aus, die in kleinen Fiſchen, Würmern, Inſektenlarven und dergleichen bieſteht; er kriecht dann auch wol ans Land, um junge Saat und ſonſtige Pflanzennahrung zu freſſen (?). Wo er den Flußmün⸗ dungen nahe wohnt, ſoll er im Frühjahre ins Meer gehen, um da zu laichen; auch wird zum Theil erzählt, daß er, bei längerm Aufenthalte im Meere, ſich ſehr verändere, und daß der Meer⸗ aal (A. conger) nichts Anderes als ſolch ein veränderter Fluß⸗ aal fei. Er hat ein angenehmes fettes Fleiſch, welches aber mer niger leicht zu verdauen iſt, als das der vorhergehenden Fiſche. 8) Die Muräne (Gymnothorax helena) wird an drei Fuß lang, bewohnt die wärmern Meere, ſo auch das Mittelmeer, und war ſchon bei den alten Römern ein ſehr beliebter Fiſch, ſo daß ſie ihn auch in beſondern Behältern erzogen und mäſteten (ſ. Lamprete Nr. 3). | dische. 387 99) Meerbarbe oder Seebarbe (Mullus barbatus), etwas über einen Fuß lang, vorzüglich im Mittelmeere lebend, gehört zu den delikateſten Meerfiſchen, und wurde ebenfalls Wen von den Wet Römern ſehr geſchätzt. 10) Barſch, Flußbarſch, Perſchke (Perca fluviatilis), etwas über einen Fuß lang, bewohnt die ſüßen Gewäſſer von Europa und Nordaſien, vermehrt ſich ſtark, und wird in Teichen in Menge gezogen, da er eine 1 und geſunde Speiſe giebt. | u) Der Sander oder Zand (Lucioperca sandra, Perca Ineioperca) wird über vier Fuß lang; iſt, von der Oder an, in den öſtlichen Flüſſen Europas einheimiſch; hat ein zartes, wohl— ſchmeckendes und ſehr geſundes Fleiſch. 12) Heringe und Sardellen (Clupea). — Der eigent⸗ liche Hering (C. harengus) iſt in den nördlichen Meeren einhei— miſch, hält ſich meiſt in tiefem Waſſer auf, und kommt hauptſäch⸗ lich nur zur Laichzeit im Frühjahre in die Höhe und an die Kü— ſten, um den Laich abzuſetzen. Sein plötzliches Erſcheinen in un— geheuern Schaaren gab Veranlaſſung zu der Meinung, daß er jährlich aus den nördlichſten Meeren, wo er eigentlich zu Hauſe ſei, in unzähliger Geſellſchaft ſüdlicher ziehe, bis zu den nördlichen franzöſiſchen Küſten hinab. Er kommt dann auch wol in or Flüſſe, die in die Nordſee und Oſtſee ausmünden, und fol z. B ſchon bei Warſchau in der Weichſel und bei Baſel im Rhein ans getroffen worden ſein (wenn dies nicht etwa auf einer Verwech⸗ ſelung mit der Al ſe, Cl. alosa, beruhet, die zum Laichen in den Flüſſen hinaufſteigt). — Daß der Hering ſich ganz ungemein vermehren muß, läßt ſich ſchon daraus abnehmen, wenn man be⸗ denkt, daß nun ſchon ſeit Jahrhunderten jährlich an 10 Millionen dieſer Fiſche von Menſchen gefangen, und gewiß eben ſo viele von großen Meerthieren verſchlungen werden. — Der Hering hat ein ſehr zartes, wohlſchmeckendes Fleiſch; da er aber außerhalb des Waſſers ſchon nach einigen Stunden abſteht, ſo war es ein großer Gewinn, als im Jahre 1416 Wilhelm Beukelszoon zu Bier⸗ fliet in Flandern das Verfahren erfand und zuerſt in Anwendung R brachte, Heringe durch Einſalzen vor der Fäulniß zu ſchützen, ein 25 * — 388 Neunte Klaffe. ö Verfahren, welches, nach ſeinem Namen, Pöckeln oder Ein⸗ pöckeln genannt worden iſt. Seitdem wurde der Fang und Ver⸗ trieb der Heringe ins Große betrieben und, beſonders für den Handel der nördlichen Küſtenvölker, von außerordentlicher Wich⸗ tigkeit. Man hat berechnet, daß jährlich ohngefähr eine halbe Million Menſchen mit dem Heringsfange ſich beſchäftigen. Die Holländer, welche das Einſalzen der Heringe noch immer am beſten verſtehen, hatten früher allein zwei Drittel des ganzen. He⸗ ringshandels in Händen, und gewannen jährlich 10 bis 12 Mil⸗ lionen Gulden dabei; daher nannten ſie auch den Heringsfang ihre große, den Wallfiſchfang aber ihre kleine Fiſcherei. — Boll: heringe werden die genannt, die noch Milch oder Rogen bet ſich haben; Hohlheringe die, denen die Geſchlechtstheile mit aus⸗ genommen ſind. Getrocknet und geräuchert heißen fie Bücklinge. — In manchen Gegenden, wo der Heringsfang weniger betrie⸗ ben wird, entweder weil ſie zu entfernt ſind, z. B. an den nörd⸗ lichen amerikaniſchen Küſten, oder weil dieſe Fiſche daſelbſt ſeltener in Menge erſcheinen, z. B. an den ſchwediſchen und ſchottiſchen Küſten, iſt der Andrang der Heringe zuweilen ſo ungeheuer, daß ſie meilenweit in fußhohen Schichten übereinander von der See ans Land geworfen werden und durch ihr Verfaulen die Luft ver⸗ peſten. Man fährt ſie dann zum Theil als Dünger auf das Land oder gewinnt einen guten Thran aus ihnen. — Es wer⸗ den aber auch manche andere Arten dieſer Gattung, welche eben⸗ falls in großen Schaaren an den Küſten ſich einfinden, unter dem Namen von Hering gefangen und eben ſo wie dieſer behandelt und gegeſſen, beſonders der Pilchard (Cl. pilchardus) an den Küſten von Cornwallis, und der Sprott oder Spratte (Cl. sprattus), der in der Nord- und Oſt⸗See und auch im Mittel: meere ſich findet, und welcher auch wol, wenn er eingeſalzen iſt, Breitling, wenn er aber geräuchert iſt, Sprotten genannt wird. — Die eigentliche Sardelle iſt CI. sardina, die beſonders an den Küſten von Sardinien gefangen wird. Noch häufiger aber kommen bei uns die Anchovis (Engraulis encrasicolus)/ die im atlantiſchen Meere und in der Nord- und Oſt-See zum Theil in großen Schaaren ſich finden, unter dem Namen von Sardellen im Handel. Kaum glaublich iſt, was Borlaſe erzählt, daß von r * n Fiſche. 389 den een einmal an Einem Tage 245 Millionen in der St. Yves ⸗Bai gefiſcht worden ſeien. 13) Karpfen (Cyprinus). Hieher gehören mehre Arten unſerer beliebtern Speiſefiſche, z. B. die Elritze (C. phoxinus), welche beſonders in mit Ellern beſetzten kleinen Flüſſen angetroffen wird, da ſie den Ellernſamen vorzüglich gern frißt; die Zärthe (C. vimba), die ein beſonders zartes Fleiſch hat; der Blei, Brachſen oder Braſſe (C. brama), vorzüglich in Schweden einheimiſch; der Schlei oder die Schleie (C. tinca), welche etwas ſchwer zu verdauen ſein ſoll; die Karauſche (C. carassius); die Barbe (C. barbus), welche ſich am liebſten in ſchnellfließen— dem Waſſer mit kieſigem Grunde aufhält, aber weniger geſchätzt iſt als die übrigen Arten; der eigentliche Karpfen (C. carpio). Letzte Art wird am häufigſten verſpeiſt und iſt durch ganz Europa verbreitet, obgleich ſie urſprünglich nur in den ruhigen Gewäſſern des ſüdlichen Europas einheimiſch fein ſoll. Sie konnte aber leich— ter als die übrigen Flußfiſche verſetzt werden, da ihr Laich ſich wochenlang außerhalb des Waſſers hält, wenn er nur etwas feucht bleibt, und daher gut verſchickt werden kann. Man hat jetzt die Karpfen ſelbſt nach Amerika verpflanzt. Da ſie ein geſundes, wohlſchmeckendes Fleiſch haben, ſich ſtark und leicht vermehren, keiner beſondern Pflege bedürfen, ſo hat man faſt allenthalben mit ihnen die Teiche bevölkert, und keiner unſerer Süßwaſſerfiſche dient häufiger zur Nahrung als dieſer. Er kommt auch in verſchiede⸗ nen Spielarten vor, als Spiegelkarpfen, mit wenigern, aber ſehr großen Schuppen; Lederkarpfen, ohne alle Schuppen; Mopskarpfen, mit dickem, ſtumpfen mopsartigen Kopfe u. ſ. w. 14) Die Schmerle (Cobitis barbatula), vier bis ſechs Zoll lang, mit ſechs Bartfäden. Wenn auch beträchtlich größere Schmer— len ohne Bartfäden erwähnt werden, ſo find wol andere ver⸗ wandte Arten der Gattung damit gemeint. Es lebt dieſer Fiſch in klaren Gebirgsbächen, und hat ein ſehr zartes Fleiſch. 8 55. Auch der Rogen (Eier) und die Milch (Hoden) der meiſten eßbaren Fiſche werden als Leckerbiſſen geſchätzt. Haupt⸗ fachlich gehört hieher der Rogen des Störs (Acipenser sturio) und anderer Arten dieſer Gattung, welcher eingeſalzen weit und breit unter dem Namen Caviar verſendet wird. Doch behan— 390 ' Neunte Klaffe. delt man auch von manchen Fiſchen aus andern Gattungen, z. B. von Meeräſchen und Barſchen, den Rogen auf gleiche Weiſe und verkauft ihn unter gleichem Namen. — Von dem eingeſalzenen Rogen des Kabeljaus (Gadus morhua), deſſen Eierſtock zuwei⸗ len an 9 Millionen Eier enthalten ſoll, werden jährlich im Durch: ſchnitt 14 bis 16 Schiffsladungen von Norwegen nach Frankreich, Spanien und Italien ausgeführt, wo man ihn als Köder beim Sardellenfange benutzt. § 56. Von der übrigen Benutzung der Fiſche mag hier noch Folgendes angeführt werden: Aus der Schwimmblaſe, den Därmen, Häuten und Floſſen des Hauſen (Acipenser huso) wird der feinſte weiße Leim bereitet, der daher Hauſenblaſe genannt wird, obgleich auch die genannten Theile vieler anderer Fiſche zu gleichem Zwecke angewendet werden. Die mannigfaltige Benutzung jenes Leims, als Bindemittel, zur Bereitung des eng⸗ liſchen Pflaſters und mancherlei Geleen, zum Steif- und Glän- zend- machen ſeidener Zeuge u. ſ. w., iſt bekannt. — Der Stoff zu dem filberperlfarbigen Ueberzuge der ſogenannten un- ächten Perlen kommt ebenfalls von Fiſchen und wird auf zweier- lei Weiſe gewonnen, nämlich entweder von der ſilberglänzenden Subſtanz, die die Schwimmblaſe des Silberfiſches (Argentina) überzieht, oder von den ſehr zarten und ſehr leicht ſich ablöfenden Schuppen des Ukleys oder Weißfiſches (Cyprinus alburnus oder albula). Beides wird zu einer feinen, fettigmehligen Maſſe zerrieben, mit welcher man Wachskügelchen überzieht, die darauf durchbohrt werden. Der Ukley iſt ſechs Zoll lang, ſehr häufig in den ſchweizer Seen. Zu einem Pfunde jener Maſſe ſind 20,000 Ukleys erforderlich. — Die Aalhaut, welche ein dauerhaftes Le— der giebt, wird zu Ueberzügen und dergleichen angewondet. § 52. Mehre Fiſche von ſchöner Farbe werden zum Ver⸗ gnügen in Teichen und Baſſins gehalten. Dahin gehören bei uns beſonders einige Arten von Karpfen, z. B. der Goldſchlei (Cypr, tinca auratus, eine Abart des gewöhnlichen Schleis) und der Orf (Cypr. orfus), der mehr im ſüdlichen Deutſchland vor— kommt. Der Goldkarpfen oder das Goldfiſchchen (Cypr. auratus), welches bei uns in Zimmern, in gläſernen Gefäßen, ge⸗ halten wird, iſt urſprünglich in China einheimiſch, und kam zuerſt Fiſhe. 3391 gegen Ende des 17ten Jahrhunderts nach England. Bei uns kann er den Winter nicht im Freien aushalten, aber in den ſüd⸗ lichern Ländern von Europa iſt er eine Zierde der freien Baſſins in Gärten und Parks. Jung ſind dieſe Fiſche ſchwärzlicht, im zweiten Jahre ſilberweiß, im dritten und vierten Jahre erhalten fie nach und nach ihre eigentliche roth-gold- glänzende Farbe; doch - bleiben manche, als Spielarten, beſtändig ſilberglänzend, und hei— ßen dann auch wol Silberfiſche; wie es denn überhaupt un⸗ ter ihnen mancherlei Spielarten, in Hinſicht der Form des Kör— pers und der Länge, Geſtalt und Zahl der Floſſen giebt. — Auch unſere gewöhnlichen Karpfen hält man hin und wieder zum Vergnügen in Teichen, da ſie ſehr zahm werden und ſich zuſam— menlocken laſſen. — In Oſtindien werden ſogar mit einem Fiſche, der dort Plakat genannt wird, zum Vergnügen Fiſchkämpfe angeſtellt, wobei anſehnliche Wetten ſtattfinden. § 58. Ueber den Schaden, den wir durch Fiſche erlei— den, iſt Folgendes zu merken: Die größten Raubfiſche ſind ſelbſt für Menſchen gefährlich, wie bereits angeführt wurde, daß der Menſchenfreſſer (Squalus carcharias) Menſchen verſchlingt; auch der Sägeſalm greift badende Menſchen an; der Zitteraal (Gymnotus electricus) tödtet Menſchen durch einen eleftrifchen Schlag; Cetopsis chandiru in den braſilianiſchen Flüſſen fol ba— denden Menſchen in den After und in die Harnröhre ſchlü— pfen und dadurch gefährlich werden. — Von vielen Fiſchen wird das Fleiſch für giftig gehalten, namentlich das der Kleinmaul— fiſche; ferner das einiger Petermännchen (Trachinus draco), Hechte (Esox barracuda), Meerbraſſen (Sparus chrysops), Stutzkopffiſche (Coryphaena hippuris), Makrelen (Scomber pelamys, maximus u. ſ. w.), Meeraale (Anguilla conger), Heringe (Clupea thryssa), Seehähne (Trigla subfusca). Der giftigſte von dieſen allen ſoll Clupea thryssa ſein, denn der Genuß ſeines Fleiſches wäre ſchon tödtlich, noch ehe der Biſſen in den Magen gelange (2), indeß finde dieſe Eigenſchaft nur vom Februar bis Juli ſtatt. Auch im oſtindiſchen Meere (denn die eben genannten ſind im weſtindiſchen einheimiſch) ſoll es mehre giftige Fiſche geben, und unter ihnen einige Arten, die dieſe Eigenſchaft nur zu gewiſſen Jahreszeiten beſitzen. — Wenn aber die Stacheln mancher Fiſche, z. B. die 392 Neunte Klaſſe. Zehnte Klaſſe. der vordern Rückenfloſſe und der Kiemendeckel der Petermänn⸗ chen, der erſte Strahl der Bruſtfloſſe der Welſe, der Schwanz⸗ ſtachel mancher Rochen u. ſ. w. für giftig erklärt werden, ſo iſt dies nur ſo auszulegen, daß der Stich derſelben meiſt ſchlimme Wunden verurſacht. § 59. Fiſche, welche zum Fulchen Gruben in die Ufer wühlen, können hiedurch, wenn ſie in Menge zu dieſer Arbeit ſich ſammeln, ſchädlich werden, indem ſie die Ufer verderben. Eine Fabel aber ſcheint es zu ſein, wenn der alte Scheuchzer erzählt, daß die Karpfen im Zuger See allmälig die Ufer ſo untergraben hätten, daß zuletzt, mit dieſen, auch ein Theil der Stadt Zug agent wäre. Zehnte Klaſſe. Reptilia, Reptilien. Erſter Abſchnitt. Klaſſifikatio u. § 60. Dieſe Thiere zerfallen in folgende vier Ordnungen: I. Der Körper nackt, ohne Schilder oder Schuppen (nur die Schuppenſirene macht eine Ausnahme, muß aber, in allen übrigen Beziehungen, zu dieſer Ordnung gezählt werden). — Erſte Ordnung: Batrachia, Lurche. l. Mit Schuppen oder Schildern bekleidet, ſeltener nur gealtert. A. Rücken und Unterſeite ſchildförmig ausgedehnt. — Vierte Ordnung: Testudinea, Schildkröten. — Testudo L. B. Ohne ſchildförmige Ausdehnung. | 1) Fußloſe. — Zweite Ordnung: Serpentia, Kriecher. 2) Mit Füßen verſehene. — Dritte Ordnung: Sauria, Echſen. Dieſe Ordnungen theilen ſich nun wieder folgendermaßen: 2 Sa BR Reptilien. 393 Erſte Ordnung: Lurche. Erſte Zunft: Apoda, Schleichen lurche. Ohne Beine. — Coecilia L. Wurmſchlange. K Zweite Zunft: Caudata, Schwanzlurche. Mit Beinen und Schwanz. | Erſte Familie: Branchiata, Kiemenmolche. Mit äußern Kiemen. — Siren, Sirenenmolch; Hypochthon, Olm; Siredon, Axolotl; Menobranchus, Schlammwühle. Zweite Familie: Ichthyodea, Fiſchmolche. Ohne äußere Kiemen, aber mit Kiemenöffnung. — Amphiuma, Aalmolch; Me- nopoma, Rieſenmolch; Lepidosiren, Schuppenſirene. Dritte Familie: Salamandrina, Molche. Ohne Kiemen und ohne Kiemenöffnung. — Lacerda *** L. — Triton, Waſſer⸗ molch; Salamandra, Erdmolch. Dritte Zunft: Eeaudata, Froſchlurche, Mit Beinen, ohne Schwanz. — Rana L. Erſte Familie: Aglossa, Fehlzüngler. Ohne Zunge. — Pipa; Dactylethra, Krallenfroſch. Zweite Familie: Linguata, Zungenfröſche. Mit einer Zunge. Erſte Linie: Bufonia, Krötenfröſche. Ohne Zähne. — Bufo, Kröte; Breviceps, Kurzkopfkröte. Zweite Linie: Ranina, Waſſerfröſche. Mit Zähnen und ſpitz zugehenden Zehen. — Kana, Froſch; Pseudes, Trugfroſch; Bombinator, Unke; Alytes, Feßler; Pelobates, we Ceratophrys, Hornfroſch. Dritte Linie: Calamitina, Baumfröſche. Mit Zähnen und am Ende ausgedehnten Zehen. — Hyla, Laubfroſch. Zweite Ordnung: Kriecher. Erſte Unterordnung: Cancellata, Gitterſchlangen. Haut ohne Schuppen, aber durch vertiefte Längs- und Queer-Linien gegittert. — Amphisbaena L. — „ Doppelſchleiche; Blanus, ee | 394 Zehnte Klaſſe. Zweite Unterordnung: Squamosa, Schuppenſchlangen. Haut mit Schuppen bekleidet. Erſte Zunft: Isolepidota, Schleichen. Ohne Giftzähne. Rücken und Bauch mit gleichen glatten Schuppen. — Anguis L., größtentheils. Erſte Familie: Anguinea, Blindſchleichen, Mit ee liedern. — Anguis, Bruchſchlange; Pseudopus, Panzerſchleiche; Acontias, Larvenwühle; Ophiosaurus, Eidechſenſchlange. Zweite Familie: Stenostomata, Engmaulſchleichen. Ohne Augenlieder. — Typhlops, Blödauger; Rhinophis, Spitzblödau⸗ ger; Ilysia, Wickelſchlange; Uropeltis, Rauchſchweifer. Zweite Zunft: Eurystomata, Schlangen. Rücken mit Schuppen, Bauch mit Queerſchienen; oder, wenn beide mit gleichen Schuppen bekleidet ſind, mit Giftzähnen. om Boa L., Coluber L., Crotalus L. und einige Arten von Anguis L. i R Erſte Familie: Innocua, Natterſ gen Zähne ſämmt⸗ lich undurchbohrt und ohne Furchen. — Eryx, Rolle; Boa, Rie⸗ ſenſchlange; Python, Schlinger; Coluber, Natter; Dendrophis, Metallnatter; Dryinus, eee Oligodon, Naß gases Erpeton, Taſtſchlange. Zweite Familie: Suspecta, Trugnattern. Zähne undurch⸗ bohrt, aber zum Theil mit Furchen. — Homalopsis, Klappnaſer; Dipsas, Durſtſchlange; Coelopeltis, Grubenſchlange; Psammo- phis, Sandſchlange; Dryophis, Baumſchlange; Acanthophis, Sta- cheladder; Langaha, Dolchſchlange. Dritte Familie: Venenosa, Giftſchlangen. Durchbohrte Zähne vorn in der Oberkinnlade. Erſte Linie: Hydrina, Seeſchlangen. Schwanz ruderförmig zuſammengedrückt. — Pelamys, Pelamyde; Hydrophis, Waſſerſchlange; Chersydrus, Plattſchwänzer. Zweite Linie: Viperina, Ottern. Schwanz rund. Vorderkopf ohne Seitengrube. — Flaps, Prunkadder; Naja, Schildvi⸗ per; Bungarus, Schilderrückner; Vipera, Viper. AR ; Reptilien. a 395 Dritte Linie: Crotalina, Grubenottern, Schwanz rund. Vor⸗ derkopf mit Seitengrube. — Trigonoeephalus, Dreieckkopfer; Lachesis; Crotalus, Klapperfchlange. Dritte Ordnung: Echſen. Erſte Unterordnung: Squamata, Schuppenechſen. Rumpf mit Schuppen oder gitterförmig gekerbter Haut. Trommelfell frei oder unter der Haut verborgen. Zunge beweglich. Kinnladen mit ein⸗ oder an⸗gewachſenen Zähnen. — Lacerta L., größten⸗ theils, und Draco L. Erfte Zuuft: Annulata, Ringelechſen. Schlangenförmig, ohne Schuppen; Haut gitterförmig gekerbt. Nur zwei verkümmerte Vorderbeine. — Chirotes, Handwühle. Zweite Zunft: Pseudosaura, Wirtelſchleichen. Schlangenförmig. Rücken und Bauch mit gekielten und in Queerreihen geſtellten Schuppen. Beine ſehr kurz, theils ohne Zehen. — Chamaesaura, Niederechſe; Cricochaleis; Chalcides, Fußwühle. Dritte Zunft: Brachypoda, Krüppelfüß ler. Zunge dick fleiſchig. Augenlieder meiſt queergeſpalten, ſelten kurz und kreisförmig. Beine kurz, mit kurzen und nicht ausge— dehnten Zehen. Schuppen am Rücken und Bauch glatt, ziegel förmig ſich deckend. Erſte Familie: Ophioidea, Stummelfüßler. Schlangen⸗ förmig. Beine und Zehen verkümmert, ſehr kurz, nie mit fünf Zehen, zuweilen ohne Zehen, oder ohne Vorderbeine. — 1 Zweifüßler; Pygopus, Floßfüßler. Zweite Familie: Hemisaura, Kurzfüßler. Schlangenför— mig. Beine ſehr kurz, aber vollſtändig, nie mit fünf Zehen. Au⸗ genlieder vollſtändig. — Zygnis, Fußſchleiche. Dritte Familie: Gymnophthalma, Nacktaugenſ einke. We⸗ niger ſchlangenförmig als die vorhergehenden. Vier vollſtändige Beine; die vordern aber zum Theil nur mit vier Zehen. Aus genlieder kreisförmig, die Augen nicht deckend. — Ablepharus, Nacktauger. | | 396 Zehnte Klaſſe. Vierte Familie: Scincoidea, Scinkechſen. Körper gedrun⸗ gener, mehr eidechſenartig. Beine ſtärker und länger, vollſtändig, fünfzehig. Augenlieder vollſtändig. Scink. Vierte Zunft: Ascalahotea, Plattzüng ler. Zunge platt, fleiſchig. Augenlieder ſehr kurz kreisförmig, das Auge nicht bedeckend. Fünf kurze, mehr oder weniger ſeitwärts ausgedehnte, unten meiſt queerfaltige Zehen. — Platydactylus, Plattfingerer; Hemidactylus, Halbfingerer; Thecadactylus, Schei⸗ denfingerer; Ptyodactylus, Fächerfüßler; Sphaerodactylus, Schei⸗ bentreter; Uroplatus, Lappenſchweifer; Ptychozoon, Fältler; Phyllurus, Breitſchwänzer; Pteropleura; Rhacoessa, Franzengecko. Fünfte Zunft: Crassilinguia, Dickzüngler. Zunge dick fleiſchig, vorn meiſt ausgerandet. Körper gedrun⸗ gen. Fünf freie ſchlanke Zehen, ohne Queerleiſten. Augenlieder queergeſpalten. Erſte Familie: Hatte, Erdagamen. Rumpf und Kopf niedergedrückt; letzter hinten breiter. — Cordylus, Stachelſchwän⸗ zer; Uromastix, Schleuderſchwänzer; Doryphorus, Dornſchweifer; Stellio, Hardun; Trapelus, Schiller; Phrynocephalus, Kröten⸗ kopfer; Tropidurus, Kielſchweifer; Phrynosoma, Krötenbaucher; Gerrhosaurus, Furchenechſe; Gerrhonotus, Faltenbaucher. Zweite Familie: Dendrophila, Baumagamen. Rumpf zu⸗ ſammengedrückt; Kopf vierſeitig- pyramidal. Lyrocephalus, Leierkopfer; Calotes, Galeote; Draco, Drache; Sitana, Fahnen⸗ echſe; Istiurus, Segelſchweifer; Basiliscus, Baſilisk; Iguana, Le⸗ guan; Cyclura, Gürtelſchweifer; Anolis, Saumfingerer; Poly- chrus, Färberechſe; Brachylophus, Kröpfling; Ophryessa, Brau⸗ nenechſe; Physignathus, Kopfechſe. Sechſte Zunft: Teretilinguia, Wurmzüngler. Zunge lang, wurmförmig, vorn dicker. Augenlieder verwach— ſen, nur mit einer kleinen Oeffnung. Fünf Zehen, von denen die zwei innern und die drei äußern mit n; verwachſen ſind. — Chamaeleo, Chamäleon. Siebente Zunft: Fissilinguia, Spaltzüngler. Zunge lang, dünn, vorn zweitheilig. Augenlieder queerge— ſpalten. Fünf freie Zehen. | ; | Reptilien... 397 Erſte Familie: Lacertina, Eidechſen. Scheitel und Bauch mit größern Schuppen (Schildern), die am Bauche in Queerrei⸗ hen ſtehen. — Lacerta, Halsbandeidechſe; "Thorietis, Panzerechſe; Podinema, Teju; Ameiva, Schienenechſe; Acrantus, Fehlechſe. Zweite Familie: Monitoria, Warneidechſen. Scheitel und Bauch mit kleinen Schuppen. — Monitor, Warner; Psammo: rise Sandechſe; Heloderma, Kruſtenechſe. Zweite Unterordnung: Loricata, Krokodilechſen. Rumpf 1 Ener Schildern. Trommelfell unter einer Klappe lie: gend. Zunge kurz feſtgewachſen. Kinnladen mit eingekeilten Zäh⸗ nen. — ee Krokodil — zu Lacerta bin v Vierte Ordnung: Schil d krö bten. Erſte Zunft: Cheloniadea, Seeſchildkröten. si eee Cu Zehen. Vorderfüße länger. — Chelonia, Meerſchildkröte; Sphargis, Lederſchildkröte. | „„sweite Zunft: Emydea, Süß waſſerſchildkröten. Füße kürzer; mit freien, aber durch eine Schwimmhaut ver⸗ A denen Zehen. — Emys, Flußſchildkröte; Cinosternon, Klapp⸗ Men Chelys, Matamatez Trienyx, Dreiklauer. Dritte Zunft: Chersinea, Erdſchildkr tens 40 30755 Füße kürzer. Zehen bis an die Nägel zu einem Waun et ni — Testudo, n, eee ah RR 9 eee 1505 id enn 1 2 3 4 0 dune „writer aten. 1 gie ien f Ho 150 "ih körperliche Beſchaffenheit. 9 und 23 MON @ Der Körper der Reptilien ift, feiner Gestalt wc im Allgemeinen entweder geſtreckt⸗ cylindriſch (Kriecher, Wurm ſchlangen, Ringelechſen, Wirtelſchleichen, die meiſten Krüppelfüß⸗ ler), oder gedrungener, meiſt mehr oder weniger ſpindelförmig (Molche, die meiſten Echſen), oder mehr oder weniger oval (Froſchlurche, Krötenbaucher), zuweilen faſt kugelrund (Kurzkopf⸗ kröte), ſchildförmig (Schildkröten). Bei letztern iſt der Rücken und die Unterſeite des Körpers ſchildförmig ausgedehnt, und zwar 2398 Zehnte Klaſſe. ſo, daß zwiſchen beiden Schildern der Hals mit dem Kopfe, die Beine und der Schwanz ſich hervorſtrecken, bei den meiſten Süß⸗ waſſer⸗ und Erd- Schildkröten aber auch ganz zwiſchen dieſelben zurückgezogen werden können, wobei denn noch die Einrichtung ſtattfindet, daß einige Arten entweder den vordern Theil des Un⸗ terſchildes anklappen können (Gelenkſchildkröten), oder den hintern und vordern Theil (Klappbruſter), oder den hintern Theil des Rückenſchildes (Klapprückner). Bei mehren Reptilien iſt der Kör⸗ per zuſammengedrückt, z. B. an einigen Rieſenſchlangen (Boa ca- nina), an den Chamäleons, Baumagamen, Schilderrücknern; bei andern iſt er niedergedrückt, z. B. an Schildkröten, Pipa, den meiſten Erdagamen und Plattzünglern. Den ſchlankſten und ge⸗ ſtreckteſten Körper haben die Baumſchlangen, Baumſchnüffler und Metallnattern. An einigen Schlangen, beſonders an einigen Pe⸗ lamyden, iſt der Körper nach vorn ſehr verengt. — Die meiſten Reptilien haben einen Schwanz; nur die Froſchlurche und Schleichenlurche ſind ungeſchwänzt. 862. Was die Bekleidung des Körpers betrifft, ſo ſind die Lurche nackt; doch haben die Wurmſchlangen ſehr kleine Schuppen in der Haut. Alle übrigen Reptilien ſind mit per⸗ gamentartigen oder hornartigen Schuppen bekleidet; an den Krokodilechſen und Kruſtenechſen ſind die Rückenſchuppen knochen⸗ artig. Die Schuppen ſind meiſt rautenförmig oder zugerundet, dachziegelförmig über einander gelagert; theils liegen ſie in Queer⸗ reihen und bilden Ringe entweder um den ganzen Leib, z. B. Wirtelſchleichen, oder auch nur um den Schwanz, und ſind dann meiſt viereckig und nicht übereinandergreifend. Die Handwühlen und Gitterſchlangen haben eigentlich keine Schuppen, ſondern eine durch vertiefte Längs- und Queerlinien gegitterte Haut. Die größten Schuppen haben die Schildkröten, indem die horn⸗ artige Haut des Rückens und Bauches in Schilder getheilt iſt, die mit ihren Rändern zuſammenhängen; bei manchen Meerſchild⸗ kröten aber, z. B. bei Chelonia imbricata, ſich ziegelförmig decken! Ohne eigentliche Schuppen ſind, unter den Schildkröten, die Le⸗ derſchildkröten, welche eine chagrinartige Haut haben, und die Dreiklauer, welche mit einer weichen Haut bekleidet ſind. Die kleinſten Schuppen haben die Plattzüngler und Wurmzüngler, ö e f Reptilien. 399 bei denen ſie oft nur körnerförmig geſtaltet ſind. — Die Schup⸗ pen ſind ferner entweder glatt oder ſie haben einen Längskielz theils gehen ſie auch nach hinten in eine verlängerte Spitze aus oder erheben ſich dornförmig. Letztere kommen jedoch meiſt nur an einzelnen Stellen des Körpers vor, oder zwiſchen den übri— gen Schuppen zerſtreuet, und zwar nur in der Ordnung der Ech— ſen: Hardune und Galeoten haben dergleichen Dornſchuppen um den Ohren und an den Seiten des Hinterkopfs und Halſes; Stellio (Hardun) barbatus in Queerreihen auf Rücken und Schwanz; St. muricatus ebendaſelbſt in Längsreihen. Beſonders iſt der Schwanz mancher Echſen mit ſolchen ſtarken gekielten und in Dornen auslaufenden Schuppen bekleidet, z. B. an den Har⸗ dunen, Kielſchweifern, Stachelſchwänzern, Dornſchweifern, Schleu— derſchwänzern, wo ſie dann meiſt Ringe um den Schwanz bilden.“ Manche Landſchildkröten, z. B. Testudo serpentina, haben py— ramidenförmig- erhobene Schuppen auf dem Rückenſchilde. — An manchen Reptilien ſind der ganze Körper und die Beine mit ziemlich gleichen Schuppen bekleidet, z. B. an den Schlei⸗ chen, Krüppelfüßlern, den meiſten Seeſchlangen. An den, Wickel: ſchlangen und Rauchſchweifern ſind die Schuppen der mittelſten Bauchreihe nur etwas größer als die übrigen. An den meiſten Arten aber iſt dieſe Bekleidung ungleich; beſonders pflegen die obern Kopfſchuppen von denen des übrigen Körpers durch Größe und Form verſchieden zu ſein. Die Netzwühle hat auf der Stirn Ein großes Schild. Selten ſind auf Rücken und Beinen große und kleine Schuppen durcheinander, z. B. am Leierkopfer. Dorn⸗ ſchuppen pflegen immer größer zu ſein als die glatten Schuppen, zwiſchen denen fie ſich erheben. Die bei weiten meiſten Eidechſen haben oberwärts kleinere, mehr oder weniger ziegelförmig ſich deckende Schuppen; unterwärts aber ſind die Schuppen größer, viereckig, nicht ziegelförmig gelagert, ſondern in Queerreihen und Längsreihen geſtellt. An den Halsbandeidechſen bildet eine abge—⸗ ſetzte Queerreihe etwas größerer Schuppen an der Kehle eine Art Halsband. Die Rückenſchuppen der Schlangen verhalten ſich wie die der Eidechſen. Am Bauche haben jene, mit Ausnahme einiger Seeſchlangen, eine Längsreihe Qu eerſchienen; an der Unterſeite des Schwanzes entweder ebenfalls ſolch eine Reihe, oder 400 Zehnte Klaſſe. deren zwei, wo dann aber die Schienen mehr ſechsſeitigen Schil⸗ dern gleichen; letzteres iſt der häufigere Fall. An den Dolch⸗ ſchlangen gehen die zunächſt hinter dem After liegenden Schienen, wie Ringe, um den ganzen Körper. — An einigen Schlangen (Schilderrückner, Metallnatter, Durſtſchlange) zeichnen ſich die Schuppen der Mittelreihe des Rückens durch bedeutendere Größe aus. An manchen Baumagamen erhebt ſich der Kiel die— ſer Schuppen dermaßen, daß dadurch über die Mitte des ganzen Rückens hin eine ſägeförmige Linie, oder ein Kamm gebildet wird, z. B. an Galeoten, Braunenechſen, Leguans. Eine gleiche ſägeförmige Schuppenreihe haben die großen Leguans und einige Galeoten (Calotes barbatus) an dem Kehlſacke; und der ſehr große Kehlſack der Fahnenechſe iſt ganz mit ſolchen ſpitzen Schup⸗ pen bekleidet. Die Krokodile, Panzerechſen und einige Landſchild⸗ kröten (Testudo serpentina) haben auf dem Schwanze einen dop⸗ pelten ſägeförmigen Kamm. Eine andere Erhöhung, gleich den Rückenfloſſen der Fiſche, haben die Baſilisken über Rücken und Schwanz, eine Art Chamäleon (Ch. eristatus) auf dem Rücken, die Segelſchweifer und eine Art von Saumfingerer (Anolis velifer) auf dem Schwanze; nämlich eine Duplikatur der Haut, welche durch Wirbelfortſätze emporgehalten wird, und äußerlich, wie der übrige Theil des Rückens, mit Schuppen bekleidet iſt. Eine ähn⸗ liche Rückenfloſſe, die aber locker iſt und nicht durch Wirbelfort⸗ ſätze gehalten wird, haben die Männchen mehrer Waſſermolche zur Begattungszeit. — Solche häutige Seitenanhängſel finden ſich in andern Gattungen, z. B. die Fältler haben dergleichen, als eine horizontale Seitenhaut, um Kopf, Rumpf und Schwanz; der Franzengecko um Rumpf und Schwanz; der Lappenſchweifer bloß um den Schwanz; Pteropleura um Kopf und Rumpf. Die Sei⸗ tenflügel am Rumpfe der Drachen aber ſind eine Hautduplikatur, in welche ſich fünf 5055 ſechs westen ai n mn 8 | § 63. Die Größe der Reptilien iſt ſehr verſchirden. Die Hänften in allen Ordnungen ſind doch wenigſtens 1½ Zoll lang. Die größten (längſten) Lurche ſind unter den Schwanzlurchen, denn der Rieſenmolch wird an drei Fuß lang. Unter den Krie⸗ chern werden einige Rieſenſchlangen (Boa constrictor, murina) Reptilien. 401 über 40 Fuß lang. Man hat zwar aus ältern und neuern Zei⸗ ten Angaben von Seeſchlangen, die zum Theil an 150 Fuß und darüber lang geweſen ſein ſollen, allein bis jetzt iſt das Daſein ſolcher Seeungeheuer aus dieſer Thierklaſſe noch nicht beſtimmt erwieſen. Unter den Echſen werden manche Krokodile über zwan⸗ zig, ſelten bis dreißig Fuß lang. Die größten Schildkröten ſind unter den Seeſchildkröten, denn Chelonia mydas erreicht ſieben Fuß Langen ) ! 8 64. Farbe und Sein ſind bei mehren, vorzüg⸗ lich unter den Bewohnern der heißen Zone, ſehr ſchön und man: nigfaltig; beſonders zeichnen ſich mehre Schlangen und Baum⸗ agamen hiedurch aus. Merkwürdig iſt der Farbenwechſel, den man an manchen Schlangen, z. B. an den Baumfchlangen, wie auch an mehren Baumagamen, Saumfingerern, Färberechſen, be⸗ ſonders aber an den Chamäleons, wahrnimmt. Im Allgemeinen zeigt er ſich an Echſen mit großen Lungen. Obgleich dieſer Far⸗ benwechſel der Chamäleons in frühern Berichten ſehr übertrieben dargeſtellt worden iſt, ſo ſind doch die Uebergänge deſſelben durch die ſanften Nuangen von Gelb, Grün und Blau noch immer merkwürdig genug. Er entſteht hauptſächlich, wenn das Thier durch irgend etwas aufgeregt wird. Die Erſcheinung ſelbſt hat man auf mancherlei Weiſe zu erklären geſucht: theils durch wech— ſelndes Zurücktreten und Wiedereindringen des Blutes in die Hautgefäße, theils durch wechſelnde Funktionen von Hautdrüſen mit verſchieden gefärbten Flüſſigkeiten, 5 durch elektro- chemiſche . im Blute u. ſ. w. 8 65. Der Kopf iſt ist länger als breit, mehr oder e plattgedrückt, ziemlich von gleicher Breite mit dem Rumpfe, wovon nur die Schildkröten und mehre Froſchlurche, beſonders die Kurzkopfkröten, eine merkliche Ausnahme machen, indem der Rumpf derſelben bedeutend breiter als der Kopf iſt. Die Pipa hat einen dreieckigen breiten und ſehr platten Kopf. Kurz und dick iſt der Kopf mancher Schuppenechſen, beſonders unter den Plattzünglern, Wurmzünglern und Erdagamen. Der der Baum⸗ agamen iſt zum Theil, durch erhabene Längskanten, winklig. Manche Plattzüngler und Erdagamen haben einen herzförmigen, platten Kopf; fo rm die ue Ottern und Grubenottern und 26 402 Zehnte Klaſſe. 5 | einige Rieſenſchlangen (Boa canina). Geſtreckter und nach vorn verſchmälert iſt er bei den Krokodilen der alten Welt, namentlich ſchnabelförmig verlängert am Gavial (Crocodilus gavialis), Unter den Schlangen zeichnen ſich die Dolchſchlange und der Spitzblöd⸗ auger durch den nach vorn verlängerten und ſpitz zugehenden Ober⸗ kopf aus. Eine Art von Dreiklauer hat eine rüſſelförmig ver⸗ längerte Oberſchnauze. — Manche Reptilien haben verſchiedene Fortſätze oder Anhängſel am Kopfe: So iſt an den Cha⸗ mäleons der Hinterkopf mehr oder weniger pyramidenförmig ver⸗ längert; und etwas Aehnliches, nur minder auffallend, findet ſich an einigen Baumagamen (Braunenechſe, Leierkopfer); der Baſi⸗ lisk hat auf dem Hinterkopfe eine kappenförmige Erhöhung. An Chamaeleo bifidus verlängert ſich der Oberkopf nach vorn in einen doppelten ſpitzen Fortſatz. An den Hornfröſchen erheben ſich die Augenlieder nach oben wie eine Pyramide. Einige Ottern haben oberhalb der Schnauze warzenartige Erhöhungen, gleich kleinen Hörnern, z. B. Vipera Ammodytes hat Ein ſolches Horn, Vi- pera cerastes und die Taſtſchlange deren zwei; Vipera lopho- phris zwei Haufen kurzer dünner Stiele. Einige Seeſchildkröten und die Matamate haben mehre kleine lappige Anhängſel an ver⸗ ſchiedenen Stellen des Kopfes; andere haben an der Kehle ein paar Verlängerungen, gleich kurzen Bartfäden. Auch Chamaeleo pumilus hat ein paar Anhängſel an der Kehle; der Krötenkopfer hat dergleichen in den Mundwinkeln. — An mehren Echſen, be⸗ ſonders unter den Baumagamen, Saumfingerern, Leguans, iſt die Kehlhaut mehr oder weniger ſackförmig ausgedehnt; bei einigen Leguans, Drachen und bei der Fahnenechſe bildet ſie einen beſon⸗ ders großen, zum Theil tief hinabhängenden Kehlſack, der mit der Mundhöhle in Verbindung ſteht. Auch die männlichen Laub⸗ fröſche können zum Theil die Kehlhaut ſackförmig oder kugelför⸗ mig ausdehnen; andere, wie auch die männlichen Fröſche, treiben jederſeits, hinter dem Mundwinkel, die innere Mundhaut blaſen⸗ förmig hervor. Dieſes geſchieht, wenn die Thiere ihre laute Stimme erſchallen laſſen. § 66. Wir haben nun am Kopfe den Mund, die äußern Athemorgane und Sinnesorgane, und einige beſondere Oeffnungen und Vertiefungen zu betrachten. J „ Reptilien. | 403 Der Mund der Reptilien iſt am Vorderende des Kopfes queergeſpalten; bei den meiſten tiefgeſpalten, ſo beſonders bei den Krokodilen, von denen man ehemals glaubte, daß ſich, beim Oeff— nen des Mundes, nicht die Unterkinnladen, ſondern die Oberkinn⸗ laden bewegten. Bei manchen Gattungen iſt aber der Mund enger geſpalten, ſehr eng z. B. an der Kurzkopfkröte und den Engmaulſchleichen. 8 67. Die meiſten Reptilien ſind mit Zähnen verſehen; nur Krötenfröſche, Pipa und Schildkröten haben keine Zähne. Bei letztern aber ſind die Kinnladen mit einem hornharten Ueber⸗ zuge bekleidet, welcher in eine ſcharfe Schneide ausgeht, ſo daß die Schneiden beider Kinnladen, beim Schließen des Mundes, wie die Schneiden einer Scheere über einander greifen. Nur bei der Matamate iſt jener Ueberzug nicht hornartig, ſondern häutig. Die meiſten der übrigen Reptilien haben Zähne in beiden Kinnladen; einige aber nur in der obern, z. B. die Laubfröſche und Kral- lenfröſche, oder nur in der untern, z. B. Sirenenmolch. Viele aber haben außerdem noch Zähne am Gaumen. — Nach dem Standorte werden die Kinnladenzähne in Vorderzähne, Eckzähne und Backenzähne getheilt; doch pflegt man dieſe Benennungen nur dann anzuwenden, wenn die Zähne ſich auch durch ihre Geſtalt von einander unterſcheiden, z. B. die Drachen haben vier Vorderzähne (Schneidezähne) und jederſeits oben und unten einen langen ſpitzen Eckzahn und mehre dreieckige dreihöckrige Backenzähne. — Ihrer Geſtalt nach ſind die Zähne verſchieden: meiſt kegelförmig, mehr oder weniger gekrümmt, von unglei- cher Länge, theils ſo, daß bedeutend längere hie und da zwiſchen kürzern hervorragen, z. B. bei den Sandſchlangen, häuſig mit längern Eckzähnen. Sehr kleine dicht ſtehende Zähne haben z. B. die Plattzüngler, Scinke, Larvenwühlen, Doppelſchleichen, Waſſer⸗ fröſche. Manche Schuppenechſen haben zuſammen gedrückte, mehr oder weniger dreieckige Zähne, und zwar ſind dieſe entweder ganzrandig, z. B. bei den Segelſchweifern und Warnern (bei al⸗ ten Individuen ſind die hintern Zähne abgeſtumpft zugerundet), oder gezähnelt, z. B. bei den Sandechſen, Tejus, Leguans u. ſ. w. Die Bruchſchlangen haben dreieckige ganzrandige Zähne. Zweir höckrig ſind die Zähne der Fehlechſen, dreihöckrig die der f 26 * 404 Zehnte Klaſſe. Schienenechſen, Chamäleons u. ſ. w. Die Trugnattern haben in der Oberkinnlade, außer den einfachen kegelförmigen Zähnen, auch noch Furchenzähne, welche äußerlich der Länge nach gefurcht ſind und meiſt nach hinten ſtehen, ſelten in der Mitte, noch ſel⸗ tener hinten und in der Mitte, wie bei den Baumſchlangen. Die meiſten Ottern und die Grubenottern haben vorn in der Ober⸗ kinnlade, die nur ſehr klein und beweglich iſt, einen bis vier lange rückwärts gekrümmte, der Länge nach durchbohrte Zähne, welche dicht beiſammen ſtehen, keine Zahnreihe hinter ſich haben, und ſich mit der Kinnlade aufrichten oder in eine Fleiſchfalte zu⸗ rücklegen können. Einige Ottern, z. B. die Prunkaddern, die Schilderrückner, und die meiſten Seeſchlangen, haben in der Ober⸗ kinnlade die gewöhnliche Zahnreihe oder wenigſtens einige undurch⸗ bohrte Zähne, wie die giftloſen Schlangen, aber der erſte Zahn iſt länger und durchbohrt. Die durchbohrten Zähne, und vielleicht auch die meiſten Furchenzähne, ſind Giftzähne, welche, beim Biß, das in einer unter dem Zahne liegenden Drüſe enthaltene Gift, durch den Kanal oder durch die Furche, in die Wunde lei⸗ ten. Nach andern neuern Angaben aber ſind die Schlangen mit gefurchten Hinterzähnen nicht giftig, denn die Drüſe unter jenen Zähnen ſoll kein Gift, ſondern gewöhnlichen Speichel enthalten. Nach wieder andern Beobachtungen wären jedoch alle Seeſchlan⸗ gen ſehr giftig. — Nach Verſchiedenheit der Befeſtigung in den Kinnladen ſind die Zähne entweder in den Knochen ein⸗ gekeilt, ſo bei den Krokodilen, oder eingewachſen, d. h. mit ihrer Wurzel bloß auf dem Rande der Kinnlade feſtſitzend, ſo bei allen eigentlichen Schlangen und faſt der Hälfte der Echſen, z. B. den Schienenechſen, Drachen, Krötenkopfern u. ſ. w., oder an ge⸗ wachſen, d. h. mit einer Seite ihrer Wurzel an der Innenſeite der Kinnlade feſtſitzend, ſo bei den übrigen Echſen, z. B. den Warnern, Leguans, Krötenbauchern, allen Plattzünglern und Sein⸗ ken. Doch ändert dieſes zuweilen nach dem Alter, denn z. B. der Teju (Podinema teguixin) hat in der Jugend angewachſene drei⸗ zackige Zähne, im Alter aber eingewachſene abgerundet-koniſche. § 68. Die Zunge iſt ſehr verſchieden geſtaltet: Bei vie⸗ len iſt ſie fleiſchig und kurz; und zwar bei den Froſchlurchen, Molchen und Schleichenlurchen vorn unten im Munde angewach⸗ Reptilien. 405 ſen, nach hinten aber frei in die Mundhöhle und in den Schlund ſich hineinerſtreckend; bei den Krokodilen mit der ganzen untern Fläche feſtgewachſen; bei den Schildkröten, Blindſchleichen, Dop⸗ pelſchleichen, Krüppelfüßlern, Dickzünglern und Plattzünglern auch noch fleiſchig kurz, aber beweglich und vorn frei. Die Chamäleons haben eine wurmförmige, ſehr bewegliche Zunge, welche weit vor⸗ geſtreckt werden kann, zuweilen ſo lang wie der ganze Körper mit dem Schwanze (2). Bei allen übrigen Reptilien iſt ſie lang, vorn gabelförmig geſpalten (beide Enden ſchlank und ſpitz zuge⸗ hend), ſehr beweglich und vorſtreckbar; ſo namentlich bei den Spaltzünglern, Engmaulſchleichen, Schlangen; bei letztern an der Wurzel mit einer häutigen Scheide umgeben. — Gar keine Zunge haben die Fehlzüngler, jedoch kann man bei der Pipa eine unten im Munde befindliche Anſchwellung für eine kleine, unter⸗ wärts feſtgewachſene Zunge halten. 8 69. Die äußern. e one ſind, je nachdem die Thiere in der Luft oder unter Waſſer athmen, verſchieden. Alle Reptilien haben, in ihrem vollkommenen Zuſtande, zwei Naſen⸗ löcher über dem Munde, die nach Innen ſich in Kanäle verlän⸗ gern, welche in der Mundhöhle ausmünden und zum Einziehen der für die innern Athemorgane (Lungen) beſtimmten Luft dienen. Nach einigen Angaben ſollen jedoch jene Kanäle bei dem Olm und Sirenenmolch nicht ganz durchgehen. Die Naſenlöcher der Krokodile und Krötenkopfer haben eine Klappe zum Verſchließen derſelben. — Außerdem aber haben die Kiemenmolche auch äußere Kiemen, als drei büſchelförmige Anhängſel jederſeits hinter dem Kopfe, und zwei bis vier Kiemenöffnungen, zum Athmen im Waſſer. An dieſen Thieren werden entweder die Kiemen oder die Lungen mehr ausgebildet, je nachdem ſie mehr im Waſſer oder in der Luft athmen. Man hat dies beſonders durch Verſuche ermit— telt, die mit dem Olm angeſtellt wurden, wie denn auch dieſer Kiemenmolch die Luft zwar durch die Naſenlöcher einziehen, aber durch die Kiemenlöcher wieder ausathmen ſoll. Die Fiſchmolche haben, entweder jederſeits am Halſe oder an der Kehle, eine Kie⸗ menöffnung, und die Kiemen ſelbſt liegen im Schlunde. — Bei Fröſchen und Kröten, welche durch Lungen athmen, findet aber auch eine ſtarke Reſpiration durch die Haut ſtatt, vermöge 406 Zehnte Klaſſe. a deren dieſe Thiere, bei friſchem Leben, zehn bis zwölf Tage ganz unter Waſſer ausdauern, wenn dieſes nur öfters erneuert wird und mit der atmoſphäriſchen Luft in Verbindung bleibt. Sie athmen wahrſcheinlich die Luft aus dem Waſſer durch die Haut: — Bei den Krokodilen ſoll, außer der Lungenreſpiration, noch eine Bauchreſpiration eintreten: Sie haben nämlich in der Kloake zwei Oeffnungen, welche unmittelbar in die Bauchhöhle führen, und durch welche Waſſer eintritt, um aus der in dieſem enthaltenen Luft den Sauerſtoff an das Blut der Bauchgefäße abzuſetzen. Uebrigens aber ſollen dieſe Thiere, beim Untertauchen, eine Portion Luft in den Naſen- und Schlundkopf⸗Höhlen mit ſich nehmen, um dieſelbe unter ele 5 nam zu verbrauchen. 8 7O. Bon den äußern Sinnes rg ae iſt Folgen⸗ des zu merken: Die beiden Augen ſind vollkommen ausgebildet, meiſt wenig beweglich, von verſchiedener Größe: Sehr kleine, zum Theil unter der Haut verborgene Augen haben die Doppelſchlei⸗ cher, Blödauger, Wurmſchlangen, Olme. Einigen Arten dieſer Gattungen fehlen fie ganz (Amphisbaena caeca, Typhlops phi- lippinus, Caecilia lumbricoides, auch zuweilen alten Olmen). Die Pupille iſt meiſt rund; bei einigen Schlangen, z. B. bei den Baumſchlangen, ſchmal horizontal, bei andern, wie bei Vipern und Klapperſchlangen, ſchmal vertikal; ſo auch bei einigen Krö⸗ ten; bei den Unken dreieckig. Augenlieder ſind meiſt zwei vorhanden. Schildkröten und Eidechſen, beſonders aber die Kro⸗ kodile, haben deren drei, indem nämlich das dritte im vordern Augenwinkel liegt und horizontal über das Auge gezogen werden kann. Die beiden Augenlieder der Chamäleons ſind ſo mit ein⸗ ander verwachſen, daß fie über dem Augapfel eine faſt ganz ge⸗ ſchloſſene Kapſel bilden, welche nur in der Mitte, gerade da, wo die Pupille ſich befindet, eine kleine Oeffnung zum Durchſehen hat. Auch haben die Augen dieſer Thiere das Eigenthümliche, daß beide ſich zu gleicher Zeit nach ganz verſchiedenen Richtungen bewegen können. Die Plattzüngler, Nacktauger und die Schlan⸗ gen haben gar keine Augenlieder oder nur Spuren derſelben, ſo daß die Augen immer offen ſtehen; doch iſt bei den Schlangen das Auge von der Oberhaut überzogen. Reptlien. 407 Die Ohren zeigen ſich entweder als Oeffnungen, in deren Grunde das Trommelfell liegt (Seinkechſen, Plattzüngler u. ſ. w.), und welche an den Krokodilen durch eine äußere Klappe geſchloſ⸗ ſen werden können; oder das Trommelfell iſt oben zwiſchen den Rändern der Oeffnung ſelbſt ausgeſpannt, dieſe alſo dadurch ge⸗ ſchloſſen, z. B. bei den meiſten Froſchlurchen und Schuppenechſen und mehren andern Echſen; oder es iſt äußerlich von den Ohren gar nichts zu ſehen, wie bei den Schwanzlurchen, Fehlzünglern, einigen Kröten, den Schlangen, Chamäleons u. ſ. w. Die Organe des Geruchs und Geſchmacks haben wir bereits als Naſenlöcher und Zunge kennen gelernt. Beſondere Taſtorgane fehlen dieſen Thieren; doch meint man zum Theil, daß den Schlangen und Spaltzünglern die lange bewegliche Zunge zum Taſten diene. 8 71. Manche Reptilien haben am Kopfe noch beſon⸗ dere Oeffnungen, deren Zweck man nicht genau kennt. Da⸗ hin gehören: 1) Eine Oeffnung jederſeits vor dem Auge der Grubenottern, die man wol mit den Thränenhöhlen der Säug⸗ thiere verglichen hat. 2) Ein Spalt unter dem Auge einiger Rʃieſenſchlangen. 3) Die Gruben in den Randſchuppen der Kinnladen der Schlinger. 4) Zwei Poren an der Kehle der Krokodile, die mit einer Drüſe in Verbindung ſtehen, aus welcher ein nach Moſchus riechender Schleim abgeſondert wird. | 8 72. Der Rumpf iſt, bei allen gedrungener geſtalteten und mit Beinen verſehenen Reptilien, durch eine ſtärkere oder ſchwächere Einſchnürung, oder durch einen Hals, vom Kopfe getrennt. Auch bei den meiſten Giftſchlangen und mehren Trug⸗ nattern, die einen breitern Kopf haben, iſt ſolch eine Einſchnürung zu erkennen. Bei einigen Schildvipern (Brillenſchlange, Naja tripudians) hingegen iſt an der Stelle des Halſes der Körper jederſeits mehr oder weniger ausgedehnt, welches durch die ver⸗ längerten vordern Rippen, die ſich nach vorn aufrichten können, bewirkt wird. — Als eine Verlängerung des Rumpfes über den After hinaus iſt der Schwanz zu betrachten; bei den Dreiklauern liegt jedoch der After ſelbſt im Schwanze. In ſeiner Geſtalt, ob er rund oder zuſammengedrückt iſt u. ſ. w., entſpricht er in der Regel dem Rumpfe, nur mit dem Unterſchiede, daß er meiſt 408 Zehnte Klaſſe. dünner zu ſein und gegen das Ende allmälig abzunehmen pflegt, welches jedoch bei manchen Kriechern mit ſehr kurzem Schwanze, z. B. bei den Doppelſchleichen, kaum merkbar iſt. Ruderför⸗ mig zuſammengedrückt zeigt er ſich bei den meiſten Schwanzlur⸗ chen, Seeſchlangen, Krokodilen, Warnern, Segelſchweifern. Die Breitſchwänzer haben einen plattgedrückten und in die Breite ausgedehnten Schwanz; auch bei einigen andern Reptilien, deren Schwanz mit einer horizontalen Seitenhaut umgeben iſt (ſ. § 62), erhält jener ein plattes, breites Anſehn. Die Chamäleons und Rieſenſchlangen haben einen Roll- oder Wickelſchwanz, zum Feſthalten. An Lachesis endigt ſich der Schwanz mit einem Dorn, an der Stacheladder mit einem Haken, an den Klap⸗ perſchlangen mit einer Reihe großer, glatter, pergamentartiger, in einander greifender Glieder, der ſogenannten Klapper. Die ver⸗ hältnißmäßige Länge des Schwanzes iſt ſehr verſchieden: Bei manchen Kriechern, beſonders bei den Doppelſchleichen, iſt er ſehr kurz; ſo auch bei den Rollen (Eryx anguiformis), wo er noch mit einer beſonders abgeſetzten ſchuppenloſen ſtumpfen Spitze ver⸗ ſehen iſt. Die Blödauger haben eigentlich gar keinen Schwanz; da der After faſt ganz am Ende des Körpers ſich befindet. Bei den meiſten Echſen iſt er wenigſtens fo lang wie der übrige Kör⸗ per, bei einigen mehr als doppelt ſo lang, dann aber ſehr dünn, z. B. an mehren Drachen; beim Kröpfling und einigen Galeoten (Calotes moluccanus) faſt viermal fo lang. § 73. Am Rumpfe find die Beine, die Geſchlechts⸗ öffnungen, der After und eee 1 5 be | trachten. . Gun ennie noi 0 193. DIE einge Beine fehlen vielen Reptilien ganz, nämlich wen Kriechen au Wurmſchlangen; jedoch zeigt ſich an mehren der erſtern, be⸗ ſonders an den Schlingern, jederſeits neben dem After eine etwas hervortretende ſpitze Kralle, die man Sporn genannt hat, als erſte Spur der Hinterbeine. Eben ſo hat auch die Panzerſchleiche einen kurzen, kaum bemerkbaren Stiel an derſelben Stelle. Die fernere allmälige Ausbildung der Beine findet nun in den drei erſten Zünften der Echſen und unter den Schwanzlurchen ſtatt, und man kann annehmen, daß alle diejenigen Gattungen derſel⸗ ben, welche einen ſchlangenförmig geſtreckten Körper haben, auch - Reptilien. 409 mit unvollkommenen, ſehr kurzen, zum Gehen ganz untauglichen Beinen verſehen ſind. Unter den Reptilien der eben erwähnten drei Zünfte haben einige nur zwei ſehr kurze Hinterbeine, aber keine Spur von Vorderbeinen, die Zweifüßler; andere nur zwei ſehr kurze Vorderbeine, aber keine Spur von Hinterbeinen, die Sandwühle; noch andere zwar vier Beine, die aber noch ſehr kurz und weit von einander getrennt ſind, die Kurzfüßler In einigen andern Gattungen, z. B. an den Fußwühlen, ſind die vier Beine ſchon länger und etwas mehr einander genähert, bis ſie zuletzt an den Scinkechſen nach und nach das gewöhnliche Ver⸗ hältniß annehmen, wo denn auch der Körper die gedrängtere ſpindelförmige Geſtalt der eigentlichen Echſen annimmt. Unter den ſchlangenförmigen Schwanzlurchen (Kiemenmolchen und Fiſch⸗ molchen) hat der Sirenenmolch nur zwei kurze Vorderbeine; die Schuppenſirenen, der Aalmolch und Olm zwar ſchon vier Beine, die aber ebenfalls nur wenig entwickelt ſind. Die übrigen Schwanz⸗ lurche haben vollſtändige Beine und einen eidechſenförmigen Kör⸗ per. Am längſten ſind die Hinterbeine der Fröſche und der Laub⸗ a nämlich länger als der ganze übrige Körper.“ Die Beine beſtehen, in ihrer vollkommenen Entwickelung aus Schenkel, Schienbein und Fuß mit Zehen. An den vordern wird auch wol der Schenkel Oberarm, das Schienbein Unterarm, der Fuß Hand, die Zehen Finger genannt. 8 74. Die Zehen find, ihrer Zahl nach, verſchieden; meiſt ſind ihrer fünf an allen Füßen. Krokodile, Fehlechſen, wie auch die meiſten Schildkröten, haben hinten nur vier Zehen. Die meiſten Molche und die Froſchlurche haben vorn nur vier Zehen; dagegen aber manche Waſſerfröſche hinten zuweilen die Spur ei⸗ nes ſechſten Zehen. Die Schlammwühlen und eine Art Erdmolch (Salamandra perspicillata) ſind an allen vier Füßen nur mit vier Zehen begabt. Die Reptilien mit unvollkommenen Beinen haben in der Regel auch weniger Zehen: In den drei erſten Zünften der Echſen giebt es Gattungen mit vier, drei, zwei und ganz ohne Zehen; auch pflegen die Zehen bei dieſen nach Verhältniß kurz, überhaupt unvollkommen ausgebildet zu ſein, ſo daß ſie öfters das Anſehn ungegliederter Stümpfe haben. — Die Zehen der Waſſermolche ſind zum Theil mit einer horizontalen Haut, wie 410 Zehnte Klaſſe. mit einer Schwimmhaut, umgeben; an den Krokodilen und meiſten Froſchlurchen ſind die Hinterzehen durch eine Schwimm⸗ haut vereinigt, und an den Süßwaſſerſchildkröten gilt dieſes ſo⸗ wol von den hintern als von den vordern Zehen. An den Erd⸗ ſchildkröten ſind die Zehen faſt ganz mit einander zu einem kur⸗ zen dicken Klumpfuß verwachſen; die der Seeſchildkröten ſind floſſenförmig verwachſen, und zwar die vordern ſo, daß ſie ein langgeſtrecktes Ruder bilden. Merkwürdig ſind noch die der Cha⸗ mäleons, indem die beiden innern und die drei äußern Zehen in zwei einander entgegengeſtellte Parthien verwachſen ſind. — Die Länge der Zehen iſt verſchieden, meiſt nach Verhältniß der Länge des ganzen Beines: Die längſten und dünnſten Zehen haben die Spaltzüngler, mehre Baumagamen und die Waſſerfröſche, be⸗ ſonders an den Hinterfüßen, wo ſie denn auch von ſehr unglei⸗ cher Länge zu ſein pflegen. Je verhältnißmäßig kürzer die Zehen ſind, deſto weniger weichen ſie in der verhältnißmäßigen Länge von einander ab, ſo z. B. an den Plattzünglern und Krüppel⸗ füßlern. Die kürzeſten Zehen haben die ſchlangenförmigen Echſen der drei erſten Zünfte. — Was die Geſtalt der Zehen betrifft, ſo ſind dieſe in den meiſten Gattungen ziemlich überall von glei⸗ cher Dicke. An den Saumfingerern, beſonders aber an den Platt: zünglern, dehnen ſie ſich entweder gegen das Ende zu, oder in der Mitte, mehr oder weniger aus und ſind unterwärts mit häu⸗ tigen Queerleiſten beſetzt: An den Plattfingerern ſind ſie der ganzen Länge nach breit; an den Halbfingerern nur an der Ba⸗ ſis; an den Scheidenfingerern wie an den Plattfingerern, aber unten mit einer Längsfurche, zur Aufnahme der Kralle, und an dem Franzengecko ſind außerdem auch die Schienbeine mit einer lappigen Haut eingefaßt; an den Fächerfüßlern ſind die Zehen nur am Ende ausgedehnt und daſelbſt, zur Aufnahme der Kralle, geſpalten; an den Scheibentretern iſt die Endſcheibe ohne Spalt. Auch an den Laubfröſchen bildet ihr Ende eine runde Ausdeh⸗ nung. Die Vorderzehen der Pipa endigen mit vier Spitzen. — An den Schildkröten und Echſen ſind die Zehen mit gekrümmten, ſpitzen, mehr oder weniger zuſammengedrückten Krallen bewaff⸗ net. Der eigentliche Scink (Seineus officinalis) hat jedoch etwas flache Krallen; und die floſſenförmigen Vorderfüße der Seeſchild⸗ Reptilien. 411 kröten, ſo wie die Zehen der meiſten ſchlangenförmigen Echſen der drei erſten Zünfte, haben nur Spuren von Krallen, und manche der letztern ſind ganz krallenlos. Auch die Krokodile, mehre Süß⸗ waſſerſchildkröten und die meiſten Plattzüngler haben nicht an allen Zehen Krallen; und unter den Plattfingerern giebt es Ar⸗ ten mit gar keinen Krallen. Bei manchen Plattzünglern können die Krallen in eine Hautfalte zurückgezogen werden. Die mit Beinen verſehenen Lurche (Schwanzlurche und Froſchlurche) haben unbewaffnete Zehen; doch geht bei Waſſerfröſchen und Kröten das Ende der Zehen meiſt in eine hornartige Spitze aus; und eine Gattung, die daher den Namen Krallenfroſch erhalten hat, fol wirkliche hufartige Nägel haben. Neuerlich find auch in Jar pan und Südamerika ein paar ke entdeckt, denen ı man Nägel an den Zehen zuſchreibt. § 75. Die äußern Geſchlechtsöffnungen und der After befinden ſich in einer gemeinſchaftlichen ſpaltförmigen Ver— tiefung am Hinterende des Leibes; bei den geſchwänzten Arten alſo unten an der Schwanzwurzel, bei den Dreiklauern aber im Schwanze ſelbſt, gegen das Ende deſſelben; ſonſt, bei den mit Hinterbeinen verſehenen, zwiſchen dieſen. Die Geſchlechtsöffnung iſt einfach an Lurthen, Kroko⸗ dilen und Schildkröten, doppelt an den übrigen Reptilien. Im erſten Falle liegt der Spalt in die Länge, und in dieſem die Ge— ſchlechtsöffnung vor dem After; im zweiten iſt es ein Queerſpalt, und der After zwiſchen beiden Geſchlechtsöffnungen gelegen. — Die Männchen der Lurche haben keine Ruthe; bei den Krie- chern und Schuppenechſen tritt dieſe zuweilen als ein doppelter oder geſpaltener, am Ende mehr oder weniger aufgetriebener und mit Falten oder Spitzen beſetzter Stiel hervor; Krokodile und Schildkröten haben eine einfache Ruthe. Die Ruthe wird von Innen nach Außen hervorgeſtülpt, wie Schneckenfühler, ſcheint alſo nichts weiter als das vorgeſtülpte Ende des Samenleiters zu ſein. — Die weiblichen Schildkröten haben in dem Spalte eine eee analog dem Kitzler der Säugthiere. | § 76. Außer den eben erwähnten Oeffnungen haben d die pellen an verſchiedenen Stellen des Leibes Poren, als Mün⸗ dungen von Hautdrüſen, die ſich mehr oder weniger als war⸗ 412 Zehnte Klaſſe. zenförmige Erhöhungen zu erkennen geben. Am deutlichſten ſind dieſe Warzen und deren Oeffnungen am Rumpfe der Erdmolche und Olme, wo ſie, auf dem Rücken und an den Seiten, in Längsreihen geordnet ſind, und am Rumpfe der Kröten, wo ſie ebenfalls den Rücken und die Seiten einnehmen, aber nicht ſo regelmäßig ſtehen. Beſonders groß und mit mehren Poren durch⸗ bohrt find ein paar ſolcher erhöheter Drüfen im Nacken der Krö: ten. Sehr viele Schuppenechſen haben an der Unterſeite der Hin⸗ terſchenkel eine Längsreihe ſolcher Poren, die ſich zuweilen noch bis auf den Unterleib fortſetzt, und aus denen ſich zuweilen das Innere wie ein kurzer Stiel hervorſtülpt. Die Zweifüßler haben jene Poren bloß am Unterleibe, und ſelbſt die Handwühle, der doch die Hinterbeine fehlen, ja ſogar die ein — küche eine een am Baer z n Dritter Abfemitt. ne 2 Junerer Bau. in es n 8 27. Das hieher Gehörige wird, in A ech fa dem was vom innern Baue der übrigen Wirbelthiere zu ſagen iſt, in . zwölften Be unter: when Maki deren. wen. "Bieter Aufanit EEE Lebensweiſe. . 104 Hundes 8§ 78. Den ana und aus allen enge den größten Reptilien ſind die heißen Erdgürtel zur Wohnung angewieſen. Je weiter nach Norden deſto mehr nimmt die Zahl und die Größe dieſer Thiere ab, und die nördlichſten Gegenden der bewohnten Erde haben gar nichts von ihnen aufzuweiſen. Sie en en weder am Lande oder im Waſſer. § 29. Die Landbewohner theilen ſich wieder in ſolche, die beſtändig am Erdboden bleiben, und in ſolche, die auch Bäume und Büſche beſteigen. Jene ſind die bei weitem zahlreicheren: Sie haben ihre Schlupfwinkel in Erd- und Felſen⸗ löchern, unter Steinen, in hohlen Bäumen. Einige, z. B. die Blödaugen und Wurmſchlangen, kommen nur ſelten aus ihren Reptilien. 413 Erdlöchern hervor. Auch die menſchlichen Wohnungen werden von manchen Reptilien beſucht, doch in der Regel nur zufällig und auf kurze Zeit, und dann auch nur um dort Nahrung zu finden. So kommen z. B. unſere Nattern (Coluber natrix) und in andern Welttheilen Klapperſchlangen, Warner, Plattzüngler, zuweilen in den Häuſern vor. Doch ſcheinen manche der letzten wirklich in Häuſern einheimiſch zu ſein, wie dieſes bei uns die gemeine Kröte (Bufo vulgaris) nicht ſelten iſt. — Auf Bäume und Büſche begeben ſich die Laubfröſche (auch der braune Gras⸗ froſch, Rana temporaria, klettert zuweilen auf Bäume, um Rau⸗ pen zu fangen), mehre Natterſchlangen, wie die Metallnattern und Baumſchnüffler (auch manche Rieſenſchlangen und Nattern kriechen zuweilen auf Bäume), ſämmtliche Baumagamen, Platt⸗ züngler und Wurmzüngler; und unter ihnen ſind wieder die Laubfröſche (die nur in der Begattungszeit und in ihren frühern Lebensperioden im Waſſer ſich aufhalten) die Drachen, Wurm⸗ züngler, Metallnattern und eee ſolche die faſt nie zur Erde hinabſteigen. HR | § SO. Recht eigentliche Wpaſſerbo wb herz die nie das Waſſer verlaſſen, ſind die Schwanzlurche (mit Ausnahme der Erdmolche), die Unken und die Seeſchlangen; der Olm bewohnt ſogar nur unterirdiſche Gewäſſer. Die Schildkröten, namentlich die See⸗ und Süßwaſſer⸗ Schildkröten, find zwar auch noch zu den Waſſerreptilien zu zählen, kommen aber doch ſchon häufiger ans Land, um ſich zu ſonnen oder um die Eier abzulegen. Unſere Landſchildkröte (Testudo europaea) iſt zur Frühlingszeit mehr im Waſſer, zur Sommerszeit mehr am Lande. Auch die Krokodile ſind meiſt nur halb im Waſſer am Ufer verborgen und ſonnen ſich ebenfalls häufig am Lande. Die Froſchlurche, mit Ausnahme der Unken, ſind nur zur Begattungszeit im Waſſer; doch halten ſich einige, z. B. unſer grüner Waſſerfroſch (Rana esculenta), außer jener Zeit doch beſtändig hart am Waſſer auf, um nöthigerweiſe daſſelbe mit Einem Sprunge zu erreichen. — Es giebt aber auch unter den eigentlichen Landbewohnern manche Arten, die nicht ſelten ins Waſſer ſich begeben, oder ſelbſt längere Zeit in demſelben verweilen. Der Klappnaſer in Java und Süd⸗ amerika ſoll ſich ſogar faſt beſtändig im ſüßen Waſſer aufhalten. 414 Zehnte Klaſſe. Einige Arten ſüdamerikaniſcher Rieſenſchlangen, namentlich Boa murina, ſind ebenfalls häufig im Waſſer, wo ſie entweder am Boden liegen oder ſich mit dem Ende ihres Wickelſchwanzes an Uferbäumen feſthalten und mit dem übrigen Körper auf dem Waſſer ſich ausſtrecken. So hat man mehre andere ausländiſche Natterſchlangen und unſere gewöhnliche Natter (Coluber natrix) ſchwimmen und untertauchen geſehen, wobei ſie zuweilen an zehn Minuten unter Waſſer blieben. Auch der Franzengecko und mehre ausländiſche Echſen mit zuſammengedrücktem Schwanze, z. B. Se⸗ gelſchweifer, Leguan, Warner u. ſ. w. ſollen zuweilen ins Waſſer gehen und ſchwimmen. — Die bei weiten meiſten der erwähnten Reptilien, die Seeſchlangen und Seeſchildkröten ausgenommen, gehen nur in ſüßes Waſſer. Die oſtindiſchen und amerikani⸗ ſchen Krokodile ſchwimmen jedoch zuweilen aus den Flüſſen in die See hinaus. Crocodilus biporcatus auf den Sechellen und andern kleinen Inſeln von Polyneſien, hält ſich dort im Meere auf und ſucht in demſelben ſeine Nahrung. Auch ſoll es auf den Gallopagoinſeln im Südmeer einen Leguan nbi rhen kn geben, welcher im Meere umherſchwimmt. 370 8 81. Die meiſten Reptilien find bei Tage munter und ruhen des Nachts. Manche aber, z. B. 1 ae m ſind Nachtthiere. j $ S2. Alle diejenigen Arten, welche in den nördlichern Gegenden wohnen, verkriechen ſich gegen den Winter in Löcher, hohle Bäume und dgl. oder graben ſich ein, die Lurche ſelbſt unter Waſſer in Schlamm u. ſ. w. und verfallen in einen Win⸗ terſchlaf, aus welchem ſie erſt mit Rückkehr der wärmeren Jah⸗ reszeit wieder erwachen. Selbſt mit den Krokodilen in den ſüd⸗ lichern Gegenden Nordamerikas iſt dieſes der Fall, und ſo war es auch früher mit dem Nilkrokodil in Niederegypten, als dieſer dort noch wohnte. — Vielleicht können die Erſcheinungen, daß man lebende Kröten, zuweilen auch andere Reptilien, in Höh⸗ lungen von Baumſtämmen und Felſen gefunden hat, welche gar keine Verbindung mehr mit der äußern Atmosphäre hatten, unter Umſtänden, woraus man ſchließen durfte, daß ſolche Thiere zuweilen ſchon Jahrhunderte lang in jener Lage geweſen ſein mußten, mit einem erzwungenen fortgeſetzten Winterſchlafe Reptilien. a 415 verglichen werden; doch wird wol manche Täuſchung bei mehren dergleichen Beobachtungen und Erzählungen ſtattgefunden haben. — Der ſogenannte Sommerſchlaf, welchen manche Waſſer⸗ bewohner in Südamerika (Krokodile und Rieſenſchlangen, Boa murina) hatten, indem ſie ſich, zur Zeit der Dürre, wenn die Gewäſſer eintrocknen, in den Schlamm einwühlen, bis die Regen⸗ zeit ſie wieder hervorlockt, iſt wol nicht mit ſolch einer Eeſthrrung wie der Winterſchlaf verbunden. 8 83. Die Bewegungen der Reptilien find ſehr man⸗ nigſalig. Die meiſten, namentlich die geſchwänzten, nur mit Aus⸗ nahme der Schildkröten, haben einen beweglichen Körper, der ſich leicht und behende hin und her krümmen kann. Die eigentli⸗ chen Schlangen rollen ihn ganz ſpiralförmig zuſammen. — Die Art der Ortsbewegung der Reptilien iſt wieder ſehr ver⸗ ſchieden: Diejenigen, welche keine Beine haben, oder an denen dieſe Gliedmaßen nur unvollkommen ausgebildet ſind, der Körper aber noch ſchlangenförmig geſtaltet iſt (Ringelechſen, Wirtelſchlei⸗ chen, Kurzfüßler, Stummelfüßler), kriechen am Lande. Dieſe Bewegung wird hauptſächlich durch drei verſchiedene Mittel, die zu gleicher Zeit in Anwendung kommen, hervorgebracht, nämlich: 1) durch ſeitliches wellenförmiges Hin- und Herkrümmen des Körpers; 2) durch wechſelndes Rück- und Vorwärtsbewegen der Rippen; und 3) dadurch, daß die nach hinten gerichteten Schup— pen und Schienen ſich gegen den Boden ſtämmen und den Kör⸗ per mit nach vorn ſchieben helfen. So klimmen manche Schlan⸗ gen (Metallnattern, Baumſchlangen, Baumſchnüffler, manche Rie⸗ ſenſchlangen) ſelbſt Baumſtämme hinan, wenn ſie nämlich dieſe zugleich ſpiralförmig umſchlingen können, denn dieſes iſt zum Feſt⸗ halten nothwendig. Doppelſchleichen kriechen eben ſo leicht vor⸗ wärts wie rückwärts, weil ſie keine nach hinten ſich geaenithig mende Schuppen oder Schienen haben. Die mit ausgebildeten Beinen verſehenen Reptilien gehen und laufen. Viele von ihnen klettern und laufen ſelbſt an ver⸗ tikalen Flächen hinauf, wenn nämlich ihre Zehen entweder mit gekrümmten ſpitzen Krallen zum Anhalten an den Unebenheiten der Fläche, z. B. der Baumſtämme, Felſen, Mauern, verſehen ſind, wie an den Baumagamen, Mauereidechſen (Lac. muralis) 416 Zehnte Klaſſe. u. ſ. w., oder wenn ſie einen Apparat zum Anſchröpfen der Zehen haben, wie Plattzüngler und Laubfröſche. Letztere können ſelbſt an ganz glatten Flächen, z. B. an ganz glatten Mauern und an Glasſcheiben hinaufklettern; und Plattzüngler ſoll man zuweilen in Häuſern ſogar an ven Decken un Zimmer auf jene Weiſe⸗ ſich een iſehen. rn mn U n b Mehre Reptilien binnth i weite Spoünge a beſonders Frösche und Laubfröſche, mittelſt der langen ſtarken, Hinterbeine. Auch viele Baumagamen ſpringen behende von einem Zweig auf den andern. Unter letztern zeichnen ſich beſonders die Drachen aus, denen beim Abſpringen die ſogenannten Seitenflügel des Körpers, indem ſie dieſelben ausbreiten, als Fallſchirm dienen, ſo daß ſie, mit deren Hülfe, wol vierzig Fuß weit ſchräg abwärts hinſchweben können; aber an eigentliches Flattern und behendes Schwenken in der Luft zum Verfolgen fliegender Schmetterlinge, wie man ſich die Suche wol vorgeſtellt hat, iſt dabei nicht zu denken. — Noch iſt hier das Springen der Schlangen zu erwähnen, welches darin beſteht, daß dieſe Thiere ſich in eine flache enge Spirale zuſammenlegen und dann, auf den Schwanz geſtützt, aus dieſer Lage ſich fortſchnellen, wie man dieſes beſon⸗ ders an Giftſchlangen beobachtet hat, wenn ſie auf ihre Beute losſpringen; doch 5 ee e Nattet enn es BR m machen. big Diejenigen Reptilien; Welche⸗ ſich im Waſſer ha — Häufig: ins Waſſer gehen, alſo ſchwimmen müſſen, erkennt man theils an floſſenförmig gebildeten Beinen (Seeſchildkröten), theils an der zwiſchen den Zehen ausgeſpannten Schwimmhaut (Süß⸗ waſſerſchildkröten, Krokodile, die meiſten Froſchlurche), theils an dem ruderförmig zuſammengedrückten Schwanze (die meiſten Schwanzlurche, Seeſchlangen, Krokodile und einige andere Echſen), denn alle dieſe Gliedmaßen dienen zum Rudern im Waſſer. Wie bei den Fiſchen, ſo ſind auch bei den Schwanzlurchen und See⸗ ſchlangen, beſonders die kräftigen und ſchnell hinter einander links und rechts erfolgenden Seitenſchläge des Schwanzes das Haupt⸗ mittel zum ſchnellen Fortſchießen im Waſſer. Manche Schlangen, die keinen Ruderſchwanz haben, aber doch auch ins Waſſer gehen, ſchwimmen bloß durch ſchlängelnde Bewegung des Körpers. Reptilien. 417 4 g F § 84. Die Schnelligkeit der Reptilien in der Vor⸗ wärtsbewegung iſt ſehr verſchieden. Am ſchnellſten im Lauf ſind die Baumagamen und Spaltzüngler; am langſamſten und wirf- lich träge die Wurmzüngler und Schildkröten. Die Schlangen kommen, bei aller Beweglichkeit des Körpers, verhältnißmäßig doch nur langſam vorwärts. Was den Fröſchen an ſchnel— lem Lauf abgeht, das erſetzen ſie durch weite Sprünge. — Zum Sichfeſthalten dienen den Reptilien theils das Ge— biß, theils die Füße, beſonders die vordern, theils auch der Schwanz. Letzteres gilt hauptſächlich von Wurmzünglern und manchen Rieſenſchlangen, die einen wirklichen Greif- und Wickel— ſchwanz haben. § 85. Die Nahrung der bei weiten meiſten Reptilien beſteht in Thieren. Die kleinern und ſchwächern fangen In— ſekten und Würmer; den größern und ſtärkſten werden ſelbſt Men— ſchen und größere Säugthieren zur Beute. Meiſt verſchlingen ſie ihren Raub lebend und unzerſtückelt. Einige zerzerren denſelben mehr oder weniger mit den Zähnen, aber zum eigentlichen Käuen iſt das Gebiß der Reptilien nicht eingerichtet. Von denjenigen Arten, welche entweder beſtändig oder doch häufig im Waſſer fich, aufhalten, ſcheint indeß keine, mit Ausnahme der Schildkröten, unter dem Waſſer ſelbſt den Raub zu verſchlingen, ſondern mit demſelben ſich an die Oberfläche oder ſelbſt an das Land zu ber geben; namentlich weiß man dieſes von den Krokodilen. Sie liegen meiſt im Schilf und Schlamm verborgen, freſſen haupt— ſächlich Fiſche und andere Waſſerthiere, belauern aber auch Säug⸗ thiere und Menſchen, die ans Ufer kommen, wo ſie dieſe dann entweder wegſchnappen oder mit dem Schwanze ins Waſſer ſchla— gen, ſie darauf ergreifen, mit ihnen untertauchen, daß ſie erſticken, dann ſie verbergen, bis ſie in Fäulniß überzugehen anfangen, und nun erſt ihre Beute verzehren. Amerikaniſche Krokodile (Croc. sclerops) ſollen geſellſchaftlich Fiſche fangen, indem einige ſich vor der Mündung eines kleinen Fluſſes aufſtellen, andere aber dieſen die Fiſche zutreiben. — Die Froſchlurche ſchnellen das hintere freie Ende der Zunge zum Maul hinaus und ſchlagen mit demſelben Inſekten ins Maul hinein. In Kurdiſtan ſoll es eine Art Fröſche geben, welche Inſekten mit den Vorderbeinen | 27 418 Zehnte Klaſſe. fängt; auch unſere Froſchlurche helfen zuweilen, beim Fangen eines Inſekts, mit den Vorderfüßen nach, wenn jenes etwa nicht gehörig mit dem Maule erfaßt iſt. Unſer grüner Waſſerfroſch (Rana esculenta) verſchlingt auch wol kleine Fiſche, und ſoll ſelbſt zuweilen kleine Vögel und Mäuſe fangen. Daſſelbe wird auch von der gemeinen Kröte (Bufo vulgaris) erzählt. — Daß den Drachen der Kehlſack zum Aufbewahren gefangener Inſekten diene, wird von Einigen behauptet, von Andern bezweifelt; doch ſollen zuweilen Inſekten in demſelben gefunden werden. Der Kehlſack der Leguane wird dann wol denſelben Zweck haben. Wahrſcheinlich findet aber mehr Analogie ſtatt zwiſchen dieſen Säcken und denen der Froſchlurche, welche mit Luft gefüllt und aufgeblaſen werden, wenn dieſe Thiere ſchreien wollen, ſo daß ſie alſo mehr auf die Athemorgane ſich beziehen werden. — Schlan— gen können Thiere verſchlingen, welche weit dicker ſind als ſie ſelbſt. Rieſenſchlangen, deren Leib etwa den Umfang eines ſtar⸗ ken Mannesſchenkels hat, verſchlingen ganze Menſchen, Leoparden, Stiere und Hirſche mit Hörnern und Geweih. Dieſe Fähigkeit hat ihren Grund darin, daß die Kinnladen der Schlangen nicht ſo feſt mit einander und mit dem Schädel verbunden ſind, als bei den übrigen höhern Thieren, ſondern nach Außen von einan— der weichen können; ferner in der Ausdehnbarkeit des Schlundes und der Speiſeröhre; wie auch darin, daß die Bruſtrippen nicht an den Enden mit denen der andern Seite zuſammenhängen, folglich beim Verſchlingen eines ſehr großen Biſſens ſelbſt nach— geben und der Ausdehnung der Speiſeröhre kein Hinderniß ent- gegenſtellen. Wenn die Rieſenſchlangen ein großes Thier überfallen, ſo umſchlingen ſie es augenblicklich mit mehren Win⸗ dungen um Leib und Hals und erwürgen daſſelbe, preſſen es dann, durch fortgeſetzte Zuſammenſchnürungen, noch mehr zuſam— men, zerbrechen dabei ſelbſt die Rippen, Hörner und Geweihe ihres Opfers, und würgen es endlich allmälig ganz hinein, wor— über zuweilen mehre Stunden vergehen, ehe ſolch ein Biſſen in den Magen gelangt. Die Giftſchlangen tödten Thiere vorher durch ihren giftigen Biß. Man hat Vieles von einem beſondern Zauber erzählt, den dieſe Schlangen, beſonders die Klapper— ſchlangen, auf das lebende und noch freie Thier, welches ſie an Reptilien, | 419 fi) zur Beute erfehen haben, ausüben ſollen, und der darin beſtehe, daß das Thier, durch den ſtarren Blick, den die Schlange auf daſſelbe hefte, ſo gefeſſelt und am Entfliehen gehindert werde, daß es dem Feinde leicht zur Beute falle; ſelbſt Menſchen ſollen auf jene Weiſe von der Klapperſchlange bezaubert worden ſein. Man hat dieſe Erſcheinung auf mancherlei Art zu erklären ge— ſucht, indem man theils annahm, daß ſolch ein taumelndes (be— zaubertes) Thier bereits von der Schlange gebiſſen oder durch einen betäubenden Hauch, den ſie gegen daſſelbe ausſtieße, ohn— mächtig geworden ſei, theils daß ſolch ein ängſtlich an einer und derſelben Stelle umherflatterndes oder laufendes (vermeintlich be— Zzaubertes) Thier in der Nähe fein Neſt mit Eiern oder Jungen gehabt habe, und jenes Benehmen deſſelben nur eine Folge der Angſt und Beſorgniß für die Jungen, bei Annäherung der feind— lichen Schlange, geweſen ſei u. ſ. w. Indeß werden auch mehre Fälle ſolches Zaubers angeführt, wo nichts von dem Allen hatte ſtattfinden können. Auch manchen andern giftigen und nichtgif— tigen Schlangen aus verſchiedenen Welttheilen, unſern gemeinen Kröten (wie auch Raubthieren aus der Klaſſe der Säugthiere, und ſelbſt dem Menſchen) wird die Kraft zugeſchrieben, andere Thiere, durch bloßes ſtarres Anſehen, auf die angeführte Weiſe bezaubern zu können. § 86. Auf Pflanzenkoſt find nur die Schildkröten angewieſen, welche Blätter, Früchte und dgl., aber zugleich auch Weichthiere, Würmer, Inſekten freſſen. Die Süßwaſſerſchildkröten ſcheinen ſich meiſt von ſolchen Thieren und kleinen Fiſchen zu ernähren; die größern freſſen auch Waſſervögel und größere Fiſche; aber die größten Seeſchildkröten leben nur von Meergewächſen. Es wird freilich auch von manchen Echſen, namentlich von meh— ren Baumagamen (Leierkopfer, Leguan, Kopfechſe, Segelſchweifer) angeführt, daß ſie Blätter, Sämereien, Früchte freſſen ſollen, wie man auch zum Theil meint, daß die Wurmſchlangen Vege⸗ tabilien genießen, und daß der braune Grasfroſch zuweilen Leinſamen freſſe; allein dergleichen Angaben ſind noch zweifelhaft und gründen fich zum Theil wol darauf, daß man im Magen von Baumagamen Blätter, Früchte und dgl. zuweilen findet, die aber zufällig mit verſchluckt ſein mögen, wenn das Thier Inſek⸗ 420 | Zehnte Klaſſe. ten, die auf jenen ſaßen, wegſchnappen wollte und dabei das Blatt oder die Frucht zugleich mit faßte, abriß und verſchluckte. § 87. Saufen ſcheinen die Reptilien gerade nicht zu be⸗ dürfen; doch hat man mehre Arten von Schlangen, Schildkröten und Eidechſen Waſſer und andere Flüſſigkeiten, zuweilen in an⸗ ſehnlicher Menge, trinken geſehen. Beſonders gern ſollen ſie Milch ſaufen. Daß aber unſere Nattern mitunter in Ställe kom⸗ men ſollen, um Kühe zu melken, iſt eine Fabel. § S8. Alle Reptilien können übrigens ſehr lange hun- gern. Eine Landſchildkröte war, unbeſchadet ihres Lebens, an— derthalb Jahr ohne Nahrung, ein Olm zwei Jahr u. ſ. w. | Fünfter Abfı chnitt. Fortpflanzung und Entwickelung. § 89. Die Reptilien ſind ſämmtlich beſtimmt getrenn⸗ ten Geſchlechts, und die Fortpflanzung findet nur nach vor— hergegangener Befruchtung ſtatt. Dieſe geſchieht entweder durch eine wirkliche Begattung (copula), d. h. durch Vor⸗ treten einer männlichen Ruthe und Eindringen derſelben in die weibliche Oeffnung, wobei denn die Befruchtung ſtets im Innern des Weibchens vor ſich geht; oder ſie geſchieht ohne eine ſolche Begattung. Letzteres iſt bei allen Lurchen (vielleicht mit Aus- nahme der Wurmſchlangen) der Fall Das Männchen der Froſch— lurche beſteigt den Rücken des Weibchens, klammert ſich mit den Vorderbeinen an dieſem feſt, und wartet in dieſer Stellung, oft mehre Tage lang (die gemeine Kröte zuweilen an drei Wochen), bis das Weibchen die Eier fahren läßt, über welche es dann den Samen ausſpritzt. Die Befruchtung iſt alſo eine äußerliche. Sie geſchieht meiſt im Waſſer; bei dem Feßler aber und der Pipa am Lande. Die Befruchtung der Waſſermolche findet im Waſſer ſtatt, entweder ſo, daß das Männchen das Weibchen begleitet, und, wenn letzteres einige Eier von ſich giebt, dieſe bes fruchtet, oder ſo, daß es ſeine Geſchlechtsöffnung an die des Weibchens drückt und zugleich den Samen fahren läßt, der dann von der weiblichen Oeffnung aufgenommen wird und die Eier in den Eiergängen befruchtet. Eben ſo glaubt man auch von dem Reptilien. 421 gefleckten Erdmolch (Salamandra maculata), daß die Befruch⸗ tung im Waſſer geſchehe, indem das Männchen den Samen fah— ren laſſe, der dann von der weiblichen Oeffnung eingeſogen werde. Der ſchwarze Erdmolch (Sal. atra) ſoll am Lande das Weibchen aufſuchen, dieſes Bauch gegen Bauch gekehrt umklammern, und ſo von dem Weibchen ins Waſſer geſchleppt werden, wo dann erſt die Befruchtung vor ſich gehe. Bei der Befruchtung der Kiemenmolche umfaßt der äußere männliche Geſchlechtstheil den des Weibchens. § 90. Von Waſſermolchen und Waſſerfröſchen hat man auch bemerkt, daß zuweilen ein Weibchen hintereinander mit mehren Männchen, oder ein Männchen eben ſo mit mehren Weibchen ſich paart. — Auch fruchtbare Baſtardpaarungen ſind beobachtet, z. B. der veränderlichen Kröte (Bufo variabilis) mit dem grünen Waſſerfroſch (Rana esculenta). Auch ſah man zuweilen unſere Unke (Bombinator igneus) an jenen Froſch und ſelbſt an Waſſermolche (z. B. an Triton cristatus) ſich anklam⸗ mern, jedoch, wie es ſcheint, ohne weitern Erfolg. | § 91. Bei den übrigen Reptilien findet eine wirkliche Begattung ſtatt. Die Männchen der Bruch ſchlangen und Eidechſen verfolgen die Weibchen ſo lange, bis ſie dieſelben mit dem Maule im Nacken faſſen und nun ſo lange feſthalten, als die Begattung währt. Auch meint man zum Theil, daß aus den Schenkelporen der Männchen, zur Begattungszeit, ſpitze, etwas gekrümmte Warzen hervortreten, zum Anhalten an das Weibchen. — Von den Schildkröten nahm man früher an, daß ſie ſich Bauch gegen Bauch gekehrt begatteten; es geſchieht dieſes aber wie gewöhnlich, indem das Männchen den Rücken des Weibchens beſteigt. Sie bleiben aber oft mehre Tage mit einander verbun⸗ den; man beobachtete ein Paar, deſſen Verbindung neun Tage währte. | | 8 92. Die Reptilien legen entweder Eier, oder fie brin= gen lebende Junge zur Welt. — Die bei weiten meiften legen Eier (laichen). Die der Lurche find ſehr weich, durchſcheinend, mit einer zarten häutigen Hülle bekleidet, und werden in der Regel ins Waſſer gelegt, entweder getrennt (ſo die der größern Waſſermolche), oder klumpenweiſe (die der meiſten Waſſerfröſche 422 Zehnte Klaſſe. und Laubfröſche), oder ſtrangweiſe (wie die der meiſten Kröten und der kleinern Waſſermolche); die Eierſtränge der gemeinen Kröte ſind zuweilen über 40 Fuß lang und enthalten über 1200 Eier. Einige amerikaniſche Laubfröſche laichen auf den Bäu- men, nämlich in das Waſſer, welches ſich in den Blattwinkeln ſammelt, wo die Eier auch auskommen. Die Feßler paaren ſich am Lande; das Männchen wickelt die Eier, ſo wie ſie ſtrang⸗ weiſe hervortreten, um ſeine Hinterbeine und begiebt ſich nachher mit ihnen ins Waſſer, wo es ſo lange bleibt, bis die Eier aus⸗ kommen. Tſchudi hält es für wahrſcheinlich, daß die Feßler zweimal im Jahre laichen, nämlich im Frühjahr und im Herbſt. Die Pipa laicht ebenfalls am Lande. Das Männchen ſtreicht die gelegten Eier dem Weibchen auf den Rücken, nachdem es die⸗ ſelben befruchtet hat, oder, wie Andere meinen, indem es ſie auf dem Weibchen erſt befruchtet. Das Weibchen geht dann ins Waſſer, wo die Rückenhaut zwiſchen den Eiern hervorſchwillt und um jedes derſelben eine Zelle bildet, in welcher das Ei auch aus⸗ kommt. Uebrigens ſchwellen die Eier der Lurche, nachdem ſie ge⸗ legt ſind, durch Einziehung des Waſſers mehr oder weniger an. — Was die Eier der übrigen Reptilien betrifft, ſo haben die der Kriecher eine lederartige oder pergamentartige Schale; die der Echſen und Schildkröten ſind härter, theils mit kalkartiger Schale. f Die Zahl der Eier, die jedesmal gelegt werden, iſt ver- ſchieden, z. B. Rieſenſchlangen und Chamäleons legen einige 30; Krokodile 28 bis 70, zuweilen an 100; unſere einheimiſchen Schlangen und Eidechſen meiſt weniger; Froſchlurche zum Theil an 1000. — Die Lurche, mit Ausnahme der Wurmſchlangen, legen ihre Eier ins Waſſer; die Feßler und Pipa ſchleppen ſie aber erſt, nachdem ſie am Lande gelegt ſind, ins Waſſer. Die übrigen Reptilien legen und laſſen ihre Eier am Lande, wozu ſie feuchte, warme und ſichere Oerter aufſuchen, in Erdlöcher, hohle Bäume, unter abgefallenes Laub und dgl. Schildkröten und Krokodile ſcharren Gruben in die Ufererde, legen die Eier hinein, und ſcharren dann Erde und Sand darüber, oder bedecken ſie mit Blättern, Gras und dgl. Die amerikaniſchen Krokodile ſollen zum Theil am Ufer oder im Schilf Neſter von Zweigen - Reptilien. - k 423 Kräutern und Blättern machen, die ſie im Maule zuſammentra⸗ gen, und dann die hineingelegten Eier mit Schlamm und Gras bedecken; auch bleiben die Weibchen in der Nähe, um die Eier zu ſchützen. — Die Zeit, nach welcher die gelegten Eier aus- kommen, iſt verſchieden, z. B. bei den Lurchen 8 bis 14 Tage, bei unſerer Natter 3 bis 5 Wochen, bei den Krokodilen 4 Wochen, bei den großen Rieſenſchlangen 6 Wochen. Man hat einige Er— fahrungen, daß oſtindiſche Schlinger ihre Eier bebrütet haben, indem ſie ſich ſpiralförmig über dieſelben legten und ſie ganz be— deckten, wobei ſie eine Wärme entwickelten, die das doppelte der Luftwärme hatte. Die Schlange blieb ununterbrochen ſo lange auf den Eiern, bis dieſe auskamen; in einem Falle 56 Tage. Das Durchbrechen der Eierſchale wird, bei Schildkröten und Kro— kodilen, durch zwei harte ſpitze Höcker befördert, welche auf der Schnauze der eingeſchloſſenen Jungen ſitzen. | | § 93. Was die lebendiggebärenden Reptilien betrifft, ſo gehören zu ihnen, nach den bisherigen Beobachtungen, alle Giftſchlangen, aber auch einige Natterſchlangen, z. B. die öftreich- ſche Natter; ferner der Olm, die Erdmolche, die Bruchſchlangen, einige Halsbandeidechſen (unſere Lacerta crocea, montana, mu- ralis). Der Olm und die Erdmolche gebären im Waſſer; letztere jedoch oft auch am Lande, und zwar die gefleckten (S. maculata) 30 bis 42, die ſchwarzen (S. atra) immer nur zwei Junge, weil, nach Dumerils Angabe, der erſte Fötus, der ſich in jedem der beiden Eiergänge entwickelt, die übrigen in dem Gange befindli⸗ chen Eier anfällt, zerreißt und deren Dotter verzehrt. Vorzüglich ſollen im ſüdlichen Theile von Chile viele Reptilien lebendig⸗ gebärend ſein, beſonders mehre Natterſchlangen und Baumagamen, und ſelbſt unter den Waſſerfröſchen ſoll es dort einige dergleichen geben. — Dies ſogenannte Lebendiggebären beſteht aber nur darin, daß die Embryonen ſich ſchon im Mutterleibe in den Eiern, welche bei allen dieſen lebendiggebärenden Reptilien eine äußerſt zarte häutige Hülle haben, ſo weit ausbilden, daß ſie in dem Augenblicke des Legens, oder kurz vor oder nach demſelben, auskommen. So iſt es wenigſtens bei der Lanzenſchlange (Tri- gonocephalus lanceolatus), Kreuzotter (Vipera berus), öſtreich⸗ ſchen Natter, Bruchſchlange, Bergeidechſe (Lacerta montana) be⸗ 424 ” Zehnte Klaſſe. obachtet worden; und den gefleckten Erdmolch habe ich ſelbſt einigemale am Lande zugleich freie und noch in die Eihaut ein— geſchloſſene Junge gebären geſehen. Man ſagt auch von einigen ſüdamerikaniſchen Baumagamen, daß ſie in einer Gegend, z B. zu St. Jago, Eier legen, in einer andern, z. B. zu Valdivia, Junge gebären. Geoffroi St. Hilaire behauptet, daß auch unſere gewöhnliche Natter, wenn ſie, nach der Parung, an einem ſehr trockenen Orte und unter ſolchen Umſtänden aufbewahrt werde, daß ſie ſich nicht häuten und nicht gehörig bewegen könne, die Eier zurückhalte, welche nun in dem Eiergange ſelbſt ſich ent— wickelten und auskämen. Dieſer Behauptung wird freilich von andern Seiten widerſprochen, indeß iſt doch fo viel durch Beob— achtung beſtätigt, daß bei unſern Nattern und der gewöhnlichen Halsbandeidechſe (Lacerta agilis) ſchon in den Eiern im Mutter⸗ leibe der Embryo anfängt ſich zu entwickeln. § 94. Die Eier der Froſchlurche find ſchon vor der Befruchtung, im Mutterleibe, mit einem ſchwarzen Dotter ver⸗ ſehen, welcher von einer Gallertmaſſe umgeben iſt, die, nachdem die Eier gelegt ſind, im Waſſer ſehr anſchwillt. Der Embryo, der ſich am Dotter bildet, nimmt dieſen bald ganz in ſich auf, wird aber auch von der Gallertmaſſe ernährt, da dieſe allmälig verſchwindet. Bei den Molchen iſt es im weſentlichen eben fo; der Dotter, um welchen der Embryo gekrümmt liegt, iſt gelb und ſehr groß. Die Eier der Eidechſen enthalten wenig Eiweiß, aber einen großen Dotter, an dem ſich der Embryo in einer ge fäßreichen Haut bildet, indem er mit dem Dotter durch Gefäße zuſammenhängt. Eine andere gefäßreiche Haut, die mit der Kloake zuſammenhängt, iſt als Athemblaſe zu betrachten. Nach und nach verſchwindet dieſe und der Dotter, bis das Junge her— vorbricht. Bei den ungebornen Jungen der Vipern ſollen, nach Dutrochet, die Gefäße nicht nur in der Eierſchale, ſondern auch an den innern Wänden des Eierleiters, verbreitet ſein und ein Netz wie ein Mutterkuchen bilden. § 95. So wie die Jungen auskommen oder geboren werden, find fie in der Regel gleich ſich ſelbſt überlaſſen und müf- ſen für ihre Nahrung und Sicherheit ſelbſt Sorge tragen, denn die Mutter bekümmert ſich nicht weiter um ſie. Nur wenige er⸗ Reptilien. 425 -freuen ſich noch eine Zeitlang des Schutzes derfelben, z. B. die jungen Krokodile, welche von der Mutter, die ſich beſtändig in der Nähe des Eierneſtes aufgehalten hat, ins Waſſer geführt und auch da noch eine Zeitlang von ihr geſchützt werden. So erzählt man auch von mehren Giftſchlangen (Klapperſchlange, Lanzen— ſchlange, gemeiner Viper), daß ſie, bei drohender Gefahr, ihre Jungen im Maule davontragen. § 96. Die jungen Reptilien, mit Ausnahme derer der Lurche, ſind in allen weſentlichen Stücken den Alten ähnlich. Die der Lurche aber müſſen erſt durch eine mehr oder weniger auffallende Reihe von Verwandlungen zur vollkommenen Aus— bildung gelangen. Das allgemeine Merkmal des erſten unvollkom— menen oder Larven-Zuſtandes ſind äußere äſtige Kiemen jederſeits am Halſe. Für die Wurmſchlangen iſt dieſes, außer der geringen Größe, das Einzige, was die Larve von dem ausgebildeten Thiere unterſcheidet; doch hängen bei ihnen die Kiemen nur ſehr kurze Zeit durch die Kiemenöffnung hervor, ſondern ziehen ſich bald in den Schlund zurück. Größer iſt die Verſchiedenheit bei den mit Beinen verſehenen Lurchen, denn ihre Larven haben, in den erſten Lebensperioden, nicht nur äußere Kiemen, ſondern insgeſammt einen zuſammengedrückten ruderförmigen Schwanz, keine oder nur kümmerlich angedeutete Beine, dicken Körper, ſehr enges Maul, ſchwarze Leibesfarbe u. ſ. w. und ſind auch im Innern abweichend, durch unausgebildete Lungen, ſpiralförmig-gewundenen und viel längern Nahrungskanal, der wol zehnmal länger als im vollkom- menen Zuſtande iſt u. ſ. w. Sie leben und athmen im Waſſer, welches, nach Lambolle, bis in die Bauchhöhle dringt, ſo daß auch die innern Theile von ihm beſpühlt werden. Nur bei den lebendiggebärenden Erdmolchen findet hiervon infofern eine Aus- nahme ſtatt, als die Jungen gleich bei der Geburt auch ſchon vier Beine haben und zuweilen am Lande ſelbſt geboren werden, alſo Luft athmen müſſen, obgleich auch ſie mit Kiemen verſehen find. Dieſe Lurchlarven, welche unter dem Namen von Kaul⸗ quappen bekannt ſind, wachſen allmälig, häuten ſich mehre— male, bekommen nach und nach Beine, indem bei den Froſch— lurchen erſt die Hinterbeine, bei den Waſſermolchen zuerſt die Vorderbeine hervorbrechen. Zu gleicher Zeit ziehen ſich die Kie— 426 Zehnte Klaſſe. men nach und nach ins Innere des Schlundes zurück und ver- ſchwinden endlich ganz, ſo wie bei den Froſchlurchlarven auch der Schwanz allmälig einſchrumpft und verſchwindet, bis zuletzt die Geſtalt des Thieres ausgebildet hervortritt. Selbſt bei den Kaulquappen der Pipa, die doch bis ans Ende der Verwand— lungsperiode in den Rückenzellen der Mutter, und mit dieſer im Waſſer verbleiben, finden dieſelben Veränderungen ſtatt. Bei den lebendiggebärenden Erdmolchen iſt der Fötus als die Kaulquappe zu betrachten, indem er im Mutterleibe dieſelben Veränderungen durchmacht, wie jene im freien gebornen Zuſtande. Der Fötus des ſchwarzen Erdmolchs hat im Mutterleibe ſehr lange Kiemen, ſo lang wie der ganze Körper; bei der Geburt aber iſt nur noch eine geringe Spur derſelben übrig. — Das frühere oder ſpätere Verſchwinden der Kiemen hängt auch von äußern Umſtänden ab, denn an den jungen Erdmolchen verſchwinden ſie, bei Waſſer⸗ mangel, in kurzer Zeit, während ſie an andern, im vollen Waſſer, bis zum neunten Monat nach der Geburt bleiben. — Das Athem⸗ waſſer wird von den Kaulquappen, ſobald die Kiemen ins In⸗ nere zurückgetreten ſind, durch den Mund eingezogen, und geht zwiſchen den Kiemen durch eine, zwei oder drei Oeffnungen, ſeit⸗ wärts oder unten am Halſe, wieder aus. — Uebrigens beobachtete Sharrey wie bei den Kaulquappen an der ganzen Oberfläche des Körpers eine beſondere regelmäßige Strömung des Waſſers ſtatt fand, welche allmälig verſchwand, ſo wie das Thier voll⸗ kommener wurde, und auf eine Hautreſpiration hinzudeuten ſcheint. — Die Larven einiger amerikaniſchen Froſchlurche ſollen gleich bei dem Auskriechen keine Kiemen haben. | In der Regel wird die Verwandlung der Lurchlarven im Laufe eines Sommers durchgemacht; zuweilen aber über— wintern ſie auch im Larvenzuſtande, wobei man die Beobach— tung gemacht hat, daß im Winter die Beine reſorbirt werden, im Frühjahr aber wieder hervortreiben. Auch bei Mangel an Waſſer und Nahrung verſchwinden die Beine und kommen unter günſtigern Umſtänden wieder hervor, was zwei bis drei Jahre lang geſchehen kann. § 97. Die Nahrung der jungen Kaulquappen ſoll, nach Einigen, in zarten Waſſerkräutern beſtehen, die ſie benagen, nach Reptilien, 427 Andern in Aufgußthierchen und ſonſtigen kleinen Waſſerthieren. Das letzte iſt wahrſcheinlicher. Bei Mangel anderer Nahrung fallen die größern die kleinern ihrer eigenen Art an und verzeh— ren ſie; und, wie ſchon vorher angeführt wurde, die Fötus des ſchwarzen Erdmolchs ſollen ſchon im Mutterleibe die Eier anfal- len und die Dotter verſchlingen. Fiſchlaich und Fiſche ſelbſt wer⸗ den ebenfalls von Froſchlarven ausgeſogen. Auch ihre eigene ab— geſtreifte Haut freſſen die Larven nach dem Häuten. § 98. Wenn die äußeren Umſtände der Vermehrung und dem Gedeihen der Froſchlurche günſtig geweſen ſind, ſo ſteigen dieſe Thiere, nachdem ſie im Waſſer ihre letzte Larvenhaut abge— legt haben, zum Theil in großer Menge ans Land. Iſt die Luft und der Erdboden dann ſehr trocken, ſo verkriechen ſie ſich unter Gras, Blätter, Steine und dgl., wo es feucht iſt, kommen aber, nach dem erſten Regen, zuweilen in ſo großer Menge hervor, indem ſie allenthalben umherhüpfen und laufen, daß man früher glaubte, es habe ein Froſch- oder Krötenregen ſtattgefunden. Meiſt ſind dieſes, bei uns, Junge von der gemeinen Kröte, der veränderlichen Kröte und dem braunen Grasfroſch (R. temporaria). § 99. Ueber die Jungen der andern Reptilien, bei denen keine Verwandlung ſtattfindet, iſt nichts weiter anzuführen, als daß ſie allmälig wachſen und ſich öfters häuten. Von ganz jungen Schlangen will man die Bemerkung gemacht haben, daß fie, ſelbſt ohne Nahrung, an Größe und Gewicht zunahmen. Das Häuten findet bei allen Reptilien ſelbſt dann noch ſtatt, wenn ſie ſchon ihre völlige Ausbildung erreicht haben und fortpflanzungsfähig ſind. Es beſteht darin, daß wenigſtens ein— mal im Jahre die Oberhaut abzuſterben und ſich abzulöſen an- fängt, wobei zugleich die Farbe und Zeichnungen derſelben ihre Schönheit und Friſche verlieren, während ſich unter ihr eine neue Oberhaut bildet, bis die alte zuletzt völlig abgeſtreift wird, wel— ches von dem Thiere durch mancherlei Bewegungen, durch Rei⸗ ben an harten Gegenſtänden u. ſ. w. befördert wird. Gewöhnlich wird die Haut ſtückweiſe abgeworfen; zuweilen aber kriecht das Thier aus einer aufgeſprungenen Stelle der alten Haut, die meiſt im Nacken entſteht, fo hinaus, daß die Haut übrigens ganz uns verſehrt bleibt. Dergleichen Natterhemden, wie ſie genannt x 428 Zehnte Klaſſe. werden, findet man nicht gar ſelten in Gegenden, wo Nattern häufig vorkommen. Unſere gemeine Halsbandeidechſe (Lac. agilis) ſoll ſich zweimal, im Frühling und im Herbſt, häuten; auch Erd— molche, Leguans und einige Schlangen, unter dieſen die Klap— perſchlangen, ſollen ſich jährlich einigemal häuten. Bei letztern iſt die Schwanzklapper ebenfalls der Häutung mit unterworfen, jedoch nicht ſo regelmäßig, daß, wie man ſonſt glaubte, mit jeder neuen Häutung auch die Klapper um ein Glied vermehrt würde, ſondern zuweilen werden auch drei bis vier Glieder neu gebildet, zuweilen gehen aber auch einige verloren. § 100. Ueber die Zeit bis zur vollſtändigen Aus⸗ bildung und über das Alter, welches die Reptilien erreichen können, find nur wenig ſichere Angaben vorhanden. Die Froſch— lurche ſind im zweiten oder dritten Jahre vollſtändig ausgewach— fen; Kröten werden über funfzig Jahr alt. Kreuzottern (Vipera berus) ſollen im zweiten Jahre fortpflanzungsfähig und im fieben- ten völlig ausgewachſen ſein. Krokodile können ein paar Jahr⸗ hunderte alt werden. Die Jungen einer Art amerikaniſcher Kro⸗ kodile, welches an 25 Fuß lang wird, ſind, wenn ſie aus dem Ei kommen, zehn Zoll lang, im funfzigſten Jahre aber erſt zwölf Fuß; und da das Wachsthum mit zunehmenden Jahren immer mehr abnimmt, ſo darf man wol hieraus ſchließen, daß ein ſol— ches Thier an 200 Jahr brauche, um 25 Fuß lang zu werden. In dem biſchöflichen Garten zu Peterborough in e lebte eine Schildkröte 200 Jahre. Sechſter Abſchnitt. Beſonderes Phyſtologiſches. § 101. Die Reptilien beſitzen durchgängig eine ſehr ſtarke Lebenskraft, vermöge deren ſie großes Ungemach und Qualen aller Art, welchen andere Thiere bald unterliegen würden, lange Zeit ertragen. Beſonders gilt dieſes von Lurchen und Schild— kröten. — Daß ſie zum Theil Jahrelang hungern können, iſt ſchon vorher (§ 88.) angeführt worden. Waſſermolche können den ganzen Winter hindurch in Eis eingefroren ſein, und ſind im Frühjahr, wenn jenes aufthauet, ganz munter. So ſind auch 2 Reptilien, z 429 die Larven des Alpenfroſches (Rana alpina) zuweilen neun Mo⸗ nate lang eingefroren, ohne zu ſterben; und von der gemeinen Kröte und der Kreuzkröte (Bufo vulgaris und calamita) wird er: zählt, daß ſie ſelbſt ganz zu Eis gefrieren können, ſo daß ihr Körper ſo hart wie ein Eisſtück wird, und dennoch erhalten ſie Leben und Bewegung wieder, wenn ſie langſam aufthauen. — Das Athmen kann, unbeſchadet des Lebens, auf lange Zeit unterbrochen werden. Fröſche und Kröten bleiben mehre Wo— chen, ja ſelbſt ein paar Monate lang, ganz und ohne Unterbre— chung unter Waſſer gehalten, am Leben, jedoch nur dann, wenn eine beſtändige Erneuerung des Waſſers ſtattfindet (was alſo wol auf eine bei dieſen Thieren vor ſich gehende Hautreſpi— ration ſchließen läßt). Eine Landſchildkröte lebte 36 Stunden unter Oel und ganz damit bedeckt. Hier kann auch noch auf die Berichte von Kröten und andern Reptilien, die man im In— nern feſter Baumſtämme und Felſen lebend gefunden haben will ($ 82.), zurückgewieſen werden. Man hat aber auch Kröten ganz mit Gypsmörtel umgoſſen, und fie lebte noch nach 15 Mo— naten. Andere Kröten hat man, in Töpfe eingeſchloſſen, mehre Fuß tief in den Erdboden vergraben, und ſie lebten zum Theil noch nach zwei bis drei Jahren. — Was von den vielen Erzählungen zu halten ſei, nach denen mehre Arten von Reptilien monatelang und ſelbſt jahrelang im Magen und in den Ge— därmen von Menſchen gelebt haben ſollen, und wie von Hun— den und Nattern verſchlungene Fröſche (Rana clamata) in dem Magen derſelben noch lange Zeit hindurch geſchrieen haben, laſſen wir dahin geſtellt ſein. — Zum Erſtaunen iſt es, was für be— deutende Verwundungen manche Reptilien noch lange über— leben. Eine Landſchildkröte lebte, nachdem ihr das Gehirn ge— nommen war, noch ſechs Monate; eine andere, ohne Kopf, noch 23 Tage. Der ausgeſchnittene Eiergang von einer Rieſenſchild— kröte (Chelonia mydas) lebte noch am folgenden Tage, We ſich, zog ſich zuſammen und gab Eier von ſich. 8 102. Eben ſo ſtark zeigt ſich auch die Reproduk⸗ tionskraft mehrer Reptilien, beſonders im Schwanze, welcher bei Eidechſen und Schwanzlurchen, wenn er abgeſchnitten oder ſonſt verſtümmelt wird, das verlorene Ende bald wieder erzeugt. ne — 430 Zehnte Klaſſe. Es iſt ſogar nicht ſelten der Fall, Eidechſen mit gabelförmigem oder ſelbſt in drei Enden ausgehenden Schwanze anzutreffen, wenn nämlich der Schwanz an einer oder ein paar Stellen be⸗ deutend verwundet wird und dann, ohne daß das alte Ende des Schwanzes verloren geht, aus der Wunde noch ein Nebenſchwänz⸗ chen hervorwächſt. Der Olm reproducirt auch abgeriſſene oder abgefreſſene Kiemen; die Waſſermolche Beine und Augen, ſelbſt mehrmals hintereinander, wenn ſie öfters abgeſchnitten werden. In der Regel ſind aber die wiedererzeugten Glieder ſchwächer als die urſprünglichen waren, und meiſt auch in andern Stücken, z. B. durch Mangel von ſchönen Zeichnungen, Warzen, Sta⸗ cheln und dgl., wenn dieſe früher vorhanden waren, verſchieden. § 103. In der Klaſſe der Reptilien treffen wir zuerſt Thiere an, welche beſtimmt eine eigentliche Stimme hören laf- ſen, d. h. Töne, die mittelſt der aus den Lungen durch die Luft⸗ röhre hervorgeſtoßenen, und durch beſondere Einrichtung dieſer letzten und anderer mit ihr in Verbindung ſtehender Organe mo⸗ dulirten Luft hervorgebracht werden. In der Ordnung der Krie= cher iſt fie noch am ſchwächſten und beſteht, wo fie ſich über: haupt vernehmen läßt, nur aus einem leiſen Ziſchen. Die Schild— kröten ſind auch meiſtens ſtumm; doch ſollen manche große Land— ſchildkröten zuweilen, beſonders Nachts, in der Brunſtzeit, brül- lende Töne hören laſſen. Von den Echſen gilt daſſelbe, was bereits von den Kriechern angeführt iſt; jedoch kommt die Stimme der amerikaniſchen Krokodile theils mit dem Brüllen der Stiere, theils mit dem Bellen junger Hunde überein, und die eben aus— gekommenen Jungen quaken zum Theil wie Fröſche. Die wim⸗ mernden Töne des Nilkrokodils waren ſchon den Alten bekannt. Die Plattzüngler ſollen auch theils mit Fröſchen in der Stimme übereinkommen, theils ſoll letzte mit dem Namen Gecko, unter dem dieſe Thiere bekannt ſind, Aehnlichkeit haben. Die eigent⸗ lichen Schreier befinden ſich in der Familie der Zungenfröſche, denn wem ſollten die quakenden Töne des grünen Waſſer⸗ froſches (Rana esculenta) und die weithin ſchallenden Abend⸗ konzerte deſſelben, das melancholiſche Unken der Feuerkröte (Bom- binator igneus), das feine Schrillen der veränderlichen Kröte (Bufo variabilis), das laute Quaken des Laubfroſches (Hyla viri- Be h # n Reptilien. 431 dis), nicht bekannt ſein. Die übrigen bei uns einheimiſchen Fröſche und Kröten geben meiſt nur ſchwache oder heiſere Töne von ſich. Unter den amerikaniſchen Zungenfröſchen giebt es ebenfalls tüch- tige Schreier; einer derſelben hat den Namen Schmidt (Hyla faber) erhalten, weil ſeine Stimme wie die Schläge eines Ku— pferſchmidts klingt. Uebrigens ſind es nur die Männchen, welche die laute Stimme hören laſſen, wobei jedesmal ein häutiger Sack an der Kehle oder jederſeits hinter dem Mundwinkel, durch die von der Mundhöhle aus hineingepreßte Luft, hervorgetrie— ben wird. N § 104. Wie es unter den Reptilien Sänger und Mus ſiker giebt, fo ſollen auch manche von ihnen Wohlgefallen an fremder Muſik zeigen; beſonders wird von manchen Schlan— gen, auch von Klapperſchlangen, erzählt, wie fie, beim Schalle ſanfter Muſik, aus ihren Löchern hetvorkommen und lauſchen und -der ſich entfernenden Muſik nachkriechen. Aehnliches will man auch zuweilen von Eidechſen bemerkt haben. Die mufifalifchen Reptilien ſelbſt aber (Zungenfröſche und Plattzüngler) ſcheinen dergleichen ſanfte Gefühle für fremde Muſik nicht zu beſitzen. § 105. Die Eigenſchaft, im Dunkeln zu leuchten, will man an einigen afrikaniſchen Froſchlurchen bemerkt haben. Siebenter Abſchnitt. Nutzen und Schaden. § 106. Von ſehr vielen Reptilien aus allen Ordnungen dient das Fleiſch den Menſchen zur Nahrung; von Krokodi- len und vielen andern Echſen, von giftigen und von nichtgiftigen Schlangen, ſelbſt von den Klapperſchlangen, von Fröſchen und Kröten, auch von der ſogenannten giftigen ſurinamiſchen Kröte oder Pipa. In Mexiko werden die Axolotl auf den Fleifch- märkten feil geboten. Schildkrötenfleiſch und Schildkrö— tenbouillons gehören zu den Leckereien des Gaumens; eben ſo das Fleiſch der Leguans und einiger andern großen Echſen, welches ſo zart wie Faſanenfleiſch ſchmecken ſoll. Der Genuß der Froſchkeulen, welche ebenfalls ein zartes Fleiſch haben, iſt bei uns beliebt; doch ſind es nicht immer eigentliche Froſchkeulen, be⸗ 7 *. x 5 1 432 Zehnte Klaſſe. ſonders nicht immer die des grünen Waſſerfroſches (R. esculenta), welche unter jenem Namen verkauft werden, ſondern die erſten, welche zum Theil ſchon Anfangs März auf den Markt kommen, ſind Krötenkeulen, namentlich von der gemeinen und von der ver— änderlichen Kröte, denn dieſe kommen früher als jene Fröſche, die meiſt erſt Anfangs April erſcheinen, aus ihrem Winteraufenthalte hervor. — Die Eier der Schildkröten werden ebenfalls gegeſſen. 8 107. Manche dieſer Genüſſe haben zugleich medici— niſchen Nutzen, z. B. Eier und Fleiſch der Schildkröten, beſonders die aus dem Fleiſche gekochten Brühen, werden haupt- ſächlich Schwindſüchtigen empfohlen, wie man früher auch Bir pernbouillon genoß. Theriak wird aus Vipern bereitet. Vor Zeiten ſtanden auch die Scinke (Scincus officinalis, Stink, Scink, Seeſtink, Meerſtinz) in großem mediciniſchen Rufe; eben ſo gewiſſe Concremente, die unter dem Namen von Schlangen— ſteinen bekannt waren und im Innern gewiſſer indiſcher Schlan— gen ſich erzeugen ſollten, aber ſehr häufig künſtliche Compoſitio⸗ nen waren u. ſ. w. Froſchlaich wird noch jetzt zu Pflaſtern und dergleichen angewendet. | 8 108. Zu mancherlei ſchönen Kunſtſachen werden die hornartigen Hautſchilder verſchiedener Schildkröten, unter dem Na- men Schildpadd, verarbeitet. Am ſchönſten ſoll das der indi— ſchen Meerſchildkröte und der Carette oder Carettſchildkröte (Che- lonia imbricata und caretta, unter welchen Namen indeß mehre Arten verſtanden werden) ſein. Die mit ſchönen Zeichnungen ge— zierten Schlangenhäute, auch die der amerikaniſchen Rieſen— ſchlangen, werden zu mancherlei Kunſtſachen und zum Putz be= nutzt; und die Haut der amerikaniſchen Krokodile wird zu Leder bereitet. Von dem Blute des amerikaniſchen Färbefroſches (Hyla tinetoria) wurde erzählt, daß, wenn man mit demſelben an grünen Papageien ſolche Stellen benetze, wo die Federn ausge— rupft ſeien, nicht grüne, ſondern gelbe oder rothe Federn wieder hexvorwüchſen; doch hat ſich dieſes nicht beſtätigt. 8 109. Noch iſt hier zu erwähnen, daß in Amerika Rie- ſenſchlangen hin und wieder in Häuſern gehalten werden, um die Ratten wegzufangen, und daß auch zuweilen Klapper— ſchlangen zum Mäuſefange in den Häuſern ſich einfinden. Reptilien. 433 So ſollen in Java Plattzüngler in den Zimmern zum Flie- genfang gehalten werden. Im Innern von Südamerika, wo die Wälle der Feſtungen mit ſtachligen Cactus bepflanzt werden, ſetzt man Krokodile in die Wallgräben, beides zum Abhal— ten der Feinde. In Oſtindien gehört es mit zu den Vergnügun⸗ gen, Kämpfe zwiſchen Krokodilen und Hunden oder eee zu veranſtalten. § 110. Der Sich adi den Reptilien verurſachen, bes rührt den Menſchen unmittelbar: Theils werden jene Thiere durch ihre Größe, Stärke und Raubgier furchtbar, wie z. B. Krokodile und Rieſenſchlangen; denn obgleich jene am Lande weniger zu fürchten ſind, wegen der Unbeholfenheit in ih— ren Bewegungen, auch vor Menſchen und Hunden ins Waſſer fliehen, ſo ſind ſie dafür in dieſem ihren Elemente deſto mehr zu fürchten. Theils werden aber auch viele Reptilien aus der Ord— nung der Kriecher durch giftigen Biß ſchädlich und ſelbſt tödt⸗ lich: Hieher gehören die Giftſchlangen und mehre Trugnat— tern, beſonders die Klapperſchlangen, Schildvipern (Bril- lenſchlangen, Naja tripudians), Dreieckkopfer und, unter uns ſern inländiſchen Arten, die gemeine Viper. Die drei erſten Gattungen, von denen die Klapperſchlangen in Amerika, die Bril— lenſchlange in Oſtindien und Südafrika, die größten und gefähr- lichſten Arten der Dreieckkopfer in Weſtindien einheimiſch ſind und eine Länge von ſechs Fuß erreichen, haben das ſtärkſte Gift, und man behauptet, daß ein Menſch oder größeres Thier nach ihrem Biß zuweilen binnen wenig Stunden ſterbe. Es wird ſelbſt ein Beiſpiel angeführt, wo nach dem Biß einer Lanzenſchlange (Tri- gonocephalus lanceolatus) der Tod in fünf Minuten erfolgt ſein ſoll. Unſere gemeine Viper oder Otter kommt von verſchie— dener Farbe vor, entweder grau oder graublau, oder kupferroth, theils ins Schwarzbraune übergehend, bis ins Schwärzlichte, im mer aber mit einer zickzackförmigen ſchwärzlichten Zeichnung den ganzen Rücken entlang, und ohne die beiden gelblichtweißen Nak⸗ kenflecke, an denen man ſchon von weiten unſere nichtgiftige Nat⸗ ter (Coluber natrix) erkennt. Nach den verſchiedenen Farben, aber auch nach Verſchiedenheit der Kopfſchuppen, werden jene Vi— pern auch als beſondere Arten betrachtet: Die graue heißt dann — 28 434 | Zehnte Klaſſe. Kreuzotter (V. berus), die rothe Kupferſchlange (V. cher- sea), die ſchwarze ſchwarze Viper (V. prester). Sie werden höchſtens drei Fuß lang. Obgleich ſie bei weiten nicht ſo gefähr⸗ lich ſind als die erwähnten ausländiſchen Schlangen, ſo werden doch auch mehre Fälle berichtet, wo auf ihren Biß der Tod er⸗ folgt iſt: Ein kräftiger Mann ſtarb 50 Minuten nach demſelben; und ſelbſt ein Pferd unterlag den Folgen eines Vipernbiſſes. Im Allgemeinen aber kommt es, bei allen Biſſen giftiger Schlangen, ſehr viel mit auf äußere Umſtände an, ob ſie mehr oder weniger gefährlich ſein werden: Iſt die Schlange ein ausgewachſenes kräf⸗ tiges Thier, hat ſie ſich ſeit längerer Zeit des Giftes nicht entle⸗ digt, ſo daß dieſes in größerer Quantität in den Drüſen vorhan⸗ den iſt, geht der Biß tief und hält er lange genug an, daß alles vorhandene Gift in die Wunde und in das Blut gelangt, kommt dann noch etwa ein ſehr gereizter Zuſtand des Thieres, Erhitzung und Angſt von Seiten des Gebiſſenen hinzu, ſo iſt der Biß ſehr gefährlich. Man hat Beiſpiele, daß der Speichel nicht giftiger Thiere, wenn dieſe lange gereizt und zornig gemacht wurden, bei dem Biß vergiftete, ſo auch der von unſerer giftloſen Natter (Col. natrix). Nach den ſehr verſchiedenen Modifikationen, die in allen jenen Umſtänden eintreten können, ſind nun natürlich auch die Folgen des Biſſes ſehr verſchieden, und daher fallen auch die Berichte über dieſelben ſehr von einander abweichend aus. Wenn augenblicklich nach dem Biß zweckmäßige Gegenmittel an⸗ gewendet werden können, fo iſt der Gebiſſene in der Regel geret= tet. Ein ſolches Mittel, welches man gleich bei der Hand hat, iſt das ſofortige Ausſaugen der Wunde, wobei man gar nicht ängſtlich zu ſein braucht, wenn man nur nicht etwa eine kleine Wunde im Munde ſelbſt hat, denn das Schlangengift iſt nur ſchädlich, wenn es unmittelbar in das Blut gelangt; auf der Zunge und ſelbſt im Magen hat es keine nachtheiligen Folgen. Es behält aber ſeine tödtlichen Eigenſchaften ſehr lange, und man hat Beiſpiele, daß das Gift ſolcher Schlangen, die bereits wer weiß wie viele Jahre in Branntwein aufbewahrt geweſen waren, ſeine Kraft ungeſchwächt erhalten hatte. — Die Buſchmänner in der Südſpitze von Afrika ſollen ihre Pfeilſpitzen mit Schlan⸗ gengift überziehen. — Daß die ſogenannten Schlangenbezau⸗ Reptilien. i 435 berer in Oſtindien, welche vorgeben, an ſich gegen den Schlan— genbiß geſichert zu ſein, Gaukler ſind, welche durch allerlei Mittel die Schlangen, ehe ſie ihre Künſte zeigen, unſchädlich machen, be— darf wol kaum der Erwähnung. Unter den Ech ſen ſoll die mexikaniſche Kruſtenechſe Gift⸗ zähne haben. — Es wurden aber und werden zum Theil jetzt noch manche andere Reptilien für giftig gehalten, welche doch ganz unſchuldig ſind, z. B. Plattzüngler (Geckos), Erd— molche, Kröten, Pipas, von denen man glaubte, entweder daß ſie durch den Biß vergifteten, wie die Giftſchlangen, oder daß ſie Speichel, oder Urin, oder, durch die Hautwarzen, einen Schleim giftiger Natur von ſich gäben, welcher auf der Haut der Menſchen ein brennendes Gefühl oder Entzündung erregten, oder, wenn dergleichen in den Magen käme, etwa durch Speiſen, über welche das Thier hingelaufen ſei, oder durch Waſſer, in dem es ſich aufgehalten habe, giftige Folgen zeigten. Aus eigener Erfah— rung weiß ich, daß jene Thiere und deren Säfte nicht die erwähn⸗ ten giftigen Eigenſchaften beſitzen. Eben fo wenig iſt es gegrün- det, daß Völkerſchaften im Innern Südamerikas und die Java⸗ neſen ſich des Blutes der Reptilien, beſonders gewiſſer Froſchar⸗ ten, zum Vergiften ihrer Pfeile und Meſſer bedienen ſollen. S 111. Den Erzählungen, wie z. B. ſchlafenden Men⸗ chen Schlangen und andere Reptilien in den Magen gekrochen ſein, oder wie mit Waſſer hineingetrunkene Eier von Fröſchen und Kröten ſich im Magen entwickelt haben ſollen, iſt wol wenig Glauben zu ſchenken. Auf Sumatra ſollen große Echſen von ſechs Fuß Länge (eine Art Warner) den Hühnerhöfen als Raubthiere gefähr⸗ lich ſein. 28 * 436 Eilfte Klaffe Aves, Vögel. Erſter Abſchnitt. Klaſſi fikation. § 112. Die acht Ordnungen, in welche dieſe Thiere zerfallen, ſind in der neunten Ueberſicht, und die Familien der Ordnungen in der zehnten Ueberſicht auseinandergeſetzt. 8 113. Unter den Gattungen der Vögel heben wir, nach den Ordnungen und Familien, folgende beſonders hervor: Erſte Ordnung: Schwimmvögel. Erſte Familie: Pinguine. Aptenodytes, Fetttaucher. ö Zweite Familie: Taucher. Colymbus L, Colymbus, Seetaucher; Podiceps, Steiß⸗ füßler; Uria, Lumme. Alca L. Alca, Alk; Mormon, Papa⸗ geitaucher; Phaleris. Dritte Familie: Möven vögel. Procellaria L., Sturmvogel; Puffinus, Puffin. Dio- medea L., Albatroß. Larus L., Möve; Lestris, Raubmöve. Sterna L., Seeſchwalbe. Rhynchops L., Scheerenſchnäbler. Pachyptila, Flaumtaucher. Vierte Familie: Pelekane. Pelecanus L. Pelecanus, Kropfgans; Halieus, Scharbe; Tachypetes, Fregattvogel. Phaeton L., Tropikvogel. Plo- tus L., Anhinga. Fünfte Familie: Entenvögel. Anas L. Cygnus, Schwan; Anser, Gans; Anas, Ente; Cereopsis, Kappenvogel. Mergus L., Sägetaucher. 1 Or dn — Die Beine ſind kurz; die drei nach vorn gerichte zontal-abſtehenden lappigen Rändern. — Natato II. Beine lang, ſelten kurz; die drei Vorderzehen mei ungen durch längere dünnere Beine verſchieden); ſtändig ausgebildet. — Grallatores, Wad vögel. III. Zehen frei; Flügel unvollſtändig. — Cursores, La IV. Zehen frei; Schienbeine ganz befiedert; Flügel voll A. Zehen getrennt, drei nach vorn gerichtet; H 1. Krallen ſtark, gekrümmt, ſpitz; Schn Oberſchnabel ſpitz, hakenförmig über de 2. Beine ſchwach oder mittelmäßig ſtark, ſanft-gebogen. — Insessores, Hocker 3. Zehen mit ſtumpfen Krallen: Schnabel B. Zwei oder drei Vorderzehen, von denen die herr. C. Zwei getrennte Vorderzehen. — Zygodacty} — (Zu S. 436.) Neunte Ueberſicht. r Ordnungen der Vögel. I. Die Beine find kurz; die drei nach vorn gerichteten Zehen durch eine Schwimmhaut verbunden, ſelten nur mit hori⸗ zontal-abſtehenden lappigen Rändern. — Natatores, Schwimm vögel. „ Erſte Ordnung. II. Beine lang, felten kurz; die drei Vorderzehen meiſt frei, ſelten wie in der erſten Ordnung (dann aber find die Gatt⸗ ungen durch längere dünnere Beine verſchieden); Ferſen und unteres Ende der Schienbeine unbefiedert; Flügel voll- ſtändig ausgebildet. — Grallatores, Wadvögel. Zweite Ordnung. III. Zehen frei; Flügel unvollſtändig. — Cursores, Lauf vögel. »Deunrꝛitte Ordnung. IV. Zehen frei; Schienbeine ganz befiedert; Flügel vollſtändig. A. Zehen getrennt, drei nach vorn gerichtet; Hinterzeh fehlt zuweilen. 1. Krallen ſtark, gekrümmt, ſpitz; Schnabel ſtark, kurz oder mäßig-lang; Unterſchnabel gerade ausgeſtreckt; Oberſchnabel ſpitz, hakenförmig über den Unterſchnabel hinabgebogen. — Raptatores, Raubvögel. . .. Achte Ordnung. 2. Beine ſchwach oder mittelmäßig ſtark, mit ſchwächern, ſpitzen, gekrümmten Krallen; Schnabel gerade oder ſanft⸗gebogen. — Insessores, Ho cker. Fünfte Ordnung. 3. Zehen mit ſtumpfen Krallen: Schnabel gerade oder ſanft-gebogen. — Gallinaceae, Hühnervögel. . . Vierte Ordnung. B. Zwei oder drei Vorderzehen, von denen die zwei äußern bis zur Mitte verwachſen find. — Syndactylae, Heft⸗ ehen! nn a Gesten orontge C. Zwei getrennte Vorderzehen. — Zygodaetylae, Paarzeherrr r . Siebente Ordnung. — — r a 11255 e in un b e Agel . 15 a *. ire eilten wir nad 25 gulf v. ere 1 BR Amt e a 7 5 er sinus u 18 zen 760 vi, 1 u 2 d af * . 91 I. Vier Zehen, ſämmtlich durch eine Schwimn II. Der” Hinterzeh frei oder ganz fehlend. A. Oberſchnabel am Innenrande entw mäßig lang. — Anatidae, Ente (Der Flaumtaucher in der dritt B. Oberſchnabel glattrandig (ſelten mi 1. Unvollſtändige, ſehr kurze, 2. Vollſtändige, zum Fliegen 3. Vollſtändige lange Flügel. 1. Schnabel kurz, ſtark, gekrümmt, allmäli A. Flügel mittelmäßig-lang, ſtumpf; . Flügel lang, ſpitz; Beine kurz. - II. Schnabel entweder lang und dünn (zuweil A. Vorderzehen durch Schwimmhaut 1. Schnabel ſtark, mittelmäßig 2. Schnabel lang, dünn, pl B. Zehen frei. 1. Hinterzeh fehlt oder iſt ſe etwas zuſammengedrückt. - 2. Hinterzeh lang (nur der ( Schnabel von der ſiebente a. Schnabel dünn, weich. — Scolope b. Schnabel kurz o Rallidae, Waſſe c. Schnabel lang, f ſelten niedergedrüc I. Schnabel lang, dünn, etwas gebogen; Fi II. Schnabel kurz, flach oder etwas zufaı Rieſenvögel. . III. Schnabel ſtark, Oberſchnabel hakenförmig I. Flügel lang, zugeſpitzt (Siehe ſechſte Fe A. Hinterzeh fehlend oder ſehr kurz. B. Hinterzeh lang; Schnabel gerade kürzern, ſtumpfern Flügeln ſind ſchieden). — Columbinae, Tail II. Flügel kürzer, ſtumpf (Vergl. ſechſte Fe A. Wangen oder der ganze Kopf un I. II. III. Ja milie n * Zehnte Weberficht. der (Zu S. 436.) Vögel. Erſte Ordnung: Schwimmvögel. Vier Zehen, ſammtlich durch eine Schwimmhaut verbunden. — Pelecanidae, Peleka nee. Vierte Familie. Der Hinterzeh frei oder ganz fehlend. 8 5 5 — a 55 Dberſhſabel am e entweder fägeförmig gezähnelt oder mit hornigen Queerleiften; Flügel kurz oder 205 mäßig lang. — Anatidae, Entenvögel 4 2B2ẽ Fünfte Familie. (Der Flaumtaucher in der dritten Familie hat zwar auch Queerleiſten am Schnabelende, aber lange Flügel.) B. Oberſchnabel glattrandig (felten mit Aueerleiſten, dann aber find die Flügel lang). 5 1. Unsollſtändige, ſehr kurze, zum Fliegen untaugliche Flügel. — Impennes, Pinguine. 2. Vollſtändige, zum Fliegen kaugliche, aber doch kurze Flügel. — Colymbidae, Taucher. 3. Vollſtändige lange Flügel. — Longipennes, Mövenvgelll. . Erſte Familie. Zweite Familie. Dritte Familie. Zweite Ordnung: Wadvögel. Hühnerſtelzen . .. Achte Familie. eee eee ele Schnabel kurz, ſtark, gekrümmt, allmälig ſpitzzu gehend. x A. Flügel mittelmäßig⸗lang, ſtumpf; Beine lang oder mittelmäßig. — Alectorides, . Flügel lang, fpiß; Beine kurz. — Wadſchwalben, Glareolidae Schnabel entweder lang und dünn (zuweilen gebogen), oder kürzer und gerade. A. Vorderzehen durch Schwimmhaut verbunden. 5 2 1. Schnabel ſtark, mittelmäßig⸗lang, mit abwärts geknickten Oberſchnabel. — Hygrobatae, Waſſerſtelz en. 2. Schnabel lang, dünn, platt, aufwärts gekrümmt. — Ensatores, Säble r. Zehen frei. . 255 - F I. Hinterzeh fehlt oder iſt ſehr kurz; Schnabel hart, gerade, lang oder mittelmäßig⸗lang, rundlich oder etwas zuſammengedrückt. — Charadriadae, Moor laufen. 2. Hinterzeh lang (nur der Sonderling in der ſechſten Familie iſt ohne Hinterzeh, aber durch ſehr weichen Schnabel von der ſiebenten Familie verſchieden) 5 a. Schnabel dünn, lang oder mittelmäßig⸗lang, gerade oder etwas gebogen, mehr oder weniger weich. — Scolopacidae, Schnepfenvög enn... b. Schnabel kurz oder mittelmäßig⸗lang, ſtarkzuſammengedrückt; Beine mittelmäßig-lang. — Rin / re e. Schnabel lang, ſtark, gerade oder etwas gebogen, meiſt mehr oder weniger zuſammengedrückt, felten niedergedrückt. — Herodiae, Reiher vögel. Mn: Vierte Familie. Dritte Familie. B. Siebente Familie. Sechſte Familie. Erſte Familie. Fünfte Familie. Dritte Ordnung: Laufpögel. — Leptorhynchae, Wadläufer. eis e und gebogen; Füße mit drei oder zwei Zehen. — Procerae, Schnabel lang, dünn, etwas gebogen; Füße 1 1 Schnabel kurz, flach oder etwas zuſammengedrückt / en ee ce, een Schnabel ſtark, Oberſchnabel hakenförmig abwärts gekrümmt; Füße mit vier Zehen. — Ineptae, Dronten. Flügel lang, zugeſpitzt (Siehe ſechſte Familie). A. tech fehlend oder ſehr kurz. — Tesquacolae, Steppenhüh nee r——Jk u m nn E. Hinterzeh lang; Schnabel gerade; Oberſchnabel am Ende gewölbt, an der Wurzel wulſtig (einige Arten mit kürzern, ſtumpfern Flügeln ſind durch die Beſchaffenheit des Schnabels von den übrigen Hühnervögeln ver— ſchieden). — Columbinae, Tauben vögel. 9 . „ 8 Zweite Familie. Dritte Familie. Vierte Ordnung: Hühnervögel. Fünfte Familie, Sechſte Familie. Flügel kürzer, ſtumpf (Vergl. ſechſte Familie). A. Wangen oder der ganze Kopf unbefiedert. — Phasianidae, Hühner. . » 2 22 2 2 2 20 . Zweite Familie. I. Schwanzfedern mit ſtarkem ſteifen Schaft. — Certhiadae, Baumkleber. I. II. III. IV. I. II. II. B. Kopf ganz befiedert oder nur mit kleinen nackten Stellen über den Augen. 1. Aeußerer und mittlerer Zeh an der Wurzel mit einander verwachſen. — Megapodiac, Großfüßler. h : Dritte Familie. 2. Aeußerer und mittlerer Zeh an der Wurzel getrennt oder nur durch eine kurze Haut verbunden. a. Hinterzeh lang, in gleicher Höhe mit den vordern eingelenkt. — Penelopidae, Jakuhühner Vierte Familie. b. Hinterzeh entweder ganz fehlend oder kurz und höher als die vorderen eingelenkt. — Petrao- nidae, Feldhühner. J En . Etrſte Familie. Fünfte Ordnung: Hocker. .. Achte Familie. Schwanzfedern mit dünnem biegſamen Schaft. A. Kralle des Hinterzehes lang, gerade oder wenig gebogen. — Alaudinae, Lerchenvögel. Sechſte Familie. IB. Kralle des A e kürzer, gekrümmt. 1. Schnabel kurz, flach; Oberſchnabel mit hakig⸗abwärtsgebogener, ganzrandiger Spitze; Rachen weit; Beine kurz und ſchwach; Flügel meiſt lang. — Hiantes, Sperrvögel, o ee ate 2. Schnabel an der Wurzel breit; Oberſchnabel mit hakig⸗abwärtsgebogener Spitze, und vor derſelben mit einem Kerb. — Muscicapidae, Seiden vögel 3 weite Familie. 3. Schnabel mehr oder weniger zuſammengedrückt; Oberſchnabel an der Spitze abwärts gebogen, und vor derſelben mit einem Zahn. — Laniadae, Würgervögel. „ Nor Dritte Familie. 4. Schnabel ziemlich lang, ſtark, mehr oder weniger zuſammengedrückt und gebogen; Oberſchnabel ganz- randig oder nur mit einem Kerb vor der Spitze. — Merulidae, Raben vögel... Vierte Familie, 5. Schnabel gerade, kurz oder mittelmäßig-lang, gerundet oder etwas zuſammengedrückt, theils gewölbt (aber dann kurz und dick), ganzrandig oder ſchwachgekerbt vor der Spitze. a. Schnabel ſchwach, pfriemförmig oder kegelförmig. — Sylviadae, Sängervögel . Siebente Familie. b. Schnabel ſtark, kegelförmig, theils gewölbt. — Granivorae, Körnerfreſſer. Fünfte Familie. 6. Schnabel lang, dünn, gerade oder ſanft gebogen. — Tenuirostres, Dünnſchnäbler. * I En Sechſte Ordnung: Heftzeher. Schnabel ziemlich lang, ſchwach-gebogen, ganzrandig. — Meropidae, Bienenfreffer. „eite ai Schnabel lang, gerade, ſtark, kantig, ganzrandig. — Haleyonidae, Spitzſchnäbler. . Zweite Familie. Schnabel flach oder gewölbt, im letzten Falle aber doch ſehr breit. — Todidae, Breit ſchnäbler. ur Dritte Familie. Schnabel groß, zuſammengedrückt, mit gezähnelten Rändern. — Buceridae, Sägeſchnäbler. n ee Vierte Familie. Siebente Ordnung: Paarzeher. Schnabel um die Wurzel mit vielen vorwärts gerichteten langen ſteifen Borſtenfedern. — Borſtenvögel, Bucconidae. Dritte Familie. Schnabelwurzel mit gar keinen oder nur wenigen und ſchwachen Borſten. A. Schnabel mäßig-groß, zuſammengedrückt, etwas gebogen. — Cuculidae, Kuckuck vögel. Zweite Familie. B. Schnabel zuſammengedrückt, mehr oder weniger gebogen, mit gezähnelten Rändern. — Amplibolae, Wendezeher. Erſte Familie. 0. Schnabel gerade, kegelförmig. — Pioidae, Spechtvögel. „ re Re nee LNAIEYLERTrATHL LEE D. Schnabel kurz, dick, gewölbt; Oberſchnabel hakenförmig abwärts-gekrümmt. — Psittacinae, Sittiche. Fünfte Familie. - WB Achte Ordnung: Raubvögel. Gefieder locker; Augen groß, nach vorn gerichtet u. ſ. w. — Strigidae, Eulen. e e Erſte Familie. Gefieder dichter-anliegend; Augen mäßig-groß, ſeitwärts gerichtet u. ſ. w. A. Kopf mehr oder weniger nackt, ſelten dicht befiedert (dann aber mit einem Bart langer ſteifer Borſtenfedern an der Wurzel des Unterſchnabels). — Vulturinae, Geiervögel. . ° ee e B. Kopf dicht- und anliegend=befiedert. — Accipitrinae, Falkenvögel. Dritte Familie. .. 3 weite Familie. — — — —— — ͤ ́bHb. ͤ Mᷣwᷓ—ͤ— 4 \ Be. Br nun | Be, Porn Eee ie 5 Una: 2 i e 150 nun er beg e „„ DE HERE deen 1 Tr 70 dick ; “u I: 1 e 3 N 1 % EA —— 1 1 N 356578 8 N ee ey Pre ER ere e ee RE rg e i ien Eee ak 5 ee gun 18 1 al, deals 8 Ra en ER A et K* ur 72 = ee e 4 1 e ee 1 5 n e f „ e . 5 8 Vögel. i | 437 Zweite Ordnung: Wadvögel. . Erſte Familie: Waſſerhühner. Fulica L. Fulica, Bläßhuhn; Gallinula, Rohrhuhn; Po- doa, Saumfüßler. Rallus L. Rallus, Ralle; Crex, Schnarrer. Parra L., Spornflügler. | | Zweite Familie: Wadſchwalben. Glareola, Sandhuhn; Chionis, Scheidenvogel. Dritte Familie: Säbler. Recurvirostra L., Avozette. Vierte Familie: Waſſerſtelzen. Phoenicopterus L., Flamingo. | Fünfte Familie: Reihervögel. Ardea L. Grus, Kranich; Ciconia, Storch; Anastomus‘ Klaffſchnäbler; Scopus, Umbervogel; Ardea, Reiher. Tanta- Ius L. Tantalus, Nimmerſatt; Ibis. Mycteria L., Sabiru. Cancroma L., Kahnſchnäbler. Platalea L., Löffelreiher. Sechste Familie: Schnepfen vögel. Scolopax L. Scolopax, Schnepfe; Limosa, Sumpfläufer; Totanus, Waſſerläufer; Numenius, Brachvogel. Tringa L. Tringa, Strandläufer; Arenaria, Sonderling; Phalaropus, Waſ⸗ ſertreter. Siebente Familie: Moorläufer. Charadrius L. Charadrius, Regenpfeifer; Strepsilas, Steindreher; Vanellus, Kiebitz; Macrotarsus, Strandreuter; Hae- matopus L., Auſterfiſcher; Dromas, Reiherling. Achte Familie: Hühnerſtelzen. Palamedea L., Wehrvogel; Dicholophus, Cariama. Pso- phia L., Trompetenvogel. Otis L., Trappe. Dritte Ordnung: Laufvögel. Erſte Familie: Wadläufer. Apterkk, Wadſtrauß. | Zweite Familie: Rieſenvögel. Struthio L. Rhea, Nandu; eee er: ; Casuarius, Caſuar. 438 Eilfte Klaſſe. Dritte Familie: Dronten. Di dus L., Didu. Vierte Ordnung: Hühnervögel. Erſte Familie: Feldhühner. Tetrao L. Tetrao, Waldhuhn; Lagopus, Schneehuhn; Perdix, Rebhuhn; Coturnix, Wachtel; Crypturus, Tinamu; Or- tygis, Wachtelhuhn. 19 * Zweite Familie: Hühner. Numida L., Perlhuhn. Phasianus L. Phasianus, Faſan; Gallus, Haushuhn; Cryptonyx, Rurul; Lophophorus, Pfauen⸗ faſan; Argus, Argusfaſan. Pavo L., Pfau. Meleagris L., Puter. Dritte Familie: Großfüßle r. g Menura, Schweifhuhn; Megapodius; Pedienomus, Bir- ſtentruthahn. Vierte Familie: Jakuh ühner. * 1 Bess L., Hokko; — Jaku; nn Schopf⸗ huhn. Fünfte Familie: Steppenhühner. Pterocles, Ganga; Syrrhaptes, Fauſthuhn. | Sechste Familie: Tauben vögel. Columba L. Lolumba, Taube; Lophyrus, Htkeßeube Fünfte Ordnung: Hocker. Erſte Familie: Sperrobgel. Hirundo L. Hirundo, Schwalbe; Cypselus, Mauerſchwalbe; Caprimulgus L., Nachtſchwalbe. Podargus, Tagſchläfer; Nye. tibius; Steatornis, Fettvogel. 5 W 4 Zweite Familie: Seidenvögel. Muscicapa L., Fliegenſchnäpper; Ampelis L. Ampelis, Schmuckvogel; Bombyeilla, Seven foren Chasmarhynchus, Rachenvogel; Coracina. Dritte Familie: Bürgers ogel. | Lanius L. Lanius, Würger; Edolius, Drongo. Vögel. 439 Vierte Familie: Raben vögel. Oriolus (bloß O. galbula L.). Coraeias L. Coracias, b Racke; Glaucopis, Lappenvogel. Purdus L. Turdus, Droſſel; Myiothera, Fliegenjäger; Orthonyxz Timalia; Pteroptochus; Cinclus, Waſſerſchwätzer. Corvus L. Corvus, Rabe; Pyrrho- corax, Schneekrähe; Caryocatactes, Nußheher; Temia. „Eulabes, Mino. Paradisea L., Paradiesvogel. Fünfte Familie: Körnerfreſſer. Buphaga L., Madenhacker. Gracula L. Sturnus L., Staar. Oriotus L. größtentheils (ſ. vierte Familie); leterus, Gilbvogel; Cassicus, Trupial. Fringilla L. Fringilla, Fink; Pyrgita, Sperling; Ploceus, Webervogel. Losia L. Curvirostra, Kreuzſchnäbler; Loxia, Kernbeißer; ‚Pyrrhula, Gimpel; Vidua, Wittwenvogel; Colius, Kegelſchnäbler. Tanagra L. Tanagra, Tangara; Euphone, Organiſtvogel; Phibalura., ‚Emberiza L., Ammer. nnen ö Sechste Familie: Lerchen vögel. „ land r Alauda, Lerche; Auchus, Pieper. Siebente Familie: Sängervögel. Motacilla L. Motacilla, Bachſtelze; Sylvia, Säuger; 11 xicola, Steinſchwätzer; Accentor, Flüevogel; Enicurus; Regulus, Goldhähnchen; Troglodytes, Zaunſchlüpfer. Parus L., Meiſe; 1 L. * Rupicola, Felfenhuhn. Sitta L., Kleiber. Achte Familie: Baumkleber.. Certhia L. zum Theil (f. neunte Familie). Certhia, Bim läufer; Dendrocolaptes, Baumhacker. a Neunte Familie: Dünnſchnäbler. Upupa L. Upupa; Wiedehopf; Epimachus, Strupphopf; Fregilus, Steindohle; Promerops, Certhia L. größtentheils 05 achte Familie); Tichodroma, Mauerklette; Philedon, Falten⸗ vogel; Melliphaga; Cinnyris, Zuckerfreſſer; Nectarinia, Honig⸗ vogel. 5 rochilus L., Kolibri. | . Sechste Ordnung: e Erſte Familie: eee, er en L., Immenvogel. iin „au oe , 440 Eilfte Klaſſe. Zweite Familie: Spitzſchnäbler. Alce do L. Alcedo, Eisvogel; Ceyx; Galbula, Glanzvogel. Dritte Familie: Breitſchnäbler. Todus L., Plattſchnäbler. Eurylaimus. g Vierte Familie: Sägeſchnäbler. Buceros L., Nashornvogel. Prionites, Momot. Siebente Ordnung: Paarzeher. Erſte Familie: Wendezeher. Rhamphastos L. Rhamphastos, Pfefferfreſſer; Ptero- glossus, Arakari; Scythrops, Rinnenſchnäbler; Musophaga, Helm⸗ vogel; Corythaix (zu Cuculus L. f. folgende Familie). Zweite Familie: Kuckuckvögel. Cuculus L. Cuculus, Kuckuck; Coccyzus, Cua; Indica- tor, Honigkuckuck; Centropus, Spornkuckuck. Crotopha 93 L., Madenfreſſer. Dritte Familie: B orſtenvögel. Bucco L. Bucco, Bartvogel; Pogonias, Schnurrvogel; Monasa. Trogon L., Nageſchnäbler. Vierte Familie: Specht vögel. Yunx L., Wendehals. Picus L., Specht. Fünfte Familie: Sittiche. Psittacus L. Psittacus, Papagei; Pezoporus, Erdpa⸗ pagei; Probosciger, Rüſſelpapagei. Achte Ordnung: Raubvögel. Erſte Familie: Eulen. Strix L. Strix, Kauz; Bubo, Ohreule. Zweite Familie: Falken vögel. Falco L. Circus, Weihe; Buteo, Buſſard; Milvus, Mi⸗ lan; Astur, Habicht; Falco, Falk; Aquila, Adler; Haliaetos, Fiſchadler; Pandion, Balbuſſard; Gypogeranus, Stelzengeier. Dritte Familie: Geier vögel. Vultur L. Gypaetos, Geieradler; Vultur, Geier; Sarco- rhamphus, Königsgeier; Cathartes, Aasvogel. Vögel. e 441 2. weiter Abſchnitt. Aeußere körperliche Beſchaffenheit. S 114. Die Geſtalt der Vögel, inſofern dieſelbe beſon⸗ ders von der des Rumpfes abhängt, bietet im Ganzen keine große Verſchiedenheiten dar. Die Größe iſt ſehr verſchieden: Im Allgemeinen ſind die Hocker am kleinſten; der kleinſte Kolibri iſt nur ſo groß wie eine große Biene; die Raben ſind die größten unter ihnen. Die Laufvögel find im Allgemeinen am größten; der Wadſtrauß, als der kleinſte von ihnen, iſt ohngefähr drittehalb Fuß hoch. Der größte Vogel iſt der Strauß, zuweilen an neun Fuß hoch; doch tragen dabei die langen Beine und der lange dünne Hals das Meiſte aus. Daſſelbe Verhältniß der genannten Körpertheile giebt auch vielen Wadvögeln (Reihern, Störchen u. ſ. w.) ein großes Anſehn, und nur durch ſehr lange Beine und Hals erreicht der Flamingo eine Höhe von ſieben Fuß. Die Trappe übertrifft jene faſt an Körpermaſſe. Das Sandhuhn und die kleine Ralle ſind die kleinſten unter ihnen, von Schwalben- und Finken⸗Größe. Unter den Schwimmvögeln iſt der kleine Sturmvogel (Pro: cellaria pelagica) am kleinſten, denn er hat nur die Größe einer Schwalbe. Schwäne, Albatroſſe, Kropfgänſe, ziemlich von glei⸗ cher Körpermaſſe, ſind die größten. Unter den Hühner vögeln ſind Wachteln und einige Taubenarten (Sperlingstauben) die kleinſten; Auerhähne (Tetrao urogallus) und Puter die größten. Unter den Heftzehern findet man die kleinſten Arten in der Gattung der Plattſchnäbler, nicht größer als Hänflinge; die Nas⸗ hornvögel ſind am größten, drei Fuß hoch. In der Ordnung der Paarzeher giebt es Spechte und Papageien ſo klein wie Sper⸗ linge, Pfefferfreſſer von zwei Fuß Höhe. Die Raubvögel ent⸗ halten, unter den Eulen, Arten nicht größer als Dompfaffen; der Condor (Sarcorhamphus gryphus) aber wird an 4 Fuß hoch. 8 115. Wir haben nun die einzelnen Theile des Körpers, Kopf, Hals, Rumpf, Flügel und Beine, näher zu betrad)- ten. Von der Bekleidung deſſelben, dem Gefieder, wird aber erſt am Ende dieſes Abſchnittes ausführlicher die Rede ſein. 442 Eilfte Klaſſe Der Kopf nähert ſich meiſt der Kugelform, theils iſt er etwas in die Länge gezogen oder oben platter (3. B. Adler, Geier⸗ vögel); zuweilen mit einem helmförmigen Aufſatze (Caſuar, Perlhuhn, Hokko); bei einer Art Wehrvögel (Palamedea cornuta) mit einem langen dünnen Horn. An denjenigen Vögeln, welche nackte warzige Stellen am Kopfe oder einen ganz nackten Kopf haben, bildet ſich hier die Haut oft als mannigfach geſtaltete Fleiſchlappen und Erhöhungen aus: Dahin gehören die flei⸗ ſchigen Kämme auf dem Vorderkopfe und die herabhängenden Lappen an der Schnabelwurzel der Königsgeier, Perlhühner, Haus⸗ hühner, Puter, einiger Bläßhühner und Kiebitze. Seltener ſind dergleichen Zierrathen am Hinterkopfe, z. B. am Mino. Bei einigen Vögeln ſchwellen dieſe Fleiſchauswüchſe ſtark an, wenn jene in Affekt gerathen, z. B. am Puter, wo dann beſonders ein Fleiſchzapfen auf der Wurzel des Oberſchnabels ſi ch fo ausdehnt, daß er wie ein dicker Wurm zur Seite hinabhängt. Gleiche Be⸗ wändniß ſcheint es mit dem fleiſchigen Horne zu haben, welches der Rachenvogel an der Schnabelwurzel auf der Stirn hat, und mit den beiden Hörnern, welche das Männchen des Satytfaſans (Pasiauus satyrus) jederſeits am Kopfe trägt. Das Männchen des Rachenvogels hat überdem an der nackten Kehle eine große Menge fleiſchiger wurmförmiger Anhängſel, die zum Theil bis zur Bruſt hinabreichen. Ueberhaupt aber find dergleichen Fleiſchlappen an den Männchen immer anſehnlicher als an den Weibchen. . 8 116. Die mehr oder weniger vorgeſtreckten, ſtärkern i oder ſchwächern Kinnladen ſind mit einem hornharten Ueberzuge bekleidet, und bilden ſo den Schnabel, welcher in den verſchie⸗ denen Ordnungen und Gattungen der Vögel die mannigfaltigſten Verhältniſſe und Förmen darbietet. — Der Richtung nach iſt er entweder grade oder gekrümmt, beides in mannigfaltigen Ver⸗ hältniſſen: Einen graden kurzen kegelförmigen Schnabel haben die meiſten Sängervögel, Lerchenvögel, Körnerfreſſer; beſonders ſtark iſt dieſer Schnabel an den Kernbeißern. Länger, zum Theil von Kopfeslänge, iſt er zu B. an den Spechten; überall von ziemlich gleicher Dicke, und dabei dünn, meiſt lang oder ſehr lang (d. h. den Kopf an Länge übertreffend), bei vielen Wadvögeln (3. B. Schnepfenvögeln) und bei den Kolibris; zuſammengedrückt, Vögel. 443 lang, ſtark, bei den meiſten Reihervögeln. Die gekrümmten Schnäbel find entweder abwärts oder aufwärts gekrümmt. Jenes kommt bei weiten am häufigſten vor. Iſt dabei der ſpitz zugehende Oberſchnabel weit über das Ende des Unterſchnabels hinabgekrümmt, ſo nennt man den Schnabel hakenförmig, z. B. an den Raubvögeln, Sittichen, einigen Kernbeißern (Loxia enucleator). Bei vielen iſt der Schnabel grade und nur die Spitze des Oberſchnabels hakenförmig, z. B. bei den meiſten Geier⸗ vögeln, Würgervögeln, Sperrvögeln, Mövenvögeln, Pelekanen. Die Kreuzſchnäbler haben einen Kreuzſchnabel, indem der Oberſchnabel abwärts, der Unterſchnabel aufwärts gekrümmt iſt, und zwar fo, daß die Enden beider ſich kreuzen. Einen lan gen dünnen abwärts gekrümmten Schnabel haben manche Wad⸗ vögel (Brachvogel, etwas ſtärker und mehr oder weniger zuſam⸗ mengedrückt die Ibis), wie auch die meiſten Dünnſchnäbler und Bienenfreſſer. Etwas aufwärtsgebogen iſt er bei den Sumpf⸗ läufern und einigen Waſſerläufern, noch mehr aber bei den Sä⸗ blern. — Nach dem Verhältniſſe der Breite zur Höhe ſind die Schnäbel entweder zuſammengedrückt (ſo mehr oder we⸗ niger bei ſehr vielen Vögeln, beſonders ſtark z. B. bei den Pa⸗ pageitauchern, Scheerenſchnäblern u. ſ. w.), oder niedergedrückt, z. B. an Sperrvögeln, Seidenvögeln, Strauß, den meiſten Enten⸗ vögeln u. ſ. w. Beſonders merkwürdig geſtaltet ſind, unter die⸗ ſen Formen, der große breite Schnabel der Kahnſchnäbler, deſſen gekielter Oberſchnabel ganz paſſend mit einem umgekehrten Kahne verglichen wird; dann der ganz plattgedrückte, große, nach vorn breitergerundete Schnabel der Löffelreiher, den man mit einem ganz plattgedrückten Löffel vergleichen könnte; ferner der Schna⸗ bel der Flamingos, deren ganz platter, am Ende abwärts geknick⸗ ter Oberſchnabel den halbcylindriſchen Unterſchnabel, wie der Deckel die Doſe, bedeckt. — Was die verhältnißmäßige Längeſdes Ober- und Unterſchnabels betrifft, fo find an den ganzogra⸗ den oder nur ſanft gebogenen Schnäbeln in der Regel beide von ziemlich gleicher Länge, oder der Oberſchnabel nur etwas weniges länger. Eine merkwürdige Ausnahme hievon macht der Scheeren= ſchnäbler, deſſen Unterſchnabel bedeutend länger als der Oberſchna⸗ bel iſt. An den hakenförmig gebogenen Schnäbeln iſt der obere 444 Eioilfte Klaſſe. immer länger als der untere: Am auffallendſten iſt dieſes bei den Sittichen, und ganz beſonders wieder an dem Rüſſelpapagei, deſſen Oberſchnabel ungeheuer groß, der Unterſchnabel aber unge— mein kurz iſt, ſo daß der Schnabel nie ganz geſchloſſen werden kann. — Nach der Größe und Stärke ſind die Schnäbel theils lang und ſchwach (ſo beſonders an Schnepfenvögeln, Säblern, Dünnſchnäblern, Kolibris), theils lang und ſtark (3. B. an Stör⸗ chen und Reihern), theils kurz und ſtark (z. B. Raubvögel, Sit⸗ tiche, Körnerfreſſer, beſonders Kernbeißer), theils kurz und ſchwach (ſo beſonders viele Sängervögel, z. B. Manakins, Zaunſchlüpfer, Goldhähnchen). Die Nashornvögel und Pfefferfreſſer haben zwar größtentheils einen mächtig großen Schnabel, der namentlich bei einigen der letztern faſt die Größe des ganzen Körpers hat, allein der ganze Schnabel beſteht nur aus einem dünnen durchſcheinen⸗ den horn⸗ oder pergamentartigen Futteral, welches mit lockerm Zellgewebe ausgefüllt iſt, und hat deshalb weder bedeutende Stärke noch großes Gewicht. In der Regel ſind die Schnäbel beider Geſchlechter Einer Art gleichgeſtaltet; nur an einer neuſeeländi⸗ ſchen Art (Neomorpha Gouldii) ſoll der Schnabel des Männchens grade und ſtark, der des e 5 e ſo lang, ſchwach, fehr gebogen ſein. § 112. Die Ränder der Gehnäbel d. Hi der rechte und linke Rand jedes Theils (des obern und untern) des Schnabels, ſind deſto mehr von einander entfernt, je breiter der Schna⸗ bel iſt, und deſto mehr einander genähert, je ſchmäler dieſer iſt. Am Scheerenſchnäbler iſt dieſes Verhältniß ſo, daß der Raum zwiſchen den Rändern des Oberſchnabels nur eine ſchmale Rinne bildet, die Ränder des Unterſchnabels aber ganz zuſammenfallen und eine einzige Schneide bilden, welche in die Rinne des Ober— ſchnabels einſchlägt, wie die Klinge eines Taſchenmeſſers in den Griff. — Die Richtung der Ränder entſpricht in der Regel der des Schnabels, d. h. iſt dieſer grade, ſo ſind es auch jene, iſt dieſer gekrümmt, ſo ſind es auch jene; doch iſt die Regel nicht ohne Ausnahmen, denn z. B. der Rand des Oberſchnabels von Eurylaimus corydon iſt von der Mitte an gegen die Spitze zu tief ausgeſchnitten, ſo daß er die Geſtalt eines langgezogenen darſtellt; gleichermaßen iſt am Klaffſchnäbler der Oberſchnabel⸗ Vögel. 445 rand in der Mitte ausgeſchwungen, ſo daß hier ein klaffender Raum ſich findet. — Die Ränder des obern und untern Schnabels treffen ſelten genau auf einander, z. B. an mehren Wadvögeln, un⸗ ter andern an Störchen, ſondern entweder treten die obern Ränder über die untern hinaus, und dieſes iſt der häufigere Fall, oder die untern treten neben den obern hervor, ſo z. B. bei manchen Körnerfreſſern, namentlich bei den Ammern. — An ſehr vielen Vögeln, beſonders aus der Ordnung der Hocker, namentlich an allen Seidenvögeln, hat der Oberſchnabel jederſeits vor der Spitze eine ſtärkere oder ſchwächere Kerbe; an andern iſt hier ein zahn förmiger ſpitzer Vorſprung, den man Zahn genannt hat, z. B. an den Falken, Würgern, Schnurrvögeln, Organiſtvogel; letzterer hat daſelbſt außerdem noch einige Kerben. Zuweilen iſt der ganze Rand gezähnt, entweder feiner (z. B. an Zuckerfreſſern, Platt: ſchnäblern, Rinnenſchnäblern), oder ſtärker (z. B. an den Säge⸗ ſchnäblern, Pfefferfreſſern, Nageſchnäblern, Turakkos, Helmvögeln, Sägetauchern). Mit hornartigen Qu eerleiſten iſt er beſetzt an den Entenvögeln, Flaumtauchern, Flamingos. | § 118. Der Ueberzug der Kinnladen, der das Aeu⸗ ßere des Schnabels bildet, iſt meiſtentheils hornartig feſt, bei man⸗ chen Vögeln aber weicher und empfindlicher, z. B. bei Schnepfen⸗ vögeln und Entenvögeln. Bei mehren andern iſt die Wurzel des Oberſchnabels mit einer beſondern abgeſetzten Haut umgeben, welche, da fie meiſt von gelber Farbe iſt, den Namen Wachs- haut erhalten hat, z. B. an Raubvögeln, Sittichen, Kappenvö— geln, Raubmöven, manchen Hühnervögeln. Auch die Tauben ha— ben eine Art Wachshaut; desgleichen einige Kibitze, an denen ſie ſich ſeitwärts in einen abwärtshängenden Lappen verlängert. Am Scheidenvogel bildet ſie ein hornhartes Futteral, in welchem die hintere Hälfte des Oberſchnabels ſteckt. — Einige Vögel haben an der Stelle der Wachshaut einen Höcker, der zum Theil mit zunehmendem Alter immer höher wird, z. B. der Hokko (Crax pauxi), und einige Schwäne und Gänſe; an Anas'spectabilis ſoll der Höcker im Winter bedeutend kleiner werden. — Bei den eigentlichen Nashornvögeln erhebt ſich oben auf dem Hintertheile des Schnabels ein hoher Aufſatz von gleicher Beſchaffenheit mit dem Schnabel, und auch im Innern mit dieſem zuſammenhängend. 446 Eilfte Klaſſe. — An den Kropfgänſen iſt die nackte Haut zwiſchen den beiden dünnen Unterkinnladen ſehr elaſtiſch, und kann, im Zuſammen⸗ hange mit der ebenfalls nackten Kehlhaut, zu einem großen Sacke ausgedehnt werden. Faſt eben ſo iſt es an den Saumfüßlern. Es giebt noch einige andere Vögel, welche unter der Wurzel des Unterſchnabels eine Art Kehlſack haben, z. B. das Männchen von Anas lobata und einige „ beſonders and iſt er an Buceros atratus. 8 119. Von dem Oberſchnabel iſt hier noch zu be⸗ 0 daß alle Vögel denſelben mehr oder weniger bewegen können, aber ohne Artikulation, ſondern der Bewegungspunkt iſt in der Knochenſubſtanz des Schnabels ſelbſt, entweder hinter den Naſenlöchern (fo bei den meiſten), oder weit vor denſelben (z. B an Kolibris und Schnepfenvögeln, die daher auch die vordere Hälfte des Schnabels öffnen können, während die hintere ver⸗ ſchloſſen bleibt), oder doppelt, vor und hinter den Naſenlöchern (z. B. an Regenpfeifern). S 120. Am Kopfe find die Sinnesorgane befindlich, welche wir jetzt zu betrachten haben, und zwar zuerſt die Zunge, als Sitz des Geſchmacks. Sie iſt meiſt mehr oder weniger knorplig und niedergedrückt, gegen das Ende allmälig ſchmäler verlaufend. Dicker und fleiſchiger iſt ſie z. B. an Enten und Gänſen, noch mehr aber an Flamingos und Papageien. Länge und Geftalt iſt in der Regel dem Schnabel entſprechend, jedoch nicht immer, z. B. die Zunge der Kropfgänſe, deren Schnabel an anderthalb Fuß mißt, iſt nur etwa vier Linien lang. Die gewöhn⸗ liche Geſtalt der Zunge iſt die lanzettförmige oder langgezogen⸗ dreieckige: Ein kurzes Dreieck bildet ſie z. B. bei dem Nandu, Nashornvogel, Eisvogel und der Schwalbe; bei dem Wiedehopf geht dieſe Form in die herzförmige über, bei dem Strauß in die halbmondförmige. Mehr gleichbreit, linealförmig, aber dicker, iſt ſie bei den Entenvögeln; flach, löffelförmig bei den Kreuzſchnä⸗ blern; lang pfriemenförmig bei den Seetauchern, Steißfüßlern, Seeſchwalben, Möven (an den drei letztern mit etwas eingeſchnit⸗ tener Endſpitze); beſonders lang dünn pfriemförmig bei den Schne⸗ pfen. Lang, dünn, wurmförmig, mehr oder weniger weit vor⸗ ſtreckbar iſt ſie bei Nyctibius, Spechten, Zuckerfreſſern, Kolibris, Vögel. N 447 Wendehals, Faltenvogel, Rüſſelpapagei. Die Zunge der Kolibris und der Melliphaga kann ſich röhrenförmig geſtalten, indem die Seitenränder ſich oben zuſammenlegen; nach andern Angaben wäre ſie faſt bis zur Wurzel in zwei Fäden getheilt, die ſich röh⸗ renförmig zuſammenlegen. Kurz, cylindriſch, vorn ſchräg, von unten nach dem Vorderrande, anette iſt ſie bei den en und Kernbeißern. Am Vorderende iſt die Zunge entweder abgerundet, z. B. an Gänſen, Sägetauchern, Geieradlern, Adlern, Habichten, Kern⸗ beißern, Gimpeln; oder einfach zugeſpitzt, ſo bei allen unſern in⸗ ländiſchen Hühnervögeln und Wadvögeln, mit Ausnahme der Waſſerhühner, bei denen das Vorderende etwas zaſrig iſt; oder eingeſchnitten und mit zwei Spitzen ſich endigend, ſo bei den mei⸗ ſten Gattungen der ſieben erſten Familien der Hocker, bei Geiern, Bienenfreſſern u. ſ. w.; ſehr wenig eingeſchnitten bei Falken, Käu⸗ zen, Trappen, Steißfüßlern, Seeſchwalben, Möven; ſehr tief ein⸗ geſchnitten, gabelförmig, bei Nußhehern, Promerops; oder in vier und ſelbſt mehre Spitzen ausgehend, bei den Kleibern und eini⸗ gen Sängern. An ſehr vielen Vögeln iſt das Zungenende in kurze Zaſern aufgelöſt, z. B. an den Waſſerhühnern, Racken, Flie⸗ genſchnäppern, Aae Faltenvögeln, einigen Meiſen, bei Parus major bilden die Zaſern vier Pinſel, die man als vier, in Zaſern aufgelöſte Spitzen betrachten könnte. Mit hornharten Wi⸗ derhaken iſt das Vorderende der Zunge beſetzt bei Nyctibius und den Spechten. Als ein beſonderer hornartiger runder Anhang zeigt ſich das Zungenende der Enten. — Die Seitenränder der Zunge ſind bei einigen Vögeln in längere Zaſern aufgelöſt, wie gefiedert, z. B. bei Arakaris, Pfefferfreſſern, Momots; mit kür⸗ zern Borſten gefranzt und mit Widerhaken beſetzt bei Gänſen, Enten, Sägetauchern (letztere haben außerdem noch zwei Reihen kleiner Widerhaken auf der Oberfläche der Zunge, wie die Nacht⸗ ſchwalben). — Das Hinterende der Zunge iſt meiſtentheils winklig eingeſchnitten, ſeltner bogenförmig ausgeſchweift, bei einigen ziemlich grade⸗abgeſchnitten, z. B. bei Spechten, Regenpfeifern, Strandläufern, Säblern, Steißfüßlern u. ſ. w.; faſt durchgängig gezähnelt, beſonders ſtark-gezähnelt bei Seetauchern und Enten⸗ vögeln; ohne Zähne z. B. bei Spechten und Eisvögeln. 448 Ei.ilfte Klaſſe. 58 121. Die Naſenlöcher ſind bekanntlich Organe, welche zugleich die Empfindung des Geruchs und das Athmen vermitteln Sie liegen meiſt an den Seiten des Schnabels, ge⸗ gen deſſen Wurzel zu; bei den Sturmvögeln jedoch oben auf dem⸗ ſelben, wo ſie in einer liegenden Röhre vereinigt ſind, die durch eine Längsſcheidewand getheilt iſt; bei den Pfefferfreſſern ſogar oben hinter dem Schnabel. Wo eine Wachshaut die Schnabel⸗ wurzel umgiebt, da liegen fie in dieſer. An den Albatroſſen ſte⸗ hen ſie jederſeits röhrenförmig vor; bei allen übrigen Vögeln lie⸗ gen ſie flach auf oder ſelbſt noch in einer ſeichten Vertiefung. — Ihre Geſtalt iſt verſchieden: An kurzen Schnäbeln ſind ſie meiſt kreisrund oder oval oder nierenförmig; an langen ſind fie ſchmä⸗ ler, ritzenförmig; doch giebt es auch einige kurzſchnablige Gattun⸗ gen mit ſchmalen Naſenlöchern, z. B. Tauben, Zaunſchlüpfer, Schnarrer, Rohrhühner, Bläßhühner. Sehr klein ritzenförmig find ſie an Scharben und Kropfgänſen, an letztern kaum zu erkennen und zum Theil ganz fehlend. 8 122. Die Ohren find unter den Seitenfedern des Kopfes verborgen, als eine flachliegende Oeffnung, welche nur bei einigen Eulen eine äußere Ohrmuſchel hat. Ueberhaupt haben die Eulen unter allen Vögeln die größte Ohröffnung. § 123. Die Augen find äußerlich durch die zwei ge⸗ wöhnlichen Augenlieder, und noch durch ein drittes, die ſoge— nannte Nickhaut, geſchützt. Das obere wird nach unten, das untere nach oben, die Nickhaut, welche im vordern Augenwinkel liegt, horizontal über das Auge gezogen. Die Augen liegen ſeit⸗ wärts, meiſt ſo ziemlich in der Mitte des Kopfes; theils mehr nach vorn, z. B. an den Reihern u. ſ. w. faſt in der Schnabel⸗ wurzel; theils mehr nach hinten, ſo an den Schnepfen. Bei den Eulen ſind ſie, wegen des breitern Geſichts dieſer Thiere, nicht ſeitwärts, ſondern mehr vorwärts gerichtet. Die verhältnißmäßig größten Augen haben die Nachtvögel, wie Eulen, Machrſcen ben u. ſ. w. § 124. Beſondere Organe für das feinere Gefühl, re Saborgane, finden ſich an den Vögeln nicht; jedoch iſt hier die weiche nervenreiche Haut, die den Schnabel mancher Vögel, z. B. der Enten und Schnepfen, überzieht, zu erwähnen, da ſie J Vögel. | 449 dieſen Thieren wol als „ Bm e e der a dienen mag. 8 125. Die are gan Haben: wir backe kurz zuvor, als Naſenlöcher kennen gelernt. 8 126. Der Hals, oder derjenige Theil, ice um Kopf mit dem Rumpfe verbindet, entſpricht in Hinſicht ſeiner Länge meiſtentheils der Länge der Beine; daher haben die Sä— bler, Waſſerſtelzen, Reihervögel, Rieſenvögel im Ganzen die längs ſten Hälſe; beſonders lang und ſchlank iſt derſelbe an den Maf: ferftelgen. Eine Ausnahme von jener Regel findet nur in der Ordnung der Schwimmoögel ſtatt, welche ſämmtlich kurze Beine, dabei aber doch zum Theil einen langen ſchlanken Hals haben, fo beſonders die Anhingas, Kropfgänſe, Schwäne. — Bei denjeni⸗ gen Vögeln, welche einen nackten oder nur dünnbefiederten Kopf haben, iſt oft auch der Hals eben ſo ſpärlich bekleidet, z. B. der der Argusfaſane, Puter, Caſuare, Trompetenvögel, Jabirus, Geier. Der Jabiru hat an der Unterſeite einen längern oder für: zern hängenden Sack; und bei den Geiern tritt an derſelben Stelle, wenn dieſe Vögel ſich mit Nahrung überladen haben, der Kropf zuweilen als ſolch ein Sack hervor. ( § 127. Der Rumpf des Vogelleibes bietet in feinen Furmen keine auffallende Verſchiedenheiten dar: Er iſt länger als breit, meiſt vorn dicker als hinten, bei den Schwimmvögeln mehr geſtreckt, bei den Pinguinen hinten faſt dicker als vorn. — Wir haben an ihm die Bewegungsorgane, den An und die Geſchlechtsöffnung zu betrachten. § 128. Der Bewegungsorgane find zwei Paar, ein vorderes, die Flügel, ein bag ib ‚die Beine, und: een der Schwanz. Die Flügel beſtehen aus Oberarm, nt end nn, Pr mit Fingern. Alle diefe Theile find mit dichten und zum Theil langen Federn bekleidet, und daher beſſer am Skelett zu unter⸗ ſcheiden. Im Ruheſtande find fie eingeſchlagen und dicht an die Seiten des Rumpfs gelegt. — Ihre Länge iſt ſehr verſchieden Sehr lang, weit über das Hinterende des Rumpfes hinausrei⸗ chend, ſpitz zugehend, ſind die Flügel der meiſten Schwalben und Tauben, der Kolibris, Bienenfreſſer, Gangas, Fauſthühner, Sande | 29 450 Eilfte Klaſſe. hühner, Fregattvögel, Mövenvögel. Verkümmerte, ſehr kurze, zum Fliegen untaugliche Flügel haben die Laufvögel, Pinguine, eine Art der Alke (Alca impennis), und der Pteroptochus. Bei eini⸗ gen Vögeln ſind ſie am Bug mit einem vorſtehenden pfriemför⸗ migen oder etwas gebogenen nackten Knochen oder Sporn be— waffnet, z. B. an einigen Regenpfeifern, Kiebitzen, Spornflüglernz und die Wehrvögel haben außerdem noch einen ſolchen Sporn an der Mittelhand. — Von den Flügelfedern wird ſpäter da, wo das Gefieder überhaupt betrachtet wird, die Rede ſein. 8 129. Die Beine beſtehen aus Schenkel, Schien⸗ bein und Fuß; letzterer wieder aus Ferſe und Zehen. — Der Schenkel iſt kurz, anliegend, unter Haut und Federn ver⸗ borgen. — Das Schienbein iſt länger als jener und vortretend. — Die Ferſe iſt meiſt wieder länger als das Schienbein, entwe⸗ der ſich der drehrunden Form mehr nähernd, oder ſeitwärts zu⸗ ſammengedrückt (ſo an den Schwimmvögeln), ſelten platt und kurz, wie am Rüſſelpapagei. Die Männchen der meiſten Hühner haben an der Innenſeite der Ferſe einen langen, etwas nach hin⸗ ten gerichteten, ſpitzverlaufenden, hornartigen Sporn, von dem ſich auch an den Weibchen eine Spur findet. Die Männchen einiger Argusfaſane (Polyplectron) und Rebhühner (Francolinus) haben zuweilen zwei bis vier ſolcher Sporen an jeder Ferſe; nicht ſelten an einer Ferſe deren mehre als an der andern. 8 130. Die Zehen find in Zahl, Länge, Stellung, Ber: bindung ſehr verſchieden. Die häufigſte Zahl der Zehen iſt vier, und deren Richtung ſo, daß drei nach vorn, einer nach hinten gekehrt ſind, nicht ſelten aber auch zwei nach vorn und zwei nach hinten (Paarzeher), wo jedoch zuweilen der äußere hintere will⸗ kürlich auch nach vorn oder doch ſeitwärts gebogen werden kann (z. B. an den Kududsvögeln) An den Eulen findet daſſelbe mit dem äußern der drei Vorderzehen ſtatt. Einen ſolchen, bald nach vorn, bald nach hinten ſich richtenden Zeh nennt man Wendezeh. Sehr ſelten ſind alle vier Zehen nach vorn gerich— tet, nämlich an den Mauerſchwalben; doch können auch die Ke⸗ gelſchnäbler den vierten (Hinter⸗„Zeh nach vorn richten. — Mehre Vögel haben nur drei Vorderzehen, keinen Hinterzeh, z. B. Moorläufer, die meiſten Laufvögel (mit Ausnahme des Straußes Vögel. ; 451 und Dronte); auch den Fauſthühnern, Albatros, Sturmvögeln Hund einigen Möven fehlt der Hinterzeh oder iſt doch ſehr ver⸗ kümmert. — Der dreizehige Specht und die Gattung Ceyx ſind die einzigen dreizehigen Vögel, an denen zwei Zehen nach vorn und einer nach hinten gerichtet ſind. Der Strauß iſt der einzige zweizehige Vogel, und zwar ſind beide Zehen nach vorn gekehrt. In Hinſicht ihrer Verbindung untereinander ſind die Ze⸗ hen entweder ganz getrennt, nur die vordern zum Theil durch eine kurze Haut an der Wurzel vereinigt, ſo bei den meiſten Vögeln; oder ſie ſind wenigſtens bis zur Mitte, meiſt bis zur Spitze, durch eine zwiſchen ihnen ausgeſpannte Haut verbunden, ſo an den bei weiten meiſten Schwimmvögeln und einigen Wad— vögeln, z. B. an den Flamingos, Säblern, Reiherlingen, Löffel— reihern. Dieſe Verbindung gilt indeß in der Regel nur von den drei Vorderzehen; der Hinterzeh iſt entweder ganz frei oder mit einem Hautſaum umgeben, letzteres an den Seetauchern, Steiß— füßlern und mehren Enten (den ſogenannten Tauchenten (Soma- teria, Fuligula, Clangula). An den Pelekanen find alle vier Zehen durch eine Haut vereinigt, indem der Hinterzeh nach In— nen gerichtet und mit dem innerſten Vorderzeh durch die Haut verbunden iſt. Bei einigen Gattungen (Bläßhuhn, Waſſertreter, Saumfüßler, Steißfüßler) dehnt ſich die aus pergamentartigen Queerſchienen beſtehende Bedeckung der Zehen ſeitwärts ſo aus, daß ſie um dieſe einen lappigen Saum bildet; auch die Zehen der Waldhühner ſind an den Seiten mit abſtehenden Schuppen umgeben; die Rohrhühner haben nur einen einfachen ſchmalen Hautſaum um die Zehen. — An den Heftzehern ſind der mit⸗ telſte und der äußerſte der drei Vorderzehen an der Wurzel, faſt bis zur Mitte und theils bis über dieſe hinaus, mit einander verwachſen; und an den Fauſthühner ſind Wim DR zehen bis zur Kralle vereinigt. 4 Die Zehen find gegliedert, und zwar in 51 Regel ion daß der hinterſte zwei, der innerſte drei, der mittelſte vier, der äußerſte fünf Glieder hat. — Das letzte Glied trägt am Ende, eine Kralle, welche meiſtentheils ſichelförmig gekrümmt iſt, all⸗ mälig ſchwächer wird und ſpitz endigt; ſtumpfer, kürzer und we⸗ 29 * I 452 Eilfte Klaſſe. niger gebogen ſind die Krallen der Hühnervögel. An Lerchen, Piepern, Spornkuckuck, Wehrvögeln iſt die des Hinterzehes be⸗ ſonders lang und geradeaus geſtreckt; und die Spornflügler ha⸗ ben ſolche Krallen an allen Zehen; auch an Orthonyx ſind alle Krallen faſt gerade ausgeſtreckt. Die Oberſeite der Krallen iſt conver, die Unterſeite concav. An einigen Vögeln iſt die Kralle des Mittelzehes kammartig gekerbt, z. B. an Nachtſchwalben, Reihern, Sandhühnern, einigen Sumpfläufern und Pelekanen. Selten fehlt an einem oder dem andern Zeh die Kralle, z. B. beim Strauß an dem äußern Zeh; bei andern am Hinterzeh, zumal wenn dieſer ſehr verkümmert iſt, wie bei einigen Möven (Larus tridactylus), aber auch bei dem Rurul. Den Sturmvögeln fehlt der Hinterzeh, aber die Kralle deſſelben ſitzt an . ie ein⸗ gewachſen. Die Länge der Zehen richtet ſich in etz Regel a Ks Gliederzahl, fo daß alfo der äußerſte Zeh der längſte, der Hinz terzeh der kürzeſte zu fein pflegt; an den Nageſchnäblern aber iſt der innere Zeh länger als der äußere. Die Spornflügler haben die längſten und ſchlankſten Zehen; Strauße und een die kürzeſten und dickſten. § 131. Die Bekleidung der Voint iſt Went dem Schenkel und Schienbeine ſind immer befiedert; letztere jedoch bei den Laufvögeln, Wadvögeln und Schwimmvögeln gegen das untere Ende zu nackt. Je kürzer an den ebengenannten Vögeln die Beine ſind, deſto tiefer hinab iſt das Schienbein befiedert, ſo daß an manchen kaum das äußerſte Ende deſſelben ſich nackt zeigt, 3 B. an den Schwimmvögeln und Schnepfen. Mehre Vögel haben auch befiederte Ferſen, z. B. Waldhühner, Fregattvögel, einige Adler und Buſſarde; und an manchen ſind außerdem auch die Zehen ſo bekleidet, z. B. an Fauſthühnern, Schneehühnern, Eulen. — Die unbefiederten Zehen und Ferſen erſcheinen mit einer pergament-hornartigen Haut bedeckt, welche entweder wie aus kleinen Schuppen zuſammengeſetzt, netzförmig ſich zeigt, ſo an Geiern, Falken, Papageien, Trappen u. ſ. w., oder, beſonders auf der obern oder vordern Seite jener Gliedmaßen, durch ein⸗ geſchnittene Queerlinien in Schilder oder Schienen getrennt, wie es bei den en Vögeln der Fall iſt, oder endlich keine Vögel. | 453 ſolche Trennungslinien zeigt, ſondern ganz glatt iſt (geſtiefelte Beine), ſo bei den meiſten Sängervögeln und Körnerfreſſern. 9% 132. Länge, Stärke und Anſitzungspunkt der Beine ſind verſchieden. Lang und ſtark find fie an den Lauf— vögeln, mit Ausnahme des Dronten, deſſen Beine kurz ſindz lang und dünn an den meiſten Wadvögeln, beſonders an Strand— reutern und Flamingos; kurz und ſtark an den meiſten Schwimm⸗ vögeln, Hühnervögeln, Raubvögeln; kurz und ſchwach an den meiſten Hockern, beſonders an Sperrvögeln und Kolibris, ferner an den Wadſchwalben und den meiſten Heftzehern — Der An⸗ ſitzungspunkt (Stützpunkt), d. h. die Stelle, wo die Beine dem Körper im Stehen und Gehen ſtützen und tragen, iſt eigentlich nicht da, wo der Schenkel mit dem Becken artikulirt, ſondern da, wo der Schenkel mit dem Schienbein artikulirt, weil der Schenkel am Körper mit anliegt. Je länger alſo der Schenkel iſt, deſto mehr iſt der Stützpunkt der Mitte des Körpers genähert, und deſto mehr nähert ſich die Richtung des Körpers, im Stehen und Gehen, der wagerechten. Am weiteſten nach hinten fällt jener Punkt im Ganzen bei den Schwimmvögeln, beſonders bei denen, welche mehr ſchwimmen als fliegen; faſt ganz hinten ſitzen die Beine der Seetaucher, Steißfüßler, Pinguine, daher dieſe Vögel, wenn ſie ſich am Lande befinden, den Körper ganz aufrecht magen. 6 8 133. Man hat den Beinen, nach der Verſchiedenheit der Zahl, Bekleidung, Geſtalt und Verbindung ihrer Glieder, auch verſchiedene Benennungen gegeben. Wadbeine ſind ſolche, deren Fuß und unterer Theil des Schienbeins unbefiedert iſt. Dieſe theilen ſich wieder in Stelzenbeine, mit ſehr langer drehrunder Ferſe und vier Zehen (bei den meiſten Wadvögeln); Laufbeine, an denen der hintere Zeh fehlt (bei den Moorläu— fern und meiſten Laufvögeln); Schwimmbeine, mit kurzer zu= ſammengedrückter Ferſe, meiſt mit ganz verbundenen Vorderzehen (bei den Schwimmvögeln). Gangbeine find ſolche mit ganz befiederten Schienbeinen (bei allen übrigen Vögeln). Mit Aus⸗ nahme der Füße des dreizehigen Spechtes und des Fauſthuhns, welche nur mit drei Zehen verſehen ſind, haben die Füße der Gangbeine vier Zehen, meiſt drei nach vorn und einen nach hin— / } 454 Eilfte Klaſſ e. ten. Wenn dann alle Zehen ganz frei ſind, ſo heißen ſie Spalt⸗ füße, z. B. am Schopfhuhn, Tinamu, Wachtelhuhn; und wenn dabei die Zehen lang, ſtark, mit ſtarken Ballen verſehen, und mit einer ſtarken, ſichelförmigen, ſcharf zugeſpitzten Kralle be⸗ waffnet ſind, Raubfüße, ſo bei den Raubvögeln; wenn die Vorderzehen nur durch eine kurze Haut an der Wurzel verbun⸗ den ſind, Sitzfüße, fo bei den meiſten Hühnervögeln und vie⸗ len Raubvögeln; wenn der mittelſte und äußerſte Zeh an der Wurzel verwachſen ſind, Wandelfüße, ſo bei den bei weiten meiſten Hockern und den Großfüßlern; wenn jene beiden Zehen aber bis zur Mitte oder darüber hinaus verwachſen ſind, Schreit⸗ füße, ſo bei den Heftzehern, Manakins und Felſenhühnern. Wenn zwei Zehen nach vorn, zwei nach hinten gerichtet ſind, ſo nennt man die Füße Kletterfüße, bei den Paarzehern; und wenn alle vier Zehen nach vorn gerichtet ſind, Be bei den Mauerſchwalben. § 134. Der After und die Geſchlechtsöffnung befinden ſich ſtets am Hinterende des Rumpfs, und münden, mit den Uringängen, in eine gemeinſchaftliche Kloake, welche bei den Straußen zugleich ſtatt der Urinblaſe zur Anſammlung des Urins dient, während bei den übrigen Vögeln der Urin ſich mit den Exkrementen des Darms vermengt. — Aeußere Geſchlechtstheile kommen weiter nicht vor, denn die Ruthe des Straußes und einiger Schwimmvögel gehört zu den innern Geſchlechtstheilen, bei denen ſie beſchrieben werden wird. Der weibliche Strauß hat in der Geſchlechtsöffnung eine Vorragung, die dem Kitzler der Säugthiere entſpricht. § 135. Wir haben nun die äußere allgemeine Bedeckung des Körpers und ſeiner Theile, nämlich das Gefieder oder die Federn, zu betrachten. Nicht ſelten iſt der Kopf, oder auch Kopf und Hals, ſo dünn und ſparſam befiedert, daß ſie mehr oder weniger nackt erſcheinen. Viele Weibchen rupfen, zur Brut- zeit, die Federn am Bauch aus, wodurch nackte Stellen entſtehen, die man Brutflecke genannt hat. Die untern Glieder der Beine ſind meiſtens auch nackt. § 136. Man kann die Federn als mehr oder weniger ſtarke, ſteife, elaſtiſchbiegſame, gefiederte Borſten betrachten. Sie Bügel 3 | 455 beſtehen aus dem Kiel oder der Spule dem Schaft und dem Bart. — Der Kiel iſt der untere drehrunde Theil, wel: cher nackt iſt und in der Haut feſtſitzt. Die äußere Fortſetzung deſſelben iſt der Schaft, welcher meiſt vierkantig, bei einigen Vögeln aber (3. B. am Klaffſchnäbler und an den erſten Schwung: federn einiger Kolibris) blattartig breitgedrückt iſt und beiderſeits mit häutigen verlängerten oder borſtenförmigen, mehr oder weni— ger dicht aneinander ſchließenden, oder lockern, längern oder kür⸗ zern Anhängſeln oder Strahlen beſetzt iſt, welche der Bart ge⸗ nannt werden. Zuweilen find die Bartſtrahlen ſelbſt noch fein- geſiedert, beſonders an lockern Bärten. Am Nandu und Laue kommen meiſt zwei Schäfte aus einem Kiel.“ 8 137. Die Federn find. an den ichen Körper⸗ theilen von verſchiedener Beſchaffenheit und Länge. Bei den Pinguinen ſind ſie allenthalben faſt gleich, ſehr klein und wie Schuppen über einander liegend. — Die eigentlichen Federn haben einen dichten ununterbrochenen ſteifen Bart; an andern, die man Halbfedern nennen könnte, iſt nur ein Theil des Schaftes, oft nur ein ſehr geringer Theil deſſelben, meiſtens das äußerſte Ende, mit einem dichten Bart verſehen; dergleichen Fe— dern kommen vorzüglich als mittlere verlängerte Schwanzfedern an mehren Vögeln der heißen Länder vor, z. B. an Arten von Eisvögeln (Alcedo dea), Papageien (Psittacus setarius), Witwen⸗ vögeln (Vidua regia u. ſ. w.), beſonders an mehren Paradies⸗ vögeln; an einer Art Drongo (Edolius remifer) iſt jederſeits die äußerſte Schwanzfeder von dieſer Beſchaffenheit. Seltener zieren ſolche Federn die Seiten des Kopfes, z. B. an Otis aurita, Pa- radisea aurea.— Dunen oder Flaumfedern nennt man kurze Federn mit ſchwachem Schaft und weichen lockern Bart, dergleichen ſich bei allen Vögeln, beſonders an den Schwimm⸗ vögeln, unter den eigentlichen Federn, vorzüglich an der Unterſeite des Körpers, finden. An manchen Geiern iſt der Hals, an man⸗ chen Eulen ſind die Ferſen, am Strauß iſt der ganze Körper mit Dunen bekleidet, ohne eigentliche Deckfedern darüber zu haben; jedoch ſind am Strauß die untern Dunen wolliger als die obern. — Sammtfedern ſind ſehr kurze, zarte, dicht gedrängt ſtehende Federchen, mit denen z. B. die Schnabelwurzel, theils der ganze 456 | Eilfte Klaſſe. Kopf, der Paradiesvögel, des Mino, der 1 'emia, bekleidet iſt. — Borſtenfedern haben einen dünnen böcflenartigenn Schaft, mit einem ſparſamen dünnen, doch ziemlich ſteifen, oft kaum merklichen, zuweilen ganz fehlenden Bart; finden ſich mehr oder weniger bei faſt allen Vögeln an der Schnabelwurzel, be⸗ ſonders bei Eulen, Boerſtenvögeln, Nachtſchwalben u. ſ. w.; ausgezeichnet lang deren ſechs fadenförmige bei einer Art Drongo (Edolius hottentotta); an den Seiten des Körpers bei eini⸗ gen Paradiesvögeln (Paradisea apoda); auf dem Rücken bei verſchiedenen Reihern; als Bart unter dem Unterſchnabel des Geieradlers; über den ganzen Körper bei dem Kaſuar. Die beiden mittleren langen Schwanzfedern der Paradisea regia find, mit Ausnahme der Spitze, ganz bartlos; ſo ſind auch die Au⸗ genwimper der Vögel, die Bartborſten des Geieradlers, die Bruſtborſten des Puters ohne Bart. — An manchen Vögeln gehen die Federſchäfte über den Bart hin, zum Theil in erwei⸗ terte häutige Anhängſel aus, z. B. an einigen Federn der Flügel und des Schwanzes des chineſiſchen Spornflüglers; an den Kehlfedern des männlichen Turdus dispar und des Seythrops decorus; an den Federn des Halſes und Unterleibes eines Klaff- ſchnäblers (Anastomus lamelligerus); an den Nackenfedern und Flügeldeckfedern des Gallus Sonneratif; an den Schwungfedern der zweiten Ordnung und den wee e des Seiden⸗ ſchwanzes u. ſ. w. 8 138. Die Lage der Federn iſt ſo, daß ſie nach * ten gekehrt ſind und ſich dachziegelförmig decken. Zu den weni⸗ gen Ausnahmen von dieſer Regel gehört der ſogenannte Schleier der Eulen und einiger Weihen, welcher aus ſtrahlenförmig um das Auge geſtellten Federn beſteht; auch die Borſtenfedern an der Schnabelwurzel ſind meiſt ſeitwärts oder vorwärts gerichtet. Gewöhnlich ſind die Federn dicht übereinander gelagert und an— ſchließend, beſonders bei den Schwimmvögeln. Ein lockeres Ge- fieder, wo jenes weniger der Fall iſt, haben z. B. Eulen, Nacht⸗ ſchwalben, Meiſen, Holzheher (Corvus glandarius), Strauße, Cariama u. ſ. w. § 139. Den Dienſten nach, die die Federn dem Vogel leiſten, ſind ſie ebenfalls verſchieden. Deckfedern ſind die, die Vögel. 457 dem Körper oder einzelnen Theilen deſſelben beſonders zum Schutz und zur Bedeckung dienen. Sie liegen immer zingelförmig über⸗ einander und bilden das eigentliche Federkleid des Kopfes, Hals ſes, Rumpfes, der Schenkel und der Schienbeine; auch die Wur⸗ zeln der langen Flügel- und Schwanzfedern haben ihre Deck— federn. Hieher gehören auch die Schulterfedern am Ober: arm, und die langen Federn, welche bei vielen Tagraubvögeln die Schienbeine nach außen bedecken und Hoſen genannt werden. — Die Deckfedern ſind mit ihren Kielen nach einer gewiſſen Ord⸗ nung in die Haut eingewachſen, aber nicht etwa reihenweiſe oder in gleichen Entfernungen von einander, ſondern felderweiſe (in Fluren) zuſammengeſtellt, ſo daß zwiſchen den Feldern die nackten Hautſtellen leere Gänge und Räume bilden, ohngefähr ſo, wie auf den Seeigelſchalen, aber mannigfaltiger geſtaltet. Nur bei ſehr wenigen Vögeln, z. B. bei den Fetttauchern, Kaſuar, Wehr⸗ vögeln iſt die Vertheilung gleichmäßig, ohne beſtimmte Felder und Gänge. — Die Dunen ſind hauptſächlich zum Warmhal— ten. — Schwungfedern oder Ruderfedern, die zum Flie⸗ gen oder Rudern in der Luft dienen, ſind die langen, ſteifen, dichtbärtigen, dicht aneinander ſchließenden Flügelfedern, in zwei Ordnungen, nämlich die der erſten Ordnung, welche an der Hand ſitzen, gewöhnlich ihrer zehn, und am längſten ſind; dann die der zweiten Ordnung, welche am Unterarme ſitzen und kürzer als jene ſind. Von dieſen gewöhnlichen Verhältniſſen finden ſich einige Ausnahmen, z. B. am Argusfaſan ſind die der zweiten Ordnung länger als die der erſten; Strauß und Nandu haben ſchlaffe, lockere Schwungfedern; am Kaſuar ſind ſie ſteife Schäfte ohne Bart; am Kranich ſind die letzten Schwungfedern zweiter Ord— nung gekrümmt oder lang; am Drongo (Edolius remifer) iſt die erſte Schwungfeder von den übrigen abſtehend und viel kürzer als dieſe. Die Pinguine find ganz ohne alle Schwungfedern. 8 140. Die Schwanzfedern oder Steuerfedern, durch deren Bewegung und Stellung beſonders die Richtung im „Fluge beſtimmt wird, bieten in allen Beziehungen eine große Mannigfaltigkeit dar. Meiſt iſt der Schwanz gerade ausge— ſtreckt, mit dem Körper in ziemlich gleicher Linie; an den Haus⸗ hühnern iſt er aufgerichte; an manchen Hühnern, z. B. Perl⸗ 458 Eilfte Klaſſe. hühnern, Wachteln abwärts gekehrt. Gewöhnlich beſteht er aus zehn bis achtzehn Federn, doch iſt die Zahl derſelben oft nach Alter verſchieden; einigen Vögeln fehlen ſie ganz, z. B. dem Kaſuar, Nandu, Wadſtrauß, einigen Haushühnern (Gallus ecau- datus); auch bei den Tinamus, Fliegenjägern, Steißfüßlern ſind fie ganz verſteckt oder felbft fehlend). Sehr kurz iſt der Schwanz der meiſten Schwimmvögel, Wadvögel und vieler Hühnervögel, z. B. der Perlhühner, Wachtelhühner, Wachteln; auch in den übri⸗ gen Ordnungen giebt es mehre kurzſchwänzige Arten. Andere haben einen ſehr langen Schwanz, beſonders diejenigen mit keilförmigen oder ſtufenförmigen Schwanze. Bei vielen pflegen vorzüglich die beiden mittlern Schwanzfedern ſich durch ihre Länge auszuzeichnen, ſo z. B. bei dem Argusfaſan, Kegelſchnäbler, Wit⸗ wenvogel (wo zuweilen die vier Mittelfedern ſehr lang * manchen Fliegenſchnäppern. An den meiſten Vögeln ſind die Schwanzfedern ziemlich von gleicher Länge, und der Schwanz am Ende gerade abge— ſchnitten oder zugerundet; an andern geht er ſpitz zu, z. B. an Spechten, mehren Papageien, Enten u. ſ. w. An vielen ſind die Schwanzfedern von ungleicher Länge, ſo daß ſie von der äußerſten an bis zu dem mittelſten Paare hin allmälig ab- oder zunehmen. Im letzten Falle iſt der Schwanz oft verhältnißmäßig lang, und man nennt ihn keilförmig, wenn die einzelnen Fe⸗ dern ſchmal ſind und ſpitz zugehen, wie z. B. an Promerops, Kegelſchnäbler, mehren Papageien (den Aras), einigen Spechten (Picus Bojei), Honigvögeln (Nectarinia mystacalis), Kolibris (Trohilus bilophus), Tauben (Columba capensis), ſtufenför⸗ mig, wenn die einzelnen Federn breiter und am Ende zugerun- det oder abgeſtumpft ſind, wie z. B. an Nageſchnäblern, Kuckucken, mehren Papageien, Honigvögeln und Baumhackern, einigen Ra- ben (Elſtern). Die ſtufenförmigen Schwänze haben zuweilen ein ſägeförmiges Anſehn, wenn nämlich jede einzelne Feder am Ende fiſchſchwanzförmig (gabelförmig) geſpalten iſt, wie z. B. an einigen Nageſchnäblern (Trogon temnurus) und Lappenvögeln (Glaucopis temnura), oder wenn die nackten Enden der Feder— ſchäfte ſeitwärts vorgebogen ſind, z. B. an einigen Baumhackern Dendrocolaptes sylviellus). Nehmen aber die Federn von Außen Vögel. f 459 nach der Mitte zu allmälig ab, ſo heißt der Schwanz, wenn er verhältnißmäßig lang und ſchmal und dabei tief eingeſchnitten iſt, gabelförmig, fo bei den Sandhühnern, mehren Seeſchwalben, Kolibris, Schwalben, Mauerſchwalben, Drongos (Edolius for- fleatus), bei Phibalura und Enicurus, und bei einer Nachtſchwalbe (Caprimulgus psalurus, wo die beiden äußern Schwanzfedern fünfmal länger als die übrigen find); wenn er aber verhältniß⸗ mäßig kürzer und breiter, und weniger tief eingeſchnitten iſt, fiſchſchwanzartig, wie an den Milanen, mehren Seeſchwal— ben, Schwalben, Kolibris u. ſ. w. Der Schwanz des Birkhahns (Tetrao tetrix), welcher, den Federlängen nach, zwiſchen gabel— förmig und fiſchſchwanzartig das Mittel hält, hat noch das Eigen— thümliche, daß alle Federn nach Außen gekrümmt ſind. — Dach— förmig heißt der Schwanz, wenn die beiden Mittelfedern höher als die übrigen, und dieſe allmälig niedriger liegen, z. B. bei den Haushühnern. Das Männchen des Schweifhuhns hat einen Leierſchwanz, indem die beiden äußern Federn gegen das Ende zu ſich nach Außen krümmen. — An vielen Vögeln zeichnen ſich die beiden Mittelfedern durch beſondere Länge aus. Meiſt iſt dann der Schwanz übrigens nur kurz oder mäßig lang, am Ende gerade abgeſtumpft oder zugerundet, z. B. an mehren Ho— nigvögeln, Paradiesvögeln, Bienenfteſſern, an den Glanzvögeln, Tropikvögeln, Raubmöven, Gangas, Witwenvögeln (die jedoch, wenn ſie ganz vollſtändig ſind, zum Theil vier ſolche ſehr lange Mittelſchwanzfedern haben), einigen Papageien (Psittacus setarius), Eisvögeln (Alcedo dea); zuweilen iſt der Schwanz dabei flufen- förmig (z. B. Prochilus squalidus, Fringilla sphecura, Trogon pavoninus) oder ſpitz, ſo bei einigen Enten (Anas acuta und glacialis). — Zuweilen find die zwei mittlern Federn auf: wärts gekrümmt, z. B. am Männchen der Stockente (Anas boschas, wo dieſe Federn aber vielmehr als Deckfedern zu bes trachten find), oder ſeitwärts nach vorn zurückgekrümmt, z. B. an Paradisea magnifica, oder am äußerſten Ende ſpiralförmig eingerollt, z. B. an Paradisea regia. — An einigen Racken (Coracias abyssinica, senegalensis, caudata), Drongos (Edolius remifer), Nachtſchwalben (Caprimulgus psalurus m.) ſind die beiden äußerſten Schwanzfedern viel länger als die 460 | Eilfte Klaſſe. übrigen. Am Witwenvogel (Vidua paradisea) verlaufen einige Schwanzfedern in eine lange dünne Borſtez und auch bei eini⸗ gen andern Vögeln gehen die Schäfte der Schwanzfedern in eine borſtenförmige oder nur mit einem ſehr dünnen Bart verſehene Spitze aus, z. B. an einigen Mauerſchwalben (beſonders an Cypselus giganteus), Baumhackern, Geiern eh: penis aeeypius); Orthonyx spinicaudus. § 141. Zuletzt haben wir noch diejenigen Seen au be⸗ trachten die den Vögeln bloß zur Zierde, dienen, und daher Schmuckfedern genannt werden können. Solche befinden ſich an verſchiedenen Stellen: 1) Am Kopfe, theils als Hauben, die aus gewöhnlich gebildeten, aber verlängerten Federn zuſam⸗ mengeſetzt ſind, welche ſich oben auf dem Kopfe emporrichten, aber auch nach hinten zurücklegen können, ſo bei den Kegelſchnäblern, Wiedehopfen, Plattſchnäblern, dem grünen Felſenhuhn, mehren Papageien (Kakadus), Kolibris, Falken; theils als ein Schopf, der ſich von der Haube dadurch unterſcheidet, daß er aus hinten hinabhängenden Federn befteht, die ſich wenig oder gar nicht auf: richten können, z. B. an mehren Arten von Sägetauchern, Enten, Steißfüßlern, Reihern, Kibitzen, am Löffelreiher, Stelzengeier, Schopfhuhn u. ſ. w.; theils als ein doppelter Kamm, ſo bei dem Felſenhuhn und Turacko. — Wenn die Hauben aus lockern Federn oder aus Borſten- oder Halbfedern beſtehen, ſo nennt man ſie Federbüſche. Solch einen aus Halbfedern beſtehenden Buſch tragen z. B die Pfauen und Coraeina cephaloptera; bei letztern bildet er von der Schnabelwurzel aus, über den ganzen Kopf hin, einen weit nach vorn übergeneigten Schirm. Häufig beſtehen die Büſche aus dünnbartigen Borſtenfedern, z. B. an den Hühnertauben, Cariama, Pfauenfaſan (deffen Borſtenfedern ſich blattförmig endigen), Rurul, einigen Kranichen (Grus virgo und eristata), Tauben (Columba lophotes, wo der Buſch hori⸗ zontal vom Hinterkopf abſteht), Bartvögeln (Bucco barbatus), Phaleris cristatella u. ſ. w. Meiſt ſtehen dieſe Büſche aufrecht oder mehr oder weniger nach hinten geneigt, theils aber auch nach vorn gerichtet, z. B. an einigen Racken (Coracias guber- natrix), Würgern (Lanius forficatus), Kernbeißern (Loxia domi- nicana), Scharben (Halieus graeulus, wo er aber nur im Win⸗ Bögeiiid) -- ' - 461 ter vorhanden fein: ſoll), am Hocko (wo er aus gekräuſelten ‚Fe: dern beſteht). Manche Vögel haben jederſeits am Oberkopfe oder Hinterkopfe einen Federbuſch, Ohrenbüſche, z. B. der gehörnte Tagſchläfer und die Ohrentrappe (Otis avxita, jederſeits rückwärts gerichtete Borſtenfedern); manche Paradiesvögel (Paradisea aurea) und Schneekrähen (Pyrrhocorax hexanemus) jederſeits drei ſehr lange feine Borſtenfedern; manche Kolibris (Trochilus ornatus) einen langen ſchönen rückwärts gekehrten Federbuſch; Ohreulen und einige Steißfüßler (Podiceps auritus) oben zwei aufrechte Federbüſche. Am Männchen des Goldfaſans (Phasianus pietus) bilden lange Federn des Hinterkopfs, wenn ſie aufgerichtet wer— den, einen breiten Kragen. Eine Art Mauerſchwalben (Cypse- lus comatus) hat jederſeits am Kopfe zwei Längsſtreifen län- gerer Federn. 2) Halsſchmuckfedern finden ſich bei mehren Vögeln: Ibis nippon hat vom Scheitel bis zur Halswurzel einen Kamm langer zarter Borſtenfedern; die nicobariſche Taube hat um den Hals lange ſchmale Federn, von denen die an der Hin— terſeite beſonders lang ſind und zu beiden Seiten weit über die Schultern hinabhängen. Mehre Kolibris haben vorn oder an den Seiten des Halſes lange breite abſtehende Schmuckfedern, die durch ſchöne Zeichnungen, goldglänzende Ränder und dgl. hervor— ſtechen. Manche Vögel tragen einen Bart von ausgezeichneten Federn, z. B. einige Immenvögel (Merops amictus), Bartvögel (Bucco barbatus), Droſſeln (das Männchen von Turdus dispar); fo iſt auch an der Coracina cephaloptera der ſonderbare, lang⸗ abwärts hängende Kehlſack dicht mit längern Federn beſetzt; und die Männchen der Kampfſtrandläufer tragen im Frühjahr und Sommer vorn und an den Seiten des Halſes einen dicken Wulſt längerer und auf die mannigfaltigſte und veränderlichſte Weiſe gefärbter und gezeichneter Federn. 3) Der Rumpf iſt ebenfalls bei mehren Vögeln beſonders geſchmückt: Auf dem Vorderrücken hat der Strupphopf (Epimachus superbus) lange aufwärts ge⸗ krümmte Federn, die Paradisea superba einen großen Federbuſch, Timalia trichorrhos lange zartbärtige Borſtenfedern, die Garzette (Ardea garzetta) lange lockere Schulterfedern (nur im Sommer). Auf dem Hinterrücken hat der Haushahn ſchmale lange ſeitwärts⸗ hinabhängende Federn, und unmittelbar vor dem Schwanze mehre 462 Eilfte Klaſſe. lange, ſchlanke, aufgerichtete und über dem Schwanz nach hinten ſich hinabkrümmende Federn (Deckfedern des Schwanzes). Mehre Kraniche und Reiher haben auf dem Hinterrücken ſchöne lange, lockere Federn, die be onders ſchön an dem Egrett-Reiher (Ardea egretta) find; und an derſelben Stelle entſpringen auch beim männlichen Pfau die langen Prachtfedern, mit denen dieſer ſchöne Vogel das Rad ſchlägt, die ſchönen langen Federn des Trogon pavoninus u. f. w. Die Seiten des Vorderkörpers ziert an man: chen Paradiesvögeln (Paradisea apoda) ein Buſch langer, lockerer, dünnbartiger Federn, doppelt und dreifach länger als der Körper; einen ähnlichen Schmuck tragen Timalia tricherrhes und Melli phaga fasciculatal 4) Als Zierrathen des Schwanzes können alle diejenigen Federn deſſelben betrachtet werden, welche ſich durch beſondere Länge vor den übrigen auszeichnen und meiſt auch an⸗ ders gebildet find als dieſe. Von ihnen iſt bereits im § 140 die Rede geweſen. Vor allen iſt hier aber noch der Schwanz des männlichen Schweifhuhns zu erwähnen, indem ſeine beiden äußern Federn gegen das Ende zu nach Außen gekrümmt, die beiden mittelſten abwärts gebogen und an einer Seite nur mit einem ſehr dünnen Barte verſehen, die übrigen aber allenthalben nur mit dünnſtehenden, kurzgefiederten, zarten Bartſtrahlen beſetzt find: 3) Die Flügel haben ſelten beſondere Schmuckfedern, zuweilen ſind jedoch die Schwungfedern der zweiten Ordnung durch irgend Etwas ausgezeichnet, z. B. am Argusfaſan durch ihre Länge und ſchöne Zeichnung; am Seidenſchwanz durch rothe pergamentartige Anhängſel; Anas galerieulata hat an der Schulter einen nen bar gebildeten aufgerichteten Federbuſch. § 142. Farbe, Zeichnung, Länge und Form der Federn ſind übrigens oft nach Alter, Geſchlecht und Jah⸗ reszeit verſchieden. In der Regel ſind die Männchen ſchöner und geſchmückter als die Weibchen, die Alten ſchöner als die Jungen. Alte Weibchen bekommen aber zuweilen männliches Ge⸗ fieder, wie man dieſes z. B. an Faſanenhennen beobachtet hat. — Die bei weiten meiſten der ſchönern und zum Theil prachtvoll geſchmückten Vögel ſind in den wärmern und heißen Erdgürteln einheimiſch. Im Allgemeinen und am häufigſten kommen die ſchönſten Vögel unter den Pfauen, Argusfaſanen, Papageien, Vögel. . 463 Paradiesvögeln, Schmuckvögeln, Zuckerfreſſern, Kolibris vor; und beſonders die beiden letzten Gattungen tragen oft einen mannig⸗ faltigen und brennenden Metallglanz ihres Gefieders zur Schau. Dritter Abſchnitt. Innerer Bau. S 143. Diefer wird in dem gleichnamigen Abſchnitte der. folgenden Klaſſe mit dem der übrigen Wirbelthiere verbunden, abgehandelt werden. | Vierter Abſchnitt. Lebensweiſe. 8 144. Inſofern die Vögel nicht nur das Land und das Waſſer, ſondern auch die Luft in weiten und hohen Räumen be— wohnen, ſind ſie unter allen Thieren die ausgebreitetſten. Als Luftbewohner können wir diejenigen betrachten, welche faſt be— ſtändig fliegen, indem ſie im Fluge ihren Raub haſchen oder doch erſpähen, und nur zur Zeit der Ruhe und des Brütens ſich nie— derbegeben. Man erkennt ſie häufigſt an verhältnißmäßig langen Flügeln, z. B. Mövenvögel, Pelikane, Wadſchwalben, Sperrvögel, Bienenfreſſer, Raubvögel. — Landvögel find diejenigen, welche, auf dem Erdboden, theils an Ufern und im Uferwaſſer, oder auf Bäumen und Büſchen, an Felſen und Mauern u. f w. umher⸗ ſuchend, ihrer Nahrung nachgehen, z. B. die Wadvögel (mit Aus: nahme der Wadſchwalben und Bläßhühner), die Laufvögel, Hüh— nervögel, Hocker (mit Ausnahme der Sperrvögel), Heftzeher (mit Ausnahme der Bienenfreſſer), Paarzeher. — Waſſervögel fu: chen im Waſſer ſchwimmend ihre Nahrung auf, wie Taucher, Entenvögel, Bläßhühner, Rohrhühner, und haben alle 2 Flügel. 8 145. Unter den Landvögeln kann man wieder un⸗ terſcheiden: 1) Solche, welche hohe Gebirge bewohnen. Ihrer ſind verhältnißmäßig nicht viele, z. B. Schneekrähe, Steindohle, Flüevogel, einige Lerchen (Alauda spinoletta und alpestris), der Schneefink (Fringilla nivalis), das Steinrebhuhn (Perdix saxa- tilis). Auch unter den Luftvögeln haben einige ihre Wohnung 464 Eilfte Klaſſe. 4 auf Gebirgen, wie die Geier, die meiſten Adler, mehre Falken und einige Mauerſchwalben (Cypselus melba). 2) Solche, die mehr in niedrigen Gegenden vorkommen; und zwar: a) indem fie, als recht eigentliche Erdvögel, am Erdboden ſich aufhalten, wie die Laufvögel und die bei weiten größere Zahl der Wadvögel und Hühnervögel. Die meiſten der letzten, wie auch einige Reiher— vögel, ſchlafen jedoch auf Bäumen; und faſt alle Tauben, mit Ausnahme der wilden Haustaube (Columba livia, die an Felſen und hohen Mauern niſtet) und der Hühnertauben (die auf dem Erdboden ſich aufhält) bewohnen Bäume. Hühnervögel, Lauf: vögel, Hühnerſtelzen halten ſich mehr auf trockenem Boden auf; Wadvögel mehr auf feuchtem, ſumpfigen, gehen zum Theil auch ſelbſt ins Waſſer. Auch einige Hocker gehören zu den Erdvögeln, z. B. Lerchenvögel, Bachſtelzen, Waſſerſchwätzer; letzterer ſchwimmt und taucht ſogar. Unter den Paarzehern ſind die Erdpapageien Erdvögel. b) Auf Bäumen und Büſchen wohnen die mei⸗ ſten Tauben und Hocker (mit Ausnahme der Sperrvögel und Lerchenvögel), viele Heftzeher und die meiſten Paarzeher. Manche der hieher gehörigen Hocker halten ſich vorzugsweiſe im Schilf und an Uferbüſchen auf, z. B. mehre Sänger, die Schilfammer (Emberiza schoeniclus) u. ſ. w. — An Felſen und Mauern treibt die Mauerklette ihr Weſen. N 8 146. Die Waſſervögel kann man in ſolche theilen, die auf dem Meere, und in ſolche, die auf Süßwaſſern leben. Zu jenen gehören die meiſten Taucher, mit Ausnahme vieler Steißfüßler; zu den andern die meiſten Entenvögel. 8 147. Die Verbreitung der Vögel über die Erde findet nicht in allen Ordnungen und Familien gleichmäßig ſtatt, ſondern ſo, daß manche nur den wärmern, manche nur den käl⸗ tern Erdgürteln angehören. Im Ganzen ſind diejenigen Gattun⸗ gen, die ſich durch beſondere Farbenpracht, Schmuckfedern, auf⸗ fallende Schnabelform und dgl. auszeichnen, mehr in den wär⸗ mern Ländern zu Haufe, z. B. die zahlreichen Arten der Papa⸗ geien und Kolibris, die Paradiesvögel, Pfauen, Argusfaſanen, Faſanen, Schweifhühner, Flamingos, Kahnſchnäbler, Klaffſchnäb⸗ ler, Laufvögel, Nashornvögel, Wendezeher u. ſ. w. Mehre andere an Arten reiche Gattungen, z. B. Falken vögel, Spechte, Schwalben, 5 1 5 25 49 u — u Vögel. 5 465 ſind über die ganze Erde verbreitet, aber die einzelnen Arten der⸗ ſelben haben meiſt ein beſchränkteres Vaterland, und nur wenige von ihnen finden ſich in weiten Ausdehnungen, wie letzteres z. B. mit dem Geieradler der Fall iſt, welcher in Europa, Amerika, Südafrika und Oſtindien wohnt. § 148. Viele Vögel bleiben beſtändig in der Gegend, wo ſie erzogen wurden; man nennt fie Standvögel. Viele an⸗ dere, beſonders Bewohner der kältern Länder, ziehen gegen den Winter ſüdlicher, und kehren erſt nach Verlauf deſſelben in ihre Heimath zurück; dieſe nennt man Strichvögel oder Zug: vögel, je nachdem ſie entweder nur einige Grade ſüdlicher zie— hen oder ſich in ferne Welttheile, bis unter den Aequator hin, begeben, wie z. B. Schwalben, Kraniche, Störche u. ſ. w. So kann es ſich ereignen, daß manche weit verbreitete Arten in eini- gen Gegenden Zug- oder Strichvögel, in andern Standvögel ſind, z. B. die Miſteldroſſel (Purdus viscivorus), die im höchſten Nor: den Zugvogel iſt, aber auch in Deutſchland niſtet und hier Stand: oder Strichvogel iſt. Von manchen Arten zieht zuweilen nur das Weibchen weg, während das Männchen bleibt, z. B. von der Schwarzdroſſel (Turdus merula); von andern ziehen beide Ge- ſchlechter zu verſchiedenen Zeiten, z. B. das Männchen der Nach— tigall (Sylvia luscinia) kommt früher bei uns an als das Weib⸗ chen. Die meiſten Zugvögel ziehen in größern oder kleinern Ge— ſellſchaften, und verſammeln ſich, zu dem Ende, gegen die Zeit der Abreiſe zum Theil in unzählbaren Heerden, die dann mit einemmale aufbrechen und verſchwinden, z. B. Staare, Schwal— ben u. ſ. w. Es gränzt faſt an das Unglaubliche, was in dieſer Hinſicht unter andern von der Wandertaube (Columba migratoria) in Nordamerika erzählt wird, von welcher Wilſon einen Zug be— obachtete, der ohngefähr funfzig deutſche Meilen lang, eine Viertel Meile breit war, und über 2230 Millionen Tauben enthalten mußte; ſie legen in ſechs Stunden beinahe hundert deutſche Mei- len zurück. Manche von denen, welche in mäßig-großen Geſell⸗ ſchaften ziehen, beobachten dabei eine gewiſſe Ordnung, z. B. Kra⸗ niche und wilde Gänſe, deren Züge in der Regel aus zwei Rei⸗ hen beſtehen, die einen Winkel bilden, an deſſen Spitze der Größte im Zuge gewöhnlich als Anführer ſich befindet. — Ob aber alle 30 466 | Eilfte Klaſſe. die Vögel, die wir zu den Zugvögeln zählen, immer ſo entfernte Gegenden beſuchen „ wie gewöhnlich angenommen wird, iſt noch die Frage; wenigſtens wird behauptet, daß Schwalben zum Theil in Süd⸗Frankreich über Winter bleiben, und daß Störche auch in Spanien überwintern. Man hat ſelbſt Beiſpiele von einzel⸗ nen Störchen, die gelinde Winter hindurch in Deutſchland geblie- ben waren. Uebrigens ziehen auch die Schwalben am Vorgebirge der guten Hoffnung im Winter, der dort in unſere Sommer⸗ monate fällt, unter den Aequator. — Der Auswanderungs⸗ trieb der Zugvögel beruhet auf einem beſondern Inſtinkte, dem wohl hauptſächlich der Wärme- und Nahrungsmangel in der kal⸗ ten Jahreszeit zum Grunde liegt, ohne daß er jedoch immer bloß aus dieſem erklärt werden könnte; man bringt ihn deshalb zum Theil auch in Beziehung mit dem Fortpflanzungsgeſchäfte, oder mit dem Mauſern. $ 149. Von manchen Vögeln wird erzählt, daß fies die kalte Jahreszeit in einem Winterſchlafe zubrächten, beſonders gilt dieſes von unſern Schwalben, die man in Löchern und hoh— len Bäumen, ſelbſt unter dem Eiſe in Schlamm und Uferlöchern, in einem Zuſtande von Erſtarrung gefunden haben will, aus dem ſie erwachten, wenn ſie in eine wärmere Temperatur verſetzt wur⸗ den. Man führt freilich in neuern Zeiten einige nicht zu ver⸗ achtende Autoritäten für ſolch einen Winterſchlaf der Schwalben an, doch möchte es immer noch näher unterſucht werden, ob nicht Schwalben, die entweder vor der Abreiſe ſich verſpätet hatten, oder zu früh angekommen waren, und ſich, bei plötzlich eintreten⸗ der rauher Witterung verkrochen hatten, Veranlaſſung zu obiger Annahme geben konnten. Daß in den Pyrenäen zuweilen Schwal- ben während der Winterszeit in Felſenlöchern gefunden werden, ſcheint nichts zu beweiſen, wenn es wahr iſt, daß in Süd-Frank⸗ reich mitunter dieſe Vögel überwintern ſollen. — Uebrigens wird auch von manchen andern Vögeln erzählt, daß ſie einen Winter⸗ ſchlaf halten ſollen, z. B. vom Kuckuck, Schnarrer, einigen Sän⸗ gern (Sylvia tithys) und Rallen (Kallus carolinus), wie auch von den Kolibris in Nordamerika und Mexiko, was wir indeß 2 * enn laſſen wollen. Voögel. 467 8 150. Die meiſten Vögel find bei Tage munter und in Bewegung und ſchlafen des Nachts ſitzend an einem ge⸗ ſchützten Orte oder in ihrem Neſte, indem ſie den Kopf ſeitwärts zurückbiegen und unter einen Flügel ſtecken. Einige ausländiſche Vögel, wie die Kegelſchnäbler und manche Kolibris, ſollen an Zweigen hängend, Kopf nach unten, ſchlafen. — Nachtvögel nennt man diejenigen, welche bei Tage ruhen und nur in der Dämmerung (nie aber bei ſtockfinſterer Nacht) ihren Geſchäften obligen, wie die Fettvögel, Nachtſchwalben und Eulen. Doch laſ— ſen ſich ſelbſt dieſe zuweilen bei Tage ſehen, wo ſie dann aber von allen Tagvögeln, ſelbſt von kleinen Hockern, mit Geſchrei verfolgt, geneckt und geſtoßen werden, bis es ihnen gelingt, ſich wieder zu verbergen. Auch Nageſchnäbler, Wadſtrauß, Puffin, einige Sturmvögel und die Weihen kommen 2 um Sonnen⸗ untergang zum Vorſchein. bitt nog § 151. Die Bewegungen der Vögel, welche Orts⸗ veränderung zum Zweck haben, beſtehen im Fliegen in der Luft, im Schwimmen im Waſſer, im Gehen, Hüpfen, Spar gen, Laufen und Klettern am Lande. Wenn der Vogel fliegt, ſo ſtreckt er Hals und Kopf vorn aus; die Beine aber werden von den meiſten an den Leib gezo⸗ gen, von den Wadvögeln nach hinten ausgeſtreckt; Bläßhühner und Rohrhühner fliegen mit abwärts hängenden Beinen. — Lauf- vögel, Pteroptochus, Pinguine und eine Art von Alken (Alca impennis) haben ſo verkümmerte Flügel, daß ſie gar nicht flie— gen können. Unter den übrigen Vögeln haben die kurzflügligen meiſt einen flatternden, mehr oder weniger ſchwerfälligen, meiſt nicht lange anhaltenden Flug, erheben ſich auch zum Theil nur ungern in die Luft, wie z. B. die Trappen, von denen man frü⸗ her irrig meinte, daß fie gar nicht flögen. Die langflügligen ha— ben in der Regel einen ſchnellen, ſchönen, leichten, ausdauernden, gewandten Flug, mit mäßigen Flügelſchlägen, z. B. Schwalben, Möven, Seeſchwalben, Immenvögel u. ſ. w., ſelbſt die großen Albatros und die meiſten Tagraubvögel, obgleich ihre Flügel wer niger lang als bei jenen ſind, ſchweben faſt immer, beſonders wenn ſie ihren Raub erſpähen, ohne merklich mit den Flügeln zu ſchlagen, ſelbſt wenn ſie gegen den Wind fliegen, und ſteigen | 30* Kal. 468 i Eilfte Klaſſe. dabei oft zu einer Höhe, daß man ſie aus den Augen verliert, die Königsgeier (Sarcoramphus gryphus) z. B. an 20,000 Fuß hoch! Wandertauben (Columba migratoria) legen in ſechs Stun⸗ den an hundert deutſche Meilen zurück; einige Sperber und En⸗ ten in einer Stunde zehn deutſche Meilen; Schwalben in vier Minuten eine Meile u. ſ. w. Diejenigen Vögel, welche ſehr lange Flügel und dabei ſehr kurze Beine haben, wie die Mauerſchwal⸗ ben, Sturmvögel, Fregattvögel, können nur ſehr ſchwer oder gar nicht von einer ganz ebenen Fläche ſich aufſchwingen, weil ſie, bei dem Verſuche dazu, mit den langen Flügeln auf den Boden ſchlagen; ſie laſſen ſich daher immer auf einer Erhabenheit nieder oder ſuchen eine ſolche zu gewinnen, wenn ſie auf eine Ebene gerathen ſind. — Wie die Flügel als Ruder in der Luft dienen, ſo verſieht der Schwanz die Stelle des Steuers; doch m er 2 Fliegen nicht unumgänglich nothwendig. § 152. Das Schwimmen geſchieht, fo ange vi Vo⸗ u an der Oberfläche des Waſſers ſich befindet, immer nur mit⸗ telſt der Beine, an denen, in den bei weiten meiſten Fällen, die Vorderzehen durch eine Schwimmhaut verbunden ſind. Daß dieſe Haut aber nicht durchaus zum guten und ſchnellen Schwimmen von Nöthen iſt, ergiebt ſich daraus, weil mehre ſehr gute und faſt beſtändig auf dem Waſſer verweilende Schwimmer eine ſolche Haut nicht haben, z. B. die Steißfüßler und Bläßhühner, an de— nen die einzelnen Zehen nur durch die ſeitwärts verlängerten Schilder ruderförmig ausgedehnt ſind, und die Rohrhühner, denen ſelbſt dieſe Ausdehnung fehlt. Auch mehre andere Vögel, welche gar nicht in die Ordnung der Schwimmvögel gehören, und auch gar keine Schwimmfüße haben, können doch gut ſchwimmen, z. B. die meiſten Strandläufer und Waſſerläufer, die Waſſertreter, Waſ— ſerralle (Rallus aquaticus), Brachvögel (Numenius arquata); felbft- Störche (Ciconia alba), Kraniche (Grus cinerea) und den Nandu ſieht man zuweilen über breite Ströme ſchwimmen; der Waſſer⸗ ſchwätzer ſchwimmt ebenfalls gut. — Viele Schwimmvögel tau⸗ chen und ſchwimmen unter dem Waſſer fort, z. B. Pinguine und Alken, welche ſich dabei auch der Flügel zum rudern unter Waſſer bedienen; ferner die Taucher, Sägetaucher, und die mit geſäum⸗ ten Hinterzehen verſehenen Enten (Tauchenten); auch Bläßhüh⸗ Vögel. 0 469 ner, Rohrhühner, Waſſerſchwätzer. — Die langflügligen tauchen nicht und ſchwimmen überhaupt ſeltener; ſelbſt die Pelikane, bei denen doch alle Zehen mit einer Schwimmhaut verbunden ſind und alſo recht vollſtändige Schwimmfüße darſtellen, ſieht man ſelten auf dem Waſſer; die Fregattvögel ſchwimmen wahnſcheinf lich niemals. 8 153. Die Ortsveränderung am Lande mittelſt ug Füße heißt Gehen oder Schreiten, wenn abwechſelnd ein Fuß vor den andern geſetzt wird. Alle Vögel können ſchreiten, mit Aus⸗ nahme einiger Hocker. Das Gehen geſchieht immer bloß auf den Zehen, nur der Rüſſelpapagei geht zuweilen auf der ganzen Ferſe. Manchen Vögeln mit ſehr kurzen Beinen (Schwalben) oder mit weit nach hinten ſtehenden Beinen (Pinguine, Taucher) wird das Gehen ſehr beſchwerlich; die letzten tragen dabei den Körper ganz aufgerichtet. Ein ſehr beſchleunigtes Gehen heißt Laufen. Zu den Schnellläufern gehören die meiſten Hühnervögel, namentlich die Wachtelhühner; ferner die Trappe, Otis tarda, die ſo ſchnell läuft, daß nur Windhunde ſie einholen können; beſonders aber die Rieſenvögel, denn der Strauß wird ſelbſt von dem beſten arabiſchen Renner nicht eingeholt. Spornflügler, Rohrhühner, Bläßhühner, Rallen laufen leicht und ſchnell, auf der Oberfläche des Waſſers, über ausgebreite Waſſerkräuter hin. Doch gebrau⸗ chen alle dieſe Vögel beim ſchnellen Laufen auch die Flügel, in— dem ſie durch das Schlagen derſelben ſich heben und ihre Schritte mit verlängern. Auch einige Hocker laufen ſehr ſchnell, aber nur kurze Strecken, z. B. Lerchen, Bachſtelzen. — Das Hüpfen und Springen geſchieht, wenn der Vogel ſich auf beiden Füßen zu⸗ gleich emporſchnellt, und beide Beine die parallele Stellung neben einander beibehalten. Hüpfen heißt es, wenn dieſe Bewegungen ſchnell und mehremale hinter einander geſchehen, z. B. bei Fin⸗ ken, Ammern und mehren andern Hockern; Springen, wenn die Bewegungen weniger häufig, aber weiter ſind. Manche Vögel machen, wenn ſie auffliegen wollen, mit ausgebreiteten Flügeln erſt einige Sprünge (nehmen einen Anlauf), bis ſie ſich erheben. Die Pinguine ſpringen ebenfalls, kriechen aber auch gleichſam auf allen Vieren, d. h. mit Beinen und Flügeln, wenn ſie an abſchüſſigen Ufern ſich ans Land begeben wollen. Auch Pte⸗ 470 Eilfte Klaſſe. roptochus ſpringt; dieſer aber ſowol wie jene wedeln dabei, zur Hülfe, mit den kurzen Flügeln. — Das eigentliche Klettern iſt ein Hüpfen auf mehr oder weniger perpendikulär ſtehendem Grunde (an Baumſtämmen, Mauern und dergleichen), wobei die Vögel ſich mit ihren ſcharfen Krallen feſthalten. Die beſten Kletterer ſind Mauerkletten, Spechte und Baumläufer; beide letztere ſtützen ſich, beim Klettern, auf ihre ſteifſchäftigen Schwanzfedern. Aber manche andere Vögel klettern auf dieſelbe Weiſe, z. B. Meiſen, Kleiber, Nußheher; auch die Mauerſchwalben klettern geſchwind an Mauern hinauf. Eine andere Art zu klettern ſehen wir an Papageien, Kreuzſchnäblern, Kegelſchnäblern: Sie halten ſich näm⸗ lich mit den Krallen feſt, ſtrecken den Kopf empor, haken mit dem Oberſchnabel ein, und ziehen dann den Körper e. Feen ſich dann wieder mit den Krallen an u. ſ. w. § 154. Was die Nahrung betrifft, fo beſteht dieſe für die Schwimm v ögel meiſt aus Waſſerthieren, Fiſchen, Würmern, Inſektenlarven und dergleichen; nur mehre Entvögel, die nicht tauchen, Schwäne, Gänſe und viele Enten, ernähren ſich mehr aus dem Pflanzenreiche. Die eigentlichen Wadvögel freſſen eben⸗ falls meiſt allerlei Thiere, beſonders Würmer, Reptilien, theils auch Mäuſe und Vögel; manche, die mehr am Waſſer ſich auf: halten, wie z. B. die Reiher, auch Fiſche und andere Waſſerthiere. Die Hühnerſtelzen aber freſſen mehr vegetabiliſche Subſtanzen, Früchte, Körner und dergleichen, auch die Kraniche genießen zum Theil vegetabiliſche Koſt; die Waſſerhühner Inſekten und Kräuter. Die Laufvögel ſind auf das Pflanzenreich angewieſen, mit Aus⸗ nahme des Wadſtraußes, welcher Würmer und andere kleine Thiere aufſucht. Die Hühnervögel ernähren ſich hauptſächlich von vegetabiliſchen Subſtanzen, obgleich die meiſten von ihnen, viel- leicht nur mit Ausnahme der Tauben, nebenbei auch Würmer und Inſekten freſſen. Die Nahrung der Hocker iſt verſchieden: Sperrvögel (mit Ausnahme der Fettvögel), Seidenvögel, Würger⸗ vögel, Sängervögel, Dünnſchnäbler, Baumkleber fangen meiſt In⸗ ſekren; Würger und die größern und ſtärkern Arten der Meiſen und Fliegenſchnäpper fallen auch kleine Vögel an; manche freſſen nebenbei auch Sämereien, z. B. Meiſen, Seidenſchwänzer u. ſ. w. Einige Dünnſchnäbler, wie Kolibris und Honigvögel, ziehen auch Vögel. f 471 ſüße Blumenſäfte ein. Die Fettvögel ſind die einzigen unter den Nachtvögeln, welche gar keine animaliſche Nahrung genießen, ſon⸗ dern nur Körner und Früchte. Diejenigen, welche hauptſächlich Körner freſſen, erkennt man in der Regel an dem dicken Schna⸗ bel; es ſind die Körnerfreſſer, Lerchen, Manakins und Felſenhüh— ner; doch genießen dieſe insgeſammt mitunter auch Würmer und Inſekten und deren Larven. Droſſeln und Raben ernähren ſich ſowol aus dem Thierreiche als aus dem Pflanzenreiche, freſſen Fleiſch, Inſekten, Würmer, Früchte und Beeren, ſeltener harte Körner. Die Paradiesvögel ſollen jedoch nur Früchte genießen. Die Heftzeher fangen meiſt Inſekten, die Eisvögel vorzüglich Fiſche; die Nashornvögel freſſen Alles, Fleiſch, Früchte, lebende Thiere, Ratten, Eidechſen, Vögel und deren Eier u. ſ. w. Unter den Paarzehern genießen die Wendezeher verſchiedene Nahrung, ſowol aus dem Thierreiche als aus dem Pflanzenreiche; die Tu: rackos und Helmvögel Früchte; die Kuckucke, Bartvögel und Spechte ſind hauptſächlich auf Inſekten angewieſen; der Honig⸗ kuckuck auf Honig und Wachs; die Sittiche auf das Pflanzenreich. Die Raub vögel freſſen nur animaliſche Subſtanzen: Die Geier— vögel machen ſich hauptſächlich an Cadaver, die Falken an lebende Thiere, die Eulen an beides; die Weſpenzuſſegdn und kleine 100 len fangen Inſekten. | | § 155. Die Art und Weiſe, wie die Vögel ſich Wich Nahrung bemächtigen, und die Oerter, wo ſie dieſelbe aufſuchen, find ſehr verſchieden: Am leichteſten haben es diejenigen, welche Pflanzenkoſt genießen, denn wie ſie dieſelbe auch nur von fern erblicken, ſo kann ſie ihnen nicht mehr entgehen; ſie brauchen keine beſondere Liſt, Vorſicht oder Geſchicklichkeit anzuwenden, um ſich ihrer zu bemächtigen. Größere Früchte werden mit dem Schnabel zerſtückelt und ſtückweiſe verzehrt, theils dabei mit den Füßen feſtgehalten. Die Papageien ſind die einzigen Vögel, welche ſich dazu der Füße auch als Hände bedienen, indem ſie, auf einem Fuße ruhend, die Frucht mit dem andern Fuße faſſen und zum Schnabel führen. Die Kreuzſch näbler bedienen ſich des hakenförmigen Schnabels, um die Schuppen der Tannzapfen auseinander zu biegen, damit ſie zu den Samenkörnern gelangen. Die Kleiber zwängen härtere Körner, z. B. Buchnüſſe, Hanf: 472 Eilfte Klaſſe. körner und dergleichen in einen Holzſpalt und hämmern dann mit dem Schnabel darauf, um die Schale zu ſprengen. Die Kör⸗ nerfreſſer ſchälen, indem ſie das Korn zwiſchen den Schnabel nehmen, die Oberhaut oder Schale des Korns mit den Schna⸗ belrändern ab, oder knacken härtere Körner auf, um zu dem Kerne zu gelangen, der ihnen zur Nahrung dient. Die Hühnervö— gel verſchlucken die Körner ganz, welche dann in dem Kropfe aufgeweicht und nachher in dem ſehr muskulöſen Magen aufges löſt und zermalmt werden, zu welchem Ende ſie inſtinktmäßig Sand und kleine Steine verſchlucken, um dadurch auch mechaniſch die Zermalmung zu befördern. Auch die Strauße verſchlingen zu demſelben Zwecke kleine Steine. § 156. Unter denjenigen Vögeln, welche Nahrung aus dem Thierreiche nehmen, betrachten wir hier hauptſächlich nur die, welche lebenden Thieren nachſtellen: Es gehören hieher zu— vörderſt alle die, welche früher als Luftvögel bezeichnet ſind, mit Ausnahme der Fettvögel. Die eigentlichen Raubvögel ſto⸗ ßen aus der Luft hinab auf lebende Thiere, indem ſie dieſe mit den Krallen faſſen, an einen ſichern Ort tragen und dann ver— zehren. Die Geier weichen von ihnen inſofern ab, als ſie meiſt nur auf Cadaver gehen und dieſe auch an Ort und Stelle ver— zehren. Sie ſollen zum Theil todte Thiere meilenweit wittern (vielleicht auch, vermöge ihres ſcharfen Geſichts, in fo weiter Ent- fernung entdecken) und mehr mit dem Schnabel als mit den Krallen faſſen. Wenn ſie große lebende Thiere und Menſchen anfallen, fo ſuchen fie dieſelben nicht ſowol zu greifen, als viel⸗ mehr zu Tode zu jagen und zu ängſtigen, in Abgründe zu ſtür— zen u. ſ. w., um nachher die Leichname anzugehen. Die meiſten übrigen Raubvögel ſtoßen hauptſächlich auf Säugthiere und Vö⸗ gel; doch giebt es auch einige, welche Inſekten freſſen, z. B. der Weſpenbuſſard (Buteo apivorus) läuft den Weſpen nach, ſchnappt ſie mit dem Schnabel weg, ſcharrt auch Erdweſpenneſter auf; Falco degener in Südamerika ſetzt ſich dem Rindvieh und an— dern Thieren auf den Rücken, um daſelbſt Inſekten zu fangen. Die Fiſchadler und Balbuſſarde ſtoßen vorzüglich auf Fiſche, wo⸗ bei es ſich mitunter ereignen ſoll, daß ſie, wenn ſie ſich in große und ſtarke Fiſche eingekrallt haben, von dieſen hinabgezogen wer⸗ Vögel. ' 473 den, und nicht nur in den Fluthen ihren Tod finden, ſondern zu⸗ weilen auch noch lange nachher auf dem Rücken der Fiſche einge— krallt umhergetragen werden. — Mitverſchlungene Federn und Haare ballen ſich in dem Magen der Raubvögel zuſammen und werden von dieſen nach einiger Zeit als Gewölle ausgebrochen. § 157. Auch unter den Schwimmvögeln giebt es Raub vögel, nämlich die Pelekane und Mövenvögel, welche, wie die eigentlichen Fiſchraubvögel, auf Fiſche ſtoßen, aber nicht mit den Krallen packen, ſondern mit dem Schnabel. Wenn den Kropfgänſen die Fiſchjagd recht günſtig iſt, ſo füllen ſie, nachdem der Magen ſchon hinlänglich verſorgt iſt, mit der überflüſſigen Beute den großen Kehlſack an, ſetzen ſich ruhig am Lande, etwa auf einem Felſen, nieder, und bleiben ſo zuweilen ein paar Tage lang unbeweglich ſitzen, bis alle Fiſche nach und nach verſchluckt und verdauet ſind und der Hunger ſie wieder in Bewegung ſetzt. — Es giebt auch Schmarotzerräuber, welche beſonders dar— auf lauern, andern Vögeln die gemachte Beute wieder abzujagen, indem fie dieſelben fo lange verfolgen und ängſtigen, bis dieſe ihre Beute wieder fahren laſſen, die ſie dann pfeilſchnell auffan— gen und verſchlingen. Die bekannteſten dieſer Schmarotzer ſind die Raubmöven, welche auf die angegebene Weiſe andere Möven verfolgen, und von denen man zum Theil glaubte, daß ſie den Unrath, welchen die verfolgten Möven aus Angſt fahren ließen, auffingen und verſchlängen; man hatte nämlich die hinabfallenden Fiſche für Unrath gehalten. Auch andere Vögel, z. B. die Fre— gattvögel und einige Falkenvögel (Falco piscator), zeigen ſich öf— ters als ſolche Schmarotzerräuber; und etwas Aehnliches nehmen wir nicht ſelten an unſern Krähen wahr. 2 | § 158. Noch find hier die Sperrvögel (mit Ausnahme der Fettvögel) und die Bienenfreſſer als ſolche Vögel zu er— wähnen, die nach ihrer, aus Inſekten beſtehenden Beute Ae ſchwärmen und dieſelbe im Fluge wegſchnappen. 8 159. Die Entenvögel finden im Waſſer ihre Nah: rung, oder ſie ſchlappern nach derſelben im Schlamme umher, in— dem fie wahrſcheinlich mittelſt der weichen nervenreichen empfind— lichen Haut, die den Schnabel bekleidet, die Nahrung darin ent— decken. Die Sägetaucher fiſchen Fiſche. — Unter den übrigen, 474 Eilfte Klaſſe. nicht zu den Schwimmvögeln gehörenden Arten, welche die Gewäſſer der Nahrung halber beſuchen, halten ſich manche faſt beſtändig ſchwimmend auf dem Waſſer auf, z. B. Bläßhühner, Rohrhühner; manche laufen am Ufer umher und. gehen auch öfters fo weit, als die Beine unbefiedert ſind, ins Waſſer hinein, ſchwimmen ſelbſt zuweilen, z. B. Strandläufer, Waſſerläufer, Rallen (Rallus aquaticus), Waſſertreter, Brachvögel u. ſ. w., auch Waſſerſchwätzer und Bachſtelzen (Motacilla alba), welche letzte indeß nie ſchwimmen. Fiſchreiher (Ardea major) ſtehen oft ſtundenlang und halbe Tage lang unbeweglich im Waſſer, mit eingezogenem Kopfe und Halſe, um, ſo wie ſich ein Fiſch nahe genug ſehen läßt, pfeilſchnell den Schnabel nach jenem hervorzu⸗ ſchießen; theils haben ſie ihren Standpunkt auf einer nahen Er⸗ höhung oder auf einem Baume, um von dieſen ab auf ihre Beute im Waſſer zu ſtoßen; das Letztere gilt auch vom Kahnſchnäbler. 8 160. Inſektenfreſſer giebt es unter den Vögeln in großer Anzahl in allen Ordnungen; es ſind deren ſelbſt unter den Raubvögeln ſchon einige erwähnt worden. Mehre von ihnen ſetzen ſich Säugthieren auf den Rücken, um ihnen das Unge⸗ ziefer abzuleſen, z. B. die Madenhacker, Staare, Falco degener; die Erſten preſſen auch, mit ihrem hohen zuſammengedrückten Schnabel, die Beulen am Körper des Rindviehes auf, um die Bremſenlarven herauszuholen; ein indiſcher Rabe (Corvus splen- dens) ſetzt ſich ſelbſt den dortigen Geiern auf den Rücken, um ſie von läſtigen Inſekten zu befreien. — Alle Vögel, welche man an Baumſtämmen und Mauern umherklettern ſieht, thun dieſes, um die daſelbſt befindlichen Inſekten aufzuſuchen; mehre derſelben, z. B. Spechte, Kleiber, Nußheher, hacken, in jener Abſicht, mit ihrem ſtarken Schnabel die Rinde auf und Löcher in das Holz. — Die Kolibris holen mit ihrer wurmförmigen langausſtreck⸗ baren Zunge aus dem Grunde der Blumen kleine Inſekten her— vor, indem ſie dieſe mit den beiden Endſpitzen der Zunge, wie mit ein paar Fingern, ergreifen; auch können ſie die Zunge röhren— förmig zuſammenlegen und ſo zum Honigſaugen benutzen. Bei dieſer Beſchäftigung ſitzen die Kolibris entweder auf der Blume oder ſie ſchweben fliegend über ihr, wie die Abendfalter. — Unter den Wurmfreſſern aus der Ordnung der Wadvögel ſind hier R Vögel. 475 befonders zu nennen die Regenpfeifer und Kiebitze, welche mit den Füßen auf den Erdboden ſtampfen und klopfen, um Regenwür⸗ mer und dergleichen aus den Löchern hervorzuſchrecken; die Strand läufer und Steindreher, welche mit dem Schnabel Steine umwen— den, um ſich der darunter befindlichen Würmer zu bemächtigen; die Schnepfen, deren weiche empfindliche Schnabelhaut dazu dient, um im Schlamm und Moor Würmer zu fühlen. U § 161. Zuletzt iſt noch zu bemerken, daß es Vögel giebt, welche ſich Vorräthe anlegen; z. B. Meiſen und Kleiber ſam— meln Sämereien in Baumlöcher; Würger klemmen Käfer in Baumſpalten oder ſpießen ſie an Dornen, um, wenn bei ungün— ſtigem Wetter die Inſekten ſich waibürgen nn mit jenem ihren 2 zu befriedigen. § 162. Dieſelben Theile und Gliedmaßen, die dem Vo⸗ det zum Sreipün ſeiner Nahrung dienen, ſind auch ſeine Waf— fen, mit denen er angreift und ſich vertheidigt, alſo Schnabel und Krallen. Außerdem aber find manche Vögel noch mit an⸗ dern Waffen, zu gleichen Zwecken, verſehen, z. B. viele Hühner⸗ vögel mit ſcharfen Sporen an den Ferſen; manche Waſſerhühner (Bläßhühner, Spornflügler), Regenpfeifer, Wehrvögel mit einem oder zwei Sporen an dem Flügelbug. Jene ſchlagen daher, bei D Kämpfen, mit den Ferſen, die andern mit den Flügeln auf den Gegner los. Der Kaſuar ſchlägt, um ſich zu wehren, mit einem Beine hinten aus. Die Miſteldroſſel (Turdus viscivorus) ſpritzt Menſchen und Thieren, die ſich dem Neſte derſelben nahen, ar Koth ins Geſicht. Fünfter Ab ſchnitt. Fortpflanzung und Entwickelung. § 163. In Hinſicht der geſchlechtlichen Verhältniſſe leben die Vögel entweder in Monogamie, wenn ſich Ein Männchen nur zu Einem Weibchen hält, und dieſes iſt der häufigere Fall, oder in Polygamie, wo Ein Männchen mehre Weibchen hat, z. B. die meiſten Hühnerſtelzen, Laufvögel, Hühnervögel, jedoch mit Ausnahmen, z. B. die Tauben, das Haſelwaldhuhn (Tetrao | honasia), das gewöhnliche eee ( Br ee u. dh w. 0 in Monogamie. 476 Eilfte Klaſſe. § 164. Die Begattung iſt nur bei wenigen Vögeln eine eigentliche Verbindung, ſondern beſteht darin, daß das Männ⸗ chen das Weibchen tritt, d. h. auf den Rücken des Weibchens ſteigt, ſeine Geſchlechtsöffnung gegen die des Weibchens preßt, und den Samen in dieſe hineinſpritzt, denn eine vortretende Ruthe, welche in die weibliche Oeffnung eindringt, haben nur wenige, wie z. B. Entenvögel und Strauß, und dieſe Ruthe hat keinen Ka⸗ nal, ſondern nur eine äußere Samenleitungsrinne. Ob die Steiß⸗ füßler ſich aufrechtſtehend und Bauch gegen Bauch gedrückt begatten, oder einige Sänger (Sylvia hortensis und atricapilla), ſo daß das Weibchen auf dem Rücken liegt, wie wol er⸗ zählt wird, bedarf noch der Beſtätigung. — Der Paarung gehen bei mehren Vögeln zum Theil hitzige Kämpfe der Männchen unter einander, um den Beſitz der Weibchen, vorher, und häufig giebt das Männchen, wenn es ſich begatten will, ſeinen Trieb durch mancherlei ſonderbare Bewegungen, Sträubung der Federn, eigenthümliche Töne u. ſ. w. zu erkennen, wie wir dieſes an un⸗ ſern Haushähnen, Putern, Tauben u. ſ. w. wahrnehmen können. — Von manchen Arten treten die Männchen ihre Weibchen meh⸗ remale ſchnell nach einander, z. * die auge wol an IR zigmal. § 165. Es finden re den Vögeln auch 2 Baſtardbegattungen ſtatt, z. B. von Kanarienvögeln mit andern Finkenarten, von Haushühnern mit Faſanen, von dieſen mit Birkhennen (Tetrao tetrix). So glaubt man auch zum Theil, daß der fogenannte Rackelhahn (Tetrao medius) ein Baſtard vom Auerhahn (Tetrao urogallus) und der Birkhenne ſei, und daß auch ſchwarze Krähen (Corvus corone) und Nebelkrähen (Corvus cornix) Baſtarde erzeugen; jedoch werden beide genannte Krähen von manchen Ornithologen nur für Marien Einer Art gehalten. § 166. Alle Vögel find einrleg ene und Eine Be⸗ fruchtung wirkt auf mehre Tage und auf mehre Eier, deren in der Regel täglich, mehre Tage nach einander, eins gelegt wird. Zwar ſind die Fälle nicht ſelten, daß auch Eier ohne vor⸗ hergehende Begattung gelegt werden, aber bis jetzt hat man dieſe Erfahrung nur an domeſticirten und gezähmten Vögeln (Hüh⸗ Vögel. f 477 nern, Papageien, einigen Hockern) gemacht, und in dergleichen Eiern entwickelt ſich nie ein Embryo, da ſie unbefruchtet ſind. Wahrſcheinlich findet ſolch eine Eierbildung bei Weibchen ſtatt, wenn der Geſchlechtstrieb, etwa durch die Nähe eines lockenden Männchens, aufgeregt, aber nicht befriedigt worden iſt. Sehr ſel— ten find Beiſpiele von Hühnern, bei denen ſchon im mn das Junge im Ei ſich zu entwickeln anfing. $ 167. Nach der Befruchtung fangen die Weibchen an, Eier zu legen, und zwar alle Eier an Einen Ort. Man nennt dieſen Ort im Allgemeinen das Neſt. Im engern Sinne aber bezeichnet man mit dieſem Namen das Behältniß, welches die Vögel, zur Aufnahme und zum Bebrüten der Eier, aus fremden Stoffen verfertigen und zweckmäßig anlegen und einrichten. Die Neſter der großen Raubvögel werden Horſte genannt. — Manche Vögel legen auf die nackte Erde, indem ſie nur eine leichte Vertiefung in den Boden machen, theils ganz unter freiem Him— mel, wie z. B. die Seeſchwalben und meiſten Möven (Sterna fissipes macht jedoch ein Neſt im Rohr aus Gras und Moos), theils geſchützter, unter Büſche, Haidekraut, Gras, füttern ſolch ein Neſt auch aus mit Gras, Blättern, Moos und dergleichen, wie z. B. die meiſten Hühnervögel, Entenvögel, Laufvögel, Schne= pfenvögel, Strandläufer, Nachtſchwalben u. ſ. w. — Manche ni⸗ ſten in Erdlöchern, die ſie entweder ſchon vorfinden (verlaſſene Gänge anderer Thiere) oder ſelbſt erſt mit Schnabel und Füßen graben, z. B. manche Käuze (Strir brachyotus und cunicularia, die ſich nie auf Bäume ſetzen), Uferſchwalben (Hirundo riparia), Immenvogel (Merops apiaster), Eisvögel, Wadſtrauß, Fuchsente (Anas tadorna), Papageitaucher, Puffin, Alken. Die drei zuletzt genannten Gattungen, wie noch manche andere aus der Ordnung der Schwimmvögel, z. B. unter den Lummen, Sturmvögeln, Fre— gattvögeln, Seeſchwalben, Albatros, niſten jedoch mehr in Fel— ſenlöchern, zum Theil in bedeutender Höhe, aber nicht weit vom Meere entfernt. Außerdem werden Felſenlöcher, wie auch Riſſe und Löcher in alten hohen Mauern und in Thür⸗ men, von vielen andern Vögeln zum Niſten erwählt, z. B. von einigen Tauben, von Mauerkletten, Steindohlen, Schneefinken (Fringilla nivalis), Mauerſchwalben (Cypselus melba), Felſen⸗ 478 Eiifte Klaſſe. ſchwalben (Hirundo rupestris), Felſenhühnern, Schneekrähen, gt vögeln, einigen Papageien (Psittacus cyanolyseos), vielen Eulen und Falkenvögeln. Die Geier horſten meiſt auf den höchſten Felſen. — Es giebt auch mehre Vögel, welche nur als Aus⸗ nahme anders als an menſchlichen Wohnungen, Gebäuden, Kirchen, Thürmen, niſten, wie z. B. die Hausſperlinge, einige Schwalben, der weiße Storch, manche Käuze (Strix flammea, passerina), der Thurmfalk (Falco tinnunculus), einige Sänger (‚Sylvia orphea), nicht ſelten auch die graue Bachſtelze (Mota- eilla alba) u. ſ. w. — Sehr viele niſten in Baumlöchern und hohlen Bäumen, namentlich alle diejenigen, welche an Bäu⸗ men umherklettern; die Spechte legen ihre Eier in ſolche Löcher auf das bloße Holzmehl. Aber auch viele andere niſten in ſol⸗ chen Löchern, z. B. verſchiedene Eulen, Meiſen, Fliegenſchnäpper (Muscicapa atricapilla), Blauracke (Coracias garrula), Wiede⸗ hopf, Momot, Cua, Spornkuckuck, Nageſchnäbler, Bartvogel, Pfef⸗ ferfreſſer, die meiſten Papageien, Turacko u. ſ. w., ſelbſt Enten (Anas sponsa) niſten zuweilen in Baumlöchern, zum Theil hoch am Stamme. — Auf und zwiſchen den Zweigen der Bäume legen ihre Neſter an die meiſten Adler und Buſſarde, viele Hocker, die meiſten Tauben, die Hockos, viele Papageien, Reiher, Löffel⸗ reiher, Scharben (dieſe zum Theil auch in Felſenlöchern), Anhinga, einige ausländiſche Enten (Anas arborea, autumnalis, viduata); zuweilen auch manche unſerer inländiſchen Entenvögel, wenn ſie öfters in ihren gewöhnlichen Brutplätzen am Erdboden geſtört werden, z. B. Anas boschas und clangula, Mergus merganser und serrator, die dann zum Theil weit vom Waſſer entfernt, auf hohen Bergen und Bäumen, in Neſtern von Raben u. ſ. w. an⸗ getroffen werden. — In Büſchen niſten beſonders viele Hocker, vorzüglich aus den Familien der Körnerfreſſer und Sängervögel, theils nahe an der Erde, wie z. B. die Nachtigall, der ene könig u. ſ. w. | Es erhellet ſchon aus a Vorhergehenden, daß der Ort und die Beſchaffenheit des Neſtes nicht nur bei Vögeln Einer Ordnung oder Familie oft ſehr verſchie den find, ſondern daß ſelbſt Vögel einer und derſelben Art nicht ſelten in dieſem Stücke Veränderlichkeit zeigen; ja ſelbſt ein und daſſelbe Indivi⸗ Vögel. Ma duum iſt ſich hierin nicht immer gleich. Wir wollen von den vielen Belägen, die hier beigebracht werden könnten, nur noch einige anführen: Der Uhu (Bubo maximus) niſtet nicht nur in Felſenlöchern und hohlen Bäumen, ſondern auch in alten Adler— und Krähenneſtern; die Steindohle auf Felſen und Thürmen; die Scharben (Halieus carbo) auf Bäumen und Felſen; die Stock⸗ ente, wie bereits angeführt iſt, zuweilen weit vom Waſſer entfernt auf Bäumen; der kleine Kauz (Strix passerina) in Häuſern, Baumlöchern und Felſenlöchern; manche Alken (Alca arctica) und die Puffine auf Felſen und in Erdlöchern; der Thurmfalk (Falco tinnunculus) in Löchern an hohen Mauern und Felſen, zuweilen aber auch auf Bäumen; der Wiedehopf in Baumlöchern, zuweilen auch in Felſen und auf der Erde; die Mauerklette in Felſenlöchern, mitunter aber auch in Baumlöchern. S 168. Die meiſten von denjenigen Vögeln, Wale auf Bäumen und Büſchen oder an ſonſtigen freien und hochgelegenen Oertern niſten, verfertigen aus vegetabiliſchen Subſtanzen, die größern aus Reiſig, die kleinern aus Halmen, Blättern, Moos, Flechten, Pflanzenwolle und dergleichen, die ſie mit einander ver⸗ flechten, ein napfförmiges oder ſchalenförmiges, oben offe— nes, Neſt, welches entweder zwiſchen Zweigen oder in Löchern und auf Vorſprüngen von Felſen, Mauern, Wänden u. ſ. w. an⸗ gelegt oder in einem gabelförmigen Zweige aufgehängt wird; letz— teres iſt z. B. mit dem Neſte des Pirol (Oriolus galbula) der Fall. Einige bauen dergleichen Neſter auf dem Erdboden oder nahe über demſelben, z. B. Steinſchwätzer, Lerchen, Nachti— gallen, manche Weihen, der ſüdamerikaniſche Aasvogel (Cathartes aura), verſchiedene Reiher (Ardea purpurea, egretta, stellaris, minuta), letztere beſonders in Rohr und Schilf; die Kraniche in Binſen und Büſche. Manche Wadvögel und Schwimmvögel Bläßhühner, Steißfüßler) verfertigen ihr Neſt aus Waſſerpflan⸗ zen, von denen ſie zum Theil auf dem Waſſer ſelbſt einen Haufen zuſammenbringen, dann oben eine Vertiefung machen und in dieſe die Eier legen; ſie befeſtigen ein ſolches Neſt auch wol mittelſt einiger Stängel am Schilf und Rohr, damit es nicht, bei ſteigendem oder unruhigen Waſſer, wegtreibe. — Unſere beiden Hausſchwalben verfertigen ihre Neſter aus Erde, die ſie mittelſt 480 : Eülfte Klaſſe. Beimengung tres klebrigen Speichels in eine zuſammenhaltende Maſſe verbinden. Die Fenſterſchwalbe (Hirundo urbica) hängt ihr Neſt unter Vorſprüngen, häufig oben in Fenſterniſchen an, und läßt am obern Rande deſſelben nur einen engen Eingang; die Rauchſchwalbe (Hirundo rustica) ſetzt das Neſt auf irgend einen oberwärts geſchützten Vorſprung, und läßt daſſelbe oben ganz offen. Die indiſchen Salanganen (Hirundo eseulenta, un⸗ ter welchem Namen jedoch mehre Arten begriffen werden) niſten an Felſen und verfertigen ein napfförmiges Neſt, welches faſt wie Hau ſenblaſe ausſieht, und deſſen eigentliche Beſchaffenheit noch nicht ermittelt worden iſt, denn theils glaubt man, daß es aus halbverdaueten Reſten von Fiſchrogen oder Quallen und Weich⸗ thieren beſtehe, die erſt von dieſen Vögeln verſchluckt und dann an der Stelle, wo das Neſt gemacht werden ſolle, wieder ausge⸗ ſpieen werden; theils betrachtet man es als halbaufgelöſte Ueber⸗ reſte von Seealgen, oder als verändertes Zedernharz, oder als ſonſtige vegetabiliſche Subſtanz; theils will man entdeckt haben, daß die Salanganen die Beſtandtheile ihrer Neſter durch beſon⸗ dere, in die Speiſeröhre einmündende Organe ſecernire. Auch die Fettvögel ſollen ihre Neſter aus halbverdaueten und wiederausge⸗ ſpieenen Subſtanzen verfertigen. — Daß unſer Wiedehopf fein Neſt aus den übelriechendſten Excrementen verfertige, iſt unge⸗ gründet; er verwendet dazu allerlei feines Geſtrüpp, Wurzelwerk und dergleichen. 8 169. Künſtliche Neſter nennt man ſolche, die durch besondere äußere Form oder durch kunſtreiche Verflechtung der Baumaterialien ſich auszeichnen. Schon das helmförmige Neſt unferer Elſter (Corvus pica) kann man hieher zählen. Vorzüge lich aber werden dergleichen in der Familie der Sängervögel ge⸗ funden; z. B. Manche derſelben verfertigen, aus Moos und an⸗ dern zarten Pflanzentheilen, kugelförmige oder backofenför— mige, und nur mit einem engen Eingange verſehene Neſter, z. B. der Zaunkönig. Andere hängen an den Enden der Zweige beutelförmige Neſter auf, welche aus mancherlei Pflanzenwolle und andern zarten Pflanzentheilen zuſammengefilzt und ebenfalls nur mit einem engen Eingange, der zuweilen noch in einen nach Außen verlängerten Kanal ausläuft, verſehen ſind, z. B. Trupials, Vögel. 481 Gilbvögel, Honigvögel, mehre Meiſen (Beutelmeifen, Parus pen- dulinus). Die Webervögel verfertigen aus Grashalmen und Pflanzenwolle, die ſie mit einander verweben, kugelförmige hängende Neſter, theils mit zwei cylindriſchen Ausgängen nach einander entgegengeſetzten Richtungen, theils nur mit Einem fol- chen, dann aber nach unten verlaufendem Ausgange. Die Rohr: ſänger (Sylvia turdoides u. ſ. w.) binden erſt drei bis ſechs Rohrhalme zuſammen und machen dann zwifchen denſelben das Neſt. Die Schneidervögel (Sylvia sutoria, unter welcher Be— nennung jedoch mehre Arten verſtanden zu werden ſcheinen) ver— binden einige an Baumzweigen nahe beiſammen ſitzende Blätter, indem ſie erſt an den Rändern derſelben mit ihrem Schnabel feine Löcher bohren, dann durch dieſe einen feinen Grashalm oder Baſt- faden flechten und mittelſt deſſelben die Blätter ſelbſt zufammen- ziehen, zwiſchen denen ſie zuletzt das Neſt anlegen. Eben ſo nähet auch eine andere italiäniſche Sängerart (Sylvia cisticola) Binſenblätter zuſammen, um zwiſchen dieſelben ihr Neſt zu bauen. § 170. Die Neſter der Vögel beſtehen in der Regel äußerlich aus gröbern und härtern Materialien, als: Erde, Reiſig, Halme, Moos und dergleichen, und werden inwendig mit feinern weichern Subſtanzen, Haaren, Federn, Pflanzenwolle und dergleichen ausgefüttert. Manche Droſſeln überziehen das aus feinen Reiſern, Halmen und dergleichen verfertigte Neſt in- wendig mit einer glatten Erdſchicht und füttern es dann erſt aus. Viele Vögel rupfen ſich ſelbſt Dunen aus, um damit das Neſt auszukleiden, wodurch dann, beſonders am Unterleibe derjenigen Waſſervögel, die kein Neſt machen, nackte Stellen entſtehen, die man Brutflecke nennt, weil beim Brüten die Eier unter dieſem Flecke liegen und ſeitwärts von den denſelben umgebenden Federn gedeckt und warm gehalten werden. Wenn von einigen Fetttau⸗ chern erzählt wird, daß fie zwiſchen Schwanz und Beinen eine Höhle hätten, in welcher das Ei mit umhergetragen und ausgebrütet werde, ſo ſind wahrſcheinlich unter jener Wahn focht Brutflecke verſtanden. § 171. Bei denjenigen Vögeln, die gar kein oder doch kein künſtliches Neſt machen (Laufvögel, die meiſten Hühnervögel und Schwimmvögel), bekümmert ſich das Männchen gar 31 182 Eilfte Klaſſe. nicht um den Neſtbauz; je künſtlicher und größer aber das Neſt iſt, deſto mehr Antheil nimmt auch jenes an der Arbeit. In ei⸗ nigen Arten ſoll das Neſt von mehren Individuen gebauet, nach⸗ her aber nur von einem Paare in Beſitz genommen werden, z B. bei unſern Hausſchwalben. Manche Vögel bauen auch geſellige Neſter, indem mehre auf Einem Baume durch eine gemeinſchaft⸗ liche Unterlage verbunden werden, z. B. Kegelſchnäbler, Trupiale, einige Webervögel (Ploceus socius), zuweilen auch unſere Saat⸗ krähen (Corvus frugilegus). Auch giebt es Arten, wo mehre Weibchen in ein gemeinſchaftlich erbauetes Neſt legen, z. B. Strauß, Nandu, einige Papageien und Kuckucke in Süd⸗ amerika, die Madenfreſſer, einige Alken (Alca torda); zuweilen 50 ſelbſt verſchiedenartige Waſſervögel in Ein Neſt. § 122. Die Eier der Vögel find mit einer Uinten her crechlichen Kalkſchale bekleidet, meiſt von ovaler Geſtalt, theils dem Kugelförmigen ſich nähernd, beſonders bei den Eulen und Straußen; theils geſtreckter und birnförmig, ſo z. B. bei den meiſten Schnepfenvögeln und Strandläufern. — Ihre Farbe iſt entweder ganz weiß, oder dunkler gefleckt. Die weiße Farbe geht theils ins Grünlichte (3. B. bei mehren Entenvögeln und Reihern), theils ins Gelblichte (z. B. bei Seetauchern und dem weißen Storch), theils ins Röthlichte (bei dem Wiedehopf), theils ins Blaulichte (bei einigen Alken) über. Faſt noch häufiger kommen aber gefleckte Eier vor, die dann entweder nur rothe oder braune oder ſchwärzlichte Punkte haben (ſo beſonders bei vielen Hockern), oder mit größern, unregelmäßigen, in einander mehr oder weniger verlaufenden, Flecken und Wolken von ſchwärzlichter oder von ſchwarzgrüner Farbe, gezeichnet ſind. Die Eier des californiſchen Aasvogels ſollen ganz ſchwarz ſein. — Die Zahl der Eier für jede Brut iſt ſehr verſchieden: Manche Schwimmvögel, beſonders aus den Familien der Taucher (Uria troile, Alca aretica, Mor- mon) und Pelekane (Pelecanus bassanus, Tachypetes aquilus), legen in der Regel nur Ein Ei; Andere, beſonders aus der Fa= milie der Mövenvögel (Sturmvögel, Möven, Seeſchwalben), aber auch Uria grylle, Alca alle, und mehre Landvögel (z. B. Felſen⸗ hühner, Nachtſchwalben, Tauben, Papageien), legen zwei bis drei Eier. Die gewöhnliche Eierzahl der Hocker, die ihre Jungen im ee 488 Neſte großfüttern, iſt vier bis ſechs; manche von ihnen legen ei⸗ nige darüber, und z. B. unter den Meiſen giebt es Arten, welche zehn bis achtzehn und ſelbſt; noch mehr Eier legen, Diejenigen Vögel, welche ihre Jungen, ſo wie dieſe auskriechen, gleich aus⸗ führen (Hühnervögel, Entenvögel), legen in der Regel mehr Eier, ſechs bis funfzehn und darüber. — Wenn das Weibchen im Brü⸗ ten geſtört wird und ſeiner Eier verluſtig geht, ſo begattet es ſich wieder und legt von neuem Eier, zuweilen drei- bis viermal. Haushühner, denen die Eier genommen werden, legen auf dieſe r in einem Jahre zuweilen an 150 Eier. 8 173. Die Jahreszeit des Neſtbauens, Eierlegens FR Brütens iſt der Frühling und Sommer. Unter unſern Vö⸗ geln macht indeß der gewöhnliche Kreuzſchnäbler hievon eine Aus⸗ ee indem dieſe Geſchäfte bei ihm in die Wintermonate fallen. § 124. Das Bebrüten der Eier liegt in der Regel dent Weibchen allein obz und wo mehre Weibchen in ein ge⸗ meinſchaftliches Neſt legen, da brüten dieſe Weibchen abwechſelnd, z. B. Strauß und Bürſtentruthahn. Häufig aber brütet auch das Männchen abwechſelnd mit dem Weibchen, nur nicht ſo anhaltend wie dieſes- Das Männchen des Straußes und des Nandu ſoll bei Nacht brüten, die Weibchen abwechſelnd bei Tage. Viele Männchen füttern das Weibchen während der Brütezeit im Neſte. In den heißeſten Gegenden der Erde verlaſſen die Eltern oft um die Mittagszeit mehre Stunden lang die Eier und über⸗ laſſen der Sonne das Erwärmen der Eier; ſo machen es die Strauße unter dem Aequator und die ſüdamerikaniſchen Groß⸗ füßler. Von dem Weibchen des Bürſtentruthahns wird noch be⸗ ſonders erzählt, daß ihrer mehre die Eier in einen zuſammenge⸗ tragenen Haufen vegetabiliſcher Subſtanzen legen, dann ſie mit einer Lage ähnlicher Subſtanzen bedecken, und nun das Ausbrü⸗ ten der durch die erfolgende Gährung im Haufen entſtehenden Wärme und der Sonnenhitze überlaſſen. — Beim Brüten ſitzt der Vogel mit angezogenen Beinen ſo auf dem Neſte, daß er daſſelbe ganz ausfüllt und die Eier allenthalben bedeckt werden. Nur der Flamingo, welcher ſein Neſt auf einem kleinen Erdhügel anlegt, ſitzt ſo auf demſelben, daß die Beine ſeitwärts hinabhän⸗ gen, gleichſam auf dem Neſteh reitende — Die Weibchen find 31 * — 484 Eilfte Klaſſe. bei dem Brüten ſehr eifrig und laſſen ſich nicht leicht vom Neſte auftreiben; Puterhennen ſollen zuweilen ſieben bis neun Tage, ohne Nahrung, auf den Eiern ſitzen. Auch zeigen ſie zum Theil viele Sorgfalt für die Eier, indem ſie z. B., wenn ſie das Neſt verlaſſen, jene mit Blättern, Halmen, Federn bedecken (z. B. Waldhühner, Steißfüßler, Bläßhühner), oder, wenn ſie beim Brü⸗ ten öfters beunruhigt werden oder das Neſt ſonſt in Gefahr ge⸗ räth, die Eier mit den Krallen an einen ſichern Ort tragen, wie man dieſes zuweilen von Lerchen und andern kleinen Hockern be⸗ merkt haben will. — Die Brütezeit bis zum Ausſchlüpfen der Jungen iſt verſchieden und währt bei den großen Vögeln länger als bei den kleinern; bei dieſen zum Theil nur zwei . bei jenen mitunter fünf Wochen und darüber. S 125. Was die Entſtehung des Embryo im Eier⸗ keime betrifft, ſo wird im letztern, nachdem er ſich vom Eierſtocke abgelöſet hat und in den Eierleiter getreten iſt, Eiweiß und Dot⸗ ter ausgebildet und geſchieden. Im untern Theile des Eierleiters erhält das Ei die Schale. Unter dieſer befindet ſich, am ſtumpfen Ende, ein mit atmoſphäriſcher Luft gefüllter Raum, zum Athmen des Fötus. Beim Bebrüten bildet ſich der Embryo am Dotter und entwickelt ſich allmälig, indem um und an ihm eine gefäß⸗ reiche Reſpirationshaut und eine gefäßloſe Haut ſich ausbilden, die ihm zur Ernährung dienen, bis er ſo weit ausgewachſen iſt, daß er mit dem Schnabel, oder vielmehr mit zwei kleinen, ſehr ſpitzen und harten Erhöhungen, die oben vor dem Ende des Ober— ſchnabels ſich befinden, die Schale aufpickt und hervortritt. Daß er durch die Schale hindurch athmet, erhellet daraus, daß Eier, welche mit Firniß überzogen werden, niemals auskommen. § 126. Wenn die Jungen ausgekrochen ſind, ſo wer⸗ den ſie von den Alten entweder im Neſte aufgefüttert, bis ſie fliegen können, oder gleich ausgeführt, wo ſie dann aber noch ſo lange unter der Leitung, Pflege und dem Schutze entwe⸗ der beider Eltern oder nur der Mutter verbleiben, bis ſie ſich auf ſich ſelbſt verlaſſen können. Die Liebe der Eltern, beſonders der Mutter, zu ihren Jungen, ſo lange dieſe noch des Schutzes und der Pflege bedürfen, iſt zu bewundern: Bei drohenden Gefahren ſetzen jene oft ihre eigene Sicherheit und ihr Leben aufs Spiel, gene 485 um nur die Kinder zu retten; ſonſt furchtſame und ſcheue Vögel gehen dann wüthend dem weit überlegenen Feinde entgegen und greifen ihn an. Die Steißfüßler nehmen, bei Sturm, die Jungen auf den Rücken und bringen ſie in Sicherheit. — Die Nahrung wird den ausgeführten Jungen von der Mutter angewieſen und | vorgelegt; den im Neſte bleibenden wird fie, wenn fie animaliſch iſt, im Schnabel zugetragen, wenn ſie aber aus Körnern beſteht, ſo werden die Jungen aus dem Kropfe gefüttert, nachdem in die⸗ ſen die Körner ſchon erweicht ſind. — Zu denjenigen Vögeln, welche ihre Jungen ausführen, gehören die Entenvögel, Steiß⸗ füßler, Seetaucher, Waſſerhühner, Schnepfenvögel, Strandläufer, Hühnerſtelzen, Laufvögel, Hühnervögel (mit Ausnahme der Tau⸗ ben). Wenn die Stockente auf einem Baume gebrütet hat, ſo wirft ſie die ausgekommenen Jungen über Bord und geht oder ſchwimmt dann mit denen, die den Sturz glücklich überſtanden haben, davon; und eine andere Entenart (Anas sponsa) ſoll, wenn ſie hoch in einem Baumloche gebrütet hat, die Jungen auf ihren Rücken nehmen, wo jene dann mit dem Schnabel ſich feſt⸗ halten, und ſie ſo aufs Waſſer bringen. — Die übrigen Vögel, mit wenigen Ausnahmen, füttern ihre Jungen im Nefte auf. Einige Arten der Schwimmvögel füttern ihre Jungen erſt ein paar Wochen im Neſte und tragen ſie dann in die See, um ſie noch eine Zeitlang zu führen, z. B. Fetttaucher, einige Alken (Alca arctica und alle) und Lummen (Uria troile); von der letzten Art erzählen Andere, daß die Jungen ſich feu HE vier Wochen in die See ſtürzen. 8 177. Die Vögel, namentlich die größer, wachen wenn ſie nicht in dem Geſchäfte des Brütens und Erziehens geſtört werden, in der Regel jährlich nur Eine Brut. Der Albatroß ſoll ſein Junges ein ganzes Jahr lang im Neſte füttern. Unter den kleinern, namentlich aus der Ordnung der Hocker, giebt es mehre, welche jährlich zweimal, auch wol dreimal brüten, z. B. der Hausſperling. — Beſonders ſind hier aber noch dieje⸗ nigen Vögel zu erwähnen, welche weder ſelbſt niſten und brüten, noch ihre Jungen aufziehen. Unter ihnen iſt der bekannteſte unſer Kuckuck: Das Weibchen ſucht nach der Be— gattung die Neſter anderer wurmfreſſender und inſektenfreſſender 486 Eilſte Klaſſe. Vögel, beſonders aus der Familie der Sänger, auf, in denen das Weibchen eben zu brüten anfängt, und legt, ohngefähr in einem Zeitraume von ſechs Wochen, jede Woche ein Ei in ein anderes Neſt. Wenn es nicht in das Neſt⸗ ſelbſt hineinkommen kann, zu B. in das des Zaunkönigs, welches nur einen ſehr engen Ein⸗ gang hat, ſo legt es ſein Ei erſt auf den Erdboden und trägt es darauf mit dem Schnabel in das Neſt. Das Ei wird nun von der Eigenthümerin des Neſtes ausgebrütet, und der junge Kuckuck von ihr eben ſo ſorgfältig aufgefüttert, als wäre es ihr rechtes Kind, ſelbſt mit Verluſt ihrer eigenen Nachkommenſchaft, welche meiſt von dem ſtärkern und gierigen Pflegekinde ganz zurückge⸗ drängt und aus dem Neſte geworfen wird. Man will ſelbſt be⸗ merkt haben, daß der junge Kuckuck, wenn er endlich das Neſt verläßt, noch einige Tage lang auch von andern, in der Nachbar⸗ ſchaft befindlichen Vögeln, die der Pflegemutter in ihrem ſchweren Geſchäfte zu Hülfe kommen, mit Nahrung verſorgt werde; dann foll 17 zuweilen das Kuckucksweibchen den jungen Kuckuck füt⸗ tern. Uebrigens werden noch einige Beobachtungen angeführt, nach denen junge Vögel durch andere von verſchiedenen Arten auf⸗ gefüttert wurden. Das Verfahren der eigentlichen Kuckucke an⸗ derer Länder, z. B. derer in Java, ſoll mit dem unſers Kuckucks übereinſtimmen; auch wird daſſelbe noch von einigen andern Vö⸗ geln, z. B. von einem ſüdamerikaniſchen Gilbvogel (Icterus pecaris) erzählt; doch weiß die Sylria aestiva, wenn der Gilb⸗ vogel in ihr Neſt gelegt hat, das Ausbrüten der fremden Eier dadurch zu vermeiden, daß ſie dieſe Eier mit einer ſtarken Lage von Baumaterialien bedeckt und auf dieſe ihre eigenen Eier legt, welche dann auch allein ausgebrütet werden; hat ſie ſelbſt aber ſchon vorher 10 a Re * e ei eie mit den Ban gen ausgebrütet. IB SEN e 5 8178. Das ng Site ae jungen Vögel ift dm der Alten niemals ganz gleich, ſondern immer einfacher und we⸗ niger ſchön, und wird erſt nach und nach, in einem bis drei, ſel⸗ ten erſt bis zum fünften, Jahre völlig ausgebildet (die größten Adler ſollen erſt nach acht Jahren völlig ausgefärbt ſein) , da die Vögel jährlich ein⸗ bis zwei⸗ mal mäuſern, indem ihnen im Herbſte, oder im Herbſte und Früjahre, die Federn nach und nach Vögel. © 487 ausfallen und ſtatt deren neue hervorwachſen, oder, wie Andere meinen, zum Theil dadurch, daß die Federn ſelbſt anders gefärbt werden. Auch durch das Abſcheuern der Federränder tritt einiger⸗ maßen eine Farbenveränderung ein, indem alsdann die Farben der untern Federn, die bisher von dem überliegenden Federrande be⸗ deckt waren, ſichtbar werden. Bis der Vogel ausgewachſen iſt, wird mit jeder Mauſer das Gefieder ſchöner, die Farben reiner, und die Schmuckfedern entwickeln ſich auch nach und nach. Die Beine, der Schnabel, die dae dene h erſt ſpäter ihre Wach Farbe. I 8179. Die kleinern Vögel ſind mit Ende des erſten Jahres fortpflanzungsfähig; die größern erſt nach zwei bis drei Jahren. — Das Alter, welches die Vögel erreichen können, iſt ſehr verſchieden: Die kleinern werden doch wol acht bis zehn Jahre alt; eine Nachtigall lebte über dreißig Jahre im Käficht; Papageien und Schwäne find in der Gefangenſchaft 1 e alt ee en achtzig. Jahre, u. 5 w. Safer Ab ſch Mitt. Beſonderes Ppyſtologiſches. 170 255 180. Hier haben wir beſonders die Stimme der Bö⸗ gel zu berückſichtigen, die wol keinem derſelben ganz verſagt iſt. Viele aber laſſen ſie nur ſelten hören, und dieſe ſind meiſt ſolche, welche eine weniger angenehme, ſchreiende, rauhe, heiſere oder leiſe Stimme haben, die nicht modulirt wird. — Geſang nennt man die Stimme, welche aus angenehmen, pfeifenden oder flötenden, abwechſelnd höhern und niedrigern, ſtärkern und ſchwächern Tönen zuſammengeſetzt iſt und mannigfaltig modulirt wird. Solchen Ge⸗ ſang hören wir nur von Vögeln aus der Ordnung der Hocker, beſonders in den Familien der Droſſeln, Lerchen, Sängervögel, Körnerfreſſer. Am berühmteſten in dieſer Hinſicht ſind unter un⸗ ſern europäiſchen Vögeln die Nachtigall und der Sproſſer (Sylvia luseinia und philomela). Auch unter den außereuropaiſchen giebt es Sänger, die jenen gleichkommen, z. B. der Drongo, der Spott⸗ vogel oder die amerikaniſche Nachtigall (Turdus polyglottus); doch ſoll es in Nord-Amerika (oder in Afrika) auch einen Habicht 488 Eilfte Klaſſe. (Astur musicus) geben, der ſich durch einen angenehmen Geſang auszeichnet. In den kältern Ländern iſt es beſonders die Früh⸗ jahrszeit, in welcher die Sänger ſich hören laſſen; manche ſin⸗ gen den ganzen Som mer hindurch; manche ſelbſt im Winter, z. B. Waſſerſchwätzer, Zaunkönig; alle aber verſtummen zur Zeit der Mauſer. Uebrigens ſind es nur die Männchen, welche ſingen; die Weibchen laſſen ſich ſeltener hören, und nur in ein⸗ fachen und leiſern Tönen; wie auch bei den übrigen nicht ſingen⸗ den Vögeln die Männchen häufig durch eine lautere und gellende Stimme ſich zu erkennen geben. Doch iſt es mitunter der Fall, daß alte Weibchen, z. B. Haushühner, das Geſchrei des Männ⸗ chens, wenn auch nur unvollkommen, nachahmen. § 181. Sehr viele Vögel (vielleicht die meiſten oder alle) haben, um ihre verſchiedenen Empfindungen auszudrücken, be⸗ ſtimmte verſchiedene Töne, z. B. die Locktöne, durch welche das Männchen, zur Begattungszeit, dem Weibchen ſeine Triebe zu erkennen giebt, oder durch welche die Mutterhenne ihre Jungen herbeilockt; Töne des Zornes, der Angſt, der Herausforderung, der Warnung u. ſ. w. Es iſt dieſes die Sprache der Vögel, durch welche ſich nicht nur die Individuen Einer Art gegenſeitig verſtändigen, ſondern die auch oft von verſchiedenartigen Vögeln verſtanden wird, z. B. wenn Bachſtelzen oder Schwalben, bei Erblickung eines Raubvogels, ihr eigenthümliches Angſt- und Warnungs⸗Geſchrei ertönen laſſen, fo wird dieſes auch von an⸗ dern Vögeln verſtanden, die ſich dann aufe zu een und zu ſichern ſuchen. | § 182. Zu den eee, Tönen Mancher Vögel ge⸗ hören z. B. die dumpfen tiefen Laute, welche die Männchen der ſogenannten Trompetenvögel am Schluſſe ihres lauten Ge— ſchreies von ſich geben, und von denen man früher irrig meinte, ſie kämen durch den After hervor, die aber, nach neuern Beob= achtungen, eine Art von Bauchreden ſein ſollen. — Die Störche klappern durch Aneinanderſchlagen des Ober- und Unterſchna⸗ bels. — Manche Vögel lernen von ſelbſt, auch im freien Natur⸗ zuſtande, fremde Töne, ſo z. B. Finken und Würger mehr oder weniger aus den Melodieen anderer Sänger ihrer Nachbar- ſchaft, ſelbſt aus dem Schlage der Nachtigall. In der Gefangen⸗ Vögel. 489 ſchaft gehaltene Vögel, wie Dompfaffen, Droſſeln, Staare u. ſ. w., lernen auch künſtliche Melodieen nachpfeifen. Der amerikaniſche Spottvogel (Turdus polyglottus) nimmt nicht nur ſolchen frem⸗ den Geſang an, ſondern ahmt auch mancherlei andere Töne nach, z. B. Gelächter, Huſten, Miauen der Katzen, Krähen der Hähne, Knarren der Thüren u. ſ. w. Mehre Vögel, namentlich ſolche, die eine fleiſchigere beweglichere Zunge, gewölbten Gaumen, beſon— ders dazu eingerichteten Luftröhrenkopf haben, wie z. B. die Pa⸗ pageien, lernen Worte und ſelbſt kurze Rede-Perioden mehr oder weniger leicht und deutlich nachſprechen; aber auch Raben, Staare, Amſeln (Turdus merula), Madenfreſſer, Mino beſitzen jene Fertigkeit, wenn gleich in geringerm Grade. Siebenter Abſchnitt. Nutzen und Schaden. § 183. Der unmittelbare Nutzen, den die Vögel uns gewähren, bezieht ſich zuvörderſt auf die Nahrung, die ſie uns verſchaffen, beſonders auf ihr Fleiſch. Hier könnten von den bei uns einheimiſchen wilden Arten eine große Menge aufgeführt werden; unter ihnen vorzüglich die verſchiedenen Arten der Droſſeln, Lerchen, Ammern, Feldhühner, Schnepfen, Enten. Aus der Gattung der Lerchen ſind es beſonders die Feldlerchen (Alauda arvensis), welche nach der Getreideerndte, weil ſie dann am fetteſten find, in Abends aufgeftellten Netzen gefangen werden. Daß die früh Morgens gefangenen Lerchen delikater ſchmecken ſollen, als die des Abends gefangenen, weil fie während der nachts lichen Ruhe mehr Fett angeſetzt hätten, iſt wol zu fein unterſchie⸗ den. Unter den Ammern find die Fettammern oder Orto— lane (Emberiza hortulana), welche mehr im ſüdlichen Europa und Aſien wohnen, am berühmteſten. Sie machten vormals ei⸗ nen einträglichen Erwerbszweig für mehre griechiſche Inſeln aus, indem fie von dort, theils nachdem fie in befondern ſchwach er⸗ leuchteten Zimmern gemäſtet waren, gerupft und eingemacht zu vielen Tauſenden verſchickt wurden. Unter den Feldhühnern ſind es beſonders die Rebhühner oder eigentlichen Feldhühner (Perdix cinerea) und die Haſelhühner (Tetrao bonasia), die 490 | Eilfte Klaſſe. ein feines Fleiſch haben. — Von unſerm Hof⸗ und Meier⸗ Geflügel ſtammen einige Arten von bei uns einheimiſchen wil⸗ den Arten ab, andere ſind urſprünglich in fremden Welttheilen zu Hauſe. Zu den erſtern gehören Tauben, Enten und Gänfe, — Die Stammart unſerer zahmen Tauben (Columba livia) iſt mehr im ſüdlichen Europa zu Hauſe, wo ſie in Felſenlöchern, ver⸗ fallenen Bergſchlöſſern, theils auch in Dörfern in Thurmlöchern niſtet. Unter unſern Haustauben kommen ihnen die Feldtauben oder Feldflüchter am nächſten, die in Farbe und Zeichnung oft ganz mit ihnen übereinſtimmen und, weil ſie den größten Theil des Jahres hindurch ihre Nahrung auf den Feldern und Höfen ſelbſt ſuchen, gar keiner beſondern Pflege bedürfen und faſt gar keine Koſten verurſachen, dabei ſich ſtark vermehren (zuweilen acht⸗ bis zehnmal im Jahre brüten), ſehr nutzbar find. — Unſere zah- men Enten ſtammen von der ſogenannten Stockente (Anas bo- schas) ab, die durch ganz Europa, mit Ausnahme der nördlich⸗ ſten Länder, auf Seen und Teichen einheimiſch iſt, ſich ſtark ver⸗ mehrt und im Herbſte⸗ in großen Geſellſchaften umherſtreift. Die türkiſche Ente oder Biſamente, die ebenfalls im gezähmten Zuſtande auf unſern Höfen angetroffen wird, ſtammt von einer braſilianiſchen Entenart (Auas moschata) her. — Als wilde Stammarten unſerer Gänſe werden die Graugans und die Saat⸗ gans (Auser cinereus und segetum) bezeichnet, die erſte mit ganz rothgelbem, die zweite mit an der Wurzel und Spitze ſchwarzem Schnabel. Beide ſind in den nördlichern Gegenden der alten und neuen Welt einheimiſch; die Graugans aber, weniger nördlich als die Saatgans, niſtet auch nicht ſelten auf Landſeen im nördlichen Deutſchland. Die eine wie die andere ſind Zugvögel, beſonders die Saatgans, welche im Herbſte häufig in großen Geſellſchaften durch Deutſchland ſüdlicher ziehet. Da unſere zahmen Gänſe ſtets einen ganz gelbrothen Schnabel haben, ſo ſtammen ſie wahr⸗ ſcheinlich hauptſächlich von der Graugans ab. — Unſer übriges Meiergeflügel ſtammt aus andern Welttheilen her: Die Haus⸗ hühner wahrſcheinlich von einigen wilden Arten, die ſich in Oſt⸗ indien in Wäldern finden, hauptſächlich von Gallus bankiyayı mit dem unſere rothen Hähne zum Theil faſt ganz übereinſtimmen. Die Hühner ſind unſer nutzbarſtes Meiergeflügel, da ſie ein zar⸗ eee . 1 fi Vögel, 491 tes) wohlſchmeckendes und geſundes Fleiſch haben, ſich ſtark ver⸗ mehren und keiner großen Pflege bedürfen. Diejenigen von ihnen, welche ein beſonders zartes Fleiſch bekommen ſollen, werden ver⸗ ſchnitten, indem man in der Jugend den Hähnen die Hoden, den Hühnern die Eierſtöcke ausſchneidet; jene heißen dann Kapau⸗ nen, dieſe Poularden. — Die gewöhnlichen Faſanen (Pha- sianus bolchicus) find in den wärmern Gegenden Aſiens, bis zum kaſpiſchen Meere hinauf, einheimiſch, und ſollen zuerſt durch die Argonauten nach Europa gebracht worden ſein. Sie: haben unter allem Meiergeflügel das zarteſte Fleiſch, bedürfen aber bei uns einer beſondern Pflege. In kleinen eingeſchloſſenen Höfen, wo ſie ſich nicht im Grünen, zwiſchen lichten Gebüſchen, umhertreiben können, gedeihen fie nicht, und im Winter müſſen ſie in warmen Ställen gehalten werden. Nur in den ſüdlichern Ländern Euro⸗ pas, zum Theil ſchon in Böhmen, dauern ſie das ganze Jahr hindurch im Freien aus, und leben hin und wieder in halb wil⸗ dem Zuſtande. — Die Stammart unſers DTruthahns oder Pu- ters (Meleagris gallopavo) in Schleſien Auerhahn genannt, 10 ſchwarz mit Weinen een e Metallſchimmerel in Nord Sie iſt i im 1 Schre 1530 Ruh. Die Engländer zuerſt . 8 gebracht. — In Afrika iſt das Perlhuhn, (Numida meleagris) einheimiſch, von wo es im 16ten Jahrhunderte zuerſt, nach Frank⸗ reich verſetzt wurde. Auch in Weſtindien wurde es eingeführt, und iſt dort auf Jamaika verwildert. Es wird bis jetzt bei uns eigentlich mehr zur Zierde als zur Benutzung gezogen, und die Hähne werden durch ihr eintöniges, Banana Hans: und anhaltendes Gegacker oft ſehr läſtig. En 8 184. Außer dem Fleiſche be uns Me die ie der Vögel auf mancherlei Weiſe zur Nahrung; auch werden ſie vielfältig in den Künſten und Arzneien angewendet. Hauptſäch⸗ lich gilt dieſes von denen der Haushühner, welche durch ihre Fruchtbarkeit (denn eine gute Henne legt in einem Jahre wol 150 Eier) ihren Beſitzern ſehr einträgliche werden können. Im Jahre 1827 wurden allein von Frankreich; aus 63,109,618 Hüh⸗ nereier in England verzollt und abgeſetzt. — Die Meine. wer⸗ den als „eine beſondere Delikateſſe vorzüglich geſchätzt. 492 Eilfte Klaſſe. § 185. Noch ſind hier zu erwähnen die indianiſchen Vogelneſter oder Tunkinsneſter, von napfförmiger Geftalt und einem Anſehn wie Hauſenblaſe (vergl. S. 168), welche be⸗ ſonders von den Chineſen als Ingredienz mancher Speiſebrühen und Suppen benutzt werden, und ſeit langer Zeit ſchon auch in europäiſchen Delikateſſenläden um theure Preiſe zu haben ſind. Es ſollen jährlich an vier Millionen ſolcher Neſter von China und dem übrigen indiſchen Archipel ausgeführt werden. Der Handel mit dieſen Neſtern bringt der Regierung jährlich mehre Millionen Gulden ein, und einzelne Handelshäuſer gewinnen dabei zuweilen jährlich an 80,000 Piaſter. Indeß wird verſichert, daß ein großer Theil dieſer verkäuflichen Neſter künſtlich aus Fiſchfloſſen und Fiſchlaich, oder auch aus einer Art von Seetang (Sphaerococbus eartilagineus), indem man dieſe Subſtanzen zu Gallert kocht, nachgemacht werde; wie denn überhaupt jener eg dort häufig zu Speiſen verwendet wird. 8 186. Die Federn und Federpelze der Bögel wer⸗ den auf mannigfaltige Weiſe zum Staat und Putz verwendet. Ganze Pelze werden aus den noch befiederten Bauchbälgen der Steißfüßler verfertigt, die, wegen der dichten ſilberweißglänzenden Federn, eine eben ſo warme als ſchöne Bekleidung gewähren. Dergleichen Pelze werden beſonders in der Schweiz verfertigt, wo die Steißfüßler häufiger auf den Landſeen wohnen. Auch die Federbälge der Eidergänſe und anderer Entenvögel werden ſo ver⸗ arbeitet. — In Südamerika werden aus den ſchönen gelb⸗ roth⸗ weiß⸗ befiederten Kehlbälgen der Tunkans, und aus den ſchönfar⸗ bigen Federn vieler anderer dort einheimiſcher Vögel, mancherlei Kleiderputz verfertigt, und die kleinen wunderſchönen Kolibris zum Staat in den Haaren oder als Ohrgehänge u. ſ. w. getragen. Eben ſo dienen in Oſtindien die ganzen Paradiesvögel, nachdem ſie getrocknet und ihnen die Beine abgeſchnitten ſind, als Feder⸗ büſche auf den Turbans. Die Schwung- und Schwanz⸗Federn. der afrikaniſchen Strauße, die Steißfedern der Marabus (beſon⸗ ders der Ciconia marabu in Oſtindien und der Ciconia argala in Afrika), die Bürzelfedern des Kranichs (Grus einerea), die Schulterfedern der Egretten (Ardea egretta, garzetta u. ſ. w.), die ſich alle durch weiche ſchlanke Form und durch lange lockere ab Vögel. 493 Bärte auszeichnen, ſo wie die ſchlanken gekrümmten glänzenden Federn des Hinterrückens oder Schwanz-Deckfedern unſerer Haus: hähne, werden vielfach zum Putz angewendet. Einen Nutzen reellerer Art gewähren die weichen Federn und die abgeſtreiften Bärte der ſtärkern dadurch, daß die mit ihnen ausgefüllten Betten uns ein weiches Lager, und eine warme und leichte Bedeckung auf dieſen, verſchaffen. Ganz beſonders eignen ſich hiezu die Dunen, welche vorzüglich von dem Eider⸗ vogel oder der Eidergans (Anas mollissima) kommen. Dieſe niſtet in felſigen Ufern der Oſtſee, Nordſee und des nördlichen atlantiſchen Meeres, von Helgoland und den nördlichen Küſten Dänemarks und Schottlands an bis weiter nach Norden hinauf. Gegen den Winter kommt ſie zuweilen an die Nordküſten von Deutſchland bis in den Kanal zwiſchen England und Frankreich; ſelten verirrt ſie ſich mehr landeinwärts. Sie füttert ihr Neſt mit den weichen Dunen der Bruſt und des Bauches aus, und dieſer Dunen wegen werden ihre Felſenneſter oft mit Lebensge— fahr aufgeſucht. Wenn man die Dunen und Eier ausgenommen hat, ſo bereitet die Gans ein zweites Neſt und legt wieder Eier hinein; aber es wird zum zweitenmale ausgebeutet, und der Vo— gel bringt es zum drittenmale wieder in Ordnung. Nun läßt man ihn ruhig brüten und Junge erziehen, denn wollte man ihn zum drittenmale ſtören, ſo würde er die Gegend ganz verlaſſen, um ſich einen ſichern Brütort zu ſuchen. Da aber der Dunen— verkauf für die dortigen Gegenden ſehr einträglich iſt, ſo ſucht ein Jeder das Anſiedeln dieſer Gänſe auf ſeinem Grund und Boden zu befördern. Aus jedem Neſte wird im Durchſchnitt ein halb Pfund Dunen gewonnen, die dann aber noch mehr oder weniger unrein find, fo daß von zehn Pfund, nachdem fie gereinigt wor— den, nur drei Pfund übrig bleiben, fo viel wie gerade zur Fül⸗ lung eines gewöhnlichen Deckbettes ausreicht. Uebrigens iſt es nicht die Eidergans allein, aus derem Neſte die Dunen gewonnen werden, ſondern auch die Neſter vieler anderer Schwimmvögel werden danach ausgeſucht, beſonders die der Fuchsente (Anas tadorna), der Anas spectabilis u. ſ. w. Die Benutzung der Schwungfedern von Gänſen, Schwänen ü uf. w. zu Schreibfedern ift bekannt. = 2 * 494 i Eoeulfte Klaſſe. § 182. Viele Vögel werden vom Menſchen in der Ge⸗ fangenſchaft gehalten oder ſind von ihm völlig domeſticirt, um ſich an ihrer Schönheit, oder an ihrem Geſange, oder an ſonſti⸗ gen Künſten derſelben zu vergnügen. Ihrer Schönheit wegen werden z. B. in Käfigten und in Zimmern viele Arten von Pa⸗ pageien und zum Theil auch manche Hockerarten gehalten; auf Höfen und in ſonſtigen ländlichen Anlagen Pfauen, Faſanen, Tauben. — Die Pfauen (Favo cristatus) ſind in den benga⸗ liſchen Wäldern zu Hauſe, und ſollen zuerſt durch den Heerzug Alexanders des Großen von dort nach Griechenland verpflanzt worden ſein. Die ſchönen Radfedern auf dem Hinterrücken be⸗ kommt das Männchen im dritten Jahre. — Zu den Faſanen, welche der Zierde wegen gehalten werden, gehören, außer der ſchon früher erwähnten gewöhnlichen Art (böhmiſcher Faſan, Phas. colchicus), beſonders noch der Goldfa ſan (Ph. pictus) aus Mingrelien, und der Silberfaſan aus China, welche beide aber noch weichlicher ſind als der gewöhnliche, und noch mehr Pflege bedürfen. — Diejenigen Tauben, welche bei uns bloß zum Vergnügen gehalten werden, ſind haupiſchlich⸗ die Turtel⸗ taube (Columba turtur), die in den Wäldern der milden Ge⸗ genden der alten Welt niſtet, die Lachetaube (Col. xisoria), welche aus Oſtindien und China oder, wie Andere meinen, aus Afrika herſtammt, aber auch hin und wieder im ſüdlichen Europa wild (vielleicht verwildert) angetroffen wird, und die Haustau⸗ ben oder Stadttauben. Die beiden erſten werden meiſt in Zimmern gehalten, die letzten in Taubenſchlägen auf Höfen. Dieſe Haustauben ſtammen von den Feldtauben ab, die wir bereits als Abkömmlinge der wilden Taube (Col. Iivia) kennen gelernt haben; ſie ſind aber durch die Kultur in eine große Menge von Spiel⸗ arten übergegangen, die in Größe und Farbe, wie auch in Ge⸗ ſtalt des Gefieders, bedeutende Verſchiedenheiten zeigen, und da⸗ nach auch beſondere Benennungen erhalten haben. Von dem urſprünglichen wilden Naturel, welches noch bei den Feldtauben vorherrſchend iſt, haben ſie nur das beibehalten, daß ſie aus⸗ und ein⸗fliegen und ſich zuweilen in der Luft umhertreiben; allein ſie fliegen nicht mehr ins Freie auf die Felder, um ſich Nahrung zu ſuchen, ſondern dieſe muß ihnen auf dem Hofe oder im Schlage Vögel. 495 | vorgeſchüttet werden. Sie können durch öfteres Aufjagen daran gewöhnt werden, ſtundenlang über dem Schlage, hoch in der Luft in geſchloſſener Geſellſchaft umherzukreiſen, welches für manche Perſonen ein ſo leidenſchaftliches Vergnügen iſt, daß ſolche Tau⸗ ben, die ſich durch beſondere Geſchicklichkeit im Fliegen auszeich⸗ nen, zum Theil mit großen Summen bezahlt werden: So wurde z. B. in England ein ſogenannter Tümmler (Col. domestica eyratrix), der ſich ſehr hoch und gradeaufſteigend in die Luft erhob, und dabei oft hinter einander een ſchlug, mit achtzig Guineen bezahlt. n 8 188. Die Tauben haben eine 085 Anthängfichkeits an ihre Wohnung, und dabei ein vorzüglich ſtarkes Ortsgedächtniß, ſo daß ſie jene, wenn gleich meilenweit im Freien von ihr entfernt, leicht wieder finden. Man benutzte dieſe Eigenſchaften beſonders in frühern Zeiten, hauptſächlich im 17ten Jahrhunderte in der Levante, aber auch in manchen europäiſchen Ländern, wo noch keine regelmäßigen Poſten eingerichtet waren, um durch Tauben Briefe, die man ihnen unter die Flügel band, an beſtimmte Orte, zuweilen 20 bis 30 Meilen weit, in kurzer Zeit (denn dieſe Vö⸗ gel fliegen anhaltend und ſehr ſchnell) zu befördern. In Alexan⸗ drien, Damiette u. ſ. w. waren zu dem Ende öffentliche Tau⸗ benpoſten angelegt, wo man zu ſolchen Reiſen abgerichtete Tau⸗ ben miethen konnte. Es wurden dazu namentlich die ſogenannten türkiſchen Tauben (Col. domestica turcica, die ſich durch größere nackte warzige Stellen um Schnabelwurzel und Augen auszeichnen) gebraucht, die daher auch Brieftauben und Poſt⸗ tauben genannt werden. — In unſern Zeiten hat man noch in England, Frankreich und Belgien dergleichen Poſten hin und wie: der eingerichtet, aber wol mehr der Curioſität wegen, denn es iſt doch immer viel Unficherheit mit Beſtellungen dieſer Art verknüpft. et. Tauben Hapenız von: ab bis Auvers in f Stunden. che 189. Unſer Ohr RER ſich an den Stimme Fehr vieler Vögel, wenn dieſe zu den Sängern gehören oder die Fer: tigkeit beſitzen, ſprechen, d. h. Worte nachſprechen, zu lernen. — Unter unſern inländiſchen Sängern iſt die Nachtigall der vor⸗ züglichſte. Sie gehört zu den Zugvögeln, ſtellt ſich im April bei 1 496 | Eilfte Klaſſe. uns ein, und zwar das Männchen etwas früher als das Weib⸗ chen, und zieht im Auguſt wieder von dannen. Man unterſchei⸗ det zwei Arten, nämlich die eigentliche Nachtigall (Sylvia luscinia) und den Sproffer (Sylvia philomela), welcher letztere ſtärker, größer, dunkler von Farbe iſt, einen mehr ſchmetternden Geſang hat, und ſich häufiger als die Nachtigall bei Nacht hören läßt. Manche Ornithologen halten beide nur für Spielarten. Die Männchen ſchlagen haupſächlich während der Brütezeit des Weib⸗ chens, überhaupt etwa ſechs Wochen lang, im Mai und Juni. — Unter den vielen übrigen Sängern heben wir noch die Kana— rienvögel (Fringilla canaria) aus, deren wilde Stammart ſich auf den kanariſchen Inſeln und auf der Weſtküſte Afrikas findet: Sie iſt oberwärts bräunlicht- oder graulicht-grün, unterwärts gelb; das Männchen oben mehr grünlicht, unten reiner gelb. Die Männchen haben in verſchiedenen Gegenden auch einen verſchie— denen Schlag; die auf den Inſeln Monte clara und Gran Ca- naria ſollen am ſchönſten fingen; und da auch die bei uns do— meſticirten einen verſchiedenen Geſang haben, fo find die Ber: gleichsangaben über die Vorzüglichkeit des Geſanges der wilden oder der zahmen bald zum Vortheil, bald zum Nachtheil der ei⸗ nen oder der andern ausgefallen. Sie ſollen im Anfange des 16ten Jahrhunderts zuerſt nach Europa gebracht worden fein; und da ſie ſich leicht an die Gefangenſchaft gewöhnten und ſich in derſelben auch zahlreich fortpflanzen (denn ein Weibchen brütet in einem Jahre drei- bis fünf- mal jedesmal vier bis fünf Junge aus), fo find: fie nachgrade über die ganze mildere Erde als bes liebte Stubenſingvögel verbreitet, und machen hin und wieder ei⸗ nen Erwerbszweig aus. Sie paaren ſich auch leicht mit andern körnerfreſſenden Singvögeln, beſonders leicht mit Stieglitzen (Frin- gilla carduelis), und bringen mit denſelben hübſche und ange⸗ nehm ſchlagende Baſtarde hervor. In einigen Gegenden des füd- lichen Europas ſind ſie verwildert. — Noch erwähnen wir hier des klappenden dactyliſch-rhythmiſchen Schlages der Wachtel (Cot. dactylisonans), weil auch dieſer von vielen Perſonen ge⸗ liebt wird. 8 190. Unter denjenigen Vögeln, welche ſprechen ler⸗ nen, ſind beſonders die Papageien berühmt geworden; allein " i 10 Vogel. e 497 nicht bei allen iſt die Fertigkeit dazu gleich groß: Die Aras haben eine viel kleinere Zunge als die übrigen Papageien, ſind daher am wenigſten geſchickt, ſprechen zu lernen. Am fertigſten lernt dies der graue afrikaniſche Papagei (Psittacus erithacus), welcher zum Theil ganze Redensarten von einem Dutzend Wörtern her— ſagte. — Uebrigens werden auch von einigen kleinern Körnerfreſ— ſern, namentlich von Kanarienvögeln, Beiſpiele angeführt, wie ſie einzelne Worte nachſprachen. Manche unſerer kleinen Stubenſänger ſind nicht bloß wegen ihres angenehmen Geſanges, ſondern auch theils wegen ihres hüb— ſchen Gefieders, theils wegen der Leichtigkeit, mit der ſie ſich zäh— men und zu mancherlei Kunſtſtückchen abrichten laſſen, beliebt, z. B. Kanarienvogel, Zeiſig, Stieglitz (Fringilla canaria, spinus, carduelis) u. ſ. w. § 191. Ein Vergnügen roherer Art, welches der Menſch ſich mit Vögeln macht, iſt das Veranlaſſen blutiger Kämpfe unter dieſen Thieren. Berüchtigt in dieſer Hinſicht find die Hah— nenkämpfe in England. Dieſe engliſchen Kampfhähne ſind eine beſonders große Spielart. Die zum Kampfe auserſehenen wer— den vier Wochen vorher aus aller Gemeinſchaft mit Hühnern und andern Hähnen geſetzt, mit hitzigen Sachen gefüttert, dann noch mannigfach körperlich zugeſtutzt, und ihnen zuletzt auch ein drei Zoll langer ſtählerner Sporn an jede Ferſe geſchnallt, und ſo zubereitet werden ſie paarweiſe gegen einander gelaſſen. Derglei— chen Kämpfe endigen ſich ſtets mit dem Tode eines, oft beider Streiter. Von ſolchen Kämpferfamilien werden in England zum Theil Stammbäume gehalten, und berühmte Sieger werden durch Abbildungen und in Geſängen verewigt. Bei den Kämpfen ſelbſt werden von den Zuſchauern oft bedeutende Wetten angeſtellt. — Auch Wachtelkämpfe werden für Schau- und Wettluſtige ge— geben, in Italien mit unſerer Wachtel, in China mit Wachtelhüh— nern (Ortygis luzoniensis). § 192. Zu den hieher gehörigen Beluſtigungen iſt auch noch die Falkenjagd oder Reiherbeize zu zählen, die beſon— ders im Mittelalter ein Vergnügen hauptſächlich der Fürſten und Ritter war. Sie beſtand darin, daß gezähmte Falken und Ha— bichte abgerichtet wurden, auf andere größere Vögel in der Luft 32 498 Eilfte Klaſſe. Jagd zu machen, ihnen die Höhe abzugewinnen, und ſie durch wiederholte Angriffe und Stöße zur Erde hinabzubringen. Man wählte zu Gegenſtänden dieſer Jagd am liebſten Reiher, weil dieſe ſich hoch emporſchwingen und, bei den Angriffen des Fal⸗ kens, dieſem mehr Widerſtand leiſten, ſo daß der Falke, einem ſol⸗ chen Gegner gegenüber, ſeine Künſte und Gewandtheit am voll— ſtändigſten entwickeln kann. Zu dieſer Jagd wurden beſonders der isländiſche Falk (Falco islandieus), der Wanderfalk (F. peregrinus), und nicht ſelten auch der Hühnerhabicht (Astur palumbarius) abgerichtet, welche zuſammengenommen unter dem Namen des Edelfalken (F. gentilis) begriffen werden. Am geſchätzteſten war der isländiſche Falk, welcher zuweilen mit 600 bis 700 Gulden, in beſondern Fällen noch höher bezahlt wurde. Uebrigens aber richtete man dieſe Raubvögel auch zu einträglichen Jagden ab, indem ſie entweder ſelbſt ſchwächere Thiere fangen und tödten mußten, z. B. Haſen, Rebhühner und dergleichen, oder, bei Jagden auf größere Thiere, z. B. auf Gazellen und Rehe, zur Erlegung derſelben behülflich waren, indem ſie darauf ange— lernt wurden, ſolchen flüchtigen Thieren die Augen auszuhacken. — Der Sperber oder Lerchenhabichte (Astur nisus) bedient man ſich zur Lerchenjagd: Die Lerchen haben nämlich eine ſolche Furcht vor jenen, daß ſie in deren Gegenwart nicht aufzufliegen wagen. Wenn nun im Herbſte die Lerchennetze aufgeſtellt ſind, fo geht der Lerchenjäger, mit einem Sperber auf der Fauſt, von dem Ende des Feldes, welches dem Netze gegenüber iſt, auf die— ſes zu, und treibt dadurch die Lerchen, welche nicht aufzufliegen wagen, ſondern nur laufen, in das Netz hinein. — Eulen, be— ſonders die großen, namentlich der Schuhu, werden ebenfalls zum Vogelfang angewendet, indem man einen ſolchen Vogel, le— bend oder ausgeſtopft, in der Nähe einer Krähenhütte frei auf— ſtellt: Es verſammelt ſich nun eine Menge anderer Vögel, Krä— hen und dergleichen, umher, ſetzen ſich auf die benachbarten Bäume oder errichteten Stangen nieder, und werden von dem in der Hütte verſteckten Schützen erlegt. — In China richtet man Scharben (Halieus carbo, sinensis) zum Fiſchfang ab. § 193. Bisher war die Rede von dem unmittelba— ren Nutzen, den uns die Vögel gewähren. — Was nun den Vögel. 499 mittelbaren Nutzen betrifft, ſo wird uns dieſer beſonders durch die Nahrungsmittel zu Theil, welche unſere Vögel genießen: z. B. die Geier werden dadurch wohlthätig, daß ſie Cadaver ver— zehren; und in manchen Ländern finden ſie ſich zu dem Ende, theils in großen Geſellſchaften, ſelbſt in Städten ein: So die ſchwarzen Aasvögel (Cathartes aura und jota) in Südame⸗ rika, indem ſie die nach Ueberſchwemmungen zurückbleibenden Ca— daver von Fiſchen und andern Thieren verzehren, und ſich ſelbſt ſchaarenweiſe in Rio Janeiro einfinden, um auf den Straßen, wie bei uns die Krähen, Nahrung zu ſuchen. So in Nordafrika und dem angränzenden Aſien, bis Conſtantinopel hinauf, die egypti— ſchen Aasvögel (Cathartes percnopterus), welche auch den Carawanen und Heeren folgen, um ſich der weggeworfenen Ueber— reſte von Thieren und der Leichen zu bemächtigen. Sie werden deshalb in jenen Gegenden mit Recht beſonders geſchont, und wurden in frühern Zeiten zu den heiligen Vögeln gezählt, wie man fie denn auch noch zuweilen als Mumien in den egyptifchen Catacomben findet. — Der heilige Ibis (bis religiosa), wel⸗ cher früher häufig mit einer Art von Nimmerſatt (Tantalus ibis) verwechſelt wurde, welche ebenfalls in Egypten einheimiſch und mit jenem von ziemlich gleicher Farbe iſt, aber ſich durch bedeu— tendere Größe u. ſ. w. unterſcheidet, ſcheint nicht ſowol ſeiner Nah— rung wegen verehrt worden zu ſein, denn er frißt nur Würmer und dergleichen, ſondern weil er ſich mit Beginn der für Egypten, zur Bewäſſerung der Felder, ſo wohlthätigen und nothwendigen Ueberſchwemmungen des Nils einfindet, und alſo gleichſam als Verkündiger jenes wohlthätigen Ereigniſſes betrachtet wird. — Sehr viele der ſchwächern und kleinern Raubvögel, wie Buſſarde (Buteo vulgaris und lagopus), Weihen (Circus pygargus u. ſ. w.), Gabelweihen oder Milane (Milvus), kleine Eulen (Strix passerina oder noctua u. ſ. w.), werden dadurch ſehr nütz— lich, daß ſie eine große Menge kleiner ſchädlicher Säugthiere, be— ſonders Feldmäuſe, verzehren, und ſollten deshalb bei uns viel- mehr geſchützt als verfolgt werden. Auch Möven (Varus canus und ridibundus) kommen aufs Land, nach Feldmäuſen, Enger⸗ lingen und dergleichen. | 32* 500 Eülfte Klaſſe. § 194. Alle diejenigen Vögel, welche Inſekten und deren Larven freſſen, ſind dadurch nützlich: Im Orient ver⸗ tilgt die Roſendroſſel (Gracula rosea, Turdus roseus) eine namhafte Menge von Heuſchrecken; und in der Südſpitze von Afrika wird eine andere Droſſelart (Turdus gryllivorus, wahr⸗ ſcheinlich mit Gracula gryllivora auf Isle de France eine und dieſelbe Art), welche zu Zeiten in unzählbaren Schaaren erſcheint, auf dieſelbe Weiſe wohlthätig. In Nordamerika ſind ein paar Vögel, der eine ein Staar (Sturnus praedatorius, Oriolus phoeniceus), der andere eine Atzel (Gracula quiscula), die frei⸗ lich den Reis- und Maisfeldern Nachtheile zufügen, ſo daß die letztere auch den Namen Maisdieb erhalten hat, die aber doch verhältnißmäßig mehr Nutzen ſtiften dadurch, daß ſie unzählige Inſekten und Raupen vertilgen. In Virginien hatte man den Maisdieb in einigen Gegenden faſt ganz ausgerottet; nun aber wurden die Felder dermaßen von Raupen verwüſtet, daß man ſehr zufrieden war, als jener Vogel nach und nach ſich wieder anſiedelte. Eben fo verhält es ſich mit mehren unſerer Körner— freſſer, namentlich unter den Finken und Sperlingen, welche, außer allerlei Körnern, auch Inſekten und Raupen freſſen, und beſonders ihre Jungen anfangs faſt nur mit glatten zarten Baum— raupen füttern. Selbſt die ſonſt verrufenen Hausſperlinge und Feldſperlinge (Pyrgita domestica und montana), auf deren Ein⸗ lieferung ſogar von manchen Regierungen Preiſe geſetzt ſind, weil man ſie nur als Korndiebe betrachtet, werden durch die eben er— wähnte Nahrungsweiſe ſehr nützlich, da hingegen die meiſten der— jenigen Körner, welche ſie verzehren, doch nur verlorne Körner ſind, die den Menſchen ohnehin nicht zu Gute gekommen wären. Man hat auch in einigen Gegenden, wo die Sperlinge wirklich ganz ausgerottet waren, die Erfahrung gemacht, daß der Raupen— fraß überhand nahm, und mußte ſich zuletzt beeilen, jene Vögel wieder einzuführen. 8 § 195. Vieles aber, weshalb manche Vögel als nützliche Thiere betrachtet werden, beruhet nur auf Vorurtheilen und Aberglauben, und läuft zum Theil gerade auf das Entgegen— geſetzte hinaus, z. B. wenn die Landleute meinen, daß der Storch dem Haufe, auf welchem er niſtet, Glück bringe, daß er es be⸗ Vögel. iz 501 ſonders gegen Feuersgefahr ſchütze und, wenn ja Feuer entſtehe, dieſes mit löſchen helfe. Im Gegentheil hat er zuweilen ſchon Feuersbrünſte veranlaßt, wenn von dem dürren Reiſig, welches er zum Neſtbau aufs Haus trug, Stücke in den Schornftein hinab— fielen und, bei ſtarkem Heerdfeuer, ſelbſt in Brand geriethen; auch ſchnappt er gelegentlich junge Hühner und Enten weg, ſtlehlt Garn von den Bleichen zum Neſtfutter u. ſ. w. — Eine große Menge anderer hieher gehöriger Vorurtheile, beſonders wie man mehren Vögeln, oder gewiſſen Theilen derſelben, vorzügliche me— diciniſche Kräfte zuſchreibt, übergehen wir. § 196. Der Schaden, den uns die Vögel zufügen, be— zieht ſich hauptſächlich auf ihre Nahrung: Alle Körnerfreſſer und Früchtefreſſer ſchaden mehr oder minder; doch wird nicht ſelten der Nachtheil zu hoch angeſchlagen, wie z. B. von den Sperlingen kurz vorher angeführt worden iſt. Bei uns gehen die Sperlinge, Pirole oder Maidroſſeln (Oriolus galbula) und Kernbeißer (Loxia coccothraustes) auch den Kirſchen ſehr nach. Letztere freſſen den Kern derſelben und werfen das Fleiſch weg; die übrigen aber freſſen nur das Fleiſch. In andern Welt⸗ theilen findet ſich da, wo Mais und Reis gebauet wird, zu die— ſen eine Menge Liebhaber, die oft viel verwüſten, aber zum Theil auch wieder durch Vertilgung der Inſekten nützlich werden, z. B. der Maisdieb (Gracula quiscula) und eine Art von Staaren (Sturnus praedatorius) in Penſylvanien. In mehren Gegenden von Südamerika, Oſtindien und Afrika ſind verſchiedene Arten Papageien ſehr gefürchtet, indem ſie oft in unzählbaren Heeren in die Pflanzungen und auf Maisfelder und Reisfelder einfallen, und in wenigen Stunden alle Früchte und Körner verzehrt haben. § 197. Unter den Raubvögeln find die Adler, Fal— ken, Habichte, Uhus zum Theil, wegen ihrer Größe und Stärke, nachtheilig, indem ſie Haſen, Gänſe, Enten, Hühner, Tauben und andere nützliche Thiere rauben, beſonders in der Zeit, wenn ſie Junge zu ernähren haben: Bechſtein erwähnt eines Falles, wo man einmal unter einem Adlerhorſte die Ueberreſte von 40 Haſen und 300 Enten gefunden hatte. Fiſchadler, Sägetaucher, Fiſchreiher, Mövenvögel, Pelikane thun durch ihre Nahrung der Fiſcherei Abbruch: Die Scharben r 502 Eilfte Klaſſe. Zwölfte Klaſſe. (Halieus carbo) lafien ſich zuweilen in großen Schaaren in fiſch⸗ reichen Gegenden, ſowol am Meeresufer als an Landſeen und Teichen nieder, wo ſie denn nicht bloß durch Vertilgung der Fiſche ſchädlich werden, ſondern auch dadurch, daß die Bäume, auf de= nen ſie ſich niederlaſſen und niſten, durch ihren beizenden Unrath verderben: So geſchah es in den Jahren 1813 bis 1815 an der mecklenburgſchen Oſtſeeküſte, wo zuletzt eine eigene Kommiſſion zur Vertilgung dieſer Vögel niedergeſetzt und zuweilen an einem Tage 400 bis 500 Scharben erſchoſſen wurden. — Daß ſich große Raubvögel, z. B. der Condor (Sarcorhamphus gryphus), Bart⸗ geier (Gypaätos barbatus), Steinadler (Aquila fulva), an Menſchen vergriffen hätten, indem ſie nicht nur kleine Kin⸗ der raubten, ſondern ſelbſt Erwachſene anfielen, wird ebenfalls erzählt. 8 198. Manches Andere, was einigen Vögeln zur Laſt gelegt wird, gehört theils in das Reich der Fabeln und Vor— urtheile, theils iſt es aus unrichtiger Beobachtung entſtanden; z. B. die Nachtſchwalben verdanken den Namen Ziegenmelker, unter dem ſie ziemlich allgemein bekannt ſind, der Fabel, daß ſie den Ziegen die Milch ausſaugen ſollten. Z3Zwölfte Klaſſe. Mammalia, Säugthiere. Erſter Abſchnitt. Klaſſifikatio n. § 199. Die zwölf Ordnungen derſelben find in der eilften Ueberſicht, und die Familien, in welche jene getheilt wer⸗ den, in der zwölften Ueberſicht dargeſtellt. § 200. Von den Gattungen der Säugthiere ind, nach den Ordnungen und Familien, folgende zu merken: | Drdaı I. Mit zwei Beinen, Hinterbeine fehlen; die Vord II. Mit vier Beinen. A. Die Beine find kurz, dick, wenig zum Gehen gef B. Beine länger, zum Gehen und Laufen. 1. Zehen mit Hufen. — Ungulata, Hufthi a. Ein großer, nach vorn gerichteter Huf. b. Durchgängig zwei nach vorn gerichtete . c. Faſt durchgängig mehr als zwei Hufe! Schnauze ſpitz, faſt rüſſelförmig vorgez 2. Zehen mit Krallen oder Nägeln, ſelten un a. Die Beine bis an die Zehen in die mit Ausnahme des Daumens, durch b. Beine frei, zuweilen durch verlängerte S . Gebiß mit allen Arten von Zähnen ten %, (Enhydris), oder %, (Dasyuru: 6. Meiſt %, Vorderzähne und gar keine (und dann zuweilen auch mit einem Hinterbeinen (Halmaturus, 5 Glirina, Nagethiere. 5. Gebiß verſchieden, nie aber wie in de aa. Die Vorderfüße bilden Hände. — bb. Entweder alle vier Füße find Han Quadrumana, Vierhänder. cc. Entweder ohne alle Hände, oder Ordnung verſchieden. d. Ohne Vorderzähne, zuweilen gi durch Gürtelbekleidung von den üb 66. Mit allen drei Arten von Zähn übereinſtimmend; Hinterbeine ni Eilfte Ueberſieht. . Ordnungen der Säugthiere. I. Mit zwei Beinen, Hinterbeine fehlen; die Vorderbeine find kurz, floſſenförmig. — Cetacea, Fiſchzitzthiere. II. Mit vier Beinen. A. Die Beine find kurz, dick, wenig zum Gehen geſchickt, floſſenförmig mit verbundenen Zehen. — Pinnipedia, Ruderfüßer. B. Beine länger, zum Gehen und Laufen. 1. Zehen mit Hufen. — Ungulata, Hufthiere. a. Ein großer, nach vorn gerichteter Huf, — Solidungula, Einhufer, 0 b. Durchgängig zwei nach vorn gerichtete Hufe; die Schnauze niemals ſpitz vorgezogen. — Aabssz e c. Faſt durchgängig mehr als zwei Hufe nach vorn gerichtet; und wenn nur zwei no 8 da a 5 iſt die Schnauze ſpitz, faſt rüſſelförmig vorgezogen. — Multungula, Vielhufer. 38 8 . 2. Zehen mit Krallen oder Nägeln, ſelten unbewaffnet. a. Die Beine bis an die Zehen in die verlängerte Seitenhaut des Körpers eingeſchloſſen; Sun) meift mit Ausnahme des Daumens, durch Haut verbunden. — Chiroptera, Flatterfüßer. * b. Beine frei, zuweilen durch verlängerte Seitenhaut des Körpers verbunden; dann aber mit freien Bild gehen a. Gebiß mit allen Arten von Zähnen, und zwar meiſt %, dicht neben einander ſtehende 3 ſel⸗ ten % (Enhydris), oder %, (Dasyurus, Thylacinus). — Fera, Raubthiere. . 6. Meiſt 2: Vorderzähne und gar keine Eckzähne; ſehr ſelten Y, Vorderzähne (Hyrax), 15 00 Vorderzähne (und dann zuweilen auch mit einem obern Eckzahne); im letzten Falle aber mit außerordentlich langen Hinterbeinen (Halmaturus, Hypsiprymnus) und Sa von der neunten Ordnung verſchieden. — Glirina, Nagethie re. 9 N 5 D S eRe 7. Gebiß verſchieden, nie aber wie in der 10ten an Tten 8 aa. Die Vorderfüße bilden Hände. — Bimana, Zweihänder. 0 bb. Entweder alle vier Füße find Hände, oder nur die Hinterfüße; wech 5 0 5 he 5 — Quadrumana, Vierhän deer. . cc, Entweder ohne alle Hände, oder nur die Hinterfüße find Hände, dee or im Gebiß von 15 eilften Ordnung verſchieden. a, Ohne Vorderzähne, zuweilen ganz zahnlos (nur Dasypus suceinctus hat zwei Vorderzähne, iſt aber durch Gürtelbekleidung von den übrigen Familien verſchieden). — Edentata, Fehlzähner. 5. Mit allen drei Arten von Zähnen, aber in der Zahl der Vorderzähne nie mit der zehnten Ordnung übereinflimmend; Hinterbeine nie außerordentlich verlängert. — Multidentata, Vielzähner. — ͥͤ —wMM—.— (Zu S. 502.) Erſte Ordnung. Zweite Ordnung. Fünfte Ordnung. Vierte Ordnung. Dritte Ordnung. Achte Ordnung. Zehnte Ordnung. Siebente Ordnung. Zwölfte Ordnung. Eilfte Ordnung. Sechſte Ordnung. Neunte Ordnung. 1 01e nagt ER e a ad dug 1 Er 23 82 15 he Sal ine, ers, Pe aaa eee ee, I. Naſenlöcher auf dem Scheitel; Zitze II. Naſenlöcher vorn über dem Maule; Die zweite Ordnung bildet nur I. Mit ſehr weit über das Maul hina feiere 00 2a... II. Mit wenig oder gar nicht verlänger A. Mit vier gleichen, nach vorn B. Mit vier Zehen, von denen Seitenzehen hängend, verkür C. Zehen entweder vier vorn, d. Triungula, Dreihu fer. \ I. Auf der Stirn einfache, mit der Ko II. Kopf entweder unbewaffnet oder m A. Mit ſechs Vorderzähnen in d B. Mit acht Vorderzähnen in de. 1. Mit Hörnern (die zu 2. Mit Geweih (welches Die fünfte Ordnung beſteht nur I. Schnauze verlängert, breit, tief-geſp⸗ II. Schnauze lang, mit ſehr kleinem M. III. Schnauze lang, tief-geſpalten. — € IV. Schnauze kurz, ſtumpf. — Tardigra I. Zehen mit Nägeln, die zum Theil f II. Zehen mit Krallen. A. Körper mit Stacheln und Hi. B. Körper bloß mit Haaren bek 1. Hinter den beiden oben _ 2. Die obern Vorderzähne a. Hinterbeine ſehr v a. Zwei obere! 6. Sechs obere Halmaturina. b. Hinterbeine von g a. Hinterzehen mehr 6. Alle Zehen frei. er. Pt Ru 1 I. „Schnauze verlängert, breit, tief-gefpalten. — Ornithorhynchina, Schnäbler, . Schnauze lang, mit ſehr kleinem Munde. — Vermilinguia, Züngler. . Familien der Erfte Ordnung: Fiſchzitzthiere. ene n Zweite Familie. Naſenlöcher auf dem Scheitel; Zitzen neben dem After. — Pisciformia, Walle. Naſenlöcher vorn über dem Maule; Zitzen an der Bruſt. — Sirena, Sirenen. Die zweite Ordnung bildet nur Eine Famile. .. 3 weite Ordnung: Ruderfüßer. Dritte Ordnung: Vielhufer. Mit ſehr weit über das Maul hinaus verlängerter und ſehr beweglicher Naſe (Rüſſel). — Proboscidea, Rüſſelträger. A 3 ee %, fe Mit wenig oder gar nicht verlängerter Nafe. A. Mit vier gleichen, nach vorn gerichteten Zehen. — Obesa, Plumpthierr eee. B. Mit vier Zehen, von denen aber die beiden mittelſten größer, mit großen Hufen bekleidet, nach vorn gerichtet, die Seitenzehen hängend, verkürzt und klein find (zuweilen fehlt einer der letztern). — Setigera, Borſtenkhiere. C. Zehen entweder vier vorn, drei hinten, oder vorn und hinten drei, alle ziemlich gleich und nach vorn gerichtet. — Triungula, Dreih ufer. 2 8 a BR 9 2 5 . Zweite Familie. Erſte Familie. Vierte Familie. Dritte Familie. Vierte Ordnung: Zweihufer. .. . Dritte Familie. Erſte Familie. Auf der Stirn einfache, mit der Kopfhaut überzogene Knochenzapfen. — Devexa, Giraffenthiere. Kopf entweder unbewaffnet oder mit Geweihen oder Hörnern. A. Mit ſechs Vorderzähnen in der Unterkinnlade. — Tylopoda, Sch wielenſohler. BB. Mit acht Vorderzähnen in der Unterkinnlade. 1. Mit Hörnern (die zuweilen dem Weibchen fehlen). — Cavicornia, Hornthiere. , . - 2. Mit Geweih (welches meift den Weibchen fehlt, ſelten auch den Männchen). — Cervina, H. „Vierte Familie. irſchthiere. Zweite Familie. Fünfte Ordnung: Einhufer. Sechste Ordnung: Fehlzähner. OR Erſte Familie. Zweite Familie. Dritte Familie. oo 0 Vierte Familie. Siebente Ordnung: Nagethiere. 0 Zweite Familie. Die fünfte Ordnung beſteht nur aus Einer Familie. Schnauze lang, tief⸗geſpalten. — Cingulata, Gürtelträger. . Schnauze kurz, ſtumpf. — Tardigrada, Schleicher... 8 Zehen mit Nägeln, die zum Theil faft hufartig geſtaltet find. — Subungulata, Huffraller. . Zehen mit Krallen. A. Körper mit Stacheln und Haaren bekleidet. — Aculeata, Stachelthiere. B. Körper bloß mit Haaren bekleidet. 1. ee den beiden obern Vorderzähnen ftehen noch zwei kleinere. — Leporina, Doppelzähner. 2. Die obern Vorderzähne ſtehen nur neben einander. a. Hinterbeine ſehr verlängert, zum Springen dienend. — Salientia, Springer. . Zwei obere Vorderzähne; alle Zehen getrennt. — Macropoda, Spring nager. 6. Sechs obere Vorderzähne; die zwei Mittelzehen der Hinterfüße bis an den Nagel verwachſen. — Halmaturina, Springbeutler. a: Fünfte Familie, b. Hinterbeine von gewöhnlichem Längenverhältniſſe. Erſte Familie. Dritte Familie. Vierte Familie. a. Hinterzehen mehr oder weniger durch eine Schwimmhaut verbunden. — Palmipedia, Schwimmpfötler. Sechste Familie. f. Alle Zehen frei. b Swölfte Ueberſicht. (Zu S. 502.) S äugthiere. II. I. II. I. II. III. aa. Mit äußern Ohren. 8 8 ae. Schwanz lang, dichtbehaart. — Agilia, Schwippthiere. 5 (. Schwanz kurz oder mittelmäßig lang, dichtbehaart. — Cunieularia, Erdwühler. 5%. Schwanz lang, fparfam=behaart. — Murina, Mäuſethiere. e bb. Ohne äußere Ohren; Schwanz kurz oder ganz fehlend (ſelten mit äußern, jedoch ſehr kurzen Ohren, dabei aber mit ganz verſtecktem Schwanze; Wombat). — Georhychina, Maulwurfsmäuſe. Zehnte Familie. Achte Familie. Neunte Familie. Siebente Familie. Flatterfüßer. Erſte Familie. Zweite Familie. Neunte Ordnung: Vielzähner. Zehen getrennt oder nur durch Schwimmhaut verbunden, alle mit Krallen bewaffnet; Daumen anliegend. — Insectivora, Inſektenfreſſe rr. nee Daumen der Hinterfüße abgeſetzt, ohne Nagel, ſelten ganz fehlend. — Marsupialia, Beutelthiere. . A. Die zwei Mittelzehen der Hinterfüße bis zum Nagel verwachſen. 2 a. Vorderzähne %,; Hinterfüge mit Daunen. (Erſte Linie.) b. Vorderzähne 10; Hinterfüße mit unvollkommenem Daumen oder ganz daumenlos. (Zweite Linie.) B. Alle Zehen frei, oder die hintern mit Schwimmhaut verbunden. . (Dritte Linie.) W Zehnte Ordnung;: Raubthiere. In der Dberkinnlade acht Vorderzähne. — Dasyurina, Schweifbeutler. . 2 2 2 nn nr en nen Vierte Familie. In der Oberkinnlade ſechs Vorderzähne. — Carnivora, Fleiſchfreſſer. 5 x er A. Treten mit der ganzen Fußſohle auf, welche mehr oder weniger nackt iſt. — Plantigrada, Sohlengänger. Erſte Familie. B. Treten mit den Zehenſpitzen auf; Fußſohle mehr oder weniger behaart. — Digitigrada, Zehengänger. 1. Vorn fünf, hinten vier oder fünf Zehen. 5 E a. Körper langgeſtreckt, ohne Afterdrüfen; Beine verhältnißmäßig kurz. — Gracilia, Langſtrecker. b. Körper vorn ſtärker, nach hinten allmälig abnehmend, zuweilen wie in der dritten Familie, dann aber durch Abſonderungsdrüſen am After von jener verſchieden. a. Mit Drüfen in der Aftergegend, welche eine ſtarkrieche Viverrina, Viverre n. 6. Ohne Afterdrüſen. \ ac. Krallen zurückziehbar, ſtark gekrümmt, ſehr ſpitz. — Felina, Katzenthiere . 66. Krallen nicht zurückziehbar, ſtumpfer und weniger gekrümmt. — Canina, Hundethiere. 2. Alle Füße nur vier Zehen. — Hyaenina, Hyänenthier e. 8 0 . Achte Ordnung: Vorderzehen nicht merklich länger als die Hinterzehen. — Dermatoptera, Pelzflatte re. Vorderzehen viel länger als die Hinterzehen. — Vespertilionina, Flederthiegh e. Zweite Familie. Erſte Familie. Dritte Familie. nde Fettigkeit nach Außen abſondern. 2 75 // ͤ ⁵ nn Fünfte Familie. Sechste Familie. ES Siebente Familie. Eilfte Ordnung: Vierhänder. Alle vier Füße ſind Hände; alle Zehen haben Nägel, mit Ausnahme des Zeigefingers der Hinterhände, welcher eine Kralle hat. — Prosimiatina, Halb affe ns. Nur die Hinterfüße ſind Hände; alle Zehen haben Krallen, mit Ausnahme des Daumens, welcher einen Nagel hat. - 2 Artctonitlierna soralfenafnene Eee es mlle Alle vier Füße find Hände; alle Zehen haben Nägel. — Lamnata, Nagelaffen. . » .» » Dritte Familie. A. Backenzähne % (in Amerika ). (Erſte Linie.) B. Backenzähne ½ (in der alten Welt). (Zweite Linie.) Erſte Familie. Zwölfte Ordnung: Zweihänder— Die zwölfte Ordnung beſteht nur aus Einer Familie. % in a. men en „ imo i 15 B x „ DER A = 4 u” EN — 1 ar 8 f EN BRD; ae; 1 e 6 ae an SR 15 | * * S aM 1 au A 7 25 5 „ f * e, Nn 15 £ 5 205 En Sa 9 „„ e Rue a 8 25 N e rd ” 3 9 - 157 ar # * FUN Sr aan ER 50 Bi Sr . ER 7 5 um Wes e . . r 4 2 * ‚2 x 7 4 3 * . „ ae 15 0 5 1 5 ee 81897085 5 vr. Mm 2 re u Sun VV ach ne . . ER . 1 15 ; 4 1 e u an N 0 . k 15 | 6 5 ” 65 . hi 3 dime uns = Er 2 Rn 5 5 Silo 18 55 j 1151 er Ä a ei) 1525 iS, ie ENTER: En. | u naar: u arunana Rn. u DT N Be 8 — e ae 7 e e, 8 * 4 5" 5 * TUN ler ug :anundı ene . die 8 en da Säugthiere. 503 Erſte Ordnung: Fiſchzitzthiere. x | Erſte Familie: Walle. Balaena L., Wallfiſch; Balaenoptera, Finnfiſch. Phy- seter L., Pottwall. Delphinus L., Delphin. Monodon L., Narwall. Zweite Familie: Sirenen. Trichechus L., zum Theil; Manatus, Manati; Hali- core, Seemaid; Rhytina, Borkenthier. Zweite Ordnung: Ruderfüßer. Trichechus L., Wallroß. Phoca L. Phoca, Robbe; Halichoerus; Otaria, Ohrrobbe. Dritte Ordnung: Vielhufer. Erſte Familie: Plumpthiere. Hippopotamus L., Flußpferd. Zweite Familie: Rüſſelträger. Elephas L., Elephant. | 111 Dritte Familie: Dreihufer. 15 Rhinoceros L., Nashorn; Tapirus, Tapir. | Vierte Familie: Borſtenthiere. Sus L. Sus, Schwein; Porcus, Babyruſſa; Dicotyles, Pekari; Phacochoerus, Larvenſchwein. | Vierte Ordnung: Zweihufer. Erſte Familie: Schwielen ſohler. Camelus L. Camelus, Kameel; Auchenia, Schaafkameel. Zweite Familie: Hirf chthiere. Moschus L., Moſchusthier. Cervus L., Hirſch. Dritte Familie: Giraffenthiere Zu Cervus L. Camelopardalis, Giraffe. ban f Vierte Familie: Hornthiere. Bos L., Ochs. Ovis L., Schaf. Capra L. Capra, Ziege; Antilope, Antilope. | „ Sumo ‚an 1 Inne 504 Zwölfte Klaſſe. Fünfte Ordnung: Einhufer. Eq uus L., Pferd. Sechste Ordnung: Fehlzähner. Erſte Familie: Schnäbler. J Ornithorhynchus, Schnabelthier. Zweite Familie: Züngler. Tachyglossus, Zungenſchneller. Manis L., Schuppenthier. Myrmecophaga L., Ameiſenfreſſer; Oryeteropus, Ameiſen ſcharrer. | Ä Dritte Familie: Gürtelträger. Dasypus L., Gürtelthier; Chlamydophorus, me Vierte Familie: Schleicher. Bradypus L. Bradypus, Faulthier; Choloepus, Krüppler. Siebente Ordnung: Nagethiere. Erſte Familie: Stachelthiere. f Hystrix L. Hystrix, Stachelſchwein; Loncheres, Stachel⸗ ratte; Synetheres, Cuendu. Zweite Familie: Hufkraller. Mus L., zum Theil. Cavia, Ferkelmaus; Dasyprocta, Aguti; Coelogenys, Paka; Hydrochoerus, Capybara; Hyrax, Klippdachs. Dritte Familie: Doppelzähner. Lepus L. Lepus, Haſe; Lagomys, Pfeifhaſe. Vierte Familie: Springnager. Mus L., zum Theil. Dipus, Springmaus; Meriones, Schen⸗ kelthier; Pedetes, Hüpfer; Lagostomus, Haſenmaus. 15 Fünfte Familie: Springbeutler. — Känguru; Hypsiprymnus, Hackenthier. Sechste Familie: Schwimmpfötler. Castor L. Castor, Biber; Fiber, Zibetmaus; Myopota- mus, Waſſermaus; Hydromys, Schwimmmaus. Siebente Familie: Maulwurfsmäuſe. Spalax, Blindmaus; Georhychus, Erdgraͤber; Saccomys, Beutelmaus; Aspalax, Sokor; Bathyergus, anne Asco- mys, Taſchenmaus; Phascolomys, Wombat. doll? 298515 Säugthiere. | 505 Achte Familie: Erdwühler⸗ Mus L., zum Theil. Arctomys, Murmelthier; Sperl lus, Zieſel; Cricetus, Hamſter; Hypudaeus, Wühlmaus; Lem- mus, Lemming; Briomys, Wollmaus. Neunte Familie: Mäuſethiere. Mus L., zum Theil. Mus, Maus. Zehnte Familie: Schwippthiere. Sciurus L. Mus L., zum Theil. Myoxus, Schläfer; Chiromys, Fingerthier; Tamias, Backenhörnchen; Seiurus, Eich hörnchen; Pteromys, Flughörnchen. Achte Ordnung: Flatterfüßer. Erſte Familie: Pelzflatterer. Lemur volans L. Galeopithecus, Olek. Zweite Familie: Fleder thiere, Vespertilio L. Pteropus, Flatterthier; Phyllostoma, Blattnaſer; Glossophaga; Cephalotes, Großkopfer; Rhinolophus, Kımmnafer; Vespertilio, Fledermaus; Plecotus, Großohrfleder⸗ maus; Nycteris, Nachtflieger. Noctilio L. Neunte Ordnung: Vielzähner. Errſte Familie: Beutelthiere. Erſte Linie: Petaurus, Flugbeutler. Zweite Linie: Perameles, Beuteldachs; Phascolaretos, Koalas EEE IR Dritte Linie: Didelphis I. Beutelratte; Chironec- tes, Schwimmhänder. | Zweite Familie: In ſektenfreſſer. Erinaceus L. Erinaceus, Igel; Cladobates, Tupaga. Centetes, Tenreck. Sorex L. Sorex, Spitzmaus; Myogale, Rüſſelmaus; Scalops, Waſſermaulwurf; Chrysochloris, Gold— maulwurf. Talpa L. Palpa, Maulwurf; Condylura, Knoten⸗ ſchwanzthier. ne | 506 A3bwölfte Klaſſe. Zehnte Ordnung: Raubthiere. Erſte Familie: Sohlengänger. Ursus L. Ursus, Bär; Gulo, Vielfraß; Meles, Dachs; Nasua, Naſenthier; Procyon, Waſchbär; Ailurus; Cercoleptes, Kinkaju. Zweite Familie: Bi iverren. Viverra L. Viverra, Zibetthier; Genetta, Genettkatze; Mephitis, Stinkthier; Herpestes, Manguſte; Paradoxurus; Pro- teles; Atilax. Dritte Familie: Langſtrecker. Mustela L. e Wieſel; Lutra, Fiſchotter; Enhy- dris, Seeotter. Vierte Familie: Schweifbeutler. Dasyurus, Rauchſchwanzbeutler; Thylacinus. Fünfte Familie: Katzenthiere. Felis L., Katze. Sechste Familie: Hundethiere. Canis L., Hund; Cynailurus. RR Familie: Hyänenthiere. E Canis. Hyaena L. Hyaena, Hyäne; Rhyzaena, Surikate. Eilfte Ordnung: Vierhänder. Erſte Familie: Halbaffen. Lemur L. Lemur, Maki; Lichanotus, Indri; Stenops, Lori; Otolienus, Galago; Tarsius, Fußthier. Zweite Familie: Krallenaffeu. Simia L., zum Theil. Hapale, Seidenaffe. Dritte Familie: Nagelaffen. al Simia L., zum Theil. | | Erſte Linie: Ateles, Klammeraffe; Mycetes, Brüllaffe; Ce- bus, Rollſchwanzaffe; Callithrix, Sagoin; Nyetipithe- cus, Nachtaffe; Pithecia, Schweifaffe. Zweite Linie: Cercopithecus, Meerkatze; Cynocephalus, Pavian; Hylobates, Armaffe; Simia, Orang. Zwölfte Ordnung: Zweihänder. Homo L., Menſch. Säugthiere. a , 507 Zweiter Abſchnitt. Aeußere körperliche Beſchaffenheit. § 201. Der Geſtalt nach haben die Walle einen fiſch⸗ ähnlichen Körper, welcher, durch die Sirenen und Ruderfüßer, nach und nach in die eigentliche Säugthierform übergeht, wo er ſich dann in mancherlei Modifikationen darſtellt, theils noch plump, wie bei den meiſten Vielhufern und Ochſen, und von da, durch eine lange Reihe Mittelſtufen, bis zu den ſchlanken Wieſeln hin. Außerdem ſind manche Säugthiere noch durch beſondere Bildungen einzelner Körpertheile ausgezeichnet, deren in der Folge Erwähnung geſchehen fol. Manche Flederthiere (Nacht flieger) können ſich faſt kugelrund aufblähen, indem ſie den Raum zwiſchen der locker anſitzenden Haut und dem Körper, durch einen im Munde befindlichen Spalt, mit Luft anfüllen. Die Pottwalle haben zum Theil einen etwas un ſymmetriſch gebildeten Kopf, indem die linke Seite deſſelben ſchwächer, das Naſenloch verzogen, das linke Auge kleiner iſt, während bei allen übrigen Säugthieren der ganze Körper äußerlich ſymmetriſch ge⸗ bildet iſt. — Alle tragen den Körper horizontal, indem ſie auf allen Vieren gehen. Viele aber können ſich auf den Hinterfüßen emporrichten und aufrecht ſitzen oder ſtehen, z. B. die Bären, viele Nagethiere, und beſonders die Vierhänder; aber zu einem beſtän⸗ digen aufrechten Gange iſt nur der Menſch gebildet. § 202. Die Größe der Säugthiere iſt ſehr verſchieden: Die kleinſten ſind im Allgemeinen die Flederthiere, Inſektenfreſſer, Mäuſethiere und deren nächſte Verwandte; die kleinſte Spitzmaus (Sorex minutus) iſt kaum anderthalb Zoll lang. Große Thiere enthält die Ordnung der Zweihufer; die Giraffe wird an 17 Fuß hoch; da aber ihr Rumpf ſehr kurz, der Hals lang, die Beine hoch und ſchlank find, fo ift ihre Körpermaſſe dabei nicht ſehr bes deutend. In letzter Hinſicht zeichnen ſich, unter den Landthieren, die Vielhufer aus, unter denen das Flußpferd, das Nashorn und der Elephant die bedeutendſten find: Der aſiatiſche Elephant wird zwar nicht, wie man ehedem erzählte, an zwanzig Fuß hoch, aber doch wol an deren dreizehn. Die größten Säugthiere finden ſich unter den Wallen: Wallſiſche und Pottwalle werden über 508 | Zwölfte Klaſſe. 70 Fuß lang, manche Arten nahe an 100 Fuß; ja, an den aleu⸗ tiſchen Inſeln ſollen Pottwalle (Ph. macrocephalus) von 107 Fuß, und Wallſiſche (Balaena mysticetus) von 150 Fuß Länge vor⸗ kommen. § 203. Die Haut der Säugthiere iſt von verſchiedener Dicke, in der Regel deſto zarter, je kleiner das Thier iſt. Eine ſehr dicke Haut haben die meiſten Vielhufer; die eines Elephan⸗ ten wog 2000 Pfund und war auf dem Kücken drei Zoll dick. Auch die Nashörner haben eine ſehr dicke und derbe Haut, die zum Theil ſelbſt Flintenſchüſſen widerſteht, und beſonders am in- diſchen Nashorn die Bewegungen des Thieres ſehr erſchweren würde, wenn ſie nicht in einigen Falten, die ſich an der Seite des Halſes und von den Schultern und dem Kreuze an der Seite des Rumpfes hinabziehen, weicher und biegſamer wäre. Auch an den Gürtelträgern iſt die Haut ſehr dick und feſt, ſo daß ſie, nach dem Tode des Thieres, knochenhart wird; ſie iſt in kleine regelmäßige Schildchen getheilt, welche, bei den Gürtelthieren, über dem Vorder- und Hintertheile des Rumpfes zu einem großen Schilde verwachſen ſind und, zwiſchen dieſen beiden Schildern, Queergürtel bilden, deren weichere und biegſame Verbindungs⸗ häute dem Thiere hinlängliche Beweglichkeit geſtatten, ſo daß es ſich ſelbſt kuglig zuſammenzurollen vermag. Am Panzerthiere bil— den jene Schildchen nur zuſammenhängende Gürtel auf Kopf und Rücken; die Beine aber find ohne Schildchen. Bei den Schu p⸗ penthieren iſt der ganze Körper mit ziegelförmig über einander liegenden hornharten Schuppen bedeckt. An allen dieſen Abiegen iſt jedoch die Unterſeite des Körpers weichhäutig. 8 204. An allen Säugthieren iſt die Haut mehr oder weniger mit Haaren bekleidet, die, nach ihrer verſchiedenen Be⸗ ſchaffenheit, Wolle, Haare, Borſten, Stacheln genannt werden. — Die gewöhnlichen Haare ſind ſchlicht, meiſt anlie= gend, nach hinten gerichtet; doch bilden ſie an verſchiedenen Stel— len auch Wirbel oder, wo ſich zwei Haarſchichten in entgegenge⸗ ſetzter Richtung begegnen, Haarnäthe. Die größte Art der Amei⸗ ſenfreſſer (Myrmecophaga jubata) hat platte Haare; die des Schnabelthieres ſind an der Wurzel platt, dann fadenförmig und gewunden ſpiralförmig, zuletzt fadenförmig gerade, an der Spitze | Säugthiere. 509 etwas verdickt. An Waſſerſpitzmäuſen ſollen ſich einzelne Haare mit Seitenzacken finden, wodurch dieſe Haare ſich alſo den Fe— dern nähern würden. Manche Thiere haben an gewiſſen Stellen beſonders lange Haare: Dahin gehören die Mähnen am Halſe und Kopfe des männlichen Löwens, des Auerochſen und des amerikaniſchen Ochſen (Bos urus und bison), einer Art von Ohrrobbe (Otaria jubata); die Halsrückenmähne des Pferdes und der Antilope gnu; die Mähne an der Unterſeite des Halſes von Ovis tragelaphus und Camelus bactrianus; die Schweifhaare des Pferdes und mehrer Arten von Ochſen und Antilopen; der Haar— büſchel am Ende des Löwenſchwanzes, und die geſcheitelten Haare am Schwanz der Eichhörnchen; die Kopfhaare des Menſchen; die Büſchel an den Vorderbeinen des afrikaniſchen Schafs (Ovis tragelaphus); der Bart der Ziegen; die Ohrbüſchel der Luchſe und mehrer Eichhörnchen, u. ſ. w. Am ganzen Körper lange Haare haben mehre Zweihufer (Bos grunniens, mehre Arten von Ziegen und Schafen, Angoraziege, tibetaniſche Ziege), Hunde, An— gorakatze, Angorakaninchen, der große Ameiſenfreſſer (Myrmec. jubata), die Schweifaffen u. ſ. w. — Wenn die Haare ſteifer und ſtärker ſind, ſo werden ſie Borſten genannt, z. B. die der Schweine, beſonders der Rückenhaarkamm der Schweine, der Ci— vette (Viverra civetta), des Proteles, der geſtreiften Hyäne. Auch haben die meiſten Säugthiere ſolche ſteife und längere Borſten um oder hinten den Mundwinkeln als Schnurrbärte, die bei dem Wallroſſe und einigen Robben ſo ſteif wie Horn und faſt als Stacheln zu betrachten ſind. — Wolle iſt feines krauſes weiches dichtſtehendes Haar, dergleichen unſere Hausſchafe und eine Anti— lopenart (Antilope lanigera) tragen. Alle nicht zu dünn behaarte Säugthiere ſind, im wilden Zuſtande, unter den ſchlichten Haaren mehr oder weniger mit einer Grund wolle bekleidet, welche be— ſonders bei mehren Nagern, Raubthieren und Zweihufern, z. B. bei Schafkameelen, Kameelen, tibetaniſchen Ziegen, ſehr ſtark iſt, und in den kältern Gegenden Aſiens an den Kameelen vorzüglich im Herbſte in größerer Fülle erzeugt wird, im Frühling ſich wie— der vermindert. — Mit hornharten ſtarren ſpitzen längern Haaren oder Stacheln ſind Stachelthiere, Igel, Zungenſchneller beklei— det, und man kann an ihnen den allmäligen Uebergang aus Haa— * wi 510 . Zwölfte Klaſſe. ren in Stacheln wahrnehmen. Am Stachelſchweine find die Schwanzſtacheln zum Theil in kurze geſtielte hohle Cylinder aus⸗ geartet. Auch einige Mäuſe, z. B. Mus cahirinus, haben zwi⸗ ſchen den Haaren längere dünne Stacheln. § 205. Gewiſſe Stellen am Körper der Säugthiere find faſt durchgehends unbehaart, z. B. die Spitze der Schnauze und die Unterfeite der Zehen; auch die Geſäßſchwielen vieler Na⸗ gelaffen und die Sohlen derjenigen Thiere, welche auf die ganze Ferſe treten (z. B. Sohlentreter). Doch giebt es hievon Aus: nahmen, denn z. B. der Eisbär hat behaarte Sohlen; das graue amerikaniſche Eichhörnchen hat im Norden behaarte, im Süden nackte Sohlen; am Eisfuchs (Canis lagopus) und Haſen iſt ſelbſt die Unterſeite der Zehen behaart, und ſo auch zum Theil am Fuchs (Canis vulpes) in den nördlichen Ländern. Am Haſen iſt ſelbſt das Innere des Mundes mit Haaren verſehen. — Zu den ſehr dünn behaarten Thieren gehören die meiſten Vielhufer (Elephant, Nashorn, Flußpferd), auch die meiſten Ruderfüßer, ferner Gürtelträger und Schuppenthiere an den Stellen, die mit Schildern und Schuppen bekleidet ſind. Ganz unbehaart ſind die Walle: Nach Heuſinger ſind an ihnen die Haare nur in ihrer Entwickelung gehemmt und unter der Haut liegen geblieben; nach Andern haben manche Delphine (vielleicht alle Walle) im Fötuszuſtande, und auch noch eine Zeitlang nach ihrer Geburt, einen Schnurrbart, der aber ſpäter verſchwindet; nach Scoresby haben die Wallfiſche am Schnauzenende einige kurze Borſten, und nach Tileſius ur die Augenlieder derfelben mit Wimpern verſehen. § 206. Farbe und Zeichnung hängt, bei den dünn oder gar nicht behaarten Thieren und an einzelnen kahlen Stel— len, von der Färbung der Haut ab (z. B. an den verſchiedenen Menſchenraſſen), iſt dann ſelten beſonders lebhaft (z. B. das blutrothe und indigoblaue Geſicht des Mandrills (Cynocephalus mormon) und verändert ſich nach dem Tode. Am häufigſten aber hängt die Zeichnung von der Färbung der Haare ab. Aber auch in dieſem Falle iſt ſie nie ſo brennend und aus ſo grell von einander abſtechenden Farbenparthieen zuſammengeſetzt, wie wir dieſes bei den Vögeln und ſelbſt bei Reptilien und Fiſchen wahr⸗ et ee un 17,200] . 1 Säugthiere. 51 1 genommen haben, ſondern beſchränkt ſich auf Weiß, Schwarz und Braun in verſchiedenen Schattirungen. Hübſch gezeichnete Arten finden ſich unter Vierhändern, Viverren, Katzenthieren, Schwipp— thieren, Giraffen, Antilopen, Hirſchthieren, geſtreiften Einhufern u. ſ. w. Merkwüdig ſind die abwechſelnd ſchwarz und weiß oder gelblicht geringelten Stacheln und Haare des Stachel— ſchweins, Igels, einiger Manguſten u. ſ. w., und die grün- und röthlicht⸗metalliſch - ſchillernden Haare des Goldmaulwurfs; letzteres als das einzige Vorkommen der Art in der ganzen Klaſſe der Säugthiere. — Viele Arten haben in der Jugend andere und zum Theil hübſchere Zeichnungen als im Alter; z. B. unfere Wildſchweine ſind dann geſtreift, Hirſche und Rehe weißgefleckt u. ſ. w. Viele ſind auch nach den Jahreszeiten veränder— lich in der Farbe; beſonders hat man dieſes an den Bewohnern der nördlichen Zone wahrgenommen, indem dieſe gegen den Win— ter entweder weiße Haarſpitzen bekommen (z. B. der ſchwarze Wolf, Canis lycaon, der dann auch wol Silberfuchs genannt wird, aber nicht mit dem eigentlichen nordamerikaniſchen Silber— fuchs, Canis argenteus, verwechſelt werden darf; der Silberbär u. ſ. w.), oder ganz weiß werden (Eisfuchs, Canis lagopus; Schneehaſe, Lepus variabilis; Hermelin, Mustela erminea; ame: rikaniſcher Lemming, Lemmus hudsonius u. ſ. w.) Auch in un- ſerm mildern Klima kommen dergleichen Veränderlichkeiten vor, ohne daß ſie jedoch von dem Wechſel der Jahreszeiten abzu— hängen, ſondern vielmehr beſtändige Abänderungen zu ſein ſchei— nen: Beſonders iſt dieſes bei dem Hermelin und gemeinem Wieſel der Fall, von denen man bei uns zu allen Jahreszeiten ſowol braune als weiße Individuen antrifft. — Jenen Farben— wechſel erklärt man ſich auf verſchiedene Weiſe, indem man ent⸗ weder annimmt, daß im Herbſte die gefärbten Haare ausfallen und dafür weiße wieder wachſen, die dann im Frühjahre entwe— der auf gleiche Weiſe durch gefärbte erſetzt werden, oder ſich dann ſelbſt erſt färben, oder indem man glaubt, daß die Spitzen der Haare ſich abnutzen und verſchwinden, wodurch denn der übrige anders gefärbte Theil der Haare, der früher von den Spitzen der überliegenden Haare bedeckt wurde, Fam Vorſchein komme. 512 Zwölfte Klaſſe. $ 207. Der Körper theilt ſich in den Kopf, mit dem Munde, Sinnesorganen und äußern Athemorganen, und in den Rumpf, welcher die Bewegungsorgane, den After und die äußern Geſchlechtsorgane enthält, und ſich meiſt nach vorn in einen dünnern Hals, nach hinten in den Schwanz verlängrrt. § 208. Der Kopf iſt bei den meiſten Saugthieren be⸗ trächtlich kleiner als der Rumpf; nur bei einigen Wallen macht er faſt ein Drittel der ganzen Körpermaſſe aus, und bei dem Pottwall (Physeter macrocephalus) iſt er ſo groß wie der ganze übrige Körper. — Die Geſtalt deſſelben wird beſonders durch die Größe des Hinterkopfes und durch die mehr oder weniger vortretende Schnauze bedingt. Der Menſch hat den größten und am meiſten gerundeten Hinterkopf, und die Schnauze tritt nicht hervor, daher iſt ſein Kopf runder als bei den übrigen Säugthieren, welche insgeſammt eine mehr oder minder vortre— tende und nach vorn zu abnehmende Schnauze haben; letzteres iſt beſonderes der Fall bei den Zünglern, Viverren, Inſektenfreſ⸗ ſern, den meiſten Delphinen u. ſ. w. Manche haben eine dicke ſtumpfe Schnauze, z. B. Flußpferd, Ochs; an andern iſt ſie platt, wie an den eigentlichen Delphinen und am Schnabelthiere, bei welchem letzteren ſie einen platten breiten hornartigen nackten Schnabel bildet, welcher an der Wurzel abſtehende Ränder hat. Einige Delphine haben eine zuſammengedrückte Schnauze, und die des Delphinus gangeticus tft lang, dünn, am Ende aber aus⸗ gedehnt. Bei mehren iſt beſonders die Oberſchnauze, an deren Ende die Naſenlöcher liegen, mehr oder weniger rüſſelförmig verlängert, z. B. bei Borſtenthieren, Tapir, Naſenthier, Rüſſel⸗ maus, Rüſſelrobbe (Phoca proboseidea‘, Elephant. § 209. Von den verſchiedenen Anhängſeln und Vor— ragungen des Kopfes mancher Säugthiere bemerken wir hier, außer der Naſe (ſ. Athemorgane) und den Ohren (ſ. Sinnesor⸗ gane), Folgendes: Der glatte Seelöwe (Phoca eristata) hat auf der Schnauze und Stirn eine ſchlaffe Haut, welche durch die Na— ſenlöcher, mit denen der unter jener Haut befindliche Raum in Verbindung ſteht, wie eine Haube aufgeblafen werden kann, wo— bei ſich zugleich die Naſenlöcher ſelbſt wie ein paar Blaſen aus— Saugthiere. b 513 dehnen. Am Knotenſchwanzthiere ſind die Naſenlöcher mit einem Kranze kurzer fleiſchiger beweglicher Fühler umgeben. Mehre Flederthiere haben vorn auf der Schnauze verſchieden gebildete vorragende häutige Leiſten und Falten (die Kammnaſer) oder emporgerichtete Blätter (die Blattnaſer). 8 210. Die Stirn der Hornthiere iſt mit Hörnern, die der Hirſchthiere mit Geweihen bewaffnet. Beide haben das mit einander gemein, daß fie durch einen von der Stirn ausge: henden beſtändig bleibenden Knochenzapfen gehalten oder getragen werden, unterſcheiden ſich aber weſentlich in Folgendem: Hörner find ein über jenen verlängerten Zapfen gebildetes Futteral, wel- ches an ſeiner Wurzel mit der Stirnhaut zuſammenhängt und eigentlich ſelbſt nichts anderes iſt, als verdichtete und verhärtete Haut. Sie werden aber meiſt viel länger als der Zapfen, und ſind, nach den verſchiedenen Thierarten, theils gerundet, theils kantig und auf die mannigfaltigſte Weiſe gekrümmt und gewun⸗ den. Meiſt finden ſie ſich bei beiden Geſchlechtern; ſelten fehlen ſie den Weibchen, ſo z. B. bei mehren Antilopen (Ant. chicarra, gutturosa, montana, tragelaphus), und bei einer Art dieſer Gat— tung (Ant. ixalus) ſind beide Geſchlechter ungehörnt. Dergleichen findet man auch, als Ausartung, unter dem domeſticirten Rind⸗ vieh. Es giebt auch Antilopen mit geſpaltenen Hörnern (Ant. furcifera, palmata) und andere mit zwei Paar Hörnern (Ant. chicarra). So kommen auch unter den domeſticirten Scha— fen vierhörnige und dreihörnige Abarten vor. Am Vorgebirge der guten Hoffnung ſoll es Ochſen geben mit hängenden und bloß an der Haut, ohne Knochenzapfen, feſtſitzenden, Hörnern; wohin denn auch wol die phrygiſchen Ochſen des Ariſtoteles gehören würden, die ihre Hörner bewegen konnten wie Ohren. — Die Hörner der Giraffe unterſcheiden ſich von denen der übrigen Zweihufer dadurch, daß die Haut, die den Knochenzapfen über⸗ zieht, nicht zu Horn erſtarrt, ſondern mit Haaren bekleidete Haut bleibt. Sie haben aber das Eigene, daß vor den beiden gewöhn— lichen Hörnern noch ein drittes kürzeres oder buckelförmiges ſich erhebt. — Die Hörner der Nashörner ſind von denen der, Zweihufer gänzlich verſchieden: Entweder iſt nur eins da, oder ihrer zwei, die dann aber nicht neben einander, ſondern hinter 9.00 514 Zwoölſte Klaſſe einander ſtehen, und zwar über der Naſe. Sie haben auch kei⸗ nen Knochenzapfen, ſondern find eine dichte Maſſe von fafriger Struktur, wie ein Auswuchs der Haut oder wie ein Schopf mit einander dicht verwachſener Haare. — Das Einhorn, d. i. ein Zweihufer oder Einhufer, mit Einem Horne auf der Stirn, ge hört bis jetzt noch zu den fabelhaften Thieren, welches man nur aus den Erzählungen und ſehr rohen Abbildungen unkultivirter Völker Aſiens und Afrikas kennt. Die erwähnten Abbildungen ſtellen allerdings ein ſolches einhörniges Thier von der Seite ge- ſehen vor, aber wahrſcheinlich iſt es eine Antilope, nur deshalb einhörnig dargeſtellt, weil in dieſer Seitenanſicht ein Horn das andere deckte. Geweihe ſind ein auf dem Knochenzapfen ſelbſt ſich bil⸗ dender und von demſelben ausgehender Fortſatz, welcher anfangs gallertartig iſt, während des Wachsthums aber knorplig und zu⸗ letzt ſelbſt knochenhart wird. Es iſt erſt mit der Stirnhaut über⸗ zogen, welche auch mit ihm ſich verlängert und einen Ueberzug bildet, endlich aber vertrocknet und abgeſtreift wird, wo dann das knochenharte Geweih nackt daſteht. Im erſten Jahre bildet es eine einfache Sproſſe oder Stange. Nach einem Jahre fällt es ab oder wird abgeſtoßen; die Haut ſchließt ſich dann über dem Zapfen, der in der Regel bei dieſen Thieren ſehr kurz iſt, und es bildet ſich nun eine neue Stange, ganz ſo, wie die erſte entſtand, nur mit dem Unterſchiede, daß ſie länger wird und daß an dem untern Theile derſelben eine zweite vorwärts gerichtete Sproſſe hervorwächſt; und ſo geht es fort, indem mit jedem Jahre das Geweih länger wird und in der Regel eine Sproſſe mehr erſcheint. Jedoch finden hievon auch Ausnahmen ſtatt, denn zuweilen ent⸗ ſteht keine neue Sproſſe, zuweilen aber auch wol zwei oder drei neue. Sehr alte Hirſche ſetzen keine neue Sproſſen mehr an, und manche ausländiſche Hirſche ſind ihr Lebelang nur einſpießig. — Die Zeit des Geweihwechſels iſt nach den Arten ver ſchieden, denn z. B. der Edelhirſch (Cervus elaphus) wechſelt im Frühjahre, der Rehbock (C. capreolus) im Herbſte. Es giebt auch Arten, welche mehre Jahre hinter einander nicht wechſeln. An einigen Arten dehnen ſich die Geweihe mehr oder weniger ſchaufelförmig aus, fo jedoch, daß der Rand der Schaufel * Säugthiere. 515 mit Zacken beſetzt ift (Elenn, Cervus alce, Rennthier, C. taran- dus, Dammhirſch, C. dama). — In der Regel tragen nur die Männchen Geweihe; ſehr ſelten kommen bei unſerm Edelhirſch auch Weibchen mit Geweihen vor; aber bei dem Rennthiere ſind auch die Weibchen beſtändig mit dieſem Schmucke verſehen, wie denn überhaupt dieſe Art durch üppigern Geweihwuchs ſich aus— zeichnet, denn nicht bloß, daß die Jungen ſchon mit kleinen Er⸗ habenheiten auf der Stirn zur Welt kommen, und nach ſechs Wochen ſchon zwei 6 Zoll lange und an der Spitze gabelförmig getheilte Stangen tragen, ſondern auch bei jedesmaligem Wechſel der Geweihe entſtehen mehre neue Zacken; die Geweihe ſelbſt ha— ben mitunter eine Weite von einer Klafter. Das Geweih des Elenns (C. alce) wiegt zuweilen an 60 Pfund. — Merkwürdig iſt noch bei den Hirſchthieren die Beziehung zwiſchen Ge— weih und Geſchlechtstheilen, ſo daß in der Regel, wenn ein Hirſch bedeutend an den Geweihen verletzt wird, derſelbe für das Jahr wenigſtens der Fähigkeit zu befruchten verluſtig geht, und umgekehrt, wenn er bedeutend an den Geſchlechtstheilen ver— letzt und zur Befruchtung untüchtig gemacht wird, das Wachs—⸗ thum und der Wechſel des Geweihes aufhört; doch finden hievon manche Ausnahmen ſtatt. — Was man in ältern Zeiten von Haſenge weihen erzählt hat, gehört zu den Fabeln; die davon gegebenen Abbildungen und Beſchreibungen ſind wol von ver⸗ kümmerten Rehgeweihen entnommen. S 211. Der Mund der Säugthiere iſt in der Regel deſto weiter geöffnet und deſto länger geſpalten, je länger die Schnauze iſt: Bei den Zünglern findet hievon eine Ausnahme ſtatt, indem die obere und untere Lippe beiderſeits bis faſt an das Ende der langen Schnauze mit einander verwachſen ſind, ſo daß nur eine kleine Mundöffnung übrig bleibt. — Die meiſten Säugthiere haben fleiſchige Lippen; bei einigen Gattungen, z. B. bei Kameelen und Schafkameelen, iſt die obere vorn ge⸗ ſpalten; bei einigen Flederthieren (den Blattnaſern) ſind ſie mit Warzen beſetzt, bei dem Rüſſelbär (Ursus labiatus) vorgeſtreckt und beweglich. Mehre haben a 1 ee . B. Walle, en u. 5 w. | hal ellotnade. sta 31119 57 8 ind 33 5 un | 516 Zwölfte Klaſſe. 5 212. Die bei weiten meiſten Säugthiere haben ein Gebiß, welches aus verſchiedengebildeten Zähnen beſteht. Die Zähne wachſen aus den Kinnladen hervor; nur bei den Fiſchzitz⸗ thieren entſtehen ſie auf den Kinnladen und wachſen ſpäter erſt in dieſe hinein. Iſt das Gebiß vollſtändig, ſo unterſcheidet man in beiden Kinnladen drei Arten Zähne, nämlich 1) Vorder- zähne, wie oben alle diejenigen genannt werden, welche in dem Zwiſchenkieferknochen ſtehen; unten ſind die, welche den obern entſprechen, Vorderzähne. Bei den Kammnaſern iſt der Zwiſchen⸗ kieferknochen ſehr klein und beweglich, ſo daß er ſich, mit den darin ſitzenden Zähnen, heben und ſenken kann. Bei einigen Säugthieren, und auch bei dem Menſchen, verwächſt jener Kno⸗ chen ſpäter, fo daß feine Gränzen kaum zu erkennen ſind. ) Eck⸗ zähne; ſtehen oben dem Zwiſchenkieferknochen zunächſt, unten jenen gegenüber; immer einzeln, meiſt einfach = ſpitz-zugehend, lan: ger als die übrigen, nur mit Einer Wurzel in den Kinnladen eingekeilt. 3) Backenzähne; nehmen den übrigen Rand der Kinnladen ein, find breiter und dicker als die beiden vorhergehen— den, haben in der Regel mehr als Eine Wurzel. — Es finden aber in der Zahl und Geſtalt, zum Theil auch in der Richtung und Stellung der Zähne, unzählige Verſchiedenheiten ſtatt: Außer dem, was hievon bereits in den Ueberſichten der Ordnun⸗ gen und Familien angeführt worden iſt, hebe ich hier nur noch Folgendes heraus: An Vorderzähnen z. B. hat der Ele: phant nur zwei obere, welche nach Außen vorgekrümmt und lang hervorſtehend, beſonders an dem afrikaniſchen Elephanten zuwei⸗ len 9 Fuß lang find. 2), Vorderzähne haben z. B. die Spitz⸗ mäuſe und die meiſten Nagethiere; bei den Spitzmäuſen find die obern gekrümmt und zweiſpitzig, die untern lang hori⸗ zontal ausgeſtreckt; die Haſen haben hinter den beiden obern meißelförmigen Vorderzähnen noch ein paar ſchmalere drehrunde. % Vorderzähne haben z. B. das Flußpferd, das Knoten: ſchwanzthier, die Pelzflatterer; und zwar find bei dem erſten die obern kurz, kegelförmig, gekrümmt, die untern lang, ey⸗ lindriſch, ſpitz, horizontal liegend; bei dem zweiten liegen die un⸗ tern ebenfalls horizontal; bei dem dritten ſind die untern kamm⸗ förmig gereift und gezähnelt. % Vorderzähne haben die meiſten Säugthiere. 517 Zweihufer. Die Ohrrobben find mit ½ Vorderzähnen ver: ſehen, von denen die vier mittelſten der Oberreihe eine doppelte Schneide haben, die untern aber gabelförmig ſind. Die meiſten Vorderzähne finden ſich bei den Maulwürfen (%), dem Beu— teldachs (1%) und den Beutelratten (10). Sonſt ſind die Vorderzähne meiſt ſcharfkantig, meißelförmig, zum Theil ſanft ein: wärts gekrümmt, mit der Kinnlade einen Winkel bildend. — Von abweichenden Bildungen der Eckzähne iſt hier beſonders Folgendes zu merken: Der Narwal hat nur oben Eckzähne, welche horizontal hervortreten, indem fie die Oberlippe durchboh ren. Sie find drehrund, an der Oberfläche mit gedehnt ſpiralför— migen Längsreifen eingeſchnitten. Am Weibchen bleiben beide meiſt nur rudimentär; am Männchen tritt der rechte meiſt nur wenig hervor, der linke aber erreicht zuweilen eine Länge von 15 Fuß und darüber. Früher wurden ſie zum Theil als Vorderzähne be— trachtet. Das Wallroß hat unten nur ſehr kleine, oft ganz verborgene Eckzähne, die obern aber ragen lang, zuweilen über zwei Fuß hervor und wiegen an 30 Pfund. Am Flußpferd ſind die obern gerade, die untern ſtärker und gekrümmt. An den Borſtenthieren biegen ſich die obern Eckzähne nach außen und aufwärts ſteigend hervor, beſonders am Babiruſſa, wo ſie die Oberlippe durchbohren und, wie ein paar gekrümmte Hörner, auf dem Naſenrücken ſtehen. Am männlichen Moſchusthiere ragen die obern Eckzähne nach unten weit hervor. Die untern Eckzähne der Flugbeutler ſind ſehr klein, theils ganz im Zahnfleiſche ſteckend. Die Eckzähne der Pelzflatterer ſind gezähnelt; die des Maulwurfs haben zwei Wurzeln. Die Spitzmäuſe und Fußthiere haben jederſeits, oben und unten, mehre ſehr kleine Eckzähne, welche kürzer als die Backenzähne ſind, oder vielmehr weder als Eckzähne, noch als Backenzähne betrachtet werden kön nen. — Die Backenzähne ſind ebenfalls verſchieden gebildet: 1) Mit ſchneidendem Oberrande; fo an den eigentlichen Fleiſch— freſſern (Katzenthieren). 2) Mit Höckern, oder theils mit Höckern, theils mit ſchneidendem Rande; ſo bei den übrigen Fleiſchfreſſern, die auch mitunter zum Theil vegetabiliſche Nahrung genießen; die Sohlengänger haben faſt nur Höckerzähne. 3) Mit kegelförmigen Spitzen, die Inſektenfreſſer. 4) Mit 518 Zwölfte Klaſſe. platter Krone, die aber meiſt erhöhete Schmelzleiſten hat; ſo bei den Säugthieren, welche Pflanzenkoſt genießen. — So kann man in der Regel von der Beſchaffenheit der Backenzähne einen richtigen Schluß auf die Nahrung des Thieres machen. — Die Zahl der Backenzähne iſt verſchieden: Die Elephanten haben jederſeits nur J oder 7, das Wallroß 3, ; die Beutelratten und Thylacinus haben jederſeits 7, Backenzähne; bei den übrigen Säugthieren ſteht die Zahl derſelben meiſt zwiſchen den genannten mitten inne. — Von abweichend gebildeten Backenzähnen führen wir hier noch als Beiſpiele an: die des Goldmaul— wurfs, faſt alle dreiſeitig-prismatiſch; die kegelförmigen mehrer Robben; die des Wallroſſes, welche kurz, cylindriſch, ſchräg— abgeſtumpft ſind, und eine faſt einfache Wurzel haben; auch die der Faulthiere, Gürtelthiere und Ameiſenſcharrer ſind cylindriſch, und die der letzten der Länge nach von cylindriſchen Kanälen durchzogen; ſo ſind auch die des ne eins aus Cylindern zuſammengeſetzt. § 213. Die meiſten Säugthiere haben alle drei e arten. Vielen fehlen die Eckzähne, z. B. den Nagethieren und den meiſten Zweihufern (mit Ausnahme der Moſchusthiere, Kameele und einiger Antilopen). Die Fehlzähner haben keine Vorderzähne, und zwar find die Schleicher noch mit Eckzäh⸗ nen und Backenzähnen verſehen, die Ameiſenſcharrer und Gürtel: träger aber nur mit Backenzähnen (mit Ausnahme des Dasypus sexcinctus, welcher oben zwei Vorderzähne hat). Das große Gürtelthier Dasypus gigas) hat überhaupt an 90 Zähne, welche aber kegelförmig, klein, getrennt, und in allen dieſen Eigenſchaften denen der zahnreichen Delphine gleich find. Die übrigen Fehlzäh⸗ ner ſind ohne alle Zähne, denn zwei platte, wurzelloſe, größ⸗ tentheils nur aus Hornſubſtanz beſtehende Höcker hinten im Maule des Schnabelthieres ſind kaum für Zähne zu halten, obgleich ſie, wie die Backenzähne des Ameiſenſcharrers, feine Längskanäle ha⸗ ben. Die Zungenſchneller haben, ſtatt der Zähne, am Gaumen einige Reihen rückwärts gekehrter Spitzen. Die Walle ſind zum Theil ohne Zähne, oder mit kleinen kegelförmigen getrennten Zäh⸗ nen verſehen; aber die Zahl der Zähne iſt bei manchen deſto be⸗ trächtlicher: Einige Delphine haben jederſeits 40 bis 60 Zähne; — 6 Säugthiere. a 519 bei dem Meerſchweine (Delph. phocaena) find fie jedoch ſchnei⸗ dend und zuſammengedrückt. Die Pottwalle haben ſehr ſchmale Unterkinnladen, welche jederſeits mit etlichen zwanzig kleinen kegel⸗ förmigen oder cylindriſchen Zähnen beſetzt ſind, die in entſprechende Vertiefungen der Oberkinnlade paſſen; doch enthält auch dieſe einige ſehr kleine oder ſelbſt im Zahnfleiſche verborgene Zähne. Die Wallfiſche haben gar keine Zähne, ſondern am Gaumen mehre hundert hornartige elaſtiſch-biegſame Queerleiſten, Barten genannt, welche an ihrem innern Ende in eine Menge langer Faſern aufgelöſt ſind; doch ſollen ihre noch ungebornen Jungen in jeder Kinnlade an 80 Zähne haben, die nachher verſchwinden. § 214. Bei den meiſten Säugthieren findet ein Zahn— wechſel ſtatt, der darin beſteht, daß die zuerſt hervorgebrochenen Zähne nach einem beſtimmten Zeitverlaufe ausfallen und durch neu hervorkommende erſetzt werden. Der Elephant ſoll auf dieſe Weiſe die Backenzähne an achtmal wechſeln, die Vorderzähne aber nur einmal. Da die Zeit des Wechſels ziemlich beſtimmt iſt, und die neuen Zähne in der Regel mehr oder weniger von den ausgefallenen verſchieden ſind, ſo kann man aus der Beſchaffen— heit des Gebiſſes fo ziemlich das Alter des Thieres erkennen, wel- ches auch bei Beurtheilung der Pferde praktiſch in Anwendung gebracht wird. — Daß im höhern Alter Zähne ausfallen, ohne wieder erſetzt zu werden, oder daß manche Zähne erſt ziem— lich ſpät hervorbrechen, iſt bei Menſchen und Thieren der Fall. Bei letztern aber ereignet es ſich auch nicht ſelten, daß ſie gerade in dem kräftigſten Alter, und nicht lange nach der Geburt, weni⸗ ger Zähne zeigen, als in der frühern Jugend und ſelbſt vor der Geburt; z. B. die Wallfiſche haben vor der Geburt Zähne in der Unterkinnlade. An manchen zahnreichen Delphinen verlie- ren ſich die Zähne zum Theil ſchon ſehr früh. Der Nar wall hat in früheſter Jugend zwei kleine Vorderzähne in der Oberfinn- lade. Die Manati haben in früheſter Jugend oben zwei ſehr kleine Vorderzähne, die aber ſpäter verſchwinden. Die Wall- roſſe, und wahrſcheinlich alle Ruderfüßer, haben in früheſter Jugend 5 Vorderzähne, die aber bei einigen ſpäter verſchwinden. Das Nashorn auf Sumatra hat %, Vorderzähne, von denen aber zwei ſehr klein ſind und bald ausfallen. In allen dieſen 520 Zwolfte Klaſſe. Beiſpielen fallen die Zähne entweder aus oder, was häufiger zu ſein ſcheint, ſie bleiben in der Ausbildung ſtehen und werden von dem Zahnfleiſche oder ſelbſt von der Kinnlade überwachſen. So hat auch das afrikaniſche Nashorn in der Unterkinnlade vier Vorderzähne, die aber ſelten hervorbrechen. Das Männchen der Bergantilope (Antilope montana) hat in der Jugend Eckzähne, welche aber nie bei den Weibchen und bei alten Männchen anzu⸗ treffen ſind. Der europäiſche Dachs verliert ſehr früh den er— ſten obern Backenzahn. Manche Flederthiere verlieren die Vorderzähne und werden dann leicht für beſondere Gattungen gehalten. Unſere gewöhnliche Fledermaus (Vespertilio murinus) hat vor der Geburt ſchon 22 Zähne, welche an den Erwachſenen durch 38 andere erſetzt werden; da es aber öfters geſchieht, daß von letztern ſchon einige hervorbrechen, ehe diejenigen Fötalzähne ausfallen, die ſie erſetzen ſollen, ſo hat dieſe Fledermaus 18 40 bis 50 Zähne zugleich. | $ 215. Nach dem Geſchlechte findet ebenfalls zuwei⸗ len ein Unterſchied im Gebiſſe ſtatt, namentlich in den Eckzähnen, indem die der Oberkinnlade beim Männchen länger hervortreten, z. B. am Narwall, Schwein, Moſchusthier. So verhält es ſich auch mit den Vorderzähnen des Elephanten. Die Pferdehengſte haben oben, zuweilen auch unten, einen Eckzahn, der aber ſelten s 5 den Stuten ſich findet. 8 216. Als zum Munde gehörig iſt hier auch die Zunge fl. betrachten. Sie iſt fleiſchig, beweglich, mit kleinen weichen Warzen beſetzt, welche jedoch in einigen Gattungen ſpitzer und härter ſind, ſo daß ſie eine ſcharfe, theils ſtachlichte Oberfläche bilden, z. B. bei Zweihufern, Katzen, Viverren, Beutelratten, Stachelſchweinen. Eigentlich find dieſe harten Spitzen nichts wei⸗ ter als Scheiden, die die weichen Warzen bedecken. Bei den Zünglern und einigen Flederthieren (Blattnaſer und Glossophaga) iſt die Zunge lang vorſtreckbar wurmförmig; bei letztern röh⸗ renförmig⸗-zuſammenlegbar und am Ende mit vorſtehenden War⸗ zen beſetzt. Die Zunge der Walle iſt ohne Warzen. Die Giraffe kann ihre Zunge weit hervorſtrecken, zum Ergreifen der Blätter; auch die übrigen Zweihufer, beſonders das Rindvieh, ſtrecken beim Freſſen die Zunge ziemlich weit vor zum Abreißen Säugthiere. „5 des Graſes. Die des Schnabelthieres iſt mit haarförmigen Fortſätzen bedeckt und auf dem Hinterende noch mit einer dickern zweiten Zunge verſehen, die an der Spitze zwei fleiſchige War⸗ zen hat. Auch die Loris haben eine doppelte Zunge, nämlich unter der eigentlichen Säugthierzunge noch eine zweite Eon gleich der der inſektenfreſſenden Vögel. § 212. Zuletzt find hier noch die Backentaſchen zu erwähnen, Duplikaturen der Oberhaut zu beiden Seiten im Munde, wodurch eine Taſche gebildet wird, die ſich im Munde nach vorn öffnet, z. B. bei Meerkatzen, Backenhörnchen, Hamſtern u. ſ. w. Bei einigen Nagethieren (Taſchenmäuſen und Beutelmäuſen) öff- net ſich die Taſche nach Außen. 8 218. Als äußere Athemorgane befinden ſich, bei den meiſten Säugthieren, zwei Oeffnungen (Naſenlöcher) vorn über dem Munde, entweder in einer beſondern Vorragung (Naſe) oder am Ende der Oberſchnauze, die bei manchen Arten rüſſelför— mig verlängert iſt. Die Ruderfüßer und Flußpferde können die Naſenlöcher zuſammenziehen und ſchließen, welches beſonders bei dem Untertauchen geſchieht. Der ausdehnbare häutige Sack auf der Naſe des glatten Seelöwen (Phoca cristata), welcher mit den Naſenlöchern in Verbindung ſteht, ſoll dem Thiere dienen, ihn mit Luft zu füllen, wenn es untertaucht, um auch unter dem Waſſer Luftvorrath zum Athmen zu haben. Eine ähnliche Vorrichtung wird auch den Wallen zugeſchrieben: Dieſe Thiere haben nämlich die Naſenlöcher, die bei einigen in eine gemein— ſchaftliche Vertiefung oder Oeffnung ausgehen, nicht am Ende der Schnauze, ſondern auf dem Scheitel, indem ihnen, ohne dieſe Ein— richtung, bei ihrem beſtändigen Aufenthalte im Waſſer, wo von ihnen, wenn ſie an der Oberfläche ſchwimmen, nur der Rücken vorragt, das Athmen ſehr beſchwerlich fallen würde. Man ſieht ſie dann öfters aus den Naſenlöchern einen Strahl Flüſſig— keit, von Wallfiſchen zuweilen an 8 bis 12 Ellen hoch, empor— ſpritzen, die von den älteſten Zeiten her für Waſſer gehalten wurde, welches dieſen Thieren, beim Oeffnen des Mundes, in den Rachen ſtröme und dann durch die Naſenlöcher wieder aus- geſtoßen werde, wogegen aber manche neuere Beobachter behaup⸗ ten, daß jene Strahlen nicht Waſſer ſeien, ſondern der Athem 322 Zwölfte Klaſſe. ſelbſt in Dunſtform, wie ſich dieſe Erſcheinung bei allen größern Säugthieren, wenn ſie, in niedriger äußerer Temperatur, ſtärker ausathmen, darbiete. Nach dem Dafürhalten anderer Naturforſcher kommt das Waſſer, nicht durch den Mund, ſondern durch die äußern Naſenlöcher, in gewiſſe, mit dieſen verbundene Säcke, welche einer bedeutenden Ausdehnung fähig ſind und, durch kräftiges Zuſammenziehen, das aufgenommene Waſſer aus den Naſenlöchern wieder hervorſpritzen. Dieſe Thiere füllen nämlich, wenn ſie an der Oberfläche des Meeres ſich befinden, jene Säcke mit atmo⸗ ſphäriſcher Luft an, die ſie unter dem Waſſer zum Athmen ver⸗ brauchen; und in der Maße, wie die Säcke von Luft entleert werden, nehmen ſie Waſſer auf, welches dann an der Oberfläche des Meeres wieder ausgeſpritzt wird. Wahrſcheinlich beſtehen jene Strahlen, nach den Umſtänden, bald aus eingezogenem Waſſer, bald aus dem Athem ſelbſt. Manche Finnfiſche, nämlich die mit gefurchter Haut an der Vorderbruſt, Kehle und unter den Kinnladen, können dieſe Haut, durch Eintreiben von Luft, wie einen Sack ausdehnen; vielleicht ſind auch dieſe Behälter, wenn ſie mit Luft angefüllt ſind, zum Athmen unter Waſſer beſtimmt. 8 219. Die Sinnesorgane werden hier bloß nach ih- rem Aeußern berückſichtigt; der innere Bau derſelben wird im folgenden Abſchnitte (§ 298 bis 203) dargelegt. Unter ihnen betrachten wir zuvörderſt die Augen. Dieſe ſind, im Verhältniß zu dem ganzen Körper, von verſchiedener Größe; am größten bei den Nachtaffen und mehren Halbaffen (Fußthier, Galago, Lori); ſehr klein bei manchen ſehr großen Thieren, z. B. bei Elephan⸗ ten, Wallfiſchen u. ſ. w.; kaum zu ſehen und ganz zwiſchen Haa⸗ ren verborgen bei vielen Inſektenfreſſern, Maulwurfsmäuſen und Flederthieren; bei der Blindmaus ſelbſt unter der Haut verbor⸗ gen; der blinde Maulwurf (Talpa coeca) vom Libanon und den Appeninen ſoll ganz ohne Augen fein. — Außer der Beweg⸗ lichkeit des Auges im Innern der Augenhöhle, und dem Zuſam⸗ menziehen und Ausdehnen der Pupille, welche allen Säugthieren mit den übrigen Wirbelthieren gemein ſind, hat man noch bei dem Wallroß und den Robben bemerkt, daß ſie die Augen will⸗ kürlich zu verlängern oder zu verkürzen vermögen, je nachdem ſie im Waſſer oder in der Luft ſehen müſſen. — Die Pupille iſt Säugthiere. 523 bei den meiſten Säugthieren immer rund; die Katzen aber, mit Ausnahme des Löwen, und die Genettkatzen ziehen dieſelbe, bei ſtärker einfallendem Lichte, perpendikulär, zum Theil wie ein enger Längsſpalt, zuſammen. Daſſelbe gilt auch von den Füchſen (Ca- nis vulpes u. ſ. w.), aber nicht von den übrigen Hundethieren. = KAeußerlich werden die Augen durch die am Rande gewimper— ten Augenlieder, ein oberes und ein unteres, geſchützt und be= deckt, indem ſich beide, hauptſächlich das obere, über das Auge ziehen können. An den Wallen iſt der Augenliederſpalt ſehr eng, indem beide Lieder in den Winkeln mehr mit einander verwachſen ſind als an den übrigen Säugthieren; an einigen Wallen, z B. an Finnfiſchen (Balaenoptera rostrata), ſollen die Lieder ganz unbeweglich ſein oder fehlen. Am Lori ſind die Augenlieder ſo ſchräg geſtellt, daß man fie faſt als ſeitwärts ſich bewegend be⸗ trachten kann; und zwar ſitzt das obere (innere) faſt ganz feſt, während das untere (äußere) ſich gegen jenes bewegt. — Vor dem innern Augenwinkel iſt bei den meiſten Hirſchen und einigen Antilopen eine Vertiefung befindlich, welche man Thränenhöhle genannt hat. Sie enthält eine fettige, ſchwarze, oft verhärtete Subſtanz, deren Zweck und etwaige Beziehung a das Auge unbekannt iſt. § 220. Was die Ohren betrifft, fo iſt die Größe ſowol der äußern Oeffnung derſelben, als auch die der häutigen oder lederartig-knorpligen Umgebungen jener Oeffnung, welche als das äußere Ohr bezeichnet werden, ſehr verſchieden. Letz teres fehlt den Fiſchzitzthieren und den meiſten Ruderfüßern ganz. An den Fiſchzitzthieren iſt die Ohröffnung ſelbſt ſo eng, daß es zuweilen Mühe koſtet, fie zu entdecken; am Meerſchweine (Del phinus phocaena) und am Manati kann kaum eine Borſte in dieſelbe eingebracht werden, und an dem Manati des Orinoko ſoll gar keine Spur von ihr vorhanden ſein. Daher wird auch zum Theil geglaubt, daß dieſe Thiere nicht ſowol durch die Ohr— öffnung hören, ſondern daß die Schallſtrahlen vom ganzen Kno— chengerüſte auf die innern Gehörwerkzeuge fortgepflanzt werden. Auch vielen Inſektenfreſſern (Rüſſelmaus, Goldmaulwurf, Maul⸗ wurf, Waſſermaulwurf) und mehren Maulwurfsmäuſen (Blind⸗ maus, Zokor) fehlt das äußere Ohr. — Bei allen im natürlichen 524 | Zwölfte Klaſſe. Stande der Freiheit lebenden Säugthieren ſind die äußern Ohren aufgerichtet; nur an dem Elephanten und an manchen Hausthie⸗ ren hängen fie ſchlaff abwärts. Sie haben eine convere und eine concave Seite; letztere iſt immer gegen die Ohröffnung gerichtet, zur Auffangung und Hinleitung des Schalles. Auch ſind ſie mehr oder weniger beweglich, ſo daß ſie nach derjenigen Seite gerichtet werden können, woher der Schall kommt. Dieſe Beweg⸗ lichkeit giebt ſich beſonders bei den längern und an der Wurzel mehr oder weniger zuſammengezogenen Ohren, z. B. der Pferde, Haſen, Katzen u. ſ. w., zu erkennen. — Geſtalt und Länge dieſer Organe iſt übrigens verſchieden: Die größten und längſten Ohren haben manche Flederthiere, z. B. die unſerer Großohr⸗ fledermaus (Plecotus auritus) betragen ½ der ganzen Körper⸗ länge. Meiſt ſind beide Ohren von einander getrennt; bei eini⸗ gen Flederthieren aber ſind ſie an der Wurzel mehr oder weniger mit einander verwachſen, z. B. an der Großohrfledermaus und einigen ausländiſchen Gattungen. Die meiſten derſelben, mit Ausnahme der Kammnaſer, haben vor dem Ohre eine aufgerich⸗ tete Haut, die bei den langohrigen faſt wie ein zweites kleines Ohr ſich ausnimmt. Sie ſcheint zum Verſchließen der Ohröff⸗ nung, welche zwiſchen ihr und dem äußern Ohre liegt, zu dienen. Aehnliche, aber kleinere Ohrklappen haben die Robben; und auch die Ohren der Spitzmäuſe und des Seimabettyieng en beim Untertauchen geſchloſſen werden. § 221. Die Organe des Geſchmacks (dung ehe 15 des Geruchs (Naſe) find bereits früher, jene unter den Mund: theilen, dieſe unter den äußern Athemorganen, abgehandelt. — Die Zunge iſt mehr oder weniger mit kleinen Warzen bedeckt, zu denen Nerven gehen, und die deshalb als Geſchmackswarzen betrachtet werden. Von den beiden Zungen der Loris wird ge— meint, daß die obere zum Schmecken, die untere zum Ergrei⸗ fen der Inſekten diene. — Die Naſenhöhle iſt mit einer nervenreichen Schleimhaut überzogen, welche der eigentliche Sitz des Geruchsſinnes iſt. Die Walle, welche entweder gar keinen oder nur einen rudimentären Geruchsnerven haben, beſitzen den Sinn des Geruchs wahrſcheinlich nur in ſchwachem Grade. Säugthiere. | 525 8 222. Das Gefühl iſt, wie bei allen Thieren, über den ganzen Körper verbreitet: Die Flederthiere ſcheinen beſon— ders in den dünnhäutigen und ſparſam behaarten Ohren und Flughäuten ein feines Gefühl zu beſitzen. Eigentliche Taſtor— gane ſind an dem Knotenſchwanzthiere wol die fühlerförmigen Anhängſel der Schnauze; und bei denjenigen Säugthieren, welche mit einer rüſſelförmig verlängerten Schnauze in der Erde und im Schlamme wühlen (Maulwurf, Rüſſelmaus, Schwein), iſt dieſer Rüſſel ein Taſtorgan, zumal da an der Schnauze des Maulwurfs warzenförmige Vorragungen befindlich ſind, die als Gefühlswar— zen betrachtet werden können. Hieher gehört auch das bewegliche fingerförmige Anhängſel am Ende des Elephantenrüſſels; und die Finger der Menſchen und Vierhänder ſind ebenfalls Taſtorgane. 8 223. Der zweite Theil des Körpers iſt der Rumpf, welcher nach vorn in einen Hals ausgeht, der bei mehren Zwei— hufern, z. B. bei Hirſchen, Antilopen, beſonders aber bei Kamee— len und Giraffen, länger, bei Elephanten und Ruderfüßern aber kürzer als bei den übrigen Säugthieren iſt. Die Walle haben gar keinen äußern Hals. — Am Hinterende des Rumpfes bildet, bei den meiſten Säugthieren, eine Verlängerung des Rückgrates den Schwanz, welcher von verſchiedener Länge und Beſchaffen⸗ heit iſt: Meiſt iſt er drehrund, ſchlank, lang, d. h. wenig kürzer oder länger als der Rumpf, ſo bei den meiſten Vierhän⸗ dern, einigen Mäuſethieren, Zünglern u. ſ. w.; ſehr kurz bei Arm: affen, Pavianen, den meiſten Inſektenfreſſern, eigentlichen Bären, Hafen u. ſ. w.; ganz fehlend bei den Orangs, Pfeifhaſen, Peka— ris, mehren Hufkrallern und Maulwurfsmäuſen. Der Löwe hat am Ende des Schwanzes einen Haarbüſchel, und in dieſem in früherer Jugend meiſt einen Stachel, wie ſich dieſer zuweilen auch bei dem Leoparden findet. Seitwärts zuſammengedrückt iſt der Schwanz der Rüſſelmaus und der Zibetmaus; niederge⸗ drückt der des Schnabelthieres, der Fiſchotter, des Bibers; bei letztern iſt er dabei ſehr breit, ſo daß er mitunter faſt eine läng⸗ lig⸗ ovale Geſtalt hat. Mehre Thiere haben einen Wickelſchwanz oder Greifſchwanz, welcher ſehr muskulös iſt, ſo daß ſie den⸗ ſelben nicht nur einrollen, ſondern ſich auch mittelſt ſeiner an Aeſten und dergleichen Gegenſtänden, um die ſie das Schwanz: — — 326 Zwölſte Klaſſe. . \ ende wickeln, fefthalten und aufhängen können, z. B. Brüllaffen, Klammeraffen, Kinkagu, Beutelratten, Cuendu, Tamandua (Myr- mecophaga tamandua). Hat der Schwanz bloß die Eigenſchaft, ſich einzurollen, ohne zugleich Greifſchwanz zu ſein, ſo iſt er ein Rollſchwanz, z. B. an Paradoxurus. Die Walle haben kei— nen ſolchen ſchlanken Schwanz, wie die übrigen Säugthiere, ſon⸗ dern der Rumpf nimmt über den After hinaus amn ab und endet mit einer horizontalen Floſſe. § 224. In der Geſtalt des Rumpfes ſelbſt findet keine große Verſchiedenheit ſtatt. Meiſt iſt er vorn ſtärker und wird nach hinten ſchwächer. Die Langſtrecker haben einen ver⸗ hältnißmäßig langgeſtreckten und ziemlich gleichſtarken Rumpf; an den Giraffen iſt er verhältnißmäßig kurz, mit nach hinten ſehr abſchüſſigem Rücken. Das Dromedar (Camelus dromedarius) hat auf dem Rücken einen hohen Fetthöcker; das Trampelthier (Camelus bactrianus) hat deren zwei; auch der indiſche Ochs (Bos indicus) hat einen ſolchen Rückenhöcker. Mehre Walle tra⸗ gen auf dem Rücken eine ſehnenartige Floſſe. An den meiſten Ochſenarten, ſo auch an der Canna (Antilope oreas), iſt ein Theil der Bruſthaut, vor und zwiſchen den Vorderbeinen, ſo locker und weit, daß er wie ein Lappen hinabhängt, und wird Wamme genannt. $ 225. Die Säugthiere haben vier Wend, mit Aus: nahme der Fiſchzitzthiere, denen die Hinterbeine fehlen. — Wir betrachten hier zuerſt die vierbeinigen. Die Beſchaffenheit die⸗ ſer Bewegungsorgane iſt ſehr verſchieden; ſie beſtehen aber im⸗ mer, wie bei Reptilien und Vögeln, aus Schenkel, Schi en- bein, Fuß; letzterer wieder aus Ferſe und Zehen. An den Vorderbeinen werden dieſe Theile auch wol Oberarm, Unter: arm, Hand und Finger genannt. Im Allgemeinen haben diejenigen Thiere, die ſich durch Schnelligkeit auszeichnen und nicht graben, längere und ſchlankere Beine, z. B. Hundethiere, Hirſch⸗ thiere, Antilopen. Plumpe Beine haben beſonders die großen Vielhufer (Elephant, Nashorn, Flußpferd). Die Vorderbeine ſind in der Regel kürzer als die hintern; da an ihnen aber die einzelnen Glieder mehr ausgeſtreckt getragen werden, an den hintern aber die Glieder unter ſich Winkel bilden, ſo wird der Säugthiere. 3 Rumpf von beiden in ziemlich gleicher Höhe getragen. Es giebt aber mehre Säugthiere, deren Hinterbeine ſo bedeutend länger find als die vordern, daß, beim Gehen auf allen vieren, der Vor⸗ derkörper merklich oder ſehr viel niedriger getragen wird als der Hinterkörper, z. B. Galago, Fußthier, die Doppelzähner, vorzüg⸗ lich aber die Springer. An manchen Thieren ſind jedoch die Vorderbeine länger als die Hinterbeine, z. B. am Orangutang (Simia satyrus), Armaffen, Klammeraffen, Faulthier, Giraffe, welche daher auch den Vorderkörper höher tragen. Die Flederthiere gehören ebenfalls hieher. § 226. Beſonders haben wir an den Beinen die Füße zu berückſichtigen. Dieſe ſind, ſowol an den vordern als an den hintern Beinen, nach vorn gerichtet, wovon nur die Sirenen, Ru: derfüßer und Flederthiere eine Ausnahme machen, indem ihre Hin— terfüße rückwärts gekehrt ſind. Länger und ſchlanker ſind die Füße an allen denjenigen Thieren, welche auf die Zehen treten, kürzer und breiter bei denen, welche auf der ganzen Ferſe gehen. Sehr kurze und breite Vorderfüße, als Scharrfüße oder Grab— füße, haben die wühlenden Inſektenfreſſer (Maulwurf, Knoten— ſchwanzthier, Waſſermaulwurf) und die Maulwurfsmäuſe. Von dem Hacken der Hinterfüße der männlichen Schnabelthiere und Zungenſchneller geht ein hornharter Sporn aus, welcher einen an der Spitze des Sporns ausmündenden Längskanal hat. Letz⸗ terer ſteht mit einem unter der Wurzel des Sporns befindlichen Behälter in Verbindung, der aus einer oberwärts des Schenkels gelegenen Drüſe mit einer Flüſſigkeit angefüllt wird, ſo daß dieſe durch den Kanal aus der Spitze des Sporns hervortreten kann. Die Weibchen haben nur eine unvollkommene Anlage oder auch gar keine Spur jenes Sporns. Die Flüſſigkeit wird von Einigen für ein Gift gehalten; Andere widerſprechen dieſer Behauptung. Auch die Oeffnung an der Spitze des Sporns wird zum er geläugnet. § 227. Zehen oder Finger find meiſt in fünffacher Zahl an jedem Fuße vorhanden, wo dann, beſonders wenn der Fuß ſich als Hand geſtaltet, der innerſte der Daumen, der äußerſte der kleine Finger, der mittelſte der Mittelfinger, der nächſte am Daumen der Zeigefinger genannt wird. Manche haben vorn fünf, 528 Zwölfte Klaſſe. 8 hinten vier Zehen, z. B. Haſen, Rauchſchwanzbeutler, Katzenthiere, Hundethiere u. ſ. w., oder vorn fünf, hinten drei, ſo manche Springmäuſe; oder vorn vier, hinten fünf, wie die meiſten Mäuſe⸗ thiere, der Ameiſenſcharrer, der Tamandua (Myrmecophaga ta- mandua); oder vorn und hinten vier, ſo die Hyäne, die Suri⸗ kate, das Flußpferd; oder vorn vier, hinten drei, manche Nage⸗ thiere und der Tapir; oder vorn und hinten drei, Faulthier und Nashorn; oder vorn zwei, hinten vier, der zweizehige Ameiſen⸗ freſſer; oder vorn zwei, hinten drei, der Krüppler. Es giebt aber viele Säugthiere, an deren Füßen nicht alle Zehen vollſtän⸗ dig ausgebildet ſind, z. B. die Zweihufer und Schweine ha— ben nur zwei, nach vorn gerichtete ausgebildete Zehen, und meiſt jederſeits neben dieſen noch einen unvollſtändigen. Die Einhufer haben nur Einen ausgebildeten Zeh, u. ſ. w. — Die Länge der Zehen iſt verſchieden: Die, welche zum Greifen und Umklammern dienen (z. B. die der Vierhänder, die an den Vorderfüßen der Menſchen, Eichhörnchen u. ſ. w.), ſind länger und ſchlanker als die, welche bloß zum Auftreten oder zum Graben dienen; beſon⸗ ders lang und ſchlank ſind an den Flederthieren die Vorderzehen, mit Ausnahme des Daumens. Meiſt iſt der Mittelzeh länger als die übrigen, doch nicht immer, und an den Robben iſt der der Hinterbeine ſelbſt kürzer als der Daumen und der kleine Finger. Am Fingerthiere ſind vier der fünf Vorderzehen ſehr lang, beſon— ders iſt der mittelſte viel länger und dünner als die übrigen. Es giebt auch manche Thiere, an denen eine oder zwei Zehen, auf Koſten der übrigen, welche verkümmert oder ganz verſchwunden ſind, länger und ſtärker erſcheinen, z. B. an Zweihufern, Kangu⸗ rus u. ſ. w. Wenn, bei ſchlanken beweglichen Fingern, der Dau⸗ men den übrigen Fingern entgegengeſetzt werden kann, wodurch die Fertigkeit, Gegenſtände zu umklammern und feſtzuhalten, ver⸗ mehrt wird, ſo nennt man den Fuß Hand, wie ſich dieſes an allen vier Füßen der Nagelaffen, an den Vorderfüßen der Men⸗ ſchen, an den Hinterfüßen der Krallenaffen und Beutelthiere findet. An den Vorderhänden des Koala und Galago (Otolienus Garnotii) find. Daumen und Zeigefinger abgeſondert und für ſich den drei übrigen Fingern entgegengeſetzbar. An einigen Beutel⸗ thieren iſt der Daumen der Hinterfüße nur als eine Warze vor⸗ Saͤugthiere. 8 529 | handen; und eben fo verhält es fih an den Murmelthieren und Eichhörnchen mit dem Daumen der Vorderfüße. Den Klammer: affen fehlt der Daumen der Vorderfüße zum Theil ganz und gar. Am Beuteldachs ſind Daumen und kleiner Finger der Vorderfüße nur als Warzen ee § 228. Die Zehen ſind in der Regel am Ende mit einer hornharten Bekleidung verſehen, welche mehr oder weniger, ent— weder als eine zuſammengedrückte, gekrümmte und zugeſpitzte Kralle, oder als ein platter Nagel, oder als ein das Zehen— ende umgebender Huf ſich zeigt. — Die meiſten Säugthiere ha— ben Krallen. Dieſe find beſonders ſpitz und ſtark gekrümmt bei den Katzenthieren; beſonders lang und ſtark an den Vorder— füßen, aber in der Regel weniger gekrümmt, bei den meiſten Fehl: zähnern, Maulwurfsmäuſen, grabenden Inſektenfreſſern (Waſſer— maulwurf, Maulwurf u. ſ. w.), Dachſen, Beuteldachſen. Bei den Halbhufern gehen ſie zum Theil in die Nagelform und ſelbſt in die Hufform über; auch die Blindmaus hat nagelartige Krallen. Die Kralle an dem langen Mittelzeh der Hinterfüße des Kan— guru, ſo wie die Krallen an den Hinterfüßen der Hüpfer, und zum Theil auch die großen Krallen der Fehlzähner, nähern ſich mehr oder weniger der Hufform. In eine Hautfalte zurückziehbar ſind ſie an den Katzenthieren und Genettkatzen, halbzurückziehbar an der Zibetkatze und Ailurus. An den Faulthieren und Ameiſen— freſſern ſind die langen Krallen im Ruhezuſtande unter die Sohle zurückgeſchlagen. — Nägel haben die Menſchen und Nagelaffen an allen Zehen; ſo auch die Halbaffen, jedoch mit Ausnahme des Zeigefingers der Hinterfüße, welcher eine Kralle trägt; die Kral— lenaffen aber haben nur am Daumen einen Nagel, an den übri— gen Zehen Krallen. — Hufe find am vollkommenſten bei Bor— ſtenthieren, Zweihufern und Einhufern. Letztere haben nur Einen ausgebildeten Zeh, welcher mit einem großen Huf ganz umgeben iſt. Die Erzählungen von einem zweihufigen Pferde beruhen wol auf unrichtigen Beobachtungen. Die Zweihufer und Borſtenthiere haben zwei ausgebildete, jeder mit einem großen Huf umgebene Zehen, meiſt aber nach hinten noch zwei, mit kleinen Hufen ver: ſehene verkümmerte Zehen. An den Schwielenſohlern ſind die beiden Zehen nur am Ende mit einem kleinen Huf bekleidet, an 34 — 530 Zwölfte Klaſſe. den Kameelen aber unterwärts durch eine gemeinſchaftliche Sohle vereinigt. Unter den Hausſchweinen giebt es eine Spielart mit ungeſpaltenen Hufen, die alſo beide Zehen gemeinſchaftlich um⸗ ſchließen. Unter den Vielhufern haben die Dreihufer auch noch vollkommene Hufe, aber die des Elephanten und des Flußpferdes ſind klein, verkümmert und nur die Spitzen der Zehen bekleidend. Der afrikaniſche Elephant hat hinten nur drei ſolcher Hufe, der indiſche deren vier oder fünf. — Es giebt auch mehre Säugthiere, welche Zehen ohne alle Bekleidung haben: Die Vorder⸗ füße der Flederthiere ſind nur am Daumen mit einer Kralle ver⸗ ſehen; die Fiſchotter am Vorgebirge der guten Hoffnung hat, we⸗ nigſtens im Alter, ganz unbewaffnete Zehen; dem Weibchen des Orangutang (Simia satyrus) ſoll in der Regel der Daumennagel der Hinterfüße fehlen, wie denn überhaupt alle verkümmerte war⸗ zenähnliche Daumen nagellos ſind. — Mehre Säugthiere haben verbundene Zehen, und dies auf verſchiedene Weiſe: Völlig mit einander verwachſen, oder eigentlich in den Fuß zurückge⸗ zogen, ſo daß man nur die nagelförmigen Hufe erkennt, ſind ſie bei dem Elephanten und Flußpferde. Auch bei den grabenden Inſektenfreſſern (Maulwurf, Knotenſchwanzthier, Waſſermaulwurf) ſind die Vorderzehen mehr oder weniger unter ſich verwachſen; faſt eben ſo bei Dachſen und Faulthieren. An manchen Beutel⸗ thieren ſind der zweite und dritte Zeh der Hinterfüße bis zum Nagel verwachſen (ſ. zwölfte Ueberſicht); ſo auch am Kanguru und dem Hackenthiere. An andern ſind die Zehen durch eine Schwimmhaut vereinigt (Schwimmfüße), fo an Ruder⸗ füßern, Fiſchottern, Capybara, Rüſſelmäuſen, Schnabelthieren; bei dieſen letztern und den Ohrrobben geht die Schwimmhaut noch über die Zehen hinaus. Manche haben eine ſolche Haut nur an den Hinterfüßen, z. B. die Biber; und bei andern verbindet ſie die Zehen nur bis zur Mitte derſelben, z. B. bei dem Naſenthier, dem Paradoxurus und dem Nörz (Mustela lutreola). § 229. Noch bei andern (den Flatterfüßlern, Flugbeut⸗ lern und Flughörnchen) ſind die ganzen Beine durch eine Flug— haut verbunden, d. h. durch eine Ausdehnung und Verlängerung der Seitenhaut des Rumpfes, welche ſich an den Seiten der Beine bis zu den Zehen fortſetzt und, bei einigen, auch dieſe mit einan⸗ U Säugthiere. j 531 der verbindet. Bei denjenigen dieſer Gattungen, deren Vorder⸗ beine und Zehen nicht von ungewöhnlicher Länge ſind (Pelzflat⸗ terer, Flugbeutler, Flughörnchen), iſt dieſe ausgedehnte Haut nicht ſo lang, daß ſie, ausgeſpannt, wahre Flügel bildet; doch geht bei den Flughörnchen von der Handwurzel aus ein grätenartiger Kno— chen in die Haut, welcher mit zur Ausſpannung derſelben dient. Bei den Flederthieren, welche ſehr lange Vorderbeine mit unge— mein langen Zehen haben, verbindet dieſe Haut nicht bloß die Beine und Vorderzehen (mit Ausnahme des kurzen freien Dau⸗ mens), ſo daß ſie, ausgeſpannt, wahre Flügel darſtellt, ſondern bei den meiſten derſelben ſind auch die Hinterbeine und der Schwanz, durch die verlängerte Haut des Hinterendes des Rum⸗ pfes mit einander verbunden. Noch iſt zu bemerken, daß an den Großkopfern die Flughaut nicht von den Seiten, ſondern von dem Rücken des Rumpfes ausgeht. § 230. Die Fiſchzitzthiere haben keine Hinter— beine, und ihre Vorderbeine ſind verkümmert, ſehr kurz, ſammt den Zehen in eine dicke Haut eingeſchloſſen, fo daß fie das An⸗ ſehn von Floſſen haben (Floſſenfüße); der Manati hat indeß ſchon Spuren von Krallen. Man hat den Schwanz dieſer Thiere zum Theil als verwachſene und nach hinten gerichtete Hinterbeine betrachtet, was jedoch irrig iſt, denn bei einigen ſind Spuren der Hinterbeine, als ein Knochen jederſeits neben dem After im Fleiſche entdeckt. | § 231. Die äußern Geſchlechtstheile der Säug⸗ thiere befinden ſich unterhalb des Afters; die weibliche Oeff— nung nach hinten gekehrt. Bei den Menſchen iſt dieſe in einem Längsſpalte befindlich, welcher von zwei ſtarken Längsſpalten, den Schamlippen, umgeben iſt, zwiſchen denen, nach oben, der Kitzler, ein kleiner kegelförmiger, in ſeinem Bau ziemlich mit der männlichen Ruthe übereinſtimmender Körper, vorragt. Unter dem Kitzler iſt die Harnöffnung, und hinter dieſer das Hymen oder Jungfernhäutchen, eine unvollkommene häutige Scheide- wand, die den Eingang nach innen, zur Scheide, verengt. Bei den übrigen Säugthieren verhält es ſich im Weſentlichen eben ſo, nur mit verſchiedenen Modifikationen in Größe, Geſtalt und Lage der genannten Theile. Bei einigen liegt der Spalt 34 * 5 532 Zwölfte Klaſſe. in die Queere. Schamlippen und Jungfernhäutchen fehlen zu⸗ weilen ganz. § 232. Die männlichen äußern Geſchlechtstheile beſtehen aus der Ruthe und den Hoden; dieſe meiſt von dem Hodenſacke eingeſchloſſen, jene von der Vorhaut umgeben. Der Hodenſack, eine Verlängerung der Körperhaut, iſt zwiſchen den Hinterbeinen befindlich; vor ihm entſpringt, ebenfalls eine Verlängerung der Körperhaut, die Vorhaut, meiſtentheils mit der Oberſeite an den Bauch angewachſen, ſo daß der Ausgang für die Ruthe nach vorn gerichtet iſt und ſich dann zuweilen, bei be⸗ trächtlicherer Länge der Vorhaut (z. B. am Rindvieh), faſt in der Mitte des Bauches ausmündet. Bei einigen Säugthieren iſt die Vorhaut nicht angewachſen, ſondern hängt mit der Ruthe ab— wärts, ſo bei den Menſchen, Vierhändern, Wallen u. ſ. w.; bei den Springbeutlern iſt fie ſogar rückwärts gekehrt, und der Ho— denſack hängt vor derſelben; bei andern (z. B. Vielhufern, Ka⸗ meelen, Fiſchottern) liegen die Hoden unter der Haut, ohne daß dieſe einen Sack bildet, oder ſie ziehen ſich zur Begattungszeit in den Unterleib zurück, ſo bei vielen Inſektenfreſſern und den mei⸗ ſten Nagethieren; bei den Wallen ſind ſie beſtändig ganz in den Körper zurückgezogen. Bei den Ruderfüßern und einigen andern Säugthieren (Biber, Schnabelthier, Zungenſchneller) ſind nicht nur die Hoden, ſondern auch die Ruthe ganz im Körper verbor- gen; und bei den drei zuletzt genannten mündet die Geſchlechts⸗ öffnung, ſowol die männliche als die weibliche, gemeinſchaftlich mit dem After, in eine Taſche (Kloake) aus, die ſich nach hin⸗ ten öffnet. § 233. Der After mündet bei allen Säugthieren nach hinten, oberhalb der Geſchlechtstheile aus, entweder frei (ſo bei der Mehrzahl), oder in eine Taſche (Kloake), in welche dann zu⸗ gleich entweder nur noch beſondere Drüſen ausmünden (z. B. bei den Manguſten), oder auch noch die Geſchlechtsöffnungen (ſo bei den Bibern, Schnabelthieren, Zungenſchnellern, und den Weib⸗ chen der Spitzmäuſe und Beutelthiere). — Für den Ausgang des Urins iſt keine beſondere Oeffnung vorhanden, ſondern die Harnröhre fällt mit dem Ausgange der Geſchlechtstheile zu= ſammen. Säugthiere, _ | 333 § 234. Außer den bisher abgehandelten Oeffnungen giebt es aber noch mehre andere an verſchiedenen Stellen des Körpers der Säugthiere, welche mit innern Drüſen in Verbindung ſtehen und die Secrete derſelben excerniren. Hieher gehören zuvörderſt die Milchdrüſenöffnungen, welche ſich an der Unterſeite des Rumpfes auf mehr oder weniger erhöheten oder verlängerten War— zen, den ſogenannten Zitzen, finden. Die Zahl der Zitzen iſt verſchieden, von zwei bis zwölf, ſteht aber immer mit der Zahl der Jungen, die gewöhnlich geworfen wird, im Verhältniſſe; doch haben die Zweihufer mehr Zitzen. Sie befinden ſich an der Bruſt, am Unterleibe und in der Leiſtengegend, entweder an allen dieſen Stellen oder nur an einer oder zweien derſelben. Die Zweihufer, Einhufer, Fiſchzitzthiere haben nur Leiſtenzitzen; die Vielhufer, mit Ausnahme des Elephanten, nur Unterleibszitzen; der Elephant, die Vierhänder, der Menſch, die Sirenen und Flatterfüßer nur Bruſtzitzen, und zwar nur deren zwei, mit Ausnahme der Makis, welche deren viere haben. Die Kammnaſer, unter den Flatter— füßern, ſollen, außer den beiden Bruſtzitzen, noch ein zweites Paar am Bauche haben, doch werden letztere von manchen Beobachtern nicht für Zitzen, ſondern für Fettdrüſen erklärt. An den Thieren der übrigen Ordnungen ſtehen die Zitzen entweder an der Bruſt und am Bauche, oder am Bauche und in der Leiſtengegend, ſel— ten an allen dieſen drei Stellen zugleich, z. B. bei verſchiedenen Nagethieren, wie Zieſelmaus, Lemming u. ſ. w. Wenn mehre Zitzen vorhanden ſind, ſo ſtehen ſie meiſt in zwei Längsreihen. An den Beutelthieren und Springbeutlern ſind ſie von einer beſondern Hautfalte umgeben, die ſich bei einigen über den Zitzen ſchließen nnd eine Taſche oder Beutel bilden kann. Die der Zweihufer und Menſchen ſitzen auf ſackförmigen oder halbkugligen Vorra— gungen, die man bei jenen Euter, bei dieſen Brüſte nennt. Bei den meiſten übrigen Säugthieren treten dergleichen Vorra— gungen in der Regel erſt gegen das Ende der Trächtigkeit, wenn die Milchdrüſen zu ſchwelleu anfangen, ſtärker hervor. Das Schna— belthier hat ſo kleine Zitzen, daß dieſe, beſonders außer der Trächtigkeitszeit, und wenn das Thier eben keine Junge zu erzie— hen hat, kaum zu entdecken ſind, und daher von einigen Beob— achtern ganz geläugnet wurden. — Obgleich nun dieſe Zitzen und A 534 Zwölfte Klaſſe. Milchdrüſen nur bei den Weibchen vollkommen ausgebildet und von Bedeutung (zum Säugen der Jungen) ſind, ſo fehlen ſie doch auch nicht dem männlichen Geſchlechte, ſind aber hier nur rudimentär vorhanden und ſondern auch keine Milch ab. Nur als ſeltene Ausnahmen von der Regel find einige Beiſpiele be⸗ kannt geworden von Männern und andern männlichen Säugthie⸗ ren, namentlich von Ziegenböcken, welche durch die Zitzen Milch ausſonderten und ſelbſt Junge ſäugten. § 235. Von andern äußerlichen Drüſenöffnungen merken wir hier noch Folgendes an: Mehre Säugthiere haben in der Aftergegend Drüſen, Afterdrüſen, durch welche eine ſtark rie⸗ chende, ſchmierige oder ölige Subſtanz abgeſondert wird. Die Oeffnungen dieſer Drüſen befinden ſich theils frei um den After (bei den Stinkthieren, Genettkatzen, Atilax, Rüſſelmäuſen, einigen Dachſen, wie Gulo luscus und urva), theils mit dem After in einer gemeinſchaftlichen Taſche (bei den Manguſten), theils im Af- ter ſelbſt (bei der Surikate), theils in einer beſondern Taſche, welche entweder unter dem Schwanze iſt (bei dem europäiſchen Dachs) oder zwiſchen After und Geſchlechtstheilen (bei den Zibet- thieren und Hyänen). — Die Biber haben innen, in der After⸗ gegend, verſchiedene Drüſen, von denen einige, die eine ölige Flüſ⸗ ſigkeit enthalten, in der Kloake ſich ausmünden, zwei andere aber, welche eine fettige Subſtanz, das ſogenannte Bibergeil oder castoreum, abſondern, bei dem Männchen in der Vorhaut, bei dem Weibchen in der Scheide ſich öffnen. — Das männliche Mo⸗ ſchusthier hat zwiſchen dem Nabel und der Vorhaut eine vorfte- hende und ſich nach unten öffnende Drüſe, den Moſchusbeutel, welche eine fettige, ſtark riechende Subſtanz, den Moſchus, ent⸗ hält. — Die Spitzmäuſe haben ziemlich in der Mitte zwiſchen den Vorder- und Hinterbeinen eine Seitendrüſe, welche zur Begattungszeit eine ſtark riechende Flüſſigkeit ausſickert. Auch Maulwürfe und einige andere Verwandte haben eine Anlage die⸗ ſer Drüſe. — Die Pekaris haben hinten auf dem Kreuze eine Rückendrüſe, welche eine übelriechende Flüſſigkeit ausſondert. — Die Gemſen (Antilope rupicapra) haben hinter jedem Ohre eine Oeffnung, die in eine unter der Haut befindliche Höhlung führt. — Das Moſchusthier hat auswendig am Schenkel eine Säugthiere. 5 535 Hautdrüſe. — Ziegen und Schafe haben eine zwiſchen den Zehen ſich öffnende Klauendrüſe. — Das Männchen des Schnabel— thieres hat oben an der Außenſeite des Schenkels eine Giftdrüſe, welche durch den Hackenſporn ausgeht (|. § 226). — Noch könn⸗ ten hier die Schweißporen des Menſchen, des Pferdes u. ſ. w. erwähnt werden. 5 § 236. Nachdem wir bisher das Aeußere der Säugthiere betrachtet haben, iſt nun noch zu erinnern, daß manche Thiere im äußern Anſehn, oder auch an gewiſſen äußern Körpertheilen, häufig Veränderungen erleiden, wenn ſie den Einflüſſen eines andern Klimas, anderer Nahrungsmittel, anderer Behandlung und Pflege ausgeſetzt werden. Man hat dieſe Erfahrung beſonders an allen domeſticirten Thieren gemacht, und zwar ſo, daß jene Veränderungen nicht gleich an denſelben Individuen, die obigen Einflüſſen zuerſt ausgeſetzt werden, hervortreten, ſondern daß ſie erſt allmälig in den Nachkommen derſelben ſich entwickeln. Auf dieſe Weiſe entſtehen Abarten und, wenn jene Veränderungen unter den folgenden Generationen ſich fortpflanzen, Raſſen der Thierarten. Solche Raſſen giebt es auch in der Menſchengattung, und wahrſcheinlich ſind ſie eben ſo unter uns aus den angegebe— nen Urſachen entſtanden, obgleich es Naturforſcher giebt, welche annehmen, daß gleich anfangs, unmittelbar aus der Hand des Schöpfers, in den verſchiedenen Welttheilen auch die verſchiedenen Menaſchenraſſen hervorgegangen ſeien. Die Zahl dieſer Raſſen wird aber verſchieden genug angegeben: Manche nehmen deren nur drei, manche fünf, Andere noch mehre an, denn ſie gehen allmälig, durch Abänderungen und Vermiſchungen, in einander über, ſo daß man keine ſcharfe Gränzen zwiſchen ihnen ziehen kann, und die Beſtimmungen und Merkmale derſelben, nach den verſchiedenen individuellen Anſichten der verſchiedenen Bearbeiter dieſes Gegenſtandes, auf das Vielfältigſte modificirt werden. Dritter Abſchnitt. i Innerer Bau der Wirbelthiere. N 8 232 .Wir betrachten hier die vier Klaſſen der Wirbel⸗ thiere zuſammengenommen, da fie, im innern Bau, der Haupt⸗ 336 Zwölfte Klaſſe. ſache nach, in vielen Stücken ſo übereinſtimmen, daß ſehr oft nur unnöthige Wiederholungen ſtattfinden würden, wenn wir jede Klaſſe einzeln für ſich abhandeln wollten. Der Körper dieſer Thiere beſteht 1) aus einem innern Knochenſkelett; 2) aus einer Fleiſchmaſſe (Muskeln), die von jenem getragen wird, an daſſelbe befeſtigt iſt und es um⸗ giebt; 3) aus den äußern Bedeckungen; und 4) aus man⸗ cherlei innern Theilen und Organen, durch welche die Thä⸗ tigkeit der thieriſchen Funktionen bedingt wird. Die äußern Bedeckungen, ſo wie überhaupt das Aeußere des thieriſchen Körpers, haben wir bereits kennen gelernt; es bleibt uns alſo jetzt noch die Betrachtung des Innern übrig. Erſtes Kapitel. | r Sl e a 2 a: § 238. Das vollſtändige Skelett beſteht aus der Wir⸗ belſäule oder dem Rückgrat, dem Schädel und den Bewe— gungsgliedmaßen. Letztere fehlen mehren Wirbelthieren ganz- lich, und das Skelett iſt bei manchen niedrigern Gattungen (3. B. den Knorpelfiſchen) nicht knochenartig, ſondern knorplig. — Die genannten Theile des Skeletts ſind aus mehren Knochen zuſam— mengeſetzt, welche unter ſich zuſammenhängen, und zwar entweder fo, daß fie mit einander verwachſen und nur durch eine Tren— nungsnath zu unterſcheiden ſind (z. B. am Schädel), oder ſo, daß ſie in einander ſtecken (z. B. Zähne in den Kinnladen), oder ſo, daß ſie ſich auf und an einander bewegen, artikuliren (z. B. Gliedmaßen). Im letzten Falle find fie oft an den Bewegungs⸗ punkten mit einem weichern glatten Knorpel bedeckt. Die be⸗ weglichen Knochen hängen durch ſehnige Bänder oder durch Haut (Beinhaut) zuſammen; doch finden ſich bei einigen Thieren auch Knochen, welche mit andern nicht unmittelbar, ſondern durch Muskeln zuſammenhängen. | | § 239. Das Rückgrat, der Hauptſtamm des ganzen Skeletts, beſteht, im vollkommenen Zuſtande, aus einer im Rücken liegenden Reihe knöcherner Ringe (Wirbel), welche fo zuſam— menhängen, daß durch die ganze Reihe (Säule) eine hohle Axe Säugthiere. 537 gebildet wird. Bei vielen Fiſchen, namentlich bei den Knorpel— fiſchen, iſt aber jene hohle Axe nicht vorhanden; auch ſind bei ihnen die Wirbel ſelbſt mehr mit einander verſchmolzen, ſo daß zuletzt, in dem Sirenenfiſche, das Rückgrat nur noch einer Knor— pelgerte gleicht, die, ihrer ganzen Länge nach, nicht die mindeſte Spur von Wirbeltheilung zeigt. Eben ſo verhält es ſich auch in der Schuppenſirene. — Von vielen Wirbeln gehen oben oder unten oder ſeitwärts Fortſätze aus. Die obern werden Dorn— fortſätze genannt, ſtehen nach vorn zu, und ſind beſonders bei vielen Fiſchen, wie auch bei manchen Säugthieren (z. B. den Zweihufern und meiſten Vielhufern), ſehr lang. Bei den meiſten Wirbelthieren gehen von den Seitenfortſätzen mehrer, hinter dem Halſe liegender Wirbel Rippen oder Gräten aus, die ſich nach unten und dann einwärts krümmen und die Leibes- oder Bruft- Höhle umgeben. — Diejenigen Thiere, welche vier Bewegungs- gliedmaßen haben, ſind in der Regel vorn, über den Rippen, mit einem Paar auf den Rippen anliegender Knochen (Schulter— knochen) verſehen, an denen die vordern Gliedmaßen eingelenkt ſind; hinten aber mit einem andern bedeutenden Knochenapparate, dem Becken, an welchem die hintern Gliedmaßen ſich bewegen. § 240. Die Wirbel haben, nach ihrer Lage und nach ihrer Verbindung mit andern der eben genannten Knochen, auch verſchiedene Benennungen: Rückenwirbel ſind die, welche Rip— pen tragen; Halswirbel die, welche zwiſchen jenen und dem Kopfe liegen; Kreuz- oder Beckenwirbel, die mit dem Becken zuſammenhängen; Lendenwirbel, die zwiſchen den Kreuz- und Rückenwirbeln liegen; Schwanzwirbel, die nach hinten über das Becken hinaus ſich erſtrecken und den Schwanz bilden. Dieſe Bezeichnungen ſind aber ſehr ſchwankend, da es viele Thiere giebt, die keine Rippen oder keine Becken, oder ſelbſt beides nicht haben. Bei den Fiſchen hat man auch wol die mit langen obern Dorn— fortſätzen verſehenen Wirbel Rückenwirbel, die hintern, welche außerdem noch unten ſolche Fortſätze führen, Schwanzwirbel genannt. — Die Zahl der Wirbel iſt ſehr verſchieden: Fiſche haben 13 (Beinfiſch) bis 207 (Haifiſch). Die Waſſerfröſche ha— ben 7, die Molche Al (davon 27 Schwanzwirbel), die Schild- kröten 40 bis 50 (davon 20 bis 30 Schwanzwirbel), Schlangen 538 Zwölſte Klaſſe. theils über 200 und ſelbſt über 300. Bei den Echſen laſſen ſich zuerſt alle Arten Wirbel beſtimmt unterſcheiden; ſie haben 5 bis 7 Halswirbel, 11 bis 12 Rückenwirbel, 5 bis 9 Lendenwirbel, 2 Kreuzwirbel, 34 bis 72 Schwanzwirbel. In der Klaſſe der Vögel iſt die Zahl ſchon weniger veränderlich, nämlich 11 bis 23 Halswirbel, 7 bis 11 Rückenwirbel, 7 bis 20 Kreuzwirbel, 5 bis 9 Schwanzwirbel, von denen der letzte der größte iſt und allein die Schwanzfedern trägt. Die Säugthiere haben 7 Hals⸗ wirbel, 12 bis 23 Rückenwirbel, 2 bis 9 Lendenwirbel, 1 bis 7 Kreuzwirbel, 4 bis 45 Schwanzwirbel. Der Manati und das Borkenthier ſollen jedoch nur 6 Halswirbel haben; und am Faul⸗ thier zählte man deren 9, wo es ſich indeß gefunden hat, daß man die zwei erſten Rückenwirbel, die nur ſehr kurze Rippen ha⸗ ben, für Halswirbel gehalten hatte. — Je mehr die Thiere die Fähigkeit beſitzen, ſich zu krümmen, deſto vollkommener iſt die Beweglichkeit der Wirbel auf einander. Daher ſind ſie bei den Schlangen, die ſich ganz ſpiralförmig zuſammenrollen können, am beweglichſten. An den Schildkröten ſind die Rückenwirbel ganz verwachſen und unbeweglich; auch bei den Vögeln ſind ſie, wenn gleich nicht verwachſen, doch durch ſtarke Bänder zu einer unbiegſamen Säule verbunden, wovon nur der Strauß und Ca⸗ fuar eine Ausnahme machen; deſto beweglicher find an den Vö— geln die Halswirbel. An manchen Säugthieren (Zünglern, Gür⸗ telthieren, Fiſchzitzthieren) ſind die Halswirbel verwachſen. § 241. Nicht alle Wirbelthiere haben Rippen, ſondern dieſe fehlen manchen Fiſchen, beſonders unter den Knorpelfiſchen, und den Lurchen. Bei den Rochen und Haien, denen man ſie auch ganz abgeſprochen hatte, ſind ſie indeß vorhanden, obgleich nur rudimentär. So ſind auch die Wurmſchlangen mit Rippen⸗ anſätzen verſehen. — Die Richtung der Rippen iſt bei der Mehrzahl der Thiere ſo, daß ſie ſich bogenförmig nach unten und einwärts krümmen. Bei einigen Fiſchen (Panzerfiſchen, Stern⸗ ſeherfiſchen, Groppen) liegen ſie indeß faſt horizontal, und auch bei den Drachen ſtehen ſie ſeitwärts ab. — Ihre Länge und Stärke iſt ſehr verſchieden: Rochen, Haien und Wurmſchlangen ſind kurz zuvor als Thiere angeführt, die nur kurze Spuren von Rippen haben; bei den Drachen hingegen ſind ſie zum Theil faſt Säugthiere. 5 539 ſo lang wie der ganze Rumpf. Die feinſten Rippen (Gräten) haben die Grätenfiſche. — So iſt auch ihre Beweglichkeit ſehr verſchieden: Die Drachen können ihre Rippen horizontal aufrich⸗ ten und anlegen. Bei den Schildkröten ſind ſie unter ſich und mit den Rückenwirbeln in eine Knochenmaſſe verwachſen, die das Rückenſchild dieſer Thiere bildet, und weder den Rippen, noch den Wirbeln Bewegung geſtattet; doch können die Klapprückner den ganzen Hintertheil dieſes Rückenſchildes bewegen. — Die Zahl der Rippen iſt ſehr ungleich: Schlangen haben großen— theils über 100, einige ſelbſt über 200 Paar; viele Fiſche eben⸗ falls eine bedeutende Menge derſelben. Bei den übrigen mit voll⸗ kommenen Rippen verſehenen Reptilien, wie auch bei den Vögeln und Säugthieren, ſcheint ihre Zahl nicht unter 8 und nicht über 30 Paar zu ſein. — Man unterſcheidet Bruſtrippen und Bauchrippen: Jene ſind die, welche die Athemorgane umge— ben, die andern liegen weiter nach hinten. Nach dieſer Bezeich— nung kann man auch die Kiemenbogen der Fiſche als Bruſt— rippen betrachten, zumal da jene Bogen bei einigen Knorpelfiſchen (den Neunaugern) zu einem Bruſtkaſten verwachſen ſind. — Bei ſehr vielen Wirbelthieren ſind die vordern Rippen an ihren Enden mit einem oder einigen Knochen verbunden, wodurch die einander entſprechenden Rippen beider Seiten hier zuſammengehalten wer— den. Dieſer Knochen wird das Bruſtbein genannt, und dieje— nigen Rippen, welche mit ihm zuſammenhängen, heißen wahre Rippen, diejenigen aber, deren Enden frei ſind, falſche Rip— pen. In den Chamäleons ſind aber auch dieſe letztern an ihren Enden, jedoch ohne Zwiſchenknochen, mit denen der andern Seite vereinigt, ſo daß die ganze Leibeshöhle von den Rippen umgeben wird. — Viele Grätenfifche haben, außer den Rippen, noch ſoge⸗ nannte Muskelgräten, welche, als ſehr zarte und meiſt gabel⸗ förmig geſtaltete Gräten, ohne mit dem Rückgrat zuſammenzuhän⸗ gen, durch das Fleiſch verbreitet ſind und zur Unterſtützung der Muskeln zu dienen ſcheinen. § 242. Alle Vögel und Säugthiere haben ein Bruſt⸗ bein. Das der erſteren iſt beſonders groß, mit einem ſtark vor— ſpringenden Längskiel zum Anheften der Flügelmuskeln; daher dieſer Kiel den nicht fliegenden Vögeln, z. B. den Lauſvögeln, 540 Zwölfte Klaſſe. fehlt. Auch bei den Schildkröten, beſonders bei den Süßwaſſer⸗ und Erd- Schildkröten, hat es ſich zu einem großen Schilde aus⸗ gedehnt; jedoch iſt es bei den Gelenkſchildkröten und Klappbrü⸗ ſtern in einer oder zwei Queernäthen beweglich. Die meiſten Ech⸗ ſen haben ebenfalls ein Bruſtbein. Den Lurchen und Kriechern fehlt es; nur die Blindſchleichen haben eine Spur deſſelben. Un⸗ ter den Fiſchen findet ſich ebenfalls nur bei ſehr wenigen, z. B. bei Heringen, Sägeſalm, Sonnenfiſchen, die Spur eines Bruſt⸗ beins, welches, feiner Lage nach, als ein Bauchbruſtbein be⸗ trachtet werden könnte. Ein ſolches haben auch Rochen und Hai⸗ fiſche in Geſtalt eines Queerriegels. Wenn wir aber die Kiemen— bogen der Fiſche für Bruſtrippen anſehen, ſo würde eine Reihe kleiner Knochen, durch welche die Bogen an ihren Enden mit einander zuſammenhängen, dem Bruſtbeine entſprechen. § 243. Durch die Rückenwirbel, die Rippen und das Bruſtbein wird der Bruſtkaſten (thorax) gebildet, welcher be= ſonders bei den Vögeln ſehr groß iſt, hauptſächlich wegen des ſehr anſehnlichen Bruſtbeines, indem dieſes nicht bloß die Bruſt, ſondern auch einen beträchtlichen Theil des Bauches bedeckt. Bei den Schildkröten verhält ſich dieſes aber anders, indem hier das Rückenſchild und das Bruſtſchild eigentlich ganz aus dem Körper hinaustreten. RE § 244. Auf dem vorderſten Wirbel des Rückgrates ſitzt und bewegt ſich der Schädel, deſſen innerer hohler Raum mit der hohlen Axe oder einer andern, dieſelbe vertretenden Längsver— tiefung des Rückgrates zuſammenhängt. Er beſteht aus mehren, durch Näthe verbundenen Knochen. An vielen Thieren, beſon⸗ ders an Vögeln und Fiſchen, verwachſen aber, früher oder ſpäter, einige oder mehre Schädelknochen ſo vollſtändig, daß die Näthe ganz verſchwinden; bei mehren Knorpelfiſchen (Rochen und Haien) find ſie insgeſammt erlöſcht. — Man unterſcheidet am Schädel zwei Haupttheile, nämlich den hintern, zum Theil auch obern, oder Gehirnkaſten, welcher das Gehirn umſchließt, und den vordern, zum Theil auch untern, oder das Antlitz. Die Geſtalt und die verhältnißmäßige Größe beider Theile find ſehr verfchie= den: Bei Fiſchen und Reptilien iſt der Gehirnkaſten verhältniß⸗ mäßig ſehr klein, das Antlitz bedeutend größer als jener, beſon— Säugthiere. 541 ders die Kinnladen weit vortretend. Amphioxus hat gar keinen Gehirnkaſten und auch kein Gehirn. Die Vögel haben ſchon ei— nen größern Gehirnkaſten, aber insgeſammt noch weit vortretende Kinnladen (Schnabel). Eben ſo verhält es ſich auch bei mehren Säugthieren, beſonders z. B. bei den Hufern, bis dann in der Reihe der übrigen Gattungen nach und nach das entgegengeſetzte Verhältniß entwickelt wird, und zuletzt der Menſch, durch den größern Gehirnkaſten und das kleinſte am wenigſten vortretende Antlitz, ſich auszeichnet, ſo daß unter den Säugthieren das Geſetz ſich herausſtellt: Je wilder und je dummer die Arten ſind, deſto kleiner iſt der Gehirnkaſten, und deſto größer und vorragender das Antlitz. § 245. Der Gehirnkaſten hat mehre Löcher zum Durchgange von Nerven und Gefäßen: Durch das bedeutendſte, am Hinterhaupte, tritt das Rückenmark mit ſeinen Gefäßen ein. Bei manchen Reptilien (z. B. Chamäleon, Leguan, Schildkröten) und Fiſchen (z. B. Hecht, Seewolf) iſt der Vordertheil des Gehirn— kaſtens nicht geſchloſſen, ſondern hat daſelbſt einen großen, offenen Raum, durch welchen die Riechnerven vortreten. Der Gehörgang, wo er vorhanden iſt, öffnet ſich jederſeits unten am Gehirnkaſten. § 246. Das Antlitz beſteht aus denjenigen Knochen, die die Augen- und Naſenhöhlen und den Mund bilden. Zu letzterm gehören die Ober- und Unter-Kinnlade, der Zwiſchenkieferknochen, die Gaumenknochen, das Zun— genbein und, bei den Fiſchen, noch die Schlundkiefer. Die Augenhöhlen werden von mehren Knochen gebildet, unter welchen auch einige von denen ſind, die zu den Mundkno— chen gehören, z. B. Oberkinnlade und Gaumenbein. Die Löcher in den Augenhöhlen dienen Nerven und Gefäßen zum Durchgange. — Die Naſenhöhle wird von den Naſenbeinen, von den Ober— kinnladen, zum Theil auch von den Zwiſchenkieferknochen und ei— nigen andern Knochen gebildet. Die Oberkinnladen (Oberſchnabel der Vögel) find mit dem Schädel verwachſen; bei den eigentlichen Schlangen aber ſind fie beweglich, indem ſie nur durch Bänder am Zwiſchenkieferkno— chen befeſtigt ſind. Auch bei den Vögeln und mehren Fiſchen und Echſen mit weiter vorragender Schnauze ſind die Oberkinnladen 542 ku Zwölfte Klaff . mehr oder weniger beweglich, welches aber daher rührt, daß dieſe Knochen gegen die Stirn zu dünner und elaſtiſch ſind und an dieſer Stelle auf und nieder gebogen werden können. — Die Un⸗ terkinnladen artikuliren hinten mit dem Schädel ſo, daß ſie ſich auf und nieder zu bewegen vermögen, und ſind vorn mit einander verbunden. Bei den eigentlichen Schlangen aber hängen ſie hinten nur durch Muskeln mit dem Schädel zuſammen, und find vorn nur durch ein elaſtiſches Band vereinigt, fo daß fie ſeitwärts von einander entfernt werden können. — Bei den Neun⸗ augern find Ober- und Unterfinnladen in einen unbeweglichen Knorpelring verwachſen. — Der Zwiſchenkieferknochen trennt vorn die beiden Oberkinnladen von einander. — Die in⸗ nere Wölbung des Mundes, oder der Gaumen, iſt aus mehren Knochen zuſammengeſetzt. — Das Zungenbein iſt eine beweg⸗ liche Verbindung mehrer Knochen, welche im Schlunde einen hal— ben Gürtel bilden, der mit ſeinen Enden am Schädel ſitzt und mit Anhängen, Hörner genannt, verſehen iſt, von denen die nach vorn gerichteten die Zunge tragen, die nach hinten gekehrten den Kehlkopf. Es hat auf die Bewegung der Zunge vielen Ein= fluß. Das der Fiſche iſt anders geſtaltet, hinten mit dem Kie⸗ menbruſtbein, und an ſeinem untern Rande gewöhnlich mit der Kiemenhaut verbunden. Das der Vögel hat zwei lange ſchlanke Hörner, die ſich hinten am Schädel hinaufkrümmen und deſto länger ſind, je weiter der Vogel die Zunge hervorſtrecken kann; bei den größten Spechten ſind ſie über acht Zoll lang, ſteigen erſt an der Seite des Halſes hinab und krümmen ſich dann hinten über den ganzen Schädel weg bis zu der Schnabelwurzel, wo fie durch eine elaſtiſche Haut befeſtigt ſind. — Die meiſten Fiſche, mit Ausnahme z. B. der Rochen und Haien, haben hinter den letzten Kiemenbogen zwei unten vereinigte Knochen, die Schlund— kopfknochen, welche oben in den Schädel eingelenkt oder durch Muskel an ihm befeſtigt ſind. Da dieſe Knochen mit zum Schlin⸗ gen dienen und überdem auch mit Zähnen beſetzt zu ſein pflegen, ſo hat man ſie auch wol mit dem Namen Schlundkiefern be— zeichnet. — Ueber die Zähne, in Hinſicht ihrer Stellung, Ges ſtalt, Größe, Zahl u. ſ. w., iſt bereits unter den einzelnen Klaſſen der Wirbelthiere, am gehörigen Orte, wo der Mund dieſer Thiere 8. Säugthiere. 5 543 betrachtet wurde, Auskunft gegeben. Hier nur noch Folgendes, was von den Zähnen im Allgemeinen gilt: Eigentliche, in Kno⸗ chen eingekeilte und eingewurzelte Zähne fehlen allen Vögeln; die Mehrzahl der übrigen Wirbelthiere iſt mit ihnen verſehen, haupt— ſächlich auf den Kinnladen. In der Regel wachſen ſie aus die— ſen hervor; bei vielen Fiſchen aber entſtehen ſie im Zahnfleiſche, und werden erſt ſpäter, durch einen Wurzelfortſatz, mit den Kinn⸗ laden verbunden. So auch bei den Haifiſchen, wo ſie, wenig— ſtens die meiſten von ihnen, mit der Spitze nach unten gekehrt entſtehen und erſt ſpäter, wenn ein älterer, vor ihnen ſtehender, verloren geht, ſich emporſchlagen. § 247. Bei denjenigen Säugthieren, Vögeln und Rep⸗ tilien, deren Bewegungsgliedmaßen eine vollſtändige Aus- bildung haben, ſind deren zwei Paar vorhanden, ein vorderes, die Vorderbeine (Flügel der Vögel; Arme des Menſchen), und ein hinteres, die Hinterbeine (Beine der Vögel und Men— ſchen). Ein jedes dieſer Gliedmaßen beſteht aus drei Hauptthei— len; die vordern aus dem Oberarm, Unterarm, Vorderfuß (Hand des Menſchen), die hintern aus dem Schenkel, Schien— bein (oder Unterſchenkel), Hinterfuß (Fuß der Menſchen und Vögel). Die einander entſprechenden Theile der vordern und hintern Gliedmaßen ſind in der Regel einander im Weſentlichen des Baues gleich; und da man das Längenverhältniß, die Ge— ſtalt und die Gliederung derſelben meiſt ſchon äußerlich hinläng— lich wahrnehmen kann, ſo verweiſe ich, in dieſer Hinſicht, auf das, was ich bereits unter den einzelnen Klaſſen, in dem Abſchnitte von den Bewegungsorganen, beigebracht habe. Oberarm und Schenkel beſtehen immer nur aus Einem Knochen; Unterarm und Schienbein faſt immer aus deren zwei, welche neben einander liegen und an beiden Enden zuſam— menhängen, öfters aber in Eins verſchmolzen ſind. Von den bei— den Knochen des Unterarms heißt der eine die Ellbogenröhre, der andere der Speichenknochen; von denen des Schienbeins der vordere der Schienknochen, der hintere das Wadenbein. Auf dem Vordertheile des Kniegelenks des Schenkels und Schien— beins liegt, bei den meiſten Säugthieren und Vögeln, ein runder Knochen, die Knieſcheibe genannt, — Vorderfuß (Hand) U 544 Zwölfte Klaſſe. und Hinterfuß beſtehen aus zwei Haupttheilen, der Ferſe und den Zehen (Fingern), von denen die letztern immer, die erſte meiſtentheils, aus mehren Knochen zuſammengeſetzt ſind. An den Ferſen unterſcheidet man wieder die Fußwurzel (Handwur— zel), welche meiſt aus 5 bis 9 Knochen beſteht, die gewöhnlich in zwei Reihen liegen, und den Mittelfuß (Mittelhand), deren Knochen zwiſchen jener und den Zehen gelegen ſind. Die Hand am Flügel der Vögel jedoch iſt zwar ſehr lang, beſteht aber nur aus wenigen Knochen, nämlich aus zwei neben einander lie⸗ genden Handwurzelknochen und einem Mittelhandknochen. Die Ferſe des Vogelfußes beſteht nur aus Einem langen Fußwurzel⸗ knochen, an deſſen Ende zwei bis drei rudimentäre Mittelfußkno⸗ chen, zur Anheftung der Zehen, befindlich find. — Die Zehen (Finger) ſind bereits, in den Abſchnitten über die äußern Be⸗ wegungsorgane, nach ihrer Zahl und relativen Länge beſchrieben; auch kann ihre Gliederung äußerlich deutlich genug erkannt wer- den. Jedes Glied beſteht nur aus Einem Knochen. An den Katzen kann das letzte Zehenglied durch Muskeln, die vom erſten Gliede ausgehen, jo rückübergezogen werden, daß die Kralle auf: gerichtet iſt und beim Gehen nicht den Boden berührt und abge— nutzt wird. Bei den Hufthieren ſind die Zehen zum Theil ver— kümmert und unausgebildet; und die Vögel haben an der Flü- gelhand auch nur drei verkrüppelte Finger. § 248. Bei allen denjenigen Wirbelthieren, welche Beine haben, finden ſich noch beſondere Knochen mit dem Rückgrat ver— bunden, an denen jene artikuliren, nämlich, für die Vorderbeine die Schulterknochen, für die Hinterbeine das Becken. — Die Schulterknochen liegen vorn, hinter dem Halſe, auf den Rip— pen, und beſtehen, wenn ſie vollſtändig vorhanden ſind, aus dem Schulterblatt, Schlüſſelbein und Gabelbein. Die erſten liegen auf dem Rücken, jederſeits eins, und ſind immer vorhan— den; mit ihnen artikulirt der Oberarm. Die Schlüſſelbeine liegen jederſeits eins, und verbinden die obern Enden des Schul- terblatts und des Bruſtbeins. Sie fehlen mehren Säugthieren (Fiſchzitzthieren, Hufern, Schnabelthieren u. ſ. w.), auch dem Wad— ſtrauß. Die Froſchlurche haben doppelte Schlüſſelbeine, und da die Schlüſſelbeine beider Seiten mit ihren Enden an der Bruſt Säugthiere. 545 ſich verbinden, indem fie ſich hier ausdehnen und noch einige Kno- chen ſich ihnen anfügen, ſo wird dadurch eine Art Bruſtbein ge— bildet. Bei den Vögeln, den Schildkröten und dem Maulwurfe artikulirt der Oberarm auch mit dem Schlüſſelbeine. Das Ga— belbein iſt von hufeiſenförmiger oder Vförmiger Geſtalt, mit den Enden an die beiden Schulterblätter befeſtigt, übrigens nach un= ten und etwas nach hinten, gegen das Bruſtbein, geneigt. Es findet ſich bei den Vögeln. — Das Becken iſt ein Knochengür— tel, der den hintern Theil der Bauchhöhle umgiebt und daſelbſt mit dem Rückgrate zuſammenhängt. Mit ihm artikuliren die Schenkel. Bei den Säugthieren iſt es unten meiſt geſchloſſen; bei den Zünglern, Maulwürfen und Spitzmäuſen jedoch unten offen. Bei den Vögeln iſt es nur am Strauße unten geſchloſſen, an den übrigen offen. Bei Lurchen, Eidechſen und Schildkröten iſt es geſchloſſen. Unter den Beckenknochen zeichnet ſich, an den Beutelthieren, einer beſonders durch ſeine Länge aus, und wird Beutelknochen genannt, weil er den Beutel dieſer Thiere ſtützt. Er findet ſich aber, obgleich von geringerer Größe, zum Theil nur rudimentär, nicht nur bei manchen andern (vielleicht bei allen) Säugthieren, ſondern auch in den übrigen Klaſſen der Wirbel— thiere hat man ſeine Spur gefunden. § 249. Als Ausnahmen von der Regel ſind noch folgende Bildungen zu erwähnen: Bei den Schildkröten ſind Schulterknochen und Becken nicht oberhalb des Rückgrates an— geheftet, ſondern unter demſelben, ſo daß alſo die Einlenkung der Beine unterhalb der Rippen ſtattfindet. — Daß Schulterkno— chen und Becken hauptſächlich zur Einlenkung der Beine und Flügel dienen, ergiebt ſich daraus, weil fie denjenigen Wir- belthieren, welche keine Beine haben, faſt durchgängig abgehen. Allein es giebt auch beinloſe Gattungen, die dennoch mit Schul— terknochen und Becken, wenn gleich meiſt nur in rudimentä— rem Zuſtande, verſehen ſind: Die Fiſchzitzthiere, denen die Hin— terbeine fehlen, haben zum Theil eine Spur von Becken. Unter den Echſen haben die Stummelfüßler, obgleich ohne Vorderbeine, dennoch Schulterknochen. Selbſt unter den Kriechern haben einige, nämlich alle diejenigen, welche Spuren eines Bruſtbeins zeigen (Blindſchleichen), auch Spuren der Schulterknochen. ' 35 546 Zwölfte Klaſſe. $ 250. Was nun die Fiſche betrifft, ſo ſind die Bewe⸗ gungsgliedmaßen derſelben, die Floſſen, wie in ihrem äußern Anſehn, ſo auch in ihrem innern Bau, von denen der übrigen Wirbelthiere ſehr verſchieden. Die Häute derſelben werden durch parallel oder fächerförmig neben einander liegende, hornartige oder knochenartige Gräten oder Strahlen ausgeſpannt erhalten, welche meiſt aus einer großen Anzahl kleiner, oft kaum zu unter⸗ ſcheidender Glieder zuſammengeſetzt ſind, ſeltener aus Einem Stück beſtehen und dann Stacheln genannt werden. In den unpaa⸗ rigen Floſſen (Rücken⸗Schwanz-After-Floſſen) dringen die Grä⸗ tenwurzeln zwiſchen die Wirbelfortſätze ein, ſo daß dieſe Floſſen unmittelbar am Rückgrate ſelbſt befeſtigt find. Die paarigen Floſ⸗ fen aber (Bruſt- und Bauchfloſſen, den vordern und hintern Be: wegungsorganen der übrigen Wirbelthiere entſprechend) bewegen ſich auf beſondern Knochen, die als erſte Andeutungen der Schul⸗ ter- und Beckenknochen betrachtet werden müſſen. Die Schul⸗ terknochen ſind meiſt am Kopfe eingelenkt, bei Rochen und Haien aber am Rückgrate ſelbſt. In manchen Fiſchen, z. B. in Rochen und Seeteufel, fangen auch ſchon die Schlüſſelbeine und die Ober- und Unterarme ſich zu entwickeln an. Das Becken iſt noch weniger ausgebildet. Seine Lage richtet ſich nach der der Bauchfloſſen, die von ihm getragen werden. Es zeigt ſich gewöhnlich als zwei geſtreckte Knochen, die nicht mit dem Rück⸗ grate, aber meiſt unter ſich zuſammenhängen. An Rochen und Haien iſt es ein queerliegender Knochen. S 251. Ihrer Subſtanz nach ſind die Knochen der Fiſche im Allgemeinen weniger hart, als die der übrigen Wirbelthiere; die der Knorpelfiſche ſind knorplig, im Querder faſt gallertartig. Auch unter den Reptilien haben die Lurche ein weicheres Skelett als die übrigen Ordnungen. Doch iſt in allen dieſen Fällen der Schädel härter als die übrige Skelettmaſſe. Manche Knochen ſind im jüngeren Alter knorplig und verknöchern erſt ſpäter; auch bleiben manche Theile des Skeletts immer knor⸗ plig, z. B. die Rippenknorpel und Kehlkopfknorpel. — Mehre Knochen, beſonders bei Säugthieren und noch häufiger bei Vö⸗ geln, ſind hohl oder mehr oder weniger zellig. Vorzüglich gilt dieſes von denen des Oberarms, Unterarms, Schenkels und Schien— Säugthiere. Ko 547 beins (Röhrenknochen). Die Höhlungen find mit’ einer fetti- gen Subſtanz, dem Knochenmark, angefüllt, welches aber bei den Fiſchzitzthieren mehr ölflüſſig iſt. Bei den erwachſenen Vö— geln verſchwindet das Mark größtentheils, ſo daß dieſe Knochen nur Luft enthalten, welche, durch beſondere Oeffnungen der Kno— chen, von den Lungen aus eindringt. Man hat zum Theil ge— meint, daß nur durch dieſe Einrichtung das Fliegen möglich werde; allein bei vielen jungen Vögeln, wenn ſie auch ſchon recht gut fliegen können, ſind jene Höhlen noch mit Mark gefüllt. Zweites Kapitel. Fleiſch (Muskeln). | 8 252. Die weiche Maſſe des Körpers, welche von dem Skelett getragen wird und daſſelbe bedeckt, iſt das Fleiſch (Mus⸗ keln, Zellgewebe, Fett), welches äußerlich von der Haut bekleidet wird. Letztrre beſteht aus mehren Schichten und hängt mit den unter ihr liegenden Muskeln durch ein Zellgewebe zuſammen, in welchem ſich mehr oder weniger Fett anhäuft, beſonders bei meh— ren Säugthieren und Vögeln. Das Fett iſt in lebenden Thieren eine ſehr weiche Maſſe, ſtellenweiſe ſelbſt flüſſig, z. B. in den Wallrathhöhlen am Kopfe und im Rücken der Pottwalle; nach dem Tode des Thieres wird es durch Erkalten ſtarrer. — An den Schildkröten iſt ausnahmsweiſe das Fleiſch des Rumpfes unter dem Rücken⸗ und Bauch- Schilde, alſo von dem Rück⸗ grate, den Rippen und dem Bruſtbeine bedeckt, und die Haut bekleidet unmittelbar dieſe Knochen. — Die Maſſe und Be: ſchaffenheit des Fleiſches iſt ſehr verſchieden: Die panzer⸗ häutigen Fiſche (Beinfiſche, Nadelfiſche u. ſ. w.) haben ſehr wenig Fleiſch; fo auch die Schildkröten; bei manchen Fiſchen (Schmal- kopfern, Schnepfenfiſchen) iſt es überdem, wie auch die Haut, fo zart, daß dieſe Fiſche durchſcheinend ſind, und daß man die in— nern Theile derſelben von Außen erkennen kann. Die weißere Farbe des Fleiſches der Reptilien und Fiſche hat in der geringen Vertheilung von Blutgefäßen in demſelben ihren Grund. 8 253. Die eigentliche Fleiſchmaſſe find die Muskeln, welche aus Faſern, durch feines Zellgewebe verbunden, beſtehen. n 2 > 2 A Zwölfte Klaſſe. Sie ſind, nach dem Orte, den ſie einnehmen, und nach den Funk⸗ tionen, die ſie zu verrichten haben, ſehr verſchieden in Geſtalt, Stärke, Zahl, Anheftung u. ſ. w. Meiſt ſind ſie bauchig oder ſpindelförmig; es giebt aber auch ſtrahlige, gefiederte u. ſ. w. Die meiſten Muskeln befeſtigen ſich an Knochen mittelſt der Sehne, welche eine dichtere und härtere Fortſetzung des Mus⸗ kels und ohne Nerven und Empfindung iſt. Zuweilen vereinigen ſich auch mehre Muskeln in Eine Sehne, und ſolche nennt man zuſammengeſetzte Muskeln. Es giebt auch freie Muskeln, die nicht an Knochen feſtſitzen, z. B. das Herz und die Schließ⸗ oder Ring-Muskeln, welche letztere eine Mündung umgeben und dieſe, durch ihr Zuſammenziehen, ſchließen. Je mannigfaltiger, anſtrengender und anhaltender die Bewegung eines Gliedes oder irgend eines Theiles des Körpers iſt, deſto größer iſt auch die Zahl und Stärke der mit dem Gliede verbundenen Muskeln; auch nach der Zahl der beweglichen Theile iſt die Zahl der Mus⸗ keln verſchieden, denn jeder bewegliche Theil hat ſeinen beſondern Muskel; und ſo wird denn auch, durch die Verſchiedenheit der Form, der Zuſammenziehungskraft und des Anheftungswinkels der Muskeln, die Art, Kraft und Richtung ihrer Wirkung, wenn ſie in Thätigkeit geſetzt werden, beſtimmt. Der beweglichſte von allen Muskeln iſt, bei denjenigen Thieren, welche eine flei= ſchige Zunge haben, dieſes Organ; daher z. B. bei den mei⸗ ſten Säugthieren die Zunge die Fähigkeit beſitzt, ſich leicht und ſchnell nach allen möglichen Richtungen zu bewegen, zu krümmen, zuſammenzuziehen, auszuſtrecken, einzurollen u. ſ. w. Es giebt auch Muskeln, deren Bewegungen nicht vom Willen abhängen, ſondern unwillkürlich fortdauern, z. B. das Herz. Drittes Kapitel. B a u ch h ß ht § 254. Die innere Leibeshöhle wird Bauchhöhle ges nannt. Sie umſchließt die Eingeweide (Verdauungsorgane, Herz, Athemorgane, Geſchlechtstheile). Bei den Finnfiſchen liegt jedoch, nach Vrolick, der Magen und der größte Theil der Dünn— därme nicht in der Bauchhöhle, ſondern in einer beſondern Höhle Säugthiere. 549 unmittelbar unter der Haut. Der vordere Theil der Bauchhöhle, der das Herz und die Lungen enthält, iſt die Bruſthöhle, der hintere die Unterleibshöhle. Die Athemorgane (Kiemen) der waſſerathmenden Thiere befinden ſich jedoch außerhalb der Bruſt— höhle, entweder im Schlunde oder ganz frei äußerlich. § 255. Die Wände der Bauchhöhle find mit einer Haut bekleidet, welche durch Zellgewebe an ihnen befeſtigt iſt und Bauch⸗ fell genannt wird. Es bildet einen geſchloſſenen Sack, der aber bei den Rochen hinten in ſeinem Grunde neben dem After zwei Oeffnungen nach Außen hat, durch welche Waſſer in den Sack treten und die Eingeweide umſpühlen kann (Bauchathmen). An ſeinen Gränzen ſchlägt das Bauchfell ſich nach Innen gegen ſich ſelbſt zurück, um einerſeits die verſchiedenen Theile des Darmka— nals zu umhüllen und zu befeſtigen, wo es Gekröſe genannt wird, andererſeits aber, um in der Unterleibshöhle Säcke zu bil den, die man mit dem Namen Netze bezeichnet. Letztere finden ſich ausgebildet nur bei den Säugthieren, enthalten viel Fett und ſcheinen die Beſtimmung zu haben, theils die Reibung zwiſchen Muskeln und Därmen, theils das Entweichen der Wärme aus den Darmkanal zu mäßigen, welches letztere man daraus ſchließt, weil bei den Thieren, die einen Winterſchlaf halten, die Netze be— ſonders anſehnlich ſind. 5 § 256. Bei den Säugthieren werden Bruſt- und Unter⸗ leibshöhle durch eine muskulöſe Scheidewand, das Zwerchfell, geſchieden, und das Bauchfell bekleidet bloß die Unterleibshöhle. Die Bruſthöhle iſt mit einer beſondern Haut, dem Bruſtfelle, ausgekleidet, welches ſich eben ſo über die Lungen zurückſchlägt und dieſelben bekleidet, wie das Bauchfell über den Unterleibs⸗ eingeweiden liegt. Wo aber das Zwerchfell fehlt (in den übrigen Klaſſen der Wirbelthiere), und Bruſt und Unterleib Eine Höhle ſind, wird dieſe ganz mit dem Bauchfelle ausgekleidet. In den Schildkröten bildet letzteres drei beſondere Abtheilungen für Lun— gen, Herz und Unterleibseingeweide. In den Vögeln bildet es hin und wieder Säcke, die mit den Lungen in Verbindung ſtehen. und durch dieſe mit Luft gefüllt und wieder ausgeleert werden Nach andern Anſichten aber find jene Säcke vielmehr als Fort: ſätze der Lungen ſelbſt zu betrachten. 3550 n Zwölfte Klaſſe. Viertes Kapitel. Verdauungsorgane. 8 257. Die Verdauungsorgane beſtehen theils aus ſolchen, welche die Nahrungsmittel, zur Verdauung, in ſich auf⸗ nehmen, theils aus ſolchen, welche die Verdauungsſäfte ſecerniren und in jene ergießen. Die erſten ſind der Nahrungskanal (auch wol Darmkanal genannt, obgleich Andere auch wol nur die letzte Abtheilung dieſes Kanals, oder den eigentlichen Darm ſo nennen), welcher vom hintern Grunde der Mundhöhle anfängt und ſich im After endigt. Er beſteht aus einer Haut, welche aus ähnlichen Schichten, wie die allgemeine äußere Körperhaut, zu⸗ ſammengeſetzt iſt, und bildet drei Hauptabtheilungen, nämlich die Speiſeröhre, den Magen und den Darm. § 258. Die Speiſeröhre fängt mit dem Schlund kopfe an, einer Höhle, in welche die Mundhöhle übergeht, und welche bei Säugthieren und Vögeln weiter iſt als der folgende Theil der Speiſeröhre, bei den Fiſchen und vielen Reptilien aber nur von gleicher Weite mit demſelben. Die Speiſeröhre iſt in der Regel der engſte Theil des Nahrungskanals, und von ver⸗ ſchiedener Länge, die, bei den Thieren mit deutlichem Halſe, ſo ziemlich mit der des Halſes in gleichem Verhältniſſe ſteht. Bei den meiſten Vögeln hat ſie zwei Erweiterungen, deren erſte der Kropf, die zweite der Vor- oder Drüſen-Magen iſt. Letz⸗ terer hat in ſeinen Wänden viele kleine Drüſen, die ſich in ihn öffnen. In dem erſten werden die Speiſen bloß erweicht, im zweiten mit Drüſenſaft vermiſcht, bis ſie zuletzt in den eigentlichen Magen weiter aufgelöſt werden. Der Kropf fehlt den meiſten von animaliſchen Subſtanzen ſich ernährenden Vögeln, mit Aus⸗ nahme der eigentlichen Raubvögel; auch dem Strauß fehlt er. Den Trappen dient er zur Anſammlung des Waſſers, von dem zuweilen an ſechs Pfund in ihm enthalten ſind. — Die Igelfiſche und Stachelbauchfiſche haben einen häutigen Sack, eine Art von Kropf, der ſich im Schlunde öffnet, und den dieſe Thiere mit verſchluckter Luft anfüllen und dadurch dermaßen ausdehnen kön⸗ nen, daß er faſt die ganze Leibeshöhle einnimmt und den Körper ſelbſt zuweilen wie eine Kugel auftreibt; und wenn von den See⸗ Süugtsie, 551 kröten Bed wird, daß ſie ihren Wagen eben ſo mit Luft an⸗ füllen und ungemein ausdehnen können, ſo wird auch wol ein ähnlicher Sack gemeint ſein. Uebrigens iſt dieſer Sack nicht etwa mit der Schwimmblaſe ein und daſſelbe Organ, denn dieſe iſt in jenen Fiſchen außerdem noch vorhanden. Manchen Haifiſchen, z. B. Squalus cornubicus, fol die Speiſeröh re ganz fehlen, und der Magen ſich mit einer ſehr weiten Mündung gleich in den Rachen öffnen. 8 259. Der eigentliche Magen oder Muskelmagen iſt bei den verſchiedenen Thieren von ſehr verſchiedener Geſtalt, Größe und Derbheit, immer aber der weiteſte Theil des Nah— rungskanals. Die Oeffnung aus dem Speiſekanal in ihm heißt cardia, die aus ihm in den Darm pylorus (Pförtner). Bei den Fiſchen jedoch geht die Speiſeröhre, welche meiſt ſehr kurz iſt, oft ſo unmerklich in den Magen über, daß man beider Gränzen nicht unterſcheiden kann. Bei vielen iſt er auch kaum von dem Darme verſchieden, ſo daß er bei einigen Meergrundeln ganz zu fehlen und die Speiſeröhre gleich in den Darm überzugehen ſcheint; doch iſt zwiſchen beiden eine kleine Klappe befindlich. Auch bei den Schlangen iſt er von dem übrigen Nahrungskanale nur da⸗ durch verſchieden, daß er weiter iſt. Beſonders ſtark iſt er in den körnerfreſſenden Vögeln: Bei Hühnern wurden, nach angeſtellten Verſuchen, durch das Zuſammenziehen des Magens, in dieſem metallene Röhren plattgedrückt, ſtählerne Nadeln und Glasſtücke zerbrochen. Auch haben dieſe Vögel den Inſtinkt, Sand und kleine Steine zu verſchlucken, wodurch die Zermalmung der Spei- ſen und ſomit die chemiſche Einwirkung der eigentlichen Verdau— ungsſäfte befördert wird. Bei vielen Säugthieren wird der Magen, durch Einſchnü— rungen, in mehre Höhlen oder Säcke getheilt; fo bei vie⸗ len Nagethieren und auch bei mehren aus andern Ordnungen. In den Schweinen und Fiſchzitzthieren nähert ſich der Magen, in dieſer Hinſicht am meiſten dem der Zweihufer, wo die Abthei— lungen deſſelben am vollkommenſten ausgebildet und von einan- der geſchieden find, nämlich ihrer vier: 1) Der Wanſt oder. Panzen, in welchem die Speiſeröhre ſich öffnet, iſt von allen die größte, innen warzig; 2) die Haube, Mütze, oder Garn 552 Zwölfte Klaſſe. (Netz), iſt die kleinſte, innen mit niedrigen vorſpringenden Falten, welche, durch ihre Verbindung, Maſchen und ein Netz bilden; 3) das Buch, Pſalter, Kalender, Blättermagen, Fal- tenmagen, durch welche ſich hohe Falten oder Blätter ziehen, die von der innern Haut gebildet werden; 4) der Laabmagen oder Fettmagen, welcher ſich in den Darm öffnet, und deſſen innere Haut breite Falten bildet; in dieſem ſondert ſich eine ſchleimige Flüſſigkeit ab, die die Milch gerinnen macht, d. h. ſie in Laab verwandelt. — Wie nun der Magen der Zweihufer zu⸗ ſammengeſetzter iſt, als der der übrigen Säugthiere, ſo iſt es auch ihr Akt des Freſſens: Blätter und Gras nämlich, welche von dieſen Thieren, bei dem Freſſen, nur mit der Zunge abgeriſſen und dann ungekäuet verſchluckt werden, ſammeln ſich im Panzen, vielleicht auch mit in der Haube, werden dort etwas erweicht und nach einiger Zeit wieder biſſenweiſe in den Mund hinaufgewürgt, um nun erſt gehörig gekäuet und dann zum zweiten Male ver⸗ ſchluckt zu werden; daher der Name Wiederkäuer, den dieſe Thiere führen. Bei dem zweiten Verſchlucken gehen die Speiſen nicht wieder in den Panzen, ſondern durch einen beſondern Kanal gleich in den Blättermagen: Es ziehen ſich nämlich von der Cardia an, durch die Haube hindurch, zwei dicke muskulöſe Fleiſch⸗ falten, parallel neben einander, bis zu der Oeffnung, welche aus der Haube in den Blättermagen führt, und indem dieſe Falten ſich ſo in die Höhe ziehen, daß ihre obern Ränder einander be= rühren, wird jener Kanal gebildet. — Von den Kameelen glaubte man früher, daß ſie, außer jenen vier Abtheilungen, noch eine fünfte zur Aufnahme und Aufbewahrung des Waſſers hätten, die man Waſſermagen nannte; allein die Sache verhält ſich ſo: Die Haube enthält innen große Zellen; das verſchluckte Waſſer geht, durch eine beſondere Rinne, von der Cardia gleich in die Haube und ſammelt ſich in den Zellen, die ſich ſchließen können. Da nun aber die Haube dieſer Thiere niemals feſte Speiſen ent⸗ hält, ſondern immer nur Waſſer, ſo iſt fie der eigentliche Waffer- magen. Uebrigens hat auch der Panzen ſolche Zellen, welche nie Speiſen, ſondern Flüſſigkeit enthalten. Ob aber die in den Zellen beider Abtheilungen befindliche Flüſſigkeit verſchlucktes Waſſer ſei, wird von Einigen bezweifelt, welche vielmehr annehmen, daß ſie Säugthiere. 553 in und von den Zellen ſecernirt werde. — Die Oeffnungen des Magens, ſowol die Cardia und der Pförtner, als auch die der verſchiedenen Abtheilungen der zuſammengeſetzten Mägen, wer⸗ den größtentheils durch Einſchnürungen, die ſich mehr oder weni- ger ſchließen können, verengt, und der Pförtner iſt außerdem meiſt mit einer Klappe verſehen; Alles Einrichtungen, die den Rücktritt der Speiſen verhindern. $ 260. Außer den eben betrachteten Abtheilungen des Magens mehrer Wirbelthiere, welche zum Theil ſelbſt ein blind- ſackähnliches Anſehn haben, finden ſich bei mehren Arten noch wirkliche Blindſäcke an demſelben. Beſonders häufig hat der der Fiſche einen ſolchen Blindſack; doch werden gewiſſe blinde Anhänge in der Pförtnergegend des Fiſchmagens mehr als Ana— loga der Bauchſpeicheldrüſe betrachtet, da ſie beträchtlich vielen Schleim abſondern. | | y § 261. Der Darm iſt der vom Magen ausgehende und mit dem After endigende häutige Kanal, welcher faſt immer mehre Windungen bildet, und nur bei einigen Fiſchen, z. B. Neunau⸗ gern, Haien, Rochen, Nadelfiſchen, gerade durchgeht. Er iſt meiſt bei denjenigen Thieren, welche Vegetabilien genießen, geräumiger (entweder in der Weite oder, was der häufigere Fall iſt, in der Länge), als bei denen, welche ſich von animaliſchen Subſtanzen ernähren. Im Ganzen iſt der Nahrungskanal (vom Munde bis zum After) bei den Säugthieren am längſten, bei den Fiſchen am kürzeſten, zuweilen nicht einmal ſo lang, als der Körper, z. B. in denen, wo er gerade durchgeht, ohne Krümmungen zu machen (da der After nie am Ende des Körpers ſich befindet). Unter den Säugthieren iſt er in der Speckfledermaus (Vespert. noctula) am kürzeſten, nur doppelt ſo lang als der Körper; in den Zwei— hufern am längſten, z. B. im Schaf 27mal länger als der Kör— per. In den Vögeln iſt er 2- bis Ömal länger; in den Repti— lien im Allgemeinen noch kürzer; in den Froſchlarven jedoch, wo er ſpiralförmig gewunden liegt, beinahe 10mal länger, da er in den ausgewachſenen Fröſchen nur ½mal länger als der Körper iſt. 8 262. Man unterſcheidet am Darme zwei Hauptabthei— lungen, den dünnen und den dicken Darm. Jener iſt der vordere, längere und engere Theil, und an den innern Wänden 554 Zwölfte Klaſſe. oft von flockiger Beſchaffenheit; bei einigen Fiſchen, beſonders unter den Knorpelfiſchen, iſt er jedoch weiter als der dicke Darm, bei andern ſind überhaupt beide Theile des Darms gar nicht ver⸗ ſchieden. — Wo der Darm vollſtändiger ausgebildet iſt, wie im Menſchen und den meiſten Säugthieren, da unterſcheidet man noch mehre Abtheilungen, nämlich 1) den Zwölffingerdarm, mit dem der dünne Darm anfängt; 2) den Blinddarm, einen An⸗ hang an der Verbindungsſtelle des dünnen und dicken Darms; 3) den Maſtdarm, den hintern Theil des dicken Darms; 4) den Grimmdarm, die Strecke zwiſchen Blind- und Maſt-Darm. Bei den Vögeln find zum Theil dieſelben Abtheilungen noch deut⸗ lich, im Ganzen aber bietet ihr Darm weniger Verſchiedenheiten dar, als bei den Säugthieren; bei den Reptilien noch weniger. — Die Oeffnung des dünnen in den dicken Darm iſt oft mit einer Klappe verſehen; und nicht ſelten befinden ſich auch an andern Stellen des Darms Klappen, oder Einſchnürungen, oder Spiralfalten (letzteres z. B. bei mehren Knorpelfiſchen, auch bei der Schuppenſirene, wie bei dem Sirenenfiſche) und dergleichen, beſonders in ſolchen Thieren, welche Vegetabilien genießen oder einen ſehr kurzen Darm haben; Alles Vorrichtungen, die den Rücktritt der Nahrungsmittel oder den zu ſchnellen Durchgang derſelben zu verhüten beſtimmt ſind. Aeußerlich wird die Gränze beider Darmabtheilungen der Säugthiere und Vögel in der Regel durch anſitzende Blind— därme oder wurmförmige Anhänge bezeichnet, deren Anzahl von einem bis zu ſehr vielen abändert. Den Reptilien fehlen derglei= chen Blinddärme, und nur im Leguan findet ſich etwas Aehnli⸗ ches. So fehlen ſie auch den Fiſchen, welche dagegen meiſtentheils am Anfange des Darms mehre verſchieden geſtaltete Blinddärme (Bauchſpeicheldrüſe?) haben. Bei den Vögeln liegt oberhalb des Darmendes eine Taſche (bursa Fabrieii), die neben dem After ausmündet, deren Beſtimmung aber noch nicht mit Gewißheit ermittelt iſt. Theils wird ſie für eine Art Harnblaſe gehalten, welche die weiße Flüſſigkeit abſondere, die zugleich mit den Excre⸗ menten ausgeworfen wird; theils glaubt man, daß ihre weiße Flüſ— ſigkeit mit zur Bildung der Eiſchale beitrage, was jedoch weniger wahrſcheinlich iſt. Säugthiere. 555 8 263. Das Ende des Darms, der After, öffnet ſich bei Vögeln und Reptilien, ſo wie bei einigen Fiſchen (Rochen, Haien) und Säugthieren (Biber, Schnabelthier, Zungenſchneller, Weibchen der Beutelthiere und Spitzmäuſe) in eine beſondere Taſche oder Kloake, in welche zugleich die innern Harngänge und Geſchlechtstheile ausmünden. "8 264. Als Organe, welche die Verdauungsſäfte abſondern und, an verſchiedenen Stellen, in den Nahrungs- kanal ergießen, ſind zu betrachten die Speicheldrüſen, die Bauchſpeicheldrüſe, die Leber mit der Gallenblaſe, die Milz, und einige andere Drüſen. Die Speicheldrüſen öffnen ſich in die Mundhöhle und ſondern, beim Käuen oder ſonſtigen Reizen, den Speichel aus, der ſich mit den Speiſen vermiſcht und chemiſch auf die Zerſetzung derſelben einwirkt. Sie liegen bei den Menſchen und Säugthie⸗ ren theils in den Wangen und Lippen, theils an der Unterkinn⸗ lade und Zungenwurzel; bei den Vögeln meiſt nur unter der Zunge; bei den Reptilien mit weicher Zunge in dieſer, bei denen mit harter Zunge unter dieſer oder in der Unterkinnlade. Zu ih: nen gehören auch die Giftdrüſen der Giftſchlangen, welche an der Oberkinnlade liegen und ſich durch die Giftzähne ausmünden. — Die Speicheldrüſen ſind beſonders groß bei den käuenden Thieren, hauptſächlich bei denen, welche Vegetabilien genießen, z. B. bei den Zweihufern. Den Fiſchen ſcheinen fie ganz zu feh— len; doch findet ſich bei den Karpfen eine analoge drüſige Maſſe unter der Schädelgrundfläche, und Rochen und Haie haben kör— nige Drüſen an der Unterkinnlade. — Außer den Speicheldrüſen kommen noch in andern Theilen des Nahrungskanals Drüſen vor, deren Ausſonderungen mit zum Verdauen beitragen, z. B. die Magendrüſen der Vögel; wie denn auch aus den Magenwän— den des Menſchen ein ſolcher Saft hervordringt. 8 265. Die Bauchſpeicheldrüſe findet ſich bei Säug— thieren, Vögeln und Reptilien in der Unterleibshöhle als ein aus vielen kleinen Drüſen zuſammengeſetztes Organ von verſchiedener Geſtalt und gelblichter oder hellrother Farbe, welches ſeine Flüſ— ſigkeit entweder durch einen beſondern Ausführungsgang, oder durch deren zwei oder mehre (letzteres hauptſächlich bei den Vö— 556 Zwölfte Klaſſe. geln) in den Anfang des Darms ergießt. Unter den Fiſchen ha⸗ ben nur Rochen und Haie ein ähnliches lappiges Organ von weißlichter Farbe, links am Anfange des Darms, welches ſich in dieſen öffnet. Theils werden auch die Blinddärme in der Pfört- nergegend des Fiſchmagens für eine Art von Bauchſpeicheldrüſen gehalten. | § 266. Das wichtigſte Organ unter den hieher gehörigen iſt die Leber, welche die Galle abſondert. Sie beſteht größten⸗ theils aus Blutgefäßen, iſt im Unterleibe gelegen, übrigens aber in Größe, Geſtalt, Lage u. ſ. w. ſehr verſchieden. Die des Men⸗ ſchen und der meiſten Säugthiere iſt ſehr groß, dreilappig (in manchen Säugthieren vier- bis fünf- lappig), rothbraun, und liegt rechts auf dem Magen und der rechten Niere. An allen ihren Punkten entſtehen gelblichte Gallengänge, die ſich zu Einem Stamme, dem Lebergange, vereinigen, welcher ſich wie— der mit dem Gallenblaſengange verbindet (von dem gleich die Rede ſein wird) und ſich zuletzt als Gallengang in den Zwölf— fingerdarm ausmündet. Die Leber der Vögel iſt größer, meiſt zweilappig, in der Mitte des Unterleibes liegend, braunroth, zu⸗ weilen hellroth; Lebergang und Gallenblaſengang öffnen ſich in der Regel von einander abgeſondert in den Darm. Letzteres iſt auch bei den Reptilien der Fall, deren Leber noch größer iſt, aber weniger lappig, in der Mitte des Unterlelbes gelegen, meiſt gelb⸗ braun; bei den Schildkröten in zwei neben einander liegende Hälften getrennt, die nur durch zwei ſchmale Streifen zuſammen⸗ hängen; bei den Schlangen iſt ſie lang walzenförmig. Die Leber der Fiſche iſt groß, oft ungetheilt oder zweilappig, ſelten drei⸗ oder mehr⸗lappig; die Lebergänge vereinigen fi ſelten in Einen Stamm, fondern münden durch mehre Stämme in die Gallen—⸗ blaſe oder in deren Gang; aber im Lump, der keine Gallenblaſe hat, vereinigen ſie ſich in einen Stamm, der ſich in den Zwölf— fingerdarm öffnet. | § 267. Oft iſt mit der Leber noch ein befonderer Gal— lenbehälter, die Gallenblaſe, verbunden. Die Galle gelangt aus der Leber, durch die Lebergänge, in dieſe Blaſe, und aus die— fer, durch den Gallenblaſengang, in den Darm. Die Blaſe liegt meiſt zwiſchen den Leberlappen oder in der Leberſubſtanz; Säugthiere. 557 in den Schlangen von der Leber getrennt neben dem Magen; auch in den Fiſchen zum Theil unter dem Magen. Sie fehlt vielen Säugthieren, doch haben ſie alle Vierhänder, Fleiſchfreſſer, Fehlzähner. Unter den Vögeln fehlt ſie den Tauben, Papageien, dem Kuckuck, Strauß u. ſ. w. Die Reptilien ſind ſämmtlich mit ihr verſehen, und unter den Fiſchen fehlt ſie auch nur wenigen, z. B. den Neunaugern, Lump, Klippfiſch, Umber u. ſ. w. 8 268. Die Milz liegt links neben dem Magen, bei eis nigen Reptilien und Fiſchen aber mehr am Darm. Sie beſteht größtentheils aus Blutgefäßen, iſt von verſchiedener Geſtalt und Größe, wird aber von den Säugthieren abwärts immer kleiner, findet ſich bei allen Wirbelthieren. Ob und wie ſie zur Verdauung beitrage, iſt noch nicht beſtimmt ermittelt; theils wird ſie als ein vorbereitendes Organ der Leber betrachtet, welches zu der Gall— abſonderung mit beitrage, theils als ein Organ, deſſen Beſtim— mung ſei, die Flüſſigkeiten aus dem Magen aufzunehmen und in das Blut gelangen zu laſſen. Fünftes Kapitel. Ausſonderungsorgane. § 269. Außer dem, was der lebende Körper aus den Nahrungsmitteln zu ſeiner Ernährung, d. h. zur Bildung aller derjenigen feſten und flüſſigen Theile, die zu ſeinem Leben und ſeiner Entwickelung nothwendig find, ſondert und verarbeitet, wer— den die übrigen Beſtandtheile der Nahrungsmittel zu verſchiede— nen Subſtanzen umgewandelt, welche theils zu andern, für den thieriſchen Organismus erſprießlichen Zwecken dienen, theils aber, als nicht weiter verwendbar, ausgeſondert werden. Zu den erſten gehören manche flüſſige oder fettig-ſchmie— rige Subſtanzen, die an verſchiedenen Stellen des Körpers in Drüſen abgeſondert werden; zu den letztern die Excremente (im engern Sinne), welche feſt oder flüſſig oder dunſtförmig ſind. 8270. Es giebt eine Menge verſchiedenartiger und an verſchiedenen Stellen im Körper befindlicher Drüſen, von denen wir diejenigen, welche Verdauungsſäfte liefern, bereits kennen ge— lernt haben. Unter den übrigen, welche aber auch ſchon zum 595 Zwölfte Klaſſe. / Theil in der Beſchreibung der äußern Oeffnungen der Thiere (S. 888) angeführt ſind, erwähne ich hier noch folgende: 1) Au⸗ gendrüſen, befinden ſich theils im Auge ſelbſt, theils in der Umgebung deſſelben, in den Augenliedern u. ſ. w.; die eigentlichen Thränendrüſen theils oben in der Augenhöhle, theils im in⸗ nern Augenwinkel, bei dem Menſchen und den meiſten Säugthie⸗ ren, auch bei manchen Vögeln und Reptilien; und die kleinen Oeffnungen vor den Augen mehrer Fiſche ſcheinen auch ſolchen Drüſen anzugehören. Alle dieſe Drüſen ſondern eine Flüſſigkeit aus, welche theils die Beweglichkeit des Auges befördert, indem ſie die Reibung mindert, theils zum Auswaſchen von Unreinigkei⸗ ten und fremden Körpern dient, welche zufällig ins Auge gera⸗ then ſind. Die Zweihufer haben zum Theil unter dem Auge eine mit einer ſchmierigen fchwärzlichten Maſſe gefüllte Höhle, welche Thränenhöhle genannt wird. 2) Geſchlechtsdrüſen, die mit den Geſchlechtstheilen verbunden ſind und eine Flüſſigkeit ab⸗ ſondern, welche zum Schlüpfrigmachen der Gänge jener Theile dient. Dahin gehören z. B. die Schleimdrüſen in der weiblichen Scheide und in der männlichen Vorhaut. Auch die Bibergeil— drüſen gehören hieher; eben fo der Moſchusbeutel des männ- lichen Moſchusthieres (§ 235). Einen ähnlichen, aber leeren Beu⸗ tel hat auch Antilope gutturosa. 3) Manche andere Drüſen, welche mit den Geſchlechtsfunktionen in Beziehung zu ſtehen ſcheinen, z. B. die ſogenannte Giftdrüſe des männlichen Schnabelthieres (8 226); die Schlafdrüſen, welche am Ele⸗ phanten unter der Haut in der Gegend der Schläfe liegen, zwi: ſchen Ohr und Auge ſich öffnen, und beſonders am Männchen in der Brunſtzeit Schleim ausſondern. Daſſelbe gilt von den nach Moſchus riechenden Drüſen unter der Haut in der Mitte der Unterkinnladen des Krokodils. Ob und in wie fern noch manche andere Drüſen, die ſich bei verſchiedenen Säugthieren in der Ges gend der Geſchlechtstheile öffnen, auf letztere fich beziehen, iſt noch nicht beſtimmt entſchieden, z. B. die Leiſtendrüſen am Unter⸗ leibe der Haſen, die Afterdrüſen vieler Fleiſchfreſſer, einiger Nagethiere, der Rüſſelmaus, einiger Reptilien (Krokodil, Ringel⸗ natter) und Fiſche (Rochen, Haifiſche). Bei einigen derſelben öffnen ſich dergleichen Drüſen in eine beſondere Taſche in der Af— Säugthiere. 559 tergegend, z. B. an Zibetthieren, Hyänen, Dachſen, Ferkelmäuſen. 4) Drüfen, deren fettige Flüſſigkeit zum Einölen und Geſchmei⸗ digerhalten der Haut und deren Bekleidungen zu dienen ſcheint, wie die Hautdrüſen unter der Haut, beſonders ſolcher Thiere, die eine nackte, ſchuppenloſe Haut haben; die Bürzeldrüf e der Vögel, welche oberwärts vor dem Schwanze ſich öffnet und nur wenigen Vögeln (z. B. manchen Papageien und Tauben, Trap⸗ pen, Kaſuar, Strauß u. ſ. w.) fehlt; die Drüſe auf dem Hinter⸗ rücken der Pekaris; die Drüfen in den Seiten einiger Nage⸗ thiere und Inſektenfreſſer, beſonders der Spitzmäuſe. Die Fiſche haben jederſeits über der Augenhöhle eine Drüſe, aus welcher lange Ausführungsgänge zu der Seitenlinie des Körpers gehen und ſich in derſelben durch mehre kleine Oeffnungen ausmünden, indem ſie die klebrige Flüſſigkeit ausſondern, die den Körper die⸗ fer Thiere überzieht. Auch die Schuppenſirene hat ſolch eine Sei- tenlinie mit Hautkanälen. An manchen Fiſchen, z. B. an Rochen, münden dergleichen Gänge auch an andern Stellen aus, nament⸗ lich am Bauche. Die Klauendrüſe einiger Zweihufer ſcheint zum Einölen der Klauen zu dienen. Die ſchleimausſondernden Naſendrüſen find hier auch noch zu erwähnen. 5) Unter den Drüſen im Innern des Körpers nennen wir hier noch die Thymusdrüſe und die Schilddrüſe, welche vorn in der Bruſt und am Halſe liegen und ſich beſtimmt ausgebildet bei den Säugthieren, weniger beſtimmt bei einigen Vögeln und Reptilien, aber nicht bei Fiſchen finden. Ihre eigentliche Funktion iſt noch nicht mit Sicherheit ermittelt; da aber die Thymusdrüſe beſon— ders bei ſolchen Säugthieren ſehr bedeutend iſt, deren Athmen oft unterbrochen wird, z. B. beim Untertauchen, beim tiefen Ein⸗ wühlen, beim Si e „ſo ſcheint fie Bezug auf das Bi men zu haben. E § 271. Die übrigen Excremente, die, ohne irgend ei— nen weitern beſondern Zweck zu erfüllen, ausgeſondert werden, ſind noch ſehr verſchiedener Art: theils feſter oder doch zuſam— menhängender, ſo der Unrath, welchen der Maſtdarm durch den After ausleert; theils ſchleimig, z. B. der überflüffige Schleim der Naſendrüſen; theils dunſtförmig, entweder durch die Hautporen, welche mit den Enden der Hautgefäße in Ver— J 560 Zwölfte Klaſſe. bindung zu ſtehen und von dieſen die feine ausdünſtende Flüſſig⸗ keit zu erhalten ſcheinen, oder durch die Lungen beim Ausathmen. Wenn die Hautdünſte ſich tropfbarflüſſig niederſchlagen, ſo treten ſie als Schweiß hervor. Die häufigſten tropfbarflüſſigen Ausleerungen find der Harn oder Urin, deſſen Ab- und Aus⸗ ſonderungsorgane ein beſonderes Syſtem bilden. § 272. Das Organ, in welchem der Harn ſecernirt wird, find die Nieren, die ſich bei allen Wirbelthieren doppelt finden und im Unterleibe liegen. Ihre Geſtalt und Größe iſt verſchie⸗ den: im Menſchen bohnenförmig. In manchen Säugthieren be⸗ ſtehen ſie aus mehren, von einander mehr oder weniger getrenn⸗ ten kleinern Nieren, deren Anzahl z. B. in Robben und Delphi⸗ nen über hundert, zum Theil ſelbſt über zweihundert beträgt. Die Nieren der Vögel ſind unregelmäßig geſtaltet, meiſt lappig; die der Fiſche ſind länger, als bei den übrigen Wirbelthieren, ſchmal geſtreckt, dicht beiſammen liegend. In den Nieren verwan⸗ deln ſich die letzten feinen Enden der Arterien zum Theil in harn⸗ abſondernde Gefäße oder Harnkanäle. Die weitere Ausbildung der Harnorgane geſtaltet ſich nun, wo ſie vollkommen entwickelt iſt, namentlich im Menſchen, folgendermaßen: Die Harnkanäle vereinigen ſich wieder nach und nach und ergießen ſich in fünf bis ſechs kleine Höhlen, welche Trichter oder Kelche genannt werden und ſich wieder in einen gemeinſchaftlichen Behälter, das Nierenbecken, vereinigen, aus dem dann der Harn in den Harnleiter tritt, der in eine muskulöſe Blaſe, die Harnblaſe, mündet, von wo der Harn, durch die Harnröhre, nach Außen abgeleitet wird. Die Verhältniſſ der genannten Organe ſind in den verſchie⸗ denen Klaſſen und Ordnungen der Wirbelthiere zum Theil ſehr verſchieden; öfters fehlt auch eins oder das andere oder einige derſelben, z. B. Kelche und Becken manchen Säugthieren und allen Vögeln, Reptilien und Fiſchen, wo denn der Harnleiter un= mittelbar durch die Vereinigung der Harnkanäle entſteht. Bei den Schildkröten öffnet ſich der Harnleiter in die Harnröhre, aus welcher der Harn in die Blaſe zurückfließt. Bei den Fiſchen ver⸗ einigen ſich die Harnkanäle jeder Niere in einen Leiter, welcher bei einigen in die Blaſe oder Kloake, bei andern in den gemein⸗ Saugthiere. 365361 ſchaftlichen Harn- und Samen- oder Eier-Ausführungsgang ein⸗ mündet. — Die Harnblaf e fehlt den Vögeln, und der Harn vermiſcht ſich bei ihnen in der Kloake, als ein weißer Schleim, mit den dunkelgefärbten Darmexerementen. Nur beim Strauß ſammelt ſich der Harn in der Kloake, und wird für ſich ausge— leert. In der Klaſſe der Reptilien fehlt ſie den Kriechern und mehren Echſen; in der der Fiſche den Rochen, den meiſten Haien und einigen Grätenfiſchen. — Die Harnröhre fehlt den Lur— chen, bei denen ſich die Blaſe unmittelbar in die Kloake öffnet. Uebrigens aber hat man aus mehren Beobachtungen gefolgert, daß bei manchen Reptilien, namentlich bei Lurchen, nicht alle in der Blaſe befindliche Flüſſigkeit aus den Nieren komme, ſondern auch aus andern Körpertheilen; und bei Schildkröten ſcheint ſie zum Theil Waſſer zu ſein, welches durch die Kloake von außen eingezogen wurde. § 273. In Säugthieren, Vögeln und einigen Reptilien hat man noch ſogenannte Nebennieren entdeckt, Organe, welche neben den Nieren liegen, und meiſt mit ihnen verbunden und von gleichem Bau, auch nicht ſelten von gleicher Geſtalt ſind. Im Fötus haben ſie eine verhältnißmäßig bedeutendere Größe als im ausgewachſenen Thiere. Da fie auch mit den innern Geſchlechts⸗ theilen durch Gänge zuſammenhängen, ſo glaubt Meckel, daß ſie vielleicht auch mit dieſen in Beziehung ſtehen. § 274. In gewiſſer Hinſicht find nun noch die Schwimm— blaſe der Fiſche und das elektriſche Organ der elektriſchen Fiſche als Abſonderungsorgane zu betrachten, wenn man anneh— men muß, daß die in der Blaſe enthaltene Luft nicht aus der Luft oder dem Waſſer eingezogen, ſondern in und von der Blaſe ſelbſt abgeſondert ſei, und daß in dem elektriſchen Organe das elektriſche Fluidum ſelbſt abgeſchieden werde. Was die Schwimm- blaſe betrifft, fo werden wir fie bald, unter den innern Athem⸗ organen, näher kennen lernen. Für das elektriſche Organ aber wiſſen wir in der That keine paſſendere Stelle, um es zu betrachten, als indem wir es hier den Abſonderungsorganen an— reihen: Es beſteht im Allgemeinen aus ſich durchſetzenden Blät- tern, welche Zellen bilden, die mit einer gallertartigen Subſtanz 36 562 IS Zwölfte Klaſſe. angefüllt ſind, und zu denen viele Nervenfäden, aber keine bedeu⸗ tende Blutgefäße gehen. Im Zitterrochen liegt es jederſeits vorn im Körper, und iſt oft ſchon äußerlich, ſowol an der Ober⸗ ſeite als an der Unterſeite deſſelben, durch die Haut hindurch, als ein Netz zu erkennen, welches aus ſechsſeitigen oder fünfſeitigen Maſchen beſteht. Dieſe ſind die Baſen der Säulen, aus denen das Organ zuſammengeſetzt iſt, und die aus auf einander liegen⸗ den Blättern beſtehen. Im Zitteraal nimmt es den größern Theil des großen Schwanzes ein und beſteht aus vier Längsſchich⸗ ten, die mit Längs⸗ und Queerfaſern durchzogen ſind, welche ſich durchkreuzen und rautenförmige Zellen bilden. Im Zitterwels liegt es jederſeits unter der Haut, indem es den größten Theil des Körpers umgiebt, und beſteht, nach einigen Angaben, aus blättrigen Schichten, gleich einer Voltaiſchen Säule, wie im Zitter⸗ rochen, nach andern Unterſuchungen aus einer Schicht von Fäden, die ſich mannigfach durchkreuzen und kleine Maſchen bilden, ſo daß es in der Struktur mehr mit dem des Zitteraals überein⸗ kommen würde. — Dem Zitteraal konnte man das ganze Organ ausnehmen, und er blieb nicht nur am Leben, ſondern lebte ſogar länger, als er ſonſt gelebt haben würde. . Sechstes Kapitel. Gefäß ſ y ſte m. § 275. Das Gefäßſyſtem der Wirbelthiere iſt ein 8 yelten; das eine iſt das der Blutgefäße (Adern, auch ſchlecht⸗ hin Gefäße genannt), in welchen das Blut durch den Körper cirkulirt; das andere iſt das der Lymphgefäße, welche die Lymphe (Chylus, Nahrungsſaft) aus den verſchiedenen Stellen im Körper, wo ſie ſich bildet, aufnehmen und in die Blutgefäße ergießen. Wir betrachten zuvörderſt das erſte: Das Blutgefäßſyſtem iſt zuſammengeſetzt aus dem Her⸗ zen, den Arterien (Puls- oder Schlag-Adern) und den Ve⸗ nen (Blutadern). Das Herz iſt ein in der Bruſthöhle befindli⸗ cher hohler Muskel, in welchem ſich einerſeits die Venen, die das Blut hinzuführen, ergießen, und aus welchem andererſeits die Arterien entſpringen, die das Blut vom Herzen ausführen. . 8 f Säugthiere. 563 8 276. Das Herz iſt beſtändig von einem häutigen Sacke, dem Herzbeutel, umgeben, und ſeine innern Höhlungen ſind mit einer zarten Haut bekleidet. Es hat im Amphioxus nur Eine Höhle, ſonſt deren zwei oder drei oder vier, von denen diejenigen, welche das Blut ausführen, Herzkammern oder ſchlechtweg Kammern, die, welche das zuſtrömende Blut auf— nehmen, Herzohren oder Vorkammern genannt werden. Letztere ſind kleiner als jene und können auch als fleiſchige An— ſchwellungen der Venen vor ihrem Eintritte in das Herz betrach— tet werden. Das von der Vorkammer aufgenommene Blut geht dann durch eine Oeffnung in die Kammer, und aus dieſer in die Arterie. An jeder der beiden Oeffnungen, die aus der Vorkammer in die Kammer, und aus dieſer in die Arterie führen, iſt eine Klappe befindlich, die eine ſolche Einrichtung hat, daß, beim Zus ſammenziehen des Herzens, der Rücktritt des Blutes in die Vor⸗ kammer verhindert, der Ausfluß in die Arterie aber befördert wird. — Das Herz der Säugthiere und Vögel hat zwei Kam⸗ mern und zwei Vorkammern. Die rechte Vorkammer erhält das Blut aus dem Körper und ſchickt es in die rechte Kammer; die linke Vorkammer erhält das Blut aus den Lungen und ſchickt es in die linke Kammer. Beide Kammern und beide Vorkammern find durch Scheidewände von einander getrennt. Die Scheide— wand der beiden Vorkammern hat im Fötus eine Oeffnung, ei⸗ rundes Loch genannt. Bei einigen Säugthieren, die im Waſ— ſer leben (Fiſchotter, Biber, Robben), hat man dieſe Oeffnung zwar auch noch zuweilen im ſpätern Lebensalter gefunden, wahr⸗ ſcheinlich aber ſchließt ſie ſich bei ihnen doch zuletzt, und die un⸗ terſuchten Thiere, bei denen man ſie fand, waren wol noch nicht völlig ausgewachſen; oder es kommt bei ihnen das Offenbleiben des Lochs öfters als ſonſt als Abnormität vor, denn auch bei andern Säugthieren, und ſelbſt bei dem Menſchen, findet man es zuweilen in erwachſenen Individuen. — Das Herz der Rep— tilien hat zwei Vorkammern, aber nur eine Kammer, welche letztere jedoch meiſt in mehre mit einander in Verbindung ſtehende Höhlen abgetheilt ift. Beide Vorkammern öffnen ſich in die Kam⸗ mer. Nur der Krokodil ſoll auch zwei von einander getrennte Kammern haben. — Das Herz der Fiſche, welches in einer i er 36 * 564 Zwölfte Klaſſe. Höhle in dem Winkel hinter den beiden Kiemenöffnungen liegt, beſteht nur aus einer Kammer und einer Vorkammer, welche letz⸗ tere das Körperblut aufnimmt und es in die Kammer ſchickt. Dieſe Thiere haben aber zum Theil noch an andern Stellen Nebenherzen, nämlich muskulöſe Erweiterungen der Gefäße, welche wie das eigentliche Herz pulſiren und das Blut weiter treiben, z. B. das Leberherz, welches Duvernoy in einem Haifiſche entdeckte, und das Caudalherz, welches Hall im Schwanze des Aals fand. § 277. Die Blutgefäße bilden zwei Syſteme, nämlich das der Arterien und das der Venen. Ein jedes derſelben entſpringt vom Herzen mit Einem Hauptſtamme (ſeltener mit einigen Stämmen), die ſich dann im Körper oder in einem Theile deſſelben (den Lungen) nach und nach ſo fein veräſteln, daß die äußerſten Zweige ſich dem Auge faſt entziehen; und dieſe feinſten Enden beider Syſteme gehen dann in einander über. Die Arte⸗ rien beſtehen aus drei Häuten und haben ſtärkere Wände als die Venen, welche nur aus zwei Häuten beſtehen. — Diejenige Ar⸗ terie, welche in Säugthieren und Vögeln von der rechten Kammer ausgeht und ſich in den Lungen verzweigt, heißt Lun— genarterie; die von der linken Kammer ausgehende, welche ſich in allen Theilen des Körpers verzweigt, Körperarterie oder Aorta. Die Reptilien haben nur Eine Kammer, aus welcher, in den Lurchen, nur Eine Arterie entſpringt, die ſich bald in zwei Aeſte theilt, deren einer in die Lungen, als Lungen- arterie, der andere in den Körper, als Körperarterie, ſich verzweigt. Bei den übrigen Reptilien entſpringen aus der Kam⸗ mer zwei bis drei Arterienſtämme, von denen immer einer bloß den Lungen angehört, alſo Lungenarterie iſt. Aus der Kammer der Fiſche entſpringt Eine Arterie, die zu jeder Kieme einen Aſt, als Kiemenarterie (entſprechend der Lungenarterie), ſendet, welche ſich in der Kieme in Zweige ſpaltet, die am andern Ende der Kieme wieder in Einen Stamm verbunden hervortreten. Beide Stämme verbinden ſich darauf, nachdem ſie vorher einige Zweige an andere Theile abgeſendet haben, zu einem Hauptſtamme, der ſich, als Körperarterie, weiter im Körper verzweigt. — Aus den Lungen gehen, bei Säugthieren und Vögeln, vier Säugthiere. 565 Lungenvenen zur linken Vorkammer; aus dem Körper zwei Venenſtämme zur rechten Vorkammer, nämlich die Herzvene, welche die meiſten Venen des Herzens aufnimmt, und die beiden Hohlvenen, von denen die obere alles Blut aus den obern oder vordern, oberhalb des Zwerchfells gelegenen Theilen des Kör— pers, die untere alles Blut aus den untern oder hintern Theilen des Körpers zum Herzen leitet. Bei den Reptilien vereinigen ſich die Lungen venen der Schildkröten und Echſen in einen Stamm, der in die linke Vorkammer geht. Die Schildkröten haben eine vordere und zwei hintere Hohlvenen, die übrigen Reptilien zwei vordere und eine hintere. Bei den Fiſchen ſam— meln ſich ſämmtliche Venen zuletzt in fünf Hauptſtämme, die das Blut zum Herzen führen. § 278. Der Kreislauf des Blutes geſchieht, wie bereits angeführt iſt, ſo, daß die Venen das Blut zum Herzen hin, die Arterien daſſelbe von ihm aus-führen. Wenn das Blut in die Kammer gelangt iſt, ſo zieht ſich das Herz zuſammen, und das Blut wird in die von der Kammer ausgehende Arterie ge— ſtoßen, zu welchem Ende die an der Mündung der Vorkammer befindliche Klappe ſo eingerichtet iſt, daß ſie, wie ein Ventil, jene Mündung ſchließt und den Rücktritt des Blutes in die Vorkam⸗ mer hindert. Die Füllung und Entleerung der Kammer geſchieht in gleichen Zwiſchenräumen, und das jedesmalige Ausſtoßen des Blutes giebt ſich durch die Pulſe zu erkennen, welche äußerlich nicht nur am Herzen, ſondern auch noch an den Arterien zu füh— len find, An den Venen ſind in der Regel keine Pulſe zu ſpü⸗ ren, aber in mehren derſelben bildet die innere Haut Klappen, welche ſo geſtellt ſind, daß ſie ſich aufrichten, wenn das Blut ſich rückwärts bewegen wollte, und ſo dieſe Bewegung verhindern. — Den Kreislauf ſelbſt theilt man in den großen und kleinen. Jener iſt der des Blutes durch den Körper; der andere der durch die Athmungsorgane. Der große iſt bei allen Wirbelthieren voll— ſtändig, d. h. alles Blut macht den Kreislauf durch den Körper. Der kleine iſt nur bei Säugthieren, Vögeln und Fiſchen voll— ſtändig, d. h. alles Blut geht durch die Athmungsorgane, aber auf verſchiedene Weiſe: Bei Säugthieren und Vögeln, welche zwei Herzkammern haben, geht alles Blut aus der rechten in die 566 Zwölfte Klaſſe. Lungen und kehrt von da in die linke zurück, welche es in den Körper ſendet; bei den Fiſchen aber, die nur Eine Herzkammer haben, geht alles Blut aus dieſer in die Kiemen, und dann aus den Kiemen alles gleich in den Körper. Unvollſtändig iſt der kleine Kreislauf in den Reptilien, d. h. nicht alles Blut geht durch die Lungen oder Kiemen, ſondern zum Theil aus dem Herzen gleich wieder in den Körper: Wir haben geſehen, daß dieſe Thiere nur Eine Herzkammer haben, aus welcher entweder nur Eine Arterie entſpringt, die ſich bald in zwei Aeſte trennt, deren einer zu der Lunge (Lungenarterie), der andere in den Körper (Körperarterie) führt, oder deren zwei bis drei, von denen immer nur Einer bloß der Lunge angehört (Lungenarterie). Offenbar wird in beiden Fällen nicht alles Blut aus dem Herzen in die Lunge geleitet, ſondern ein großer Theil deſſelben gleich wieder in den Körper. Dabei iſt jedoch zu bemerken, daß die Oeffnungen aus den Vorkammern in die Herzkammer fo liegen, daß das Kör⸗ perblut aus der rechten Vorkammer gleich in diejenigen Höhlen der Herzkammer tritt, welche mehr mit der Lungenarterie, das Lungenblut, aus der linken Vorkammer, in diejenigen, welche mehr mit der Körperarterie in Verbindung ſtehen. Aber Vermi⸗ ſchung des Körperblutes mit dem Lungenblute findet immer im Herzen der Reptilien ſtatt, da die Höhlen der Kammer unter ſich in Verbindung ſtehen; und bei den Fröſchen iſt jene Vermiſchung noch ſtärker, weil alles Blut aus der Kammer in einen gemein⸗ ſchaftlichen Arterienſtamm tritt. r § 279. In ſolchen warmblütigen Thieren, Welch öfters untertauchen und längere Zeit unter Waſſer verweilen, wobei das Athmen, die abwechſelnde Erweiterung und Zuſammenziehung der Lungen, und damit die Aufnahme und Cirkulation des Blutes in und durch die Lungen, unterdrückt wird, finden ſich meiſt gewiſſe Erweiterungen der Gefäße in der Nähe des Herzens, ſelbſt zum Theil beſondere Blutbehälter, zur Aufnahme und Zu— rückhaltung des Blutes. Sie ſind zum Theil muskulös und kön⸗ uen ſich zuſammenziehen und ausdehnen. Die mit der Körper: arterie verbundenen dienen zur Aufnahme von arteriellem Blut (Lungenblut), um daſſelbe, bei längerm Untertauchen, in Umlauf zu ſetzen; die mit der Hohlvene verbundenen, um, im gleichen Säugthiere. | 567 Falle, das venöſe Blut (Körperblut) zu ſammeln und es, beim Auftauchen und Wiedereinathmen, wenn die Lungen ſich ausdeh- nen, durch das Herz in dieſe gelangen zu laſſen. Vorzüglich aus- gebildet hat man dieſe Einrichtung in den Fiſchzitzthieren, Floſſen⸗ füßlern und Tauchvögeln gefunden; aber auch im Biber hat man dergleichen entdeckt, und wach 0 m möhren 0 Säugthieren gemein. § 280. Das Lomphgefäßſyſtem beſteht aus Mn genden Gefäßen, welche überall im Körper zu entſtehen ſchei⸗ nen, um Flüſſigkeiten einzunehmen. Sie ſind in ihren Anfängen äußerſt fein, ſchlängeln und verbinden ſich unter einander auf das mannigfaltigſte, und treten zuletzt in einen oder zwei Hauptſtämme zuſammen, welche im Menſchen da, wo die Hals- und Achſel— Venen ſich verbinden, in das Venenſyſtem einmünden. Auch die übrigen Säugthiere, die Vögel, Reptilien und Fiſche haben ſolche Gefäße. Sie führen alſo die Flüſſigkeiten, die fie an verſchiede⸗ nen Stellen einziehen, und den Nahrungsſaft (Chylus), den ſie aus dem Nahrungskanale aufnehmen, in das Körperblut, mit welchem dieſelben dann ins Herz u. ſ. w. gelangen und zur Er⸗ nährung des Körpers verarbeitet und abgeſetzt werden. Einige Beobachter entdeckten in Froſchlurchen und Schlangen auch vier Lymphgefäßherzen, nämlich zwei neben dem After und zwei unter den Schulterblättern, welche unabhängig von dem eigentlichen Blutherzen pulſiren, mit den Venen in Verbindung ſtehen, und zum Forttreiben der Lymphe dienen ſollen. Auch Lymphdrüſen find zum Theil mit den Lymphgefäßen verbun⸗ den, vorzüglich im Menſchen. Bei den übrigen Säugthieren ſind deren weniger; noch wenigere bei den Vögeln; den Reptilien und Fiſchen ſcheinen ſie ganz zu fehlen. Die Wallfiſche haben, ſtatt derſelben, im Gekröſe Höhlungen, in denen ſich nicht nur Lymphgefäße, ſondern auch Arterien und Venen öffnen, ſo daß hier alſo der Chylus gemiſcht mit Arterienblut in die Venen ein⸗ tritt. Nach den Beobachtungen Rusconis bilden, in Molchen und Fröſchen, die lymphatiſchen Gefäße der Baucheingeweide Kanäle, in denen eine Arterie ſo verläuft, daß ſie ganz von der Lymphe umgeben iſt. Später baten man 5 e in A andern Reptilien gefunden. en uh N 568 Zwölfte Klaſſe. Siebentes Kapitel. Athmungsorgan e. § 281. Die Athmungsorgane der Wirbelthiere ſind entweder Kiemen, zum Athmen der Luft aus dem Waſſer, oder Lungen, zum Athmen der Luft unmittelbar aus der Atmoſphäre. Aber auch durch die äußere Körperhaut und im Darmkanal findet ein nicht unbedeutender Athmungsprozeß ſtatt. — Die Kiemen, welche bei denjenigen Reptilien, die mit ihnen verſehen ſind, äußerlich hervortreten, und ſelbſt bei den Fiſchen, wo ſie im Schlunde liegen, doch in den bei weiten meiſten Fällen von außen durch die Kiemenöffnungen oder durch den offnen Mund deutlich geſehen werden können, ſind bereits in den Abſchnitten über die äußern Athmungsorgane abgehandelt worden. Wir haben hier alſo nur noch die Lungen der drei letzten Klaſſen der Wirbel⸗ thiere und die Schwimmblaſe der Fiſche, in ſo fern dieſe als ein Analogon der Lungen anzuſehen iſt, zu betrachten. 8282. Die Lungen find weiche, ausdehnbare, ſackförmige Organe, welche im Vorderleibe liegen, ſich aber oft (niemals in⸗ deß bei Säugthieren) bis in den Hinterleib erſtrecken, und durch einen beſondern Gang, die Luftröhre, im Schlunde ausmün⸗ den, indem fie, mittelſt derſelben, Luft ein- und aus- athmen. Der obere Theil der Luftröhre bildet den Kehlkopf, und die aus demſelben in den Schlund führende Oeffnung iſt die Stimm ritze. Um aber, beim Verſchlucken der Speiſen, das Eindringen derſelben in die Stimmritze und in die innern Naſenlöcher zu ver⸗ hüten, find noch beſondere Einrichtungen vorhanden: Die Säug⸗ thiere haben über der Stimmritze eine knorplige Klappe, den Kehldeckel, welcher ſich, beim Verſchlucken, über jene legt, und am Grunde der Mundhöhle eine häutige, vom Gaumen hinab— hängende Klappe, das Gaumenſegel, welches ſich zu gleicher Zeit vor die innern Naſenlöcher ſchlägt. Meiſt iſt in der Mitte des Segelrandes ein vortretender Zipfel, Zapfen genannt. Den Vögeln fehlt ſowol der Kehldeckel als das Gaumenſegel. Statt deren ſind bei ihnen die Stimmritze und die innern Naſenlöcher von rückwärts gekehrten, verlängerten Warzen umgeben, welche jene Oeffnungen ſchützen. Auch den Reptilien fehlt das Gau⸗ — Säugthiere. | 569 menſegel, da die innern Naſenlöcher mehr nach vorn liegen. Nur beim Krokodil, deſſen innere Naſenlöcher ſich weiter nach hinten befinden, iſt ein unvollkommenes Gaumenſegel vorhanden. Von dem Kehldeckel iſt ebenfalls nur im Krokodil und einigen andern Echſen eine Spur vorhanden. — Die Lungen ſelbſt ſind, dem Bau, der Geſtalt und der Größe nach, ſehr verſchieden. § 283. Säugthiere und Vögel haben zwei Lungen oder Lungenflügel, welche bei erſtern meiſtentheils durch Ein⸗ ſchnitte in Lappen getheilt ſind; weniger iſt dieſes bei den Vögeln der Fall. Sie ſind äußerlich mit einer dünnen Haut bekleidet, und beſtehen aus häutigen, zum Theil knorpligen, Luftgängen, welche ſich in größern oder kleinern Luftbehältern oder Zellen endigen, und aus Blutgefäßen, die ſich auf den Wänden jener Behälter veräſteln. Bei den Vögeln aber endigen nicht alle Aeſte der Luftgänge in Zellen, ſondern mehre münden, mit fünf bis ſieben Oeffnungen, am untern Ende der Lungen aus, um in die übrigen Luftſäcke und in die hohlen Knochen Luft gelangen zu laſſen. Die Lungen der Manati gleichen jedoch ſchon mehr den Schwimmblaſen der Fiſche. — Bei den Vögeln ſind mit den Lungen noch beſondere, im Hinterleibe liegende häutige Luftſäcke verbunden, welche von Einigen für Duplikaturen des Bauchfells, von Andern für Verlängerungen der Lungen ſelbſt gehalten wer— den. Der Wadſtrauß iſt der einzige Vogel, dem ſolche Luftſäcke mangeln und deſſen Lungen ſich nicht bis in den Hinterleib er— ſtrecken. Bei dem Wehrvogel (Palamedea chavaria) hingegen verbreitet ſich die Luft ſelbſt zwiſchen Haut und Fleiſch, wodurch jene ſtellenweiſe aufgetrieben wird. So können auch die Fleder— mäuſe, durch eine jederſeits im Munde befindliche Oeffnung, bei verſchloſſenem Munde und Naſe, die Luft zwiſchen Fell und Fleiſch treiben und ſich dadurch ausdehnen. — Die hohlen Knochen der Vögel ſtehen ebenfalls mit den Lungen in Verbindung und erhalten aus denſelben Luft. § 284. Unter den Reptilien haben die Schildkröten, Lurche und Echſen zwei ſackartige Lungen, deren innere Wände in winklige offene Zellen getheilt find; in den Molchen und Kie⸗ menmolchen aber fehlen die Zellen, und ihre Lungen, ſo wie die mancher Kriecher, ſind den einfachen Schwimmblaſen der Fiſche 570 a | Zwölfte Klaffe. ſehr ähnlich. Die Lungen der Schildkröten, mehrer Echſen, der Waſſermolche und Sirenenmolche erſtrecken ſich weit in den Hin⸗ terleib hinab. In den Wurmſchlangen und Handwühlen iſt die eine Lunge ſehr klein; und ſo verhält es ſich auch bei den mei⸗ ſten Kriechern, wo die rechte Lunge oft ſo klein iſt, daß man ſie häufig überſah und dieſen Thieren nur Eine Lunge zuſchrieb; jedoch ſollen bei der gewöhnlichen Natter (Coluber natrix) in früheſter Jugend beide Lungen von gleicher Größe und Geſtalt ſein. Die Doppelſchleichen und Wickelſchlangen haben aber wirklich nur Eine Lunge. § 285. Die Luſtgänge der Lungen vereinigen ſich nach und nach in einen Stamm, die Luftröhre, welche aus einer größern oder geringern Anzahl nicht ganz geſchloſſener Knorpel⸗ ringe beſteht und im Schlunde, unter dem Kehlkopfe, ausmündet. Sie ſteht in der Regel mit der Länge des Halſes im Verhältniß. Nur bei einigen Vögeln übertrifft ſie dieſen bedeutend an Länge, indem ſie unter oder in dem Bruſtbeine eine Windung macht; auch ſoll bei manchen Waſſervögeln ihre Länge nach der Jahres⸗ zeit verſchieden und in der Begattungszeit beträchtlicher ſein. — Bei den Reptilien zeräſtelt ſie ſich in der Lunge im Allgemeinen weniger. In den Lurchen fangen die Aeſte derſelben gleich unter dem Kehlkopfe an, dringen aber nicht in die Lunge ein, ſondern öffnen ſich gleich in die innere Höhle derſelben, ſobald ſie dieſe erreichen. In den Kriechern und einigen Echſen theilt ſie ſich gar nicht in Aeſte, ſondern mündet mit ihrem untern Ende in. die Lungenhöhle aus. 8 286. Der Mechanismus des Athmens beſteht in abwechſelndem Ausdehnen und Zuſammenziehen der Lungen. Bei den Reptilien ſind die Zwiſchenräume zwiſchen Ein- und Aus⸗ athmen viel länger und ungleicher, als bei Vögeln und Säug⸗ thieren. Die Lungen der beiden letztern verhalten ſich dabei faſt ganz leidend, denn es iſt hauptſächlich die Thätigkeit des Zwerch⸗ fells oder, bei den Vögeln, der daſſelbe vertretenden Muskeln, und der die Rippen hebenden Muskeln, wodurch die Bruſt erwei⸗ tert und die Lunge, zum Einathmen, ausgedehnt wird. Bei dem Ausathmen wirken beſonders die Bauchmuskeln, indem ſie, durch ihr Zuſammenziehen, die Eingeweide gegen die Bruſt drängen Säugthiere. 3 } i und dieſe und die Lungen verengern, wodurch denn auch bei den Vögeln zugleich die Luft aus den Unterleibsſäcken in die Lungen getrieben wird; doch tragen auch die Muskelfaſern, welche die Luftgänge umgeben, durch ihr Zuſammenziehen mit zum Ausath— men bei. Unter den Reptilien iſt der Mechanismus des Athmens bei Echſen und Kriechern im Weſentlichen mit dem der Vögel übereinſtimmend; bei den Lurchen und Schildkröten hingegen, wo der Apparat, der bei Säugthieren und Vögeln das Aus- und Einathmen bewirkt (Rippen und deren Muskeln), viel unvollſtän⸗ diger iſt, geſchieht das Einathmen ſo, daß ſie, bei dicht verſchloſ— ſenem Munde, die Mundhöhle ausdehnen, die nun durch die Na— ſenlöcher mit Luft gefüllt wird, worauf dann auch die innern Na— ſenlöcher durch eine Klappe geſchloſſen werden und, durch Zuſam⸗ menziehen der Mundhöhle, die eingezogene Luft durch die Luft⸗ röhre in die Lunge getrieben wird. Das eee este wie bei Säugthieren und Vögeln. § 287. Bei dem Einathmen geht aus der eingezogenen Luft der Sauerſtoff durch die dünnen Wände der zarteſten Lungenadern an das Blut über, wogegen dem letztern eine gewiſſe Menge Waſſerſtoff und Kohlenſtoff entzogen wird, um wie= der ausgeathmet zu werden. § 288. Eine zweite Funktion der Lunge und der Luft⸗ röhre, außer dem Athmen, iſt das Hervorbringen der Stimme, unter welcher Benennung diejenigen Töne begriffen werden, die durch das Hervortreiben der Luft aus der Lunge durch die Stimmritze entſtehen. Letztere iſt ein durch ein paar geſpannte Blätter begränzter enger Spalt am Anfange der Luftröhre, d. i. am obern Kehlkopfe, und diejenige Stelle, wo der Schall ge— bildet wird. Die Vögel aber haben die eigentliche Stimmritze am Ende der Luftröhre, da wo dieſe in die Luftgänge der Lunge übergeht, alſo am untern Kehlkopfe. — Die Stärke der Stimme hängt von der verhältnißmäßigen Größe der Lunge und der Luftſäcke ab; die Modulation von der Beweglichkeit der auf die Lunge einwirkenden Muskeln, von der Geſtalt und Länge der Luftröhre, von der Erweiterung und Verengerung der Stimme ritze, von der Beſchaffenheit der Zunge und des Mundes, beſon⸗ ders der Lippen, von der Zahl und Beweglichkeit der Muskeln 572 Zwölfte Klaſſe. die auf alle dieſe Theile e und von Be andern be⸗ ſondern Vorrichtungen. § 289. Bei den Säugthieren wird die Stimme durch die verſchiedene Zahl und Beſchaffenheit der Theile, Bänder und Höhlungen des Kehlkopfes, durch Kehldeckel und Gaumenſegel, durch die Geſtalt der Mundhöhle, Naſengänge, Zunge und Lip⸗ pen, und durch die verſchiedene Beweglichkeit der beiden letztern, mannigfaltig modificirt. Die Brüllaffen haben eine große, trommelförmige Erweiterung am Zungenbeine, welche mit dem Kehlkopfe in Verbindung ſteht, und Vieles zur Verſtärkung der Stimme beiträgt. Der Kehlkopf der Fiſchzitzthiere iſt am ein⸗ fachſten gebauet, und da ihm alle diejenigen Einrichtungen fehlen, die an den übrigen Säugthieren mehr oder weniger vollſtändig vorhanden ſind, ſo iſt es wahrſcheinlich, daß jene Thiere gar keine Stimme haben. Der Menſch iſt unter allen Säugthieren mit den beweglichſten und in die mannigfaltigſten Formen zu bringen⸗ den Lippen verſehen; und dieſe Eigenſchaft iſt es hauptſächlich, wodurch er die Sprache beſitzt, denn durch die Lippen werden vorzüglich diejenigen Modifikationen der Stimme hervorgebracht, welche man Vokale und Konſonanten nennt. | § 290. Die Stimme der Vögel wird beſonders durch die Stimmritze des untern Kehlkopfes gebildet; die des obern trägt weniger dazu bei. Daher iſt in den Singvögeln jene am zuſammengeſetzteſten. Jedoch iſt zu bemerken, daß manche nicht ſingende Vögel (z. B. der Organiſtenvogel) denſelben Muskel⸗ apparat an der Stimmritze haben, wie die ſingenden. Auch die Eigenſchaft, daß die Vögel ihre Luftröhre verlängern und verkür— zen können, ſo wie die Beſchaffenheit und Beweglichkeit der Zunge, ſind von Einfluß auf die Modifikation der Stimme. Der harte Schnabel kann wenig oder nichts dazu beitragen, ſondern nur die innere Wölbung deſſelben kommt dabei etwas in Betracht. § 291. Die Reptilien haben nur einen obern Kehl- kopf; Kehldeckel, Gaumenſegel und weiche Lippen fehlen, und die Stimmritze hat keinen beſondern Muskelapparat; daher iſt ihre Stimme keiner mannigfaltigen Modulation fähig. Die beutelför⸗ migen Kröpfe der Leguane und Drachen ſtehen mit den Stimmorganen in keiner Verbindung, können aber mit Luft ge⸗ Saͤugthiere. | 573 füllt werden. Die männlichen Waſſerfröſche und Laubfröſche haben einen großen Kehlkopf und können durch denſelben ſtärkere Töne hervorbringen; auch haben ſie großentheils entweder jeder— ſeits hinter dem Mundwinkel oder an der Kehle eine häutige Ausdehnung, die ſich in die Mundhöhle ausmündet und, beim Schreien, von innen mit Luft angefüllt und nach außen vorge— trieben wird. N e | § 292. Die mit Luft gefüllte Schwimmblaſe der Fiſche liegt im Bauche, iſt von verſchiedener Größe und Geſtalt, theils lappig oder in mehre Blaſen geſpalten, theils gefranzt, mit mancherlei Anhängſeln, theils mehr oder weniger an die Rippen oder Wirbel befeſtigt, in einigen Stockfiſcharten mittelſt Seitenäſte ſelbſt in die hohlen Enden der Seitenfortſätze der Bauchwirbel eindringend, theils aber ganz von Rippen und Wirbeln abgeſon⸗ dert. Bei einigen Grundeln iſt ſie in eine knorplige oder knö— cherne Kapſel eingeſchloſſen. Bei denjenigen Arten, wo fie als ein einfacher häutiger Sack vorhanden iſt, hat ſie die größte Aehnlichkeit mit den Lungen der Waſſermolche; noch auffallender iſt dieſe Aehnlichkeit bei den Sirenenfiſchen, wo ſie zwei ſolcher Säcke bildet; bei den Schwerdtfiſchen, Igelfiſchen und einigen Welſen iſt ſie inwendig zellig. Einigen Fiſchen fehlt ſie. — Bei vielen Fiſchen befindet ſich in ihrem Innern eine Drüſe, aus welcher eine Menge feiner luftführender Gefäße entſpringen, die ſich nach und nach zu mehren Hauptſtämmen verbinden, welche in das Innere der Blaſe ausmünden und die Luft in dieſelbe ausſondern. Wo jene Drüſe fehlt, da wird die Luft wahrſchein— lich von den feinen Blutgefäßen abgeſondert. — Von der Blaſe geht ein Ausführungskanal ab, der ſich in die Speiſeröhre oder in den Magen öffnet. Im Kabeljau find zwei ſolcher Aus— führungskanäle; in einigen andern Fiſchen, z. B. in manchen Ar⸗ ten von Stockfiſchen, Grundeln, Umbern u. ſ. w., hat die Blaſe gar keinen Ausführungskanal; im Biſchir mündet ſie unmittelbar, durch eine große Oeffnung, in den Speiſekanal aus. Sehr häufig aber, und vermuthlich bei den erwachſenen Fiſchen, iſt jener Kanal geſchloſſen und bildet dann nur ein Band, mittelſt deſſen die Blaſe dem Magen oder der Speiſeröhre anhängt; in früheſter Jugend iſt er wahrſcheinlich bei allen Fiſchen offen. Im Hering, 574 a Zwölfte Klaſſe. wo die Blaſe bis an das Ende der Bauchhöhle ſich erſtreckt, ſoll ſie auch neben dem . durch eine kleine Oeffnung, ſich aus⸗ münden. Ueber die Funktion der Schwimmblaſe find die Mei⸗ nungen verſchieden: Die früheſte und allgemeinſte Anſicht iſt die, daß ſie, durch ihr Füllen und Entleeren, zum Steigen oder Sinken des Fiſches im Waſſer beitrage; und dieſe Anſicht ge: winnt an Wahrſcheinlichkeit durch die Beobachtung, daß, wenn bei Fiſchen, denen die Blaſe fehlt, nicht durch andere Einrichtun⸗ gen, etwa durch zweckmäßige Form des Körpers, oder durch größere Bruſt⸗ und Bauchfloſſen, das Steigen erleichtert wird, ſolche Fiſche nur mühſam oder gar nicht die Oberfläche des Waſ⸗ ſers erreichen können. Immer aber bleibt es ſchwierig zu erklä⸗ ren, woher Fiſche in der Tiefe des Waſſers die Luft zum Anfül⸗ len der Blaſe nehmen, wenn man nicht dieſe ſelbſt als ein luft⸗ abſonderndes Organ anerkennen will. — Da die Schwimmblaſe bei manchen Fiſchen mit den Gehörorganen in Verbindung ſteht, ſo wird ſie zum Theil als zu dieſen gehörig angeſehen. Auch zu den Geruchsorganen iſt ſie gezählt worden. — Frü⸗ her iſt bereits erwähnt, daß ſie große Aehnlichkeit mit den Lun⸗ gen der Lurche, beſonders der Waſſermolche, habe; ſelbſt die Lunge der Manatis kommt ihr nahe; und wie bei den ſchwim⸗ menden Reptilien und Säugthieren das Schwimmen durch An⸗ füllung der Lungen mit Luft erleichtert wird, ſo dürfte auch wol den Fiſchen die Schwimmblaſe auf gleiche Weiſe zu ſtatten kommen. Aus der Entwickelungsgeſchichte dieſes Organs hatte von Baer früher darzuthun geſucht, daß ſie eine Lunge ſei; doch ſcheint ſpäter dieſe Anſicht von ihm mehr in den Hintergrund geſtellt zu fein und die Schwimmblaſe theils als ein zum Steigen und Sin⸗ ken im Waſſer dienendes, theils als ein auf das Gehör ſich be⸗ ziehendes Organ betrachtet zu werden. Bei ganz jungen Fiſchen wird ſie oft ſo plötzlich mit Luft gefüllt, daß dieſe Luft wahr⸗ ſcheinlich eingeſchluckt ſein muß; ja es ſcheint, als ob ganz junge Fiſche täglich mehre Male aus- und ein-athmen. Später bedür⸗ fen ſie des Athmens durch die Lungen (Blaſe) nicht mehr, und die Luftröhre (Ausführungskanal) ſchließt ſich. Wie alſo die Lurche in früheſter Jugend durch Kiemen und ſpäter erſt durch Säugthiere, Bi 575 Lungen athmen, fo träte, nach jener Beobachtung, bei den Fiſchen der umgekehrte Fall ein. Ob übrigens die Luftblaſen, welche manche Fiſche, z. B. Störe, zuweilen von ſich geben, aus n. Schwimmblase kommen, laſſen wir dahin geſtellt ſein. f 8 293. Manche Fifche geben zuweilen befondere Töne ain ſich, die jedoch nicht aus der Schwimmblaſe zu kommen ſchei⸗ nen, ſondern, bei denjenigen Fiſchen, welche mitunter Luft wer: ſchlucken und durch den Darm gehen laſſen, durch die wieder aus: geſtoßene Luft entſtehen können. Carus vergleicht jene Töne mit dem Kollern im Darmkanal der höhern Thiere. Achtes Kapitel. R Nervenfyfem § 294. Das Nervenſyſtem der Wirbelthiere 12 ein doppeltes, nämlich das Cerebralſyſtem und das Ganglien⸗ ſyſtem. Das erſte beſteht aus dem im Schädel eingeſchloſſenen Gehirn und dem von dieſem ausgehenden und im Rückgrats⸗ kanale enthaltenen Rückenmarke, mit den von beiden ausge⸗ henden Nerven. Gehirn und Rückenmark ſind meiſt weißlicht oder graulicht, von einer Hülle umgeben, welche bei erſtern aus drei Häuten beſteht, deren innere die Gefäß haut, die mittlere die Schleim- oder Spinnwebenhaut, die äußere die harte Hirnhaut genannt wird. Dieſes Syſtem iſt mit Bewußtſein verbunden, empfindet und empfängt ſeine Eindrücke durch die Sinnesorgane, in welche ſeine Nerven zum Theil endigen, ſam⸗ melt dieſelben im Gehirne, von wo aus dann wieder durch ans dere Nerven auf die Muskeln gewirkt und dieſe in Thätigkeit ge⸗ ſetzt werden. Das Gehirn iſt alſo der Mittelpunkt, auf welches alle Eindrücke hingeleitet werden und von dem alle willkürlichen Bewegungen ausgehen. Da ſich dieſes Nervenſyſtem auf Funk: tionen bezieht, welche die Thiere vor den Pflanzen voraus haben, nämlich auf Empfindung und willkürliche Bewegung, ſo nennt man es auch das Nervenſyſtem der animalen Sphäre. — Das Ganglienſyſtem, ſonſt unter dem Namen des ſympa⸗ thiſchen Nerven bekannt, entſpringt von einem Nervenpaare, welches einen Ring um den Speiſekanal bildet, verläuft als zwei, 576 Zwölfte Klaſſe. mehr oder weniger knotige Nervenfäden unter dem Rückgrate, zu beiden Seiten deſſelben, und iſt von grauer Farbe. Von den Knoten gehen beſondere Nerven zu den Ernährungs-, Athmungs⸗ und Fortpflanzungs-Organen, auf deren Thätigkeit dieſes Syſtem ohne Empfindung und ohne Bewußtſein unwillkürlich einwirkt. Die von den Knoten ausgehenden Nervenfäden bilden hin und wieder ebenfalls Knoten und Geflechte, welche letzteren für dieſes Syſtem als Mittelpunkte zu betrachten zu ſein ſcheinen. Am vollkommenſten ausgebildet iſt es in Säugthieren und Vögeln; unvollkommener in Reptilien; am wenigſten in Fiſchen, wo es nur aus einigen dünnen Fäden, mit wenig oder gar nicht ent⸗ wickelten Knoten, beſteht. Man nennt dieſes Syſtem, indem es ſich nur auf Funktionen bezieht, die den Thieren mit den Pflanzen gemein ſind, das Nervenſyſtem der vegetativen Sphäre, und es iſt daſſelbe, welches wir bereits in einigen Klaſſen der Fehl⸗ wirbelthiere als das Eingeweidenervenſyſtem kennen gelernt haben. Uebrigens ſtehen beide Syſteme durch Fäden in Verbindung. § 295. An dem Gehirne kann man drei Hauptmaſſen unterſcheiden, von denen die hinterſte oder unterſte das kleine Gehirn genannt wird und beſonders in den Säugthieren am vollkommenſten ausgebildet ſich zeigt. Ueberhaupt iſt das Gehirn im Menſchen und den höher gebildeten Säugthieren verhältnig- mäßig am größten, namentlich bedeutend ſtärker als das Rücken⸗ mark; im Menſchen übertrifft es daſſelbe mehr als vierzigmal an Maſſe. In den übrigen warmblütigen Thieren wird es allmälig in demſelben Verhältniſſe kleiner, wie das Rückenmark an Stärke zunimmt; in den kaltblütigen Thieren, beſonders in einigen Fi⸗ ſchen, iſt es kaum etwas dicker als das Rückenmark, und in Am- phioxus iſt es ganz verſchwunden. | §S 296. Das Rückenmark geht von bent kleinen Ge⸗ hirn aus, und erſtreckt ſich, bei Fiſchen, Reptilien und Vögeln, durch die ganze Wirbelſäule, was bei den Säugthieren nicht der Fall iſt; beſonders kurz iſt es im Menſchen; doch iſt es auch ſchon in einigen Knorpelfiſchen, z. B. im Klumpfiſch und See⸗ teufel, kürzer als die Säule. Es hat eine cylindriſche Form und beſteht aus zwei Strängen, welche dicht an einander liegen, ſo daß es wie Ein Strang ausſieht, der oben und unten eine Längs⸗ | Säugthiere. „ furche hat; bei Vögeln und Fiſchen ſind ſelbſt dieſe Furchen ver⸗ ſchwunden. In Amphioxus und den Neunaugern iſt es bands artig zuſammengedrückt. Bei den Säugthieren, mit Ausnahme des Menſchen, hat es drei Anſchwellungen, von deren mittelſten die Nerven für die Vorderbeine, von der hinterſten die für die Hinterbeine ausgehen. § 297. Nerven gehen zu allen Theilen des Körpers. Von denen des Ganglienſyſtems iſt bereits das Hauptſäch⸗ lichſte angeführt. Die des Cerebralſyſtems ſind meiſt weiß, entſpringen entweder aus dem Gehirne oder aus dem Rückenmarke. Aus jenem kommen beſonders diejenigen, die zu den Sinnesorga⸗ nen gehen: Die Riechnerven entſpringen aus der erſten Hirn⸗ maſſe und dringen durch die Löcher des Riechbeins in die Nafen: bhöhle, in deren Schleimhaut fie ſich vertheilen. Sie find in Men⸗ ſchen und Vierhändern am vollſtändigſten; doch fehlen ſie faſt keinem Wirbelthiere ganz, ſelbſt den Fiſchen nicht; nur bei den Fiſchzitzthieren hat man ſie nicht gefunden. — Die Sehnerven entſpringen aus der mittlern Hirnmaſſe und gehen durch die Seh: löcher zum Auge; der Augenmuskelnerv durch den obern Augen höhlenſpalt. Außerdem treten noch andere Nerven in die Augen- höhle, und manche derſelben ſtehen mit Nerven in Verbindung, die zu der Naſe gehen. — Die Gehörnerven entſpringen aus der hinterſten Hirnmaſſe und dringen durch mehre kleine Oeffnun⸗ gen in den Grund des innern Gehörganges, von wo ſie ſich an die verſchiedenen Theile des innern Ohres verzweigen. — Für den Geſchmacksſinn, ſo wie für den über den ganzen Körper verbreiteten Gefühlsſinn, giebt es keine beſondere, vom Ge— hirn ausgehende Nervenpaare, ſondern die Nerven, welche jene Sinne vermitteln, ſind Aeſte anderer Nerven. In die Zunge gehen Nerven von zwei oder drei Paaren, aber nur die, welche von dem Unterkinnladennerven in die Zungenwarzen gehen, ſchei⸗ nen den Geſchmack zu vermitteln. — Die aus dem Rücken⸗ marke entſpringenden Nerven kommen durch die Zwiſchenwirbel⸗ löcher (Seitenöffnungen, die ſich zwiſchen je zwei und zwei Wir⸗ beln befinden) hervor, und zwar ſo viel Nervenpaare, als es ſol⸗ cher Löcher giebt. Dieſe Nerven gehen beſondees in die b des Rumpfes und in die Bewegungsorgane.“ N. 578 Zwölfte Klaſſe. Neuntes Kapitel. Sünneser ga mee § 298. Die Sinnesorgane, zu denen die eben be⸗ trachteten Nerven gehen, haben wir ihrem Aeußern nach bereits kennen gelernt. Es bleibt uns nun noch übrig, ihren innern Bau und ihre Verbindung mit jenen Nerven darzuſtellen. Das Gefühl iſt der am allgemeinſten über den ganzen Körper verbreitete Sinn, welcher in der Haut, oder vielmehr in den Enden der in ihr verlaufenden Nerven ſeinen Sitz hat. Die Haut der Wirbelthiere beſteht aus vier Lagen, nämlich: 1) der äußern Oberhaut; 2) dem Schleimgewebe, auch Netz oder netzförmiger Körper genannt, welches oft gefärbt und der Sitz der verſchiedenen Farben und Zeichnungen der Haut iſt; 3) dem Warzen- oder Papillen-Geflecht oder - Körper, in deſſen Wärzchen ſich die Hautnerven endigen, daher es denn auch der eigentliche Sitz des Gefühls iſt; A) dem Leder, wel- ches die dickſte Schicht iſt und aus Faſern beſteht, die ſich nach allen Richtungen hin durchkreuzen und verfilzen. — Das Gefühl iſt deſto feiner, je feiner die Haut, je zahlreicher die Nervenenden in derſelben, und je weniger harte Bedeckungen und Anhängſel auf ihr befindlich ſind. In gewiſſen, meiſt ſehr beweglichen Thei⸗ len (z. B. in Fingern, Zunge, Lippen, Rüſſel, Schwanz, Bart⸗ fäden u. ſ. w.) mancher Thiere iſt das Gefühl oft beſonders fein; und da dieſe Theile dann beſonders zum Taſten dienen, ſo hat man ihr feines Gefühl auch wol als Taſtſinn bezeichnet. Auf eben dieſes feinere Gefühl läßt ſich auch der ſechste Sinn zurück⸗ führen, welchen Spallanzani für die Fledermäuſe annehmen zu müſſen glaubte, und durch welchen dieſe Thiere die Fähigkeit beſitzen ſollten, wenn fie in völliger Dunkelheit und in einem be⸗ ſchränkten Raume umherflatterten, doch nicht anzuſtoßen. N § 299. Der Geſchmacksſinn hat feinen Sitz in den weichen fleiſchigen Warzen an der Oberfläche der Zunge, welche ſich mehr oder weniger bei den Säugthieren, Vögeln und vielen Reptilien finden, und in denen ſich die Geſchmacksnerven endi— gen. Den Spaltzünglern, Schlangen, Froſchlurchen und Fiſchen fehlen ſie. Säügthiere. 579 § 300. Der Geruchsſinn hat feinen Sitz in einer Schleimhaut, mit welcher die ganze Naſenhöhle und die in die⸗ ſelbe vorſpringenden Knochen überzogen ſind, und in welcher der Riechnerv ſich vertheilt; bei den Fiſchen iſt ſelbſt der Grund der Naſenhöhle durch jene Haut geſchloſſen. Der Riechnerv tritt bei den Säugthieren durch einen mit vielen kleinen Löchern verſehenen Knochen (Siebbein) in die Schleimhaut. Den Fiſchzitzthieren, welche keinen Riechnerv haben, fehlen auch die Löcher im Sieb— beine. Bei den übrigen Wirbelthieren tritt der Riechnerv durch eine einfache Oeffnung ein. Die Rüſſelkanäle des Elephanten ſind noch nicht Geruchsorgane, denn es fehlt ihnen die Schleim— haut als Sitz dieſes Sinnes, ſondern dieſe Kanäle führen erſt zu den eigentlichen Naſenlöchern. So iſt es auch bei einigen andern gerüſſelten Säugthieren, als Tapiren, Schweinen, Maulwürfen u. ſ. w. Bei den Säugthieren ſteht die Naſenhöhle noch mit den Höhlen einiger anderer Schädelknochen, 0 0 Nebenhöhlen genannt werden, in Verbindung. § 301. Das innere Ohr fängt bei denjenigen Thieren, wo es vollkommen ausgebildet und nach außen geöffnet iſt, mit dem Trommelfelle an, einer geſpannten Haut, welche ent— weder an der äußern Oberfläche liegt (3. B. bei den Lurchen), oder, wo ein äußerer Gehörgang vorhanden tſt, z. B. bei Säug— thieren und Vögeln, im Grunde dieſes letztern. Hinter dem Trom— melfelle iſt ein Raum, die Paukenhöhle oder Trommelhöhle, welche mit der Mundhöhle durch ein Loch oder einen Kanal, die Euſtachiſche Röhre oder Trompete, in Verbindung ſteht. Die Paukenhöhle iſt ſehr verſchieden eingerichtet; den Schlangen fehlt fie ganz; im Krokodil hingegen und in einigen Fleiſchfreſ— ſern iſt ſie faſt doppelt; in den Vögeln und manchen Säugthie— ren iſt ſie mit einigen andern, in der Subſtanz der Schädelkno— chen befindlichen Höhlen (Nebenhöhlen) verbunden. Auf die Pau— kenhöhle folgt das Labyrinth, welches aus drei Theilen beſteht, nämlich 1) aus drei gekrümmten häutigen Kanälen, welche das ö 1 Gehörnervenmark einſchließen, und bei Säugthieren und Vögeln noch in eine knöcherne Umgebung eingeſchloſſen ſind; 2) aus ei— nem dieſen Kanälen gemeinſchaftlichen Vorhofe; 3) aus der Schnecke, welche mehr oder weniger ſchneckenförmig gewunden 37 * 580 Zwölfte Klaſſe. iſt, bei den meiſten Säugthieren drittehalb Windungen macht, bei den Fiſchzitzthieren und Schnabelthieren aber faſt ſo unvollſtändig wie bei den Echſen ſich zeigt, wo ſie nur ein etwas gebogener Anhang iſt; den übrigen Reptilien und den Fiſchen fehlt ſie ganz. Sie iſt der Länge nach in zwei Fächer oder Gänge getheilt, von denen der eine durch das ſogenannte runde Fenſter, welches von einer Haut geſchloſſen iſt, mit der Paukenhöhle zuſammen⸗ hängt; der andere, durch das ſogenannte eirunde Fenſter, ſich in den Vorhof öffnet. Dieſe beiden Fenſter haben indeß nur im Menſchen die angegebene Geſtalt; bei den übrigen Thieren, wo ſie ſich finden, iſt ihre Geſtalt und verhältnißmäßige Größe ſehr verſchieden; man nennt daher das runde auch wol das Schnek— kenfenſter, das eirunde das Vorhofsfenſter. — In den Säugthieren wird das Labyrinth durch zwei Kanäle, Waſſer— leitungen genannt, deren einer von dem Vorhofe, der andere von der Schnecke ausgeht, mit dem Innern des Gehirnkaſtens in Verbindung geſetzt. — Auf das eirunde Fenſter ſtützt ſich ein Knochen, welcher ſich, durch einen Stiel oder durch eine Reihe kleiner Knochen, mit dem Trommelfelle oder, wo dieſes fehlt, mit der Körperhaut, die die äußere Ohröffnung bedeckt, verbindet, ſo daß durch jene Knochen die Erſchütterungen des Trommelfells oder der Haut bis zu dem Vorhofe fortgepflanzt werden können. Bei den Säugthieren find jene Knöchelchen am deutlichſten aus⸗ gebildet, und haben, nach ihrer Geſtalt im menſchlichen Ohre, die Namen Hammer, Ambos, Linſenbein und Steigbügel erhalten; das Linſenbein wird jedoch zum Theil nur als zum Ambos gehörig betrachtet. Die Vögel haben ſtatt der vier Kno chen nur Einen winkelförmig gebogenen Knochen. Die Reptilien haben entweder zwei oder nur Einen Knochen. 8 302. Wir haben bisher das Ohr in ſeiner vollſtändi⸗ gen Zuſammenſetzung betrachtet, wie es ſich nur bei den höheren Wirbelthieren findet. Am unvollkommenſten iſt es bei den Fiſchen mit freien Kiemen, wo es in dem Gehirnkaſten ſelbſt liegt und aus einem mit Gallert gefüllten und zwei bis drei (den Vögeln und Säugthieren fehlenden) Knöchelchen enthaltenden Sacke (Vorhofe) und drei halbkreisförmigen häutigen Kanälen (Labyrinth) beſteht, die jedoch beim Stör ſchon in Knorpelkanäle Sängthiere. 581 angeſchoſſen find; die Gehörnerven gehen bis an die Knöchelchen. Eine äußere Oeffnung iſt gar nicht vorhanden. In den Knor— pelfiſchen mit anſitzenden Kiemen (Rochen, Haien) iſt das Ohr ſchon mehr in die Schädelknochen eingeſenkt, und die erſte Spur des eirunden Fenſters vorhanden; ein kleiner Gang führt aus dem Labyrinthe zu einer Oeffnung am hintern Theile des Gehirnkaſtens, welche durch die Haut verſchloſſen iſt; die Knö— chelchen ſind viel weicher und leicht zerreiblich. — Da bei einigen Fiſchen die Schwimmblaſe durch beſondere Knochen mit dem Vorhofe in Verbindung ſteht, ſo hatte man ſie zum Theil als eine Art Trommelfell oder vielmehr als ein Analogon der Pau- kenhöhle mit der Euſtachiſchen Röhre betrachtet, wogegen ſich ins deß Manches einwenden läßt, da ſie nicht bei allen Fiſchen mit den Gehörorganen in Verbindung ſteht. In den Molchen und Schlangen iſt das Gehörorgan fo ziemlich dem der Knorpel fiſche mit anſitzenden Kiemen gleich; in den Froſchlurchen kommt die Paukenhöhle hinzu, welche Gehörknöchelchen enthält und in die Mundhöhle ſich öffnet; das Trommelfell liegt ganz an der äußern Körperfläche. Im Krokodil iſt auch ſchon die erſte Spur der Schnecke vorhanden. § 303. Die Augenhöhle, in welcher das Auge (der Augapfel) liegt, iſt mehr oder weniger mit einer fettigen oder gallertartigen Subſtanz bekleidet, um die Reibung bei der Bewe— gung des Auges zu mildern. Das Auge ſelbſt wird durch Mus- keln in der Höhle gehalten und in Bewegung geſetzt; bei Rochen und Haien iſt es außerdem noch auf einen knorpligen Stiel ge— ſtützt. Die Augen der Blindmaus liegen in einer Drüſe und haben keine Muskel, ſind alſo wol unbeweglich. — Das Auge der Säugthiere iſt faſt kugelrund, bei den Fiſchzitzthieren äußerlich platter, bei den Fiſchen ſaſt ganz platt, bei den Vögeln hingegen iſt es noch mehr gewölbt als bei den Säugthieren. — Die äußere Schicht des Auges beſteht aus der harten Haut, welche zuwei— len noch knorplige oder knochenharte Theile enthält, zumal bei Fiſchen. In der Mitte der äußern Seite hat ſie eine Lücke, welche mit der Hornhaut ausgefüllt wird. Letztere iſt durchſichtig und mehr gewölbt als die harte Haut; am ſtärkſten iſt ihre Wölbung bei den Vögeln, am ſchwächſten bei den Fiſchen. Außerdem wird 582 Zwölfte Klaſſe. das Auge von der Bindehaut bedeckt, einer feinen Haut, die nichts weiter iſt, als ein Fortſatz der allgemeinen Körperhaut, welche an der Stelle, wo ſie über der Hornhaut liegt, durchſichtig iſt. Thiere, bei denen Letzteres nicht der Fall iſt, ſind daher blind, z. B. Blindmaus, Bauchkiemer, Blindaal (Muraena caeecilia). Die innere Fläche der harten Haut ift mit der Gefäßhaut be- kleidet, welche an den Rändern der Hornhaut einen Strahlen- kranz bildet, und etwas mehr nach vorn eine ringförmige Haut, die Traubenhaut, in deren Mitte die Sehe oder Pupille iſt. An der vordern Fläche wird die Traubenhaut von einer an⸗ dern ringförmigen Haut bedeckt, welche Regenbogenhaut oder Iris heißt. Je nachdem das Auge von ſtärkerm oder ſchwächern Lichte getroffen wird, dehnt ſich entweder die Regenbogenhaut aus, wobei die Sehe ſich zuſammenzieht, oder umgekehrt; jedoch hängt dieſe Bewegung nicht immer von Einwirkung des Lichtes ab, denn bei manchen Vögeln, wie Tauben, Papageien u. ſ. w., fin⸗ det fie auch ohne Veränderung des Lichtes ſtatt. Die ganze in⸗ nere Fläche der Gefäßhaut iſt mit einem dunklern oder zum Theil ganz ſchwarzen Pigment überzogen, welches indeß den Albi— nos fehlt. Der Sehnerv verbreitet ſich, nachdem er im Grunde des Auges die harte Haut durchdrungen hat, auf der ganzen in— nern Seite der Gefäßhaut und bildet ſo die Netzhaut. — Der größte Theil des Innern des Auges iſt mit einer klebrigen durch— ſichtigen Feuchtigkeit, der Glasfeuchtigkeit, angefüllt, welche in mehre kleine Zellen vertheilt iſt, die wieder in einer gemein- ſchaftlichen Haut eingeſchloſſen find; das Ganze heißt der Glas— körper. Letzterer enthält vorn, in einer Vertiefung, die durch— ſichtige Kryſtalllinſe in eine durchſichtige Haut eingeſchloſſen. Je flacher die Hornhaut iſt, deſto kugliger iſt die Linſe, und um⸗ gekehrt. Der Raum zwiſchen Linſe und Hornhaut wird mit der wäßrigen Flüſſigkeit ausgefüllt. — So iſt die Beſchaffen⸗ heit des Auges in deſſen vollkommener Ausbildung. Es kommen aber, in den einzelnen Theilen deſſelben, bei den verſchiedenen Thieren mancherlei Modifikationen vor. Bei den Fiſchen iſt es im Ganzen am wenigſten vollkommen: So fehlt ihnen z. B. der Strahlenkranz; die Beweglichkeit der Sehe, welche ſchon bei den Reptilien ſehr gering iſt, ſcheint den Fiſchen ganz Säugthi ere. | 583 Abbe; ſo iſt auch die Glasfeuchtigkeit und die wäßrige Er ur bei dieſen he nur in geringer Menge ie Zehntes Kapitel. Geſchlechtstheile. § 304. Was die innern Geſchlechtstheile beni ſo ſind die Wirbelthiere getrennten Geſchlechts; und wenn früher manche Fiſche, wie Bauchkiemer, Neunauger, Nadelfiſche, Aale, Schiffshalter, für Zwitter gehalten wurden, ſo kam dieſes daher, daß bei vielen derſelben die Hoden Aehnlichkeit mit unrei⸗ fen Eierſtöcken haben und für ſolche auch gehalten wurden, wäh⸗ rend man die Nieren für Hoden anſah. Eine ähnliche Täuſchung wird wahrſcheinlich auch bei Serranus cabrilla ſtattfinden, den man neuerdings wieder für einen Zwitter ausgegeben hat. : 8 305. Die männlichen Geſchlechtstheile beſtehen aus Hoden, Samenblaſen, Samengängen, e drüſen, Cowperſchen Drüſen und Ruthe. In den Hoden wird der Samen abgeſondert. Sie babe eine rundliche, bei Fiſchzitzthieren und Floſſenfüßlern langgezogene Geſtalt; bei den Fiſchen find ſie von verſchiedener Form. Ge⸗ wöhnlich iſt ihrer ein Paar vorhanden; Molche haben meiſt zwei Paar, mitunter ſelbſt drei Paar, ſelten nur ein Paar, und die Hoden jeder Seite hängen durch einen zarten Gang zuſammen. Sie liegen im Grunde des Unterleibes, zuweilen in der Mitte deſſelben, z. B. in Molchen; in den Fiſchen ſind ſie ſehr groß, beſonders zur Laichzeit, wo ſie ſich oft faſt durch die ganze Lei⸗ beshöhle erſtrecken; auch bei manchen Säugthieren und den mei⸗ ſten Vögeln wird ihr Umfang zur Begattungszeit beträchtlicher. Die Mehrzahl der Säugthiere trägt ſie in einer beutelförmigen Verlängerung der Körperhaut (Hodenſack) zwiſchen den Hinter⸗ beinen, außerhalb der Leibeshöhle. Die Hoden beſtehen aus Sa⸗ mengefäßen, Blutgefäßen und feinen Nervenfäden, was jedoch nicht immer genau zu erkennen iſt; in den Lurchen ſind ſie eine körnige Maſſe. — Die Hoden haben meiſt am obern Ende einen mehr oder weniger deutlichen unregelmäßigen Anhang, als Nebenhoden, der eigentlich ein mehr oder weniger verſchlunge-⸗ 584 Zwölfte Klaſſe. ner Ausführungsgang iſt. Bei einigen Säugthieren, z. B. den Nagethieren, hängt er mit dem Hoden nur durch zwei Stränge zuſammen; bei den Reptilien iſt er in der Regel weniger ver— ſchlungen, als bei Säugthieren und Vögeln; bei den Lurchen hängt er jedoch genauer mit dem Hoden zuſammen, von dem er ſich nur durch etwas blaſſere Farbe unterſcheidet. Unter den Fi⸗ ſchen haben Rochen und Haie einen deutlichen Nebenhoden, der mit dem Hoden durch einen müen Fortſat enen ea aus Drüſen oder Zellen beſteht. 58 306. Die Samenblaſen ſtehen mit dem Hoden ih; rer Seite durch einen Gang in Verbindung und dienen zum Auf⸗ bewahren des Samens. Ihre Beſchaffenheit, Geſtalt und Größe iſt ſehr verſchieden; meiſt ſind ſie darmförmig, an den innern Wänden theils zellig, ſelten drüſenartig. Sie ſcheinen nur in der Klaſſe der Säugthiere vorzukommen, aber auch nicht in allen Gat⸗ tungen, ſondern manchen Ordnungen ganz zu fehlen, z. B. den Fiſchzitzthieren, Zweihufern, Zehengängern, wie auch ar ein⸗ . Gattungen anderer Ordnungen. 8 307. In den mit Samenblaſen Wachen Ging thie ren geht von den Hoden oder Nebenhoden, ſo wie von der Samenblaſe, ein Ausführungsgang ab, und zwar meiſt ſo, daß der der Hoden, welcher gegen die Samenblaſe hin ſeine Rich⸗ tung nimmt, ſich mit dem dieſer letztern verbindet. Der aus die⸗ ſer Verbindung entſtehende Kanal oder Ausſpritzungsgang mündet am hintern Ende der Harnröhre ein, wo dieſe meiſt eine Erweiterung, den ſogenannten Schnepfenkopf, hat. Da die⸗ ſer Theil der Harnröhre beſonders muskulös tſt, ſo ſchnellt er, durch krampfhaftes Zuſammenziehen, den eintretenden Samen, wie auch den aus der Harnblaſe kommenden Harn, durch die Ruthe aus. Der Muskel, durch welchen dieſes hauptſächlich geſchieht, hat daher den Namen Harnſchneller erhalten. Im Aguti ver⸗ binden ſich die Ausführungsgänge der Hoden und Samenblaſen nicht mit einander, ſondern beide bleiben getrennt und münden jeder für ſich in den Schnepfenkopf aus, ſo daß beide nur durch dieſe Höhle mit einander in Verbindung ſtehen. Wo keine Sa⸗ menblaſen vorhanden ſind, da gehen die Ausführungsgänge der Hoden ebenfalls für ſich in die Harnröhre aus. — In Vögeln Säugthieres 585 und Reptilien öffnen ſich die Ausführungsgänge nicht in die Harnröhre, ſondern in die Kloake; und zwar verbinden ſich, bei Krokodilen, Schildkröten und Lurchen, die Ausführungsgänge bei— der Seiten vor ihrem Austritte in einen gemeinſchaftlichen Gang. — Auch in den Fiſchen kommen beide Gänge in einen na uns welcher hinter dem After ausmündet. | 8 308. Bei den Menſchen und mehren Sengchiren fin: den ſich in der Gegend, wo der Ausführungsgang in die Hartz röhre mündet, äſtige Blinddärme oder drüſenartige Körper, welche ſich eben da durch eine oder mehre Oeffnungen in die Harnröhre ausmünden; es ſind die Vorſteherdrüſen. Etwas mehr nach vorn liegen an der Harnröhre und öffnen ſich in dieſelbe die Cowperſchen Drüſenz; meiſt ihrer zwei, ſelten vier bis ſechs. Im Menſchen ſind ſie ſehr klein, größer bei mehren Säugthieren. Beide enthalten eine Flüſſigkeit, welche nicht Samen iſt, ſondern wol in ihnen ſelbſt abgeſondert und, während der Begattung, dem Samen beigemiſcht wird. Uebrigens find die Vorſteherdrü— ſen oft mit den Samenblaſen verwechſelt und 25 Inhalt mu oft für Samen gehalten. 8 309. Die Ruthe, oder dani männliche Orga welches bei der Begattung anſchwillt, vortritt, in die weibliche Oeffnung eindringt und den Samen hineinleitet, ſteht alſo mit dem innern Samenausführungsgange in Verbindung. Sie iſt in ihrem gewöhnlichen Zuſtande nie frei aus dem Körper vortretend, ſondern entweder in dieſen zurückgezogen oder, wenn ſie vortritt, wie bei den meiſten Säugthieren, doch in eine vorn offene Haut⸗ ſcheide, die Vorhaut, eingeſchloſſen. Die Beſchaffenheit der letz⸗ tern haben wir bereits in dem Abſchnitte von den äußern Ge⸗ ſchlechtstheilen kennen gelernt; es iſt hier alſo nur noch die Ruthe ſelbſt zu betrachten: Bei den Säugthieren iſt ſie geſtreckt, übrigens von verſchiedener Geſtalt und Länge. Ihr Vorderende, welches ſich meiſt durch etwas ſtärkere Anſchwellung oder durch beſondere Bildung auszeichnet, wird Eichel genannt, und iſt in manchen Gattungen, z. B. bei mehren Katzenthieren, bei der Fer⸗ kelmaus u. ſ. w., mit rückwärts gekehrten Stacheln oder Schup— pen beſetzt. Die der Beutelratten iſt geſpalten, und an der ins nern Seite jedes Spalttheiles zieht ſich eine Längsfurche hin, die 5S6 Biwölfte Klaſſe. von der Oeffnung der Harnröhre im Grunde des Spaltes aus: geht; eine Einrichtung, welche genau dem Umſtande entſpricht, daß die Gebärmutter des Weibchens dieſer Thiere mit einer dop⸗ pelten Oeffnung in die Scheide ausmündet, und alſo, durch jene Bildung der Eichel, der Samen, bei der Begattung, deſto leich⸗ ter in beide Oeffnungen gelangen kann. Die Subſtanz der Ruthe beſteht aus Faſern und Gefäßen, welche den ſogenannten Zell⸗ körper darſtellen. Das Anſchwellen nnd Steifwerden derſelben wird hauptſächlich durch Erguß des Blutes in den Zellkörper be⸗ wirkt. Letzterer iſt ſeiner Länge nach von der Harnröhre durch⸗ bohrt, welche zugleich den Samen ausſondert. Die Ruthe des Zungenſchnellers und des Schnabelthieres iſt aber, nach einigen Angaben, nicht durchbohrt, ſondern vor dem blinden Ende der Harnröhre geht ein beſonderer Gang aus, der in die Kloake mün⸗ det, durch welchen alſo Harn und Samen ausgeſondert werden muß; die Ruthe ſelbſt liegt innen in einer Taſche, aus welcher ſie, beim Anſchwellen, durch eine beſondere Oeffnung vortritt. In mehren Säugthieren enthält die Ruthe innen einen Ruthenkno⸗ chen von verſchiedener Geſtalt und Größe, z. B. in Vierhändern, Flatterfüßlern, Fleiſchfreſſern, Nagethieren und einigen andern Gat- - tungen; aber nicht in Wallfiſchen und Delphinen, obgleich er auch dieſen von einigen Schriftſtellern zugeſchrieben wird. Bei einigen jener Arten enthält dann auch der Kitzler des NER einen kleinen Knochen. § 310. Die Ruthe der Vögel iſt eine gefäßreiche Warze unten an der Kloake. Nur wenige haben eine wirkliche Ruthe, die aber nicht durchbohrt iſt, ſondern eine äußere Längs⸗ furche hat, in deren Anfang ſich die Samengänge öffnen. Die Ruthe des Straußes kommt in der Subſtanz ſo ziemlich mit der der Säugthiere überein; ſie liegt in eine Taſche zurückgeſchlagen, aus der ſie ſich, beim Anſchwellen, hervorſtreckt. Die Entvögel und manche Wadvögel haben eine cylindriſche Ruthe, welche eben⸗ falls in einer Taſche liegt und zum Theil weit hervorgeſtülpt wer⸗ den kann, z. B. bei den Hausenten an vier bis fünf Zoll lang. — Unter den Reptilien haben Schildkröten und Krokodile nur Eine Ruthe, Schlangen und Schuppenechſen deren zwei, Lurche gar keine. Die der Schildkröten iſt lang und cylindriſch, die der — Säugthiere. 587 Krokodile kegelförmig; beide beſtehen aus einem Zellkörper und haben äußerlich eine Furche. Die zwei Ruthen der Schlangen und Schuppenechſen ſind kurz, cylindriſch, am Ende oft ange— ſchwollen und ſtachlig oder faltig, und können ſich hervorſtülpen. S8 311. Was nun die weiblichen innern Geſchlechts— theile betrifft, ſo beſtehen dieſe, wenn ſie vollſtändig ſind, aus den Eierſtöcken, die die Eier enthalten; den Eiergängen oder Trompeten, die die austretenden Eier aufnehmen und weiter leiten, und in denen der Ueberzug der Eier gebildet wird; der Gebärmutter, in welcher, bei den Säugthieren, die Eier entwickelt werden und der Fötus durch Gefäße, die von der Mut⸗ ter in ihn übergehen, ernährt und ausgebildet wird; und der Scheide, in welche die Gebärmutter ausmündet, und durch welche der Fötus, bei der Geburt, austritt. § 312. Bei dem Menſchen liegt jederſeits i in der Bauch⸗ höhle, in einer Verlängerung des Bauchfelles, ein Eierſtock von halb- eirunder Geſtalt, beſtehend aus einer ſchwammigen, mit vie⸗ len Blutgefäßen durchzogenen Maſſe, welche 15 bis 50 Bläschen enthält, die die Keime einſchließen. — Die Eierſtöcke der Säug— thiere verhalten ſich im Weſentlichen wie im Menſchen; doch weicht ihre Geſtalt und Größe, wie auch die Zahl der Bläschen, mehr oder weniger ab. — Die meiſten Vögel haben nur Einen, ebenfalls in einer Verlängerung des Bauchfelles im Unterleibe liegenden Eierſtock, der einen traubenförmigen Haufen größerer und kleinerer Eier bildet, die durch Blutgefäße zuſammenhängen. Manche Vögel aber, beſonders unter den Raubvögeln, haben zwei gleichvollſtändig ausgebildete Eierſtöcke. — Die Reptilien haben auch deren zwei, die an Fortſätzen des Bauchfelles hängen, und deren Eier oft ungemein groß werden. — Die beiden Eierſtöcke der Fiſche ſind ſehr dünnhäutig und enthalten oft eine ungeheure Menge, nicht ſelten über eine Million, von Eiern, die bei den eierlegenden insgeſammt gleichgroß und ſehr klein ſind, wo denn die Eierſtöcke den größten Theil der Bauchhöhle einnehmen. In Rochen, Haifiſchen, Seeratzen, Forellen ſind die Eier von ver⸗ ſchiedener Größe. § 313. Bei den eierlegenden Fiſchen hünden die Eierſtöcke mit ihrem untern Ende unmittelbar, oder nur durch 588 Zwölfte Klaſſe. einen ſehr kurzen Kanal, in die gemeinſchaftliche äußere weib⸗ liche Oeffnung aus; bei den Nadelfiſchen in die äußere Brut⸗ taſche. Bei manchen, wie Stör, Neunauger, Aal, Lachſen und Forellen, münden die Eierſtöcke gar nicht nach Außen, ſondern die reifen Eier löſen ſich vom Eierſtocke ab, fallen in die Bauch⸗ höhle, und gehen durch die weibliche Oeffnung aus. Diejenigen Fiſche, welche ſich begatten und meiſtens lebende Junge zur Welt bringen, haben zwei Eiergänge, die ſich entweder jeder für ſich mit einer Erweiterung (Trompete) vor den Eierſtöcken öffnen, z. B. Seeratzen, oder ſich vor dieſen verbinden und nur einen gemeinſchaftlichen Eingang für die Eier haben, z. B. Rochen und Haie. Die Ausgänge münden in eine meiſt ſehr geräumige Kloake. — Die Reptilien haben ebenfalls zwei Eiergänge, die ſich trichterförmig vor den Eierſtöcken öffnen und mit dem andern Ende in die Kloake ausmünden. — Die Vögel haben nur Ei⸗ nen Eiergang, welcher ſich übrigens im Weſentlichen wie der der Reptilien verhält. — Die Säugthiere haben, wie die Reptilien, zwei Eiergänge, die ſich trichterförmig vor den Eierſtöcken öffnen, dann aber in eine, nur dieſen Thieren eigene ee die Sobäte mutter, übergehen. § 314. Die Gebärmutter liegt tiefer in der Bauch⸗ höhle als die Eierſtöcke, mit denen ſie durch ein Band zuſammen⸗ hängt. Sie iſt eine muskulöſe Taſche, an deren innern Wänden die Eierkeime ſich durch Gefäße anheften, die ihnen aus der Mut⸗ ter die nöthige Nahrung zu ihrer Entwickelung zuführen. Ihre Geſtalt iſt ſehr verſchieden. Beim Menſchen hat ſie nur Eine Höhle; bei den übrigen Säugthieren eine bis deren viere. Sie öffnet ſich in der Regel nur mit Einer Mündung in die Scheide, bei manchen Nagethieren und den Beutelratten aber mit deren zweien (wie denn auch die männliche Eichel der letztgenannten Thiere geſpalten iſt). Die Gebärmutter der Beutelratten hat drei Höhlen, von denen zwei ſich in die dritte und zugleich auch jede für ſich in die Scheide öffnen. Durch die beiden letzten Oeff— nungen geſchieht die Befruchtung; nach der Empfängniß aber ſoll an der dritten Höhle ebenfalls eine in die Scheide mündende Oeffnung entſtehen, durch welche ſpäter die Geburt ſtattfinde. Die Behauptung von Geoffroi St. Hilaire, daß bei dieſen Thie⸗ Säugthiere. 589 ren ein beſonderer Kanal aus der Gebärmutter in die äußern Beutel führe, durch welchen die Jungen unmittelbar aus jener in dieſen gelangten, hat ſich nicht beftätigt. Beim Schnabelthiere und Zungenſchneller bildet die Gebärmutter zwei cylindriſche Röhren, die ſich jede für ſich in die Harnröhre öffnen, und die man zum Theil nicht für eine wahre Gebärmutter, ſondern nur als Erweiterungen der Eiergänge hat anerkennen wollen, indem ſich bis jetzt noch nicht hat nachweiſen laſſen, daß der Fötus durch Gefäße mit ihr zuſammenhängt. Wenn aber von Gebärmüttern der Lurche und einiger lebendig gebärenden Fiſche (unter Ro— chen und Haien) die Rede ift, fo find bei den erſtern nur Erwei— terungen der Eiergänge, bei den andern aber eine meiſt ſehr ge— räumige Kloake, in welche die Eiergänge ausmünden, unter jener Benennung verſtanden; doch ſoll im Scoliodon das Ei mittelſt Gefäße (Mutterkuchen) an den innern Wänden der Kloake an— hängen, welche demnach, in dieſer Gattung wenigſtens, wirklich eine Gebärmutter darſtellen würde. N 315. Scheide wird der kurze Gang genannt, welcher zwiſchen der hintern Oeffnung der Gebärmutter und der äußern weiblichen Oeffnung vorhanden iſt. Sie iſt ſehr ausdehnbar, und mehre drüſenartige Körper an ihren innern Wänden ergießen in ſie eine ſchleimige Flüſſigkeit. § 316. Hier haben wir noch den innern Bau der weib— lichen Brüſte oder Euter der Säugthiere zu betrachten: Jene beſtehen aus einer Maſſe Fett, welche eine lappige, drüſige Sub— ſtanz einſchließt, in der allenthalben viele Milchgänge entſpringen, die ſich nach und nach in zwanzig bis dreißig Hauptſtämme ver— einigen. Letztere öffnen ſich in die Bruſtwarzen. Die Euter der Säugthiere enthalten meiſt kein Fett, ſind daher in der Regel weniger umfangsreich, ſondern ſchwellen erſt gegen die Zeit des Gebärens, durch die dann häufiger werdende Milchabſonderung, bedeutender an. Am Schnabelthiere ſind ſie früher kaum zu er— kennen. Die Warze hat eine Höhle, die ſich mit einer oder zwei Oeffnungen ausmündet, und in welche ſic die e durch zwei eme ergießen. 590 Zwölfte Klaſſe. Vierter Abſchnitt. Lebensweiſe. § 312. Was die Wohnung der Säugthiere anlangt, ſo könnte man letztere in Waſſerthiere, Amphibien und Landthiere eintheilen. — Zu den erſteren würden nur die Fiſchzitzthiere und die Ruderfüßer gehören, von denen jene beſtän⸗ dig im Waſſer bleiben, dieſe aber ſchon zuweilen ans Land kom⸗ men. Die Walle können ſehr lange unter Waſſer aushalten, theils über eine Stunde, z. B. Wallfiſche (Bal. mysticetus) und Pottwalle (Physeter macrocephalus). Alle dieſe Thiere find Meeresbewohner; doch ſoll die gewöhnliche Robbe (Phoca vitulina) auch im kaſpiſchen Meere und andern aſiatiſchen Süßwaſſerſeen zu Haufe fein, wenn dieſe nicht vielmehr eine von jener verfcie: dene Art iſt. So ſollen auch im Innern von Neuholland Rob— ben zu finden ſein. Delphine und Wallfiſche ſchwimmen auch nicht ſelten ziemlich hoch in großen Flüſſen hinauf; Meerſchweine (Delph. phocaena) ſind ſchon in der Seine bei Paris und in der Elbe im Deſſauiſchen vorgekommen; ein Wallfiſch von 43 Fuß Länge im St. Lorenzfluß, 600 engliſche Meilen von der Mün⸗ dung entfernt. Die amerikaniſchen Manati ſcheinen überhaupt mehr Flußthiere als Seethiere zu ſein; auch eine Delphinart (D. gangeticus) wohnt nur im Ganges oberhalb Benares, wohin nie Seewaſſer kommt. — Als Amphibien wären zu betrachten alle diejenigen Säugthiere, welche zwar ihre Wohnung am Lande haben, aber ihrer Nahrung hauptſächlich im Waſſer nachgehen, z. B. Schwimmpfötler, Plumpthiere, Fiſchottern, Schnabelthier, Rüſſelmaus, mehre Spitzmäuſe u. ſ. w. § 318. Die Landthiere haben ſehr verſchiedene Woh- nungen: Sehr viele halten ſich beſtändig unter freiem Him- mel auf, oder ſuchen höchſtens ein Obdach unter Bäumen und Büſchen; fo die Hufthiere, die meiſten Hundethiere und Katzen— thiere, die eigentlichen Haſen. Die Vielhufer und Ochſen erwäh— len dazu meiſt Niederungen; mehre andere Zweihufer (z. B. die meiſten Antilopen, Ziegen, Schafe, Kameele, Schafkameele) und die Einhufer ziehen trockene Gegenden vor. Manche Ziegen und Schafe (der Moufflon, Oris musimon, der Steinbock, Cabra ibex), 1 05 | Säugthiere. 591 die Gemſen und einige afrikaniſche Antilopen wohnen ſogar auf den höchſten Alpengebirgen und ſpringen mit Behendigkeit von Felſen zu Felſen. — Andere wohnen auf Bäumen, wie die Vierhänder, Pelzflatterer, die meiſten Schwippthiere, die Faulthiere. Auch manche Katzenthiere und Ameiſenfreſſer, Tupayas, Beutel— thiere, klettern auf Bäume, ihrer Nahrung wegen. — In Fel— ſen⸗ und Baumhöhlen verbergen ſich Flederthiere, Beutel— thiere, Sohlengänger, Langſtrecker, Nagethiere; einige derſelben, mit Ausnahme der Flederthiere, auch in Erdhöhlen, die ſie ſich ſelbſt graben; noch andere in Häuſern, z. B. mehre Fleder— thiere, Wieſel (Iltis und Marder, Mustela putorius, martes, foina), Ratten (Mus decumanus, rattus), Mus setosus (in Bra⸗ ſilien) und die Hausmaus, von denen die letztere überhaupt nur in Häuſern zu finden iſt, während die übrigen auch im Freien vorkommen. — Eigentliche Grabethiere, welche mehr oder we— niger lange Gänge in der Erde auswühlen und in denſelben ihr Lager haben, ſind z. B. die Erdwühler, Maulwurfsmäuſe, die meiſten Fehlzähner und Inſektenfreſſer, die Dachſe, Iltis, Füchſe, Fiſchottern, Hamſter, Kaninchen, Pfeifhaſen, Springmäuſe u. ſ. w. Die Uferhöhlen und Kanäle des Schnabelthieres und der Fiſch— ottern haben ihren Ausgang zum Theil unter dem Waſſer. In allen dieſen Fällen wird die Erde mit den Pfoten aus den Höh— len entfernt; die Taſchenmaus aber ſoll ihre, nach Außen ſich öffnenden Backentaſchen zum Austragen der Erde gebrauchen (). — Künſtlichere Wohnungen, aus fremden zuſammengetra— genen Stoffen, verfertigen ſich, außer dem Menſchen, noch mehre andere Säugthiere: Unſere Eichhörnchen aus allerlei Reiſig und Moos, auf Bäumen oder, zum Winterlager, an den Wurzeln derſelben; ſie nehmen auch wol verlaſſene Neſter von Krähen, Elſtern u. ſ. w. in Beſchlag. Mehre andere Eichhörnchen, Schlä— fer, Mäuſe, Lemminge, machen aus Geſtripp, Moos, Gras, Blät— tern hübſche dichte Neſter, wie Vogelneſter, zum Theil ſelbſt un— ter der Erde. Beſonders ausgezeichnet iſt das der Zwergmaus (Mus minutus): Dieſes Thierchen hängt nämlich ſein Neſt zu— weilen an Schilfſtängeln auf, indem es die Schilfblätter der Länge nach ſpaltet und die Strippen dann untereinander zu einem run— den Neſte verflicht, welches zuletzt mit Pflanzenwolle und derglei— 592 Zwölfte Alaffe. chen ausgefüttert wird; gewöhnlich aber ſtellt es fein kugelrundes, aus Blättern, Gras und dergleichen verfertigtes Neſt in Getreide⸗ feldern am Erdboden auf. Auch manche Inſektenfreſſer, z. B. Maulwürfe, machen ſich unterirdiſche Neſter aus Wurzeln, Gras, Blättern und dergleichen; eben ſo das Schnabelthier. Manche Halbaffen und Krallenaffen verfertigen ſich dergleichen Neſter auf Bäumen. Doch ſind alle dieſe künſtlichen Wohnungen hauptſäch⸗ lich nur als Lager zu betrachten, in denen die Weibchen Junge werfen und aufziehen. — Unter allen Säugthieren führen die Biber die künſtlichſten Baue aus: Sie fällen und zerſchneiden dazu, mit ihren Schneidezähnen, Holzſtämme, ziehen oder flößen dieſe dann an ſolche Uferplätze, wo ſie ſich anſiedeln wollen, und errichten aus ihnen, indem ſie Erde, Steine, kleinere Holzſtückchen und dergleichen in die Zwiſchenräume bringen und die Erde mit ihrem breiten Schwanze feſtſchlagen, ordentliche Hütten, größere oder kleinere, mit Einer oder mit mehren Abtheilungen und Aus⸗ gängen, theils mit zwei und ſelbſt drei Stockwerken, je nachdem die Hütte nur von Einem oder von mehren Paaren bewohnt werden fol. Wenn mehre dergleichen Wohnungen nahe beiſam⸗ men ſtehen, ſo haben ſie das Anſehn eines kleinen Kraals oder Negerndorfes; zuweilen aber ſind ihrer mehre ſo mit einander verbunden, daß die Baue an 30 bis 40 Schritte lang ſind, drei bis vier Stockwerke haben und von mehr als zwanzig Bibern bewohnt werden. Dieſe Wohnungen dienen jedoch, außerdem daß die Weibchen in ihnen die Jungen zur Welt bringen, nur zum Winteraufenthalte, denn während der milden Jahreszeit halten ſich die Biber im Freien und in Uferhöhlen und Gängen auf. Ueberhaupt ſcheint es, als ob dieſe Thiere nur da, wo ſie unge— ſtört und in unbewohnten Gegenden ihr Weſen treiben können, z. B. im Innern von Nord-Amerika, ſolche Baue ausführen, denn die europäiſchen Biber wohnen immer nur in Uferhöhlen. Manche Naturforſcher nehmen aber zwei Arten Biber an, von denen die eine bauet, die andere in Höhlen lebt. Auch die Zi⸗ betmaus verfertigt ſich bienenkorbförmige Hütten von Erde am Ufer oder auf dem Eiſe. Die Orangutangs (Simia troglody- tes) ſollen aus Baumzweigen Hütten ee: zum Schuß gegen Sonnenſtrahlen und Regen. Säugthiere. 593 § 319. Ihre Muhe reit halten die Säugthiere in ihren Lagern und Wohnungen; doch iſt bei wenigen von ihnen dieſe Zeit ſo regelmäßig und beſtimmt, wie bei den Menſchen, denn auch diejenigen von ihnen, welche eigentlich bei Nacht ruhen, ſind doch mitunter ſelbſt in der Dunkelheit in Bewegung und ſchlafen oft bei Tage. Viele ruhen in der Regel mehr bei Tage und ſtreifen Nachts umher. Eigentliche Nachtthiere, welche niemals, oder nur, wenn ſie aufgeſtört werden, bei Tage ſich ſehen laſſen, ſind z. B. die Flatterfüßer, Nachtaffen, einige Halbaffen (Lori, Fußthier), Beutelthiere, Fingerthier. Die meiſten Fleiſchfreſſer ſind ebenfalls mehr bei Nacht als bei Tage in Bewegung. 8 320. Es giebt mehre Säugthiere in den nördlichen Ländern, welche ſich, gegen den Eintritt des Winters, in ihre Schlupfwinkel und Wohnungen zurückziehen, und in einen Win- terſchlaf verfallen, aus dem ſie erſt mit Eintritt der mildern Jahreszeit wieder erwachen. Bei den eigentlichen Winterſchläfern, unter den Murmelthieren, Schläfern, Fledermäuſen, iſt dieſer Zu— ſtand mit einer gänzlichen Bewußtloſigkeit und Erſtarrung und mit ſo geſchwächten Funktionen des ganzen thieriſchen Organis— mus verbunden, daß er faſt dem Tode gleichkommt: Bei den Schläfern (Myoxus glis und nitela) iſt dann kaum eine Spur von Athmen und Blutumlauf wahrzunehmen. Die Murmelthiere (Arctomys marmota) ſchlafen auf manchen Alpenhöhen faſt zehn Monate im Jahre; das Athmen iſt kaum an ihnen zu bemerken, etwa funfzehn Züge in einer Stunde. Die Fledermäuſe hängen dabei, in ihre Flughaut eingeſchlagen, mit den Krallen des Vor— derdaumens oder den Hinterzehen in Mauerlöchern und derglei— chen feſt, ganz ohne Gefühl; es wird ein Fall von einer Fleder⸗ maus angeführt, welche wahrſcheinlich dreißig Jahre lang unun— terbrochen geſchlafen haben mochte (9. Auch Waſchbären, Ba: ren, Dachſe, Maulwürfe, Igel, Springmäuſe, Eichhörnchen halten einen Winterſchlaf, aber nicht ſo feſt und nicht ſo ununterbrochen, kommen ſelbſt an heitern Wintertagen aus ihren Lagern hervor. In den ſüdlichen Gegenden bleiben dieſelben Thiere, die im Nor— den einen Winterſchlaf halten, beſtändig munter, z. B. Sieben— ſchläfer (Myoxus glis) in Italien; und doch ſcheint nicht bloß die Kälte allein den Winterfchlaf herbeizuführen, denn die Tenreks N 38 594 Zwölfte Klaſſe. auf Madagaskar liegen im Winterſchlafe bei einer Temperatur über 20 Grad. Der Seebär (Otaria ursina) ſoll ſogar einen Sommerſchlaf halten, indem er die Sommermonate hindurch am Lande in faſt ununterbrochenem Schlafe zubringt. § 321. Viele Säugthiere leben einzeln oder doch nur paarweiſe beiſammen, z. B. Katzenthiere, Hamſter u. ſ. w.; viele aber in großen oder kleinen Heerden, beſonders unter den Hufthieren, z. B. die Prunkböcke (Antilope pygarga) in Süd⸗ Afrika, zuweilen an 50,000 beiſammen; ſo auch verwilderte Hunde in Süd-Amerika, manche Affenarten, die meiſten Wanderthiere; auch mehre Fiſchzitzthiere ziehen zuweilen in Haufen von 500 bis 600 Stück im Meere umher, z. B. der Pottwall (Physeter ma- erocephalus) und manche Delphine. 8 322. In den wärmeren Zonen find weit mehr Säugthiere einheimiſch, als in den kälteren. Zu jenen gehören namentlich alle Vierhänder, Beutelthiere, Viverren, Hufkraller, Stachelthiere, Fehlzähner, Springer, Einhufer, die bei weiten mei⸗ ſten Flatterthiere (mit Ausnahme der Fledermäuſe und Kamm⸗ naſer, deren Arten ſowol in kältern als wärmern Ländern leben), beſonders noch die größern Thiere aus den Ordnungen der Raub⸗ thiere (Tiger, Löwe, Jaguar u. ſ. w.), der Vielhufer (Elephant, Nashorn, Flußpferd), der Zweihufer (Kameel, Giraffe). Dage— gen giebt es nur wenige nördliche Gattungen, aus denen nicht auch Arten in Süden vorkommen ſollten, z. B. Wallroß, Blind⸗ maus, Zofor, Lemming. Von Schwimmpfötlern, Erdwühlern und Maulwurfsmäuſen kommen zwar die meiſten Arten in den nörd— lichen Gegenden vor; allein keine einzige Ordnung, ja nicht ein- mal irgend eine Familie von Säugthieren, ift bloß auf den Nor⸗ den beſchränkt. Keine einzige Thierart iſt über die ganze Erde verbreitet, ſondern nur der Menſch erfreuet ſich dieſes Vorzuges, indem er ſich allenthalben ſo einzurichten verſteht, wie es ſeine Erhaltung erfordert. § 323. Mehre nördliche Thiere machen ſich in manchen Jahren gegen den Winter auf die Wanderung und ziehen in ſüdlichere Gegenden. Am merkwürdigſten find in dieſer Hinſicht die im hohen Norden von Europa und Aſien wohnenden Lem— minge, welche ohngefähr alle zehn Jahre mit einem Male zu vie⸗ \ Säugthiere. 595 len Tauſenden aufbrechen und, in mehren dichtgeſchloſſenen paral⸗ lelen Kolonnen, beſtändig in gerader Richtung ſüdlicher ziehen. Bei Tage liegen ſie meiſtens ſtill. Wenn ſie auf Hinderniſſe treffen, die ſie nicht überklettern können, z. B. Häuſer, Felſen und dergleichen, ſo umgehen ſie dieſelben zwar, ſtellen aber auf der andern Seite ſogleich die vorige Richtung ihres Zuges wieder her. Menſchen und Thiere, die ihnen in den Weg kommen, fallen ſie mit ihrem Gebiß an. Auf dieſen Wanderungen gehen die mei— ſten von ihnen zu Grunde, denn theils werden ſie von Raubthie— ren, beſonders von Polarfüchſen (Canis lagopus), die ihnen nach- ziehen, gefreſſen, theils von Menſchen getödtet, theils aber erſau— fen ſie im Meere, wenn, bei ihrer Ankunft an demſelben, ihr In— ſtinkt ſie noch treibt, weiter zu ziehen und das Meer zu durch— ſchwimmen. Daher ſieht man auch nie ſolche Lemmingszüge in ihr nordiſches Vaterland wieder zurückwandern. Aehnliche Wanderun— gen macht die ſibiriſche Wühlmaus oder Wurzelmaus (Hypudaeus oeconomus); auch die Eichhörnchen in Lapland und manche Fle— dermäuſe ſollen oft in bedeutender Menge füdlicher ziehen. § 324. Von den eben dargeſtellten periodiſchen Wande⸗ rungen aus einer Gegend und wieder in dieſelbe zurück ſind die förmlichen Auswanderungen und Einwanderungen man— cher Säugthiere wohl zu unterſcheiden. Von verſchiedenen derſel— ben weiß man beſtimmt, daß ſie früher in den Ländern, wo ſie jetzt zum Theil in großer Menge zu Hauſe ſind, nicht einheimiſch waren, z. B. von der ſchwarzen Ratte, der Wanderratte, der Brandmaus (Mus rattus, decumanus, agrarius), dem Hamſter und Zieſel, welche ſämmtlich aus Aſien ſtammen und nach und nach immer weſtlicher in Europa ſich verbreiten. Die ſchwarze Ratte iſt ſchon wieder aus manchen europäiſchen Ländern, wo ſie früher häufig vorkam, z. B. aus Schleſien, durch die ſpäter ans gekommene Wanderratte verdrängt worden. Ratten und Haus— mäuſe ſind auch durch Schiffe, auf denen ſie ſich eingeſchlichen und vermehrt hatten, in andere Welttheile ausgeführt worden, z. B. nach Weſtindien und Südamerika, wo ſie in den Zucker— rohr-, Mais- und Maniok-Pflanzungen jetzt zum Theil unge— meinen Schaden anrichten. Die Stachelſchweine in Süd-Italien, die Magots (gemeiner Affe, Cynocephalus inuus) um Gibraltar | 35 * 0 596 Zwölfte Klaſſe. ſtammeu wahrſcheinlich von Thieren her, welche früher, vielleicht durch die Römer, aus Afrika herübergebracht und aus der Ge— fangenſchaft entſprungen waren. So find auch wahrfchein- lich die in einigen oſtindiſchen Städten auf den Dächern wild— lebenden Meerkatzen die Nachkommen von aus der Gefangenſchaft entlaufenen Vorfahren. Aus gewandert und ausgeſtorben ſind z. B. in Deutſchland die Biber, Elenthiere, Auerochſen, welche früher hier wohnten. Letztere finden ſich jetzt nur noch in dem Walde von Bialoweſcha in Lithauen, wo ſie aber von Jahr zu Jahr ſich verringern und offenbar im Ausſterben begriffen find, _ Ob die großen Ochſen des Kaukaſus und der indiſche Gauer mit dem Auerochſen Eine Art find, iſt noch zweifelhaft. Wahrſchein— lich waren vor Jahrtauſenden in unſern Gegenden auch Renn— thiere einheimiſch; daß dieſe aber noch im vierzehnten Jahrhun— derte an den Pyrenäen ſollen gejagt worden ſein, beruhet auf einem Irrthume. So iſt es auch ſehr wahrſcheinlich, daß Löwen und Tieger früher mehr nördlich in Aſien gewohnt haben als jetzt; vielleicht gab es ſelbſt in Griechenland Löwen. Tieger kom⸗ men noch jetzt zuweilen in Sibirien, bis Irkutzk, vor, wenn an⸗ ders dieſe mit dem bengaliſchen Tieger eine Art ſind. Mehre große Raubthiere, wie Bären, Luchſe, Wölfe, ſind in manchen Ländern, wo ſie früher hauſeten, z. B. in Deutſchland und Eng— land, gänzlich ausgerottet; auch das wilde Schwein iſt in England nicht mehr anzutreffen. | § 325. Ueber den anfänglichen Wohnort unſerer Haus— thiere und über die urſprünglichen wilden Stammarten derſel— ben ſind die Anſichten ſehr verſchieden: Manche Naturforſcher meinen von einigen derſelben, namentlich vom Hunde und Schafe, daß ſich dieſe, gleich bei ihrer Erſchaffung, dem Menſchen ange— ſchloſſen hätten und von demſelbon nach und nach zu feinen Zwecken angewöhnt und benutzt wären. Wollte man dieſes an— nehmen, ſo müſte man die ſonſt gut begründete Behauptung auf— geben, daß der Menſch erſt nach allen übrigen Säugthieren er— ſchaffen ſei. Manche dieſer Hausthiere ſollen ſpäter verwildert, und dieſe verwilderten dann irrig für urſprünglich wilde gehalten worden ſein. Oder man glaubt auch, daß urſprünglich wilde Stammarten ausgeſtorben, und jetzt nur noch die domeſticirten g Säugthiere. N 597 Raſſen derſelben übrig ſeien. Unter den uns bekannten wilden Säugthierarten ſind zum Theil keine ſolche mehr vorhanden, deren Artidentität mit den ihnen entſprechenden Hausthieren unbezwei— felt wäre. Der Elephant, das Trampelthier, das Dro— medar, das Lama, das Rennthier ſind ihren noch im wil— den Zuſtande lebenden Stammarten ganz gleich und werden auch nur in den Gegenden, wo ſie urſprünglich zu Hauſe ſind (die drei erſten in Mittel- und Süd-Aſien, das Lama in Süd— Amerika, das Rennthier im Norden der alten Welt) als Haus— thiere benutzt. Nur das Kameel iſt im zahmen Zuſtande ſchon weiter verbreitet und ſelbſt in Südamerika bereits eingeführt wor— den. Rennthiere hat man von Lapland nach Island, Schottland, Irland, Norwegen verſetzt, ob mit glücklichem Erfolg, iſt nicht gewiß, denn nach einigen Nachrichten ſollen ſie zum Theil gut gedeihen, nach andern ſind ſie geſtorben. Uebrigens glaubt man, daß ſie früher, noch im zwölften Jahrhundert, auch in Schottland und Irland einheimiſch geweſen ſeien. Das Lama hat ſich im gezähmten Zuſtande zum Theil auch ſchon in der Zeichnung ſehr verändert. Von dieſem Thiere wie auch von dem Kameel glau— ben Manche, daß ſie gar nicht mehr im urſprünglich wilden Zu— ſtande angetroffen würden, ſondern daß die vermeintlich wilden Individuen nur verwilderte wären. Elephanten waren aber zu den Zeiten der erſten römiſchen Kaiſer in Rom domeſticirt und pflanzten ſich in der Gefangenſchaft fort: der berühmte Elephant welcher zu Neros Zeiten auf dem Seil tanzte, war in Rom ge— boren. — Das Pferd und der Eſel leben in Mittel-Aſien im wilden Zuſtande; doch nehmen Manche auch von dem Pferde an, daß es dort nur verwildert ſei, wie denn dieſes Thier früher ſelbſt in Deutſchland und Preußen Heerdenweiſe verwildert war, und noch jetzt in manchen Gegenden Südamerikas Heerdenweiſe ver— wildert lebt. — Von unſerer Haus ziege nimmt man die in den Gebirgsgegenden Mittel-Aſiens lebende Capra aegagrus als Stammart an; auch kommen dieſer die Nachkommen der verwil— derten Ziegen, welche es auf manchen griechiſchen Inſeln, auf Teneriffa, in Südamerika und auf dem Himalaja geben ſoll, am nächſten. — Von unſern Schafen werden das Argali (Oris ammon, in den Gebirgen von Mittel-Aſien, zu dem, nach Eini⸗ 598 Zwölfte Kaff e. gen, auch Oris montana in Nordamerika gehören ſoll), der Mouff⸗ lon (Oris musimon, auf Kreta, Sardinien, Korſika, vielleicht zwei verſchiedene Arten) und Ovis tragelaphus (in Afrika) als Stammarten bezeichnet, ſo daß es entweder von einer derſelben oder von allen dreien abgeleitet wird. Es weicht aber von ihnen in der Bekleidung und Lebensweiſe ab; doch ſoll es allmälige Uebergänge zwiſchen ihm und den Moufflons geben, auch letztere auf Korſika ſelbſt zu Hausthieren gezähmt werden und ſich mit Schafen fortpflanzen. Nach andern iſt unſer Schaf nie wild ge— weſen, ſondern hat ſich gleich den Menſchen zugeſellt. — Von un— ſerm Rindvieh (Bos taurus) glaubte man früher ziemlich all- gemein, daß es vom Auerochſen (Bos urus, der ehemals auch in Deutſchland einheimiſch war) abſtamme, was aber ſpäter, befon- ders wegen der anatomiſchen Verſchiedenheiten beider, verworfen wurde. Hingegen meinen einige Naturforſcher, in einer zweiten, ehemals auch in Deutſchland einheimiſchen wilden Ochſenark, von der man jetzt aber nur noch foſſile Ueberreſte findet, die urſprüng⸗ liche Stammart unſers Rindviehes zu erblicken. Wahrſcheinlich aber iſt dieſe die in Indien einheimiſche, aber auch dort, wie es ſcheint, nur im domeſticirten Zuſtande ſich findende Buckelkuh (Bos indicus), welche auch in neuern Zeiten in England und Würtemberg eingeführt wurde und ſich, nach einigen Generatio— nen, in unſer gewöhnliches Rindvieh verwandelte. Uebrigens giebt es auch von dieſen Thieren, auf den weitläuftigen und fruchtba— ren Ebenen im Innern von Südamerika, ganze verwilderte Heer⸗ den, die Nachkommen des früher durch die Europäer eingeführten Rindviehes. Von den Büffelochſen, welche ebenfalls in man⸗ chen Gegenden Europas gehalten werden, iſt die Stammart in China und Tibet einheimiſch. — Sehr mißlich ſieht es um die Stammart unſers Haushun des aus, da unter der unzählbaren Menge von Raſſen, in die er ſich ausgebildet hat, die eine dieſer, die andere jener wilden Hundeart ſich mehr nähert, ohne ihr jedoch ganz gleich zu ſein. So ſind nach einander Wolf, Schakal, Fuchs, Hyäne an die Reihe gekommen, zumal da Erfahrungen gemacht worden ſind, daß die drei erſten ſich fruchtbar mit dem Haushunde begattet haben. Von dem Schakal wird erzählt, daß er ſich in den Mittelgegenden Aſiens nicht ſelten den nomadi⸗ Säugthiere. 599 ſirenden Hirten von freien Stücken anſchließe und Hundedienſte bei den Heerden verrichte. Theils hält man den Schakal für die Stammart der ſüdlichen, den Wolf für die der nördlichen Haus⸗ hunde, wie man auch wol die großen Hunde am Vorgebirge der guten Hoffnung von einer Hyänenart abzuleiten geneigt iſt. Außerdem aber giebt es noch manche andere wilde Hundearten, vielleicht zum Theil ſelbſt nur verwilderte, in andern Weltgegen— den, die man als Stammeltern der gezähmten Hunde jener Ge— genden betrachtet. Die großen Verſchiedenheiten unſerer Hunde, nicht bloß in Hinſicht ihres Körperlichen, ſondern auch in Hin— ficht ihrer Inſtinkte, Fertigkeiten und Fähigkeiten, hat mehre Na— turforſcher bewogen, die Hunde von mehr als Einer Stammart abzuleiten, welches ſich freilich mit dem Geſetze der fruchtbaren Begattung unter den Nachkommen verſchiedener Hunderaſſen (ſo lange dieſes Geſetz für die Beſtimmung der Arten aufrecht gehal— ten wird) nicht wohl verträgt. Noch Andere ſind der Meinung, daß die eigentliche Stammart unſers Hundes gar nicht mehr in der jetzt lebenden Schöpfung vorhanden, ſondern unter den aus— geſtorbenen Arten zu ſuchen ſei, von denen nur noch foſſile Ueber— reſte gefunden werden. Endlich wird auch noch die Anſicht auf- geſtellt, daß unſer Hund nie im urſprünglich wilden Stande ge— lebt, ſondern ſich gleich anfangs dem Menſchen angeſchloſſen habe. Verwilderte Hunde giebt es in mehren Weltgegenden; ſo ſind z. B. die Heerden wilder Hunde, welche jetzt in Südamerika, in denſelben Gegenden mit den verwilderten Pferde- und Rindvieh— Heerden umherziehen, notoriſche Abkömmlinge der durch die Eu— ropäer dorthin gebrachten Hunde, denn früher gab es dieſe Thiere dort gar nicht. — Unſere Hauskatze ſoll von der bei uns ein- heimiſchen wilden Katze abſtammen; wogegen indeß einige Zwei— fel erhoben werden, indem die letztere weniger Schwanzwirbel als jene hat und auch beträchtlich größer iſt, da doch domeſticirte Thiere größer werden ſollen als ihre wilden Stammeltern. Aus denſelben Gründen müſte dann auch die Meinung derjenigen Na- turforſcher verworfen werden, welche in der wilden Katze nur eine verwilderte Hauskatze ſehen. Manche ſind deshalb geneigt, die afrikaniſche Felis maniculata für den Stamm unſerer Hauskatze zu halten. Andere meinen, daß letztere von mehr als Einer Art 1 600 N aa Alaſf. * abſtamme, und daß namentlich die langhaarige Angorakatze von einer nordaſiatiſchen Art ihren Urſprung habe. Uebrigens ſind die Hauskatzen großentheils ſelbſt als Hausthiere noch halbwild, indem ſie umherſtreifen und ſich ihre Nahrung (Mäuſe, Ratten, Vögel) erjagen, auch mit ihren Herren nicht ausziehen, ſondern in der Regel in der alten Wohnung bleiben, wovon nur die Stubenkatzen eine Ausnahme machen. — Die Ferkelmaus (Meerſchweinchen) iſt ebenfalls nur als Hausthier bekannt, denn daß ſie von der ſüdamerikaniſchen Cavia aparea abſtamme, läßt ſich nicht erweiſen, obgleich ſie mit dieſer noch die meiſte Ver⸗ wandtſchaft hat. — Als wilde Hausthiere haben wir hier noch die Hausmaus und die Hausratte zu erwähnen, welche nirgends fern von menſchlichen Wohnungen frei lebend angetrof⸗ fen werden. 8 326. Die Bewegungen der Säugthiere beziehen ſich entweder auf Beweglichkeit und Geſchmeidigkeit des Körpers oder auf Ortsveränderung. Was das erſte betrifft fo find die Fiſchzitzthiere, Ruderfüßer, Hufthiere die ungeſchmei⸗ digſten, indem ſie den Rumpf wenig oder gar nicht krümmen können und ausgeſtreckt ruhen. Geſchmeidiger find in dieſer Hin⸗ ſicht die übrigen Säugthiere, beſonders die Schwippthiere, Mäuſe⸗ thiere, Fleiſchfreſſer, Beutelthiere, Fehlzähner, Vierhänder, Zwei— händer, welche auch meiſtentheils in zuſammengekrümmter Lage ruhen. Manche können ſich förmlich zuſammenkugeln, indem ſie den Kopf zwiſchen Vorder- und Hinterbeinen hindurch bis in die Aftergegend krümmen, wie z. B. Igel, Gürtelträger, Schuppen⸗ thiere, Dachs. | 1 % § 327. Hinſichtlich der Ortsveränderung find die Bewegungen verſchieden. Die Landthiere gehen, und zwar meiſt auf den Zehenſpitzen; Viele aber treten dabei auf die ganze Ferſe, z. B. die Sohlengänger, Zweihänder, Vierhänder, Inſekten— freſſer. Manche halten hierin die Mitte zwiſchen Zehengängern und Sohlengängern, z. B. Stinkthiere und Paradoxurus treten auf die halbe Ferſe; die Waſchbären ſtützen ſich auf die Ferſe nur im Stehen, gehen aber auf den Zehen. Diejenigen Thiere, welche auf die ganze Ferſe treten, können ſich auch zum Theil aufrichten, indem fie nur auf den Hinterfüßen ſtehen; theils ge- Säugthier. Ma hen fie auch in dieſer Stellung eine Strecke fort, z. B. Bären und Vierhänder. Auch viele Nagethiere, beſonders aus den Ord— nungen der Springer, Schwippthiere und Mäuſethiere ſitzen oft aufrecht auf den Hinterbeinen. Die Orangs gehen auf zuſam— mengeballter Fauſt und der Seite der Ferſe. Beſtändig auf— recht geht nur der Menſch. — Laufen iſt ein ſehr beſchleunig— ter Gang. Bei den Faulthieren und den meiſten Flederthieren geht indeß der Gang nie in Laufen über, ſondern dieſe Thiere ziehen ſich auf ebenem Boden nur mühſam mittelſt der Krallen fort; einige ſüdamerikaniſche Blattnaſen ſollen jedoch ſo ſchnell wie Ratten laufen. — Wühlen iſt eine fortſchreitende Bewe— gung unter der Erde, verbunden mit Hinwegräumung der Erde ſelbſt mittelſt der Vorderbeine, wie es die Grabethiere (f. $ 318.) machen. — Klettern können überhaupt alle diejenigen Säug⸗ thiere, welche Hände oder ſchlanke bewegliche Zehen mit ſpitzen krummen Nägeln haben, wohin namentlich die Bäumebewohner (ſ. $ 318.) gehören. Auch ſelbſt Thiere mit kurzen verwachſenen Zehen, wenn dieſe nur mit ſtarken, langen, ſpitzen und gekrümm— ten Krallen verſehen ſind, können klettern, z. B. Schleicher, Züngler; ſelbſt Maulwürfe hat man im Nothfalle, z. B. bei Ueber⸗ ſchwemmungen, auf Bäume klimmen geſehen. Die gewandtſten Kletterer ſind die meiſten Vierhänder und Schwippthiere. Die Faulthiere klettern auf den Baumäſten nicht oberhalb derſelben, ſondern an der Unterſeite, mit abwärts hängenden Rücken; auch ruhen und gebären fie in dieſer Stellung. — Das Springen wird mittelſt der Hinterbeine ausgeführt, und im Sprunge find - alle vier Beine zugleich in der Luft. Ein ſpringender Lauf ſind viele Sprünge ſchnell hintereinander, z. B. im Galopp. Die weiteſten und höchſten Sprünge machen diejenigen Säugthiere, welche ſehr lange und ſtarke Hinterbeine haben (Springnager und Springbeutler). Die Springmaus, von der Größe eines halb— wüchſigen Kaninchens, macht Sprünge von 20 bis 30 Fuß Länge; die Kängurus ſpringen ebenfalls mehre Klaftern weit. — Flie— gen, und zwar eben ſo gewandt, behende und anhaltend wie Vögel, können nur die Flederthiere, mittelſt der Flughaut und der langen und langzehigen Vorderbeine, die ſie eben ſo bewegen wie die Vögel ihre Flügel (§ 229.); auch dient ihnen dabei die in⸗ 602 Zwölfte Klaſſe. richtung, daß ſie Luft zwiſchen Haut und Fleiſch anſammeln und ſich dadurch leichter machen können (ſ. § 283.) als Hülfsmittel. — Schwimmen ſcheinen im Nothfalle alle Säugthiere zu kön— nen. Man hat Haſen, Maulwürfe u. ſ. w. recht gut ſchwimmen ſehen. Der Elephant ſchwimmt halbe Meilen weit in die offene See hinaus; das ſchwerfällige Flußpferd ſchwimmt und taucht ganz behende. Alle diejenigen Säugthiere, welche eine Schwimm⸗ haut zwiſchen den Zehen haben (ſ. § 228.) find durch dieſe Ein⸗ richtung zum Schwimmen geſchaffen, und die Fiſchzitzthiere ver— laſſen das Waſſer nie und können nicht anders als ſchwimmend den Ort verändern. — Dieſe Bewegungen werden insgeſammt freilich hauptſächlich mittelſt der Beine ausgeführt, indeß bedienen ſich manche Säugthiere dabei auch noch anderer Gliedmaßen als Hülfsorgane. Das Wallroß zieht ſich an ſteilen Ufern mit— telſt der Eckzähne, die es in den Boden einſchlägt, an das Land; auch glaubt man zum Theil, daß die Ferſe der Hinter- beine dieſes Thieres ſich zu einem hohlen, luftleeren Raume geſtalten könne, um ſich ſo an den Boden gleichſam anzuſchröpfen und einen feſtern Stützpunkt zum Fortſchieben des Körpers zu gewinnen. Ob dem Schnabelthiere der Sporn zum Erklimmen ſteiler Ufer diene, iſt wol noch genauer zu beobachten. Wenn die Köngurus auf allen Vieren einen Schritt machen wollen, ſo ſtützen ſie ſich erſt auf die Vorderbeine und den langen ſtarken Schwanz, heben dann beide Hinterbeine empor und ſetzen die— ſelben dicht hinter die Vorderfüße, ſchieben nun wieder, auf die Hinterbeine ſich ſtützend, beide Vorderbeine weiter vor u. ſ. w. Den mit einer rüſſelförmigen Schnauze verſehenen wühlen— den Inſektenfreſſern, z. B. Maulwürfen und Spitzmäuſen, dient jene auch mit zum Wühlen. Diejenigen Thiere, welche einen Wickelſchwanz haben, klettern auf Bäumen umher, wobei jener ihnen zum ſich Feſthalten an Aeſten dient. Manche hängen ſich oft an demſelben auf, um tiefer unterwärts etwas mit den Fin- gern zu ergreifen. Bei denjenigen Säugthieren, welche eine zum Fliegen zu kurze Flug haut haben (Pelzflatterer, Flugbeutler, Flughörnchen) dient dieſe als Fallſchirm, indem ſie, beim Ab— ſpringen des Thieres, welches dann ſeine Beine ſeitwärts ab— ſtreckt, ausgeſpannt wird und den Körper in der Luft trägt, ſo Säugthiere. i 603 daß z. B. das Flughörnchen wol 30 Schritt weit ſchräg abwärts von einem Baum zum andern ſpringen kann. 8 328. In Hinſicht der Schnelligkeit und Beweglich— keit ſind die Säugthiere ſehr verſchieden. Zu den behendeſten und beweglichſten gehören z. B. die meiſten Vierhänder und die Schwippthiere. Schnell und anhaltend im Lauf zeigen ſich be— ſonders die Einhufer, Hirſchthiere, Antilopen, Giraffen, Haſen, Hunde u. ſ. w. Ein engliſcher Renner legte in einer Sekunde 82 ½ Fuß zurück. Rennthiere laufen zuweilen 20 deutſche Meilen in einem Tage; Elennthiere ſollen noch ſchneller ſein. Spring— nager und Springbeutler legen, in wiederholten Sprüngen, weite Strecken in kurzer Zeit zurück, haben aber keine Ausdauer. Ka— meele hingegen, namentlich die ſogenannten herrys, wenn auch weniger ſchnell, übertreffen doch alle jene Schnellläufer in Aus— dauer der Bewegung; eines legte in ſieben Tagen 350 Lieues zurück. Auch von großer Schnelligkeit im Schwimmen ſind mehre Erfahrungen bekannt, z. B. Ohrrobben (Otaria ursina, Seebär) und Wallfiſche können in einer Stunde zwei deutſche Meilen weit ſchwimmen; der Pottwall ſoll noch etwas geſchwin— der ſein. — Am trägſten in allen ihren Bewegungen ſind wol die Loris und Faulthiere; es gehen Minuten darüber hin, bis ſie einen Schritt vollenden. — Im Zuſtande der Ruhe liegen viele Säugthiere ausgeſtreckt, viele zuſammengekrümmt (ſ. $ 326.); die Faulthiere hängen mit den Krallen ihrer vier Füße an der- Unterſeite der Baumäſte; die Flederthiere hängen ſich gröſten— theils, entweder mit den Krallen der beiden Vorderdaumen, oder mit denen der Hinterfüße, kopfabwärts auf. § 329. Die Nahrung der Säugthiere kann man fchon: ziemlich gewiß aus der Befchaffenheit ihres Gebiſſes abnehmen. Die Klaſſe theilt ſich in die beiden, ziemlich gleichen Hälften ſol- cher, welche animaliſche, und ſolcher, welche vegetabiliſche Koſt genießen. Im Allgemeinen gehören zu den erſten die Fleder— thiere, Inſektenfreſſer, Beutelthiere, Fleiſchfreſſer, Züngler, Schnä- bler, Ruderfüßer, Walle; zu den letztern die Vierhänder, Pelz- flatterer, Nagethiere, Schleicher, Gürtelträger, Hufthiere, Sirenen. Alles dieſes wiederum mit mancherlei Modifikationen: Würmer, Inſekten und deren Larven dienen beſonders den Inſekten- 604 | Zwölfte Kaffe. freffern zur Nahrung; die Igel ſollen auch Schlangen tödten und verzehren; die Maulwürfe auch Fröſche und kleine Vögel, ja, einander ſelbſt ſollen ſie in Hungersnoth anfallen und freſſen; der Waſſermaulwurf frißt bloß Fleiſch; die Waſſerſpitzmaus (Sorex fodiens) frißt ebenfalls Fleiſch, tödtet auch Mäuſe und ſelbſt große Fiſche und frißt fie. Vollkommene Inſekten dienen vor⸗ zugsweiſe den Flederthieren und Zünglern zur Nahrung, letztern beſonders Ameiſen; manche Fledermäuſe freſſen auch rohes Fleiſch; die Blattnaſer ſaugen Blut lebender Säugthiere. — Fleiſch iſt die hauptſächlichſte Nahrung der Raubthiere, der meiſten Ruder— füßer und der Walle. Die beiden letztern, wie auch die Fiſch⸗ ottern und Seeottern, verzehren beſonders Fiſche; die Wall— fiſche auch eine große Menge von Weichthieren und Quallen und dergleichen. Die Raubthiere zernagen und verzehren auch zum Theil die Knochen. Katzenthiere und Langſtrecker ernähren ſich faſt ausſchließlich nur von dem Fleiſche friſchgefangener Thiere, und ſind am lüſternſten nach dem friſchen Blute derſelben. Die Hyänenthiere hingegen ſuchen am liebſten Cadaver zu ihrer Nah— rung auf, fallen aber auch lebende Thiere und Menſchen an, ſind überhaupt ſehr gefräßig und ſollen ſich zuweilen eigene Glied— maßen abnagen. Auch der Vielfraß wurde für ein ausgezeichnet gefräßiges Thier gehalten und man erzählte in dieſer Beziehung wunderliche Geſchichten von ihm; er iſt aber nicht gefräßiger als andere Raubthiere, und ſein deutſcher Name „Vielfraß“ iſt aus der nördlichen Benennung „Fialfras“ entſtanden, welche ſo viel als „Felſenbeſucher“ bedeutet. § 330. Unter denjenigen Säugthieren, welche hauptſach⸗ lich Pflanzenkoſt genießen, findet ebenfalls manche Verſchie— denheit in dieſer Hinſicht ſtatt. Früchte lieben beſonders die meiſten Vierhänder und mehre Nagethiere, z. B. Schwippthiere, Stachelſchweine u. ſ. w.; Sämereien ebenfalls mehre Nagethiere, wie Mäuſe, Zieſel, Septen Wühlmäuſe; Getreidekörner die Ein⸗ hufer. Bloß von Blättern ernähren ſich die Faulthiere; von Gras und Kräutern ſehr viele Thiere, z. B. alle Hufthiere, Hufkraller, Springnager, Springbeutler, Wallroſſe, Sirenen. Baumrinden nagt der Biber. Von Wurzeln leben haupt- ſächlich die Maulwurfsmäuſe und wahrſcheinlich auch die Gürtel- ‘ Säugthiere. 5 605 träger. Doch ſind alle dieſe Thiere nicht ausſchließlich an die genannten Pflanzenſtoffe gebunden, ſondern viele freſſen, wie es gerade Gelegenheit und Jahreszeit darbietet, eins oder das andere. § 331. Sehr viele Säugthiere ziehen auch aus beiden organiſchen Reichen ihre Nahrung, z. B. die Zweihänder. Unter den Vierhändern ſollen die Krallenaffen, Loris, Fußthiere faft lieber Inſekten und kleine Vögel, als vegetabiliſche Koſt ge— nießen. Unter den Flatterfüßern find die Pelzflatterer, Flatter— thiere und Großkopfer zwar hauptſächlich auf Früchte angewieſen, freſſen aber auch Vögel und kleine Säugthiere. Unter den In— ſektenfreſſern ſoll der europäiſche Igel ſowol animaliſche als vege— tabiliſche Nahrung, von letzterer beſonders Früchte, genießen; nach neueren Beobachtungen aber ſoll er bloß von Schnecken, Wür— mern und Inſekten leben; daß er auch Mäuſe fängt, iſt bekannt. Die Beutelratten freſſen Früchte, Wurzeln, Inſekten, Vögel u. ſ. w., und ſollen, wie die eigentlichen Raubthiere, beſonders gern das Blut der getödteten Thiere genießen. Unter den Raub— thieren ſind es beſonders die Hundethiere (Hund, Fuchs) und die Sohlengänger, welche auch vegetabiliſche Koſt zu ſich nehmen: Der ſchwarze Bär (Ursus arctos niger) lebt mehr von vegetabi— liſchen Subſtanzen, der braune (Ursus arctos fuscus) mehr von animaliſchen; auch iſt dieſer ein großer Freund von Honig, und macht ſich deshalb oft an die wilden Bienenneſter. Der ameri— kaniſche Bär lebt hauptſächlich von Früchten und Fiſchen, ſelten von Säugthieren. Ein anderer größerer grauer Bär im nord— weſtlichen Amerika und der Eisbär (Ursus maritimus) freſſen blos Fleiſch, ſind ſehr grimmig und fallen ſelbſt Menſchen an. Der Honigdachs (Gulo mellivorus oder capensis) am Vorgebirge der guten Hoffnung gräbt Bienenneſter aus, um zu dem Honig zu gelangen. Unter den Nagethieren giebt es mehre, welche auch Fleiſch freſſen, z. B. Hausmäuſe, Ratten, Eichhörnchen; der Bi- ber und das Capybara freſſen auch Fiſche und Krebſez die Schlä— fer tödten und freſſen auch Vögel und ſaugen beſonders gern das Blut derſelben; Hamſter fangen zu ihrer Nahrung auch Feld— mäuſe und kleine Vögel und fallen ſich ſelbſt unter einander an. Die Schnabelthiere freſſen, außer allerlei Waſſerwürmern und dergleichen, auch Kräuter. Unter den Hufthieren iſt das Schwein .606 Zwölfte Klaſſe. f ein Alles freſſendes Thier; Pferde, Eſel, Kameele, Kühe, Schafe laſſen ſich gewöhnen, Fleiſch und Fiſche zu genießen; auch von gezähmten Rehen weiß man, daß ſie zuweilen gern Fleiſch fraßen. Das Wallroß frißt Seekräuter und Krebſe, fällt aber auch See⸗ hunde an. § 332. Ob alle Säugthiere des Trinkens bedürfen, ift wol zu bezweifeln, denn manche, z. B. Hausmäuſe und Faul⸗ thiere, ſcheinen ganz ohne daſſelbe beſtehen zu können. Kameele durſten fünf bis ſechs Tage lang, trinken dann aber ſehr viel auf einmal; daß ſie faſt drei Wochen lang ſollen durſten können, iſt übertrieben. | § 333, Die meiften Säugthiere nehmen und ergreifen ihre Nahrung unmittelbar mit dem Maule, jedoch auf mans cherlei Weiſe: Die Einhufer z. B. mit den ſehr beweglichen Lippen; die Zweihufer und Manati indem ſie das Gras, jene mit der durch ſtachlige Warzen rauhen Zunge, die Manati mit zwei chagrinartigen und in einander paſſenden Erhöhungen und Vertiefungen des Gaumens und der Unterfinn- lade, abreißen. Die Züngler ſtrecken ihre lange wurmförmige Zunge in Ameiſen- und Termiten-Haufen, und ziehen dann die daran kleben bleibenden oder mit den Kinnbacken ſich anbeißenden Inſekten ins Maul. Mehre der Säugthiere mit rüſſelförmig ver— längerter Schnauze bedienen ſich des Rüſſels zum Aufſpüren ihrer Nahrung in der Erde und im Schlamme, z. B. Spitzmäuſe, Rüſſelmäuſe, Schweine. Der Elephant ergreift ſeine Nahrung mit dem Ende des Rüſſels, beſonders mit dem daſelbſt befindli— chen fingerförmigen Fortſatze, und bringt ſie dann, indem er das Rüſſelende nach innen und aufwärts krümmt, in das Maul; die ganz jungen Elephanten ſaugen aber mit dem Maule ſelbſt. Die Vierhänder ergreifen ihre Nahrung mit den Händen und brin— gen fie dann mit denſelben zum Munde, indem fie auf den Hin- terbeinen ſitzen; auch manche Nagethiere ſetzen ſich auf die Hin⸗ terbeine und halten die Speiſe, an welcher ſie nagen, mit den Vorderfüßen, z. B. Eichhörnchen, Schläfer, mehre Mäuſe. Die Waſchbären machen es oft eben ſo, nachdem ſie die Nahrung erſt ein paarmal im Waſſer abgeſchweift haben. Diejenigen Säug⸗ thiere, welche zu ihrer Beute größere lebende Thiere ſich auser— Säugthiere. 9 | 607 ſehen, beſonders die Raubthiere, beſchleichen und belauern ihren Raub und ſpringen dann auf denſelben ein, indem ſie ihn mit den Klauen faſſen und niederſchlagen und dann mit dem Gebiß tödten. Luchſe und Vielfraße erklettern zuweilen Bäume und legen ſich auf den untern ſtarken Aeſten derſelben auf die Lauer, um vorübergehenden Hirſchen, Elenthieren u. ſ. w. auf den Rücken zu ſpringen und, indem ſie ſich feſt anklammern, den mit ihnen entfliehenden Thieren die Nackenpulsader zu durchbeißen und ſie ſo zuletzt zum Fallen zu bringen. Daſſelbe Verfahren iſt noch manchen andern Katzenthieren eigen. Selbſt von Wieſeln (Mustela erminea und vulgaris) führt man Beiſpiele an, daß ſie Rehen auf den Nacken geſprungen ſind und dieſe auf ähnliche Weiſe getödtet haben. Die Blattnaſer, welche ſchlafende große Säugthiere und Menſchen anfallen und ihnen das Blut aus— ſaugen, bewirken dieſes durch die beſonders dazu eingerichteten Lippen und Zunge (f. § 211, 216): Sie ſchröpfen ſich nämlich erſt mit den Lippen an, ſchneiden dann, innerhalb des Raumes des dadurch gebildeten Schröpfkopfes, mit den Zähnen eine Wunde, und ſaugen nun, mit der röhrenförmig zuſammengelegten Zunge, deren Endwarzen wol auch mit zum Anſchröpfen dienen, das her— vorquellende Blut ein. § 334. Zum Zermalmen und Käuen der Nahrungs- mittel dienen die Backenzähne; und diejenigen Thiere, welche keine Backenzähne haben (Fiſchzitzthiere, Züngler, Schnäbler), verſchlin— gen ihre Nahrung ungekäuet. — Das Wiederkäuen beſteht darin, daß die roh und wenig zerkleinert verſchluckten Nahrungs— mittel, nachdem ſie in den beiden erſten Abtheilungen (Panzen und Haube) des Magens ſich geſammelt haben und erweicht wor— den ſind, biſſenweiſe wieder in den Mund hinaufgewürgt, dann erſt ordentlich zerkäuet und wieder verſchluckt werden, wo ſie dann nicht mehr in jene erſten Abtheilungen des Magens kommen, ſon— dern durch die Rinne, welche von der Ausmündung der Speiſe— röhre bis zu der dritten Magenabtheilung (Pſalter) führt, gleich in dieſe geleitet werden. Solche Vorrichtung findet ſich nur bei den Zweihufern; aber auch bei einigen Kängurus will man be= merkt haben, daß ſie wiederkäuen, nur nicht ſo oft und nicht ſo regelmäßig, wie die Zweihufer, und daß ihr Magen auch mehre 608 Z3ßmölfte Klaſſe Abtheilungen hat. Von den Hafen wird auch wol erzählt, daß ſie zuweilen wiederkäuen ſollen, doch iſt dieses weniger wahr⸗ ſcheinlich. 8 335. Manche Säugthiere, beſonders aus der Ordnung der Nagethiere, tragen im Herbſte Wintervorräthe ein, z. B. der Pfeifhaſe in Sibirien macht Heu und legt von demſelben Schober an, zuweilen von acht Fuß Durchmeſſer und ſechs Fuß Höhe, welche mit ſeiner Wohnung durch Kanäle in Verbindung ſtehen. Das Murmelthier macht auch Heu und trägt daſſelbe für den Winter ein, aber nicht bloß zur Nahrung, ſondern haupt— ſächlich um ein weiches Winterlager davon zu bereiten. Die lächerliche Erzählung, daß dieſe Thiere ſich auf den Rücken leg— ten, alle Viere von ſich ſtreckten, dann von den übrigen zwiſchen den Beinen mit Heu beladen und ſo bei dem Schwanze in die Höhle gezogen würden, iſt eine Fabel. Der Hamſter trägt in feinen Backentaſchen Getreidekörner und andere Sämereien ein, welche er in ſeine Vorrathskammer dadurch ausleert, daß er mit den Vorderpfoten von Außen die Backentaſchen ausdrückt. Die ſibiriſche Wurzelmaus Hypudaeus oeconomus) trägt in ihrer Wohnung allerlei Wurzelwerk für den Winter zuſammen. Von dem Igel wird erzählt, daß er Früchte auf ſeine Stacheln ſpieße, indem er ſich auf denſelben wälze, und ſie ſo in ſeine Wohnung ſchaffe von andern Beobachtern wird dieſes jedoch geläugnet. Auch ſoll man ihn oft in ſeinem Winterlager ganz mit Blättern umwickelt finden, welches er ebenfalls durch Wälzen auf einem Blätterhaufen bewirke. § 336. Das Trinken geſchieht entweder durch Einzie⸗ hen und Einſaugen mittelſt der Lippen (z. B. bei den Hufthieren), oder durch Einleckens mittelſt der Zunge, welche dabei löffelför— mig eingebogen wird (ſo bei den Raubthieren). Der Elephant zieht das Waſſer in den Rüſſel, krümmt dieſen dann in den Mund und ſprützt ſich das Waſſer in den Schlund. § 337. Zur Erhaltung des Lebens dienen aber nicht bloß die Nahrungsmittel, ſondern auch die Schutz- und Vertheidi— gungsmittel, welche die Thiere anwenden, um ſich gegen An— griffen von Außen ſicher zu ſtellen. Die Waffen, mittelſt deren dieſe Angriffe abgewehrt werden, ſind bei allen Raubthieren und N Säugthiere. 609 vielen andern die Zähne und die Krallen; bei den Zweihufern und Nashörnern die Geweihe und Hörner. Hirſche verthei— digen ſich auch mit den Vorderbeinen; eben ſo die Giraffe oft gegen Löwen mit Erfolg. Die Einhufer ſchlagen mit den Hin- terbeinen aus, doch ſieht man auch nicht ſelten Pferde ſich mit den Vorderbeinen vertheidigen. Kängurus ſchlagen mit einem Hinterfuße nach vorn, indem ſie ſich auf den andern und auf den Schwanz ſtützen; zuweilen ſtützen ſie ſich auch bloß auf den Schwanz, und ſchlagen mit beiden Hinterfüßen zugleich nach vorn; auf der Flucht verſetzen ſie den verfolgenden Hunden tüchtige Hiebe mit dem ſtarken Schwanze. Die Elephanten vertheidigen ſich durch Schläge mit dem Rüſſel. Die Stinkthiere ſollen aus den Afterſtinkdrüſen den ſie verfolgenden Feinden eine ſo furchtbar ſtinkende und betäubende Flüſſigkeit entgegenſpritzen, daß dieſe durch den ſich verbreitenden Geſtank zurückgeſcheucht werden. In der Regel ſuchen die Thiere, wenn ihnen ein überlegener Feind aufſtößt, durch die Flucht ſich zu retten, und immer iſt dieſes das einzige Mittel für die ſchwächern ſchnellfüßigen und von der Natur nicht mit beſondern Vertheidigungswaffen verſehenen Arten, wobei ſie zum Theil noch manche Liſt anwenden, z. B. die Ha⸗ ſen, welche bei ſolchen Bedrängniſſen durch Flüſſe ſchwimmen, über hohe Zäune oder zwiſchen eingepferchte Schafheerden ſetzen, auch ſich, wenn die Hunde dicht hinter ihnen ſind, plötzlich nie⸗ derdrücken, ſo daß die verfolgenden Hunde oft viele Schritte weit über fie hinausſtürzen, worauf der Hauſe ſogleich nach der ent— gegengeſetzten Richtung, mit einem gewonnenen bedeutenden Vor— ſprunge, wieder davon eilt u. ſ. w. Wenn das kleine Moſchus⸗ thier (Moschus pygmaeus) hart von Hunden verfolgt wird, ſpringt es zuweilen ſo hoch wie möglich an einen Baumſtamm hinauf, und ſchlägt ſich mit den langen Eckzähnen in die Rinde ſo feſt ein, daß es hängen bleibt, während die Hunde unter ihm vorbei⸗ jagen; ein andermal ſtellt es ſich todt. Dieſes Sichtodtſtel⸗ len wird auch von andern Thieren erzählt, z. B. von den Beu⸗ telratten und vom Fuchs, welcher letztere dieſe Verſtellung zuwei⸗ len anwendet, wenn er angeſchoſſen iſt, um den Jäger ſicher zu. machen und dann gelegentlich zu entfliehen. Den mit Stacheln, Hornſchuppen, harten Schildern bekleideten Säugthieren 39 } We 610 Zwölfte Klaſſe. gewähren dieſe einige Sicherheit, wenn ſie angefallen werden. Schuppenthiere, Gürtelthiere, Igel kugeln ſich dann ganz zuſam⸗ men, ſo daß ſie nach allen Seiten hin durch jene Bekleidung ge⸗ ſchützt ſind. Die Orangutans ſollen, in ihrem freien Zuftande, zu ihrer Vertheidigung auch mit Knütteln um ſich ſchlagen und Steine ſchleudern. Wenn dieſe Erzählung‘, die jedoch, wie es ſcheint, nur den Ausſagen der Eingebornen jener Länder, wo die Orangutans einheimiſch ſind, nacherzählt iſt, ſich beſtätigen ſollte, ſo wären jene Vierhänder die einzigen Säugthiere, welche ſich fremder Waffen bedienten, und würden auch hindurch dem Menſchen am nächſten ſtehen, welcher freilich, in Anwendung frem⸗ der Waffen, eine ſolche Mannigfaltigkeit und Zweckmäßigkeit und ſelbſt weit hin wirkende Kraft entwickelt hat, daß er dadurch allen andern Hase überlegen geworden ift. | | Fünfter Abschnitt Fortpflanzung und Entwickelung. 8 338. Die Säugthiere find getrennten Geſchlechts; nur als Mißgeburten kommen mitunter, ſowol bei Menſchen als bei Hausthieren, mehr oder minder ausgebildete Zwitter vor, wo zuweilen die äußern Geſchlechtstheile ganz weiblich, die innern ganz männlich ſind. § 339. Zur Begattung hält ſich entweder nur ein Paar Männchen und Weibchen zuſammen (Monogamie), oder es halten ſich mehre Weibchen zu Einem Männchen (Polygas mie); jedoch find dieſe Verhältniſſe nicht immer beſtändig und rein, auch zum Theil ſchwer zu beſtimmen. In Polygamie leben z. B. die Robben, die meiſten Hornthiere, zahme Kaninchen, der Edelhirſch (Cervus elaphus) u. ſ. w.; in Monogamie das Reh (Cervus capreolus), das Wallroß, die Seeotter, Hafen, wilde Kaninchen, der Löwe u. ſ. w. Bei den meiſten Säugthieren ſcheint für dieſe Verhältniſſe kein beſtimmtes Naturgeſetz ſtattzu⸗ finden, ſondern ſie begatten ſich wie gerade ein Paar, in dem der Trieb dazu erwacht iſt, zuſammentrifft, z. B. Hunde, Katzen, Pferde u. ſ. w. Die Menſchen leben theils in Monogamie, theils in Polygamie; doch ſcheint jene als das eigentliche Geſetz vorzu⸗ Säugthiere. 611 walten. — Die Begattungszeit oder Brunſtzeit iſt ver⸗ ſchieden nach der Dauer der Trächtigkeit des Weibchens, und fin- det bei den nördlichen Thieren fo ſtatt, daß die Geburt in die wärmere Jahreszeit fällt: Der Edelhirſch begattet ſich im Auguſt; das Reh hingegen ſoll ſich, nach der gewöhnlichen Meinung, erſt im November begatten, wogegen indeß Bedenken erhoben ſind, indem man die Begattung dieſes Thieres in der That oft im Auguſt, niemals aber im November geſehen habe. Da man aber bei den Rehen zu der Gewißheit gelangt iſt, daß die Embryonen erſt im December ſich zu entwickeln anfangen, ſo muß man an— nehmen, daß fie ſich in dieſem Punkte, fo weit unſere Kenntniſſe bis jetzt reichen, von allen übrigen Säugthieren unterſcheiden, bei denen jene Entwickelung bald nach der Begattung anhebt. In der Regel begatten ſich die größern Thiere nur einmal im Jahre; der Wallfiſch nur einmal in zwei Jahren; das Schwein, als Ausnahme, zweimal im Jahre. Bei den kleinern Arten, welche meiſt mehr als einmal im Jahre ſich vermehren, tritt alſo auch die Begattung mehrmals, d. h. zu verſchiedenen Zeiten, ein, z. B. die Ferkelmaus begattet ſich alle zwei Monate, zuweilen noch öf⸗ terer, denn das Weibchen iſt nur vier Wochen trächtig, und läßt oft gleich nach der Geburt das Männchen wieder zu; die Häſinn ſetzt viermal im Jahre (März, Mai, Juli, September), das Ka⸗ ninchen noch öfterer. So iſt auch die Begattung mehrer anderer größerer Thiere, z. B. des Hundes, der un u. 15 wi ‚m feine beſtimmte Zeit gebunden. | Die Begattung felbft geſchieht in der Regel fo, daß das Weibchen, auf allen Vieren ſtehend, hinten vom Männchen be⸗ ſtiegen wird, welches nun, mit den Vorderbeinen und dem Vor⸗ derleibe auf dem Rücken des Weibchens ruhend, mit den Hinter- beinen ſich auf den Boden ſtützt. Das Kameelweibchen legt ſich bei der Begattung auf den Bauch, und das Männchen ſitzt hin⸗ ter ihm auf dem Hintern, wie ein Hund, indem es die Vorder⸗ beine auf den Rücken des Weibchens legt. Auch manche große Katzenarten begatten ſich zuweilen ſo, daß das Weibchen auf dem Bauche liegt. Einige andere Thiere begatten ſich, wie der Menſch, Bauch gegen Bauch gekehrt: Wallfiſche und Delphine richten ſich dabei gegen einander empor, indem ſie im Waſſer gleichſam 39 * 642 | a z272 ‚lebte, Wee Hege und, br e 2 die ‚auf; dem Rücken mit Stacheln, bewaffneten Saäugthiere. Unrichtig iſt es aber, wenn daſſelbe von den Elephanten behauptet, wird. Fleder⸗ mäuſe begatten ſich, indem beide, Männchen und Weibchen, und a. ee“ mit den a der oh ſich, 1 111 sah und eine no Bla gui ihm Er das Weibchen zur Begat⸗ tung zu reizen, geggſindet ieh e lich vor der Had noch, mußt feſtſtellen, iin n Inn %% 8 340. In Dan ‚Hegel, engen ſich nur, Thiere, 1 ſelben, Art mit einander doch, kommen auch. Baſtardbegat⸗ tungen, von Thieren zweier verſchiedenen Arten vor, welche in⸗ deß nur zwiſchen Hausthieren, oder zwiſchen dieſen und einer nahe verwandten frei und wild lebenden Art, oder auch zwiſchen zwei wilden, aher i in Sefangenidatt gehaltenen Arten, MH z. B. Ouayga mit Eſel⸗ her. Pferd, Pferd 8 Eſel (aus eee Ver⸗ bindung Maulthieres und Mauleſel entſtehen, erſtere, wenn der Eſel der Hengſt iſt, letztere wenn das Pferd der Hengſt iſt), Gemſe mit Ziege und Schaf, Schaf und Ziege, Ziege und Stein⸗ bock, Hunde mit Wölfen, Füchſen und Schakals. Aus dieſen Vermiſchungen entſtehen allerdings Baſtardez und es folk. ſogar zuweilen eingetreten ſein, daß ſolche Baſtarde ſich wieder unter einander fruchtbar begattet haben. Auch werden fruchtbare Ba⸗ ſtardbegattungen zwiſchen Raben mit, wle und Beutelthieren, Hirſchen namhaft gemacht; dach, möchte man dae e noch e ei⸗ nige Bedenken haben: „Die Männchen mancher „Thierarten ſind beſonders geil,, und ſuchen den Geſchlechtstrieb, wenn ſie kein Weibchen ihrer Art haben, ſelbſt mit ehr: unähnlichen Thieren zu befriedigen; ſo z. B. Kaninchen mit Hunden und Katzen. Die meiſten Nagelaffen find. ebenfalls ſehr geile Thiere, beſonders die Orangs und hanf, welche, in Gegenwart von wanne + 42 ER a. WB eule en auf eine nicht zu verkennende Weiſe Beraten Doch werden die Erzählungen, wie jene Affen ſelbſt Mädchen entführt und jahrelan bei ſich behalten haben‘ ollen, ohne Zwei⸗ fel ins Reich der Fabeln gehören. hialg Uneigenklich hat man auch wol die Nachkommen, die aus der ermiſchung zweier Raf' Ten Einer Art entſtehen ,“ Baſtarde genannt. Für dergleichen Zeugungen in der Menſchengattung ſind auch beſondeke Benen⸗ nungen gebildet, 5. Bl in Amerika heißen M tlatten die Nach⸗ kommen aus der Vermiſchüng von Negern und Euroßäern, Meſtizen die aus der n von ene mit ur⸗ ſptündlichen Amerikanern au. saw, e e 11 ͥ 0 60 e 341. Die Dauer der share feht im Allge⸗ meinen mit der Gib öße des Thieres im Berhältniſſe; z B. bei den Elephanten währt. fie ziwiſchen 20 und 24 Monate, bei dem | Nashorn 17 bis 18 Monate, bei dem Katneel 12, bei dem Pferde 11, bei der Kuh 9, bei dem Hirſch 8, bei der Löwin 6, bei Sem Reh 5½ , bei der Ziege 5, bei dein Schweine a bel dem Fuchs 2, bei der Hauskatze etwas unter 2 Monate, bei den klei nern Wiesel 5 Wochen, bei der Halisratte 4, bei der Hausmaus 3 Wochen. Es ft nden ſedoch auch RER von dieſer Regel ſtatt, denn 3. B. das Schwein föllte, nach ſeiner Größe, längere Zeit trächtig ſein; der Wallfiſch“ iſt nur 10 bis 12 Monate träch⸗ tig. Die Trächtigkeit der Bärinn (Ursüs arctös)" wurde in frü⸗ hern Zeiten theils zu 1, theils zu 4, theils zu 6 Monate ange⸗ geben; die neuern Angaben lauten auf 6, 7 oder 8. Monate. Sehr kurz, im Verhältniſſe zur Größe des Thbieres, iſt die Träͤch⸗ tigkeit der Beutelthfete, denn die vitginiſche Beuͤtelratte (Didelphis Urginiana), etwas größer als eine Ratte, geht 14 Tage trächtig; das Opoſſum (Did. opossum) / ohngefähr von der Größe einer Katze, 22 bis 26 Tage; das Känguru I lahnätürüs each) ohngefähr 10° gioß wie ein Schaf, 45 Wochen. e e e zac 342. Die meiſten Weibchen! machen ehe he gebären, ein Lager für die Jungen dutecht, welches aft nur in einer unbedeutenden Vertiefung, oder in einem "Roche, oder in ſonſt ei⸗ JE nem geſchützten Orte, unter Büſchen, Steinen und dergleichen, beſteht. Die, welche beſondere Wohnungen haben, werfen jedes⸗ mar in ſwieſew iber in einet beſondern Abthbilutg derſelben! Viele 614 Sbwilſte Klaſſe. verfertigen dazu ordentliche Neſter aus allerlei fremden weichen zuſammengetragenen Materialien, als: Reiſig, Moos, Gras, Blät⸗ tern, Pflanzenwolle und dergleichen ( ſ. § 318). — Diejenigen Säugthiere, deren Junge gleich nach der Geburt ſtehen und ge⸗ hen können (die Hufthiere), oder die ihre Jungen gleich an ſich umhertragen (Saulthſere y Nagelaffen, Sledermäuſe), bereiten gar ban Lager. 8 343. Die Sun En, lebendig gebärend, bean die Erzählung, daß das Schnabelthier Eier lege und dieſelben bebrüte, hat ſich nicht beſtätigt. — Was die Bildung des Em⸗ bryo im Mutterleibe betrifft, ſo ſind die Eikeime, wenn ſie ſich vom Eierſtocke ablöſen, noch ohne Spur von beginnender Ent⸗ wickelung, ſondern dieſe fängt erſt an, nachdem der Keim ſich in der Gebärmutter feſtgeſetzt hat, wo ſich gefäßreiche Häute um und an ihm bilden, deren Gefäße mit denen der Mutter ſelbſt in Ver⸗ bindung ſtehen und aus letztern ihm ſeine Nahrung zuführen, ſo daß er auch nicht von Außen her athmet, wie es noch bei dem Fötus der Vögel der Fall iſt. Die erwähnten Gefäße bilden an der innern Wand der Gebärmutter eine Bekleidung, die der Mut⸗ terku chen heißt, und vereinigen ſich zu einem Strange, welcher an der Nabelſtelle in den Fötus übergeht und daher Nabelſtrang genannt wird. Das erſte, wovon ſich im Embryo, wenn ſeine Entwickelung beginnt, eine Spur zeigt, iſt das Rückgrat; die Gliedmaßen entſtehen zuletzt. Gleich nach der Geburt ſchrumpft der Nabelſtrang ein und löſet ſich ab. Bei den Beutelthieren ſoll er ſich ſchon kurz vor der Geburt ablöſen. Im Schnabel⸗ thiere hat man bis jetzt noch nicht beſtimmt Gefäße entdeckt, mit⸗ telſt deren der Fötus mit der Gebärmutter zuſammenhinge; man hält daher dieſes Thier zum Theil für ein animal ovoviyiparum, d. h. deſſen Fötus in der Gebärmutter, in eine Haut eingeſchloſ⸗ ſen, ſich entwickele, ohne durch Gefäße mit der Mutter in Ver⸗ bindung zu ſtehen, und auch noch in die Haut eingeſchloſſen gebo⸗ ren werde, welche erſt im Augenblicke der Geburt zerreiße. Vom Känguru wurde früher daſſelbe geglaubt, wo es ſich doch aber nicht beſtätigt hat. 8 344. Die Zahl der Jungen if verfchieden: Im Allgemeinen gilt die Regel, daß, je größer die Thiere ſind, deſto * Säugthiere. 0 615 geringer die Anzahl der Jungen; auch kann man ſo ziemlich aus der Dauer der Trächtigkeit auf die Vermehrung ſchließen. Der Elephant bringt nur alle 3 bis 4 Jahre ein Junges. Alle die, welche 10 bis 12 Monate trächtig ſind, können erſt im dritten Jahre wieder gebären, und bringen auch nur ein Junges, ſelten deren zwei. Die, welche 3 bis 9 Monate tragen, vermehren ſich jährlich nur einmal und bringen 1 oder 2 Junge. Das Schwein macht auch hier eine Ausnahme, indem es, trotz ſeiner Größe, zweimal im Jahre trächtig wird und jedesmal 12 bis 20 Junge wirft; man hat ein Beiſpiel von einem Schweine, welches drei⸗ mal in einem Jahre warf, und in dieſen drei Würfen zuſammen⸗ genommen 75 Junge zur Welt brachte. Hunde, Füchſe, Katzen, welche unter drei Monate trächtig ſind, werfen 3 bis 6 Junge. Kleinere Thiere vermehren ſich öfters als einmal im Jahre und bringen mehre Junge; der Haſe drei- bis viermal zwei Junge; der Hamſter zwei bis dreimal 6 bis 12 Junge; die Wanderratte (Mus decumanus) dreimal 13 bis 21 Junge; von der kleinen Feldmaus oder Wühlmaus (Hypudaeus arvalis), welche mehrmals im Jahre wirft, und deren erſte Jungen ſich ſchon wieder in dem⸗ ſelben Jahre fortpflanzen (was bei mehren kleinen Thieren, ſelbſt ſchon zuweilen bei Kaninchen der Fall iſt), hat man berechnet, daß ein Weibchen in einem Jahre 1600 Nachkommen haben könne. Die Ferkelmaus kann jährlich achtmal 10 bis 12 Junge haben; die zahmen Kaninchen 7= bis Smal 3 bis 9 Junge. § 345. Die Größe der eben gebornen Jungen ſteht mit der der Mutter im Verhältniſſe; jedoch ſind die eben gebornen Walle verhältnißmäßig größer, als die Jungen der übri⸗ gen Säugthiere. Ein eben geborner Delphin hat faſt ſchon ein Drittel des Gewichts der Mutter; ein ganz junger Wallfiſch ſchon ein Viertel der Länge der Mutter. Beutelthiere und Kängurus bringen unreife Früchte zur Welt, denn z. B. die des letztern, welches nur 4 bis 5 Wochen trägt, haben nur eine Länge von 1 bis 1½ Zoll; da aber das Känguru ohngefähr ſo groß wie ein Schaf iſt, fo müßte es ohngefähr 5 Monate tragen und be- deutend größere Junge zur Welt bringen. Man kann alfo an⸗ nehmen, daß die jungen Kängurus erſt, nachdem ſie 4 Monate 616 Swölfte Klaſſe. in dem Beutel eingeſchloſſen waren, die Amiens ER neu⸗ gckornet Thiere haben werden. | § 346. Die Dauer der Ei nn Geburt i kurz, denn auch bei denjenigen Thieren, welche mehre Junge wer⸗ fen, kommen dieſe gleich hinter einander hervor: Von der Beutel⸗ ratte in Paraguay wird jedoch geſagt, np ſie ne a in 3 bis 4 Tagen gebäre. 8 3427. Die Jungen der Hufer e, zum Theil — einige Stunden nach der Geburt, zum Theil aber erſt nach eini⸗ gen Tagen, auf ihre Beine ſich erheben und der Mutter folgen; auch die Jungen der Ruderfüßer und Fiſchzitzthiere ſchwimmen gleich neben der Mutter. Die meiſten übrigen Säugthiere kom⸗ men ſehr ſchwach zur Welt, öffnen erſt nach mehren Tagen die Augen (bei mehren Raubthieren und Nagethieren bleiben die Au⸗ gen 9 bis 14 Tage mittelſt einer dünnen Haut geſchloſſen), und liegen lange Zeit im Lager oder Neſte, ehe ſie daſſelbe verlaſſen und gehen können. Die Faulthiere hängen, wenn ſie gebären, mit allen Vieren an der Unterſeite eines Baumzweiges; die Jun⸗ gen klammern fi. dann gleich mit ihren Krallen an dem Körper der Mutter feſt, kriechen an demſelben umher und laſſen ſich ſo tragen. Auch unſere Fledermäuſe gebären zuweilen ſo, daß ſie an den Krallen der Vorderdaumen hängen und den Schwanz gegen den Bauch aufwärts krümmen, daß er mit der ihn umge⸗ benden Haut eine Mulde bildet, welche die Jungen nach der Ge⸗ burt aufnimmt; gewöhnlich aber gebären ſie in Mauerlöchern; die Jungen häkeln ſich dann an die Mutter an und laſſen ſich von ihr, ſelbſt im Fluge, umhertragen. Die Affen nehmen ihre Jungen, wie der Menſch, auf die Arme. Die Beutelratten und Kängurus bringen ihre Jungen in noch ſehr unxeifem Zuſtande, als faſt bewegungsloſe Embryonen, zur Welt, an denen ſich kaum erſt Spuren äußerer Gliedmaßen finden. Dieſe Jun⸗ gen werden dann in den Beutel der Mutter aufgenommen, wor⸗ auf ſich derſelbe ſchließt und nicht eher wieder öffnet, als bis die Jungen, welche unterdeß faſt beſtändig an den Zitzen hängen und ſaugen, ſo weit ausgewachſen ſind, daß ſie denſelben verlaſſen, umherlaufen und Nahrung ſuchen können. Doch bleiben ſie auch dann noch fürs Erſte beſtändig in der Nähe der Mutter, um, Säugthiere" 617 * wenn ſie müde ſind, oder Gefahr droht, in den Beutel zu flüch⸗ ten und ſich von der Mutter in Sicherheit bringen zu laſſen. Ueber die Art und Weiſe, wie die eben gebornen Embryonen in den Beutel gelangen, iſt man noch nicht ganz einig. Einige Beobachter behaupten zwar, daß ſie in den Beutel hineinkriechenz; wenn aber dieſe Jungen wirklich ſo wenig ausgebildet ſind, wie ſie eben beſchrieben wurden, ſo ſcheinen ſie wohl nicht kriechen zu können. Man glaubt daher, daß die Mutter entweder bei der Geburt eine ſolche Lage annehme, daß die Jungen von ſelbſt in den Beutel gleiten; oder, daß bei der Geburt, durch einen befon: dern Muskelapparat, die Oeffnung der Scheide bis zu der Oeff— nung des Beutels hingezogen werde; oder, was am wahrſchein⸗ lichſten iſt, daß die Jungen von der Mutter mit den DIE ten und der Schnauze in den Beutel geſchoben werden. Daß ein beſonderer Kanal aus der Gebärmutter unmittelbar in den Beutel führe, wie man auch, entdeckt zu haben meinte, hat ſich nicht beſtätigt. Theils aber tragen Beutelratten ihre Jungen auf dem Rücken mit ſich umher, indem dieſe ihre Schwänzchen um den über den Rücken hingebogenen Schwanz der Mutter wickeln und ſich ſo feſt halten. Dieſes ſoll bei denjenigen der Fall ſein, die keinen vollſtändigen Beutel zur Aufnahme der Jungen am Bauche haben; oder, nach den Meinungen Anderer wären es Beutelratten, deren Beutel ſchon wieder mit Jungen beſetzt ſei, während ſich auch noch die des vorhergehenden Wurfs bei ihnen aufhalten, die nun, da ihnen der Beutel zur Bart e ſei, auf den Rücken der Mutter flüchten. j § 348. Die erſte Nahrung der Zungen if Ben Milch, welche fie aus den Zitzen der Mutter fangen. Hin⸗ ſichtlich der Fiſchzitzthiere entſtanden Zweifel darüber, ob die Jungen wirklich ſaugen könnten, da man dieſes unter Waſſer für nicht gut möglich hielt. Nach Hunter ſoll ſich indeß ihre Mund⸗ höhle ausdehnen und zuſammenziehen können, und ſo auch unter dem Waſſer dieſen Thieren das Saugen möglich ſein. Auch will man zum Theil beobachtet haben, daß die Weibchen von Zeit zu Zeit den Körper in eine ſolche Lage bringen, daß eine oder beide Zitzen über dem Waſſer befindlich ſind, damit die Jungen ſaugen können. Geoffroi St. Hilaire glaubte entdeckt zu haben, 618 Zwölfte Klaſſe. daß die Milchdrüſen der Delphine keine Milch, ſondern nur eine Art Schleim enthielten; und da einige Seefahrer behaupteten, daß man die jungen Delphine niemals ſaugen ſehe, ſo ſtellte er ſich den Hergang ſo vor, daß die Mutter jenen Schleim in das Waſſer ſpritze, der dann von den Jungen aufgefangen und ver⸗ ſchluckt werde. Später, als er doch erkannte, daß wirkliche Milch in den Milchdrüſen enthalten ſei, ging er jedoch zu der Meinung über, daß dieſe Milch den Jungen, da ſie unter Waſſer nicht ſau⸗ gen könnten, in den Mund geſpritzt werde, wie man denn auch ſpäter einen be ondern Muskelapparat in den Zitzen dieſer Thiere entdeckt hat, der ſo eingerichtet iſt, daß durch ſein Zuſammenzie⸗ hen allerdings die Milch ausgeſpritzt werden kann. Wenn man alſo die jungen Delphine an den Zitzen der Mutter hängen ſieht ſo braucht damit noch kein eigentliches Saugen verbunden zu ſein ſondern eben ſo gut nur ein Einſpritzen der Milch. Ein Gleiches glaubt man auch bei den Kängurus annehmen zu müſſen: Der Fötus hängt nämlich im Beutel nur mechaniſch, ohne zu ſaugen, an der Zitze, deren Ende ſich im Munde des Fötus der⸗ maßen ausdehnt, daß ſie die ganze Mundhöhle ausfüllt, ſo daß der Fötus nicht von ihr abfallen kann, und die Milch ſoll dieſem durch eine ähnliche Muskelvorrichtung eingeſpritzt werden. Seiler meint ſogar, daß, nachdem der Fötus in den Beutel gelangt und dieſer geſchloſſen ſei, eine ſolche Menge Milch ausgeſondert werde, daß der Fötus von derſelben ganz umfloſſen und durch allgemeine Einſaugung ernährt werde, bis er ſpäter erſt die Zitze ergreife und die Milch ihm in den Mund geſpritzt werde. — Wie man von dem Schnabelthiere behauptet hatte, daß es nicht lebendig ge⸗ bärend ſei, ſo ſuchte man ihm auch das Säugen der Jungen ab⸗ zuſprechen. Es wurde Vieles dafür und dawider geſchrieben, ob das Thier überhaupt Zitzen habe und Milch ſecernire oder nicht; jedoch iſt dieſe Frage zuletzt bejahend beantwortet und dahin ent- ſchieden, daß am Weibchen nur kurz vor der Geburt, und wäh⸗ rend der Säugezeit die Zitzen äußerlich wahrzunehmen und die Milchdrüſen mit Milch verſehen ſeien; doch ſcheinen die Zitzen oft kaum etwas hervorzutreten, ſondern an ihrer Stelle die Milch aus mehren kleinen Oeffnungen hervorzudringen. Noch ein Ein- wurf gegen das Säugen dieſes Thieres wurde von dem Mangel Säugthiere. | 619 weicher Lippen hergenommen, da der harte ſtarre Schnabel nicht ſaugen könne; allein dieſer Theil iſt an den zarten Jungen weich und kurz genug, um gehörig die Zitze ganz umfaſſen zu können. — Das Säugen iſt übrigens, nach der Geburt, für die Mütter ein Bedürfniß, welches fie, wenn fie. ihrer eigenen Jungen be⸗ raubt worden ſind, oft mit fremden Jungen zu befriedigen ſuchen. So ſah man z. B., daß Katzen, in dieſem Falle, Iltiſſe, Haſen, Mäuſe und Ratten ſäugten. — Die Dauer des Säugens ſteht wieder im Verhältniſſe mit der Größe der Thiere und mit den Zeiträumen zwiſchen den Geburten: Die kleinen Säugthiere, welche mehrmals im Jahre trächtig werden, können natürlich nicht lange Zeit ſäugen: Die Waldmaus nur 1½ Woche; die übri⸗ gen Mäuſe, Ratten, Hamſter, Ferkelmaus u. ſ. w. 2 bis 3 Wo⸗ chen; Eichhörnchen, Haſen, Igel u. ſ. w. (aber auch Fledermäuſe und Schläfer) 3 bis 4 Wochen; der Biber 6 Wochen; Wieſel und Marder 2 bis 4. Monate; die Raubthiere ſcheinen überhaupt verhältnißmäßig länger zu ſäugen, indem ihre Jungen nicht ſo leicht und ſo bald, wie die der Pflanzenkoſt genießenden Thiere, ihrer eigentlichen Nahrung ſich bemächtigen können; Hirſche und Rehe ſäugen 4 Monate; Gemſen, Pferde, Bären u. ſ. w. 5 bis 6 Monate; Seehund (Phoca vitulina) 7 Monate; Wallfiſch 12 Monate; das Nashorn ſoll an 2 Jahre ſäugen. Die Haus⸗ hunde ſäugen, nach Verſchiedenheit der Raſſen und äußerer Um⸗ ſtände, 2 bis 6 Monate. Bei den meiſten unſerer übrigen Haus⸗ thiere (Kühen, Schafen, Schweinen) iſt die Dauer des Säugens auch verhältnißmäßig kurz, 4 bis 6 Wochen, weil man die Jun⸗ gen früher zu entwöhnen pflegt, als die Mut fa von freien Stücken nicht mehr zulaſſen würde. 8 349. Die Säugthiere zeigen für 15 55 Jungen, ſo lange dieſe noch ſaugen und ſich nicht auf eigene Kraft verlaſſen können, große Liebe, und bewachen und vertheidigen ſie mit Zärtlichkeit und ungewöhnlichem Muthe und Hintanſetzung ihrer eigenen Sicherheit. So ſah man ſelbſt Rehe, zur Verthei⸗ digung ihrer Jungen, Hunde angreifen. Denjenigen Jungen, welche im Neſte erzogen werden, wird ſpäter von den Eltern auch Nahrung zugetragen, und die der Raubthiere erhalten, wenn ſie das Neſt verlaſſen können, von den Eltern Unterricht im Fangen 620 Säugthiere. und Behandeln des Raubes. Beſonders ſiund m die Mütter, die ſich oder J Jungen annehmen; doch wenden bei denjenigen Arten, 71 Monogamie leben, auch die Väter den Jungen ihre Sorgfalt zu, obgleich immer in geringerm Grade, als die Mütter. Bei denjenigen Raubthieren, welche in Polygamie leben, iſt es 5 ſogar nicht ſelten der Fall, daß der Vater ſelbſt gegen ſeine eige⸗ nen Jungen feindſelig handelt, und daß dieſe von der Mutter gegen . genügt" werden, en 5 05 es 05 B m N es, ß auch die Mutter wenig oder gar eine Kirdetlicbe an den Tag legt / z. Bl die Harmſterweibchen verlaſſen ihre Jungen bei jeder Gefahr. Wahrſcheinlich hat die Entſtehung der ſogenannten Rattenkönige mit in jener Liebe ihren Grund: Wenn näm⸗ lich eine bedeutende Anzahl Junge in einem ſehr engen Lager ge⸗ worfen werden, ſo können ſich zuweilen, in der gedrängter n Lage ihre zarten Schwänze dermaßen in einander verwickeln, daß dieſe endlich zuſammen verwachſen und die Thiere ſich nicht mehr zu trennen vermögen, ſondern im Lager Verbleiben. Bringen nun die Alten dieſen hülfloſen Jungen unausgeſetzt Nahrung zu‘ ſo können dieſe, be he kuren eee doch; wong aus- euer F Nutan II EURO = 8 350. Die Süugthiere läden ſchon bei der Geburt alle die innern und äußern Theile und Gliedmaßen, die ſie haben ſollen; nur daß dieſe, for wie das Thier ſelbſt wächſt, auch erſt nach und nach ſich mehr und mehr entwickeln müſſen) um = eee ee 24 eee, Von ee und Ge⸗ f diese wachfen 25 wär erbte So iſt es er mit manchen Zähnen. In der Farbe ſind ebenfalls die Jungen zum Theil von den Alten verſchieden, z. B. Hirſche und Rehe, welche im früheſten Alter ein ſchönes weißgeflecktes Kleid haben; wilde Schweine, welche als Ferkelchen geſtreift find u. . w. Beutelrat⸗ ten und Kängurus Find bei der Geburt ganz unförmlich, faſt ohne Spur von Gliedmaßen, welche ſich erſt allmälig hervorbil⸗ den, und zwar ſo, daß am Känguru in der erſten Zeit die Bor: derbeine länger ſind als die Hinterbeine. — Als Regel kann man aufſtellen, daß die Säugthiere deſto sſpäter aus gewaäch fen Bwölfte Klaſſe. | 621 kin . älter werden, je größer, ſie find; z. B. Mäuſe, Ratten u. ſ. w., etwa bis zum Igel, Ferkelmaus, Wieſel, Haſe und dergleichen, hinauf, werden 6 ‚bis, 10 Jahre alt, und find, im erſten oder zweiten Jahre ausgewachſen. Die mittelmäßig großen Raubthiere, Biber, Schwein, Rehe u. 0 w., werden 10 bis 20 Jahre alt, und ſind im zweiten bis dritten Jahre, ausgewachſen, Die größern Raubthiere, (Löwe, Tiger, Bären), Pferde, Ochſen, Hirſche u. ſ. w., werden 20 bis 30 Jahre alt und ſind im vier⸗ ten bis fünften Jahre gusgewachſen. Das Kameel wird 30 bis | 40, Jahre alt und iſt im fünften bis ſechsten Jahre ausgewachſen, Elephanten und Nashörner ſollen an 100 Jahre. alt werden. kön⸗ nen, und erſtere nicht früher als im dreißigſten ausgewachſen ſein. — Die Zeugungsfähigkeit, tritt bei den Säugthieren meiſt dann ein, wenn ſie ohngefähr zwei Drittel der Zeit, bis ſie aus⸗ gewachſen wären, zurückgelegt haben; die kleinſten ſind ſchon ein halbes Jahr nach der Geburt zeugungsfähig. Von allen dieſen Regeln giebt es aber, manche Ausnahmen, . B. der. Orangutang ſoll erſt im zehnten Jahre ausgewachſen ſein, der Löwe, im, fie- benten. Sferde werden zuweilen 40, bis 50 Jahre alt; eines erreichte ein Alter von 62 Jahren, Ueberhaupt ſcheinen die do⸗ meſticirten Säugthiere verhältniß mäßig eher zeugungsfähig zu ſein als die übrigen. Bei dem Menſchen giebt ſich die Zeit der, Mann⸗ barkeit im weiblichen Geſchlechte durch periodiſchen Blutfluß aus 0 der Scheide, im männlichen Geſchlechte durch freiwillige Samen⸗ ergießung zu erkennen. So iſt es auch bei Nagelaffen. Der Menſch, wird unter allen Säugthieren nach. Verhältniß am ſpä⸗ teſten reif und am. älteſten: Es vergehen ein paar Jahre, ehe er ſich auf ſeine Füße verlaffen kann; er iſt erſt nach dem zwan⸗ zigſten Jahre ausgewachſen, und. wird an 70 Jahre alt; doch kann er auch, ein Alter von mehr als 100 Jahren erreichen: ‚Sm, vergangenen Jahrhunderte wurde der Engländer Parr 152 Jahre alt, ein Ruſſe 168 Jahre; und im Schloſſe Liſſa, vier ‚Meilen, von Prag, befindet ſich ein Gemälde eines alten Ehepaares (Jo⸗ nas Robi und deſſen Frau Sara), von denen, der Unterſchrift nach, der Mann 172, die Frau 164 Jahre alt war; ſie hatten bereits 147 Jahre zuſammen in der Ehe gelebt, und ihre vier Kinder, waren noch am Leben, der fe Sohn 116 Jahre, altz 622 Säugthiere. dieſes Gemälde iſt vom Jahre 1728, und im Jahre 1731 waren die Leute noch am Leben. Wenn aber in ältern Schriften und Urkunden von Menſchen die Rede iſt, welche mehre hundert und faft tauſend Jahre alt; geworden fein ſollen, fo werden dergleichen Angaben wol auf Mißverſtändniſſen beruhen. — Eben ſo uner⸗ wieſen bleibt die Meinung einiger Schriftſteller, daß, in den früheſten Zeiten der Schöpfung, die Menſchen ſowol, wie die übrigen noch lebenden Säugthierarten, eine bedeutendere Größe gehabt und ein viel höheres Alter erreicht haben ſol⸗ len, und daß ſie alle nach und nach immer noch Ne in beiden Beziehungen abnehmen würden. | Sechſter Abſchnitt. Beſonderes Phyſiologiſches. 8 351. Phosphoriſches Leuchten hat man zuteil an Delphinen und Wallfiſchen bemerkt. Sie theilen dieſe Erſchei⸗ nung dem ſie umgebenden Waſſer mit, aber nicht bloß durch die Bewegung der Thiere, ſondern wahrſcheinlich auch durch ihren abgeſpülten Schleim; doch mag das Leuchten auch oft durch die unzählbare Menge kleiner leuchtender Seethiere (Aufgußthier⸗ chen, kleine Quallen und Vielfüßler u. ſ. w.), welche durch die gewaltige Bewegung jener großen Thiere aufgeregt werden, ent⸗ ſtehen. Auch die Augen mancher Thiere, beſonders der Raub⸗ thiere, leuchten im Dunkeln; ob aber dieſes Licht ihnen dazu diene, im Finſtern nahe Gegenſtände zu ſehen, wie man wol ge- meint hat, iſt doch die Frage. — Etwas anderes find die elek⸗ triſchen Lichterſcheinungen, welche beim Reiben mancher langhaariger Thiere, z. B. der Katzen, ſichtbar werden und zu⸗ weilen ſelbſt mit elektriſchen Erſchütterungen verbunden ſein ſollen. § 352. Die meiſten Säugthiere, vielleicht alle, können eine Stimme von ſich geben, leiſer oder lauter, von dem kaum hörbaren Pfeifen der Mäuſe an durch allmälige Uebergänge bis zu dem Wiehern der Pferde, dem Bellen der Hunde, dem Ge brüll des Löwen u. ſ. w. hinauf. Von Kaninchen und einigen Mäuſen (Mus sylvaticus, agrarius u. ſ. w.) hat man noch keine Stimme gehört. Die Zif chzitzthiere werden auch für ganz Seaugthiere. 623 ſtumm gehalten; doch ſoll ein Delphinus truncatus, als er ge⸗ tödtet wurde, wie ein Ochſe gebrüllt haben, und Delphinus albi- cans ſoll unter dem Waſſer eigenthümliche pfeifende Töne hören laſſen. — Auch die Grade der Modulation der Stimme ſind bei den verſchiedenen Säugthieren verſchieden, obgleich fie nie den um⸗ fang und die Mannigfaltigkeit der Stimme mehrer Vögel errei⸗ chen, auch nie, wie es bei manchen der letztern der Fall iſt, fremde Töne und Melodieen ſich aneignen oder ſelbſt der menſchlichen Sprache einzelne Worte oder kurze Redensarten ablernen; denn daß z. B. Seehunde die Wörter „Papa“ und „Mama“ aus⸗ ſprechen lernen ſollen, iſt nicht Folge des Nachbildens, ſondern manche angeborne Laute jener Thiere haben Aehnlichkeit mit den angeführten Wörtern. Die Brüllaff en haben am os hyoideum eine hohle trommelförmige Erweiterung, welche mit dem Kehlkopfe in Verbindung ſteht und zu der außerordentlichen Verſtärkung der Stimme beiträgt, ſo daß man das Gebrüll dieſer Thiere wol eine halbe Meile weit hört; und da es zuweilen der Fall iſt, daß in den Geſellſchaften dieſer Affen erſt Einer eine Zeit lang allein ſich hören läßt, bis die übrige Gemeinde mit einfällt, ſo hat man dieſe Gattung auch Predigeraffen genannt. Die Elephanten ſollen zuweilen durch den Rüſſel trompetenartige Töne hervor— ſtoßen. Das Schnurren, welches die Katzen zuweilen hören laſſen, beſonders wenn man ſie ſtreichelt, wird durch zwei zarte geſpannte Häute im Kehlkopfe hervorgebracht; auch die Makis (Lemur catta) ſchnurren vor Wohlbehagen. — Diejenigen Säug⸗ thiere, welche einen größern Umfang der Stimme haben und mannigfaltige Laute hervorbringen können, drücken durch die Verſchiedenheit derſelben auch verſchiedene Gefühle, Leiden— ſchaften und Bedürfniſſe aus, wie Schmerz, Wohlbehagen, Freude, Zorn, Liebe, Hunger u. ſ. w.; auch verſtändigen ſie ſich unter einander mittelſt ſolcher Laute. So warnt die Mutter, wenn Gefahr droht, durch einen beſtimmten Laut, ihre Jungen, die ſich dann eiligſt zu verbergen oder ſonſt in Sicherheit zu ſetzen ſuchen; ein ganz anderer Laut iſt es, wodurch ſie die Jungen zu ſich lockt, um ihnen etwa Nahrung anzuweiſen; wieder anders ſind die Laute des Verlangens, wenn Männchen und Weibchen einander aufſuchen u. ſ. w. — Die Thiere Einer Art bringen 624 Zwölfte Klaſſe. dieſe Laute immer und allenthalben auf dieſelbe Weiſe und mit derſelben Bedeutung hervor, auch werden dieſe Laute immer und allenthalben von den übrigen Thieren derſelben Art verſtanden, wenn gleich ſie dieſe Laute niemals vorher gehört haben ſollten; dieſe Laute und das Verſtehen derſelben ſind ihnen angeboren, gehören in die Sphäre des thieriſchen Inſtinkts, und das iſt es eben, was dieſe Laute von der Sprache des Menſchen unter⸗ ſcheidet, denn dieſe iſt nicht angeboren, ſondern muß erlernt und eingeübt werden; ſie iſt eben ſo wenig allenthalben gleich, ſon⸗ dern jedes Volk hat ſeine eigene Sprache, die aber auch von Men⸗ ſchen anderer Völkerſchaften erlernt werden kann. — Der Menſch gelangte überdem zu der Fertigkeit, die Sprache in harmoniſchen Melodieen ertönen zu laſſen, und ſo bildete ſich der Geſang aus. 8 353. Inſtinkt überhaupt giebt ſich bei allen Thieren, und ſo auch bei dem Menſchen, durch die Fähigkeit zu erkennen, gewiſſe Triebe allenthalben und ſtets auf dieſelbe zweckmäßige Weiſe, ohne vorhergegangenen Unterricht und Erlernung, zu be⸗ friedigen. Dahin gehört zuerſt der Inſtinkt, Nahrung zu nehmen, welchem ſchon der Säugling folgt, indem er von freien Stücken mit dem Munde den Zitzen ergreift und ſaugt, ferner, bei vorge⸗ ſchrittenem Wachsthume, der Inſtinkt, mit den Füßen zu gehen, weiterhin, ſich vor Gefahr zu verbergen und zu ſchützen, ſich ge⸗ gen Feinde zu wehren, den Geſchlechtstrieb zu befriedigen u. ſ. w. Dieſe Inſtinkte hat der Menſch mit allen Thieren gemein. Aber mehre Thiere haben noch vor dem Menſchen andere Inſtinkte voraus, die ſich theils auf gegenfeitige Verſtändigung, auf das Verfertigen zweckmäßiger, zum Theil ſehr künſtlicher Wohnungen und Neſter, theils auf noch mehre andere Bedürfniſſe beziehen. — Denken wir uns nun den Menſchen in ſeinem roheſten Zu⸗ ſtande, etwa ſo, wie ihn das traurige Bild einzelner verwildeter Menſchen uns vor Augen ſtellt, wie er in früheſter Jugend, ohne ſchon der Sprache mächtig und des Unterrichts theilhaftig gewor⸗ den zu ſein, in eine einſame Wildniß ſich verlor, wo die äußern Verhältniſſe ihm eben nur günſtig genug waren, um ſein Daſein friſten zu können, ſo haben wir ein Geſchöpf, welches mit den Thieren, und noch nicht einmal mit den höher gebildeten derſel⸗ ben, auf gleicher Stufe ſteht. Und wer kann die Möglichkeit Säugthiere. 3 wegläugnen, daß die erſten Menſchen in dieſem Zuſtande lebten, bis allmälig der verborgene Funken der Vernunft, den der Schöpfer in ſie gelegt hatte, aufglimmte und nach und nach zu einem Lichte aufloderte, welches, durch immer ſteigende Ausbildung der Sprache und des Unterrichts, von Geſchlecht zu Geſchlecht ſtets kräftiger genährt und angefacht, dem Menſchen den Weg beleuchtete, auf dem er nicht nur zur Herrſchaft über die ganze Erde und deren übrige Bewohner gelangte, ſondern ſich auch die Kräfte der Natur dienſtbar machte. Dieſes immerwährende, durch Unterricht fortgepflanzte, und unter mancherlei wechſelnden For— men vor ſich gehende Weiterſchreiten in der Erkenntniß und Ver— vollkommnung iſt es, was Menſchen von Thieren unterſcheidet, als welche nur nach unveränderlichen und angebornen Trieben, die wir Inſtinkt nennen, handeln. Eben darin aber, daß jene Kenntniſſe nicht angeboren ſind, ſondern erlernt werden müſſen, iſt auch der Grund zu ſuchen, warum nicht alle Völker der Erde auf gleichem Grade der Ausbildung ſtehen, denn wo die äußern Umſtände dem Unterrichte, dem Nachdenken, und überhaupt der Geiſtesthätigkeit nachtheilig ſind oder werden, da bleibt die Aus- bildung ſtehen oder wird gar wieder rückgängig. Daher giebt es Völker, welche ſich noch niemals über die niedrigſte Stufe menſch— licher Ausbildung erhoben haben; andere, die ſchon Jahrtauſende hindurch auf einer höhern Stufe ſtehen geblieben ſind; noch an— dere, die von frühern höhern Stufen auf niedrigere zurückſanken, während die mehr von äußern We e begünſtigten noch im⸗ mer höher emporſteigen. § 354. Dem Menſchengeſchlechte ſteht, in Hinſicht auf die verſchiedenen Grade der Ausbildung und Vollkommenheit, die ganze übrige Säugthierklaſſe gegenüber, die nie— drigſten Thiere den ſogenannten wilden Völkerſchaften, die höch— ſten den kultivirten. In beiden Reihen findet eine allmälig ſteigende Ausbildung ſtatt, unter den Thieren nämlich nach Ordnungen und Gattungen, unter den Menſchen nach Raſſen und Individuen. In der Klaſſe der Säugthiere ſtehen die Fiſchzitz— thiere, die Ruderfüßer und, unter den übrigen Gattungen, die meiften derer, welche von Vegetabilien ſich ernähren, auf niedri⸗ gern Stufen, am weiteſten vom Menſchen entfernt. Solche, die 40 626 Zwölfte Kaffe. ſich künſtliche Nefter und Wohnungen bauen, z. B. die Biber, verrathen bei ihren Arbeiten ſchon einen gewiſſen Grad von Ueber⸗ legung. Ferner zeigt ſich auch bei den Raubthieren und andern von lebender Veute ſich nährenden Thieren mehr Geiſtesausbil⸗ dung, indem ſie mehr Liſt, Gewandtheit, Vorſicht u. ſ. w. anwen⸗ den müſſen, um ihrer Beute theilhaftig zu werden; und wenn das Alles bei ihnen auch nur noch angeborner Inſtinkt iſt, ſo iſt es doch ſchon ein geſteigerter Inſtinkt, der auch zum Theil ſchon an Ueberlegung gränzt. Viele Säugthiere, die, als domeſticirte oder in der Gefangenſchaft lebende, unter unmittelbarer Botmäßig⸗ keit des Menſchen ſtehen, werden von dieſem in allerlei Kunſt⸗ ſtücken unterrichtet und lernen ſie auch, was freilich mehr ein Er⸗ gebniß der Angſt und Furcht vor Strafe, als eines Kunſttriebes iſt, auch nur ſehr ſelten freiwillig und ohne Aufforderung des Herrn geübt wird. Nie aber unterrichten Thiere andere Thiere in ſolchen fremden erlernten Kunſtſtücken. Hunde nnd Elephan— ten zeichnen ſich vor allen andern Säugthieren nicht nur durch Gelehrigkeit aus, ſondern auch dadurch, daß fie nicht ſelten frei⸗ willig Handlungen vornehmen, denen Verſtand und Ueberlegung zum Grunde zu liegen ſcheinen. Sie gränzen in dieſer Hinſicht zunächſt an den Menſchen; doch ſcheint es, als ob die erwähnten Thiere nur dann, wenn ſie ſich unter menſchlicher Herrſchaft be= finden, ſolche Handlungen verrichten, nicht aber im freien, wilden Zuſtande. — Die Affen, namentlich die Orangutangs, wer⸗ den allgemein als diejenigen Säugthiere betrachtet, welche dem Menſchen am nächſten ſtehen; auch iſt es nicht zu läugnen, daß ſie, hinſichtlich ihres Baues, dem Menſchen am ähnlichſten ſind, und daß ſie oft freiwillig Handlungen vornehmen, die ſie dem Menſchen abſahen; aber dieſe Handlungen ſind rein mechaniſch, eine Folge blinder Nachahmungsſucht dieſer Thiere, welche niemals die Klugheit und Ueberlegung der Elephanten und Hunde zeigen. Wäre es aber gegründet, daß die Orangutangs ſich mit Knittel⸗ hieben und Steinwürfen, alſo mit fremden Waffen, gegen An⸗ greifer vertheidigten, ſo würde man hierin eine Annäherung an den Menſchen erblicken, denn unter allen lebenden Geſchöpfen kämpft nur dieſer mit fremden Waffen. Säugthiere. 627 Siebenter Abſchnitt. Nutzen und Schaden. 8 355. Den meiſten und vielfältigſten Nutzen getbähhen die domeſticirten Thiere (Rindvieh, Schafe, Ziegen, Pferde, Eſel, Schweine u. ſ. w.), indem ſie theils unmittelbar dadurch nützen, daß fie uns Nahrung und Kleidung geben, theils mittel— bar dadurch, daß ſie uns zur Erreichung mancher anderer, außer ihnen liegender Vortheile behülflich find. Bei uns find es haupt— ſächlich nur die genannten Thiere, die in dieſer Hinſicht in Be⸗ tracht kommen. In andern Weltgegenden hat man aber außer— dem noch manche andere Säugthiere zu gleichen Zwecken gezähmt und zu Hausthieren gemacht, z. B. in den gemäßigten und wär⸗ mern Gegenden von Aſien die Kameele, Elephanten, Zie⸗ genochſen (Bos grunniens), hin und wieder ſelbſt Nashörner. Im Norden von Europa und Aſien ſind es die Rennthiere, welche Pferde und Rindvieh, die dort nicht gedeihen können, er⸗ ſetzen. Im Norden von Afrika werden Kameele benutzt; im Süden ſoll es gelungen ſein, ſelbſt den wilden und grimmigen afrikaniſchen Büffel (Bos cafer) zur Arbeit zu zähmen. In Nordamerika hat man hin und wieder den Biſon (Bos bison) zum Hausthiere gemacht; und in Südamerika fand man ſchon bei der Entdeckung dieſes Welttheiles das Lama als Hausthier vor. Von den eu ropäiſchen Hausthieren, welche nach Südamerika verpflanzt wurden, ſind die Nachkommen mehrer Arten (Rindvieh, Pferde, Hunde) zum Theil dort verwildert, pflanzen ſich in dieſem Zuſtande fort, und ziehen in den uner⸗ meßlichen und fruchtbaren Ebenen des Innern jenes Welttheiles, in großen Heerden, oft zu mehren Tauſenden, umher. Sie wer- den dort auch, wie bei uns das Wildpret, gejagt und erlegt. Die Vermehrung dieſer Thiere iſt dort ganz ungeheuer. Man hat berechnet, daß zu Ende des achtzehnten Jahrhunderts in den Pampas von Buenos-Ayres zwölf Millionen Kühe und drei Millionen Pferde ſich aufhielten, diejenigen ungerechnet, die für herrenlos galten; einzelne Eigenthümer beſaßen Heerden von 100,000 Stück, und ein fetter Ochſe wurde zuweilen für W engliſche Schilling verkauft. 40 * 628 Zwolſte Klaſſe. § 356. Unter den mancherlei Arten unmittelbaren Nutzens, den uns die Säugthiere gewähren, ſteht wol die Nah— rung, die ſie uns durch ihr Fleiſch reichen, obenan. Es ſcheint, als ob das Fleiſch aller Säugthiere genoſſen werden kann und auch wirklich genoſſen wird, vorzugsweiſe das ſolcher Arten, die von Vegetabilien ſich ernähren; beſonders aber iſt es die ganze Ordnung der Zweihufer, die in dieſer Hinſicht von großer Wichtigkeit für uns iſt. Auch in den übrigen Ordnungen ſind Thiere, deren Fleiſch beliebt iſt; ſo z. B. aus der Ordnung der Nagethiere: Haſen, Kaninchen, Ferkelmäuſe; in den ſüdlichen Gegenden von Europa auch die Siebenſchläfer (Myoxus glis oder esculeutus, hie und da unter dem Namen Ratz oder Billich be⸗ kannt), deren Fleiſch ſchon bei den alten Römern zu den feinern Speiſen gerechnet wurde, und die man, um ſie recht wohlſchmek⸗ kend zu machen, in beſondern Behältern (gliraria genannt) mä⸗ ſtete. In Nordamerika wird viel Biberfleiſch gegeſſen. Unter den Vielhufern ſind es die Schweine, deren Fleiſch einen bedeuten⸗ den Nahrungsartikel ausmacht. Pferdefleiſch wird auch in mehren Gegenden gegeſſen, wenn gleich daſſelbe bis jetzt in Eu— ropa noch nicht zur Liebhaberei geworden iſt. Unter den Inſek⸗ tenfreſſern können hier die Igel in Betracht kommen, deren Fleiſch hin und wieder gern gegeſſen wird. Von Raubthieren find hier zu erwähnen Bären und Hunde. Das Fleiſch der erſten wird zum Theil ſehr gerühmt; und was das der Hunde betrifft, ſo ſcheint es allerdings, als ob nur ein von jeher uns eingepflanzter Widerwille Schuld daran ſei, daß es nicht überall gegeſſen wird, denn wo man es zuweilen unerkannt genoß, da erregte es nicht nur keinen Abſcheu, ſondern wurde oft mit gutem Appetit verzehrt. Von manchen wilden und halbwilden Völker⸗ ſchaften wird Hundefleiſch gegeſſen, und zwar mitunter ſo wohl- ſchmeckend zubereitet, daß es ſelbſt Europäern ſehr wohl gemun- det hat; doch ſoll es einen noch feinern Geſchmack erhalten, wenn die zum Verſpeiſen beſtimmten Hunde beſonders gemäſtet und vorzüglich mit Reis und ähnlicher vegetabiliſcher Koſt genährt werden. Es werden auch Katzenbraten zuweilen auf den Ta— feln untergeſchoben. In den nördlichſten bewohnten Küſtengegen⸗ den der Erde iſt das Robbenfleiſch die vorzüglichſte und faſt Säugthiere. 629 einzige Fleiſchſpeiſe; auch das Fleiſch der Wallfiſche und ande: rer Fiſchzitzthiere wird dort gegeſſen. Von dem der Delphine wird zwar angeführt, daß es zuweilen giftig ſei und daß Men⸗ ſchen an dem Genuſſe deſſelben geſtorben wären, indeß bedarf die⸗ ſes noch der Beſtätigung. 8 357. Ein zweites Nahrungsmittel, welches uns die Thiere gewähren, iſt die Milch. Auch dieſe liefern uns beſon— ders die Hornthiere, hauptſächlich die Kühe. Es iſt faſt unglaub: lich, wie viel Milch manche Kühe täglich geben. Nach Ariſto— teles Berichte erhielt man von den großen epirotiſchen Kühen täglich anderthalb Amphora (ohngefähr 193,635 franzöſiſche Ku— bikzoll) Milch; in Siebenbürgen ſollen manche Kühe 60 Quart geben, in England und in der Schweiz 20 bis 30 Quart. Durch das ununterbrochene Melken wird bei den Kühen auch der Reiz zur Abſonderung der Milch beſtändig unterhalten, fo daß fie im⸗ merfort, auch wenn ſie keine Kälber zu ernähren haben, ergiebig ſind, denn in Columbien, wo die dahin gebrachten Kühe weniger als in Europa gemelkt werden, hat ſich, nach einigen Generatio— nen, die Eigenſchaft, daß die Kühe beſtändig Milch geben, verlo— ren, und ſie können nur ſo lange gemelkt werden, als das Kalb ſaugt. Auch die Milch der Stuten und Eſelinnen wird getrunken, aber hauptſächlich nur in mediciniſcher Hinſicht, indem fie ſchwind— ſüchtigen Perſonen vorzugsweiſe heilſam iſt. — Bekanntlich wird aus Milch auch Butter und Käſe bereitet. 8 358. Die Säugthiere verſorgen uns auch mit Klei⸗ dung. Von denjenigen unter ihnen, welche ein weiches und dich⸗ tes Haar haben, nehmen wir, zu dem Ende, die ganzen Pelze; beſonders, unter den Raubthieren, von den Sohlengängern (Bä— renpelze) und Langſtreckern (die Pelze der Marder, Hermeline u. ſ. w.). Unter letztern liefern das Zobel (Mustela zibellina) und die Seeotter (Enhydris, Mustela lutris L.) das ſchönſte und theuerſte Pelzwerk. Da die Pelze aller Säugthiere im Win: ter am ſchönſten und vollhaarigſten ſind, ſo ziehen die Zobeljäger im November geſellſchaftlich in die unwirthbaren ſibiriſchen Wäl— der, erbauen ſich dort Hütten und bringen den Winter mit der Jagd dieſer Thiere zu, welche entweder in Netzen und Fallen ge— fangen oder mit ſtumpfen Bolzen erlegt werden, denn die An— 630 Zwölſte Klaffe, wendung von Pulver und Blei würde die Haut jener Thiere zu ſehr durchlöchern. Die Jagd der Seeotter, welche beſonders auf den Inſeln und an den Küſten des ſtillen Oceans einheimiſch iſt, wurde bald, nachdem die Europäer dieſes ergiebige Jagdrevier ausgekundſchaftet hatten, mit ſolcher Rückſichtsloſigkeit betrieben, daß in vielen Gegenden jene Thiere ſchon ganz ausgerottet ſind und ſie allenthalben ſeltener werden. In den Jahren 1821 und 1822 wurden bloß an den Süd-Shetlands-Inſeln 320,000 See⸗ ottern erlegt. Auch von vielen Nagethieren benutzen wir die Pelze, beſonders von Haſen, Kaninchen (unter denen namentlich die langhaarigen Angorakaninchen oder Seidenhaſen ſehr ſchön find), Wollmäuſen (Chinchilla), Biber, Biberratzen, Eichhörnchen. Von den grauen Arten oder Abarten der letztern kommt das Grau⸗ werk oder Vehwan, eine Pelzart, von der man ehemals meinte, daß ſie der Winterpelz unſers gewöhnlichen Eichhörnchens im Nor⸗ den der alten Welt ſei; allein das bei weiten meiſte Grauwerk kommt von einer nordamerikaniſchen Art (Sciurus einereus), welche dort ſo häufig getödtet wird, daß jährlich an 100,000 ihrer Pelze ausgeführt werden. Aus der Ordnung der Zweihufer bekom⸗ men wir die Schafpelze. Baranken ſollen graue oder ſchwarze Pelze ungeborner oder wenigſtens ganz junger Lämmer ſein. Aber auch von manchen andern Säugthieren werden noch die Pelze benutzt, z. B. von den Ameiſenfreſſern; ſelbſt aus den Bäl⸗ gen der Maulwürfe werden Pelze zuſammengeſetzt. Die Be⸗ wohner der nördlichſten Küſtenländer kleiden ſich in Robben— pelzez und auch ſonſt werden dieſe Pelze häufig benutzt, unter andern zu Kofferüberzügen und dergleichen. Vorzüglich ſchön, fein und glänzend iſt der Pelz der ungebornen Jungen des See— bären (Otaria ursina). Die Robbenjagd oder das Robbenſchla⸗ gen iſt daher in manchen Gegenden eine Hauptbeſchäftigung, und man rechnet, daß z. B. bloß an den Küſten von Newfoundland jährlich in einigen Wochen an 300,000 Robben erlegt werden. Die Kamtſchadalen benutzen auch die Haut der Wallfiſ che zu Kleidungsſtücken. § 359. Von denjenigen Thieren, welche langes wei— ches Haar oder Wolle haben, wird dieſe benutzt, indem ſie abgerenſcho und mehrentheils zu Garn geſponnen oder auf andere Säugthiere. ) 631 Weiſe verarbeitet wird. — Am ergiebigſten und nutzbarſten in dieſer Hinſicht iſt das Schaf, weshalb auch allenthalben auf die Vermehrung und Veredlung dieſer Thiere große Sorgfalt ver— wendet wird. In Europa waren von jeher die ſpaniſchen Schafe wegen ihrer feinen Wolle beſonders geſchätzt, vorzüglich die ſoge— nannten Merinoſchafe, welche daher ihren Namen haben, weil die Statthalter in den Provinzen, unter deren Aufſicht die königlichen Schafheerden ſtehen, Merino heißen. Später wurden noch in andern Ländern, namentlich in England und Sachſen, die Schaf: heerden durch Kreuzung mit ſpaniſchen Widdern veredelt, und ſelbſt van Diemensland hat in den neueſten Zeiten ſchon eine bedeutende Menge ſchöner Wolle producirt, indem bereits im Jahre 1820 von dort 4500 Centner Wolle ausgeführt wurden, welche feiner als die ſpaniſche war. — Die übrigen Thiere, welche mit Wolle bekleidet ſind, tragen dieſe, als Grundwolle, unter längerm, ſchlichtern und gröbern Haar, welches abaefondert wer— den muß, wenn jene ordentlich verarbeitet werden ſoll. Hieher gehören beſonders Ziegen, Kameele und Schafkameele. — Unter den Ziegen ſind die tibetaniſchen oder Kaſchmir-Ziegen die be⸗ rühmteſten, aus deren Wolle das Garn geſponnen wird, welches zu der Verfertigung der ſchönen und koſtbaren indiſchen, perſiſchen oder Kaſchmir⸗Shawls dient. Nach andern Nachrichten wird in den verſchiedenen Ländern auch die Wolle von verſchiedenen Ab— arten von Ziegen und Schafen zur Verfertigung jener Shawls verwendet. Man hat in neuern Zeiten die tibetaniſchen Ziegen auch nach Europa verpflanzt; namentlich kam im Jahre 1818 in Frankreich eine Heerde von mehren Hunderten derſelben an, welche auf Koſten der Regierung in Tibet angekauft und übers Meer transportirt worden war. Man hat ſie in der königlichen Schäferei zu Perpignan unter beſondere Aufſicht und Pflege ge— ſtellt, und da dieſe Thiere dort ſich auch vermehren und gut ge— deihen, ſo hofft man, mit der Zeit ihre Wolle zur Fabrikation von Kaſchmir-Shawls und dergleichen ins Große benutzen zu können, nachdem einige Verſuche im Kleinen ſich bewährt haben. Doch ſollen auch unſere gewöhnlichen Ziegen in manchen Gegen— den, beſonders wo fie hohe Gebirge bewohnen, eine ſehr ſchöne Grundwolle liefern, die ſich fein verarbeiten läßt. Das fogenannte 632 Zwölfte Klaſſe. Kameelgarn, oder eigentlich Kämelgarn, wird aus den ſchönen langen ſeideglänzenden Haaren der Angoraziegen oder Kämel⸗ thiere geſponnen (nicht aus Kameelwolle, wie man wol irrig meinte) und zu ſchönen Stoffen bearbeitet. — Aber auch die Grundwolle der Kameele und Schafkameele wird geſponnen, beſonders wird in den kältern Gegenden Mittelaſiens die feinere und dichtere Wolle der Kameele zu feinen Shawls benutzt, und aus der des Schafkameels oder Vigognethieres (Auchenia Vicunna), welches auf den Cordilleren wohnt, wird das Vigognegarn ge⸗ wonnen, welches, unter andern, zur Verfertigung eines feinen Tuchs, Vigognetuch genannt, angewendet wird. In frühern Zei⸗ ten wurden die Vigognethiere durch Treibjagden eingefangen, dann geſchoren und wieder freigelaſſen; ſeitdem aber mit ihrer Wolle viel Betrügerei und Verfälſchung vorgekommen, wollen die Kauf⸗ leute ſie nur auf dem Felle (Vließ) kaufen, und nun müſſen die Thiere erlegt und abgebalgt werden, wodurch ſie bereits merklich vermindert ſind. Man rechnet, daß jährlich ohngefähr 500 Centner Vigognewolle nach Europa ausgeführt wurden, wozu an 80,000 Thiere erlegt werden müſſen. Vielleicht iſt jedoch die Wolle der Alpacas, einer Abart vom Lama (Auchenia Llacma), welche in Menge von Peru ausgeführt und beſonders in Schottland zu einem Zeuge verarbeitet wird, welches mit Seidenzeug Aehnlich⸗ keit hat, ebenfalls unter jener Angabe begriffen. — Außerdem wird noch das Haar mancher anderer Säugthiere verarbeitet, z. B. das der Hafen, Kaninchen, Zibetmäuſe, Biber u. ſ. w. vorzüglich zur Verfertiguug der Fünften Hüte, daher der Name Caſtorhüte. § 360. Die Haut der Säugthiere wird, 1 fie enthaart ift, zu Leder verarbeitet. Von den kleinſten Säug⸗ thieren iſt ſie freilich zu dieſem Zweck zu zart, ſo wie ſie ande⸗ rerſeits von den größern Vielhufern zu dick und zu derbe iſt, ſo daß aus der der Elephanten, Nashörner, Flußpferde, in den Ländern, wo dieſe Thiere einheimiſch ſind, etwa Dächer der Hütten, Schilde, Panzer, Stöcke, Reitgerten u. dgl. geſchnit⸗ ten werden. Das bei weitem meiſte Leder, welches verbraucht wird, kommt von den domeſticirten Hornthieren und Pfer— denz beſonders ſchön iſt auch das der Hirſchthiere und Gem— Säugthiere. 633 fen, In manchen Gegenden von Südamerika gedeihen Pferde und Rindvieh beſonders gut und haben ſich in halb verwildertem Zuſtande ungemein vermehrt, ſo daß fie oft in großen Treib- jagden, bloß der Häute wegen, zu Tauſenden erlegt werden. Die Ochſenhäute von Buenos-Ayres, Montevideo u. ſ. w. find, wegen des vorzüglichen Leders, beſonders geſucht und ein ein— träglicher Ausfuhrartikel jener Länder. Daſſelbe gilt von dem Biſon oder nordamerikaniſchen Auerochſen, von dem oft 1500 bis 2000 in einer Jagd getödtet werden. Die feinen Lederarten, welche unter dem Namen Saffian und Corduan bekannt ſind, werden aus Ziegenhaut verfertigt; und Corduan hat ſeinen Na— men von drr Stadt Kenne in e wo es zuerſt ver⸗ ſetig wurde. | 8 361. Die mediein iſche Benutzung ider Säugthiere war ehemals weit umfangsreicher als jetzt, denn es gab faſt kein Thier, dem nicht irgend eine beſondere mediciniſche Anwendung zugeſchrieben wurde; und alle einzelnen flüſſigen und feſten Theile des thieriſchen Körpers, ſelbſt die Excremente (z. B. von Ratten und Mäuſen) ſollten ihre eigenthümlichen Heilkräfte haben. Ob- gleich nun auch noch in unſern Tagen das Verzeichniß der ſo— genannten Hausmittel groß genug iſt, ſo ſind doch in den beſtä— tigten Pharmakopöen nur wenige Arzneimittel aus der Klaſſe der Säugthiere vorgeſchrieben. Die vorzüglichſten Subſtanzen der Art find der Moſchus und das Bibergeil. Das Modſchusthier, von der Größe und Geſtalt eines mittelmäßigen Rehes, ohne Geweih, mit zwei vorſtehenden obern Eckzähnen, iſt in den Ge— birgswäldern von Tibet, China und den angrenzenden Diſtrikten der Tartarei und Sibiriens zu Hauſe. Man behauptet, daß es drei bis vier verſchiedene Arten dieſer Thiere gäbe, deren Männ— chen den Moſchus lieferten; wenigſtens ſind die Moſchusſäcke, die im Handel vorkommen, nach der Farbe der Haare verſchie— den. Das Castoreum oder Bibergeil ſoll von den Bibern der nördlichen alten Welt in größerer Menge und von beſſerer Güte gewonnen werden als von denen in Nordamerika; daher man jenes in den Apotheken vorzugsweiſe ruſſiſches Bibergeil nennt. Die nordamerikaniſchen ſollen hingegen vorzüglicher in den Haa— ren ſein. Die Kuhpocken, welche ſich beſonders am Euter der * 634 Zwölfte Klaſſe. Kühe zeigen, find auch für die menſchliche Geſellſchaft von gro⸗ ßem Nutzen geworden, indem man die Entdeckung gemacht hat, daß Kinder, denen das Gift derſelben eingeimpft wird, zwar die Kuhpocken, die nur eine leichte Krankheit erzeugen, bekommen, aber eben dadurch vor den viel ſchlimmern Menſchenpocken ge⸗ ſchützt werden, daher man, in dieſer Hinſicht, jene Schutzblat⸗ tern genannt hat. Ferner hat ſich gezeigt, daß das Einimpfen derſelben auch gegen manche andere Krankheit, z. B. gegen Skro⸗ pheln, Cholera und ſelbſt gegen die Peſt ſchütze. Hunden ſind die Kuhpocken gegen die Waſſerſcheu, Schafen gegen die viel ſchlimmern Schafpocken, mit gutem Erfolg eingeimpft worden. Im letzten Drittel des vorigen Jahrhunderts machte ſich Dr. Jen⸗ ner in England beſonders um die Anwendung und um die all⸗ gemeine Verbreitung dieſes Mittels ſehr verdient; auch wurde er als der erſte Entdecker deſſelben gefeiert und belohnt. Allein es war ſchon früher in andern Ländern, z. B. in Deutſchland, Nord⸗ amerika, Indien, China bekannt geweſen, nur nicht ſo bekannt und weiter verbreitet worden, als dieſes durch Jenners Bemü⸗ hungen geſchah. Man hofft jetzt dahin zu gelangen, daß durch die Kuhpocken die Menſchenpocken ganz verdrängt werden ſollen. Zu den wichtigern Stoffen, welche erſt in unſerm Jahrhunderte in die Reihe der Heilmittel getreten find, gehört auch die Blau⸗ ſäure, welche aus dem Blute, beſonders aus Rinderblut, ge— wonnen wird. — Von mehr untergeordneter Anwendung in der Medicin ſind noch viele andere Stoffe und Theile aus der Klaſſe der Säugthiere, z. B. Fett, Talg, Wallrath (Sperma ceti). Letzteres findet ſich hauptſächlich in einem großen, zuweilen 18 Fuß hohen Behälter am Kopfe des Cachelot oder Pottfiſches (Physe- ter macrocephalus), als eine ölige Flüſſigkeit, welche abgezapft wird und zu einer klaren talgartigen Maſſe gerinnt. Es ſoll aber auch in einem am Rückgrat entlang laufenden Kanale enthalten ſein, ſich überhaupt bei mehren andern Fiſchzitzthieren, und ſelbſt in Haifiſchen, finden, auch aus dem Fleiſche anderer Säugthiere gewonnen werden können, wie man denn unfern von Briſtol in England eine ſolche Fabrik im Großen angelegt hat, um das Pferdefleiſch darauf zu benutzen; ein Pferd ſoll 70 bis 80 Pfund Wallrath geben. — Zibet, aus dem Stinkbeutel der Zibetkatze Säugthiere. 635 oder des Zibetthieres (Viverra zibetha) und der Civette (V. ei- vetta). Die erſte iſt beſonders in Oſtindien, die zweite in Afrika zu Hauſe. Man hielt vormals beide Arten in Häuſern, um ih- nen von Zeit zu Zeit, mit einem hörnern oder hölzernen Löffel, das Zibet aus dem Beutel zu nehmen. — Ambra, eine graue fettige Subſtanz, die theils im Meere ſchwimmend gefunden wird, theils in den Därmen der Pottwalle (Pottfiſch, Cachelot) vor— kommt, und wahrſcheinlich nichts anders iſt, als halbverdaute und verhärtete Nahrungsſtoffe dieſes Thieres, die demſelben Verſto— pfung verurſachen und es krank machen, denn man findet ſie in einiger Menge immer nur bei kranken oder todten Thieren; viel⸗ leicht ſind es unverdauete Reſte oder verhärtete Tinte verſchluck— ter Kopffüßler, indem man nicht ſelten Ueberbleibſel derſelben in der Ambra findet. Die Meinungen, daß ſie eine Subſtanz ſei, die in einem beſondern innern Behälter der Pottwalle abgeſon— dert werde, oder ein vegetabiliſches oder mineraliſches Harz, wel— ches ſich im Meeresgrunde finde und von jenen Thieren ver— ſchlungen werde, haben weniger für ſich. Uebrigens werden Mo— ſchus, Zibet und Ambra, in kleinen Quantitäten, auch zu Par⸗ fümerien angewendet, beſonders in Aſien. — Hirſchhorn iſt gehacktes und gerafpeltes Geweih, vorzüglich fo lange es noch weich und im Wachsthum begriffen iſt. — Andere Stoffe von geringer mediziniſcher Bedeutung aus dieſer Thierklaſſe können wir übergehen. § 362. Es giebt noch unzählige andere nützliche An- wendungen verſchiedener Stoffe und Theile von Säugthieren, z. B. die Eigenſchaft, daß fettige Subſtanzen brennen und die Flamme unterhalten, bedingt die Verfertigung der Lichter aus Talg (Unſchlitt) und Wallrath und die Anwendung des Thranes auf Lampen; jedoch iſt dieſes nicht die einzige An— wendung des Thrans, denn er wird in ſehr großer Menge auch zu anderm Behuf, zum Einſchmieren u. ſ. w. benutzt. Beſon⸗ ders ſind es die Fiſchzitzthiere und Ruderfüßer, deren Speck den Thran liefert; aber auch das Flußpferd wird in ſeinem Vater— lande zur Gewinnung des Thrans benutzt, denn ein einziges Stück kann 1000 Pfund Speck haben. Die Wallfiſchjag— den, welche jahraus jahrein eine beträchtliche Anzahl Schiffe und 636 Zwölfte Klaſſe. Menſchen beſchäftigen (z. B. allein von Nordamerika aus an 800 Schiffe mit etwa 10,000 Matroſen), werden hauptſächlich des Thrans wegen angeſtellt, denn die Wallfiſche geben dieſes Oel am reichlichſten und am beſten, zuweilen 80,000 Pfund von einem Thiere. Die Wallfiſche werden meiſt mit Harpunen ge⸗ tödtet; in neuerer Zeit find auch congrevſche Raketen dazu an⸗ gewendet, die dem Thiere in den Leib geſchoſſen werden, und deren Exploſion, die ſelbſt unter Waſſer ſtattfindet, den Wallfiſch weit ſchneller tödtet. Wenn dann der verendete Wallfiſch an der Oberfläche des Waſſers ſchwimmt, ſo ſteigen Matroſen auf den Leichnam, hauen mit Aexten den Speck und die Barten aus, worauf denn aus jenem ſogleich auf dem Schiffe der Thran ge— brannt wird. Uebrigens muß beim Wallfiſchfange viel Vorſicht angewendet werden, denn es kommt nicht ſelten vor, daß ein verfolgter und verwundeter Wallfiſch mit einem Schlage ſeines mächtigen Schwanzes, Böte und Schaluppen umwirft oder ſelbſt in die Luft ſchleudert; ein Pottwall ſtürzte auf dieſe Weiſe ein Schiff von 260 Tonnen Laſt um, welches bereits 750 Fäſſer Thran am Bord hatte. Ehemals wurde der Wallfiſchfang nur in den nördlichſten Meeren, zwiſchen Amerika, Europa und Aſien betrieben, und man rechnete, daß jährlich 300 bis 400 europäi⸗ ſche Wallfiſchjäger ausliefen, von denen ein jeder im Durchſchnitt drei Wallfiſche erlegte. Da jedoch, bei der geringen Vermehrung dieſer Thiere, deren Anzahl in den dortigen Gewäſſern nachge— rade merklich abzunehmen begann, ſo fingen, gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts, die Wallfiſchjäger an, ſich dem entgegen— geſetzten Pole zuzuwenden, denn an den Küſten des Feuerlandes und Japans, wie überhaupt in dem großen Südmeere, wo dieſe Thiere bisher ungeſtört lebten, war die Anzahl und die Größe derſelben ungleich bedeutender, fo daß im Jahre 1789 ein ein— ziger Wallfiſchjäger im großen Südmeere 27 Wallfiſche und 870 Robben erlegte. Man rechnet, daß jetzt jährlich in allen Meeren überhaupt 10,000 Wallfiſche getödtet werden. — Aus den Kno— chen und Knorpeln der Schafe und verwandter Thiere wird Leim gekocht, und die Därme derſelben Thiere, oder vielmehr das Bauchfell, welches die Därme umgiebt, wird zu Violinſaiten zuſammengedreht. Die Kamtſchadalen und andere Bewohner der Säugthiere. 637 nördlichſten Küſtenländer benutzen die Därme und Sehnen der Wallfiſche, Wallroſſe, Robben u. ſ. w. wie Zwirn, zum Zuſam⸗ mennähen ihrer Kleidungsſtücke. — Die Haut der Elephanten, Nashörner und Flußpferde iſt ſo dick und wird, wenn ſie ein— getrocknet iſt, fo hart und feſt, daß Spatzierſtöcke, Reitger— ten, Schilde u. dgl. aus ihr geſchnitten werden. — Aus dem Blute der Säugthiere, beſonders aus dem des Rindviehes, wird das Berlinerblau gewonnen, welches ſeinen Namen daher hat, weil es zuerſt in Berlin, von dem Dr. Diesbach, verfertigt wurde. Man gewinnt es aber eben ſo ſchön aus dem thieriſchen empyreumatiſchen Oel. — Die rothen Excremente des Wallfiſches geben eine ſchöne rothe Farbe, die ſich zum Färben des Lin- nens anwenden läßt. Die Haare der Säugthiere haben, außer dem was bereits von ihrer Verarbeitung zu Kleidungsſtücken an— geführt iſi, noch manche andere Anwendung, z. B. die ſteifen Borſten mancher Thiere, wie der Schweine, werden zu Bür— ſten, Pinſeln u. dgl. benutzt; Kuh- und Pferde-Haare zum Aus— ſtopfen und Polſtern; die Schwanzbüſchel vom Grunzochſen (Bos grunniens) werden in der Türkei zu mancherlei Putz benutzt und, bei öffentlichen Gelegenheiten, den Paſchas als Zeichen beſonderer Würde vorangetragen; daher die Benennungen der Paſchas von einem oder zwei oder drei Roßſchweiſen u. ſ. w. Die Barten der Wallfiſche liefern das Fiſchbein. Endlich, was für eine un— zählbare Menge von Kunſtſachen, Putzſachen und kleinen Geräthſchaften werden aus Hörnern, Knochen, Zähnen (beſonders aus den Vorderzähnen der Elephanten oder dem ſo— genannten Elfenbein und aus den Eckzähnen des Ben. Norwalls und Wallroß) verfertigt. 8 363. Manche Thiere hält der Menſch nur zum Ver— gnügen bei ſich, ohne eben beſondere Vortheile von ihnen zu ziehen, wenn dieſe nicht gerade zufällig find (z. B. Gewinnſte durch Wetten bei Pferderennen), zum Zeitvertreib, indem er ſie allerlei Kunſtſtücke machen lehrt, oder ſich an ihrem Benehmen ergötzt; oder weil ſie durch Schönheit oder Seltenheit ſich aus— zeichnen, ſo zum Theil Pferde, Hunde, Affen, Elephanten, Ka— ninchen, Ferkelmäuſe und mancherlei Menageriethiere. Die ſoge— nannten Renner unter den Pferden werden eigentlich nur zum 638 Zwölfte Klaſſe. Vergnügen gehalten. Die ſchönſten und ſchnellſten Pferde ſind die um Dongola am Euphrat; dann folgen die arabiſchen, welche am berühmteſten geworden ſind, und von denen unmittelbar oder mittelbar die engliſchen und andere eigentliche Rennpferde abſtam⸗ men. Die Araber halten über die Fortpflanzung der berühmte⸗ ſten und edelſten ihrer Pferdefamilien ordentliche Stammbäume, die zum Theil bis zu den Zeiten des Königs Salomo hinauf⸗ reichen ſollen; und die Engländer und deren Nachahmer haben dieſes Verfahren für ihre Rennpferde von den Arabern angenom⸗ men und beibehalten. Die Engländer veranſtalteten ſchon von längerer Zeit her öfters Wettrennen, und allmälig ſind der⸗ gleichen Luſtbarkeiten auch in Deutſchland eingeführt worden. § 364. Viele Säugthiere leiſten den Menſchen auch mit⸗ telbaren Nutzen, theils durch den erlernten Beiſtand, den ſie ihnen in vielen Stücken gewähren, theils durch ihre natürliche Lebensweiſe. In dieſer Hinſicht iſt der Hund eins der nützlich⸗ ſten Thiere für den Menſchen, denn nach ſeinen verſchiedenen Raſſen dient er ihm zum Bewachen des Hauſes und Hofes, zum Schützer und Führer der Viehheerden, zur Jagd, entweder um Raubthiere zu tödten und zu vertilgen, oder um zum Fangen und Erlegen nutzbarer Thiere behülflich zu ſein; auch hat man, beſonders in frühern Zeiten, ſein angebornes wildes Raturell, ſofern er ſelbſt zu den reißenden Raubthieren gehört, unmenſch⸗ licherweiſe benutzt, um ihn in Kriegen und bei Verfolgung der ſogenannten Wilden in Amerika, ſelbſt gegen Menſchen zu hetzen und dieſe von ihm zerreißen zu laſſen. Er muß auch nicht ſel⸗ ten als Zugthier dienen, und fo wird er beſonders in den nörd- lichen Gegenden von Europa und Aſien im Großen angewendet. — Beſchränkter, aber deshalb zum Theil nicht minder wichtig, ſind die Dienſte, die uns viele andere Säugthiere leiſten. Zu eigentlichen Hausarbeiten werden manche Affen abgerichtet, z. B. am Vorgebirge der guten Hoffnung Paviane und Orangs zum Holztragen, Waſſertragen, Bratenwenden; auf Sumatra die Meerkatzen (Cercopithecus nemestrinus) zum Erklettern der Cocos- und anderer Bäume, um die Früchte zu pflücken. Wichtiger iſt für uns das Zug- und Laſtvieh; in beider Hinſicht vorzüglich das Pferd, welches freilich bei uns nur in 3 Säugthiere. 639 ſofern als es zum Reiten gebraucht wird, ein Laſtthier genannt werden kann, in andern Ländern aber auch mehr zum wirklichen Laſttragen angewendet wird. Im allgemeinen dient es mehr zum Ziehen, ſowol zum Fahren als zur Ackerarbeit. — Efel und Maulthiere werden eben ſo gut zum eigentlichen Laſttragen als zum Ziehen benutzt. In den ſüdlichen Ländern Europas, beſon— ders in Spanien, ſind die Eſel auch ſchöner und weniger träge als bei uns, denn hier iſt es ihnen ſchon zu kalt, und ſchlechte Behandlung und Nahrung ſind auch von nachtheiligem Einfluß auf ſie. — Die indiſchen Elephanten wurden bereits in ſehr frühen Zeiten in Indien domeſticirt und theils zum Prunk ge— halten, theils als Laſtthiere benutzt, denn ein Ausgewachſener kann an 20 Centner Laſt tragen. Auch im Kriege ſpielten ſie dort eine wichtige Rolle, indem auf ihrem Rücken eine kleine Feſtung erbauet und mit fünf bis ſechs Streitern beſetzt wurde, welche der Elephant gegen den Feind führen mußte. Seitdem aber das Feuergewehr auch in Indien faſt allgemein im Kriege angewendet wird, iſt der Gebrauch der Elephanten mehr und mehr abgekommen, denn der Kanonendonner macht dieſe Thiere wild und ſcheu. Auf Ceylon ſoll man angefangen haben, die Elephanten auch zum Pflügen mit Vortheil zu benutzen. — Eben ſo ſoll es in Indien auch hin und wieder gelungen ſein, das Nashorn zu domeſticiren, ſo daß es ſich ſelbſt in der Gefan— genfchuft fortpflanzt, und man hat das Thier ſowol an das Laſt⸗ tragen als an das Pflügen u. ſ. w. gewöhnt. § 365. Ausſchließlich Laſtthiere find die Kameele und die Lamas (Schafkameele, Auchenia Llacma). Ohne die erſtern wäre es gar nicht möglich einen Handelsverkehr durch die unermeßlichen dürren und waſſerloſen Sandwüſten vieler Gegen— den von Aſien und der nördlichen Hälfte Afrikas zu unterhalten, denn keines der übrigen Laſt- und Zugthiere iſt ſo genügſam im Freſſen, und kann ſo lange, oft mehre Tage und ſelbſt eine Woche hindurch, das Saufen entbehren, und dabei doch täglich feine bes ſtimmte Strecke zurücklegen, wie das Kameel. Wenn es dann aber zu ſaufen anfängt, ſo ſäuft es ſehr anhaltend, zuweilen eine Stunde lang; und Carawanen, die oft aus mehren Hunderten von Kameelen beſtehen, müſſen nicht ſelten, wenn ſie in der 640 Z3Zbwölfte Klaſſe. Wüſte an einen Waſſerplatz gelangen, der nur wenige Thiere zu: gleich zulaſſen kann, ein paar Tage lang liegen bleiben, bloß um alle ihre Kameele zu tränken. Ein Kameel trägt 12 bis 14 Cent⸗ ner und geht dabei täglich ſieben deutſche Meilen, beſonders das Trampelthier oder zweihöckrige Kameel, welches etwas ſtärker und ſchneller als das Dromedar oder einhöckrige Kameel iſt. Nach andern Angaben wäre das Dromedar ſchneller als das Trampel⸗ thier, könnte auch mehr Hitze und Durſt vertragen und mit ſchlechterer Koſt ſich begnügen, wäre aber ſchwächer. In Nord⸗ afrika ſollen hin und wieder auch zum Pflügen Kameele gebraucht werden. — Das Lama iſt in Südamerika, beſonders in den Gebirgen von Peru, einheimiſch, ſoll dort aber gar nicht mehr im wilden freien Zuſtande, ſondern nur domeſticirt, vorkommen; es wurde in ſeinem Vaterlande von jeher als Laſtthier benni und kann anderthalb bis zwei Centner tragen. 8 366. Ausſchließlich Zugthiere ſind uehte Och⸗ fen und Hirſche. Es iſt bekannt, wie nützlich, in dieſer Ber ziehung, unſere Ochſen bei Beſtellung der Aecker ſind. Noch mehr Dienſte leiſtet hierin der Büffel (Bos bubalus), welcher wild in China und Tibet einheimiſch iſt, aber ſowol in jenen als auch in andern Ländern, ſo hin und wieder in Europa, als Hausthier gehalten wird. Zu gleichem Zweck iſt der Biſon oder amerika⸗ niſche Auerochſe in Kanada gezähmt. Im höhern Norden von Europa und Aſien, wo weder Rindvieh noch Pferde mehr aus— dauern, tritt das Rennthier an deren Stelle, welches daſelbſt einheimiſch, aber in manchen Gegenden, z. B. in Lapland, nicht mehr wild, ſondern nur noch als Hausthier vorhanden iſt; ein— zelne Herren haben Heerden von 18,000 bis 20,000 Stück, denn dieſe Thiere liefern dort faft alle Lebensbedürfniſſe, da faſt Alles von ihnen auf mannigfache Weiſe benutzt und zum Theil als Handelsartikel umgeſetzt wird. Als Zugvieh gebraucht, macht man mit dem Rennthiere, vor einen Schlitten geſpannt, weite Reiſen; und in einzelnen Fällen hat ein Rennthier an einem Tage 18 bis 20 deutſche Meilen zurückgelegt. In Nordamerika ſind ebenfalls glückliche Verſuche gemacht, einige dort einheimiſche Hirſcharten, z. B. das Caribu, das Wapeti, das Mososthier zu domeſticiren und als Zugthier zu benutzen, da fie ſich ebenfalls durch Schnel⸗ Säugthiere. | 641 ligkeit auszeichnen; auch unſer Edelhirſch läßt ſich zähmen und zum Ziehen abrichten. — Noch iſt hier auch der Hunde Erwäh— nung zu thun, denn obgleich ſie bei uns, und überhaupt in ſol⸗ chen Ländern, wo es des eigentlichen Zugviehes genug giebt, nur im Kleinen zum Ziehen benutzt werden, ſo hält man ſie doch in den nördlichen Gegenden mehr ins Große dazu, beſonders auf Island, wo man weite Reiſen mit ihnen zu Schlitten über die Schneeebenen hin macht, und faſt gar keiner Lenkung bedarf, in— dem dieſe Thiere, wenn ſie ein paar Mal denſelben Weg gemacht haben, allein zu finden wiſſen, ſelbſt wenn faſt gar keine Spur vom Wege vorhanden iſt. Auf jeden Hund wird ohngefähr 60 Pfund Laſt gerechnet. Im Innern von Nordamerika und auf Kamtſchatka wird ebenfalls mit Hunden gereiſet. 8 367. Jagdthiere ſind ſolche, die wir abrichten, um, unter unſerer Anleitung und Aufſicht, und durch ihre Schnellig⸗ keit, Stärke, Lift u. ſ. w. uns zur Erlangung und Erleguug ans derer Thiere behülflich zu ſein. Es werden dazu allenthalben hauptſächlich gewiſſe Raſſen von Hunden, in denen der Inſtinkt zum Jagen ſchon von Natur vorherrſchend iſt (Jagdhunde, Hüh— nerhunde, Windhunde, Dachshunde u. dgl.) angelernt. Aber auch einige andere Raubthiere laſſen ſich dazu abrichten, z. B. der Jagdtieger oder Gepard (Felis guttata und jubata, welche beide für Eine Art gehalten werden) in Indien, zur Gaͤzellen— jagd; er wird überhaupt unter allen wilden Katzenthieren am leichteſten zahm, und dieſer iſt eigentlich gemeint, wenn von Leo— parden und Panthern erzählt wird, daß ſie zur Jagd abgerichtet werden können. — Das Frett oder Frettchen (Mustela furo), welches urſprünglich in Nordafrika zu Hauſe iſt, wurde von da zuerſt nach Spanien verpflanzt, um die übergroße Menge wilder Kaninchen zu vertilgen, da es beſonders gegen dieſe Thiere eine angeborene Feindſchaft zu haben ſcheint. Von da iſt es auch in andere europäiſche Länder verſetzt worden und wird zur Kanin— chenjagd erzogen, muß aber bei uns in Häuſern gehalten werden, da das Klima ihm zu kalt iſt. — Unter andern kleinern Raub— thieren, welche freiwillig jagen, find uns beſonders die Haus— katzen nützlich durch Vertilgung der Ratten und Mäuſe in den Häuſern. Daß in Egypten die dort einheimiſchen Ichneumons 41 — 642 Zwölfte Klaſſe. (Manguſten, Herpestes ichneumon) auch in den Häuſern zu glei⸗ chem Zweck gehalten werden ſollen, wie ziemlich allgemein erzählt wird, hat in neuern Zeiten Widerſpruch gefunden, vielleicht war es früher der Fall. Desgleichen ſoll auch die Genettkatze, die in Südeuropa und Afrika wohnt, in den Häuſern zum Mäuſe⸗ fang gehalten werden. Eben fo. bei uns hin und wieder die Igel. Ueberhaupt aber werden die kleinen Raubthiere, z. B. Wieſel, Iltis und dgl. durch das Vertilgen der Feldmäuſe, Wie u. ſ. w. nützlich. 8 368. Noch iſt hier zu erwähnen, daß unſere domeſti⸗ Aden Hausthiere (Rindvieh, Pferde, Schafe) durch ihren Dün- ger den Ackerbau und Gartenbau ergiebiger machen. § 369. Was nun die ſchädlichen Säugthiere be trifft, ſo müſſen, wenn alle diejenigen, welche mit uns gleiche Nahrung genießen, oder welche überhaupt ſolche Dinge freſſen, die auch wir zu irgend Etwas für uns anwenden können, als ſchädliche betrachtet werden ſollten, faſt alle Arten dieſer Thier⸗ klaſſe hieher gezogen werden. Wir rechnen aber nur diejenigen hieher, welche entweder den Menſchen ſelbſt anfallen und tödten, oder welche ihm mehr Nachtheil als Vortheil bringen. Wie der Nutzen, den wir von den Säugthieren ziehen, entweder ein un⸗ mittelbarer oder ein mittelbarer iſt, ſo iſt es auch der Schaden, den jene Thiere uns zufügen. Wir betrachten zuerſt die unmit⸗ telbar ſchädlichen Säugthiere, die unſern Körper ſelbſt an⸗ fallen. Hieher gehören zuförderſt die großen Raubthiere, wie Löwen, Tieger, Leoparden, Jaguar u. ſ. w., von denen der letztgenannte ſelbſt den Böten in den ſüdamerikaniſchen Flüſſen nachſchwimmt und die Menſchen aus denſelben raubt. — Wolf und Landbär greifen zwar auch den Menſchen an, doch, wie man erzählt, nur, wenn ſie dazu gereizt oder vom Hunger ge— plagt werden; ſonſt meiden ſie den Menſchen. Andere Arten von Bären ſind aber mehr zu fürchten, z. B. der graue amerika— niſche Bär (Ursus horribilis 2), welcher über acht Fuß lang wird (nach andern, doch wol übertriebenen Nachrichten, bis vier- zehn Fuß) und den amerikaniſchen Auerochſen (Bos bison) tödtet und wegſchleppt; der Eisbär (Ursus maritimus), welcher alle Küſten der nördlichſten Erde bewohnt, an zwölf Fuß lang wer⸗ 3 Säugthiere. 643 den kann, und dann ſtark genug iſt, um, auf den Hinterbeinen gehend, eine Kuh mit den Vorderbeinen wegzutragen. Beide fallen auch ungereizt Menſchen an. — Die in manchen Gegen- den von Südamerika heerdenweiſe umherſtreifenden verwilder— ten Hunde ſind zwar auch den Menſchen ſelbſt unmittelbar gefährlich, allein den gröſten Nachtheil ſtiften ſie dadurch, daß ſie die Rindviehheerden anfallen, ſo daß dort manche Beſitzer großer Viehheerden den dadurch veranlaßten jährlichen Verluſt auf 12,000 Stück junges Vieh anſchlagen. Uns werden die Hunde zu Zeiten dadurch furchtbar, daß ſie nicht ſelten von einer gefähr— lichen Krankheit, der Hundswuth, Tollheit oder Waſſer— ſcheu befallen werden. Die Krankheit, welche übrigens auch Wölfe und Füchſe heimſucht, beſteht darin, daß dieſe Thiere, in= dem ſie beſinnungslos umherlaufen, beißig werden und einen gif— tigen Speichel ausſondern, der, beim Biß, in die Wunde des Menſchen oder anderer Thiere eindringt und dieſelbe Krankheit, zum Theil mit Ausbrüchen höchſter Wuth bei dem Gebiſſenen erzeugt, bis nach wenigen Tagen der Tod erfolgt. Man wollte die Beobachtung gemacht haben, daß dieſe Hundekrankheit nur in Mitteleuropa und ſonſt nirgends vorkomme; dieſes tft aber un⸗ gegründet, obgleich es ſich allerdings zu beſtätigen ſcheint, daß ſie anderwärts ſeltener ſich zeigt. Man hat noch kein ganz zuver⸗ läßiges Mittel gegen dieſe Krankheit aufgefunden, denn das Aus⸗ ſchneiden des ſogenannten Tollwurms unter der Zunge der Hunde hilft nicht, da jener Tollwurm nichts anders iſt als ein Muskel, der mit zur Bewegung der Zunge dient. Sofortiges Ausſchnei⸗ den der Wunde und Auswaſchen derſelben mit Salzwaſſer gleich nach dem Biß möchte wol in jedem Falle ſehr zweckmäßig ſein. Ein franzöſiſcher Arzt, Bosquillon, hatte beweiſen wollen, daß die Krankheit nach dem Biß eines tollen Hundes nur aus Ein bildung und Angſt entſtehe, was ſich aber ſchon dadurch wider- legt, daß auch Thiere nach dem Biß von der Wee pafalfım werden. | 85 370. In günter mit hinreichender Begetstion be⸗ kleideten, von Menſchen wenig oder gar nicht bewohnten und be⸗ ſuchten Länderſtrecken find die großen Raubthiere nothwen— dig, um das gehörige Gleichgewicht in der Natur zu erhalten, 41 * 644 Zwölfte Klaſſe. denn wenn ſie nicht die Zahl der pflanzenfreſſenden Säugthiere, beſonders der Zweihufer, in Schranken hielten, ſo würden ſich dieſe bald dermaßen vermehren, daß alles Grüne, was ſie errei⸗ chen könnten, verzehrt werden müſte. In den ſtärker bewohnten Ländern hat der Menſch von jeher einen Vertilgungskrieg gegen jene Raubthiere geführt; und hin und wieder iſt es auch gelun- gen, manche Arten derſelben ganz auszurotten, z. B. in Deutſch⸗ land und England die Bären, Wölfe, Luchſe (in Irland wurde der letzte Wolf 1710 erlegt, in Schottland 1680, in England noch früher); aber in allen dieſen Ländern trat der Menſch ſelbſt an die Stelle jener von ihm vertilgten Raubthiere, indem er das Wildpret, welches ſonſt jenen zue Beute geworden wäre, für ſich erlegt, und ſo für die Herſtellung des gedachten Gleichge⸗ wichts wirkſam iſt. § 371. Die kleinern Raubthiere, wie Ottern, Vi⸗ verren, Marder, Wieſel, ſind zwar nicht dem Menſchen unmit⸗ telbar gefährlich, werden ihm aber mittelbar dadurch ſchädlich, daß ſie viel kleines Wildpret tödten, welches der Menſch gern für ſich behalten möchte. Iltis und Marder kommen ſelbſt in die menſchlichen Wohnungen und dringen in die Hühnerſtälle und Taubenſchläge, wo ſie Alles tödten, was ſie vorfinden und dann ſo viel wegſchleppen als ſie können. In Nordafrika macht es der Ichneumon (Herpestes) eben ſo; in Amerika das Stinkthier, wobei aber noch der ſchlimme Umſtand eintritt, daß, wenn die Hausbewohner das Stinkthier mit Gewalt vertreiben wollen und es plötzlich überfallen und in die Enge treiben, dieſes aus den Stindrüſen am After eine Flüſſigkeit von ſich ſpritzt, deren furchtbarer Geſtank ſich ſo verbreitet und ſo unvertilgbar iſt, daß oft in langer Zeit das Haus gar nicht mehr bewohnt werden kann. Auf van Diemens Land find manche Schweifbeutler (Thy- lacinus) den Schafheerden ſehr gefährlich, denn wenn ſie eine ſolche anfallen, ſo erwürgen ſie Alles. Iltis und Marder lieben auch den Honig, machen ſich im Winter an die Bienenſtöcke und richten ſie zu Grunde. Man hat auch traurige Erfahrungen, daß Iltiſſe, Frette und ſelbſt Wieſel Kinder in der Wiege zer⸗ biſſen und getödtet haben. — Dabei iſt aber auch zu bedenken, daß dieſe kleinen Raubthiere wiederum dadurch nützlich * Säugthiere. 645 werden, daß ſie eine Menge von Mäuſen, Ratten, Maulwürfen und dergleichen kleinen ſchädlichen Thieren vertilgen. Man will auch die Bemerkung gemacht haben, daß in manchen Gegenden, wo man Wieſel und dgl. Thiere vertilgt hat, die Feldmäuſe in manchen Sommern in ſolcher Unzahl ſich vermehren, daß ſie oft bedeutenden Schaden am Getreide anrichten und dem Landmann große Noth machen, denn hier tritt der Menſch nicht an die Stelle der ausgerotteten Wieſel, da er die Mäuſe ſelbſt nicht vertilgt. f § 372. Auch aus andern Ordnungen der Säug— thiere hat man ſolche, die den Menſchen unmittelbar anfal— len, z. B. unter den Flederthieren die Blattnaſer, welche gröſtentheils in Südamerika vorkommen, aber auch in Oſtindien nicht ganz fehlen. Es wurde von frühen Zeiten her ſchon er— zählt, daß dieſe Thiere ſich auf ſchlafende Menſchen und Säug— thiere (Rindvieh, Pferde u. ſ. w.), ſeltener an Vögel ſetzten und denſelben Blut ausſögen, zuweilen bis zur tödtlichen Erſchöpfung. In manchen Gegenden von Südamerika ſollen ſie das Rindvieh zu Grunde gerichtet haben. Daß der Angeſogene von dieſer Operation nicht erwacht, hat man theils dadurch zu erklären ge— ſucht, daß der Blattnaſer, während des Saugens, beſtändig die Flügel bewege, und dadurch dem Schlafenden eine angenehme Kühlung zufaͤchle, theils dadurch, daß das Thier, indem es die Wunde mit ſeinen ſcharfen Zähnen einſchneide, die Lippen dicht um die Wunde andrücke und dadurch das Eindringen der äußern Luft in dieſelbe, wodurch hauptſächlich der Schmerz bei jeder Verwundung bewirkt werde, verhindere. Da man aber dieſe Erklärungen nicht für hinreichend hielt, ſo ſuchten Einige die Thatſache durch den Ausſpruch zu beſeitigen, daß die ganze Er- zählung eine Fabel ſei. Indeß iſt ſie doch in neuern Zeiten wieder durch mehre glaubhafte Beobachter beſtätigt worden, und der Bau der Lippen und der Zunge der Blattnaſer ſtimmt auch dafür. — Auch die Schweine gefährden unſer Leben. Man hat mehre Beiſpiele, daß wilde Eber, wenn ſie aufgebracht ſind, Menſchen zu Leibe gehen und ſie mit ihren furchtbaren Hauern (Eckzähn en) tödtiich verwunden; daß Hausſchweine, wenn, fie in offene Stuben dringen, Säuglinge gräßlich und ſelbſt tödtlich 646 | Zwölfte Klaſſe. anfragen, welche ohne Aufſicht in der Wiege lagen. — Nas⸗ hörner und wilde Stiere ſtürzen auf Menſchen und große Thiere ein und tödten dieſelben, indem ſie ſie mit ihren Hörnern mehremale in die Luft ſchleudern. Am grimmigſten unter den wilden Stieren iſt der afrikaniſche Büffel (Bos cafer), denn nach⸗ dem er Menſchen oder Thiere über den Haufen gerannt hat, kniet er auf dieſelben, zerſtößt und zerfleiſcht ſie aufs gräßlichſte und leckt ihnen zuletzt noch in höchſter Wuth das Fleiſch von den Kno⸗ chen. — So iſt auch der ſonſt furchtſame Hirſch zur Brunſtzeit, wenn er nicht Gelegenheit hat, den Geſchlechtstrieb zu befriedigen, und von Geſchlechtswuth getrieben die Wälder durchſtreift, den ihm dann begegnenden Menſchen gefährlich, indem er ſie mit fei- nen Geweihen anfällt und zuweilen tödtlich verwundet. | 8 373. Es giebt noch eine Menge ſchwächerer Säug- thiere, beſonders aus der Ordnung der Nagethiere, die uns zwar nicht unmittelbar anfallen, aber doch durch ihre Lebensweiſe, beſonders durch ihre Nahrung, wenn ſie ſich ſtark vermehren, ſehr ſchädlich werden. Hieher gehören vorzüglich die Mäuſe, na⸗ mentlich die Hausmäuſe, die auf Kornböden, in Speiſekam⸗ mern und ſonſtigen Viktualienmagazinen, auch auf Seeſchiffen, oft ſehr läſtig ſind; ferner die Ratten, ſowol die ſchwarze (Mus rattus) als die Wanderratte (Mus deeumanus), von denen daf- ſelbe in noch größerm Maaßſtabe gilt, da ſie größer, ſtärker und gefräßiger ſind, als die Mäuſe, und ſich auch außerordentlich ver⸗ mehren, was namentlich bei der Wanderratte der Fall iſt, welche in den Häuſern auch junge Hühner und Kaninchen tödtet, und im Waſſer, da fie gut ſchwimmt, junge Enten, Gänſe und ſelbſt junge Schwäne anfällt; man hat ſogar die Erfahrung gemacht, daß ſie Wiegenkinder zerbeißt. Dieſe iſt es auch, welche ſchon auf Schiffen, bei langen Seereiſen, Hungersnoth hervorbrachte. Unſere Ratten ſind durch Schiffe auch nach Amerika verpflanzt worden, wo ſie ſich eben ſo verderblich wie bei uns zeigen: Auf Jamaika ſoll jährlich der zwanzigſte Theil des Zuckerrohrs (im Werthe 200,000 Pfund Sterling) von Ratten verzehrt werden; und in einer Pflanzung wurden in einem Jahre 30,000 dieſer Thiere getödtet. — Mehre andere im Freien lebende Mäuſe— thiere ſchaden ſowol durch ihre Nahrung als durch ihr Wühlen Säugthiere, 647 im Erdboden, denn Letzteres bewirkt, daß Ufer und Dämme ver⸗ dorben, junge Pflanzen umgeworfen und die Wurzeln derſelben von Erde entblößt werden. Beſonders iſt hier der kleinen Feldmaus (Wühlmaus, IIypudaeus arvalis) zu gedenken, welche zuweilen die Kornfelder ganz zerwühlt, und in manchen Jahren und Ländern ſich in der That verheerend gezeigt hat, z. B. in den Jahren 1809 und 1810 in Schottland, 1822 in mehren Gegenden Deutſchlands. — Die Hamſter können, wo ſie ſich ſtark vermehren, ebenfalls eine bedeutende Menge Körner von Getreide, Flachs u. ſ. w. über die Seite bringen, indem ſie, gegen den Winter, Vorräthe in ihre unterirdiſchen Höhlen eintragen: Ein Hamſter bringt jedesmal in ſeinen Backentaſchen ohngefähr vier Loth, oder einen Laſſentopf voll, Körner weg, und ſammelt ſo gewöhnlich 1 bis 12 Pfund ein; man hat aber auch wol 60 bis 100 Pfund Getreide in ſeiner Vorrathskammer gefunden. Wenn alſo dieſe Thiere ſich ſo ſtark vermehren, wie es zuweilen im Gothaiſchen der Fall iſt, wo z. B. im Jahre 1817, vom 8. Mai bis zum 31. December, bloß von der Feldflur der Stadt Gotha, welche 12,561 Aecker hält, 111,817 ausgegrabene Ham⸗ ſter eingeliefert wurden (die nicht eingelieferten ungerechnet), ſo werden ſie ſchädlich genug, ſelbſt wenn man auch annimmt, daß die Hälfte ihres Vorraths ausgefallene Körner geweſen ſein mö— gen, die alſo für den Menſchen doch verloren geweſen wären. — Die wilden Kaninchen ſtammen aus Afrika, von wo 10 zu⸗ erſt nach Spanien, und dann, wahrſcheinlich der Jagdluſt wegen, weiter nach Frankreich, Italien, Deutſchland verpflanzt wurden. Auch in den gemäßigten Gegenden von Südamerika, wohin Ka— ninchen durch Schiffe gebracht ſind, vermehren ſie ſich bedeutend im verwilderten Zuſtande. Sie bewohnen am liebſten hüglige, ſandige Gegenden, und wo ſie ſich ſtark vermehren, richten ſie oft, ſowol durch Verzehren der Feldfrüchte, als auch durch Untermini— ren des Erdbodens, beträchtlichen Schaden an, wenn es auch übertrieben iſt, was Plinius erzählt, daß ſie einmal in Spanien, durch Unterminiren einer kleinen Stadt, den Einſturz derſelben verurſacht hätten: Sie ſcheinen jetzt aber in Deutſchland nirgend mehr ſo häufig wie ehemals zu ſein. — Die Eichhörnchen in Virginien (Sciurus cinereus) hatten im Jahre 1822 die Mais- 648 Zwölfte Klaſſe. erndte ganz und gar verwüſtet. Sie wurden zu Tauſenden er⸗ legt, und auf einer einzigen Jagd tödteten 40 Jäger in zwei Ta⸗ gen 4961 Stück. — Einige Nagelaffen in Afrika und Oſt⸗ Indien ſind durch die Plünderungen berüchtigt, die ſie oft in Gärten und Feldern vornehmen. In der Südſpitze von Afrika gehört beſonders die Meerkatze (Cercopithecus cynocephalus) hie⸗ her, welche, in Geſellſchaften vereinigt, in Gärten eindringt und die Bäume plündert: Einige ſteigen nämlich auf die Bäume, die übrigen ſtehen von dem Baume ab in einer Reihe bis zu irgend einem Verſtecke hin; die erſten brechen das Obſt ab und werfen es den unten Stehenden zu, welche es wieder dem zunächſt Stehenden zuwerfen, und ſo fort, bis der letzte daſſelbe in dem Verſtecke aufhäuft. In der Mitte des 17ten Jahrhunderts mußte eine Kolonie von 1000 Perſonen die oſtindiſche Inſel Manado gänzlich räumen, weil weder Getreide noch Baumfrüchte vor den Plünderungen der Affen gedeihen konnten. — Der Maulwurf wird zwar, wo er ſich ſtärker vermehrt, durch das Umwühlen der Oberfläche der bebaueten Ländereien ſchädlich, indem er die jungen Pflanzen umwirft und ihre Wurzeln entblößt, daß ſie ausgehen müſſen; allein er verzehrt auch eine Menge Regenwürmer, welche gleichen Schaden an jenen Pflänzchen anrichten und oft noch be⸗ deutenderen, ſo daß es ſich ſchon ereignet hat, daß in Gegenden, wo es wirklich gelungen war, die Maulwürfe auszurotten, die Regenwürmer ſich nach einer Reihe von Jahren dermaßen ver- mehrt hatten, daß durch den Schaden, den ſie anrichteten, hin und wieder der Ertrag des Bodens um ein Sechstel oder Fünf— tel geringer geworden war, als vorher, und man wieder Maul- würfe einfangen und dorthin verſetzen mußte, um die Regenwür⸗ mer zu vertilgen. Namen: Negifter, Die Namen der Gattungen find gewöhnlich gedruckt, die der höheren Abtheilungen geſperrt. Eine gewöhnliche Zahl zeigt die Seite an, eine römiſche die Ueberſicht; und wenn hinter der römiſchen noch eine gewöhnliche Zahl ſteht, ſo bezieht ſich letztere auf die Seite der Ueberſicht. Mal Aalfiſche Aalmolch Aaskäfer Aasvogel Abdominales Abend falter Abendſchwärmer Ablepharus Abranchii Acanthia Acanthophis Acanthopterygii Acarina Acarus Accentor Accipitrinae Acephala Acephalocystis Acestes Acheta Acht füßler Acipenser Acontias Acrantus Acridium Acrocinus 351 351 393 178 440 VIII 168 168 395 VIII 166 394 348 VI 163 439 X. 2 II. 118 163 174 67 347 394 397 174 176 Acrostoma Actaeon Actinectes Actinia Actinodendron Actinoidea Aculeata Adephaga Adler Aelchen Aeſche Aeschna Afterbiene Afterblattlaus Afterleuchtkäfer Afterſchwanzfloſſer Afterſchwärmer Afterſpinner Afterweſpe Agaon Agastrica Agathidium Aggregata Agilia Aglaura Aglossa Agrion 650 5 Aguti Ailurus Akera Alabes Alauda Alaudinae Albatros Albertia Alca Alcedo Alcyonella Alcyonium Alectorides Alima Alk Alucita Alytes Ameiſe Ameiſenfreſſer Ameiſenjungfern Ameiſenkäfer Ameiſenlöwe Ameiſenſcharrer Ameiva Amethyſtſchnecke Amia Ammer Ammocoetes Ammodytei Ammodytes Ampelis Amphibia Amphibolae Amphicora Amphinome Amphioxus Amphipoda Amphisbaena Amphistoma Amphitrite Amphiuma Ampullaria Amymone Anabas Namen ⸗Regiſter. Anableps Anarrhichas Anas Anastomus Anatidae Anatifa Anchinia Anchovis Ancillaria Ancylus Anentera Anguilla | Anguilliformes Anguillula Anguinea Anguis Anhinga Anisotoma Annularia Annulata Anobium Anolis Anodonta Anomala Anomia Anommatus Anophilus Anostomus Anser Antennarius Anthias Anthidium Anthocephalus Anthophila Anthophora Anthosoma Anthrena Anthrenus Anthus Antilope Apalus Apatura Aphidius Aphidophaga Namen: Regifter. Aphis 166 Artemia Aphrodita 119 Arthrophorina Aphrophora 166 Arthropoda Apion 71177 Ascalabotea Apis 172 Ascaris Aplysia 65 Ascidia Apoda 393 Ascomys Apodes VIII Asellus Apseudes | 162 Asilus Aptenodytes 436 Asiphonobranchia Aptera 173 Aspalax | Apterichthys 351 Aspergillum Apterix 437 Aspidobranchia Apus 162 Aspidogaster Aquila 440 Aspredo Arachnoidea 161 Afſeln Arakari 440 Astacus Aranea 164 Asterias Araneina VI Asteriatina Arca 64 Astomata Arcaria 64 Astraea Arcella 1 Astrodermus Arche 64 Astur Archenmuſcheln | 64 Atax Arxctomys 505 Ateles Arctopithecina XII. 2 Ateuchus Arcturus 162 Athericera Ardea 437 Atherina Arenaria 437 Atilax Arenicola 119 Atlanta Argas Ä 163 Atlas Argentina 350 Atractocerus Argo 67 Atta Argonauta 67 Attacus Argonautica 67 Attelabus Argulus 162 Auchenia Argus 438 Aufgußthierchen Argusfalter 169 Aulacostoma Argusfaſan 438 Aulostomi Argyroneta 164 Auricula Armaffe Kom 506 Auſter Armfloſſer 347 Auſterfiſcher f Armfüßler III Auftermufcheln Armpolyh yr 11 Aves 652 Avicula Avozette Axolotl Babiruſſa Bachmücke Bachſtelze Bacillaria Backenhörnchen Backtrogmuſchel Balaena Balaenoptera Balanus Balbuſſard Balistes Ballenfüßler Bandfiſch Bandleibfiſche Bandleibwürmer Bandwurm Bär Bärenkrebs Baridius Barſch Bartfeder Bartvogel Basiliscus Baſilisk Baſtardmuſchel Bathyergus Batrachia Batrachus Bauchfloſſer Bauchfüßler Bauchkiemer Baumagamen Baumfröſche Baumhacker Baumkleber Baumläufer Baumſchlange Baumſchnüffler Bedecktkiemer Beinfiſch Beroe Namen: Regifter. 64 Beuteldachs 437 Beutelmaus 393 Beutelratte 503 Beutelthiere 165 Biber 439 Bienen 1 Bienenameiſe 505 Bienenfreſſer 63 Bim ana 503 Binoculus 503 Bipes 161 Biſchir 440 Biſchofsmütze 347 Bisulca 175 Blanus 349 Blaps 349 Blaſenfüßler IV Blaſenkoralle 118 Blaſenquallen 506 Blaſenwürmer 162 Bläßhuhn 177 Blastophaga 348 Blatta 11 Blattaria 440 Blätterfüßler 396 Blätterkorallen 396 Blattkäfer 64 Blattlaus 504 Blattlauskäfer 392 Blattnaſer 350 Blattſägeweſpe VIII Blattſchnecke IH Blattwickler 346 Bleichfalter 396 Biennius 393 Blindmaus 439 Blindſchleichen X. 2 Blödauger 439 Blumenbiene 394 Blumenfliege 394 Blumenkopfwurm 65 Blumenthierchen 347 Blumenwürmer 32 Blutegel Blüthenkäfer Boa Bockkäfer Bohrkäfer Bohrmuſchel Bohrnager Boletophila Bombardirkäfer Bombinator Bombus Bombyecilla Bombycoidea Bombylius Bombyx Bonellia Bopyrus Boreus Borkenkäfer Borkennager Borkenthier Borlasia Borſtenſchwänzer Borſtenthiere Borſtenvögel Borſtenwürmer Bos Boscia Bostrychodea Bostrychus Bothriocephalus Bothrioz oa Botryllus Botys Brachinus Brachionus Brachiopoda Brachvogel Brachylophus Brachypoda Brachyur a Bradypus Brama Branchiata Branchiopoda Namen ⸗Regiſter. 177 Branchiostegi 394 Branchipus 176 Braula 177 Braunenechfe 63 Breitfiſch 177 Breitjungfer 165 Breitkopffiſche 175 Breitſchnäbler 393 Breitſchwänzer 172 Bremſe 438 Bremſenfliegen 168 Breviceps 165 Bruchoidea 168 Bruchſchlange 119 Bruchus 162 Brüllaffe 173 Brunnenaſſel 177 Bruſtfaltenfiſch 177 Bruftfloffer 503 Bubo 119 Buccinum 162 Bucco XII. 1 Bucconidae X. 2 Buceridae IV Buceros 503 Buchtthierchen 11 Bufo 177 Bufonia 177 Bulimus 118 Bulla 51 Bullaea 63 Bungarus 167 Buntfalter 175 Buphaga 2 Buprestis III Bürſtentruthahn 437 Büſchelkiemer 396 Buſchfüßler 395 Buſchhornfliegen V Buſchkoralline 504 Buſſard 349 Buteo 393 Butiriuus V Byrrhus 654 Caenurus Calamitina Calanderkäfer Calandra Caligus Callianassa Callianira Callichthys Callidium Callionymus Callithrix Calosoma Calotes Calymna Calyptraea Camelopardalis Camelus Camptopterygii Cancellata Cancer Cancroma Candida Canina Canis Cantharis Capra Caprimulgus Capybara Carabodea Carabus Caranx Carapus Cardiaca Cardium Cariama Carinaria Carnivora Carpocapsa Carpopterygii Caryocatactes Cäryophyllaeus Caryophyllia Caryophyllina Cassicus Namen ⸗Regiſter. 136118 Cassida 393 Cassidulus 177 Cassis 177 Castnia 162 Castor 163 Caſuar 32 Casuarius 350 Catenula 176 Cathartes 350 Caudata 506 Gavia 175 Cavicornia 396 Cavolinia 32 Cebus 66 Cecidomya 503 Cecidoses 503 Cecrops 349 Cellariatica 31411803 Cellepora 162. 163 Centetes 437 Centriscini 169 Centriscus XII. 2 Centronotus 506 Centropomatei 176 Centropristis 503 Centropterygii 438 Centropus 504 Cephalopoda 175 Cephaloptera 175 Cephalotes 348 Cephus 351 Cepola 63 Cerambyx 63 Ceratophrys 437 F 665 Cercaria XII. 2 Cercariatica 167 Cercoleptes 347 Cercopithecus 439 Cereopsis 119 Cerithlum 5512 Certhia IV Certhiadae 439 Cervina 1 Cervus Cestoidea Cestum Cetacea Cetonia Cetopsis Ceyx Chaetodon Chaetogaster Chalceus Chaleiden. Chalcides / Chaleidica Chalcis Chama Chamaeleo Chamaesaura Charadriadae Charadrius Chasmarhynchus Chauliodus Chaunopterygii Chelifer Chelonia Cheloniadea Chelostoma Chelura Chelys Chelysoma Chermes Chersinea Chersobatae Chersydrus . Cheyletus Chilo Chilodon Chimaera Chimären Chimaerini Chionis Chiromys Chironectes Chironomus Chiroptera Namen⸗Regiſter. 503 IV 32 XI 178 350 440 349 119 350 171 395 VII 171 63. 64 396 395 X. I 437 438 350 351 163 397 397 172 162 397 Chirotes Chiton Chlamydophorus Chlamys Chloraema Choloepus - Chondracanthus Chrysidica Chrysis Chrysochloris Chrysomela Chrysomelina Cicada Cicadaria Cicindela Cicindelina Ciconia Cikaden Cimbex Cimex Cinclus Cingulata Cinnyris Cinosternon Cinyxis Circus Cirripedia Cirroteuthis Citharinus Cladobates Cladocera Clausilia Clavicornia Cleodora Cleonymus Clerica Clerus Clio Clioidea Clios Closterium Clotho Clupea Clymene 656 Clythra Cobitis Coccina Coccinella Coccus Coccyzus Coecilia Coelogenys Coelopeltis Coenosia Coleoptera Colias Colisa Colius Colpoda Coluber Columba Columbinae Colymbidae Colymbus Comatula Condylura Conopica Conops Conus Coptosoma Coracias Coracina Corallium Cordylus Corregonus Corticifera Corticosa Corvina Corvus Coryna Coryphaena Corythaix Coſchenille Cossus Cottus Coturnix Crabro Cranchia Namen -Regifter. 178 Crania 350 Crassicornia 166 Crassilinguia 177 Crax 166 Crepuscularia 440 Crex 393 Cribella 504 Cricetus 394 Cricochalcis 165 Crioceris VII Cristatella 169 Crocodilus 348 Crotalina 439 Crotalus 1 Crotophaga 394 Crustacea _ 438 Cryptodibranchia X. 1 Cryptodon X. 1 Cryptonyx 436 Cryptopomatei 42 Crypturus 505 Ctenophorina 165 Cua 165 Cucujus 67 Cuculidae 166 Cucullanus 439 Cuculus 438 Cuendu 11 Culex 396 Cunicularia 350 Curculio 11 Curculionina II Cursores 348 Cursoria 439 Curvirostra 11 Cuvieria 348 Cyamus 440 Cybium 166 Cyelica 168 Cyclobranchia 349 Cyclops 438 Eyelopterus 171 Cyclostomi 67 Cyclura Namen: Regiiter. | 657 Cygnus 436 Cymbulia 64 Cymothoa N46 Cynailurus % Cyniparia end Cynips | 170 Eynocephalus 506 Cypraea 67 Cyprinus 350 Cypris 162 Cypselus 438 Cystica 2::M Cysticercus 118 Cytaeis 12 2101672151239 Dachs 506 Dactylethra 393 Dactylopterus 349 Danai 169 Daphnia 162 Dasypoda sich Dasyprocta 504 Dasypus 504 Dasytes 176 Das yurina XII. 2 Dasyurus 506 Decapoda | V Decempedes 206 Deckfiſch | 351 Degenfiſch 351 Delphin 503 Dendrocolaptes 439 Dendrophila 396 Dendrophis | 394 Dentalium 66 Dentex 348 Dermanyssus 163 Dermatoptera XII. 2 Dermestes | 177 Dermestica 177 Dero 119 Devastatoria 176 Devexa b XII | Diapria Soost Dichelestium 162 Dicholophus 34011437 Dickhornkäfer 9 01 Dickwürmer IV Dickzüngler 396 Diclybothrium . 51 Dicotyles ö 503 Didelphis 505 Didus binn 48 Digitigrada XII. 2 Diodon 1247544347 Diomedea 71710 436 Diopsis NI ung 165 Diphyes 32 Diphyitica l Diphyllidia gi Diplodontus 163 Diplolepis 1 216171 Diploptera 171 Diplostoma NN Diplozoon bn Dipsas | 6394 Diptera tat VII Dipus 11 1411 04 Discoboli 349 Discophorina 32 Discosoma Dune gs Distoma oh: Diurna 39716 Dolchſchlange 394 Dolichopus F Dolomedes 164 Donacia 176 Donax 63 Doppelfüßler V Doppelhalskiemer 2018814 Doppelmundwurm 9107181 Doppelſchleiche 393 Doppelzähner XII. 1 Doras 174157350. Dorippe 163 Doris 545481765 Dornfloſſer 536349 Dornkäfer ld Dornſchweifer 111895 e 658 Namen: Regifter, Doryphorus 396 Eichhörnchen Drache 396 Eidechſen Dkachenkopfſſch 349 Eidechſenfiſch Draco 395. 396 Eidechſenſchlange Drassus 164 Einhornfiſch Drehkäfer 175 Einhufer Dreieckkopfer 395 Einlochkiemer Dreieckmuſchel 63 Einmundſauger Dreihufer Ii XH. d Einmundwurm Dreiklauer 397 Einzelſcheiden Dreimundwurm boot Eisvogel Dreiſpaltmuſcheln 63 Elaps Drilus 97178 Elater 2 Dromas 437 Elemententhierchen Dromia 415 Elephant Drongo 438 Elephas Dronten X. 1 Ellisia Droſſel 439 Elops Drüſenweſpe 172 Elysia Dryinus 394 Emberiza Dryophis 394 Empis Dungmüde 165 Emydea Dünnleibweſpen 436 Emmys 20 Dünnſchnäbler X. 2 Enchelyoides Dünnwürmer IV Enerinus Durſtſchlange 394 Endomychus 5 Dysdera 164 Engmaulſchleichen Dyticus 175 Engraulis Ecaudata 393 Enhydris Echeneidae 349 Enicurus Echeneis 349 Ensatores Echinococcus 118 Ente Echinoidea 42 Entenmuſchel Echinorhynchus 118 Entenvögel Echinus 42 Enterodela Echiurus 119 Eolidia Echſen 392 Epeira Eckflügelfalter 169 Ephemera Edelfalter 169 Ephemerina Edelkorall 1444 Ephyra Edelkrebs 162 Epibulus Edentata * 0X Epiearides Edolius 438 Epimachus Egelwurm 51 Eques * Fadenwurm Namen ⸗Regiſter. Eyuites 169 Fahnenechſe Equus 504 Falco, Falk Erdagamen 396 Falken vögel Erdfloh 178 Faltenbaucher Erdgrabweſpe 171 Faltenvogel | Erdgräber 504 Faltenweſpen Erdgrylle 174 Falter | Erdmilbe 163 Fältler Erdmolch 393 Fangheuſchrecke Erdpapagei 440 Färberechſe Erdſchildkröten 397 Faſan Erdſchnecke 65 Fasciola Erdwühler XII. 2 Faulthier Eresus 164 Fauſthuhn Ergasilus 162 Federfliege Erigone 164 Federkammkäfer Erinaceus 505 Federmotten Eriomys 505 Fehlechſe Erythraeus 163 Fehlfloſſer Exyx 394 Fehlkiemer Esox 350 Fehlköpfer 7 Euglena 18001 Fehlwirbelthiere Eulabes 439 Fehlzähner Eulais 163 Fehlzüngler Eulchen 168 Feiſtkäfer Eulen 19Kä 12 Feldhühner Eulenfalter 167 Felina Eumenes 172 Felis Eunice 119 Felſenfiſch Euphone 439 Felſenhuhn Euploea 169 Fera Eurylaimus 440 Ferkelmaus Eurystomata 394 Feß ler Evadne 162 Festiva Evania 170 Fettfloſſenwels Evaniatica 170 Fetttaucher Evertebrata 1 Fettvogel Exocoetus 350 Feuerwalze Fächerflügler 172 Fiber Fächerfüßler 396 Filaria Fächerſchwanzkrebſe V Fingerfiſch Fadenkiemer 66 Fingerflügelſchnecke Fadenrückenfiſch 351 Fingerthier 119 Fink 42 * 660 Namen: Regifter. Finnfiſch 303 Flußſchildkröte 397 Fiſche N obi! Flußfchwamm 11 Fiſchadler — 440 Flustra 10 m 11 Fiſchlaus 5 162 Foraminifera 4H Fiſchmolche 3093 Forficula 1101 Fiſchotter | 506 Forficularia 12 Fiſchzitzthiere 1 7 Formica 46171 Fissilinguia | 396 Forſtkäfer 176 Fissipennia 167 Fossoria 171 Fissurella 66 Franzengecko 396 Fistularia 347 Fregattvogeel! 4436 Fistulatrix 5101.9 Fregilus ; 439 Fistulosa ihr Freikiemer VIII Flamingo 4437 Freipolypen ene Flatterfüßer XI Fringilla 4439 Flatterthier 505 Froſch 393 Flaumtaucher 436 SKrofchfifch 350 Fledermaus 505 Froſchlurche 393 Fledermausfliege 164 Fulgora 166 Flederthiere ö XII. 2 Fulica 437 Fleiſchfreſſer XII. 2 Fungia 12 Fleiſchmiltbe 163 Fungicolaria Fun Fliege 165 rs 396 Fliegenjäger f 439 Furia 405 Fliegenkäfer 176 Fußſchleiche 395 Fliegenſchnäpper 438 Fußthier 506 Fliegenwanze 166 Fußwühle 1211279395 Fliegfiſch 350 Fusus on Floh 164 Gabelſchwanzſpinner 168 Flohkrebs | 162 Gadini 350 Flohſpringer 164 Gadus 350 Florfliege 173 Galago 506 Floſſenfüßler III Galaxias sis 05 Floſſenqualle 332 Galbula 440 Floßfüßler 395 Galeerenqualle 182 Flötenmaulfiſche 347 Galeodes 511463 Flüevogel 439 Galeopithecus 505 Flugbeutler 505 Galeote 3096 Flügelkopffiſch 346 Gallinaceae IX Flügelſchnecke 67 Gallinula 437 Flughahn 349 Gallmücke 165 Flughörnchen 505 Gallſchlupfweſpen 170 Flußmuſchel 64 Gallus 438 Flußpferd | 303 Gallweſpe 170 Gamasus Gammarus Ganga Gans Ganymeda Gasterosteus Gastropoda Gastropteron Geier Geieradler Geiervögel Gelbing Gelenkfüßler Gelenkſchildkröte Genetta Genettkatze Geocorea Geometra Georhychina Georhychus Geotrupus Gerrhonotus Gerrhosaurus Geryonia Geſpenſtheuſchrecke Getreidekäfer Gienmuſchel Gießkanne Giftſchlangen Gilbvogel Gimpel Giraffe Giraffenthiere Gitterſchlangen Glanzvogel Glanzweſpen Glareola Glareolidae Glasſchwärmer Glattdeckler Glaucopis Glaucus Gleichflügler Gliederquallen Namen ⸗Regiſter. 163 Glirin a 162 Glomeris 438 Glossophaga 436 Gnathostoma N 42 Gobioides 348. 349 Gobius ! III Goldfalter 65 Goldhähnchen 440 Goldhahnkäfer 440 Goldkäfer X. 2 Goldmaulwurf 169 Goldweſpe 6 KU Gordius 397 Gorgonia 506 Gorgono cephalus 506 Grabkäfer 166 Grabweſpen 167 Gracilia XII. 2 Gracula 504 Gradflügler 178 Grallatores 396 Granivorae 396 Grannenfliege 32 Grenadierfiſch 174 Groppe 177 Großfüßler 63 Großkopfer 63 Großkopffalter 394 Großkopfwanze 439 Großohrfledermaus 439 Grubenkopfwurm 503 Grubenmundwürmer XII. 1 Grubenottern 393 Grubenſchlange 440 Grubenwürmer 171 Grundel 437 Grus K. I Grylle 168 Gryllotalpa 348 Gryllus 439 Gulo 65 Gürtelqualle VII Gürtelſchweifer 32 Gürtelthier 662 Gürtelträger Gymnetrus Gymnobranchia Gymnophthalma Gymnorhynchus Gymnotus Gypaetos Gypogeranus Gyrinus Gyrodactylus Haarflügler Haarkopfwurm Haarſtern Habicht Hackenthier Haematopus Haemopis Häring Häringfiſche Hafte Haie Haifiſch Hainkäfer Hairochen Hakenkäfer Hakenkalmar Halbaffen Halbdeckflügler Halbdeckkäfer Halbfingerer Halbfüßler Halcyonidae Halcyonium Haliaëtus Halichoerus Halicore Halieus Halmaturini Halmaturus Halmkoralle Halodactylus Halsbandeidechſe Halskiemer Haltica Namen ⸗Regiſter. XII. 1 Halyotis 349 Hammerfiſch 65 Hammermuſchel 395 Hamſter 118 Handwühle 351 Hapale 440 Haplostomata 440 Hardun 175 Harnifiſch 51 Harpa 173 Haſe 119 Haſenmaus 42 Haufenſcheiden 440 Haushuhn 504 Hausmilbe 437 Hauswanze 120 Hautflügler 350 Hautkiemer 350 Hautnager 172 Hecht 347 Hechtfiſche 347 Hectocotylus 178 Heftzeher 346 Heliconii 177 Helix 67 Helluo XII. 2 Helmſchnecke VII Helmvogel 176 Heloderma 396 Helophorus 65 Helostomus X. 2 Helotes 11 Hemerobiotica 440 FHemerobius 503 Hemidactylus 503 Hemilepidotus 436 Hemiptera XII. 1 Hemisaura 504 Hepialina 11 Hepialus 11 Heptatrema 397 Heriades 352 Herminia 178 Herodiae Herpestes Herpeton Hersilia Herzformmuſcheln Herzmuſchel Hesperia Hesperiatica Hesperisphingia Heteracanthus Heterobranchus Heterogyna Heteropoda Heteroptera Heuſchrecken Hexastoma Hiantes Himantopus Hippobosca Hippocampus Hippolyte Hippopotamus Hippopus Hirſch Hirſchthiere Hirudinea Hirudo Hirundo Hispa Hister Hochrückenfiſch Hochſchauer Hocker Höhlenquallen Hohlweſpe Hokko Holocentrus Holopus Holothuria Holothuriatica Holzbiene Holzbockkäfer Holzbohrer Holzbohrweſpen Holzfliege Namen ⸗Regiſter. 67297506 Holzſpinneeeen 3094 Holzweſpe 5 162 Homalopsis 63 Homo 63 Homola 169 Homoptera 169 Honigbiene 168 Honigkuckuck 51 Honigvogel 350 Hoplophora 171 Horia 65 Hörnerthierchen VII Hornfiſch 174 Hornfroſch 51 Hornkäfer X. 2 Hornkoralle ri Hornſchnecke 164 Hornthiere 347 Hufkraller 162 Hufthiere 503 Hühner 64 Hühnerſtelzen 503 Hühnertaube XII. 1 Hühnervögel IV Hülſenmotten 120 Humivaga 438 Hummel 178 Hund | 178 Hundethiere, ‚348 Hungerweſpe 350 Hüpfer IX Hyaena 32 Hyänenthiere 170 Hyaenina 438 Hyalea 348 Hyaleacea 42 Hyaleen 42 Iyalonema 42 Hydatide 172 Hydatina 176 Hydra 63 Hydrachna 170 Hydraea 165 Hydrina 664 Namen Regiſter⸗ Hydrocanthara Hydrochoerus Hydrocorea Hydrocyon Hydrometra Hydromys Hydrophilus Hydrophis Hygrob atae Hyla Hylobates Hylobius Hymenoptera Hypobranchia Hypochthon Hypotrematei Hypsiprymnus Hypudaeus Hyrax Hystrix Jabiru Jaku Jakuhühner Ianthina Ibis Ichneumon Ichneumonidea Ichthyodea Ichthyosiren Icterus Idia Igel Igelfiſch Te Iguana Ilysia Immenvogel Impennes Indicator Indri Ineptae Infusoria Innocua Insecta Insectivora Enmic Inſekten 504 Inſektenfreſſer 166 Insessores m lacht 166 Iphition 504 Isis 175 Isocardium 394 Isolepidota X. 1 IS 0 P 0 d a 393 Istiophorus 506 Istiurus 177 Iugulares VII Iulus 65 Ixodes 393 Kä fe r 351 Käfergryllen 504 Käferſchnecke 505 Kahlafterfiſch 504 Kahlrückenfiſch 504 Kahnſchnäbler 437 Kalkkoralle 438 Kalmar X. 2 Kameel e Kameelfliege 437 Kammkäfer 170 Kammkiemer 170 Kammmuſchel 393 Kammnaſer 351 Kammpolyp 439 Känguru 32 Kappenvogel 505 Kappenwurm 347 Karpfen 171 394 Katze 439 Katzenthiere X. 1 Kauz 440 Kegelſchnäbler 506 Kehlfloſſer X. 1 Kehlfüßler a: Kehlkiemer 394 Kerfe 161, 1 Kernbeißer XII. 2 Kerona 7 Kiebitz Kielfeder Kielſchnecke Kielſchweifer Kiemenfüßler tiemenmolde Kiemenwurm Kinkaju Kinkhorn Klaffmuſchel Klaffſchnäbler Klammeraffe Klappbruſter Klapperſchlange Klappnaſer Klapprückner Kleiber Kleindeckelfiſche Kleinhornjungfern Kleinkopffalter Kleinmaulfiſche Kleinmundfiſch Kleinohrſchnecke Kletterfiſch Klippdachs Klippfiſch Klumpfiſch Knäuelkäfer Knochenſchupper Knopfhornweſpe Knorpelfiſche Knorperqualle Knotenſchwanzthier Koala Köcherjungfer Köcherpolyp Köcherwürmer Kolbenkäfer Kolibri Königsgeier Königskorall Kopfechſe - Kopffüßler Korallenpolypen / Namen: Regifter. 4 437 Korkſchwamm 11 Kornährenfiſch 65 Körnerfreſſer 396 Krabben W Krallenaffen 393 Krallenfroſch 161 Kranich 506 Kratzer 67 Kräuſelſchnecke 63 Krebſe 437 Krebsſpinne 506 Kreuzſchnäbler 397 Kriebelmücke 395 Kriecher 394 Krokodil 397 Krokodilechſen 493 Kropfgans a VIII Kröpfling 172 Kröte 169 Krötenbaucher 347 Krötenfröſche 350 Krötenkopfer 66 Krugthierchen 348 Krüppelfüßler 504 Krüppler 349 Kruſtenechſe 347 Kruſtenkoralle 178 Kuckuck 350 Kuckucksvögel 170 Kugelthierchen VIII Kurzdeckkäfer 32 Kurzfüßler 505 Kurzkopfkröte 505 Kuttelfiſch 173 Kyrtus 11 Labrax IV Labrini 176 Labrus 439 Lacerta 440 Lacertina 11 Lachesis 396 Lachs III Lachsfiſche II Laemopoda 666 Lagomys Lagopus Lagostomus Lamellicornia Lamellosa Lamnata Lampyridina Lampyris Landkriecher Landſchildkröte Landwanzen Langaha Langarmkäfer Langhornweſpe Langrüßler Langſchwänzer Langſtrecker Langwurm Laniadae Lanius Lanzettfiſch Lappenſchweifer Lappenvogel Larus Larvenſchwein Larvenwühle Lasioptera Laternträger Laubfreſſer Laubfroſch Laubkäfer Laufgryllen Laufkäfer Laufkrabbe Laufſpinne Laufvögel Laus Lausfliegen Laushaft Lauskerfe Lazarusklappe Lederſchildkröte Leguan Leierkopfer Namen Regiſter. 504 Leiopomatei 438 Lemming 504 Lemmus 178 Lemur II Lepadogaster au. 2 Lepas 176 Lepeophtheirus 176 Lepidoleprus 348 Lepidoptera 397 Lepidosiren 166 Lepisma 394 Lepisosteus 176 Leporina 170 Leptis 177 Leptocephaloti 349 Leptocephalus XII. 2 Leptoconchus 19419 Leptopodius X. 2 Leptorhynchae 438 Leptura 348 Lepus 396 Lerche 439 Lerchenvögel 436 Lernaea 503 Lernaeocera 394 Lernaeopoda 165 Lernanthropus 166 Lestris 178 Leuchtkäfer 393 Leucospis 178 Libellula 174 Libellulinae 175 Libera 163 Lichanotus 164 Lichtkäfer IX Lichtmotte 173 Ligia 164 Ligula 173 Limax 173 Limnadia 64 Limnaeus 397 Limnochares 396 Limnoria 396 Limosa 348 3505 505 506 349 161 er 3249 393 173 350 XII. » 165 ai 351 66 163 X. 1 504 439 X. 2 377161 161 161 161 436 176 171 172 A 1 1871 506 176 167 162 119 65 162 65 163 162 437 * Limulus Linguata Lingula Linſenfliege Liorhynchina Liorhynchus Lippenfiſche Lippenfliegen Lippenmundwurm Lippfiſch Liſtkäfer Liſtkrabbe Lithoderma Lithodes Lithophyta Lithozoa Litiopa Lixus Löcherfüßler Locusta Löffelreiher Loliginea Loligo Loligopsis Loncheres Lonchurus Longicornia Longipennes Lophius Lophobranchiati Lophophorus Lophopoda Lophotes Lophyrus Lori Loricaria Loricata Loxia Lucanina Lucanus Luchsſpinne Lucifer Lucioperca Lumbricina Namen⸗Regiſter. 162 Lumbricus 393 Lumme 64 Lump 1 165 Lungenſchnecken IV Lurche 119 Lutjan 348 Lutjanus 165 Lutra 119 Lycaena 348 Lycosa 176 Lyda 163 Lygaeus 119 Lynceus 163 Lyrocephalus II Lysidice II Lytta 66 Machilis 177 Macrobiotus III Macrochelis 174 Macrodontia 437 Macropoda 67 Macrotarsus 67 Macroura 67 Macrouri 504 Mactra 348 Madenfreſſer 176 Madenhacker X. 1 Madrepora 347 Maeandrina 347 Magilus 438 Maja V Maki 349 Makrele 438 Makrelenfiſche 506 Malachius 350 Malacodermata 397 Malacopterygii 439 Malapterurus 178 Malleus a 178 Matthe 164 Mammalia 162 Manakin 348 Manati IV Manatus 668 Manguſte Manis Mantelkäfer Mantelkiemer Mantica Mantis Mantispa Marienkäfer Marmorfiſch Marsupialia Matamate Mauerklette Mauerſchwalbe Maulwurf Maulwurfsgrylle Maulwurfsmäuſe Maus Mäuſethiere Medusa Meduſenſtern Medusina Meeradler Meeräſche Meerbarbe Meerbraſſe Meerbraſſenfiſche Meereichel Meerengel Meergrundel Meerkatze Meerneſſeln Meerſchildkröte Meerſpinne Meerzahn Megachile Megalops Megamerus Megapodiae Megapodius Mehlkäfer Meiſe Melanosomata Meleagris Melecta Namen⸗Regiſter. 506 Meles 504 Melipona 178 Mielliphaga 65 Meloe 174 Melolontha 174 Melonenquallen 173 Membranipora 10 177 Menobranchus 347 Menopoma XII. 2 Menſch 397 Menura 439 Mephitis 438 Mergus 505 Meriones 174 Meropidae XII. 2 Merops 505 Merulidae XII. 2 Meſſerfiſche 32 Metallnatter 42 Microgaster 1 Microptera 346 Microstoma 349 Miesmuſcheln 348 Milan 348 Milben 348 Miliola 161 Millepora 347 Milvus 349 Minirmotte 506 Minirſpinne II Mino 397 Minyas 163 Misocampe 66 Miſtkäfer 172 Mitra 350 Mnemia 163 Moderweſpe NX. 12 Molche 438 Mollus ca 175 Molorchus 439 Molpadia 175 Momot 438 Monacanthus 172 Monas 1 Monasa Mondſchnecke Monitor Monitoria Monocentris Monoculus Monodon Monopterus Monostoma Monostomia Monotrematei Moorläufer Mordella Mormon Mormyrus Moschus Moſchusthier Motacilla Motten Möve Mövenvögel Muffelkäfer Mugil Muleion Mullus Multidentata Multungula Mundfüßler Muraena Muränenfiſche Muraenoides Murex Murina Murmelthier Mus Musca Muscaria Muſchelthiere Muſchelwächter Muscicapa Museicapidae Musophaga Mustela - Mutilla Namen : Regifter, 440 Mützenſchnecke 66 Mya 397 Myacea 397 Mycetes 349 Mycetophila 162 Mycteria 503 Mygale 351 Myiothera 51 Mylabris 51 Myletes 352 Myliobates X. 1 Myogale 175 Myopotamus 436 Myoxus 347 Myriopoda 503 Myrmecophaga 503 Myrmeleon 439 Myrmeleonina 167 Mysis 436 Mystus X. 1 Mytilacea 177 Mytilus 349 Myxine 162 Nachtaffe 348 Nachtfalter XI Nachtflieger XI Nachtſchwalbe V Nacktaal 351 Nacktaugenſcinke 351 Nacktauger 351 Nacktgaumer 310607 Nacktkiemer | XII. 2 Nacktmundwürmer 505 Nacktpolypen 504. 505 Nadelfiſch 165 Nagekäfer 165 Nagelaffen III Nageſchnäbler 163 Nageſpinner 43 Nagethiere X. 2 Naja 440 Naide 506 Nais 171 Nandu 670 Napfſchnecke Narwal Naſenthier Nashorn 8 Nashornvogel Nasua Natatores Natter Natterſchlangen Nauplius Nautilus Necrophorus Nectarinia Necydalis Nelkenkoralle Nelkenwurm Nematobranchia Nematocerata Nematoidea Nemognathus Nemura Nepa Nereide Nereidea Nereis Nerita Neſtelwürmer Netzfangheuſchrecke Netzfliege Netzflügler Netzkorallen Netzwühle Neunauger Neuroptera Nicothoe Niederechſe Nierenfeder Nika Nimmerſatt Nirmus Nobilia Noctilio Noctiluca Noctua Namen⸗ Regiſter. 66 Noctuaria 503 Nocturna 506 Nomada 503 Notacantha 440 Notacanthus 506 Notiphila IX Notonecta 394 Notopterus 394 Nuda 162 Nullipora 67 Numenius 178 Numida 439 Nußheher 176 Nycteribia 12 Nyeteris 119 Nyctibius 66 Nyctipithecus 165 Nymphalia IV Nymphenfalter 176 Nymphon 173 Nyttopterygii 166 Obesa 119 Obſtmotte ss 119 Ochthera 66 Octobothrium IV Octopoda 173 Octopus 173 Ocypoda VII Ocyptera II Oecophora 393 Odontognathus 346 Oehrling VII Oelkäfer 162 Oestroidea 395 Oestrus 11 Ohnflügler 163 Ohnkiemer 437 Ohnmundwürmer 173 Ohreule 169 Ohrrobbe 505 Oikopleura 162 Olek 168 Oligobothria Namen ⸗Regiſter. Oligodon 394 Otolicnus Oim 393 Ottern Omalium 174 Ovis Onchidium 65 Oxypterygii Oniscus 162 Oxypteryx Onychoteuthis 67 Oxyura Ophidium 351 Oxyuris Ophiocephalus 348 Paarzeher Ophiognathus 352 Pachuyptila Ophioidea 395 Pactolus Ophion 170 Pagrus Ophiosaurus 394 Pagurus Ophiostoma 119 Paka Ophiura 42 Palaemon Ophridium 11 Palamedea Ophryoessa 396 Palmipedia Opilio 163 Paludina Opisthocomus 438 Pamphilius Opisthognathus 349 Pandalus Drang 506 Pandion Orbicula 64 Pangonia Oreosoma 349 Panorpa Otrganiſtvogel 439 Panorpina Otrgelkorallen II Panzerechſe Orgya 168 Panzerfiſch Oribates 163 Panzerhahn Oriolus 439 Panzerſchleiche Ornithorhynchina XII. 1 Panzerthier Ornithorhynchus 504 Panzerwanger Orthonyx 439 Papagei Orthoptera VII Papageifiſch Orthragoriscus 347 Papageitaucher Ortygis 438 Papierboote Orycteropus 504 Papilio Oscillatoria 1 Paracephala Osmerus 350 Paradiesvogel Osmia 172 Paradisea Osteoglossum 350 Paradoxurus Ostracea 64 Paramecium Ostracion 347 Parasita Ostrea 64 Parmophorus Otaria 503 Parnaſſier Otion 161 Parnassius Otis 437 Parra 168. 672 Parus Patella Paussus Pavian Pavo Pecten Pectognathi Pedetes Pedicellat a Pedienomus Pediculus Pegasus Pekari Pelamide Pelamys Pelecanidae Pelecanus Pelekane Pelobates Pelzflatterer Penaeus Penelope Penelopidae Pennatula Pennatulina Pennella Pentacrinus Pentalasmis Pentalepas Perameles Perca Perdix Perga Periophthalmus Peristedion Perla Perlaria Perlfliege Perlhuhn Perljungfern Perlmuttermuſchel Perna Perophora Perſpektivfliege Petaurus Petermännchen Petromyzon Pezoporus nne Pfauenfaſan Pferdefußmuſ chel Pflanzenläuſe Pflanzenweſpen . 0 Pflaſterkäfer Phacochoerus Phaeton Phalaena U Phalaenoidea Phalangina Phalangium Phalaropus Phaleris Phallusia Pharetria high Phascolarctus Phascolomys Phasianidae 8915 Phasianus Ph ama Phibalura Philedon Phoca Phoenicopterus Phoenicurus Pholas 140 Pholcus 511015 Fhronima Phryganea Phrynocephalus Phrynosoma Phrynus Phthiracarus Phyllidia Phylline Phyllirhoe Phyllophaga Phyllopoda Phyllosoma Phyllostoma Phyllurus Physalia Physaliatica Physeter Physignathus Physodactylus Physophora Phytophthiria Picidae Picus Pieper Pieris Pilotfiſch Pilzbewohner Pilzkoralle Pilzmücke Pimelia Pimelodes Pimpla Pinguine Pinguipes Pinna Pinnipedia Pinnotheres Pinſelkäfer Pipa Pipra Pisces Piscicola Piscif ormia Pithecia Planaria Planariana Planipennia Planorbis Plantigrada Platalea Plattfingerer Plattflügler Plattkäfer Namen ⸗Regiſter. 178 Plattkopffiſch V Plattleibfiſch 162 Plattnager 505 Plattſauger 396 Plattſchnäbler 32 Plattſchröter 32 Plattſchwänzer 503 Plattwurm 396 Plattzüngler 175 Platycephalus 32 Platycercus 166 Platydactylus X. 2 Platygaster 440 Platyodon 439 Platypterix 169 Platystacus 348 Plebeji 178. Plecotus 12 Pleuronectes 165 Pleuronectoides 175 Ploceus 350 Plotosus 170 Plotus X. 1 Plumpthiere 350 Pneumodermon 64 Pochkäfer XI Podargus 163 Podiceps 178 Podinema 393 Podoa 439 Podophthalmus 1 Podura 120 Pogonias XII. 1 Polyacanthus 506 Polybothria 52 Polychrus 52 Polygastrica 172 Polynemus 65 Polynoe XII. 2 Polypen 437 Polypoidea 396 Polypterus 172 Polystoma 24 Pomatobranchia 43 674 Pompilus Pontobdella Porcus Porocephalina Porocephalus Porosa Porpita Porzellanſchnecke Posterobranchaea Poſthörnchen Pottwall Prachtkäfer Praedatoria Priapel Priapulus Prionites Prionus Pristigaster Pristis Proboscidea Probosciger Procellaria Procerae Processa Procyon Promerops Prosimiatin a Prostoma Proteles Protococcus Protozoa Prunkadder Psammobia Psammophis Psammosaurus Pseudes Pseudopus Pseudosaura Pseudo scorpia Psilus Psittacinae Psittacus Psocus Psophia Namen⸗Regiſter. 171 Psyche 120 Psylla 503 Pterocera IV Pterocles 119 Pteroglossus 1 Pteromys 32 Pterophorus 67 Pteropleura 65 Pteropoda 67 Pteroptochus 503 Pteroptus 175 Pteropus 171 Ptinoidea 119 Ptinus 119 Ptychozoon 440 Ptyodactylus 176 Puffin, Puffinus 351 Pulex 347 Pulicaria XII. 1 Pulmonata 440 Punktkoralle 436 Punktthierchen X. 1 Pupipara 163 Pupivora 506 Puppenräuber 439 Purpura XII. 2 Purpurſchnecke 51 Puter 506 Pygnogonia 1 Pycnogoniden 291 Pyenogonum 394 Pygopus 63 Pyralis 394 Pyrgita 397 Pyrosoma 393 Pyrrhocorax 394 Pyrrhula 395 Python VI Pyxis 171 Quadrumana X. 2 Quallen 440 Queeſe 173 Querder 437 Rabe ‘ Rabenvögel Rachenvogel Racke | Räderthierchen Radiaria Raja Rajacei Ralle Rallidae Rallus Rana Ranatra Ranina Rankenfüßler Raptatores Rataria Raubfliege Raubgryllen Raubkäfer Raubmöve Raubthiere Raubvögel Raubweſpen Rauchſchwanzbeutler Rauchſchweifer Raupentödter Rebhuhn Recurvirostra Reduvius Regenpfeifer Regenwurm Regulus Reiher Reiherling Reihervögel Reizkäfer Renila Rennfliege Reptilia Rhacocssa Rhamphastos Rhaphidia Rhaphignathus Rhea Namen⸗Regiſter. X. 2 Rhionobates 438 Rhinoceros 439 Rhinolophus 012 Rhinophis I Rhipiphorus 346 Rhizostoma 346 Rhynchaenus 437 Rhynchitis X. 1 Rhynchobdella 437 Rhynchocephali 393 Rhyncholophus 166 Rhynchophora 393 Rhynchops V Rhypticus IX Rhytina 32 Rhyzaena 165 Riemenwurm 174 Rieſenmolch 174 Rieſenmuſchel 436 Rieſenſchlange XI Rieſen vögel IX Rindenkorallen 171 Ringelechſen 506 Ringkiemer 394 Rinnenſchnäbler 170 Rippenquallen 438 Rissoa 437 Ritterfalter 166 Ritterfiſch 437 Robbe 119 Rochen 439 Rochenfiſche 437 Röhrenfüßler 437 Röhrenkiemer X. 1 Röhrenkorallen 176 Röhrenmaulfiſch 11 Röhrenmundwürmer 165 Röhrenmuſcheln 1 Röhrenwurm 396 Röhrfiſch 440 Röhrmundfiſch 173 Rohrhuhn 163 Rohrkäfer 437 Rolle 43 * 676 Rollſchwanzaffe Röſtkäfer Rotatoria Rothkäfer Röthling Rotifer Rückenfüßler Rückenkiemer Rückenweſpe Ruderfüßer Ruderwanze Rundkäfer Rundmuſchel Rundwurm Runzelkäfer Rupicola Ruralia Rurul Rüſſelbremſe Rüſſeljungfern Rüſſelkäfer Rüſſelmaus Rüſſelpapagei Rüſſelträger Sabella Sabellina Säbelfiſch Säbelheuſchrecke Säbler Saccomys Sackbraſſe Sackträger Sägebauchfiſch Sägeblattkäfer Sägefiſch Sägehornkäfer Sägekrebs Sägeſalm Sägeſchnäbler Sägetaucher Sägeweſpen Sagoin Saitenwurm Salamandra Kamen Regifter: 506 175 2 176 348 2 65 IV Salamandrina Salarias Salientia Salmo Salmonei Salpa Saltatoria Salticus Samenkäfer Samenthierchen Sandaal Sandaalfiſche Sandechſe Sander Sandgräber Sandhuhn Sandkäfer Sandläufer Sandſchlange Sandwurm Sanftkäfer Sänger Sänger vögel Saphirina Saprophaga Sapyga Sarcoptes Sarcorhamphus Saturnia Saugegel Saugmaulfiſche Säugthiere Suugwürmer Saumflnugerer Saumfüßler Sauria Saxicola Scalaria Scalops Scarabaeus Scarites Scarus Scatopse Schabe nm ̃ Schabengryllen 5 Schabnwolckler Schädelmuſchel Schaf Schafkameel Schal Scharbe Scharffloſſer Scharrkäfer Schattenkäfer Schaufelkrebs Schaumcikade Scheerenfüßler Scheerenſchnäbler Scheibenfloſſer Scheibenquallen Scheibentreter Scheidenfingerer Scheidenmuſchel Scheidenvogel Schellfiſche Schenkelthier Schenkelweſpe Schienenechſe Schiffhalter Schiffsboot Schilderrückner Schildfiſche Schildkäfer Schildkiemer Schildkröten Schildläuſe Schildthierchen Schildträger Schildviper Schildwanze Schiller Schillerfalter Schinkenmuſchel Schismobranchia Schläfer Schlammſchnecke Schlammwühle Schlangen Namen ⸗Regiſter. 174 167 64 503 503 350 436 350 178 Schiangenfiſch Schlangenkopffiſch Schlangenſtern Schlangenweſpe Schleichen Schleichenlurche Schleicher Schleimfiſch Schleimthiere Schleimwurm Schleuderſchwänzer Schließſchnecke Schlinger Schlupfweſpen Schmaldeckkäfer Schmaljungfer Schmalkäfer Schmalkopfer Schmalkopffiſche Schmalwanze Schmarotzeraſſel Schmarotzerbiene Schmarotzeregel Sch marotzerkrebſe Schmuckvogel Schnabelkäfer Schnabelkopffiſche Schnabelthier Schnäbler Schnaken Schnarrer f Schnarrheuſchrecke Schnecken Schneehuhn Schneekrähe Schnellfliege Schnepfe Schnepfenfiſch Schnepfenfliege Schnepfenvögel Schnirkelſchnecke Schnurrvogel Scholle Schönkäfer 678 Schopfhuhn Schotenröhrkiemer Schröter je Schuppenechſen Schuppenfloſſer Schuppenigel Schuppenſchlangen Schuppenſirene Schuppenthier Schwachſtrahler Schwalbe Schwalbenfliege Schwämme Schwan Schwanzdeckelſchnecke Schwanzlurche Schwanzthierchen Schwanzweſpe Schwärmer Schwarzumber Schwebweſpe Schweifaffe | Schweifbeutler Schweifhuhn Schweifwanze Schwein Schwerdtfiſch Schwielenſohler, Schwimmhänder Schwimmkäfer Schwimmmaus Schwimmpfötler Schwimmſchnecke Schwimmvögel Schwippthiere Schwirrfliegen Schwulſtſchnecke Seiaena Seincoidea Scineus Scink Seinkechſen Sciurus Scleroparei Kamen :Kegifter. - 438 66 178 395 349 42 394 393 504 351 438 165 Scolex Scoliodon Scolopacidae Scolopax Scolopendra Scomber Scopus Scorpaena Scorpio Scorpionina Scutella Scutellera Scutigera Scyllaea Scyllarus Scythrops Securifera Seeanemone Seebarſch Seedrache Seefedern Seefledermaus Seehahn Seehaſe Seeigel Seeigelthiere Seekröte Seelunge Seemaid Seemiesmuſchel Seemoosſchnecke Seeohr Seeorgel Seeotter Seepferdchen Seepolyp Seeratze Seeraupe Seeſcheiden Seeſchildkröten Seeſchlangen Seeſchwalbe Seeſchwamm Seeſtern f Seeſternthiere Seetaucher Seeteufel Seewalzen Seewolf Segelfiſch Segelichweifer Segelqualle Segestria Segregata Seidenaffe Seidenſchwänzer Seidenvögel Seitenſchwimmee Selachii Semblis Sepia Sepien Sericaria Serpentia Serpula Serranus Serrasalmo Serricornia Sertularia Sesia Sesiatica Sefien Sessilia Setifera Setigera Sialis Sicus Sigalion Sigalphus Siganus Sigaret Sigaretſchnecken Sigaretus Silberfiſch Silbermundweſpe Siliquaria Silpha Silphiden Namen ⸗Regiſter. 42 Silurini 436 Silurus 347 Simia 42 Simulia 351 Singcikade 348 Siphonaria 396 Siphoniphora 32 Siphonobranchia 164 Siphonostoma | 63 Siphonostomata 506 Sipunculina 438 Sipunculus X. 2 Siredon VIII Siren VIII Sirenen 173 Sirenenfiſch 67 Sirenenmolch III Sirenia 168 Sirex 4451392 Sitana 66. 119 Sitta 348 Sittiche 350 Sitzmuſcheln 175 Skorpion 11 Skorpionfliege 168 Skorpioniden 168 Skorpionſpinne 168 Sogofiſch 64 Sohlengänger IV Solemya XII. 1 Solen 173 Solenostomus 165 Solidungula 119 Solpuga 170 Sonderling 348 Sonnenfiſch 66 Sorex 66 Spalax 66 Spaltſchnecke 350 Spaltzüngler 171 Spanner siehe 66 Spannerfalter 178 Sparus 178 Spatangus 680 Spathularia Specht Spechtvögel Speckkäfer Spel Sperling Spermatobium Spermophilus Sperrmuſcheln Sperrvögel Sphaerodactylus Sphaerularia Sphagebranehus Sphargis Sphex Sphingoidea Sphinx Sphyraena Sphyrna Spiegelfiſch Spindelſchnecke Spinnen Spinnenfiſch Spinnenthiere Spinner Spinnerfalter Spinnfiiege Spiratella Spirobranchus Spirorbis Spirula Spitzblödauger Spitzheuſchrecke Spitzmaus Spitzſchnäbler Spitzſchwanzfiſche Splanchnococcus Spondylus Spongia Spongilla Spongiobranchia Spongiosa Spornflügler Spornkuckuck Namen ⸗Regiſter. 347 Springbeutler 440 Springer N. 2 Springgryllen 177 Springkäfer 350 Springmeus 439 Springnager 1 Springſchwanzthier 505 Springſpinne 63 Spritfic * 2 Spuhlwurm 396 Squalini 141 Squalus 351 Squamata 397 Squamipennes 171 Squamos a 168 Squatina 168 Squilla 350 Staar 347 Stabthierchen 348 Stacheladder 67 Stachelbauchfiſch ö VI Stacheldeckler 350 Stachelflie gen 161 Stachelfloſſer 168 Stachelkäfer 168 Stachelkrebs 164 Stachelratte 65 Stachelrochen 348 Stachelrückenſiſch 119 Stachelſchnecke 67 Stachelſchupper 394 Stachelſchwänzer 174 Stachelſchwein 505 Stachelſtrahler X. 2 Stachelthiere 351 Staphylinus 118 Staubpilzkäfer 64 Steatornis 11 Stechfliegen 11 Stechmücke 64 Steckmuſchel II Steindohle 437 Steindreber 440 Steinkorallen Steinſchwätzer Steißfüßler Stellio Stelzengeier Stelzenthierchen Stenops Stenoptera Stenopus Stenosomata Stenostomata Steppenhühner Sterna Sternarchus Sternaspis Sternkoralle Sternoptyx Sternſeherfiſch Stichkorallen Stichling Stielaugenkrebs Stielauger Stielmuſcheln Stielträger Stielſchwänzer Stinkthier Stint Stöcker Stockfiſch Stomatella Stomateus Stomatopoda Stomoxys Storch Stör Störfiſche Strahlenkiemer Strahlkäfer Strahlthiere Strandläufer Strandreuter Stratiomys Strauß Strebla Streckfiſche Namen ⸗Regiſter. 350 42 — 681 439 Streckfußmücke 165 436 Strepsilas 437 396 Strepsiptera 172 440 Strigidae KX 2 1 Strix 440 506 Strombus 67 175 Strongylus 119 162 Strudelthierchen 52 175 Strupphopf 439 394 Struthio 437 X. 1 Stummelfüßler 395 436 Sturionini 347 351 Sturmvogel 436 119 Sturnus 439 142 Stutzkopffiſch 348 350 Stylephorus 349 Stylops 172 II Subulicornia 172 349 Subungulata XII. 1 163 Sumpflaufer 537 172 Sumpfſchnecke 66 64 Surikate 506 349 Sus 503 V Suspecta 394 506 Süß waſſerſchildkröten 397 350 Sylvia 439 348 Sylviadae X. 2 350 Synanceia 349 66 Synapta | 351 Synbranchus 352 V Syndactylae IX 165 Synetheres 504 437 Syngnathus 347 347 Synodontis 350 347 Synpterygii 351 65 Syringobranchia 66 178 Syrphoidea 165 1 Syrphus 165 437 Syrrhaptes 438 437 Syrtis 166 165 Tabanica 165 437 Tabanus 165 164 Tachina 165 VIII Tachyglossus 504 682 Tachypetes Taenia Taeniacei Taenioidea Taenioides Tagenia Tagfalter Tagſchläfer Tagthierchen Talpa ö Tamias Tanagra Tangara Tantalus Tanypus Tanyſtomen Tanystomata Tanzfliegen Tapezierſpinne Tapir Tapirus Tarantulina Tardigrada Tarsius Taſchenkrebks Taſchenmaus Taſtſchlange Taube Tauben vögel Taucher Tauchkäfer Tauſendfüßler Tauſendfußlinge Tegenaria Teichmuſchel Teichunke Teju Teleas Telephorina Tellerſchnecke Tellina Tellmuſchel Temia Tendra Namen ⸗Regiſter. Thylacinus 436 Tenebrio 175 118 Tenreck 505 349 Tenthredo 5 170 IV Tenthredonoidea 170 349 Tenuirostres 1 Kt 175 Tephritis 165 168 Terebella 119 438 Terebratel 64 172 Terebratula 64 505 Teredo 63 505 Teretilinguia 396 439 Tergipes 65 439 Termes 163 437 Termite 163 165 Termitina 163 165 Tesquacolae dg. 165 Testacea III 165 Testacella 65 164 Testudinea 2392 503 Testudo 392. 397 503 Tetrao 438 VI Tetraonidae X. 2 XII. 1 Tetrarhynchus 118 506 Tetratoma 178 163 Tetrix 174 504 Tetrodon 347 394 Tetronychus 163 438 Teuthideen 348 X. 1 Teuthis 348 X. 1 Thalassema 119 175 Thalassianthus 11 162 Thalazia 119 H Thecadactylus 396 164 Theeidea 64 64 Thelyphonus 163 393 Thetis 65 397 Thethys 65 170 Thoracantha 171 176 Thoraciei VIII 65 Thorictis 397 63 Thrips 166 63 Thunfiſch 348 439 Thurmheuſchrecke 174 11 506 Thynnus Thyreophora Thysanopoda Thysanura Tiehodroma Tima Timalia Tinamu Tinea Tinearia Tintenfiſche Tipula Todidae Todtengräber Todus Torpedo Tortricina Tortrix Totanus Toxotes Tracheenſpinnen Trachelophora Trachinus Trachusa Trachypterus Trapelus Trappe Traubenkäfer Trauerkäfer Trematodea Triaenophorus Trichechus Trichina Trichiurini Trichiurus Trichocephalus Trichodactylus Trichoptera Trichterfiſche Tridacna Tridacnea Trigla Trigona Trigonocephalus Namen ⸗Regiſter. 348 Tringa 165 Triodon 162 Trionyx 173 Tristoma 439 Triton 32 Tritonia 439 Tritonium 438 Tritonshorn 167 Triungula 167 Trochilus 67 Trochus 165 Troglodytes X. 2 Trogon 178 Trogosita 440 Trogulus 346 Trombidium 167 Trompetenvogel 167 Tropidurus 437 Tropikvogel 349 Trugfroſch VI Trugnattern 176 Trupial 350 Truxalis 172 Trygon 349 Tryphon 396 Trypoxylon 437 Tubicolaria 174 Tubifex 175 Tubipora 1 Tubularia 119 Tubulariatica 503 Tubulosa 119 Tupaga 351 Turbo 351 Turdus 119 Tutenſchnecke 163 Tylopoda 173 Typhlops 349 Umber 64 Umbervogel 63 Ungleichkäfer 349 Ungulata 172 Unio 395 Unke 654 Upupa Urauoscopus Urceolaria Uria Urocera Uromastix Uropeltis Uroplatus Uropoda Ursus Vaginulus Vanellus Vanessa Velella Venenosa Venus Venusmuſchel Veretillum Vermes Vermetus Vermilinguia Vertebrata Vespa Vespertilio Vespertilionina Vibrio Vidua Viehbremſen Viehfliege Vieleckfiſch Vielfraß Vielfraßſchnecke Vielfüßler Vielhufer Vielmundwurm Vielzähner Vierhänder Vierrrüßler Vierſchnittkäfer Viper Vipera Viperina Viverra Viverren XII. 2 Namen ⸗Regiſter. 439 Viverrina 350 Vögel 1 Vogellaus 436 Voluccella 170 Voluta 396 Volvox 394 Vomer 396 Vorticella 163 Vulsella 506 Vultur 65 Vulturinae 437 Wachtel 169 Wachtelhuhn 32 Wadenſtecher 394 Wadläufer 63 Wadſchwalben 63 Wadſtrauß 11 Wadvögel 1 Waffenfliege 66 Waldhuhn II. 1 Walle 24 Wallfiſch 172 Wallroß 505 Walzenqualle Walzenſchnecke 11 Wandweſpe 439 Wanzen 165 Warneidechſen 165 Warner 347 Warzenegel 506 Warzenkäfer 65 Waſchbär 161 Waſſeraſſel XI Waſeerfloh 51 Waſſerfröſche XI Waſſerhühner NI Waſſerjungfern 118 Waſſerkäfer 178 Waſſerlaufer 394 Waſſerläuferwanze 394 Waſſermaulwurf 394 Waſſermaus 506 Waſſermilbe Waſſermolch Waſſernymphe Waſſerſchlange Waſſerſchwätzer Waſſerſkorpion Waſſerſpinne Waſſerſtelzen Waſſertreter Waſſerwanzen Weberknechtſpinne Weberſpinne Webervogel Mehrvgel Weichdeckkäfer Weichfloſſer Weichkäfer Weichſchwanzkrebs Weichſtrahler Weichthiere Weihe Weißling Wels Wendehals Wendeltreppe Wendezeher Weſpe Weſpenbiene Weſpenbremſe Wickelſchlange Wickler Widderſchwärmer Wiedehopf Wieſel Winterſkorpionfliege Wirbelthiere Wirtelſchleichen Witwenvogel Wollfußbiene Wollmaus Wombat Wühlmaus Würger Würgervögel Würmer Wurmkiemer Namen ⸗Regiſter. 172 Wurmklöcher 394 Wurmſchlange 439 Wurmſchnecke 166 Wurmzüngler 164 Wurzelſpinner X. 1 Xautho 437 Xenia 166 Xenops 163 Xiphias 164 Xiphura 439 Xya 437 Xyela 176 Xylocopa 350 Xylophagus 176 Xylotroga 162 Yunx 349 Zabrus I Zahnbraſſe 440 Zangenfliege 169 Zartflügler 350 Zaunſchlüpfer 440 Zecke 66 Zehengänger 32 Zellenkoralle 172 Zeus 172 Zibetmaus 172 Zibetthier 394 Ziege 167 Zieſel 168 Zirkelſpinne 439 Zirpkäfer 506 Zitterrochen 173 Zitterthierchen 1 Zitterwels 395 Zoarces 439 Zoea 172 Zokor 505 Zoophyta 504 Zuckerfreſſer 505 Zuckergaſt 438 Zuckermücke X. 2 Zungenfröſche I Zungenmnfchel 66 Zungenfchneller 686 Zungenthierchen Züngler Zweiblattſchnecke Zweiflügler Zweifüßler Zweihänder Namen: Regifter. 1 Zweihufer XII. 1 Zygaena 65 Zygänen 20 VII Zygaenoidea 395 Zygnis XI Zygodactylae Verbeſſerungen. Seite 3, Zeile 5, ſt. Vorderrande l. Vorderende. — ni 3 v. u., ſt. Neſſelwurm l. Neſtelwurm. Dr Ey RK ei — 129, — 6 v. u,, ſt. ſpritzten l. ſchwitzten. — 163, — 16, ſt. n l. Tetronychus, und ſo noch an andern Stellen, z. B. S. 184, 185. 165, — 9, ft. Ochtora l. Ochthera. 167, — 6, ft. Nocturnae l. Nocturna. 350, 4, ft, Bishir l. Biſchir. 393, — 13 ſt. Lacerda l. Lacerta. — 21, fi. Erpeton l. Herpeton. 439, — 2 hinter Oriolus ift hinzuzufügen Pirol. 440, — 11 hinter Corythaix ift hinzuzufügen Turako. 505, — 10 v. u., ft: Phascoiaretos l. Phascolarctos. F e e ah e 2 m or N ann au aner. 1 F ad v 10%TL . . Ban u. 181. 8 F N % ® Zn Re e 5 0 %% J ide e Ei ee |’ RER REG ME I nee 0 „ er REN ae N 17 5 eee eee . J)) wan e J dose mplrugurnd-Ni anon nid E onen een ni xi 7100 Wii 1 — „„ ee ebe A 5 05 5 i 1 aaa u ar „jj er 5 8 — 8 2 * 55 5 * * 1 4 f 0 5 FE 8 $ x a 5 DE „ * 5 905 7 * ze 7 5 = * 1 2 5 > i 1 * * z 7 9 1 j R 1 N 2 „ 8 2 4 5 * f . I ar: 175 198 „ 4 „ 8 r 1 ar * 7 Alt 1 * en | „ 2 * 2 N N 2 a . 1 1 ee 5 ’ 7 8 FR ET: 1 N 1 5 * 8 0 2 N + 02 f Er N N + ’ * Mi * 7 5 1 . * — 15 i . 7 * ” — 3 he ’ * 4 1 — “ „ 3: 5 8 ur 18 A” , * rn 7 y 8 * 5 . 4 7 — ** 1 A x Ü * „ * NE: der) f * * N Du 1 ad: SH rag N N THSONIAN INS STITUTIO I x mn 8 9088 00769 4870 “= 2 eo '. x * * 2 — 2 = u” _- —— ©- 3 == * 1 N = 2 * u th.